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Inhaltsverzeichnis Editorial 3 Die Stimme aus dem Hörer 18 Remo Kuonen 3 Leserwettbewerb 19 Canne blanche für "Regards Neufs" 20 Aktuelles 4 Mach's gut, Chefredaktor! 21 Verena Kuonen ist Vizepräsidentin Integration Handicap 4 Menschen 22 Sensibilisierungskampagnen Mit Volldampf unterwegs 22 gestartet 5 Verbandsleben 25 Neues aus der Interessenvertretung 6 Herausforderung Arbeitsmarkt 25 Sich für bessere Zugänglichkeit Von Zündholz- und engagieren 8 Pizzaschachteln 30 Vorwärts zu den Wurzeln 10 Blind-Date an der Bieler Messe 32 Christina Fasser tritt in den Veranstaltungen 33 Ruhestand 12 Tipps und Tricks 36 Retina Suisse erhält eine neue Geschäftsleitung 15 100 Jahre Solsana Saanen: vom Sanatorium zum Ferienhotel 17 Impressum Mitgliederzeitschrift des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (SBV) im 101. Jahrgang. Sie erscheint viermal im Jahr in Grossdruck, in Braille, im DAISY-For- mat, im Elektronischen Kiosk, auf www.sbv-fsa.ch, in der VoiceNet-Rubrik 2 1 7 sowie auf Bestellung per E-Mail (ohne Fotos) in Deutsch und Französisch ("Clin d'œil"). Herausgeber: Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV), Gutenbergstrasse 40b, Postfach 8222, 3001 Bern, Tel. 031 390 88 00; redaktion@sbv-fsa.ch, www.sbv-fsa.ch Redaktion: Edith Nüssli, Jean-Marc Meyrat, Alfred Rikli Übersetzungen: Yvonne Arnold, USG, Jolanda Schönenberger Foto Titelbild: SBV-Präsident Remo Kuonen und SBV-Generalsekretär Kannarath Meystre (l) lancieren die Sensibilisierungskampagne. Foto: Isabelle Schönholzer ISSN-Nummern: 1422-0490 (Print), 2296-2018 (Braille), 2296-2026 (Audio) Layout und Druck: Ediprim AG, Biel/Bienne Braille: Simone Rentsch und Anton Niffenegger Audio: Paul Güntert Tonstudio, Basel Abonnement: Für Mitglieder des SBV: gratis. für Nichtmitglieder: Fr. 28.– (Inland), Fr. 34.– (Ausland) pro Jahr. Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 10. Februar 2015 2 Druck auf umweltfreundliches FSC-Papier
Editorial Liebe Leserinnen und Leser Remo Kuonen, Präsident des SBV Wenn Weihnachten naht, machen wir uns über Solidarität und Grosszügig- keit bestimmt stärker Gedanken als während der restlichen Zeit des Jah- res. Hin und wieder streuen sich je- doch heimtückisch Misstöne und kleine Sandkörner ein, um unsere guten Absichten zu durchkreuzen. Das Gleiche geschieht bei den harten Diskussionen mit einigen unserer Part- ner, die zwar gewiss stets hehre Vor- sätze haben, aber manchmal zum Nachteil der direkt betroffenen Men- Remo Kuonen. Foto: SBV schen agieren. Angesichts der derzeitigen politischen sollten die damit einhergehenden Rahmenbedingungen, die im besten Benachteiligungen so weit als möglich Fall auf die Beibehaltung der bisher beseitigt werden. gewährten Subventionen und im Die Zeiten sind zwar hart für die Ver- schlechtesten Fall auf deren Kürzung bände, aber ungleich härter sind sie für hinauslaufen, müht sich jede Behinder- Menschen mit Behinderung. Sie sind tenorganisation mit Programmen zur nämlich oft am dringendsten auf Hilfs- Gewährleistung eines ausgeglichenen mittel angewiesen: Die kleinen Geräte Haushalts ab. Vor diesem Hintergrund ermöglichen es ihnen, den Alltag im hat der SZB nun beschlossen, höhere eigenen Heim zu bewältigen und sich Preise für die Hilfsmittel zu verlangen. besser in die Gemeinschaft einzufü- Die Hilfsmittel sind für blinde und seh- gen, indem sie die Fortbewegung oder behinderte Menschen nicht nur unver- auch die Freizeitgestaltung wie die zichtbare Hilfen im Alltag, sondern Ausübung einer geeigneten Sportart stellen auch die Instrumente dar, dank erleichtern. Da die Mehrheit von ihnen, derer jede und jeder Einzelne von uns insbesondere die ältere Generation, in die Hürden bei der gesellschaftlichen, bescheidenen Verhältnissen lebt, führt kulturellen, wirtschaftlichen und berufli- eine Preiserhöhung nicht selten dazu, chen Eingliederung besser zu überwin- dass sie auf diese «Lebenshelfer» den vermag. Die Behinderung ist verzichten und sich in ihre eigene Welt schon an sich ein Hindernis. Daher zurückziehen. 3
Aktuelles Die primäre Aufgabe der Verbände, die grundlegendsten Hilfsmittel betrifft. die sich der Unterstützung der Betrof- Ich befürworte zweifelsohne ein soli- fenen verschrieben haben, besteht des Finanzmanagement der Ver- darin, die behinderungsbedingten bände, bei dem sich Aus- und Einnah- Mehrkosten im Rahmen des Mögli- men die Waage halten, doch chen auszugleichen. Dieser Auftrag bewahren wir auch gesunden Men- lässt sich bestimmt nicht über eine schenverstand und schütten wir das Preiserhöhung erfüllen, die vor allem Kind nicht mit dem Bade aus! Verena Kuonen ist Vizepräsidentin Integration Handicap Alfred Rikli, Bereichsleiter Interessenvertretung An seiner ersten Sitzung vom 2. Sep- tember 2014 wählte der Zentralvor- stand von Integration Handicap Verena Kuonen, Mitglied des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbands SBV, zur Vizepräsidentin. Der SBV gratuliert Verena Kuonen herzlich zur Wahl, wünscht ihr einen guten Start und viel Erfolg in diesem für alle blin- den und sehbehinderten Menschen in diesem Land bedeutsamen Amt. Verena Kuonen amtet zusammen mit SBV-Mitglied Verena Kuonen enga- der Aargauer Ständerätin Pascale giert sich neu im Zentralvorstand Bruderer, welche die Schweizer Behin- von Integration Handicap. Foto: zVg derten-Dachorganisation präsidiert. Verena Kuonen repräsentiert im Leben ein. Die Dachorganisation um- 10-köpfigen Zentralvorstand die fasst einen Rechtsdienst, die Fach- Stimme einer betroffenen Persönlich- stelle «Barrierefreier öffentlicher Ver- keit aus der Westschweiz. kehr», die Fachstelle Égalité Handicap Integration Handicap setzt sich als sowie im Auftrag die Fachstelle der Dachorganisation der privaten Behin- Dachorganisationenkonferenz der dertenhilfe für das Recht behinderter privaten Behindertenhilfe DOK. Menschen auf volle Teilnahme am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen www.integrationhandicap.ch 4
