Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG

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Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
Der        Juni 2018/3  Nr. 114

Luzerner
Arzt
              Informationsblatt
        der Ärztegesellschaften
   der Kantone Luzern, Ob- und
   Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug
Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
FSME IST NICHT BEHANDELBAR,
 JEDOCH VERMEIDBAR
 Nur eine komplette Grundimmunisierung
 mit 3 Impfungen und ein regelmässiger
 Booster schützen zuverlässig vor einer FSME*1,2
 * Frühsommer Meningoenzephalitis

                                                                                                                                                                                                                       76135-092-0817
1. Aktuelle FSME Immun CC und FSME Immun 0.25 ml Junior Fachinformation auf www.swissmedicinfo.ch. 2. BAG Bulletin: 2006:13:225–231. FSME-Immun® 0.25 ml Junior (Frühsommer-Meningoenzepha-
litis-(FSME)-Virus (inaktiviert)) I: Aktive (prophylaktische) Immunisierung gegen die durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) bei Kindern vom vollendeten 1. Lebensjahr bis zum
vollendeten 16. Lebensjahr, die sich dauernd oder vorübergehend in FSME-Endemiegebieten aufhalten. D: Grundimmunisierung: 3 Dosen à 0.25 ml i.m.: 1. Teilimpfung am Tag 0, 2. Teilimpfung 1-3 Monate
nach 1. Teilimpfung, 3. Teilimpfung 5-12 Monate nach 2. Teilimpfung. Schnellimmunisierungsverfahren möglich: 1. Teilimpfung am Tag 0, 2. Teilimpfung nach 14 Tagen, 3. Teilimpfung 5-12 Monate nach
2. Teilimpfung. Auffrischung: 1. Auffrischungsimpfung 3 Jahre nach letzter Impfung, alle weiteren Auffrischungsimpfungen 5 Jahre nach letzter Impfung. KI: Überempfindlichkeit auf den Wirkstoff, auf einen
der Hilfsstoffe oder auf Produktionsrückstände, schwere Überempfindlichkeit auf Ei- und Hühnereiweiss. Kreuzallergien mit anderen Aminoglykosiden als Neomycin und Gentamycin beachten. Akute fieberhafte
Infekte. V: Fieberreaktionen möglich, bei Bedarf fiebersenkende Prophylaxe oder Behandlung einleiten. Nicht intravaskulär verabreichen. Überwachung u. geeignete med. Versorgung für seltenen Fall einer ana-
phylaktischen Reaktion gewährleisten. Vorsicht bei Allergie gegen Hühnereiweiss, bei bekannter oder vermuteter Autoimmunerkrankung, zerebraler Erkrankung, Epilepsie (erhöhte Frequenz von Krampfanfällen).
Bei Personen mit geschwächter Immunabwehr kann Immunantwort beeinträchtigt sein. Falsch positive Ergebnisse möglich bei serologischen Tests zur Bestimmung der Notwendigkeit einer Auffrischimpfung.
Verschiebung der Impfung bei akuten klinischen Erkrankungen (mit/ohne Fieber). IA: Es liegen keine Studien zu Wechselwirkungen mit anderen Impfstoffen vor. UW: Kopfschmerzen, Schmerzen und Span-
nungsgefühl an der Impfstelle, Fieber, Anorexie (verminderter Appetit), Unruhe (bei Kindern von 1-5 Jahren), Schlaflosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Myalgie, Schwellung, Verhärtung und Erythem an der Impfstelle,
Müdigkeit und allgemeines Krankheitsgefühl (bei Kindern von 6-15 Jahren), u.a. P: 1 x 0.25 ml und 10 x 0.25 ml Suspension zur i.m. Injekton in Fertigspritze. Verkaufskategorie B. Zulassungsinhaberin: Pfizer AG,
Schärenmoosstrasse 99, 8052 Zürich. Ausführliche Informationen siehe Arzneimittel-Fachinformation unter www.swissmedicinfo.ch. (V002) FSME-Immun® CC (Frühsommer-Meningoenzephalitis-(FSME)-Virus
(inaktiviert)) I: Aktive (prophylaktische) Immunisierung gegen die durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) bei Personen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr, die sich dauernd oder
vorübergehend in FSME-Endemiegebieten aufhalten. D: Grundimmunisierung: 3 Dosen à 0.5 ml i.m.: 1. Teilimpfung am Tag 0, 2. Teilimpfung 1–3 Monate nach 1. Teilimpfung, 3. Teilimpfung 5–12 Monate nach
2. Teilimpfung. Schnellimmunisierungsverfahren möglich: 1. Teilimpfung am Tag 0, 2. Teilimpfung nach 14 Tagen, 3. Teilimpfung 5–12 Monate nach 2. Teilimpfung. Auffrischung: 1. Auffrischungsimpfung 3 Jahre
nach letzter Impfung, alle weiteren Auffrischungsimpfungen 5 Jahre (Personen 16–49 Jahre), respektive 3 Jahre (Personen 50 Jahre) nach letzter Impfung. KI: Überempfi ndlichkeit auf den Wirkstoff, auf einen
der Hilfs stoffe, oder auf Produktionsrückstände, schwere Überempfi ndlichkeit auf Ei- und Hühnereiweiss. Kreuzallergien mit anderen Aminoglykosiden als Neomycin und Gentamycin beachten. Akute fieberhafte
Infekte. V: Nicht intravaskulär verabreichen. Überwachung u. geeignete med. Versorgung für seltenen Fall einer anaphylaktischen Reaktion gewährleisten. Vorsicht bei Allergie gegen Hühnereiweiss, bei bekannter
oder vermuteter Autoimmunerkrankung, zerebraler Erkrankung, Epilepsie (erhöhte Frequenz von Krampfanfällen). Bei Personen mit geschwächter Immunabwehr kann Immunantwort beeinträchtigt sein. Falsch
positive Ergebnisse möglich bei serologischen Tests zur Bestimmung der Notwendigkeit einer Auffrischimpfung. Verschiebung der Impfung bei akuten klinischen Erkrankungen (mit/ohne Fieber). IA: Es liegen keine
Studien zu Wechselwirkungen mit anderen Impfstoffen vor. UW: Schmerzen und Spannungsgefühl an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Übelkeit, Myalgie, Arthralgie, Müdigkeit, allgemeines Krankheitsgefühl u.
a. P: 1 × 0.5 ml und 10 × 0.5 ml Suspension zur i. m. Injektion in Fertigspritze. Verkaufskategorie B. Zulassungsinhaberin: Pfizer AG, Schärenmoosstrasse 99, 8052 Zürich. Ausführliche Informationen siehe Arzneim-
ittel-Fachinformation unter www.swissmedicinfo.ch. (V001)

