Der Weg Mitgliedermagazin

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Der Weg Mitgliedermagazin
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der Weg
Mitgliedermagazin
Der Weg Mitgliedermagazin
Inhaltsverzeichnis
Editorial                                 3    Die Stimme aus dem Hörer                   18
Remo Kuonen                               3    Leserwettbewerb                            19
                                               Canne blanche für "Regards Neufs"          20
Aktuelles                          4
                                               Mach's gut, Chefredaktor!                  21
Verena Kuonen ist Vizepräsidentin
Integration Handicap               4           Menschen                                   22
Sensibilisierungskampagnen                     Mit Volldampf unterwegs                    22
gestartet                          5
                                               Verbandsleben                              25
Neues aus der Interessenvertretung 6
                                               Herausforderung Arbeitsmarkt               25
Sich für bessere Zugänglichkeit
                                               Von Zündholz- und
engagieren                         8
                                               Pizzaschachteln                            30
Vorwärts zu den Wurzeln           10
                                               Blind-Date an der Bieler Messe             32
Christina Fasser tritt in den
                                               Veranstaltungen                            33
Ruhestand                         12
                                               Tipps und Tricks                           36
Retina Suisse erhält eine neue
Geschäftsleitung                  15
100 Jahre Solsana Saanen:
vom Sanatorium zum Ferienhotel 17

Impressum
Mitgliederzeitschrift des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (SBV)
im 101. Jahrgang. Sie erscheint viermal im Jahr in Grossdruck, in Braille, im DAISY-For-
mat, im Elektronischen Kiosk, auf www.sbv-fsa.ch, in der VoiceNet-Rubrik 2 1 7 sowie auf
Bestellung per E-Mail (ohne Fotos) in Deutsch und Französisch ("Clin d'œil").

Herausgeber:            Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV),
                        Gutenbergstrasse 40b, Postfach 8222, 3001 Bern,
                        Tel. 031 390 88 00; redaktion@sbv-fsa.ch, www.sbv-fsa.ch
Redaktion:              Edith Nüssli, Jean-Marc Meyrat, Alfred Rikli
Übersetzungen:          Yvonne Arnold, USG, Jolanda Schönenberger
Foto Titelbild:         SBV-Präsident Remo Kuonen und SBV-Generalsekretär
                        Kannarath Meystre (l) lancieren die Sensibilisierungskampagne.
                        Foto: Isabelle Schönholzer
ISSN-Nummern:           1422-0490 (Print), 2296-2018 (Braille), 2296-2026 (Audio)
Layout und Druck:       Ediprim AG, Biel/Bienne
Braille:                Simone Rentsch und Anton Niffenegger
Audio:                  Paul Güntert Tonstudio, Basel
Abonnement:             Für Mitglieder des SBV: gratis.
                        für Nichtmitglieder: Fr. 28.– (Inland), Fr. 34.– (Ausland) pro Jahr.
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 10. Februar 2015

2                                          Druck auf umweltfreundliches FSC-Papier
Der Weg Mitgliedermagazin
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser
Remo Kuonen, Präsident des SBV

Wenn Weihnachten naht, machen wir
uns über Solidarität und Grosszügig-
keit bestimmt stärker Gedanken als
während der restlichen Zeit des Jah-
res. Hin und wieder streuen sich je-
doch heimtückisch Misstöne und
kleine Sandkörner ein, um unsere
guten Absichten zu durchkreuzen. Das
Gleiche geschieht bei den harten
Diskussionen mit einigen unserer Part-
ner, die zwar gewiss stets hehre Vor-
sätze haben, aber manchmal zum
Nachteil der direkt betroffenen Men-         Remo Kuonen.                 Foto: SBV
schen agieren.
Angesichts der derzeitigen politischen       sollten die damit einhergehenden
Rahmenbedingungen, die im besten             Benachteiligungen so weit als möglich
Fall auf die Beibehaltung der bisher         beseitigt werden.
gewährten Subventionen und im                Die Zeiten sind zwar hart für die Ver-
schlechtesten Fall auf deren Kürzung         bände, aber ungleich härter sind sie für
hinauslaufen, müht sich jede Behinder-       Menschen mit Behinderung. Sie sind
tenorganisation mit Programmen zur           nämlich oft am dringendsten auf Hilfs-
Gewährleistung eines ausgeglichenen          mittel angewiesen: Die kleinen Geräte
Haushalts ab. Vor diesem Hintergrund         ermöglichen es ihnen, den Alltag im
hat der SZB nun beschlossen, höhere          eigenen Heim zu bewältigen und sich
Preise für die Hilfsmittel zu verlangen.     besser in die Gemeinschaft einzufü-
Die Hilfsmittel sind für blinde und seh-     gen, indem sie die Fortbewegung oder
behinderte Menschen nicht nur unver-         auch die Freizeitgestaltung wie die
zichtbare Hilfen im Alltag, sondern          Ausübung einer geeigneten Sportart
stellen auch die Instrumente dar, dank       erleichtern. Da die Mehrheit von ihnen,
derer jede und jeder Einzelne von uns        insbesondere die ältere Generation, in
die Hürden bei der gesellschaftlichen,       bescheidenen Verhältnissen lebt, führt
kulturellen, wirtschaftlichen und berufli-   eine Preiserhöhung nicht selten dazu,
chen Eingliederung besser zu überwin-        dass sie auf diese «Lebenshelfer»
den vermag. Die Behinderung ist              verzichten und sich in ihre eigene Welt
schon an sich ein Hindernis. Daher           zurückziehen.

                                                                                   3
Der Weg Mitgliedermagazin
Aktuelles

Die primäre Aufgabe der Verbände,             die grundlegendsten Hilfsmittel betrifft.
die sich der Unterstützung der Betrof-        Ich befürworte zweifelsohne ein soli-
fenen verschrieben haben, besteht             des Finanzmanagement der Ver-
darin, die behinderungsbedingten              bände, bei dem sich Aus- und Einnah-
Mehrkosten im Rahmen des Mögli-               men die Waage halten, doch
chen auszugleichen. Dieser Auftrag            bewahren wir auch gesunden Men-
lässt sich bestimmt nicht über eine           schenverstand und schütten wir das
Preiserhöhung erfüllen, die vor allem         Kind nicht mit dem Bade aus!

Verena Kuonen ist Vizepräsidentin
Integration Handicap
Alfred Rikli, Bereichsleiter Interessenvertretung

An seiner ersten Sitzung vom 2. Sep-
tember 2014 wählte der Zentralvor-
stand von Integration Handicap Verena
Kuonen, Mitglied des Schweizerischen
Blinden- und Sehbehindertenverbands
SBV, zur Vizepräsidentin. Der SBV
gratuliert Verena Kuonen herzlich zur
Wahl, wünscht ihr einen guten Start
und viel Erfolg in diesem für alle blin-
den und sehbehinderten Menschen in
diesem Land bedeutsamen Amt.
Verena Kuonen amtet zusammen mit              SBV-Mitglied Verena Kuonen enga-
der Aargauer Ständerätin Pascale              giert sich neu im Zentralvorstand
Bruderer, welche die Schweizer Behin-         von Integration Handicap. Foto: zVg
derten-Dachorganisation präsidiert.
Verena Kuonen repräsentiert im                Leben ein. Die Dachorganisation um-
10-köpfigen Zentralvorstand die               fasst einen Rechtsdienst, die Fach-
Stimme einer betroffenen Persönlich-          stelle «Barrierefreier öffentlicher Ver-
keit aus der Westschweiz.                     kehr», die Fachstelle Égalité Handicap
Integration Handicap setzt sich als           sowie im Auftrag die Fachstelle der
Dachorganisation der privaten Behin-          Dachorganisationenkonferenz der
dertenhilfe für das Recht behinderter         privaten Behindertenhilfe DOK.
Menschen auf volle Teilnahme am
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen       www.integrationhandicap.ch

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Aktuelles

Sensibilisierungskampagnen gestartet
Olivia Altenhoff, Pierre-Yves Graber, Co-Leiter Marketing und Fundraising