Aktuelles Sensibilisierungskampagnen gestartet Olivia Altenhoff, Pierre-Yves Graber, Co-Leiter Marketing und Fundraising Um die Herausforderungen im Alltag Plakate ausgehängt. Auf einem Plakat von blinden und sehbehinderten war eine Kaki abgebildet und dazu die Menschen sichtbarer zu machen, Frage: "Eine Orange". Denn eine hat der SBV eine erste Sensibilisie- Person mit Sehbehinderung kann UXQJVNDPSDJQHJHVWDUWHW diese beiden Früchte im Laden ver- wechseln, ebenso wie eine sehende Noch zu viele Barrieren schränken Person, die das Plakat von weitem blinde und sehbehinderte Menschen sieht. Das gleiche Spiel wird mit einer in ihrem Alltag ein. Um vorhandene Schraube (Nagel?) und einem Knäuel Barrieren abzubauen, hat der SBV Schnur (Wolle?) inszeniert. Jedes eine erste Sensibilisierungskampagne Sujet wird ergänzt mit einer Lupe, gestartet. Die Kampagne richtet sich durch welche der Schriftzug "SBV" sowohl an die breite Bevölkerung als sichtbar ist, und dem Text "Eine Seh- auch an betroffene Menschen und ihre behinderung macht den Alltag zur Nächsten. Herausforderung. Der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband Irritieren und interessieren SBV hilft." Die Idee der Sensibilisierungskampa- Vom 10. November bis zum 21. De- gne ist, auf die Folgen einer Sehbehin- zember wird ferner ein 15-sekündiger- derung hinzuweisen und zu versu- Fernsehspot ausgestrahlt. Der Spot chen, sehende Menschen in die übernimmt die Logik der Plakate, be- Situation einer Person mit Sehbehin- schränkt sich jedoch auf das Sujet der derung zu versetzen. Gleichzeitig Kaki. Zu Beginn rollt ein verschwom- sollen sich Betroffene in ihrer Alltags- mener, kugelförmiger oranger Gegen- herausforderung wiedererkennen. stand ins Bild. Der Text "Eine Orange?" Dafür wurden Alltagsgegenstände in wird eingeblendet, das Bild wird immer ihrer Verwechslungssituation mit sehr klarer und der Fernsehzuschauer ähnlichen Objekten inszeniert. Die realisiert, dass eine Kaki ins Bild gerollt Kampagne spielt mit dieser Verwechs- ist. Am Schluss kommen Lupe, SBV- lung und will so sehende Menschen Schriftzug und -Internetadresse ins irritieren. Bild und eine Stimme spricht den obengenannten Text. Mit diesen Plaka- Inserate und TV-Spots ten und Fernsehspots eröffnet der SBV Zum Start der Sensibilisierungskampa- die Sensibilisierungskampagnen für gne wurden vom 10. bis 30. November die nächsten vier bis fünf Jahre. 5
Aktuelles Neues aus der Interessenvertretung Elektroautos müssen hörbar sein Joël Favre, Sachbearbeiter Interessenvertretung Wie bereits in der Januar-Ausgabe denkilometern verstummen. Bei höhe- von "der Weg" angekündigt, hat das rer Geschwindigkeit entwickelten die Europäische Parlament anfangs April Räder einen ausreichend hohen Ge- eine Verordnung über Elektrofahr- räuschpegel, wird die Massnahme zeuge verabschiedet. Neu sind elek- begründet. trisch betriebene Fahrzeuge zwingend mit einem akustischen Fahr- Einsatz für besseren Schutz zeug-Warnsystem (kurz AVAS) auszu- Diese europäischen Bestimmungen statten. Elektroautos müssen künftig reichen nicht aus, um die Sicherheit also ein künstliches Geräusch erzeu- und Orientierung von Personen mit gen, damit blinde und sehbehinderte einer Sehbehinderung zu gewährleis- Personen diese wahrnehmen können. ten. Die Interessenvertretung des SBV setzt sich deshalb dafür ein, dass in Schutz genügt nicht der Schweiz eine weitergehende Re- Der Einbau des akustischen Warnsys- gelung eingeführt wird, sowohl im tems ist jedoch erst für Fahrzeuge schweizerischen Verkehrssicherheits- verpflichtend, die ab 2021 zugelassen rat oder auch auf dem politischen werden. Ferner erlaubt die europäi- Parkett. Ausserdem pflegt sie den sche Verordnung einen Schalter, Austausch mit internationalen Part- mit dem der Lenker das System nern wie der Europäischen- und der abschalten kann. Darüber hinaus Welt-Blindenunion. Letztere macht soll das künstliche Geräusch ab sich bei den Vereinten Nationen stark einer Geschwindigkeit von 20 Stun- für eine angemessene Regelung. Neue Lehrstellen bei der Stadt Bern Daniela Moser, Sachbearbeiterin Interessenvertretung Anfang August 2014 haben zwei Ju- männische Ausbildung begonnen. Das gendliche mit Sehbehinderung bei der ist ein erster Erfolg eines Pilotprojek- Direktion für Bildung, Soziales und tes, das die Abteilung Interessenver- Sport der Stadt Bern (BSS) eine kauf- tretung des SBV zusammen mit der 6
Aktuelles Fachstelle für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung der Stadt Bern lanciert hat. Zum Projektstart im April 2013 trafen sich die Lehrlingsverantwortlichen der BSS mit Vertretern der Blindenschule Zollikofen, der städtischen Fachstelle für die Gleichstellung und der Abtei- lung Interessenvertretung. Sie bespra- chen, welche Massnahmen notwendig sind, damit Jugendliche mit Sehbehin- Der SBV schafft nicht nur selber derung bei der Stadt Bern eine kauf- Lehrstellen, er regt auch andere dazu männische Ausbildung absolvieren an. Im Bild Lisa Oehrli, seit diesem können. Sommer KV-Lernende im Generalse- kretariat. Foto: Edith Nüssli Ausbildner vorbereiten Eine Massnahme war, die Personen zu immer wieder hinterfragt werden", sensibilisieren, die für die Ausbildung bilanzieren Renate Schönauer und der Lernenden zuständig sind. Mitarbei- Christian Lüthi, Lehrlingsverantwortli- tende der Abteilung Interessenvertre- che der BSS. tung zeigten ihnen zum einen, welche technischen Möglichkeiten heute vor- Lehrkräfte informieren handen sind. Dazu demonstrierten sie Die beiden Lernenden besuchen das zum Beispiel Sprachausgabe und Bildungszentrum für Wirtschaft und Braillezeile. Zum anderen beantworte- Dienstleistung. Die Interessenvertre- ten sie Fragen rund um den Umgang tung sensibilisierte Lehrkräfte und be- mit Betroffenen. Unter anderem wollten antwortete Fragen bezüglich der Unter- die Ausbildner wissen, wie sie Aufträge richtsgestaltung. Die Hürden in der an Lernende vergeben müssen. Schule sind vor allem Dokumente, die Besprochen wurde ebenso, welche nicht barrierefrei sind, und fehlendes technischen Anpassungen notwendig Wissen über technische Hilfsmittel. sind, damit Menschen mit Sehbehinde- Aus Sicht des SBV ist der Start der rung optimal arbeiten können. Unter Ausbildung bei beiden Lernenden gut anderem hat die Stadt Bern zusammen gelungen. Das bestätigt die sehbehin- mit der Firma Accesstech verschiedene derte Karin Kleb: "Auf das Sehen bezo- Computerprogramme angepasst. "Was gen hatte ich bisher keine grösseren bei anderen Lernenden punkto Organi- Schwierigkeiten, aber am Abend merke sation mit einer Selbstverständlichkeit ich dann doch, dass die Augen meistens abgewickelt wird, musste und muss müder sind als zu meiner Schulzeit." 7