                       Pfizer AG, Schärenmoosstrasse 99, 8052 Zürich
Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
IMPRESSUM                                                       INHALTSVERZEICHNIS
«Der Luzerner Arzt» erscheint viermal       Editorial Ehrlichkeit, Vertrauen, Verantwortung, Zusammenarbeit, Kommunikation,                  4
jährlich (plus Spezialausgabe).
                                            Verständnis (Herbert Widmer)
                                            Das Ethik-Forum am Luzerner Kantonsspital (Gregor Schubiger)                                     6
Verlag:
Ärztegesellschaft des Kantons Luzern        Werte und Wissen, die wir vermissen (Herbert Widmer)                                             7
Schwanenplatz 7, 6004 Luzern
Tel. 041 410 88 85
                                            Roboter-assistierte laparaskopische Resektion des Kolon- und Rektumkarzinoms                     8
Fax 041 410 80 60                           in der Hirslanden Klinik St. Anna (Walter Gantert, Bernward Mölle, Marc Schiesser)
                                            Fortbildung		                                                                               10
Redaktionsadresse:                          Verletzung des Gelenksknorpels am Kniegelenk (Nicola Biasca, Sascha Käsermann)              13
Dr. med. Herbert Widmer
Sonnbühlstrasse 15, 6006 Luzern             Neu im Herzen Sursees – Handtherapie Luzern AG Sursee                                       19
Tel. 041 410 65 81
                                            Verwaltungsgebühr für die Verlängerung der ZSR-Nr. (Reto Bachmann)                          20
                                            Kennen Sie RECUT? www.recut.ch (Jörg Leuppi, Andreas Zeller, Christoph Merlo,               23
Redaktion:
Dr. med. Herbert Widmer, Luzern
                                            Stefan Markun)
  (Redaktor)                                Betriebsdatenlieferungspflicht wird mit neuen Ersatzabgaben verknüpft                       24
Dr. med. Aldo Kramis, Emmenbrücke
  (Präsident)                               Betriebsdaten jetzt im PraxisNavigator erfassen! (medkey+)                                  25
                                            Eine kleine Geschichte aus dem ärztlichen Alltag (MedCenter)                                26
Inserate-Verkauf:
Dr. med. Herbert Widmer
                                            Mandatsträger / Sektionen 		                                                                27
Sonnbühlstrasse 15                          Adressliste Zentralschweizerische Chiropraktoren-Gesellschaft (ZSCG)                        30
6006 Luzern
Tel: 041 410 65 81                          Der Unterwaldner Arzt		                                                                     31
E-Mail: hcwidmer@bluewin.ch
                                             Telefon- und Telefaxnummern sowie E-Mail-Adressen Kantonsspital Nidwalden                  31
                                             Telefon- und Telefaxnummern sowie E-Mail-Adressen Kantonsspital Obwalden                   32
Mitarbeiter dieser Ausgabe:                  Aus den Reihen unserer Mitglieder Unterwalden                                              34
RA Reto Bachmann, Luzern
  (Verlängerung ZSR-Nummer)                 Der Schwyzer Arzt		                                                                         36
Dr. med. Nicola Biasca, Klinik St. Anna      Delegiertenliste Schwyzer Ärzte		                                                          36
  (Verletzung des Gelenkknorpels am
  Kniegelenk)
                                             Telefon-, Telefax- und E-Mail-Verzeichnis Spital Schwyz                                    38
PD Dr. med. Frédéric Birkhäuser, Luzern     Der Zuger Arzt		                                                                            42
  (Patientenschutz)
Dr. med. Evi Blaschke, Klinik St. Anna       Vorstand der Zuger Ärztegesellschaft		                                                     42
  (Neue Phoniatrie-Sprechstunde)
Dr. med. Walter Gantert, Klinik St. Anna,
                                            Der Urner Arzt		                                                                            42
  Luzern (Roboter-assistierte                Vorstand Ärztegesellschaft Uri		                                                           42
  laparaskopische Resektion)                 Rezertifizierung des Intensivpflegestation am KSU                                          43
Dr. med. Susanne Gerlach, SPZ
  (Curriculum HA-Medizin)                   Neue Phoniatrie-Sprechstunde zur Diagnostik und Behandlung von Stimm-, Sprach-              44
Prof. Dr. med. Stephan Haerle,              und Schluckproblemen (Stephan Haerle, Evi Blascheck, Irene Willisegger)
  Klinik St. Anna
  (Neue Phoniatrie-Sprechstunde)            Patientenschutz im digitalen Zeitalter: Unsere Aufgabe als mobile vernetzte Ärzte           46
Dr. med. Sascha Käsermann,
  Klinik St. Anna (Verletzungen des
                                            (Frédéric Birkhäuser, Pascal Zehnder)
  Gelenkknorpels am Kniegelenk)             Die Thrombozytopenie in der Praxis (Salvatore Spada)                                        48
Dr, med. Christoph Merlo, Luzern
  (Kennen Sie RECUT)                        Das weiss «man» doch (Herbert Widmer)                                                       52
Dr. med. Bernward Mölle, Klinik
  St, Anna (Roboter-assistierte             Aus den Reihen unserer Mitglieder		                                                         53
  laparaskopische Resektion)
Prof. Dr. med. Marc Schiesser,              Activdispens – Bewegung trotz Sportdispens (Veronika Bühler)                                58
  Klinik St. Anna (Roboter-assistierte
  laparaskopische Resektion)
                                            Erfahrungsbericht Curriculum Hausarzt-Medizin im Zentrum für Schlafmedizin                  58
Prof. Dr. med. Gregor Schubiger, LUKS       SPZ (Susanna Gerlach)
  (Das Ethik-Forum am Luzerner
  Kantonsspital)                            Von «smarter medicine» bis Globalbudget                                                     59
Dr. med. Salvatore Spada, Labor
                                            5. Luzerner Dialog Gesundheitspolitik: Sparvorschläge unter der Lupe                        61
  Toggwiler (Thrombocytopenie
  in der Praxis)                            Einführung eines Globalbudgets für die Spitäler im Kanton Luzern (Vorstoss KR)              66
Dipl. log. Irene Willisegger, Klinik
  St. Anna (Neue Phoniatrie-
  Sprechstunde)

Herstellung:
SWS Medien AG Print
Am Viehmarkt 1, 6130 Willisau               Erscheinungsdatum / Redaktionsschluss für den Luzerner Arzt 2018/2019:
info@swsmedien.ch                           Nr. 115 / November 2018                     25. September 2018
                                            Nr. 115 / Spezialheft / November 2018       05. Oktober 2018
                                            Nr. 116 / Januar 2019                       15. Dezember 2018
Titelbild:
Aufstellender Ausblick am frühen Sonn-      Nr. 117 /April 2019                         15. März 2019
tagmorgen (Foto: Herbert Widmer)            Nr. 118 / Juli 2019                         25. Mai 2019

                                                                                                                    Luzerner Arzt 114/2018   3
Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
EDITORIAL

Ehrlichkeit, Vertrauen, Verantwortung,
Zusammenarbeit, Kommunikation, Verständnis
Oder: Bekommen wir die Gesundheitskosten wieder einmal in den Griff?