Um die Herausforderungen im Alltag          Plakate ausgehängt. Auf einem Plakat
von blinden und sehbehinderten              war eine Kaki abgebildet und dazu die
Menschen sichtbarer zu machen,              Frage: "Eine Orange". Denn eine
hat der SBV eine erste Sensibilisie-        Person mit Sehbehinderung kann
UXQJVNDPSDJQHJHVWDUWHW                    diese beiden Früchte im Laden ver-
                                            wechseln, ebenso wie eine sehende
Noch zu viele Barrieren schränken           Person, die das Plakat von weitem
blinde und sehbehinderte Menschen           sieht. Das gleiche Spiel wird mit einer
in ihrem Alltag ein. Um vorhandene          Schraube (Nagel?) und einem Knäuel
Barrieren abzubauen, hat der SBV            Schnur (Wolle?) inszeniert. Jedes
eine erste Sensibilisierungskampagne        Sujet wird ergänzt mit einer Lupe,
gestartet. Die Kampagne richtet sich        durch welche der Schriftzug "SBV"
sowohl an die breite Bevölkerung als        sichtbar ist, und dem Text "Eine Seh-
auch an betroffene Menschen und ihre        behinderung macht den Alltag zur
Nächsten.                                   Herausforderung. Der Schweizerische
                                            Blinden- und Sehbehindertenverband
Irritieren und interessieren                SBV hilft."
Die Idee der Sensibilisierungskampa-        Vom 10. November bis zum 21. De-
gne ist, auf die Folgen einer Sehbehin-     zember wird ferner ein 15-sekündiger-
derung hinzuweisen und zu versu-            Fernsehspot ausgestrahlt. Der Spot
chen, sehende Menschen in die               übernimmt die Logik der Plakate, be-
Situation einer Person mit Sehbehin-        schränkt sich jedoch auf das Sujet der
derung zu versetzen. Gleichzeitig           Kaki. Zu Beginn rollt ein verschwom-
sollen sich Betroffene in ihrer Alltags-    mener, kugelförmiger oranger Gegen-
herausforderung wiedererkennen.             stand ins Bild. Der Text "Eine Orange?"
Dafür wurden Alltagsgegenstände in          wird eingeblendet, das Bild wird immer
ihrer Verwechslungssituation mit sehr       klarer und der Fernsehzuschauer
ähnlichen Objekten inszeniert. Die          realisiert, dass eine Kaki ins Bild gerollt
Kampagne spielt mit dieser Verwechs-        ist. Am Schluss kommen Lupe, SBV-
lung und will so sehende Menschen           Schriftzug und -Internetadresse ins
irritieren.                                 Bild und eine Stimme spricht den
                                            obengenannten Text. Mit diesen Plaka-
Inserate und TV-Spots                       ten und Fernsehspots eröffnet der SBV
Zum Start der Sensibilisierungskampa-       die Sensibilisierungskampagnen für
gne wurden vom 10. bis 30. November         die nächsten vier bis fünf Jahre.

                                                                                     5
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Aktuelles

Neues aus der Interessenvertretung
Elektroautos müssen hörbar sein
Joël Favre, Sachbearbeiter Interessenvertretung

Wie bereits in der Januar-Ausgabe          denkilometern verstummen. Bei höhe-
von "der Weg" angekündigt, hat das         rer Geschwindigkeit entwickelten die
Europäische Parlament anfangs April        Räder einen ausreichend hohen Ge-
eine Verordnung über Elektrofahr-          räuschpegel, wird die Massnahme
zeuge verabschiedet. Neu sind elek-        begründet.
trisch betriebene Fahrzeuge zwingend
mit einem akustischen Fahr-                Einsatz für besseren Schutz
zeug-Warnsystem (kurz AVAS) auszu-         Diese europäischen Bestimmungen
statten. Elektroautos müssen künftig       reichen nicht aus, um die Sicherheit
also ein künstliches Geräusch erzeu-       und Orientierung von Personen mit
gen, damit blinde und sehbehinderte        einer Sehbehinderung zu gewährleis-
Personen diese wahrnehmen können.          ten. Die Interessenvertretung des SBV
                                           setzt sich deshalb dafür ein, dass in
Schutz genügt nicht                        der Schweiz eine weitergehende Re-
Der Einbau des akustischen Warnsys-        gelung eingeführt wird, sowohl im
tems ist jedoch erst für Fahrzeuge         schweizerischen Verkehrssicherheits-
verpflichtend, die ab 2021 zugelassen      rat oder auch auf dem politischen
werden. Ferner erlaubt die europäi-        Parkett. Ausserdem pflegt sie den
sche Verordnung einen Schalter,            Austausch mit internationalen Part-
mit dem der Lenker das System              nern wie der Europäischen- und der
abschalten kann. Darüber hinaus            Welt-Blindenunion. Letztere macht
soll das künstliche Geräusch ab            sich bei den Vereinten Nationen stark
einer Geschwindigkeit von 20 Stun-         für eine angemessene Regelung.

Neue Lehrstellen bei der Stadt Bern
Daniela Moser, Sachbearbeiterin Interessenvertretung

Anfang August 2014 haben zwei Ju-          männische Ausbildung begonnen. Das
gendliche mit Sehbehinderung bei der       ist ein erster Erfolg eines Pilotprojek-
Direktion für Bildung, Soziales und        tes, das die Abteilung Interessenver-
Sport der Stadt Bern (BSS) eine kauf-      tretung des SBV zusammen mit der

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Der Weg Mitgliedermagazin
Aktuelles

Fachstelle für die Gleichstellung von
Menschen mit Behinderung der Stadt
Bern lanciert hat.
Zum Projektstart im April 2013 trafen
sich die Lehrlingsverantwortlichen der
BSS mit Vertretern der Blindenschule
Zollikofen, der städtischen Fachstelle
für die Gleichstellung und der Abtei-
lung Interessenvertretung. Sie bespra-
chen, welche Massnahmen notwendig
sind, damit Jugendliche mit Sehbehin-     Der SBV schafft nicht nur selber
derung bei der Stadt Bern eine kauf-      Lehrstellen, er regt auch andere dazu
männische Ausbildung absolvieren          an. Im Bild Lisa Oehrli, seit diesem
können.                                   Sommer KV-Lernende im Generalse-
                                          kretariat. Foto: Edith Nüssli
Ausbildner vorbereiten
Eine Massnahme war, die Personen zu       immer wieder hinterfragt werden",
sensibilisieren, die für die Ausbildung   bilanzieren Renate Schönauer und
der Lernenden zuständig sind. Mitarbei-   Christian Lüthi, Lehrlingsverantwortli-
tende der Abteilung Interessenvertre-     che der BSS.
tung zeigten ihnen zum einen, welche
technischen Möglichkeiten heute vor-      Lehrkräfte informieren
handen sind. Dazu demonstrierten sie      Die beiden Lernenden besuchen das
zum Beispiel Sprachausgabe und            Bildungszentrum für Wirtschaft und
Braillezeile. Zum anderen beantworte-     Dienstleistung. Die Interessenvertre-
ten sie Fragen rund um den Umgang         tung sensibilisierte Lehrkräfte und be-
mit Betroffenen. Unter anderem wollten    antwortete Fragen bezüglich der Unter-
die Ausbildner wissen, wie sie Aufträge   richtsgestaltung. Die Hürden in der
an Lernende vergeben müssen.              Schule sind vor allem Dokumente, die
Besprochen wurde ebenso, welche           nicht barrierefrei sind, und fehlendes
technischen Anpassungen notwendig         Wissen über technische Hilfsmittel.
sind, damit Menschen mit Sehbehinde-      Aus Sicht des SBV ist der Start der
rung optimal arbeiten können. Unter       Ausbildung bei beiden Lernenden gut
anderem hat die Stadt Bern zusammen       gelungen. Das bestätigt die sehbehin-
mit der Firma Accesstech verschiedene     derte Karin Kleb: "Auf das Sehen bezo-
Computerprogramme angepasst. "Was         gen hatte ich bisher keine grösseren
bei anderen Lernenden punkto Organi-      Schwierigkeiten, aber am Abend merke
sation mit einer Selbstverständlichkeit   ich dann doch, dass die Augen meistens
abgewickelt wird, musste und muss         müder sind als zu meiner Schulzeit."

