Didaktik der Physik Frühjahrstagung - virtuell 2021 - PhyDid

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Didaktik der Physik Frühjahrstagung - virtuell 2021 - PhyDid
Didaktik der Physik
                                                                      Frühjahrstagung – virtuell 2021

                                       Das Stellarium Gornergrat
  Sascha Hohmann*, Stéphane Gschwind+, Andreas Müller+, Jeffrey Nordine*, Timm RiesenX

  *IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, +Université de Genève,
                                               X
                                                 Universität Bern
                                           hohmann@leibniz-ipn.de

       Kurzfassung
       Der Gornergrat in der Nähe des Matterhorns in der Schweiz ist einer der besten Standorte für ast-
       ronomische Forschung in Mitteleuropa. Bis 2010 wurde hier internationale Forschung betrieben,
       seitdem wird das Observatorium als pädagogisches robotisches Teleskop mit hervorragenden In-
       strumenten genutzt.
       Lehrende können für unterschiedliche Altersstufen über ein Webportal verschiedene pädagogische
       Aktivitäten buchen. Zu jeder Aktivität stehen Erläuterungen, Arbeitsblätter sowie Beobachtungs-
       aufträge zur Verfügung, die von den Lernenden selbstständig online gebucht und daraufhin vom
       Teleskop eigenständig aufgenommen werden können. Diese sind wenig später auf dem Portal ab-
       rufbar und können ausgewertet werden.
       In diesem Beitrag werden das Grundkonzept des Stellarium Gornergrat sowie einige Beispielakti-
       vitäten vorgestellt.

1. Einleitung                                             Mittlerweile gibt es mehrere Remote-Teleskope, die
Durch die flächendeckende Verfügbarkeit von               sich an Schulen und die Öffentlichkeit (Citizen Sci-
schnellem Internet – selbst an entlegenen Orten –         ence) richten – und das aus gutem Grund. Das hohe
bieten sich in der Astronomiedidaktik Möglichkei-         Interesse und damit einhergehend die motivierende
ten, die vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar           Wirkung von astronomischen und astrophysikali-
waren. Eine dieser Möglichkeiten ist der Einsatz von      schen Themen ist eindeutig belegt [4], es lohnt sich
Remote-Teleskopen, also ferngesteuerten oder sogar        also, derartige Themen im Unterricht einzubauen.
autonom arbeitenden Teleskopen, mit deren Hilfe           Gleichzeitig ermöglichen Remote-Teleskope die
sich aus dem Klassenzimmer eigene astronomische           Aufnahme von eigenen, wissenschaftlichen Daten
Bilder aufnehmen lassen.                                  und gleichzeitig das Arbeiten an echten wissen-
                                                          schaftlichen Problemen, was ebenfalls positive Ef-
Remote Teleskope sind im wissenschaftlichen Be-
                                                          fekte auf Motivation und Lerneffekte hat [5, 6].
reich schon seit langer Zeit üblich, da sie nicht auf
                                                          Gerade die Anreise zu den entlegenen Orten, an
die Anwesenheit des Forschenden am Standort des
                                                          denen die besten Beobachtungsbedingungen herr-
Teleskopes erfordern – je nach Teleskop ist entwe-
                                                          schen, ist mit einer ganzen Schulklasse aber auf-
der ein Techniker vor Ort oder das Teleskop arbeitet
                                                          wändig und teuer und damit in den meisten Fällen
vollständig autonom. Dies ermöglicht es, Teleskope
                                                          unmöglich, daher bieten sich Online-Lösungen dafür
an unzugänglichen Orten aufzustellen, da diese oft-
                                                          an.
mals die besten Beobachtungsbedingungen (wenig
Lichtverschmutzung, geringe Luftfeuchtigkeit, große       Gleichzeitig bieten diese Online-Lösungen einen
Höhe) bieten. Viele der besten Teleskope der Welt         Einblick in die Arbeit von Astronomen und Astro-
befinden sich daher in der Atacama-Wüste in Chile         physikern: Die wenigsten Wissenschaftler sind vor
[1], die Remote-Steuerung ermöglicht aber auch den        Ort, wenn ein Teleskop Bilder aufnimmt, sondern
Schritt aus der Atmosphäre in den Weltraum, wie           sie buchen Beobachtungszeit an einem Instrument,
das Hubble Space Telescope und andere Weltraum-           das sich eventuell am anderen Ende der Welt befin-
teleskope schon seit vielen Jahren eindrucksvoll          det – dies unterscheidet sich stark von der Vorstel-
beweisen (siehe [2] für eine detaillierte Beschrei-       lung vom Astronomen, der nachts durch sein Tele-
bung).                                                    skop die Sterne beobachtet.
Mit den neuen, über die ganze Welt verstreuten            Klar ist aber auch, dass ein Remote-Teleskop nicht
Teleskopen wurden in den Sternwarten Europas und          den eigenen Blick durch ein Teleskop ersetzen kann
Nordamerikas Kapazitäten frei, die teilweise zu           und soll. Damit die Schülerinnen und Schüler den
Bildungszwecken freigegeben wurden. Ein frühes            Prozess von der Bestellung eines Bildes über die
(aber noch bestehendes) Beispiel ist das berühmte         Aufnahme bis hin zur Bereitstellung nachvollziehen
Mt. Wilson Observatorium in Kalifornien, das im           können sollte dies zuvor im Unterricht besprochen
Jahr 1993 im Zuge des TIE-Projektes (Telescopes in        und eine eigene visuelle Beobachtung mit einem
Education) 36 Beobachtungsnächte zu Bildungs-             Teleskop vor Ort durchgeführt werden [7].
zwecken bereitstellte [3].