Mit Schlagworten zur Lösung                           ein Trick seien und nicht geglaubt wer-
eines komplexen Problems?                             den dürften.
                                                  •   Verantwortung: Viele sind sich der Ver-
  Vielleicht werden Sie sich fragen, ob ich           antwortung den anderen gegenüber
den wirklich glaube, dass es uns gelingen             nicht bewusst, wollen es nicht sein.
wird mit den «Schlagwörtern» im Titel             •   Zusammenarbeit: findet man in diesem
die Gesundheitskosten in den Griff zu be-             Bereich kaum oder zumindest wenig,
kommen. Keineswegs, nein, dies sind nicht             einige wenige gute Beispiele gibt es al-
die Mittel zur Problemlösung, sondern                 lerdings.
nach meiner Ansicht die Voraussetzungen           •   Kommunikation: Ja, die hat bisher nicht
für nachhaltige Lösungen. Voraussetzun-               stattgefunden, man hat bisher das Ge-
gen, welche aber leider zunehmend nicht               spräch auch mit von dem Projekt massiv
erfüllt sind. Eigentlich, ja eigentlich sollten       Betroffenen nicht gesucht.
wir uns diese Behauptung überlegen und            •   Verständnis: Gewisse Gruppierungen
uns wieder auf diese Qualitäten besinnen!             haben gegenseitiges Verständnis auf-
                                                      gebracht. Die entsprechenden «Pflänz-
   Ist es denn wirklich so, dass wir immer            chen» sind aber noch zu klein.
weniger nach diesen Kriterien arbeiten?
Nein, nicht der Einzelne ist damit gemeint,          Einige Kantonspolitiker haben sich zu-
welcher sich für die anderen, für seine pri-      sammengesetzt und versuchen, den 6 Kri-
vate und berufliche Umgebung engagiert!           terien aus Überzeugung gerecht zu wer-
Nein, gemeint ist die Gesellschaft, wel-          den. Dass ihr Weg steinig sein wird, beweist
che ihr Handeln immer mehr nach den               ein heute eingetroffenes Schriftstück eines
eigenen Interessen, nach den Vorteilen            wirtschaftlich orientierten Verbandes: «Es
einzelner Gruppierungen richtet, wenig            ist deshalb wichtig, dass man sich auf die     missbrauchten Spruch: «Was nicht 5 x ge-
Verständnis für den anderen hat, von Ver-         vorhandenen Planungsinstrumente verlas-        sagt wird, bleibt nicht hängen!».
handeln z.B. nach dem Harvard-Prinzip             sen kann. Veränderungen, wie sie von der
mit Ehrlichkeit, Vertrauen, Verständnis           Stadt Luzern bei der Spange Nord (Agg-
etc. keine Ahnung hat bzw. haben will.            loprogramm) angestrebt werden, sind un-        Muss denn Ehrlichkeit sein?
                                                  günstig und sollten weitgehend verhindert
                                                  werden». Die Bevölkerung und deren Ex-            Fragen Sie dies wirklich, es geht doch
Ein nicht medizinisches Bei-                      ekutivvertreter als Störenfriede, kein Ver-    sicher auch ohne?! Wie oft haben wir
                                                  ständnis für stark betroffene Anwohner?        schon ausgesagt, dass das Verhalten man-
spiel zum Aufwärmen                               Ob das gut gehen kann? Wie lange noch?         cher Exekutivpolitiker und Gesundheits-
                                                                                                 manager unehrlich ist, wenn sie zur Sen-
   Erlauben Sie mir, an dieser Stelle ein                                                        kung der Gesundheitskosten aufrufen und
nicht medizinisches, ja eher politisches          Im Gesundheitswesen soll es                    gleichzeitig ihren Chefärzten die Weisung
Beispiel, welches in der Stadt, aber auch                                                        geben, Umsatz zu generieren. Sie meinen,
im Kanton Luzern seit einiger Zeit inten-         anders, besser sein?                           dass sollte man akzeptieren, das würde
siv diskutiert wird, zu schildern. Seit Jahren    Wirklich?                                      dem Departement «Finanzen» helfen, dies
ist man derAnsicht, dass die eigentliche                                                         würden doch alle tun! Frisierte Jahres-
Innenstadt Luzern im Norden umfahren                 Denkste! Erinnern Sie sich an die Dis-      rechnungen? Aber nicht im Gesundheits-
werden sollte. In den Planungsprogram-            kussionen und Reaktionen unter uns Ärz-        wesen! Gibt es doch nur in Postbetrieben!
men der Jahre 2000 – 2014 wurde daher             tinnen und Ärzten um die Expansion der
immer die so genannte «Spange Nord»               Luzerner Spitäler im ambulanten Bereich?          Da frage ich mich einfach, wie gemein-
erwähnt. Nachdem nun das vom Kanton               War da alles ehrlich, voll Vertrauen und       sam Lösungen gefunden werden sollen,
Luzern vorgeschlagene Projekt bekannt             Zusammenarbeit, kommunikativ in Ord-           wenn man nicht offen miteinander spricht,
ist, haben sich vor allem die Anwohner der        nung und mit Verständnis für die anderen       wenn man auf dem Gesagten nicht wie auf
von dieser Umfahrung betroffenen Quar-            garniert? Denkste! Wir wollen es nicht         festem Grund (auf)bauen kann.
tiere gewehrt und eine stadtverträgliche-         nochmals ausbreiten. Glauben Sie, dass
re Lösung gewünscht. Um eine möglichst            das Departement Berset mit allen blauen
grosse Stadtverträglichkeit zu erreichen,         Berufen Kontakt hat, sie in die Lösungs-       Vertrauen
lehnt die Stadtregierung das Projekt voll-        findung einbezieht? Erinnern Sie sich an
kommen ab. Wie steht es nun hier mit den          unsere Äusserungen über den berühmten             Autsch, nicht das erste Fettnäpfchen,
erwähnten sechs Kriterien?                        Expertenbericht Berset / Diener?               habe ich doch mit dem unter «Ehrlichkeit»
• Ehrlichkeit: Äusserungen verschiede-                                                           Ausgesagten dem Kriterium «Vertrauen»
   ner politischer Player unter vier Augen           Versuchen wir doch einmal, die sechs        völlig widersprochen. Ja, diese zwei Be-
   entsprechen nicht deren Äusserungen            Kriterien im Rahmen der Bestrebungen,          griffe sind eben klar zusammenhängende
   in der Öffentlichkeit. In Inseraten wer-       die Gesundheitskosten zu senken zu ana-        Kriterien, die Ehrlichkeit ist eine absolute
   den «Gegner» mit beweisbaren Un-               lysieren. Ich bin mir bewusst, dass einige     Voraussetzung für das für die Zusammen-
   wahrheiten an den Pranger gestellt.            der kommenden Feststellungen mögli-            arbeit enorm wichtige Vertrauen. Man
• Vertrauen: Man behauptet, dass die              cherweise an dieser Stelle schon gemacht       könnte es beinahe amüsant nennen, was
   Aussagen den Andersdenkenden nur               worden sind. Aber Sie kennen ja den oft        wir dies bezüglich erleben: Wir können

4   Luzerner Arzt 113/2018
Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
doch nicht mit den Betroffenen sprechen,      Entscheidungen» zu treffen, sondern auch       Kommunikation
bevor wir nicht den Projektierungskre-        die offene Diskussion zwischen der Ärzte-
dit bewilligt haben (Kanton Luzern bei        schaft, den Patienten und der Öffentlich-         Wie einfach ist es doch, mit anderen zu
«Spange Nord» und Stadt Luzern beim ge-       keit zu fördern. Verantwortungsvoll wäre       arbeiten, wenn man nicht mit ihnen «kom-
planten «Velotunnel unter dem Bahnhof»,       es, sich den gewinnfördernden Anordnun-        munizieren» und ihne dabei in die Aigen
wir können doch nicht mit den praktizie-      gen des Spitalmanagements zu widerset-         schauen muss, oder etwa doch nicht? Wie
renden Ärztinnen und Ärzten sprechen,         zen, wenn es darum geht, deren Soll an         einfach ist es doch, mit «einseitiger Über-
bevor wir selbst unsere Pläne nicht genau     Eingriffen, Behandlungen etc. zu erfüllen.     mittlung» zu führen und sich nicht den
kennen (LUKS im Falle Mattenhof und           Ich weiss selbst nicht, ob es zutrifft, dass   Argumenten der anderen zu stellen, oder
Finanzdepartement des Kantons Luzern          es Patientinnen und Patienten nach unnö-       etwa doch nicht? Wie dringend notwendig
der Unternehmenssteuern) und vieles           tigen Eingriffen und Behandlungen teil-        wäre es, sich gegenseitig zu informieren,
mehr. Wie soll hier Vertrauen aufgebaut       weise schlechter geht oder dass sie daran      sich der Diskussion, den Fragen und Zwei-
werden, Vertrauen, welches vernünftige        sogar sterben. Wenn dies stimmt, kann das      feln der anderen zu stellen, wenn man Er-
Lösungen zulässt?                             entsprechende Vorgehen ruhig verantwor-        folg haben will. Wie oft haben wir in den
                                              tungslos genannte werden.                      letzten Monaten gehört, dass «man» auf
                                                                                             Kritik geantwortet hat: «Nein, dies trifft
Verantwortung                                                                                auf uns nicht zu, bei uns ist alles in Ord-
                                              Zusammenarbeit                                 nung!». Ich weiss, man glaubt dies meist
  Von «Verantwortung» sprechen, sie                                                          selbst und ist darüber glücklich. Der Be-
von anderen verlangen ist leicht, selbst        Ja, wenn der Kostenanstieg im Gesund-        griff «Verständnis für den anderen» run-
dazu zu stehen ist viel schwieriger. Auh      heitswesen gebremst werden sollte, wäre        det das Ganze ab.
davon gäbe es genug der Beispiele. Die        dies nur in echter Zusammenarbeit aller
moderne politische Sprache hat allerdings     im Gesundheitswesen Tätigen möglich,
einen gangbaren Weg gefunden, damit           nicht durch «Deckelung und Sanktionen          Und jetzt: der Problemlö-
umzugehen. Man spricht jetzt gerne von        bei Nichtgelingen». Wie lächerlich ist doch
«Selbstverantwortung». Dies wäre im ei-       die Vorstellung, man könnte einfach we-        sung nahe?
gentlichen Sinne des Begriffs richtig, aber   niger Geld zur Verfügung stellen, gleich-
es wird von verschiedenen Seiten gerne        zeitig aber eine Steigerung der Qualität         Keineswegs! Wir haben nur über die
benutzt um eben selbst nicht die Verant-      verlangen, ohne dass man die Gründe für        Voraussetzungen für eine Lösungsfindung
wortung zu tragen, sondern dem anderen        den Kostenanstieg kennt und entspre-           gesprochen. Ohne die Erfüllung dieser
verstehen zu geben, dass er selbst für sich   chende fundierte Massnahmen ergreift.          Voraussetzungen ist jegliches Bemühen
und die Seinen Verantwortung trägt. Im        Zusammenarbeit würde eben auch die so          nutzlos! Nur schade, dass diese Kriterien
Gesundheitswesen bestünde die Verant-         genannte integrierte Versorgung beinhal-       immer weniger erfüllt sind!
wortung eben darin, sich der «smarter me-     ten, gemeinsame Analysen, Gespräche,
dicine» statt unnötiger Behandlungen zu       Lösungsfindungen betreffend der beste-         Dr. med. Herbert Widmer, Redaktor LAZ
verschreiben und dabei nicht nur «kluge       henden Probleme.