                                                                                    7
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Aktuelles

Sich für bessere Zugänglichkeit engagieren
Charly Meyer, Leiter SBV-Beratungsstelle Freiburg

Obwohl Menschen mit Behinderung
seit zehn Jahren gesetzlich gleich-
gestellt sind, sind viele öffentliche
Gebäude und Anlagen noch nicht
KLQGHUQLVIUHL]XJlQJOLFK)UHLQH
bessere Zugänglichkeit setzen sich
Betroffene in Zusammenarbeit mit
)DFKSHUVRQHQHLQGHU:HJ]HLJW
an einem Beispiel, wie es vor Ort
DEODXIHQNDQQ
                                           Mit einer normkonformen Markie-
Viel zu viele öffentliche Gebäude und      rung werden Glastüren für sehbe-
Anlagen sind nur erschwert zugäng-         hinderte Menschen besser wahr-
lich. Vielen sehbehinderten und blin-      nehmbar. Foto: Fritz Buser
den Menschen ergeht es täglich so wie
Maria Muster. Sie ist auf dem Weg zur      mit anderen Fachpersonen auf Fragen
Bank. Beim Eingang steht sie vor einer     der Zugänglichkeit spezialisiert, ver-
spiegelnden Glasfront. Irgendwo an         steht diese Situationen aus unzähligen
dieser blendenden und verwirrenden         Trainingseinheiten auf dem Terrain und
Fläche sollte eine Türe sein. Tasten ist   kennt die geltenden Gesetze und Nor-
angesagt, erfolglose Versuche, ein         men. In einer ersten Phase tritt er mit
bewegliches Element zu finden. Ein         der betreffenden Bank in Verbindung
Kunde, der die Bank verlässt, bringt       und weist sie auf das Problem hin.
die nötige Hilfe. Nun muss sie noch        Wird seine Intervention ernst genom-
gegen die unangenehmen Scheinwer-          men, arbeitet er Vorschläge aus, die
fer an der Decke ankämpfen und ir-         sowohl die gesetzlichen Vorgaben
gendwo einen Schalter finden. Tak-         respektieren als auch den Bedürfnis-
til-visuelle Leitlinien würden helfen,     sen einer Mehrheit der betroffenen
sind aber leider nicht vorhanden.          Menschen gerecht werden.
                                           Im beschriebenen Fall wird ein weis-
Gemeinsam Handeln                          ses horizontales Band angebracht, auf
Wieder zuhause nimmt Maria Kontakt         dem schwarze Vierecke integriert sind.
auf mit dem Mobilitätslehrer der lokalen   Dank dem starken Kontrast hebt sich
SBV-Beratungsstelle. Dieser arbeitet       die Türe vom dahinterliegenden Raum
zusammen mit den Sektionen und ist         ab. Markierungen aus Milchglas sind

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Der Weg Mitgliedermagazin
Aktuelles

nicht normkonform, weil sie zu wenig         Fachpersonen – im Idealfall ein Orien-
Kontrast schaffen.                           tierungs- und Mobilitätslehrer – zu
Da Sehbehinderungen extrem viele             zweckmässigen Lösungen führt. Eine
Facetten und individuelle Auswirkun-         Schweiz weite Koordination innerhalb
gen haben, kann die Arbeit des Mobili-       des SBV sorgt ferner dafür, dass die
tätslehrers unter anderem ein wichti-        vorhandenen Ressourcen optimal ein-
ger Garant dafür sein, dass nicht            gesetzt werden. Denn: Gemeinsam
individuelle Bedürfnisse die vorge-          sehen wir mehr.
schlagenen Massnahmen prägen.

Betroffene und Profis als Tandem             Diese Stellen stehen unterstüt-
In dieser konkreten Situation gilt es nun,   zend zur Seite:
den lokalen Verhältnissen angepasste         ‡ erfahrene Sektionsmitglieder und
Lösungen zu finden, die nicht selten von        lokale Orientierungs- und Mobili-
Kompromissen geprägt sind. Das Auge             tätslehrer
des Mobilitätslehrers kann hier äusserst     ‡ Abteilung Interessenvertretung
hilfreich sein. Er kann Baupläne, Zeich-        des SBV
nungen, Farb- und Kontrastmodelle            ‡ Regionale Beratungsstellen und
sowie andere Dokumente begutachten              Schweizerische Fachstelle für
und erstellen, die leider für sehbehin-         behindertengerechtes Bauen
derte und blinde Menschen selten oder
gar nicht zugänglich sind. Dieser Teil der   'LHVH*HVHW]HXQG1RUPHQJHOWHQ
Arbeit muss von einem sehenden Profi         ‡ Bundesgesetz über die Beseiti-
geleistet werden. Können Unterlagen             gung von Benachteiligungen von
vergrössert und zugänglich gemacht              Menschen mit Behinderungen
werden, ist die Mithilfe von betroffenen        (Behindertengleichstellungsge-
Personen ein grosses Plus.                      setz, BehiG)
Wichtig in dieser Zusammenarbeit ist,        ‡ Kantonale Behindertengesetze
dass die verschiedenen Rollen klar           ‡ Norm SIA500 für öffentliche Bauten
verteilt sind. Mit ihren konkreten Erfah-    ‡ VSS-Norm SN 640 075 "Hinder-
rungen, mit ihren Bedürfnissen und              nisfreier Verkehrsraum"
Kompetenzen erkennen sehbehinderte
und blinde Menschen Hindernisse und          Diesen Beitrag, die Adressen der
engagieren sich zusammen mit einer           genannten Stellen und weitere Infor-
Fachperson beispielsweise durch Tref-        mationen finden Sie auf der SBV-In-
fen mit den entsprechenden Instanzen         ternet-Plattform "Regionale Interes-
und Testen der Massnahmen.                   senvertretung": http://
Das Beispiel zeigt, dass ein gutes Zu-       interessenvertretung.www.sbv-fsa.ch
sammenspiel zwischen Betroffenen und

                                                                                      9
Der Weg Mitgliedermagazin
Aktuelles

Vorwärts zu den Wurzeln
Alfred Rikli, Bereichsleiter Interessenvertretung

Back to the roots – dieses geflü-             das Behindertengleichstellungsgesetz
JHOWH:RUWLQHQJOLVFKHU6SUDFKH             haben der Selbsthilfe ein Ende ge-
heisst auf Deutsch etwa so viel wie           setzt, ganz im Gegenteil. Wie es um
]XUFN]XGHQ:XU]HOQ]XGHQ$Q             die Invalidenversicherung steht, ist
IlQJHQXQG8UVSUQJHQ0LW%OLFN             hinlänglich bekannt. Die vielbeschwo-
auf den Schweizerischen Blinden-              rene Integration in den ersten Arbeits-
und Sehbehindertenverband lässt               markt bleibt Wunschvorstellung. Be-
sich die aktuelle Bewegung im Ver-            troffene sind gefragt, wenn es um die
band trefflich umschreiben mit                Umsetzung der gesetzlich verankerten
9RUZlUWV]XGHQ:XU]HOQ                   Gleichstellung geht. Blinde und sehbe-
                                              hinderte Mitmenschen müssen diesen
In den Statuten vom 10. November              Prozess auf allen Ebenen und in allen
2012 versteht sich der Schweizerische         gesellschaftlichen Bereichen prägen.
Blinden- und Sehbehindertenverband
SBV als nationale Organisation, in der        Klar definierter Rahmen für die
sich blinde und sehbehinderte Men-            Sektionen
schen zur Selbsthilfe, Selbstbestim-          Den Sektionen steht für die Ausgestal-
mung und Interessenvertretung zu-             tung eines Leistungsvertrags mit dem
sammenschliessen.                             SBV ein Reglement zur Verfügung mit
Wenn die Verbandsstatuten in Artikel          definierten Rahmenbedingungen für
13 sinngemäss die aktive Mitarbeit der        ihre Zusammenarbeit mit dem Ver-
Sektionen "zur Erbringung bestimmter          band. Nebst dem formalen Rahmen
Leistungen in ihrem Einzugsgebiet"            interessiert vor allem die inhaltliche
nennen und dem einen Leistungsver-            Stossrichtung der Bewegung vorwärts
trag mit dem SBV zugrunde legen, so           zu den Wurzeln: Die Sektionen enga-
heisst diese Bewegung "Vorwärts zu            gieren sich mit Leistungen, welche der
den Wurzeln".                                 SBV selbst anbietet oder landesweit
                                              anbieten möchte. Es sind dies unter
Ureigene Selbsthilfe                          anderem die Einflussnahme auf Ge-
Mit den Wurzeln im Sinne des SBV ist          setzgebung und Gesetzesvollzug,
also die ureigene Selbsthilfe gemeint,        ferner die Förderung von Netzwerken
wahrgenommen durch den Verband                blinder und sehbehinderter Menschen,
und in Zukunft vermehrt und verstärkt         die Sensibilisierung der Öffentlichkeit
auch durch die Sektionen. Denn: We-           ebenso wie die Beratung von Behör-
der die Sozialversicherungen noch             den, Arbeitgebern, Schulen sowie

10
Aktuelles

anderer Institutionen und Einzelperso-     der Sektion Zürich-Schaffhausen ist
nen in Fragen der Integration blinder      erste Anlaufstelle und Kompetenzzent-
und sehbehinderter Menschen und der        rum für Fragen betreffend Interessen-
Beseitigung von Barrieren jeglicher Art.   vertretung, Kommunikationsaktivitäten
                                           und Selbsthilfe in der Region. Der
Pilotprojekt läuft                         SBV ergänzt mit Beratung und Reha-
Als erste Sektion arbeitet Zürich-         bilitation, Bildung und Freizeit, Infor-
Schaffhausen seit Januar 2014 mit          mation und Interessenvertretung (auf
einer sogenannten Pilot-Vereinbarung       nationaler Ebene), aber auch mit sei-
mit dem SBV zusammen. Sie wurde            ner logistischen Unterstützung (SBV-
vom Verbandsvorstand im August des         Bereich Ressourcen) die Aktivitäten
Vorjahrs genehmigt. Das Sekretariat        der Sektion Zürich-Schaffhausen.