Aktuelles Sich für bessere Zugänglichkeit engagieren Charly Meyer, Leiter SBV-Beratungsstelle Freiburg Obwohl Menschen mit Behinderung seit zehn Jahren gesetzlich gleich- gestellt sind, sind viele öffentliche Gebäude und Anlagen noch nicht KLQGHUQLVIUHL]XJlQJOLFK)UHLQH bessere Zugänglichkeit setzen sich Betroffene in Zusammenarbeit mit )DFKSHUVRQHQHLQGHU:HJ]HLJW an einem Beispiel, wie es vor Ort DEODXIHQNDQQ Mit einer normkonformen Markie- Viel zu viele öffentliche Gebäude und rung werden Glastüren für sehbe- Anlagen sind nur erschwert zugäng- hinderte Menschen besser wahr- lich. Vielen sehbehinderten und blin- nehmbar. Foto: Fritz Buser den Menschen ergeht es täglich so wie Maria Muster. Sie ist auf dem Weg zur mit anderen Fachpersonen auf Fragen Bank. Beim Eingang steht sie vor einer der Zugänglichkeit spezialisiert, ver- spiegelnden Glasfront. Irgendwo an steht diese Situationen aus unzähligen dieser blendenden und verwirrenden Trainingseinheiten auf dem Terrain und Fläche sollte eine Türe sein. Tasten ist kennt die geltenden Gesetze und Nor- angesagt, erfolglose Versuche, ein men. In einer ersten Phase tritt er mit bewegliches Element zu finden. Ein der betreffenden Bank in Verbindung Kunde, der die Bank verlässt, bringt und weist sie auf das Problem hin. die nötige Hilfe. Nun muss sie noch Wird seine Intervention ernst genom- gegen die unangenehmen Scheinwer- men, arbeitet er Vorschläge aus, die fer an der Decke ankämpfen und ir- sowohl die gesetzlichen Vorgaben gendwo einen Schalter finden. Tak- respektieren als auch den Bedürfnis- til-visuelle Leitlinien würden helfen, sen einer Mehrheit der betroffenen sind aber leider nicht vorhanden. Menschen gerecht werden. Im beschriebenen Fall wird ein weis- Gemeinsam Handeln ses horizontales Band angebracht, auf Wieder zuhause nimmt Maria Kontakt dem schwarze Vierecke integriert sind. auf mit dem Mobilitätslehrer der lokalen Dank dem starken Kontrast hebt sich SBV-Beratungsstelle. Dieser arbeitet die Türe vom dahinterliegenden Raum zusammen mit den Sektionen und ist ab. Markierungen aus Milchglas sind 8
Aktuelles nicht normkonform, weil sie zu wenig Fachpersonen – im Idealfall ein Orien- Kontrast schaffen. tierungs- und Mobilitätslehrer – zu Da Sehbehinderungen extrem viele zweckmässigen Lösungen führt. Eine Facetten und individuelle Auswirkun- Schweiz weite Koordination innerhalb gen haben, kann die Arbeit des Mobili- des SBV sorgt ferner dafür, dass die tätslehrers unter anderem ein wichti- vorhandenen Ressourcen optimal ein- ger Garant dafür sein, dass nicht gesetzt werden. Denn: Gemeinsam individuelle Bedürfnisse die vorge- sehen wir mehr. schlagenen Massnahmen prägen. Betroffene und Profis als Tandem Diese Stellen stehen unterstüt- In dieser konkreten Situation gilt es nun, zend zur Seite: den lokalen Verhältnissen angepasste erfahrene Sektionsmitglieder und Lösungen zu finden, die nicht selten von lokale Orientierungs- und Mobili- Kompromissen geprägt sind. Das Auge tätslehrer des Mobilitätslehrers kann hier äusserst Abteilung Interessenvertretung hilfreich sein. Er kann Baupläne, Zeich- des SBV nungen, Farb- und Kontrastmodelle Regionale Beratungsstellen und sowie andere Dokumente begutachten Schweizerische Fachstelle für und erstellen, die leider für sehbehin- behindertengerechtes Bauen derte und blinde Menschen selten oder gar nicht zugänglich sind. Dieser Teil der 'LHVH*HVHW]HXQG1RUPHQJHOWHQ Arbeit muss von einem sehenden Profi Bundesgesetz über die Beseiti- geleistet werden. Können Unterlagen gung von Benachteiligungen von vergrössert und zugänglich gemacht Menschen mit Behinderungen werden, ist die Mithilfe von betroffenen (Behindertengleichstellungsge- Personen ein grosses Plus. setz, BehiG) Wichtig in dieser Zusammenarbeit ist, Kantonale Behindertengesetze dass die verschiedenen Rollen klar Norm SIA500 für öffentliche Bauten verteilt sind. Mit ihren konkreten Erfah- VSS-Norm SN 640 075 "Hinder- rungen, mit ihren Bedürfnissen und nisfreier Verkehrsraum" Kompetenzen erkennen sehbehinderte und blinde Menschen Hindernisse und Diesen Beitrag, die Adressen der engagieren sich zusammen mit einer genannten Stellen und weitere Infor- Fachperson beispielsweise durch Tref- mationen finden Sie auf der SBV-In- fen mit den entsprechenden Instanzen ternet-Plattform "Regionale Interes- und Testen der Massnahmen. senvertretung": http:// Das Beispiel zeigt, dass ein gutes Zu- interessenvertretung.www.sbv-fsa.ch sammenspiel zwischen Betroffenen und 9
Aktuelles Vorwärts zu den Wurzeln Alfred Rikli, Bereichsleiter Interessenvertretung Back to the roots – dieses geflü- das Behindertengleichstellungsgesetz JHOWH:RUWLQHQJOLVFKHU6SUDFKH haben der Selbsthilfe ein Ende ge- heisst auf Deutsch etwa so viel wie setzt, ganz im Gegenteil. Wie es um ]XUFN]XGHQ:XU]HOQ]XGHQ$Q die Invalidenversicherung steht, ist IlQJHQXQG8UVSUQJHQ0LW%OLFN hinlänglich bekannt. Die vielbeschwo- auf den Schweizerischen Blinden- rene Integration in den ersten Arbeits- und Sehbehindertenverband lässt markt bleibt Wunschvorstellung. Be- sich die aktuelle Bewegung im Ver- troffene sind gefragt, wenn es um die band trefflich umschreiben mit Umsetzung der gesetzlich verankerten 9RUZlUWV]XGHQ:XU]HOQ Gleichstellung geht. Blinde und sehbe- hinderte Mitmenschen müssen diesen In den Statuten vom 10. November Prozess auf allen Ebenen und in allen 2012 versteht sich der Schweizerische gesellschaftlichen Bereichen prägen. Blinden- und Sehbehindertenverband SBV als nationale Organisation, in der Klar definierter Rahmen für die sich blinde und sehbehinderte Men- Sektionen schen zur Selbsthilfe, Selbstbestim- Den Sektionen steht für die Ausgestal- mung und Interessenvertretung zu- tung eines Leistungsvertrags mit dem sammenschliessen. SBV ein Reglement zur Verfügung mit Wenn die Verbandsstatuten in Artikel definierten Rahmenbedingungen für 13 sinngemäss die aktive Mitarbeit der ihre Zusammenarbeit mit dem Ver- Sektionen "zur Erbringung bestimmter band. Nebst dem formalen Rahmen Leistungen in ihrem Einzugsgebiet" interessiert vor allem die inhaltliche nennen und dem einen Leistungsver- Stossrichtung der Bewegung vorwärts trag mit dem SBV zugrunde legen, so zu den Wurzeln: Die Sektionen enga- heisst diese Bewegung "Vorwärts zu gieren sich mit Leistungen, welche der den Wurzeln". SBV selbst anbietet oder landesweit anbieten möchte. Es sind dies unter Ureigene Selbsthilfe anderem die Einflussnahme auf Ge- Mit den Wurzeln im Sinne des SBV ist setzgebung und Gesetzesvollzug, also die ureigene Selbsthilfe gemeint, ferner die Förderung von Netzwerken wahrgenommen durch den Verband blinder und sehbehinderter Menschen, und in Zukunft vermehrt und verstärkt die Sensibilisierung der Öffentlichkeit auch durch die Sektionen. Denn: We- ebenso wie die Beratung von Behör- der die Sozialversicherungen noch den, Arbeitgebern, Schulen sowie 10