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Hohmann et al.

Abb. 1: Das Stellarium Gornergrat (linke Kuppel) mit dem Kulmhotel Gornergrat und mit Blick auf das Matterhorn. Foto: T.
Riesen, https://stellarium-gornergrat.ch/.

Um einen sinnstiftenden Einsatz der Remote-                    werden. Diese werden dann vom Teleskop automa-
Teleskope zu gewährleisten genügt es aber nicht, nur           tisch durchgeführt und anschließend zum Download
Bilder mit einem Teleskop aufzunehmen. Wesentli-               bereitgestellt. Zusätzlich zu reinen Beobachtungen
cher Bestandteil des Lernprozesses ist natürlich auch          stehen aber auch vollständig ausgearbeitete Aktivitä-
die Arbeit mit den aufgenommenen Daten. Da die                 ten für verschiedene Altersstufen – von der Grund-
Entwicklung entsprechender Aktivitäten zeitauf-                schule (ab etwa 8 Jahren) bis zum Ende der Schul-
wändig ist und auch ein vertieftes astronomisches              zeit – zur Verfügung. Diese beinhalten alle nötigen
Hintergrundwissen erfordert, kann dies nicht von               Informationen für Lehrende und Lernende, Arbeits-
allen Lehrkräften geleistet werden. Entsprechende              blätter, Aufgaben und natürlich die zugehörigen
Angebote sind demensprechend zentral für Remote-               Beobachtungsaufträge auf Deutsch und Französisch,
Teleskope im Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeits-             so dass das zuvor angesprochene geringe Angebot
bereich, wie es etwa beim englischsprachigen Faul-             erweitert wird. Für besonders interessierte Schüle-
kes    Telescope      Project    (http://www.faulkes-          rinnen und Schüler gibt es auch die Möglichkeit,
telescope.com/) der Fall ist. Im deutsch- und franzö-          Matura- bzw. Facharbeiten anzufertigen, wobei das
sischsprachigen Raum ist das Angebot von speziell              Stellarium die technische Unterstützung übernimmt,
zugeschnittenen Materialien nach unserem Kennt-                während die grundlegende Betreuung durch eine
nisstand deutlich geringer.                                    Lehrkraft erfolgt.
                                                               Für den Fall, dass Beobachtungen aufgrund des
2. Das Stellarium Gornergrat – Geschichte und
   Konzept                                                     Wetters oder technischer Probleme fehlschlagen
                                                               sollten, stehen für alle Aktivitäten archivierte Bilder
Seit den 1960er Jahren befindet sich auf dem Gor-              zur Verfügung. Das gesamte Angebot ist selbstver-
nergrat in der Südschweiz, ganz in der Nähe des                ständlich kostenlos, lediglich eine Registrierung im
Matterhorns und oberhalb von Zermatt, eine Stern-              Online-Portal ist notwendig.
warte. Hier wurde bis in die 2010er Jahre astronomi-
sche Spitzenforschung betrieben [8]. Durch die ho-             Standort                     Hauptaufgabe
he, abgeschiedene Lage bieten sich hervorragende               Universität Bern             Management und Tech-
Beobachtungsbedingungen – nur wenige Orte in                   (Schweiz)                    nik
Mitteleuropa weisen eine derart geringe Lichtver-              Universität Genf             Entwicklung pädagogi-
schmutzung in Kombination mit trockener Atmo-                  (Schweiz)                    scher Aktivitä-
sphäre auf. Trotzdem sind die Bedingungen in Chile                                          ten/Sequenzen
nochmals besser, so dass die astronomische For-                Hochschule für Technik       Software
schung am Gornergrat eingestellt wurde. Die Uni-               und Architektur Frei-
versitäten Bern und Genf wollten den Standort aber             burg (Schweiz)
nicht einfach aufgeben, so dass das Konzept des                Institut für die Pädago-     Entwicklung pädagogi-
Stellarium Gornergrat entwickelt wurde – des ersten            gik der Naturwissen-         scher Aktivitä-
Remote Teleskops der Schweiz, das nur zu Bil-                  schaften und Mathema-        ten/Sequenzen
dungs- und Öffentlichkeitsarbeitszwecken genutzt               tik (IPN) in Kiel
wird. 2017 wurde die Sternwarte in der linken Kup-             (Deutschland)
pel in Abbildung 1 in Betrieb genommen (siehe auch             Tab. 1: Hauptstandorte- und Aufgaben.
[9, 10]), mittlerweile sind hauptsächlich vier Stand-
orte daran beteiligt (siehe Tab. 1).                           Mehr als 2800 Buchungen im Jahr 2019 und mehr
                                                               als 2000 im Jahr 2020 (trotz Schulschließungen
Das Stellarium Gornergrat richtet sich dabei insbe-            wegen der Corona-Pandemie) zeigen, dass das Pro-
sondere an Schulen. Mithilfe des pädagogischen                 jekt bereits gut angenommen wird. Insgesamt ist
Portals auf der Website (https://stellarium-                   etwa die Hälfte der Buchungen erfolgreich, ein Vier-
gornergrat.ch/) können Beobachtungen gebucht                   tel der Nächte bietet perfekte Beobachtungsbedin-