Neuer Leiter Sektionen- und Mitgliederdienst
Mit dem Ziel, die Sektionen in ihrem
Aufbruch "Vorwärts zu den Wurzeln"
tatkräftig zu unterstützen, ist seit
1. Juli 2014 Rolf Summermatter in der
Funktion als Leiter Sektionen- und
Mitgliederdienst tätig. Sein Aufgaben-
gebiet umfasst die Koordination und
Zusammenarbeit mit den Sektionen,
deren Betreuung und Unterstützung,
selbstverständlich sofern dies er-
wünscht ist von den Sektionen und          Sie arbeiten im Dienst der Sektio-
zwar auf partnerschaftlicher Ebene.        nen und Mitglieder der Deutsch-
Zum Team Sektionen- und Mitglieder-        schweiz: Lisbeth Käser und Rolf
dienst gehören Janique Cottier, Rina       Summermatter. Foto: Edith Nüssli
De Falcis, Lisbeth Käser und Claudia
Racine. Das Team unter Leitung von
Rolf Summermatter offeriert den Sek-       Weiterentwicklung der Sektionen,
tionen und Mitgliedern Dienstleistun-      auch mit Blick auf die neu geltenden
gen: Von REKA-Checks über Aus-             Statuten und der damit verbundenen
künfte zu Mitgliedschaften bis zur         Möglichkeit der Sektionen, einen
Ausführung von Sektionsversänden           Leistungsvertrag mit dem SBV abzu-
und weiter zur Unterstützung in der        schliessen.

                                                                                  11
Aktuelles

Christina Fasser tritt in den Ruhestand
Interview: Jean-Marc Meyrat, Redaktor "Clin d'oeil"

1DFK-DKUHQDOV*HVFKlIWVOHLWH          ging es um die Information über die
rin von Retina Suisse geht Christina        Retinitis pigmentosa, über die Symp-
)DVVHU(QGHLQ3HQVLRQ'HU           tome der Erkrankung und über ihre
)RUVFKXQJVI|UGHUXQJEOHLEWVLH             Folgen. Hier muss ich anfügen, dass
treu: Sie präsidiert neu Retina Inter-      damals die "Halbblinden" wie wir, die
QDWLRQDO                                   zwar lesen können, aber in ihrer Mobili-
                                            tät enorm eingeschränkt sind, ihren
GHU:HJ:LHLVW5HWLQD6XLVVH           Platz unter den Sehbehinderten nicht
entstanden?                                 fanden, zu denen hauptsächlich blinde
Christina Fasser: Retina Suisse wurde       Menschen zählten. Ein weiteres Ziel
auf die Initiative von Personen mit         bestand in der Förderung der For-
Retinitis pigmentosa, unter anderem         schung, um die Behandlung dieser
meinem Bruder Bernhard sowie Pro-           genetisch bedingten Erkrankung voran-
fessor Niemejer, ins Leben gerufen.         zutreiben.
Letzterer kannte zwei wohlhabende
Persönlichkeiten aus den USA, Ben           :HOFKHQ6WHOOHQZHUWKDWGLH6HOEVW
Berman und Gordon Gund, die unter           hilfe bei Retina Suisse?
dieser Erkrankung litten und die            Von Anfang an bildeten die Mitglieder
Schaffung des ersten Labors zur Er-         regionale Gruppen für den Erfahrungs-
forschung von Retinitis pigmentosa –        austausch. Die wichtigste Plattform für
dem Berman-Gund Laboratory an der           den gegenseitigen Austausch stellt
Universität Harvard – ermöglichten.         jedoch zweifellos die jährliche zweitä-
Der erste internationale Kongress zu        gige Generalversammlung dar, bei der
dieser Erkrankung fand 1976 in Balti-       neben dem statutarischen Teil und den
more statt. Zwei Jahre später trafen        wissenschaftlichen Vorträgen bewusst
sich acht Vereinigungen in Grossbri-        Zeit dafür eingeplant wird.
tannien. Schliesslich wurde 1979 die
Retinitis Pigmentosa Vereinigung            :LHIXQNWLRQLHUW5HWLQD6XLVVH"
Schweiz, die heutige Retina Suisse,         Bis 1992 wurde jede Tätigkeit auf
gegründet.                                  ehrenamtlicher Basis ausgeführt. Ich
                                            kann mich erinnern, wie wir die Texte
:HOFKH=LHOHYHUIROJW5HWLQD               unseres Journals tippten und über-
Suisse?                                     setzten und das Journal einpackten.
Die Ziele der Organisation waren von        Indem Retina Suisse eine Brücke
Anfang an klar definiert: In erster Linie   zwischen den Menschen mit einer

12
Aktuelles

Sehbehinderung, von denen einige         Inserat
noch selbst Auto fahren können, und
den Mitgliedern des Schweizerischen
Blinden- und Sehbehindertenverban-
des schlug, näherten wir uns dem
SBV an. Mein Engagement in zahlrei-
chen Projekten des SBV, wie zum           Vocatex plus (HD)
Beispiel dem 'Büro von morgen' der
Arbeitsgruppe Elektronik und Sehbe-
hinderung, trug zweifellos zur erfolg-
reichen Annäherung bei. Wir funktio-
nierten nach dem Modell einer
Beratungsstelle und konnten somit
Personal einstellen.

Über welche finanziellen Mittel
verfügt Retina Suisse?
Etwa 45 Prozent der Kosten werden
vom SBV getragen, die übrigen              Neues Model mit noch besse-
55 Prozent werden durch Mitglieder-         rer Kamera und einblendba-
beiträge, Spenden und Sponsoring           rer, in der grösse anpassba-
– vorwiegend von der Pharmaindustrie         ren Textzeile zum Mitlesen
– gedeckt. Heute zählt Retina Suisse           während dem Vorlesen.
1500 Mitglieder, von denen etwa            Das Lesegerät, dass Sie optisch
15 Prozent Mitglied auch des SBV           und akustisch unterstützt. Sie
                                           lassen sich längere Texte einfach
sind.                                      vorlesen. Handgeschriebene
                                           Texte und Bilder lesen und
Man hat oft das Gefühl, die Resul-         betrachten Sie in Echt- und
                                           verschiedenen
WDWHZUGHQDXIVLFKZDUWHQODVVHQ       kontrastverstärkten Falschfarben.
:RVWHKWGLH)RUVFKXQJ"                    Vocatex, das audiovisuelle
Es geht voran! Man darf aber nicht         Lesegerät wird seit 2009
                                           produziert und erfolgreich
vergessen, dass von zehn klinischen        eingesetzt.
Studien neun nichts ergeben. Gegen-        W ann lassen Sie sich von
wärtig sind siebzehn klinische Studien     Vocatex vorlesen?
zur Behandlung von Retinitis pigmen-      Informieren Sie sich bei accesstech ag:
tosa am Laufen. Der Chip für künstli-     Luzern                   041 227 41 27
ches Sehen ist auf dem Markt erhält-      St. Gallen               071 277 44 11
lich. Allerdings stecken dessen           Neuchâtel                032 725 32 25
                                          www.accesstech.ch      info@accesstech.ch
Möglichkeiten zugegebenermassen

                                                                                    13
Aktuelles

noch in den Kinderschuhen. Eine          Lieblingssportarten gönnen: dem Tan-
Lichtquelle können wir sehen, aber       dem fahren, dem Langlauf und dem
eine Mauer erkennen wir nur dank         Wandern. Und vor allem möchte ich
ihres Schattens.                         viel Zeit haben, um Leute zu treffen,
Erstmals konnte die Gentherapie am       ins Theater zu gehen und Konzerte zu
Nervengewebe angewandt werden.           besuchen.
Und es funktioniert: Die Technik ist
sicher und die Nebenwirkungen halten
sich in Grenzen. Auch wenn die Injek-
tionen des fehlenden Gens die Maku-
ladegeneration nicht aufhalten können,
so verbessern sie doch das Sehvermö-
gen bei jungen Patienten beträchtlich.
Das Sehvermögen eines behandelten
Kindes konnte von 10% auf 60% er-
höht werden. Auch die Ergebnisse bei
Männern mit Chorioideremie sind
ermutigend. Chorioideremie ist eine
Form der Retinitis pigmentosa, die
über das X-Chromosom vererbt wird
und vorwiegend bei Männern vor-
kommt. Zudem werden derzeit weitere
klinische Tests durchgeführt zur Be-
handlung der Chorioideremie, des
Morbus Stargardt, einer Degeneration
der zentralen Netzhaut, und dem Us-
her-Syndrom vom Typ 1B. Auch viel-
versprechende klinische Studien mit
Stammzellen für die Therapie der
trockenen und der feuchten Form der
Altersbedingten Makuladegeneration
finden statt. Doch alles braucht seine
Zeit.
                                         Stephan Hüsler (r) übernimmt von
:HOFKH3OlQHKDVWGXIUGHQ            Christina Fasser die Geschäftsleitung
Ruhestand?                               von Retina Suisse. Foto: zVg
Neben meinem internationalen Enga-
gement möchte ich mehr Ferien ma-
chen und mir mehr Zeit für meine