Aktuelles anderer Institutionen und Einzelperso- der Sektion Zürich-Schaffhausen ist nen in Fragen der Integration blinder erste Anlaufstelle und Kompetenzzent- und sehbehinderter Menschen und der rum für Fragen betreffend Interessen- Beseitigung von Barrieren jeglicher Art. vertretung, Kommunikationsaktivitäten und Selbsthilfe in der Region. Der Pilotprojekt läuft SBV ergänzt mit Beratung und Reha- Als erste Sektion arbeitet Zürich- bilitation, Bildung und Freizeit, Infor- Schaffhausen seit Januar 2014 mit mation und Interessenvertretung (auf einer sogenannten Pilot-Vereinbarung nationaler Ebene), aber auch mit sei- mit dem SBV zusammen. Sie wurde ner logistischen Unterstützung (SBV- vom Verbandsvorstand im August des Bereich Ressourcen) die Aktivitäten Vorjahrs genehmigt. Das Sekretariat der Sektion Zürich-Schaffhausen. Neuer Leiter Sektionen- und Mitgliederdienst Mit dem Ziel, die Sektionen in ihrem Aufbruch "Vorwärts zu den Wurzeln" tatkräftig zu unterstützen, ist seit 1. Juli 2014 Rolf Summermatter in der Funktion als Leiter Sektionen- und Mitgliederdienst tätig. Sein Aufgaben- gebiet umfasst die Koordination und Zusammenarbeit mit den Sektionen, deren Betreuung und Unterstützung, selbstverständlich sofern dies er- wünscht ist von den Sektionen und Sie arbeiten im Dienst der Sektio- zwar auf partnerschaftlicher Ebene. nen und Mitglieder der Deutsch- Zum Team Sektionen- und Mitglieder- schweiz: Lisbeth Käser und Rolf dienst gehören Janique Cottier, Rina Summermatter. Foto: Edith Nüssli De Falcis, Lisbeth Käser und Claudia Racine. Das Team unter Leitung von Rolf Summermatter offeriert den Sek- Weiterentwicklung der Sektionen, tionen und Mitgliedern Dienstleistun- auch mit Blick auf die neu geltenden gen: Von REKA-Checks über Aus- Statuten und der damit verbundenen künfte zu Mitgliedschaften bis zur Möglichkeit der Sektionen, einen Ausführung von Sektionsversänden Leistungsvertrag mit dem SBV abzu- und weiter zur Unterstützung in der schliessen. 11
Aktuelles Christina Fasser tritt in den Ruhestand Interview: Jean-Marc Meyrat, Redaktor "Clin d'oeil" 1DFK-DKUHQDOV*HVFKlIWVOHLWH ging es um die Information über die rin von Retina Suisse geht Christina Retinitis pigmentosa, über die Symp- )DVVHU(QGHLQ3HQVLRQ'HU tome der Erkrankung und über ihre )RUVFKXQJVI|UGHUXQJEOHLEWVLH Folgen. Hier muss ich anfügen, dass treu: Sie präsidiert neu Retina Inter- damals die "Halbblinden" wie wir, die QDWLRQDO zwar lesen können, aber in ihrer Mobili- tät enorm eingeschränkt sind, ihren GHU:HJ:LHLVW5HWLQD6XLVVH Platz unter den Sehbehinderten nicht entstanden? fanden, zu denen hauptsächlich blinde Christina Fasser: Retina Suisse wurde Menschen zählten. Ein weiteres Ziel auf die Initiative von Personen mit bestand in der Förderung der For- Retinitis pigmentosa, unter anderem schung, um die Behandlung dieser meinem Bruder Bernhard sowie Pro- genetisch bedingten Erkrankung voran- fessor Niemejer, ins Leben gerufen. zutreiben. Letzterer kannte zwei wohlhabende Persönlichkeiten aus den USA, Ben :HOFKHQ6WHOOHQZHUWKDWGLH6HOEVW Berman und Gordon Gund, die unter hilfe bei Retina Suisse? dieser Erkrankung litten und die Von Anfang an bildeten die Mitglieder Schaffung des ersten Labors zur Er- regionale Gruppen für den Erfahrungs- forschung von Retinitis pigmentosa – austausch. Die wichtigste Plattform für dem Berman-Gund Laboratory an der den gegenseitigen Austausch stellt Universität Harvard – ermöglichten. jedoch zweifellos die jährliche zweitä- Der erste internationale Kongress zu gige Generalversammlung dar, bei der dieser Erkrankung fand 1976 in Balti- neben dem statutarischen Teil und den more statt. Zwei Jahre später trafen wissenschaftlichen Vorträgen bewusst sich acht Vereinigungen in Grossbri- Zeit dafür eingeplant wird. tannien. Schliesslich wurde 1979 die Retinitis Pigmentosa Vereinigung :LHIXQNWLRQLHUW5HWLQD6XLVVH" Schweiz, die heutige Retina Suisse, Bis 1992 wurde jede Tätigkeit auf gegründet. ehrenamtlicher Basis ausgeführt. Ich kann mich erinnern, wie wir die Texte :HOFKH=LHOHYHUIROJW5HWLQD unseres Journals tippten und über- Suisse? setzten und das Journal einpackten. Die Ziele der Organisation waren von Indem Retina Suisse eine Brücke Anfang an klar definiert: In erster Linie zwischen den Menschen mit einer 12
Aktuelles Sehbehinderung, von denen einige Inserat noch selbst Auto fahren können, und den Mitgliedern des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverban- des schlug, näherten wir uns dem SBV an. Mein Engagement in zahlrei- chen Projekten des SBV, wie zum Vocatex plus (HD) Beispiel dem 'Büro von morgen' der Arbeitsgruppe Elektronik und Sehbe- hinderung, trug zweifellos zur erfolg- reichen Annäherung bei. Wir funktio- nierten nach dem Modell einer Beratungsstelle und konnten somit Personal einstellen. Über welche finanziellen Mittel verfügt Retina Suisse? Etwa 45 Prozent der Kosten werden vom SBV getragen, die übrigen Neues Model mit noch besse- 55 Prozent werden durch Mitglieder- rer Kamera und einblendba- beiträge, Spenden und Sponsoring rer, in der grösse anpassba- – vorwiegend von der Pharmaindustrie ren Textzeile zum Mitlesen – gedeckt. Heute zählt Retina Suisse während dem Vorlesen. 1500 Mitglieder, von denen etwa Das Lesegerät, dass Sie optisch 15 Prozent Mitglied auch des SBV und akustisch unterstützt. Sie lassen sich längere Texte einfach sind. vorlesen. Handgeschriebene Texte und Bilder lesen und Man hat oft das Gefühl, die Resul- betrachten Sie in Echt- und verschiedenen WDWHZUGHQDXIVLFKZDUWHQODVVHQ kontrastverstärkten Falschfarben. :RVWHKWGLH)RUVFKXQJ" Vocatex, das audiovisuelle Es geht voran! Man darf aber nicht Lesegerät wird seit 2009 produziert und erfolgreich vergessen, dass von zehn klinischen eingesetzt. Studien neun nichts ergeben. Gegen- W ann lassen Sie sich von wärtig sind siebzehn klinische Studien Vocatex vorlesen? zur Behandlung von Retinitis pigmen- Informieren Sie sich bei accesstech ag: tosa am Laufen. Der Chip für künstli- Luzern 041 227 41 27 ches Sehen ist auf dem Markt erhält- St. Gallen 071 277 44 11 lich. Allerdings stecken dessen Neuchâtel 032 725 32 25 www.accesstech.ch info@accesstech.ch Möglichkeiten zugegebenermassen 13