                                                     NOTFALL? ST. ANNA!
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Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
Das Ethik-Forum am Luzerner Kantonsspital
Gregor Schubiger, Prof. Dr. med.
Co-Leitung Ethik-Forum Luzerner Kantonsspital (LUKS)

Ethik-Forum als Trend oder                       (EKNZ) ab. Problemorientiert werden                 letztverantwortlichen Person nicht ab-
Notwendigkeit?                                   ethische Aspekte der Patientenbetreuung             genommen. Ein nachvollziehbares und
                                                 behandelt. Das Ethik-Forum ist in den               dokumentiertes Vorgehen kann für den
   Das Autonomie-Verständnis in unse-            Organisationsstrukturen des LUKS ver-               Entscheidungsträger auch im juristi-
rer Gesellschaft und die demographische          ankert und geniesst die volle Unterstüt-            schen Sinn entlastend sein. Allenfalls
Entwicklung einerseits, sowie die Ent-           zung durch die Direktion und Geschäfts-             führen begleitete Fallnachbesprechun-
wicklung von neuen diagnostischen und            leitung. Insbesondere werden die nötigen            gen im Sinne eines «Debriefings» in
therapeutischen Möglichkeiten anderer-           Ressourcen zur Verfügung gestellt.                  verunsicherten Teams zu Klarheit und
seits, führen im Gesundheitswesen zuneh-                                                             dienen als Präzedenzfälle für ähnliche
mend zu ethischen Herausforderungen.                                                                 Situationen.
Wie man dem Patientenwillen gerecht              Worin besteht der Auftrag
werden kann ist oft nicht selbstverständ-                                                         c) Angebote in Aus-, Weiter- und Fortbil-
lich. Wertvorstellungen beeinflussen un-         des Ethik-Forums LUKS?                              dungen. Studierenden, der Ärzteschaft
sere Behandlungsvorschläge. Kulturelle,                                                              und den Pflegefachpersonen sollen
ethnischen Hintergründe und individu-              Der Auftrag bezieht sich auf drei Ebe-            nicht philosophische Theorien, sondern
elle Biographien der Patientinnen und            nen:                                                praxisrelevante bioethische Prinzipi-
Patienten müssen berücksichtigt werden.                                                              en bekannt sein. Konkrete Beispiele
Behandlungsteams können dabei in Di-             a) Erarbeiten von Grundlagen-Dokumen-               regen zur Reflexion ethischer Dilem-
lemmasituationen geraten. Eine wertebe-             ten zu ethischen Fragen des klinischen           masituationen im Team an. Ein modu-
zogene Analyse eines ethischen Problems             Alltags, die wiederkehrend alle Berei-           lares Programm vermittelt den Fach-
erhöht das Niveau der Entscheidungsfin-             che des LUKS und auch die Zusam-                 arztanwärterinnen und -anwärtern die
dung. Zudem muss ein Spital auch Richt-             menarbeit mit anderen Organisationen             in der Weiterbildungsordnung (WBO)
linien und Weisungen zu ethisch relevan-            betreffen. Beispiele: Umgang mit Pati-           geforderten Inhalte zur Ethik. Nieder-
ten Themen entwickeln. Hier liegen die              entenverfügungen, Leitlinien zu Reani-           schwellige Angebote, wie Ethik-Cafés,
Stärken der Ethik-Struktur im Spital und            mationsentscheiden, spätem Schwan-               motivieren Mitarbeitende, sich mit
begründen deren Notwendigkeit.                      gerschaftsabbruch,      Dokumentation            medizin-ethischen Grundlagen ausein-
                                                    von Therapiebegrenzungen, Umgang                 anderzusetzen.
                                                    mit Wunsch nach assistiertem Suizid im
Was muss man sich                                   Spital oder mit chronisch suizidalen Pa-
                                                    tienten. Derartige Dokumente reflek-          Facit:
unter einem Ethik-Forum                             tieren die Kultur des Spitals, entlasten
vorstellen?                                         die Entscheidungsträger, fördern die             Das Ethik-Forum LUKS bietet kei-
                                                    interorganisationale Kooperation und          nen Ersatz für ethische Diskussionen im
   Vor neun Jahren haben Frau Brigitte              binden weniger Ressourcen in wieder-          Klinikalltag. Solche gehören immer noch
Amrein, lic.theol., Leiterin der Spitalseel-        kehrenden Diskussionen.                       zu den Kernkompetenzen des Arzt- und
sorge und der Autor, das Ethik-Forum                                                              Pflegeberufes. Das Ethik-Forum soll aber
LUKS aufgebaut, eine interdisziplinäre           b) Unterstützung durch Fallbesprechun-           übergreifende Grundwerte des LUKS re-
und interprofessionelle Gruppe von 20               gen in Teams. Ein moderierter und             flektieren und Mitarbeitende in den Kli-
Personen unter fachlicher Begleitung                strukturierter Entscheidungsfindungs-         niken und Abteilungen zum Nachdenken
von Frau Dr. Ruth Baumann-Hölzle, In-               prozess führt in Dilemmasituationen           über das eigene Handeln stimulieren und
stitut Dialog-Ethik Zürich. Diese Gruppe            meistens zu einem Konsens unter den           mit den hierfür notwendigen Strukturen
trifft sich zu sieben Sitzungen/Jahr. Mit           direkt Beteiligten. Dabei gilt das Mot-       unterstützen. Der Wille der Betroffenen,
dem Namen «Ethik-Forum» grenzt sich                 to: «Handlung und Verantwortung ge-           d.h. die Patientenautonomie und ihr Wohl
das Gremium von der Ethikkommission                 hören zusammen». Dies bedeutet: Die           soll bei klinisch-ethischen Entscheidun-
zur Beurteilung von Forschungsgesuchen              Entscheidung wird dem Team und der            gen immer im Zentrum stehen.

    Fall-Beispiel: Autonomie oder Fürsorgepflicht?
    Eine 93-jährige Frau mit Demenz im fortgeschrittenen Stadium leidet nach einem Schlaganfall an einem gestörten Schluckakt. Nun
    stellt sich die Frage, ob der Frau eine PEG-Sonde gelegt werden darf. Eine Patientenverfügung, die die Frau bei Heimeintritt vor
    4 Jahren erstellt hat, besagt: «Keine künstlich Ernährung». Die Angehörigen wollen die Frau aber nicht «verhungern» lassen. Ein
    ethisches Gespräch kann bei solchen und ähnlichen Dilemmasituationen zur Entscheidungsfindung beitragen.

    Muss der Patientenverfügung oder der Forderung der Angehörigen nach Lebenserhaltung Folge geleistet werden? Wie würden Sie
    entscheiden?

Literatur:
G. Schubiger, Was kann ein Ethik-Forum an die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen in einem Akutspital beitragen? Therapeutischen Umschau,
2017; 74(2), 38-41.