14
Aktuelles

Retina Suisse erhält eine neue Geschäftsleitung
Jean-Marc Meyrat, Redaktor "Clin d'œil"

6WHSKDQ+VOHUWULWWDP-DQXDU        Geschäftsleiter von Retina Suisse sind:
GLH1DFKIROJHYRQ&KULVWLQD         Mit Personengruppen des Bereichs
)DVVHUDOV*HVFKlIWVOHLWHUYRQ           Sehbehinderung diskutieren, jeman-
5HWLQD6XLVVHDQ                         den einstellen, der sich um die Präsenz
                                          von Retina Suisse in der Westschweiz
Nach einer KV-Lehre und dem Ab-           kümmert, und eine grosse Konferenz
schluss eines eidgenössischen Di-         im April 2015 organisieren.
ploms als Bankfachmann hatte Ste-         Auch wenn der 53-Jährige dynamisch
phan Hüsler eine Kaderstelle bei der      ist und eine positive Einstellung hat, so
grössten Bank der Schweiz in Kriens,      gibt er doch zu, dass er seine Krank-
in der Nähe von Luzern, wo er wohnt.      heit nicht akzeptieren kann. Trotzdem
2001 wurde dann die Diagnose ge-          hat er sich entschlossen, sich die Fer-
stellt: Er leidet an Retinitis pigmen-    tigkeiten anzueignen, um möglichst gut
tosa. Stephan Hüsler, der sich seiner     damit leben zu können. Aber bevor er
Lage voll bewusst war, hat die notwen-    in sein Büro in Zürich einzieht, muss er
digen Massnahmen umgehend getrof-         noch eine schwierige Prüfung beste-
fen. So lernte er ab 2003 Punktschrift.   hen, denn Dallas, sein treuer Blinden-
Als er 2006 gezwungen war, seine          führhund, geht in den Ruhestand und
Stelle aufzugeben, wandte er sich an      wird durch Neo ersetzt.
die Invalidenversicherung. Die wollte
ihn in die Korbflechterei schicken. Er     5HWLQD6XLVVH.RQIHUHQ]
hat nichts gegen Korbflechter, deren       Alles Wissenswerte zu degenerativen
Arbeit er bewundert. Doch er hatte         Netzhauterkrankungen wie Retinitis
andere Ambitionen. Schliesslich unter-     pigmentosa, Usher-Syndrom und
stützte ihn die IV während seines          altersbedingte Makuladegeneration
dreijährigen Studiums an der Fach-         verspricht die 3. Retina Suisse-Konfe-
hochschule für Soziale Arbeit in Olten,    renz am 18./19. April 2015 in Frei-
wo er erfolgreich eine Ausbildung zum      burg. Das Programm umfasst Infor-
Sozialarbeiter abschloss.                  mationen zu Ursachen, Behand-
                                           lungsmöglichkeiten, Forschungser-
Ein engagierter Mann                       gebnissen und Resultaten aus Thera-
Vor der Übernahme der Geschäftslei-        pieversuchen sowie eine Ausstellung
tung war er bereits Präsident von Re-      von Hilfsmitteln für den Alltag.
tina Suisse. Seit 2012 präsidiert er       Details unter www.retina.ch
auch Agile.ch. Seine ersten Ziele als

                                                                                15
Inserate

                                                                           GEMEINSAM NACH VORNE SEHEN.

                              „Das Kochbuch für Blinde, Sehbehin-
                              derte und alle, die es einfach, schnell
                              und lecker mögen.“

                              Philippe Berthoud

     Der Schweizer Gourmetkoch Philippe Berthoud hat in Zusammen-
     arbeit mit dem Schweizerischen Blindenbund ein spezielles Koch-
     buch herausgegeben, das mit nur einer Masseinheit auskommt:
     einem handelsüblichen Joghurtbecher.

     Das Buch kostet CHF 39,-- plus Versand und erscheint in Papierform,
     kann aber auf Wunsch auch ohne zusätzliche Kosten in Brailleschrift
     oder als Hörbuch im Daisy-Format auf CD bezogen werden.

     Erfahren Sie mehr auf www.blind.ch/kochbuch oder
     unter Tel. 044 317 90 00.

                                                              ..und wenn die Brille
                                                              nicht mehr ausreicht?
                                                               as neue MagniLink S ist alles und mehr, was Sie
                                                               on dem am Markt führenden Kamerasystem er-    r
                                                               arten dürfen!

                                                                nfach zu transportieren zwischen Wohnung,
                                                               chule oder Arbeit und in Sekunden einsatz-
                                                               ereit. MagniLink S ist mit der neuesten Techno-
                                                                  ie für überragende Bildqualität ausgestattet
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                                                                  uschließen – oder direkt an einen Monitor.

                                                                  ätzlich kann sogar Text vorgelesen
                                                                 rden.

16
Aktuelles

100 Jahre Solsana Saanen:
vom Sanatorium zum Ferienhotel
Daniel Leuenberger, Direktor Hotel Solsana

Vor 100 Jahren wurde die Solsana
DOV6DQDWRULXPHU|IIQHWKDW
der SBV das markante Haus gekauft
und in mehreren Etappen zum
)HULHQKRWHODXVJHEDXW

Mit der Erschliessung des Saanen-
lands durch die Montreux Oberland            Postkarte aus den Fünfzigerjahren.
Bahn MOB wurden auch die ersten              Bild: zVg
grossen Hotels gebaut, zum Beispiel
das Palace in Gstaad. Der Architekt          Hotel. 1981 wurde das Westgebäude
des Palace plante für die beiden Ärzte       mit elf zusätzlichen Zimmern sowie
Hans Reber und Fritz Ris in einem            Kursräumen und einer Blindenschrift-
ähnlichen Stil das Sanatorium Solsana        Bibliothek eingeweiht. 13 Jahre später
an bester Südlage hoch über Saanen.          wurde der neue Ostflügel gebaut und
Es wurde im Winter 1914/15 eröffnet.         das ganze Hotel saniert. Diese Bau-
Nach einem schweren Beginn während           etappe umfasste 12 grosse Hotelzim-
des ersten Weltkriegs kamen die erfolg-      mer, ein Hallenbad mit Sauna und
reichen Jahre der Solsana. Diese wur-        einen Gymnastiksaal, sowie neue
den durch den Börsencrash von 1929           Kursräume. Zuletzt wurden die Zimmer
beendet. Ausserdem erkrankte Fritz Ris       im Haupt- und Ostgebäude 2011/12
und zog zurück nach Bern. Mit dem            renoviert. Damit bietet das 3-Sterne-
Ausbruch des zweiten Weltkriegs              Superior-Hotel unzählige Möglichkeiten
schloss Hans Reber schlussendlich das        für jeden Geschmack, sei es für Ferien,
Sanatorium. Nach dem Krieg und dem           ein verlängertes Wochenende oder
Tod von Hans Reber erwarb die Klinik         Kurse und Seminare.
Heiligenschwendi das Haus und führte         Neben Mitgliedern des SBV finden
es bis 1970 als Klinik für Kinder, die       auch zahlreiche in- und ausländische
unter Tuberkulose oder Asthma litten.        Gäste den Weg in die Solsana. Gerade
                                             die Mischung von Betroffenen und
Schritt für Schritt zum 3-Sterne Hotel       anderen Gästen ergibt ein einzigarti-
1973 kaufte der SBV das Haus und             ges Ambiente und unvergessliche
erweiterte es kontinuierlich zu einem        Momente.