Aktuelles noch in den Kinderschuhen. Eine Lieblingssportarten gönnen: dem Tan- Lichtquelle können wir sehen, aber dem fahren, dem Langlauf und dem eine Mauer erkennen wir nur dank Wandern. Und vor allem möchte ich ihres Schattens. viel Zeit haben, um Leute zu treffen, Erstmals konnte die Gentherapie am ins Theater zu gehen und Konzerte zu Nervengewebe angewandt werden. besuchen. Und es funktioniert: Die Technik ist sicher und die Nebenwirkungen halten sich in Grenzen. Auch wenn die Injek- tionen des fehlenden Gens die Maku- ladegeneration nicht aufhalten können, so verbessern sie doch das Sehvermö- gen bei jungen Patienten beträchtlich. Das Sehvermögen eines behandelten Kindes konnte von 10% auf 60% er- höht werden. Auch die Ergebnisse bei Männern mit Chorioideremie sind ermutigend. Chorioideremie ist eine Form der Retinitis pigmentosa, die über das X-Chromosom vererbt wird und vorwiegend bei Männern vor- kommt. Zudem werden derzeit weitere klinische Tests durchgeführt zur Be- handlung der Chorioideremie, des Morbus Stargardt, einer Degeneration der zentralen Netzhaut, und dem Us- her-Syndrom vom Typ 1B. Auch viel- versprechende klinische Studien mit Stammzellen für die Therapie der trockenen und der feuchten Form der Altersbedingten Makuladegeneration finden statt. Doch alles braucht seine Zeit. Stephan Hüsler (r) übernimmt von :HOFKH3OlQHKDVWGXIUGHQ Christina Fasser die Geschäftsleitung Ruhestand? von Retina Suisse. Foto: zVg Neben meinem internationalen Enga- gement möchte ich mehr Ferien ma- chen und mir mehr Zeit für meine 14
Aktuelles Retina Suisse erhält eine neue Geschäftsleitung Jean-Marc Meyrat, Redaktor "Clin d'œil" 6WHSKDQ+VOHUWULWWDP-DQXDU Geschäftsleiter von Retina Suisse sind: GLH1DFKIROJHYRQ&KULVWLQD Mit Personengruppen des Bereichs )DVVHUDOV*HVFKlIWVOHLWHUYRQ Sehbehinderung diskutieren, jeman- 5HWLQD6XLVVHDQ den einstellen, der sich um die Präsenz von Retina Suisse in der Westschweiz Nach einer KV-Lehre und dem Ab- kümmert, und eine grosse Konferenz schluss eines eidgenössischen Di- im April 2015 organisieren. ploms als Bankfachmann hatte Ste- Auch wenn der 53-Jährige dynamisch phan Hüsler eine Kaderstelle bei der ist und eine positive Einstellung hat, so grössten Bank der Schweiz in Kriens, gibt er doch zu, dass er seine Krank- in der Nähe von Luzern, wo er wohnt. heit nicht akzeptieren kann. Trotzdem 2001 wurde dann die Diagnose ge- hat er sich entschlossen, sich die Fer- stellt: Er leidet an Retinitis pigmen- tigkeiten anzueignen, um möglichst gut tosa. Stephan Hüsler, der sich seiner damit leben zu können. Aber bevor er Lage voll bewusst war, hat die notwen- in sein Büro in Zürich einzieht, muss er digen Massnahmen umgehend getrof- noch eine schwierige Prüfung beste- fen. So lernte er ab 2003 Punktschrift. hen, denn Dallas, sein treuer Blinden- Als er 2006 gezwungen war, seine führhund, geht in den Ruhestand und Stelle aufzugeben, wandte er sich an wird durch Neo ersetzt. die Invalidenversicherung. Die wollte ihn in die Korbflechterei schicken. Er 5HWLQD6XLVVH.RQIHUHQ] hat nichts gegen Korbflechter, deren Alles Wissenswerte zu degenerativen Arbeit er bewundert. Doch er hatte Netzhauterkrankungen wie Retinitis andere Ambitionen. Schliesslich unter- pigmentosa, Usher-Syndrom und stützte ihn die IV während seines altersbedingte Makuladegeneration dreijährigen Studiums an der Fach- verspricht die 3. Retina Suisse-Konfe- hochschule für Soziale Arbeit in Olten, renz am 18./19. April 2015 in Frei- wo er erfolgreich eine Ausbildung zum burg. Das Programm umfasst Infor- Sozialarbeiter abschloss. mationen zu Ursachen, Behand- lungsmöglichkeiten, Forschungser- Ein engagierter Mann gebnissen und Resultaten aus Thera- Vor der Übernahme der Geschäftslei- pieversuchen sowie eine Ausstellung tung war er bereits Präsident von Re- von Hilfsmitteln für den Alltag. tina Suisse. Seit 2012 präsidiert er Details unter www.retina.ch auch Agile.ch. Seine ersten Ziele als 15
Inserate GEMEINSAM NACH VORNE SEHEN. „Das Kochbuch für Blinde, Sehbehin- derte und alle, die es einfach, schnell und lecker mögen.“ Philippe Berthoud Der Schweizer Gourmetkoch Philippe Berthoud hat in Zusammen- arbeit mit dem Schweizerischen Blindenbund ein spezielles Koch- buch herausgegeben, das mit nur einer Masseinheit auskommt: einem handelsüblichen Joghurtbecher. Das Buch kostet CHF 39,-- plus Versand und erscheint in Papierform, kann aber auf Wunsch auch ohne zusätzliche Kosten in Brailleschrift oder als Hörbuch im Daisy-Format auf CD bezogen werden. Erfahren Sie mehr auf www.blind.ch/kochbuch oder unter Tel. 044 317 90 00. ..und wenn die Brille nicht mehr ausreicht? as neue MagniLink S ist alles und mehr, was Sie on dem am Markt führenden Kamerasystem er- r arten dürfen! nfach zu transportieren zwischen Wohnung, chule oder Arbeit und in Sekunden einsatz- ereit. MagniLink S ist mit der neuesten Techno- ie für überragende Bildqualität ausgestattet d ist einfach und schnell an einen Computer uschließen – oder direkt an einen Monitor. ätzlich kann sogar Text vorgelesen rden. 16
Aktuelles 100 Jahre Solsana Saanen: vom Sanatorium zum Ferienhotel Daniel Leuenberger, Direktor Hotel Solsana Vor 100 Jahren wurde die Solsana DOV6DQDWRULXPHU|IIQHWKDW der SBV das markante Haus gekauft und in mehreren Etappen zum )HULHQKRWHODXVJHEDXW Mit der Erschliessung des Saanen- lands durch die Montreux Oberland Postkarte aus den Fünfzigerjahren. Bahn MOB wurden auch die ersten Bild: zVg grossen Hotels gebaut, zum Beispiel das Palace in Gstaad. Der Architekt Hotel. 1981 wurde das Westgebäude des Palace plante für die beiden Ärzte mit elf zusätzlichen Zimmern sowie Hans Reber und Fritz Ris in einem Kursräumen und einer Blindenschrift- ähnlichen Stil das Sanatorium Solsana Bibliothek eingeweiht. 13 Jahre später an bester Südlage hoch über Saanen. wurde der neue Ostflügel gebaut und Es wurde im Winter 1914/15 eröffnet. das ganze Hotel saniert. Diese Bau- Nach einem schweren Beginn während etappe umfasste 12 grosse Hotelzim- des ersten Weltkriegs kamen die erfolg- mer, ein Hallenbad mit Sauna und reichen Jahre der Solsana. Diese wur- einen Gymnastiksaal, sowie neue den durch den Börsencrash von 1929 Kursräume. Zuletzt wurden die Zimmer beendet. Ausserdem erkrankte Fritz Ris im Haupt- und Ostgebäude 2011/12 und zog zurück nach Bern. Mit dem renoviert. Damit bietet das 3-Sterne- Ausbruch des zweiten Weltkriegs Superior-Hotel unzählige Möglichkeiten schloss Hans Reber schlussendlich das für jeden Geschmack, sei es für Ferien, Sanatorium. Nach dem Krieg und dem ein verlängertes Wochenende oder Tod von Hans Reber erwarb die Klinik Kurse und Seminare. Heiligenschwendi das Haus und führte Neben Mitgliedern des SBV finden es bis 1970 als Klinik für Kinder, die auch zahlreiche in- und ausländische unter Tuberkulose oder Asthma litten. Gäste den Weg in die Solsana. Gerade die Mischung von Betroffenen und Schritt für Schritt zum 3-Sterne Hotel anderen Gästen ergibt ein einzigarti- 1973 kaufte der SBV das Haus und ges Ambiente und unvergessliche erweiterte es kontinuierlich zu einem Momente. 17