6    Luzerner Arzt 113/2018
Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
Werte und Wissen, die wir vermissen
   Prof. Dr. med. Gregor Schubiger (Co-        AG, diejenigen in einer nicht unbekannten     Leben nicht durch allzu viel Wissen über
Leitung Ethik-Forum Luzerner Kantons-          Schweizer Bank, die nicht zielführenden       das Weltgeschehen etc. verteufeln zu las-
spital) hat es klar ausgesagt. die Entwick-    Diskussionen und Handlungen um die            sen. Ja, die «Generation der Werte» hat
lungen im Gesundheitswesen führen zu           Finanzen des Kantons Luzern, die unver-       diese meist links liegen lassen und ist ohne
zunehmenden ethischen Herausforde-             söhnlichen Standpunkte in verschiedenen       Umweg über die Förderung der Werte ge-
rungen. Dafür sollen Grundlagen-Doku-          Zentralschweizer Kantonen im Bereiche         radeaus marschiert. Schon wieder solche
mente zu ethischen Fragen des klinischen       grösserer Projekte, die fehlende Bereit-      Verallgemeinerungen, geht doch nicht!
Alltags erarbeitet werden, in Teams sollen     schaft zu Kompromissen und Konsens.           Doch, ich habe es schon an andere Stelle
Fallbesprechungen durchgeführt werden,         Oder die abnehmende Qualität auch im          in dieser LAZ-Ausgabe geschrieben: um
Angebote in Aus-, Weiter- und Fortbil-         Spitalwesen mit missglückten Einkäufen        uns wieder vermehrt den Werten widmen
dungen sollen helfen, diese Herausforde-       von medizinischem Material im Ausland         zu können, müssten wir in einem ersten
rungen zu meistern. Brauchen wir dies in       als Teil von Sparmassnahmen, oder mit         Schritt bereit sein, uns mehr dem Wissen
unserem Lande, von dem wir annehmen,           dem Fall einer nach einer Tonsillektomie      hinzugeben. Dieser Aufgabe verweigern
dass es in allen Bereichen Platz 1 – oder 2?   massiv blutenden Patientin auf der Sta-       wir uns aber oft, um im Bereiche unseres
– belegt, also auch in der Ethik? Selbstver-   tion einer Universitätsklinik, welche des     Wohlgefühls nicht Schaden zu nehmen.
ständlich ist dies eine mehr als rhetorische   Nachts erst via die Notfallnummer 144         Ist Ihnen schon aufgefallen, dass 50% der
Frage, denn die Annahme bezüglich Platz        Hilfe erhielt, oder der Patient, welcher an   Medienseiten durch die drei F gefüllt wer-
1 (oder halt 2) ist eine grossartige Über-     einem Sonntagmorgen in einem Luzerner         den: Finanzen, Fun und Fussball. Sollten
schätzung. Die Entwicklungen der letzten       Spital ohne Austrittsgespräch nach Hause      wir dies nicht mit den drei W zumindest
Monate zeigen auf, dass auch für uns eine      geschickt wurde, da kein Arzt dafür «vor-     ergänzen, nämlich mit Werten, Wissen und
Weiterentwicklung im Bereiche der Ethik,       handen» war (wir haben in der letzten         Wohlwollen* für andere (* musste eben
wie dies das Ethik-Forum will, mehr als        LAZ-Ausgabe kurz darüber berichtet).          mit einem W beginnen)!
angezeigt ist.
                                                  Vor einigen Jahren hat ein bekannter         Da wären wir doch erneut im Bereiche
  Zugegeben, ich möchte dauerhaft in           «Zukunftsforscher» im Rahmen einer            eines Anliegens meinerseits angelangt:
keinem anderen Land leben, denn wir            von mir geführten Institution Vorträge        Wissen hat mit Information zu tun, nein,
haben bisher sehr viel Glück gehabt, es        gehalten und stiess beim Publikum auf         nicht mit noch mehr. Aber mit ehrlicherer,
geht uns wirklich gut. Zugegeben, wir ar-      viel Echo und Begeisterung. Er hat dabei      qualitativ hochstehender, wertvollerer In-
beiten auch dafür, aber andere tun dies        seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, dass        formation. Ob wir dazu bereit sind? Meine
auch und es geht ihnen viel weniger gut.       die sich abzeichnende Wendung zu neu-         aktuellen Erfahrungen lassen mich leider
Gewisse Entwicklungen machen mir aber          en Werten nachhaltig sein würde. Vorläu-      etwas zweifeln.
Sorgen, nicht nur im Gesundheitswesen.         fig ist es bei seiner Hoffnung geblieben,
Nennen wir doch die Vorkommnisse in ei-        stattdessen hat sich bei gewissen Gene-
nem staatlichen Betrieb wie die Postauto       rationen die Tendenz verstärkt, sich das      Dr. med, Herbert Widmer, Redaktor LAZ

                                                                                                                    Luzerner Arzt 114/2018   7
Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
Roboter-assistierte laparoskopische Resektion des Kolon-
und Rektumkarzinoms in der Hirslanden Klinik St. Anna
Dr. med. Walter Gantert, Dr. med. Bernward Mölle, Prof. Dr. med. Marc Schiesser

   Vor einigen Jahren wurden die Ergeb-        Resektion via Laparotomie erfordern. Al-       mechanischen Freiheitsgraden der Instru-
nisse mehrerer grosser internationaler Ver-    lerdings wurde immer wieder festgestellt,      mente mit «EndoWrist»-Technologie (sie-
gleichsstudien publiziert, welche aufzeig-     dass die laparoskopische Resektion des         he Abbildung 1). Dies ermöglicht vor allem
ten, dass die laparoskopische Operation        Kolonkarzinoms, und mehr noch die tech-        in engen anatomischen Räumen (z.B. im
des Kolon- und Rektumkarzinoms mit glei-       nisch anspruchsvollere laparoskopische         kleinen Becken bei der Rektumresektion)
cher Radikalität möglich ist wie die offene    Resektion des Rektumkarzinoms mit einer        eine sehr präzise Dissektion und erleichtert
Operation via Laparotomie. Die Studien         hohen Umsteigerate bis über 30% auf of-        Nahttechnik und Rekonstruktion (z.B. int-
zeigten zudem die Vorteile der minimal-        fene Operation via Laparotomie behaftet        rakorporale Darmanastomose). Der aktu-
invasiven Chirurgie mit geringerem Blut-       war [2]. Dies wies auf die technischen Limi-   elle Operationsroboter des Typs «da Vinci»
verlust, geringerer Komplikationsrate, we-     tationen der laparoskopischen Chirurgie in     bietet zusätzliche technische Verbesserun-
niger postoperativen Schmerzen, kürzerem       der kolorektalen Chirurgie hin.                gen gegenüber den konventionellen lapa-
Spitalaufenthalt und schnellerer Erholung                                                     roskopischen Geräten: das hochentwickel-
auf [1]. In Anbetracht dieser Vorteile für       Zwischenzeitlich wurden Operationsro-        te Klammernahtgerät mit der sogenannten
den Patienten etablierte sich die laparosko-   boter entwickelt, welche die technischen       «Smart Clamp Technology», sowie die
pische Operation in der Folge als Standard     Limitationen der konventionellen lapa-         Durchblutungsprüfung von Organen und
für die Resektion des Kolon- und Rektum-       roskopischen Chirurgie umgehen mit ver-        Darstellung von Blut-/Lymphgefässen und
karzinoms mit Ausnahme von sehr grossen        besserter Visualisation via 3-D-Kamera         Lymphknoten mittels Fluoreszenzdarstel-
Karzinomen, welche eine multiviszerale         und -Display, und insbesondere höheren         lung.

Abbildung 1: Da Vinci Roboter Technologie.

   Die roboter-assistierte Technik wurde       nomresektion in mehreren kürzlich publi-       schen Operationen gefunden. Allerdings
aus diesen Gründen in den letzten Jah-         zierten Vergleichsstudien eine signifikant     bei durchschnittlich längerer Operations-
ren weltweit für die minimal-invasive          geringere Umsteigerate auf die offene          zeit [3,4]. Beim Kolonkarzinom im rech-
Resektion des Kolon- und Rektumkar-            Operation, eine höhere Radikalität der         ten Hemikolon konnte ausserdem gezeigt
zinoms zunehmend eingesetzt und deren          Resektion, sowie teilweise eine bessere        werden, dass die Roboter-Assistenz eine
Wertigkeit in vielen prospektiven Studien      Überlebensrate nach robotisch-assistier-       Verminderung des Operationstraumas
evaluiert. So wurde für die Kolonkarzi-        ten versus konventionell laparoskopi-          durch eine sichere intrakoporale Anasto-

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Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
mosentechnik ermöglicht, und bei gewis-       tienten mit Übergewicht) [7]. Ausserdem      legen ist durch tiefere Umsteigerate, ge-
sen Tumorstadien durch ausgedehntere          konnte gezeigt werden, dass die roboter-     ringeren Blutverlust und schnellere Er-
Lymphadenektomie (D3-Lymphadenek-             assistierte Technik zu weniger iatrogenen    holung des Patienten. Die onkologischen
tomie) die Radikalität der Resektion und      Nervenläsionen führt, indem postoperativ     Resultate der drei Verfahren waren ver-
damit das onkologische Outcome verbes-        deutlich weniger Patienten an Blasen-        gleichbar [9,10]. In einer anderen grossen
sert werden können [5,6].                     entleerungsstörung und sexueller Dys-        Studie wurde das onkologische Outcome
                                              funktion leiden nach roboter-assistierter    von roboter-assistierten mit konventio-
   Für die Resektion des Rektumkarzi-         Rektumresektion [8]. In einer kürzlich       nell laparoskopischen Rektumkarzinom-
noms mit der sogenannten TME (Totale          publizierten Metaanalyse wurden die ver-     resektionen verglichen und eine Tendenz
Mesorektale Exzsion, siehe Abbildung 2)       fügbaren Daten betreffend Vergleich der      zu besserem onkologischem Outcome
ergaben sich ähnliche Vorteile der robo-      drei Verfahren offen, laparoskopisch und     mit höherer tumorfreier Überlebensrate
ter-assistierten Operation mit geringerer     robotisch-assistiert analysiert. Die Ana-    in der Gruppe der Patienten gefunden,
Umsteigerate, insbesondere bei Patienten      lyse ergab, dass das robotisch-assistierte   welche roboter-assistiert operiert wurden
mit schwierigen anatomischen Verhält-         Verfahren sowohl dem laparoskopischen        [11].
nissen (Männer mit engem Becken, Pa-          wie auch dem offenen Verfahren über-

Abbildung 2: Totale Mesorektale Exzision beim Rektumkarzinom.