                                                                                  17
Aktuelles

Die Stimme aus dem Hörer
Shivanthan Mylvaganam, Lernender SBV-Generalsekretariat

'LH9RLFH1HW5HGDNWRULQQHQXQG
-Redaktoren haben sich in Zürich
DQHLQHP7UHIIHQDXVJHWDXVFKW'LH
Radiomoderatorin Yvonn Scherrer
referierte zum richtigen Umgang mit
.|USHUXQG6WLPPH7HFKQLVFKH
Tipps und ein Erfahrungsaustausch
UXQGHWHQGLH9HUDQVWDOWXQJDE

Rund 30 Redaktoren und Redaktorin-
nen haben sich im September in Zü-        Die Radiomoderatorin Yvonn Scher-
rich zum zweiten VoiceNet-Treffen         rer referierte beim VoiceNet-Treffen.
versammelt. Thema der Veranstaltung       Foto: Shivanthan Mylvaganam
war unter anderem das Aufsprechen
auf VoiceNet. Die Tagung wurde von        kum auf. Und schliesslich sei es auch
Norbert Müller, VoiceNet-Redaktions-      wichtig, wo man den Text aufnehme.
leiter Deutschschweiz, moderiert.
                                          Durch Erfahrungsaustausch Voice-
Aufmerksamkeit der unsichtbaren           1HWYHUEHVVHUQ
Hörerschaft gewinnen                      Noch hat VoiceNet ein paar Kinder-
"Sie reden nicht zu einem Publikum,       krankheiten: So kann die Sprachaus-
sondern ins Ohr einer Einzelperson."      gabe nicht alle Wörter korrekt ausspre-
Das sind die Worte der bekannten          chen. Edith Nüssli, Redaktorin "der
Radiomoderatorin Yvonn Scherrer, die      Weg", zeigte anhand von Beispielen,
Tipps für das Aufsprechen von Nach-       wie man den Text gestalten kann,
richten gab. Um die Aufmerksamkeit        damit die Sprachausgabe das Manu-
der Hörerschaft zu gewinnen, sei einer-   skript richtig aussprechen kann. Auch
seits eine gute Körperhaltung wichtig.    die freiwilligen Redaktoren und Redak-
Diese beeinflusse den Raum, die eine      torinnen konnten sich in einer Diskussi-
Stimme einzunehmen vermag. Ande-          onsrunde einbringen und erzählten
rerseits könne man durch Lockern des      unter anderem, wie sie Tondokumente
Kiefers, Gähnen und Summen die            aufnehmen und hochladen. Am ansch-
Stimme trainieren. "Summen sie mit        liessenden Apéro wurde noch lange
offenem Mund und schauen sie, wohin       über VoiceNet und die spannenden
der Ton geht", forderte sie das Publi-    Referate diskutiert.

18
Aktuelles

Leserwettbewerb                              antwort zu hinterlassen.
                                          ‡ online: auf www.sbv-fsa.ch/leser-
,QGLHVHU$XVJDEHGHV:HWWEHZHUEV           wettbewerb finden Sie einen Link
gibt es 20 Preise zu gewinnen, ge-           zum Wettbewerbsformular
VWLIWHWYRP+RWHO6ROVDQD'LH$QW       ‡ per E-Mail: redaktion@sbv-fsa.ch
ZRUWDXIGLH:HWWEHZHUEVIUDJHILQ        ‡ per Post: Schweizerischer Blinden-
det sich in einem der Beiträge in            und Sehbehindertenverband SBV,
GLHVHP+HIW'LH*HZLQQHUZHUGHQ            Wettbewerb, Postfach 8222, 3001 Bern
LQGHU0lU]$XVJDEHYRUJHVWHOOW
'HVKDOE0LWPDFKHQHVORKQWVLFK        0DFKHQ6LHLQMHGHP)DOOIROJHQGH
                                          Angaben zu Ihrer Person:
%HDQWZRUWHQ6LHIROJHQGH)UDJH           ‡ Vorname, Name
Wie heissen die beiden Ärzte, welche      ‡ Strasse
die Solsana bauen liessen?                ‡ Wohnort
                                          ‡ Telefonnummer
Gewinnen Sie:                             ‡ E-Mail-Adresse (wenn vorhanden).
1. Preis: eine Ferienwoche (7 Nächte)
   im Hotel Solsana für 2 Personen        7HLOQDKPHVFKOXVV-DQXDU (Post-
   inkl. Halbpension                      stempel, Datum E-Mail oder VoiceNet)
2. Preis: ein verlängertes Wochenende
   (3 Nächte) im Hotel Solsana für
   2 Personen inkl. Frühstück             Teilnahmebedingungen
3. Preis: ein Wochenende (1 Nacht) für    Teilnahmeberechtigt sind alle Mit-
   2 Personen inkl. Frühstück             glieder des SBV. Jede Person darf
4.-10. Preis: je zwei Flaschen Jubilä-    am Wettbewerb nur einmal teilneh-
        umswein (weiss und rot)           men. Die Gewinner werden per
11.-20. Preis: je eine Flasche Jubilä-    E-Mail, per Post oder telefonisch
         umswein (rot)                    benachrichtigt. Eine Barauszahlung
                                          der Preise ist nicht möglich. Die
Senden Sie die Antwort über Voice-        Gewinner erklären sich ausdrücklich
1HWEHUGLH6%9:HEVLWHSHU(         einverstanden mit der Bekanntgabe
0DLORGHUSHU3RVWDQGLH5HGDNWLRQ      ihrer persönlichen Daten (Vorname,
‡ EHU9RLFH1HW          Nachname, Wohnort) auf der Web-
   Wählen Sie im Rubrikenverzeichnis      seite des SBV und in der nächsten
   2 1 7 1. Sie hören die Informationen   Ausgabe von "der Weg"/"Clin d'œil".
   zum Wettbewerb. Drücken Sie die        Über den Wettbewerb wird keine
   Taste 9 und folgen Sie den Anwei-      Korrespondenz geführt. Der Rechts-
   sungen des Systems, um eine pri-       weg ist ausgeschlossen.
   vate Nachricht mit der Wettbewerbs-

                                                                               19
Aktuelles

Canne blanche für "Regards Neufs"
Edith Nüssli, Redaktorin "der Weg"

'DQN5HJDUGV1HXIVN|QQHQEOLQGH
und sehbehinderte Menschen im
.LQRDNWXHOOH)LOPHPLW$XGLRGHVNULS
WLRQJHQLHVVHQ)UGLHVHLQQRYDWLYH
Leistung mit Integrationscharakter
wurde der Verein Base-Court mit der
&DQQHEODQFKHDXVJH]HLFKQHW

Die Auszeichnung "Canne blanche"           SRG-Generaldirektor Roger de
ging dieses Jahr an den Verein Base-       Weck überreicht Bruno Quiblier von
Court für sein Projekt "Regards Neufs".    "Regards Neufs" die Preisstatue.
"Regards Neufs" organisiert für einige     Foto: SZB
Spielfilme eine Hörfilmfassung ab dem
Mittwoch, der auf den jeweiligen Kino-     Verein mit dem Filmverleih Pathé zu-
start folgt. In sämtlichen Kinovorstel-    sammen. Finanziell unterstützt wird
lungen kann die Audiodeskription über      das Projekt unter anderem vom SBV.
einen Kopfhörer gehört werden, der
kostenlos zur Verfügung gestellt wird.     Über 1200 Eintritte in drei Jahren
Ferner bezahlen Begleitpersonen            Seit Projektstart vor drei Jahren hat
keinen Eintritt. "Was im Mittelpunkt des   sich "Regards Neufs" in Lausanne und
kulturellen Lebens steht, ist dank 'Re-    Genf zum Kinotreffpunkt für blinde und
gards Neufs' für blinde und sehbehin-      sehbehinderte Menschen entwickelt.
derte Menschen zugänglich", lobte          Über 1200 Zuschauerinnen und Zu-
SRG-Generaldirektor Roger de Weck          schauer haben Vorstellungen besucht
das Projekt an der Preisverleihung im      und der Verein plant, sein Angebot
Kursaal Bern. Die Preisstatue "Canne       auch auf die Deutschschweiz auszu-
blanche", gestaltet von der blinden        weiten. Dies überzeugte die Jury, dass
Künstlerin Priska Meier, und das Preis-    sie "Regards Neufs" mit der "Canne
geld nahm Base-Court-Direktor Bruno        blanche", dem nationalen Preis im
Quiblier entgegen. Dieser betonte:         Sehbehindertenwesen auszeichnete.
"Das Herz von 'Regards Neufs' ist,
dass blinde und sehbehinderte Men-
schen gleichzeitig mit ihren Freunden      Weitere Informationen auf
Filme geniessen können". Damit das         www.regards-neufs.ch
immer wieder gelingt, arbeitet der