Aktuelles Die Stimme aus dem Hörer Shivanthan Mylvaganam, Lernender SBV-Generalsekretariat 'LH9RLFH1HW5HGDNWRULQQHQXQG -Redaktoren haben sich in Zürich DQHLQHP7UHIIHQDXVJHWDXVFKW'LH Radiomoderatorin Yvonn Scherrer referierte zum richtigen Umgang mit .|USHUXQG6WLPPH7HFKQLVFKH Tipps und ein Erfahrungsaustausch UXQGHWHQGLH9HUDQVWDOWXQJDE Rund 30 Redaktoren und Redaktorin- nen haben sich im September in Zü- Die Radiomoderatorin Yvonn Scher- rich zum zweiten VoiceNet-Treffen rer referierte beim VoiceNet-Treffen. versammelt. Thema der Veranstaltung Foto: Shivanthan Mylvaganam war unter anderem das Aufsprechen auf VoiceNet. Die Tagung wurde von kum auf. Und schliesslich sei es auch Norbert Müller, VoiceNet-Redaktions- wichtig, wo man den Text aufnehme. leiter Deutschschweiz, moderiert. Durch Erfahrungsaustausch Voice- Aufmerksamkeit der unsichtbaren 1HWYHUEHVVHUQ Hörerschaft gewinnen Noch hat VoiceNet ein paar Kinder- "Sie reden nicht zu einem Publikum, krankheiten: So kann die Sprachaus- sondern ins Ohr einer Einzelperson." gabe nicht alle Wörter korrekt ausspre- Das sind die Worte der bekannten chen. Edith Nüssli, Redaktorin "der Radiomoderatorin Yvonn Scherrer, die Weg", zeigte anhand von Beispielen, Tipps für das Aufsprechen von Nach- wie man den Text gestalten kann, richten gab. Um die Aufmerksamkeit damit die Sprachausgabe das Manu- der Hörerschaft zu gewinnen, sei einer- skript richtig aussprechen kann. Auch seits eine gute Körperhaltung wichtig. die freiwilligen Redaktoren und Redak- Diese beeinflusse den Raum, die eine torinnen konnten sich in einer Diskussi- Stimme einzunehmen vermag. Ande- onsrunde einbringen und erzählten rerseits könne man durch Lockern des unter anderem, wie sie Tondokumente Kiefers, Gähnen und Summen die aufnehmen und hochladen. Am ansch- Stimme trainieren. "Summen sie mit liessenden Apéro wurde noch lange offenem Mund und schauen sie, wohin über VoiceNet und die spannenden der Ton geht", forderte sie das Publi- Referate diskutiert. 18
Aktuelles Leserwettbewerb antwort zu hinterlassen. online: auf www.sbv-fsa.ch/leser- ,QGLHVHU$XVJDEHGHV:HWWEHZHUEV wettbewerb finden Sie einen Link gibt es 20 Preise zu gewinnen, ge- zum Wettbewerbsformular VWLIWHWYRP+RWHO6ROVDQD'LH$QW per E-Mail: redaktion@sbv-fsa.ch ZRUWDXIGLH:HWWEHZHUEVIUDJHILQ per Post: Schweizerischer Blinden- det sich in einem der Beiträge in und Sehbehindertenverband SBV, GLHVHP+HIW'LH*HZLQQHUZHUGHQ Wettbewerb, Postfach 8222, 3001 Bern LQGHU0lU]$XVJDEHYRUJHVWHOOW 'HVKDOE0LWPDFKHQHVORKQWVLFK 0DFKHQ6LHLQMHGHP)DOOIROJHQGH Angaben zu Ihrer Person: %HDQWZRUWHQ6LHIROJHQGH)UDJH Vorname, Name Wie heissen die beiden Ärzte, welche Strasse die Solsana bauen liessen? Wohnort Telefonnummer Gewinnen Sie: E-Mail-Adresse (wenn vorhanden). 1. Preis: eine Ferienwoche (7 Nächte) im Hotel Solsana für 2 Personen 7HLOQDKPHVFKOXVV-DQXDU (Post- inkl. Halbpension stempel, Datum E-Mail oder VoiceNet) 2. Preis: ein verlängertes Wochenende (3 Nächte) im Hotel Solsana für 2 Personen inkl. Frühstück Teilnahmebedingungen 3. Preis: ein Wochenende (1 Nacht) für Teilnahmeberechtigt sind alle Mit- 2 Personen inkl. Frühstück glieder des SBV. Jede Person darf 4.-10. Preis: je zwei Flaschen Jubilä- am Wettbewerb nur einmal teilneh- umswein (weiss und rot) men. Die Gewinner werden per 11.-20. Preis: je eine Flasche Jubilä- E-Mail, per Post oder telefonisch umswein (rot) benachrichtigt. Eine Barauszahlung der Preise ist nicht möglich. Die Senden Sie die Antwort über Voice- Gewinner erklären sich ausdrücklich 1HWEHUGLH6%9:HEVLWHSHU( einverstanden mit der Bekanntgabe 0DLORGHUSHU3RVWDQGLH5HGDNWLRQ ihrer persönlichen Daten (Vorname, EHU9RLFH1HW Nachname, Wohnort) auf der Web- Wählen Sie im Rubrikenverzeichnis seite des SBV und in der nächsten 2 1 7 1. Sie hören die Informationen Ausgabe von "der Weg"/"Clin d'œil". zum Wettbewerb. Drücken Sie die Über den Wettbewerb wird keine Taste 9 und folgen Sie den Anwei- Korrespondenz geführt. Der Rechts- sungen des Systems, um eine pri- weg ist ausgeschlossen. vate Nachricht mit der Wettbewerbs- 19
Aktuelles Canne blanche für "Regards Neufs" Edith Nüssli, Redaktorin "der Weg" 'DQN5HJDUGV1HXIVN|QQHQEOLQGH und sehbehinderte Menschen im .LQRDNWXHOOH)LOPHPLW$XGLRGHVNULS WLRQJHQLHVVHQ)UGLHVHLQQRYDWLYH Leistung mit Integrationscharakter wurde der Verein Base-Court mit der &DQQHEODQFKHDXVJH]HLFKQHW Die Auszeichnung "Canne blanche" SRG-Generaldirektor Roger de ging dieses Jahr an den Verein Base- Weck überreicht Bruno Quiblier von Court für sein Projekt "Regards Neufs". "Regards Neufs" die Preisstatue. "Regards Neufs" organisiert für einige Foto: SZB Spielfilme eine Hörfilmfassung ab dem Mittwoch, der auf den jeweiligen Kino- Verein mit dem Filmverleih Pathé zu- start folgt. In sämtlichen Kinovorstel- sammen. Finanziell unterstützt wird lungen kann die Audiodeskription über das Projekt unter anderem vom SBV. einen Kopfhörer gehört werden, der kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Über 1200 Eintritte in drei Jahren Ferner bezahlen Begleitpersonen Seit Projektstart vor drei Jahren hat keinen Eintritt. "Was im Mittelpunkt des sich "Regards Neufs" in Lausanne und kulturellen Lebens steht, ist dank 'Re- Genf zum Kinotreffpunkt für blinde und gards Neufs' für blinde und sehbehin- sehbehinderte Menschen entwickelt. derte Menschen zugänglich", lobte Über 1200 Zuschauerinnen und Zu- SRG-Generaldirektor Roger de Weck schauer haben Vorstellungen besucht das Projekt an der Preisverleihung im und der Verein plant, sein Angebot Kursaal Bern. Die Preisstatue "Canne auch auf die Deutschschweiz auszu- blanche", gestaltet von der blinden weiten. Dies überzeugte die Jury, dass Künstlerin Priska Meier, und das Preis- sie "Regards Neufs" mit der "Canne geld nahm Base-Court-Direktor Bruno blanche", dem nationalen Preis im Quiblier entgegen. Dieser betonte: Sehbehindertenwesen auszeichnete. "Das Herz von 'Regards Neufs' ist, dass blinde und sehbehinderte Men- schen gleichzeitig mit ihren Freunden Weitere Informationen auf Filme geniessen können". Damit das www.regards-neufs.ch immer wieder gelingt, arbeitet der 20