   Die Anschaffung und Einführung des         onen an ihre Expertengruppe einschicken      der Literatur. Auch in unserer Erfahrung
da Vinci Xi Roboters an der Hirslanden        zur Evaluation und für die Zertifizierung    ergab sich im Durchschnitt eine längere
Klinik St. Anna haben wir in der letzten      in roboter-assistierter kolorektaler Chir-   Operationsdauer von 20-30 Minuten bei
Ausgabe des Luzerner Artes beschrieben.       urgie.                                       den roboter-assistierten Operationen bei
In Anbetracht obgenannter potentieller                                                     im Durchschnitt etwas kürzerem Spital-
Vorteile für die Patienten, begannen wir         Seit November 2015 haben wir in der       aufenthalt.
im Herbst 2015 an der Hirslanden Klinik       Hirslanden Klinik St. Anna insgesamt
St. Anna mit der roboter-assistierten lapa-   67 roboter-assistierte laparoskopische         Unsere bisherigen Erfahrungen ma-
roskopischen Resektion des Kolon- und         kolorektale Operationen durchgeführt,        chen uns sehr zuversichtlich, dass wir mit
Rektumkarzinoms. Die Einführung der           49 davon für kolorektale Karzinome: 13       der roboter-assistierten laparoskopischen
roboter-assistierten Technik wurde sorg-      Hemikolektomien rechts für rechtsseitige     Resektion, analog den publizierten Da-
fältig vorbereitet: Der Erstautor dieses      Kolonkarzinome, 16 Hemikolektomien           ten anderer Zentren, den Patienten mit
Artikels absolvierte das umfangreiche         links respektive Rektosigmoidresektio-       Kolon- und Rektumkarzinom eine noch
und validierte Trainingscurriculum der        nen für linksseitige Kolonkarzinome und      schonendere und präzisere Operation
European Academy of Robotic Colorec-          20 Rektumresektionen für Rektumkarzi-        anbieten können als die konventionelle
tal Surgery. Experten der EARCS ka-           nome. Unsere Erfahrungen decken sich         laparoskopische oder die offene Variante.
men mehrfach in die Hirslanden Klinik         mit den oben zitierten Daten anderer
St. Anna, um uns bei den ersten roboter-      Zentren, indem die Konversionsrate zu
assistierten kolorektalen Eingriffen zu       einer offenen Operation bereits in dieser    Literatur:
assistieren. Wir führten die roboter-assis-   ersten Phase sehr tief gehalten werden
tierten Operationen stets im Zweierteam       konnte: 6.9% bei Kolonresektionen und        [1] Veldkamp R, Kuhry E, Hop WC, Jeekel J, Ka-
                                                                                               zemier G, Bonjer HJ, Haglind E, Påhlman L,
durch, Dr. B. Mölle in der Folge ebenfalls    10% bei Rektumresektionen. Sowohl bei            Cuesta MA, Msika S, Morino M, Lacy AM:
als Hauptoperateur. Zu Beginn wurden          den roboter-assistierten laparoskopischen        COlon cancer Laparoscopic or Open Resec-
einfachere Koloneingriffe bei gutarti-        Kolon-, wie auch Rektumresektionen               tion Study Group (COLOR): Laparoscopic
gen Leiden durchgeführt, um genügend          konnten in allen Fällen eine R0-Resektion        surgery versus open surgery for colon cancer:
Erfahrung mit der Technik zu sammeln,         erreicht werden. Die Komplikationsrate           short-term outcomes of a randomised trial.
damit Karzinomresektionen schliesslich        war vergleichbar mit den konventionellen         Lancet Oncol. 2005;6:477-84.
                                                                                           [2] Bonjer J, Deijen CL, Abis GA: COLOR II
sicher und effizient durchgeführt werden      laparoskopischen Eingriffen mit höherer
                                                                                               Study Group. A randomized trial of lapa-
konnten. Gemäss Richtlinien der EARCS         Komplikationsrate bei den Rektumresek-           roscopic versus open surgery for rectal cancer.
mussten wir Videos von unseren Operati-       tionen, analog den publizierten Daten in         N Engl J Med. 2015;372:1324-1332.

                                                                                                                      Luzerner Arzt 114/2018   9
Der Luzerner Arzt Juni 2018/3 Nr. 114 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
[3] Mirkin KA, Kulaylat AS, Hollenbeak CS,                     in right colectomy for cancer: a comparison      [9] Holmer C, Kreis ME: Systematic review of ro-
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    Lim SB: Robotic left colectomy with com-                   chi PP, Edlin R, Hulme C, Brown J: Effect of          versus laparoscopic mini-mally invasive sur-
    plete mesocolectomy for splenic flexure and                robotic-assisted vs conventional laparoscopic         gery for rectal cancer: a systematic review and
    descending colon cancer, compared with a                   surgery on risk of conversion to open laparo-         meta-analysis of randomized controlled trials.
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    F, Lenti LM, Ravazzoni F, Formisano G: Ro-             [8] Kim HJ, Choi GS, Park JS, Park SY, Yang CS,           section is a good prognostic factor in rectal
    botic right colectomy with modified complete               Lee HJ: The impact of robotic surgery on              cancer compared with laparoscopic resec-
    mesocolic excision: long-term oncologic out-               quality of life, urinary and sexual function          tion: long-term survival analysis using pro-
    comes. Ann Surg Oncol. 2016;23:684-691.                    following total mesorectal excision for rectal        pensity score matching. Dis Colon Rectum.
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Autoren
Dr. med. Walter Gantert
Dr. med. Bernward Mölle
Prof. Dr. med. Marc Schiesser
Fachärzte für Chirurgie FMH,
spez. Viszeralchirurgie
Hirslanden Klinik St. Anna
St. Anna-Strasse 32
6006 Luzern
T +41 41 208 38 80
F +41 41 208 38 76
www.hirslanden.ch/stanna                                   Dr. med. Walter Gantert              Dr. med. Bernward Mölle           Prof. Dr. med.
                                                                                                                                  Marc Schiesser

                     to advance
                     Internal Medicine
          Zurich Academy of Internal Medicine
          www.my-zaim.ch

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     Prof. Edouard Battegay          KD Dr. Elisabeth Bandi-Ott            Vereinigung Allgemeiner und                           Pro mit # gekennzeichneter
                                     PD Dr. Heiko Frühauf                  Spezialisierter Internistinnen und                    und besuchter Session 1 Credit
                                     Dr. Lorenzo Käser                     Internisten Zürich
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                                     Prof. Johann Steurer                  Registration:
                                     Dr. Stefan Zinnenlauf                 Medworld AG
                                                                           Online: www.medidays.ch

10    Luzerner Arzt 114/2018
kompetenz, DIE
KOMPETENZ, die VERTRAUEN
               vertrauen SCHAFFT.
                         schafft.

vorankündigung  12.KARDIOLOGIE-
VORANKÜNDIGUNG 9.   kardiologie-
SYMPOSIUM DES
symposium des HERZZENTRUMS
              herzzentrums
HIRSLANDEN ZENTRALSCHWEIZ
hirslanden zentralschweiz
Relevantes
relevantes für die Praxis
                   praxis 2015
                          2018