20
Aktuelles

Mach's gut, Chefredaktor!
Pierre-Yves Graber, Co-Leiter Marketing & Fundraising

Jean-Marc Meyrat hat sich seiner
Arbeit im Interesse der Blinden und
Sehbehinderten neun Jahre lang mit
Leib (oft) und Seele (immer) ver-          Jean-Marc
VFKULHEHQ(UKDWVLFKYRP6%9YHU           Meyrat.
abschiedet um zu neuen Ufern aufzu-             Foto:
EUHFKHQ0LWLKPYHUOLHUWXQVHU            Christian
Verband nicht nur den Chefredaktor             Bühler
YRQ&OLQG °LOVRQGHUQDXFKHLQH
engagierte, geradlinige und feinfüh-       Antenne romande, und dies bis zur
OLJH3HUV|QOLFKNHLW                       Einführung der neuen Verbandsstruk-
                                           tur. Die Turbulenzen des SBV bescher-
Seine Anfänge beim SBV machte Jean-        ten nicht nur rosige Zeiten, doch Jean-
Marc Meyrat als Co-Leiter der Antenne      Marc besass stets den Willen und die
romande. Das Tandem Jean-Marc und          Gabe, die Debatten wieder auf das zu
Pierre-Yves als Blinder und Sehender       fokussieren, wofür er sich einsetzte:
funktionierte bestens. Alles war indes-    das Wohl der sehbehinderten Men-
sen nicht selbstverständlich, insbeson-    schen.
dere wenn wir über Sensibilisierungs-      "Pathetisch" und "ach Gott" wird sein
kampagnen im Dunkeln diskutierten!         Kommentar lauten, wenn er diese
Doch nach einem bisweilen eher un-         Zeilen liest – so abgedroschen werden
schicklichen und lauten Wortwechsel        sie in seinen Ohren klingen. Daher
einigten wir uns stets auf einen Weg,      erspare ich ihm hier den Exkurs über
der den Ideen und Ansichten des ande-      seine Qualitäten als Mensch und Kom-
ren Rechnung trug. Denn eines steht        munikator, auch wenn sein Wortschatz
fest: Jean-Marc spricht nicht nur aus      – zu meinem Vergnügen – manchmal
der Perspektive eines Blinden. Zwar        sogar Kapitän Haddock als Waisen-
hat er nicht den Anspruch, sich in eine    knabe erscheinen liess.
sehende oder sehbehinderte Person          Das Wichtigste zu guter Letzt: Sie,
hineinzuversetzen, aber er ist sich        liebe SBV-Mitglieder, sind all die Jahre
bewusst, dass es unterschiedliche          in den Genuss der sachlichen, präzisen
Anliegen gibt und jedes Mal ein ge-        und geschliffenen Feder des Chefre-
meinsamer Nenner zu finden ist.            daktors von "Clin d'œil" gekommen.
Nach zwei Jahren übernahm Jean-            Dafür gebührt ihm an dieser Stelle
Marc Meyrat die alleinige Leitung der      unser Dank!

                                                                                 21
Menschen

Mit Volldampf unterwegs
Edith Nüssli, Redaktorin "der Weg"

Marcel Rösch ist seit frühester           bleiben. Als fünf Jahre später eine
.LQGKHLWIDVWEOLQG1DFKGHU%OLQ       neue Software mit grafischer Oberflä-
denschule bewarb er sich um eine          che eingeführt wurde, konnte er diese
KV-Lehrstelle bei Swisscom, blieb         Aufgaben nicht mehr zufriedenstellend
beim Unternehmen und leitet seit          erledigen. Er suchte einen Weg, um
JXWGUHL0RQDWHQGDV)LOPWHDP,Q        im Unternehmen zu bleiben, und fand
VHLQHU)UHL]HLWLVWHUJHUQHXQWHU       ihn: Während dreier Jahre bereinigte
wegs, mit Kollegen am See, beim           er Kundendaten. In dieser Zeit suchte
+RFNH\PDWFKXQGDXI5HLVHQ

Ein Grossraumbüro von Swisscom in
Köniz, je drei Schreibtische blockför-
mig angeordnet, am mittleren Tisch auf
der linken Seite sitzt Marcel Rösch.
Die anderen Arbeitsplätze teilen sich
zehn zukünftige Mediamatikerinnen
und Mediamatiker, die das Swisscom-
Filmteam bilden. Dieses produziert für
die Firmenkommunikation Filme und
Animationen. Der 35-Jährige ist ver-
antwortlich für die strategische Ent-
wicklung des Themas und die Führung
der Jugendlichen. Die fachliche Ausbil-
dung übernehmen andere, da er seit        Kaufmann Marcel Rösch will sich von
frühester Kindheit nur noch auf einem     seiner Sehbehinderung nicht ein-
Auge 0,5 bis 1,2 Prozent sieht.           schränken lassen. Foto: Edith Nüssli

Eine von drei Lehrstellen                 er sich im Privatleben eine neue He-
Zu Swisscom kam er gleich nach            rausforderung. Er spielte als Gitarrist
Abschluss der Schule. Er bewarb sich      bei der Black-Metal-Band "Nekropolis"
für eine KV-Lehrstelle und erhielt eine   und organisierte zusammen mit einem
der drei angebotenen Lehrstellen.         Band-Mitglied Plattenaufnahmen,
1998 bestand er die Abschlussprüfung      Festivals, zwei Europatourneen sowie
und die Firma bot ihm an, als Privat-     mehrere Austauschwochenenden mit
kundenbetreuer im Unternehmen zu          ausländischen Bands.

22
Menschen

Vom Telefonist zum Eventmanager           Inserat
2006 erhielt er die Gelegenheit, in ein
Projekt einzusteigen, das sich im Be-        Werden Sie unabhängig –
reich "Sport und Kultur" für die Mitar-        mit Hilfsmitteln von
beitenden einsetzt. Angestellt wurde
er um Telefone entgegenzunehmen                       Accesstech
und E-Mails zu beantworten. Nach           - Stationäre und      - Sprachausgaben
                                             mobile              - Vergrösserungs-
einem halben Jahr war er stellvertre-        Bildschirm-           software
tender Projektleiter, vernetzte Mitar-       Lesegeräte          - Bildschirmlese-
beitende und lernte, wie man kosten-       - Scannerlesegeräte     software
günstig das Umfeld für gemeinsame          - Braillezeilen       - Brailledrucker
Aktivitäten organisiert.                   - Notizgeräte         - u.v.m.
Nach vier Jahren wechselte er ins          Unser umfassender Service
Eventteam von Swisscom. Zusammen           von a bis z:
mit einer Kollegin konzipierte und           • Bedarfsabklärung
realisierte er die Swisscom-Fanstube           Bedarfsabklärung und Beratung für
am Lauberhornrennen. Auch organi-              berufliche und private Lösungen an
sierte er einen Anlass für 1400 Gross-         Ihrem Arbeitsplatz oder bei uns in
kundenbetreuer im Kursaal Bern und             Luzern, St. Gallen oder Neuchâtel
die knapp 20 Auftritte des Konzern-          • Demoraum
chefs vor Mitarbeitenden an verschie-          Hilfsmittel-Ausstellung in unserem
                                               Demoraum
denen Standorten, verteilt auf drei
Monate. Vom Konzept über die Orga-           • Finanzierung
                                               Erstellen von IV- / AHV-Anträgen,
nisation von Räumen und Technik bis            Abklärung weiterer
zur Verpflegung war er mit seinem              Finanzierungsmöglichkeiten
Team für alles verantwortlich. Vor Ort       • Einsatz der Hilfsmittel
hat er Techniker, Materiallieferanten          Lieferung, Installation und Schulung
und Caterer immer als erstes infor-            vor Ort
miert, dass er nichts sieht, und die
Rolle seiner Assistenz erklärt.
                                                                 luzern:
Dass er visuelle Unterstützung                                   bürgenstrasse 12, 6005
braucht, um diesen Job zu erledigen,                             luzern
                                                                 fon: 041 227 41 27
hat er beim Wechsel ins Eventteam
                                                                 niederlassungen
klar formuliert. Die Firma entschied,                            st. gallen:
dass Marcel Rösch unter den Lernen-        accesstech ag         rosenbergstr. 87
den eine Assistenz rekrutieren kann.       edv für blinde und    fon: 071 277 44 11
                                           sehbehinderte         neuchâtel:
Er stellt fest: "Um erfolgreich im Duo     www.accesstech.ch     crêt-taconnet 12a
zu arbeiten, braucht es hohe Sozial-       info@accesstech.ch    fon: 032 725 32 25
kompetenz, Zuverlässigkeit und Selb-