Aktuelles Mach's gut, Chefredaktor! Pierre-Yves Graber, Co-Leiter Marketing & Fundraising Jean-Marc Meyrat hat sich seiner Arbeit im Interesse der Blinden und Sehbehinderten neun Jahre lang mit Leib (oft) und Seele (immer) ver- Jean-Marc VFKULHEHQ(UKDWVLFKYRP6%9YHU Meyrat. abschiedet um zu neuen Ufern aufzu- Foto: EUHFKHQ0LWLKPYHUOLHUWXQVHU Christian Verband nicht nur den Chefredaktor Bühler YRQ&OLQG °LOVRQGHUQDXFKHLQH engagierte, geradlinige und feinfüh- Antenne romande, und dies bis zur OLJH3HUV|QOLFKNHLW Einführung der neuen Verbandsstruk- tur. Die Turbulenzen des SBV bescher- Seine Anfänge beim SBV machte Jean- ten nicht nur rosige Zeiten, doch Jean- Marc Meyrat als Co-Leiter der Antenne Marc besass stets den Willen und die romande. Das Tandem Jean-Marc und Gabe, die Debatten wieder auf das zu Pierre-Yves als Blinder und Sehender fokussieren, wofür er sich einsetzte: funktionierte bestens. Alles war indes- das Wohl der sehbehinderten Men- sen nicht selbstverständlich, insbeson- schen. dere wenn wir über Sensibilisierungs- "Pathetisch" und "ach Gott" wird sein kampagnen im Dunkeln diskutierten! Kommentar lauten, wenn er diese Doch nach einem bisweilen eher un- Zeilen liest – so abgedroschen werden schicklichen und lauten Wortwechsel sie in seinen Ohren klingen. Daher einigten wir uns stets auf einen Weg, erspare ich ihm hier den Exkurs über der den Ideen und Ansichten des ande- seine Qualitäten als Mensch und Kom- ren Rechnung trug. Denn eines steht munikator, auch wenn sein Wortschatz fest: Jean-Marc spricht nicht nur aus – zu meinem Vergnügen – manchmal der Perspektive eines Blinden. Zwar sogar Kapitän Haddock als Waisen- hat er nicht den Anspruch, sich in eine knabe erscheinen liess. sehende oder sehbehinderte Person Das Wichtigste zu guter Letzt: Sie, hineinzuversetzen, aber er ist sich liebe SBV-Mitglieder, sind all die Jahre bewusst, dass es unterschiedliche in den Genuss der sachlichen, präzisen Anliegen gibt und jedes Mal ein ge- und geschliffenen Feder des Chefre- meinsamer Nenner zu finden ist. daktors von "Clin d'œil" gekommen. Nach zwei Jahren übernahm Jean- Dafür gebührt ihm an dieser Stelle Marc Meyrat die alleinige Leitung der unser Dank! 21
Menschen Mit Volldampf unterwegs Edith Nüssli, Redaktorin "der Weg" Marcel Rösch ist seit frühester bleiben. Als fünf Jahre später eine .LQGKHLWIDVWEOLQG1DFKGHU%OLQ neue Software mit grafischer Oberflä- denschule bewarb er sich um eine che eingeführt wurde, konnte er diese KV-Lehrstelle bei Swisscom, blieb Aufgaben nicht mehr zufriedenstellend beim Unternehmen und leitet seit erledigen. Er suchte einen Weg, um JXWGUHL0RQDWHQGDV)LOPWHDP,Q im Unternehmen zu bleiben, und fand VHLQHU)UHL]HLWLVWHUJHUQHXQWHU ihn: Während dreier Jahre bereinigte wegs, mit Kollegen am See, beim er Kundendaten. In dieser Zeit suchte +RFNH\PDWFKXQGDXI5HLVHQ Ein Grossraumbüro von Swisscom in Köniz, je drei Schreibtische blockför- mig angeordnet, am mittleren Tisch auf der linken Seite sitzt Marcel Rösch. Die anderen Arbeitsplätze teilen sich zehn zukünftige Mediamatikerinnen und Mediamatiker, die das Swisscom- Filmteam bilden. Dieses produziert für die Firmenkommunikation Filme und Animationen. Der 35-Jährige ist ver- antwortlich für die strategische Ent- wicklung des Themas und die Führung der Jugendlichen. Die fachliche Ausbil- dung übernehmen andere, da er seit Kaufmann Marcel Rösch will sich von frühester Kindheit nur noch auf einem seiner Sehbehinderung nicht ein- Auge 0,5 bis 1,2 Prozent sieht. schränken lassen. Foto: Edith Nüssli Eine von drei Lehrstellen er sich im Privatleben eine neue He- Zu Swisscom kam er gleich nach rausforderung. Er spielte als Gitarrist Abschluss der Schule. Er bewarb sich bei der Black-Metal-Band "Nekropolis" für eine KV-Lehrstelle und erhielt eine und organisierte zusammen mit einem der drei angebotenen Lehrstellen. Band-Mitglied Plattenaufnahmen, 1998 bestand er die Abschlussprüfung Festivals, zwei Europatourneen sowie und die Firma bot ihm an, als Privat- mehrere Austauschwochenenden mit kundenbetreuer im Unternehmen zu ausländischen Bands. 22
Menschen Vom Telefonist zum Eventmanager Inserat 2006 erhielt er die Gelegenheit, in ein Projekt einzusteigen, das sich im Be- Werden Sie unabhängig – reich "Sport und Kultur" für die Mitar- mit Hilfsmitteln von beitenden einsetzt. Angestellt wurde er um Telefone entgegenzunehmen Accesstech und E-Mails zu beantworten. Nach - Stationäre und - Sprachausgaben mobile - Vergrösserungs- einem halben Jahr war er stellvertre- Bildschirm- software tender Projektleiter, vernetzte Mitar- Lesegeräte - Bildschirmlese- beitende und lernte, wie man kosten- - Scannerlesegeräte software günstig das Umfeld für gemeinsame - Braillezeilen - Brailledrucker Aktivitäten organisiert. - Notizgeräte - u.v.m. Nach vier Jahren wechselte er ins Unser umfassender Service Eventteam von Swisscom. Zusammen von a bis z: mit einer Kollegin konzipierte und • Bedarfsabklärung realisierte er die Swisscom-Fanstube Bedarfsabklärung und Beratung für am Lauberhornrennen. Auch organi- berufliche und private Lösungen an sierte er einen Anlass für 1400 Gross- Ihrem Arbeitsplatz oder bei uns in kundenbetreuer im Kursaal Bern und Luzern, St. Gallen oder Neuchâtel die knapp 20 Auftritte des Konzern- • Demoraum chefs vor Mitarbeitenden an verschie- Hilfsmittel-Ausstellung in unserem Demoraum denen Standorten, verteilt auf drei Monate. Vom Konzept über die Orga- • Finanzierung Erstellen von IV- / AHV-Anträgen, nisation von Räumen und Technik bis Abklärung weiterer zur Verpflegung war er mit seinem Finanzierungsmöglichkeiten Team für alles verantwortlich. Vor Ort • Einsatz der Hilfsmittel hat er Techniker, Materiallieferanten Lieferung, Installation und Schulung und Caterer immer als erstes infor- vor Ort miert, dass er nichts sieht, und die Rolle seiner Assistenz erklärt. luzern: Dass er visuelle Unterstützung bürgenstrasse 12, 6005 braucht, um diesen Job zu erledigen, luzern fon: 041 227 41 27 hat er beim Wechsel ins Eventteam niederlassungen klar formuliert. Die Firma entschied, st. gallen: dass Marcel Rösch unter den Lernen- accesstech ag rosenbergstr. 87 den eine Assistenz rekrutieren kann. edv für blinde und fon: 071 277 44 11 sehbehinderte neuchâtel: Er stellt fest: "Um erfolgreich im Duo www.accesstech.ch crêt-taconnet 12a zu arbeiten, braucht es hohe Sozial- info@accesstech.ch fon: 032 725 32 25 kompetenz, Zuverlässigkeit und Selb- 23