Donnerstag,
donnerstag, 5.25.November
                  oktober 20182015,im    Hotelradisson
                                     imhotel    RadissonBlu BluininLuzern
                                                                    Luzern,  von
                                                                           von    13.30
                                                                               13.30    – 18.00
                                                                                       Uhr       Uhr Uhr
                                                                                            bis 18.00
Wissenschaftliche Leitung:    Prof.wissenschaftliche
                    Leitung und     Dr. med. Tushar Chatterjee,
                                                         Organisation:med.  pract.
                                                                         Prof.      Anja Chatterjee
                                                                               Dr. med.               und Dr. med. Urs Bucher
                                                                                          Tushar Chatterjee,
Organisation:
Anja ChatterjeeFentEvent   GmbH,
                  und Dr. med.   Urs9552   Bronschhofen,
                                      Bucher,   Herzzentrum  T 071  911 45 22
                                                                Hirslanden   Zentralschweiz, Klinik St.Anna, Luzern
Organisation: FentEvent GmbH, 9552 Bronschhofen, T 071 911 45 22
        THEMEN
themen  – Der ältere Patient – Berührungspunkte zwischen Kardiologie und Geriatrie
        – Dyspnoe
Interventionelle    bei Belastung
                  Kardiologie         – ein alltägliches
                                – Rhythmologie            Problem und seine –Lösungen
                                                    und Elektrophysiologie         Klinische Kardiologie/Pneumologie
                                                                                               Kardiologie
        – Rhythmologie
        – Terminale
referenten      und Herzinsuffizienz
                      vorsitzende und Herztransplantation
Dr. Dr. med. Marco Albanese, Herzzentum Hirslanden Zentralschweiz, Klinik St. Anna, Luzern
WISSENSCHAFTLICHE         ORGANISATION,
PD Dr. med. Christian Binggeli,     Herzzentum  REFERENTEN        UND VORSITZENDE
                                                   Hirslanden Zentralschweiz,      Klinik St. Anna, Luzern
Dr. med.
Prof.     Christoph
      Dr. med.  KlausAuf  der Maur, Herzzentrum
                      Bonaventura,                    LuzernerKlinikum,
                                       Ernst von Bergmann          Kantonsspital,  Luzern
                                                                            DE-Potsdam
PD
Dr. Dr.
    med.med.  Christian
          Rudolf        Binggeli,
                  Hämmerli,        Herzzentrum
                               Herzzentrum          Hirslanden
                                               Hirslanden         Zentralschweiz,
                                                            Zentralschweiz,         Klinik
                                                                               Klinik       St. Anna,
                                                                                      St. Anna,       Luzern
                                                                                                  Luzern
Dr. med. Urs  Bucher, Herzzentrum
          Christopher                   Hirslanden
                        Hansi, Herzzentrum           Zentralschweiz,
                                                Hirslanden              Klinik St.
                                                             Zentralschweiz,       Anna,
                                                                                Klinik St.Luzern
                                                                                            Anna, Luzern
med.
PD Dr.pract.
        med. Anja  Chatterjee,
              Peiman   Jamshidi,Herzzentrum
                                  Herzzentrum    Hirslanden
                                                   Hirslanden Zentralschweiz,
                                                                 Zentralschweiz, Klinik St.St.
                                                                                   Klinik   Anna,  Luzern
                                                                                               Anna, Luzern
Prof. Dr. med. Tushar   Chatterjee,
                Paul Mohacsi,         Herzzentrum
                                Hirslanden            Hirslanden
                                              Klinik im Park, ZürichZentralschweiz, Klinik St. Anna, Luzern
Dr.
PD med.   Rudolf
    Dr. med.  TimHämmerli,    Herzzentrum
                   Rehders, Klinikum           Hirslanden
                                         Weimar,   DE-WeimarZentralschweiz, Klinik St. Anna, Luzern
Dr. med.Schmid,
Hannes    Erich Helfenstein,
                  Schweizer Lungenpraxis,       Hirslanden
                               Fotokünstler, Smiling         Klinik,
                                                         Gecko       St. Anna, Luzern
                                                                 Schweiz
PD Dr. med. Franz   ImmerUniversitätsSpital,
              Jan Steffel,   CEO, Swisstransplant,     Bern
                                                  Zürich
Dr. med.
Prof.     Martin
      Dr. med.   Peter, Innere
                Christian       Medizin/Kardiologie,
                           Sticherling,                   Luzerner
                                         Universitätsspital   Basel Kantonsspital, Wolhusen
PD Dr. med. Otmar    Pfister, Herzinsuffizienz/-transplantation
              Gabor Sütsch,    HerzZentrum Hirslanden, Zürich Kardiologie, Universitätsspital Basel
Dr. med. Christa  Pintelon,
          Marco Waser,       Praxis für Geriatrie,
                         Herzzentrum      Hirslanden Klinik St. Anna, Luzern
                                                       Zentralschweiz,    Klinik St. Anna, Luzern
PD Dr. med. Tim Rheders, Kardiologie, Universitätsklinik, D-Rostock
Prof. Dr. med. Erich W. Russi, Löwenpraxis, Luzern

Klinik St. Anna,St.Anna-Strasse
Klink St.Anna,   St. Anna-Strasse32,
                                  32,6006
                                      6006Luzern,
                                           Luzern,T T041
                                                      041208
                                                          20832
                                                              3232,
                                                                 32,www.kardiologie-symposium.ch
                                                                     www.kardiologie-symposium.ch

HIRSLANDEN
A MEDICLINIC INTERNATIONAL COMPANY
12   Luzerner Arzt 114/2018
Verletzungen des Gelenkknorpels am Kniegelenk
«Die patellofemorale Knorpelchirurgie stellt eine besondere Herausforderung dar»
Dr. med. Nicola Biasca und Dr. med. Sascha Käsermann
Orthopädische Klinik Luzern AG, Hirslanden Klinik St. Anna, St. Anna-Strasse 32, CH-6006 Luzern

   Der hyaline Knorpel überzieht als dün-    festgestellt. Diese Verletzungen werden        Aufgrund der anatomischen Komplexität
ne Schicht von 3 bis 5 mm die Knochen-       auch als Ursachen für die Entstehung ei-       dieses Gelenkabschnitts stellt die patello­
endflächen der beweglichen Gelenke und       nes posttraumatischen Knorpelschadens          femorale Knorpelchirurgie eine besonde-
ermöglicht durch seinen einzigartigen und    diskutiert. Unweigerlich führt bei sportlich   re Herausforderung dar.
komplexen Aufbau einen praktisch rei-        aktiven Personen ein instabiles Kniege-
bungsfreien Ablauf von Bewegungen. Der       lenk im Laufe der Zeit bei entsprechender        Entscheidend für eine effiziente The-
Gelenkknorpel des Erwachsenen besitzt        Belastung zu einem Knorpelschaden. Dies        rapie ist die frühzeitige Diagnostik. Die
weder eine Blutversorgung noch eine lym-     konnte bei Spontanverläufen nach nicht         MRT-Untersuchung des betroffenen
phatische Drainage. Er hat zudem keine       behandelten vorderen Kreuzbandruptu-           Kniegelenks stellt heute das Standardver-
neurale Elemente. Die Chondrozyten sind      ren eindrucksvoll belegt werden. Nach          fahren zur Abklärung dar. Die definitive
von der Zufuhr der ernährenden Substan-      einer Verletzung der Knorpeloberfläche         Diagnostik eines Knorpelschadens kann
zen aus der Synovialflüssigkeit und von      im Bereich des medialen Femurkondylus          schlussendlich nur durch eine Arthrosko-
den reparativen zellulären Instrumenten      ist die Patella die zweithäufigste Lokalisa-   pie des Kniegelenkes erfolgen. Deshalb
durch die breite extrazelluläre Matrix ab-   tion für Knorpelschäden im Kniegelenk,         bleibt die Arthroskopie der Goldstandard
geschirmt. Die Knorpelzellen können nur      während Läsionen an der Trochlea etwas         für die Diagnostik einer Knorpelverlet-
in Fällen von kleinen Knorpelschäden mit     seltener sind. Trochleäre Knorpelschäden       zung.
minimalem Verlust der Matrixkomponen-        stellen sehr häufig einen Zufallsbefund im
ten durch Neusynthese der Proteoglykane      Rahmen einer Routine-MRT-Diagnostik               Die Einteilung der Knorpelschäden
die Knorpeloberfläche wiederherstellen.      oder bei einer Arthroskopie aus anderem        wird durch verschiedene Klassifikationen
Bei grösseren Defekten ist dieser Rege-      Grund dar und sollten sehr zurückhaltend       durchgeführt. Die lange Zeit verwendete
nerationsmechanismus jedoch überfor-         behandelt werden.                              sog. «Outerbridge» Klassifikation wurde
dert und es entstehen Dauerschäden. Die                                                     primär zur Beurteilung der retropatellä-
Behandlung hyaliner Knorpeldefekte ist          Die Ursachen für die Entstehung von         ren Chondropathie entwickelt und beur-
häufig komplex und stellt für Patient und    lokalisierten Knorpelschäden im Patello-       teilt Knorpelschäden vor allem anhand
Operateur eine grosse Herausforderung        femoralen Gelenk sind sehr variabel und        ihrer Tiefenausdehnung. Heutzutage wird
dar.                                         können häufig nicht endgültig geklärt          vor allem das Klassifikationssystem der
                                             werden. Eine eindeutige Kausalität lässt       International Cartilage Repair Society
   Akute Verletzungen des Gelenkknor-        sich meist nur nach stattgehabten Kno-         (ICRS) Verwendung (Vgl. Bild 1).
pels entstehen entweder durch ein direk-     chenbrüchen mit Gelenksbeteiligung im
tes Kontusionstrauma oder durch eine         Sinn von posttraumatischen Knorpelschä-           Grad 0: normal
indirekte, das Gelenk verdrehende Ver-       den feststellen. Selbst nach einer unfal-         Grad I: oberflächliche Aufrauhung
letzung. Knorpel-Knochen Kontusionen         lassoziierten Patellaluxationen, welche zu        Grad II: Knorpelläsionen < 50% der
im Sinne eines «Bone bruise» werden          chondralen oder osteochondralen Läsio-         Tiefe
auch nach akuten Rupturen des vorderen       nen führen kann, sind prädisponierende            Grad III: Knorpelläsion > 50% der Tie-
Kreuzbandes (VKB) in mehr als 68% der        anatomische Faktoren in mehr als 90%           fe bis an den subchondralen Knochen
Fälle dokumentiert und werden je nach        der Fälle nachzuweisen. Diese sind vor            Grad IV: Knorpellsäion unter Mitein-
Mechanismus der Verletzungen nicht nur       allem eine Trochleadysplasie, eine Patella-    bezug des subchondralen Knochens oder
im Bereich des dorsalen Anteils des Tibia-   hochstand (sog. Patella alta) oder anders-     tiefer
plateau sondern auch im Bereich der rand-    artige geometrische Formveränderungen
ständigen antero-lateralen Femurkondyle      des patellofemoralen Gelenkabschnitts.