                                                                                      23
Menschen

ständigkeit." Seine Assistentinnen und    fahren oder mit dem Kickboard zum
Assistenten hätten ihm ermöglicht,        Freibad." Dabei behielt sie seine
diesen Job zu machen. "Im Gegenzug        Schritte im Auge, von weitem und
habe ich alles, was ich weiss, mit        meist unbemerkt.
ihnen geteilt, ihnen mein Netzwerk zur    Zur Schule ging er auswärts. "Meine
Verfügung gestellt und sie in jeder       Eltern waren überzeugt, dass ich an
Form unterstützt." Wenn man unter-        der Blindenschule in Zollikofen die
stützt werde, müsse man auch etwas        beste Ausbildung erhalte, was ich
von sich selbst zurückgeben.              auch so sehe." Den Kontakt im Dorf
                                          pflegte er weiterhin: Am Samstagvor-
Eishockey, Open Airs und Reisen           mittag um 10 Uhr stand er mit Roll-
Zu Hause ist Marcel Rösch selten. Im      schuhen und Hockeystock ausgerüs-
Winter besucht er zusammen mit            tet auf dem Schulhausplatz und gab
seinem Bruder und Kollegen regel-         vollen Einsatz beim Rollhockey. Seine
mässig Matches des Schlittschuhclubs      Freunde kamen ihm entgegen, indem
Bern. Im Sommer zieht es ihn mit          sie mit einem etwas grösseren Ball als
seinen Leuten an den See und an           üblich spielten. "Ich wurde von den
Open Airs. Ferner reist er gerne, um      Nachbarskindern als einer von ihnen
neue Kulturen und Menschen kennen         betrachtet." Das ist ihm bis heute am
zu lernen. 2007 lebte er für drei Mo-     liebsten. Er akzeptiert seine Sehbehin-
nate bei einer Gastfamilie in Chile,      derung, will aber derentwegen weder
weil er Spanisch lernen wollte.           eingeschränkt sein, noch bevorzugt
Einkäufe erledigt er übers Internet       behandelt werden.
oder mit Hilfe seiner Mutter. Fürs Put-
zen hat er eine Fachkraft angestellt.
Dazu meint er: "Es darf bei mir zu-       Inserat
hause niemals "schmuddelig" sein.
Meine Gäste sollen sich wohl fühlen."     Armbanduhr zu verkaufen
Ähnlich sieht er das beim Auftreten.
Eine ehemalige Lernende und gute          Vibrationsarmbanduhr Modell Tissot
Kollegin berät ihn beim Kleiderkauf.      Silen-T, neu revidiert, Preis 280
                                          Franken (Neupreis: 600 Franken).
Gut eingebettet im Quartier               Erfahrungsbericht auf www.retina.
Aufgewachsen ist Marcel Rösch in          ch/files/retina-journal/html/2004/
Hondrich bei Spiez im Kanton Bern.        rsj2004-04-d-9.htm
Den Eltern war wichtig, ihren drei
Kindern Entfaltungsspielraum zu ge-       Kontakt: Oswald Merz,
währen. Er erzählt: "Meine Mutter liess   Tel.: 031 332 72 91
mich mit dem Velo zum Fussballplatz

24
Verbandsleben

Herausforderung Arbeitsmarkt
Edith Nüssli, Redaktorin "der Weg"

Eine gute Ausbildung, Hartnäckig-
NHLWXQG:LGHUVWDQGVNUDIWVRZLH
eine offene Kommunikation fördern
die Stellenchancen von blinden und
VHKEHKLQGHUWHQ0HQVFKHQ'LH,QWH
gration in den Arbeitsmarkt gelingt
jedoch nur, wenn Lösungen gefun-            Vom Innendekorateur zum Kaufmann:
den werden, dank denen Arbeitge-            Silvio Derungs arbeitet seit diesem
EHUXQG$UEHLWQHKPHUJHZLQQHQ             Sommer auf einer Bank. Foto: zVg

Seit knapp drei Jahren gilt für die Inva-   denen Abklärungen entschied er sich
lidenversicherung verstärkt der Grund-      für eine kaufmännische Ausbildung.
satz "Eingliederung vor Rente". Um          Diese konnte er im Bürozentrum Sala-
diesen umzusetzen, verfügt die IV           bim absolvieren, das im Auftrag der IV
über Instrumente wie Arbeitsvermitt-        und der kantonalen Sozialämter zu-
lung, Arbeitsversuch und Einarbei-          ständig ist für die Eingliederung von
tungszuschuss. Ferner übernimmt sie         Menschen mit Beeinträchtigungen.
Umschulungskosten. Der Einarbei-            Die Berufsschule besuchte er in Ilanz,
tungszuschuss soll es Unternehmen           als einziger Blinder.
erleichtern, Menschen mit Beeinträch-       In seinem letzten Ausbildungsjahr
tigungen einzustellen.                      arbeitete er zwei Tage pro Woche bei
                                            der Krankenkasse Vita Surselva. Nach
hEHUHLQ3UDNWLNXP]XU)HVWDQVWHOOXQJ       Abschluss der Lehre konnte er ein
Einen solchen Einarbeitungszuschuss         Praktikum von sechs Monaten an-
beanspruchte die Raiffeisenbank Sur-        schliessen. In dieser Zeit vermittelte eine
selva, als sie sich nach umfangreichen      Kollegin den Kontakt zur Raiffeisenbank.
Abklärungen entschloss, den Kauf-           Dem 30-Jährigen gefällt die Arbeit in der
mann Silvio Derungs für ein halbjähri-      Bank und seine Leistungen überzeugten
ges Praktikum anzustellen. Der ehe-         die Verantwortlichen, so dass er seit
malige Innendekorateur erzählt: "Ich        August unbefristet angestellt ist.
konnte mir nie vorstellen, einmal im        Die Integration forderte alle Beteiligten
Büro zu arbeiten." Ein Berufswechsel        heraus. Zusammenfassend hält Silvio
wurde notwendig, weil der Bündner im        Derungs fest: "Als blinde Person muss
Januar 2008 von einem Moment auf            ich mich tagtäglich beweisen." Wichtig
den andern erblindete. Nach verschie-       ist ihm eine offene Kommunikation im

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Verbandsleben

Team. Er sage, wann er welche Hilfe         rin hätte ihr die Arbeit zugetraut und
brauche, und ermutige seine Kollegin-       sei überzeugt gewesen, dass es Lö-
nen und Kollegen, alles zu fragen, was      sungen gebe für Hürden, die mit der
sie wissen müssten.                         Blindheit zusammenhängen.
                                            Der Anfang sei jedoch hart gewesen.
Zwei Jahre auf Stellensuche                 Sie erinnert sich: "Niemand hat ge-
Hartnäckigkeit und Widerstandskraft         wusst, wie man mit einer blinden Per-
brauchte Andrea Blaser Mühlhaupt.           son umgeht." Geholfen habe ihre ex-
Sie ist seit Geburt blind und hat erlebt,   trovertierte Art. Sie habe erklärt, was
dass es auch mit guter Ausbildung           sie könne und was nicht. Ihre Blinden-
schwierig sein kann, eine Stelle zu         führhündin vereinfacht die Kontaktauf-
finden. Nach dem Abschluss der              nahme zu Klienten und Mitarbeiten-
Schule für soziale Arbeit benötigte sie     den. Für Notizen benutzt Andrea
ganze zwei Jahre, um eine Stelle zu         Blaser häufig eine Stenomaschine für
finden. Die 46-Jährige gesteht: "Das        Braille. Ferner lernt sie Vieles auswen-
hat mich erschüttert." So startete sie      dig, um keine Zeit beim Suchen von
1998 bei einer katholischen Pfarrei im      Informationen zu verlieren. "Computer
Kreis 4 in Zürich, obwohl die Stelle        und elektronische Hilfsmittel haben
nicht ihren Wünschen entsprach.             vieles vereinfacht", stellt sie fest. Da-
Glücklicherweise entpuppte sich die         mals als Gymnasiastin habe sie noch
Arbeit als interessanter als gedacht.       viele Bücher in Braille geschleppt.
Als sie nach zwölf Jahren kündigte,
weil sie sich neu orientieren wollte,
dauerte es wiederum ein ganzes Jahr,
bis die mittlerweile dreifache Mutter
eine neue Anstellung fand, trotz Wei-
terbildung zur Sozialversicherungs-
fachfrau und Unterrichtserfahrung.

Blind sein ist auch eine Ressource
Nach zwei Jahren als Televox-Redak-
tionsleiterin fand sie im März 2012
erneut eine Stelle als Sozialarbeiterin,
bei der Fachstelle Arbeitsintegration
für Sozialhilfeempfangende im zürche-
rischen Regensdorf. Die Chemie zwi-         Die Sozialarbeiterin Andrea Blaser
schen ihr und der zukünftigen Chefin        Mühlhaupt hat erlebt, dass es auch
hätte schon beim Vorstellungsge-            mit guter Ausbildung schwierig sein
spräch gestimmt. Die Abteilungsleite-       kann, eine Stelle zu finden. Foto: zVg

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