Menschen ständigkeit." Seine Assistentinnen und fahren oder mit dem Kickboard zum Assistenten hätten ihm ermöglicht, Freibad." Dabei behielt sie seine diesen Job zu machen. "Im Gegenzug Schritte im Auge, von weitem und habe ich alles, was ich weiss, mit meist unbemerkt. ihnen geteilt, ihnen mein Netzwerk zur Zur Schule ging er auswärts. "Meine Verfügung gestellt und sie in jeder Eltern waren überzeugt, dass ich an Form unterstützt." Wenn man unter- der Blindenschule in Zollikofen die stützt werde, müsse man auch etwas beste Ausbildung erhalte, was ich von sich selbst zurückgeben. auch so sehe." Den Kontakt im Dorf pflegte er weiterhin: Am Samstagvor- Eishockey, Open Airs und Reisen mittag um 10 Uhr stand er mit Roll- Zu Hause ist Marcel Rösch selten. Im schuhen und Hockeystock ausgerüs- Winter besucht er zusammen mit tet auf dem Schulhausplatz und gab seinem Bruder und Kollegen regel- vollen Einsatz beim Rollhockey. Seine mässig Matches des Schlittschuhclubs Freunde kamen ihm entgegen, indem Bern. Im Sommer zieht es ihn mit sie mit einem etwas grösseren Ball als seinen Leuten an den See und an üblich spielten. "Ich wurde von den Open Airs. Ferner reist er gerne, um Nachbarskindern als einer von ihnen neue Kulturen und Menschen kennen betrachtet." Das ist ihm bis heute am zu lernen. 2007 lebte er für drei Mo- liebsten. Er akzeptiert seine Sehbehin- nate bei einer Gastfamilie in Chile, derung, will aber derentwegen weder weil er Spanisch lernen wollte. eingeschränkt sein, noch bevorzugt Einkäufe erledigt er übers Internet behandelt werden. oder mit Hilfe seiner Mutter. Fürs Put- zen hat er eine Fachkraft angestellt. Dazu meint er: "Es darf bei mir zu- Inserat hause niemals "schmuddelig" sein. Meine Gäste sollen sich wohl fühlen." Armbanduhr zu verkaufen Ähnlich sieht er das beim Auftreten. Eine ehemalige Lernende und gute Vibrationsarmbanduhr Modell Tissot Kollegin berät ihn beim Kleiderkauf. Silen-T, neu revidiert, Preis 280 Franken (Neupreis: 600 Franken). Gut eingebettet im Quartier Erfahrungsbericht auf www.retina. Aufgewachsen ist Marcel Rösch in ch/files/retina-journal/html/2004/ Hondrich bei Spiez im Kanton Bern. rsj2004-04-d-9.htm Den Eltern war wichtig, ihren drei Kindern Entfaltungsspielraum zu ge- Kontakt: Oswald Merz, währen. Er erzählt: "Meine Mutter liess Tel.: 031 332 72 91 mich mit dem Velo zum Fussballplatz 24
Verbandsleben Herausforderung Arbeitsmarkt Edith Nüssli, Redaktorin "der Weg" Eine gute Ausbildung, Hartnäckig- NHLWXQG:LGHUVWDQGVNUDIWVRZLH eine offene Kommunikation fördern die Stellenchancen von blinden und VHKEHKLQGHUWHQ0HQVFKHQ'LH,QWH gration in den Arbeitsmarkt gelingt jedoch nur, wenn Lösungen gefun- Vom Innendekorateur zum Kaufmann: den werden, dank denen Arbeitge- Silvio Derungs arbeitet seit diesem EHUXQG$UEHLWQHKPHUJHZLQQHQ Sommer auf einer Bank. Foto: zVg Seit knapp drei Jahren gilt für die Inva- denen Abklärungen entschied er sich lidenversicherung verstärkt der Grund- für eine kaufmännische Ausbildung. satz "Eingliederung vor Rente". Um Diese konnte er im Bürozentrum Sala- diesen umzusetzen, verfügt die IV bim absolvieren, das im Auftrag der IV über Instrumente wie Arbeitsvermitt- und der kantonalen Sozialämter zu- lung, Arbeitsversuch und Einarbei- ständig ist für die Eingliederung von tungszuschuss. Ferner übernimmt sie Menschen mit Beeinträchtigungen. Umschulungskosten. Der Einarbei- Die Berufsschule besuchte er in Ilanz, tungszuschuss soll es Unternehmen als einziger Blinder. erleichtern, Menschen mit Beeinträch- In seinem letzten Ausbildungsjahr tigungen einzustellen. arbeitete er zwei Tage pro Woche bei der Krankenkasse Vita Surselva. Nach hEHUHLQ3UDNWLNXP]XU)HVWDQVWHOOXQJ Abschluss der Lehre konnte er ein Einen solchen Einarbeitungszuschuss Praktikum von sechs Monaten an- beanspruchte die Raiffeisenbank Sur- schliessen. In dieser Zeit vermittelte eine selva, als sie sich nach umfangreichen Kollegin den Kontakt zur Raiffeisenbank. Abklärungen entschloss, den Kauf- Dem 30-Jährigen gefällt die Arbeit in der mann Silvio Derungs für ein halbjähri- Bank und seine Leistungen überzeugten ges Praktikum anzustellen. Der ehe- die Verantwortlichen, so dass er seit malige Innendekorateur erzählt: "Ich August unbefristet angestellt ist. konnte mir nie vorstellen, einmal im Die Integration forderte alle Beteiligten Büro zu arbeiten." Ein Berufswechsel heraus. Zusammenfassend hält Silvio wurde notwendig, weil der Bündner im Derungs fest: "Als blinde Person muss Januar 2008 von einem Moment auf ich mich tagtäglich beweisen." Wichtig den andern erblindete. Nach verschie- ist ihm eine offene Kommunikation im 25
Verbandsleben Team. Er sage, wann er welche Hilfe rin hätte ihr die Arbeit zugetraut und brauche, und ermutige seine Kollegin- sei überzeugt gewesen, dass es Lö- nen und Kollegen, alles zu fragen, was sungen gebe für Hürden, die mit der sie wissen müssten. Blindheit zusammenhängen. Der Anfang sei jedoch hart gewesen. Zwei Jahre auf Stellensuche Sie erinnert sich: "Niemand hat ge- Hartnäckigkeit und Widerstandskraft wusst, wie man mit einer blinden Per- brauchte Andrea Blaser Mühlhaupt. son umgeht." Geholfen habe ihre ex- Sie ist seit Geburt blind und hat erlebt, trovertierte Art. Sie habe erklärt, was dass es auch mit guter Ausbildung sie könne und was nicht. Ihre Blinden- schwierig sein kann, eine Stelle zu führhündin vereinfacht die Kontaktauf- finden. Nach dem Abschluss der nahme zu Klienten und Mitarbeiten- Schule für soziale Arbeit benötigte sie den. Für Notizen benutzt Andrea ganze zwei Jahre, um eine Stelle zu Blaser häufig eine Stenomaschine für finden. Die 46-Jährige gesteht: "Das Braille. Ferner lernt sie Vieles auswen- hat mich erschüttert." So startete sie dig, um keine Zeit beim Suchen von 1998 bei einer katholischen Pfarrei im Informationen zu verlieren. "Computer Kreis 4 in Zürich, obwohl die Stelle und elektronische Hilfsmittel haben nicht ihren Wünschen entsprach. vieles vereinfacht", stellt sie fest. Da- Glücklicherweise entpuppte sich die mals als Gymnasiastin habe sie noch Arbeit als interessanter als gedacht. viele Bücher in Braille geschleppt. Als sie nach zwölf Jahren kündigte, weil sie sich neu orientieren wollte, dauerte es wiederum ein ganzes Jahr, bis die mittlerweile dreifache Mutter eine neue Anstellung fand, trotz Wei- terbildung zur Sozialversicherungs- fachfrau und Unterrichtserfahrung. Blind sein ist auch eine Ressource Nach zwei Jahren als Televox-Redak- tionsleiterin fand sie im März 2012 erneut eine Stelle als Sozialarbeiterin, bei der Fachstelle Arbeitsintegration für Sozialhilfeempfangende im zürche- rischen Regensdorf. Die Chemie zwi- Die Sozialarbeiterin Andrea Blaser schen ihr und der zukünftigen Chefin Mühlhaupt hat erlebt, dass es auch hätte schon beim Vorstellungsge- mit guter Ausbildung schwierig sein spräch gestimmt. Die Abteilungsleite- kann, eine Stelle zu finden. Foto: zVg 26
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