                                                                             Bild 1: ICRS‑Klassifikation der Knorpelschäden
                                                                             (Klassifikation der International Cartilage Repair
                                                                             Society). Arthroskopische Visualisierung der Knorpel‑
                                                                             schäden entsprechend der ICRS‑Klassifikation: a Grad
                                                                             I, b Grad II, c Grad III, d Grad IV.
                                                                             (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. M. Stein‑
                                                                             wachs)

                                                                                                                 Luzerner Arzt 114/2018   13
Weiterhin muss die Diagnostik neben          Knochens, die Defektgrösse, der Aktivi-       2. Knochenmark-stimulieren-
der eigentlichen Darstellung des Knor-          tätsgrad, sowie das Alter des Patienten und   de Eingriffe:
peldefekts auch die Beurteilung der             seine funktionellen Ansprüche berücksich-
Beinachse, die Bestimmung der patellofe-        tigt werden müssen. Wichtig ist auch dabei,      Das ist das bekannteste und am häufigs-
moralen Gelenkgeometrie inklusive der           dass man die Erwartungen des Patienten        ten eingesetzte Verfahren. Basierend auf
Analyse der Tuberositas Tibiae-Trochlea         kennt und diese gegebenenfalls mit dem zu     den heutigen Kenntnissen über die Patho-
Gruben (TT-TG)-Distanz oder alternativ          erwartenden Resultat abgleicht.               physiologie des Gelenkknorpels werden
der Tuberositas Tibiae-Posterior Crucia-                                                      oberflächliche Knorpeldefekte durch Per-
te Ligament (TT-PCL)-Distanz bzw. die             Die zur Verfügung stehenden Behand-         foration der subchondralen Platte mittels
trochleären Form, die Bestimmung der            lungsoptionen sind aufgrund der nur gerin-    Bohrungen, Abrasion oder Anbohren
Rotationsverhältnisse, sowie die Beurtei-       gen Regenerationsfähigkeit des hyalinen       des Knochens (sog. Mikrofrakturierung,
lung der Patella Stabilität und der Rück-       Knorpels allein symptomatischer Natur:        «MFX») behandelt. Das Ziel all dieser
fussstellung beinhalten.                        Die konservative, nicht-medikamentöse         Vorgehen ist, durch Eröffnung der sub-
                                                Behandlung des Knorpelschadens be-            chondralen Kortikalis eine Blutung (ein
   Ein sehr wichtiger Pfeiler für die erfolg-   schränkt sich ebenso wie die medikamen-       sog. Superclot) aus dem Knochenmark zu
reiche Therapie eines Knorpelschadens           töse Therapie vor allem auf die Sympto-       erzeugen, und durch Einwanderung von
ist die Behandlung der Begleitpathologie.       matik (Schmerzreduktion, Verbesserung         Blut- und mesenchymalen Vorläuferzel-
Diese Begleitpathologien sind bei einem         der Beweglichkeit). In der Regel wird mit     len unter dem Reiz mehrwöchiger Teil-
sehr hohen Anteil der Betroffenen vor-          den konservativen Massnahmen versucht,        belastung sowie stundenlanger passiver
handen und müssen auch entsprechend             die durch den Knorpelschaden bedingten        Bewegung des Gelenkes die Bildung eines
adressiert werden. Durch moderne Ver-           Beschwerden zu lindern und vor allem die      fibrösen Knorpel-Ersatzgewebes zu indu-
fahren der Knorpeltherapie mit korrek-          Progredienz der beginnenden Arthrose zu       zieren (Vgl. Bild 2).
tem Angehen der Begleit-Pathologie las-         bremsen.
sen sich mittlerweile zufriedenstellende                                                         Durch diese Technik bildet sich ein
Ergebnisse erreichen. Eine Ruptur des             Als operative Massnahme kommen              Ersatzknorpelgewebe mit einem hohen
vorderen Kreuzbandes, periphere Band            heutzutage folgende Optionen in Frage:        Anteil an fibrösen Elementen, das zwar
Instabilitäten und Meniskus-Schaden                                                           nicht die Stabilität und Elastizität des ur-
müssen unbedingt mitbehandeln werden.                                                         sprünglichen Knorpelgewebes aufweist,
Zusätzlich muss auch ein Malalignement          1. Arthroskopische Lavage                     aber den Patienten doch das Durchführen
der Beinachse in die Knorpel-rekonstruk-                                                      seiner beliebten sportlichen Tätigkeiten
tiven Überlegungen miteingeschlossen            und Debridement:                              auf einem guten Niveau erlauben sollte.
werden. Bei einer Varus-Fehlstellung des                                                      Bis heute gilt die Mikrofrakturierung als
Beines und einem Knorpelschaden im me-            Die einfachste Methode zur Behand-          Goldstandard bei der Behandlung von
dialen Kompartiment hat es sich z.B. be-        lung eines Knorpelschadens ist die arth-      kleinen Knorpeldefekten. Diese Technik
währt, die Knorpelbehandlung mit einer          roskopische Lavage und Debridement            ist suboptimal für die Behandlung Knor-
valgisierenden Osteotomie zu kombinie-          von Knorpelfragmenten. Mit speziellen         pelläsionen an der Patella, da die Dicke
ren. Alle diese Pathologien sind ein wich-      Instrumenten werden abgenutzte Knor-          des Knorpels nicht ausreichend aufgebaut
tiger Bestandteil der Gelenkchirurgie und       pelstellen geglättet und knorpelabbauen-      wird und die Nachhaltigkeit dieser Technik
beeinflussen die Belastung und Kinematik        de Enzyme und abgelöste Knorpelstück-         ist nicht garantiert. Diese knochenmark-
der artikulierenden Flächen.                    chen aus dem Gelenk herausgespült. Die        stimulierende Therapie sind bei alleinigen
                                                Wirksamkeit dieser minimal-invasiven          Schäden des hyalinen Gelenkknorpels mit
   Die Therapiewahl folgt prinzipiell einem     Behandlung liegt hauptsächlich in der         intakten subchondralen Knochen (Knor-
lokalisationsunabhängigen Algorithmus,          Entfernung von aggressiven, beim Knor-        pelschaden ICRS Grad III-IV) und v. a.
wobei v. a. die Ausdehnung des Defektes         pelzerfall entstehenden Enzymen, die eine     bei kleineren Defekten (Grösse bis 2 cm2)
in die vaskularisierte subchondrale Regi-       Synovitis verursachen und ausserdem zu        ein bewährtes Verfahren.
on, die Beschaffenheit des subchondralen        weiterer Knorpeldegeneration führen.

                                                                               Bild 2: Schematische Darstellung der Technik der Mik‑
                                                                               rofrakturierung: Primär wird das defekte Knorpelareal
                                                                               auskürettiert, danach werden multiple Perforationen
                                                                               der subchondralen Knochenlamelle mit einer koni‑
                                                                               schen Ahle durchgeführt.
                                                                               (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. M. Stein‑
                                                                               wachs)

14   Luzerner Arzt 114/2018
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