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Das Stellarium Gornergrat

gungen (d.h. die gesamte Nacht ist praktisch wol-          Arbeitsblätter und zusätzlichen Informationen). Die
kenfrei).                                                  freien Beobachtungen sind also insbesondere bei
                                                           schulischen Ideen und Projekten geeignet, bei denen
3. Das Internetportal                                      eigene Bilder benötigt werden.
Ein zentraler Bestandteil des Stellarium Gornergrat        Wir sind immer an Projektideen, die auf freien Be-
ist das Internetportal, über das sämtliche Buchungen       obachtungen basieren, interessiert!
bequem erledigt werden können. Das Portal ist über
die Website erreichbar, im Anhang befinden sich                     Aktivität             Stufe       Status
einige Screenshots des Portals und des Buchungs-           Berge auf dem Mond              B/C         Fertig
vorgangs. Hier findet man eine Liste aller buchbaren       Das Einmaleins des                B         Fertig
Beobachtungen, unterteilt in drei Kategorien:              Nachthimmels
                                                           Der Krebsnebel                    C         Fertig
3.1. Pädagogische Aktivitäten
                                                           Die Phasen des Mondes             A         Fertig
Pädagogische Aktivitäten sind das Kernstück des            Die Wanderung der Sterne          A         Fertig
Stellarium Gornergrat. Hier findet man komplett            Jupiters Großer Roter           B/C         Fertig
ausgearbeitete Aktivitäten, die meistens zwischen          Fleck
zwei und vier Schulstunden füllen. Die Aktivitäten
                                                           Cepheiden                         D       In Arbeit
bestehen aus Lehrer- und Schülerdokumenten, die
                                                           Exoplaneten                       D       In Arbeit
teilweise noch um Zusatzdokumente ergänzt wer-
                                                           Parallaxe                         C       In Arbeit
den.
                                                           Tab. 2: Fertige und geplante Aktivitäten.
In den Lehrerdokumenten sind sowohl allgemeine
Informationen zu Lernzielen, Lernmethoden, veran-          3.3. Maturaarbeiten
schlagter Zeit und Schwierigkeitsstufe bzw. Voraus-        Am Stellarium können auch Matura- bzw. Fachar-
setzungen als auch Arbeitsblätter mit Lösungen             beiten angefertigt werden, die aber durch eine Lehr-
enthalten. Die Schülerdokumente enthalten die ent-         kraft an der eigenen Schule betreut werden. Die
sprechenden Arbeitsblätter ohne Lösung sowie In-           unter Maturaarbeiten gespeicherten Beobachtungen
formationen zu den Beobachtungsaufträgen.                  entstammen weitestgehend aus abgeschlossenen
Die Aktivitäten werden dabei in vier Schwierigkeits-       oder noch laufenden Arbeiten und bieten eine Orien-
stufen unterteilt, wobei bei jeder Aktivität die detail-   tierung, was am Stellarium möglich ist. Auf der
lierteren Voraussetzungen nochmals aufgelistet             Homepage findet sich unter dem Reiter „Matura“
werden:                                                    auch eine Auflistung bereits abgeschlossener Arbei-
     A. Allgemeine Öffentlichkeit und Kinder von           ten. Mögliche Themen sind etwa die Detektion von
          8 bis 15 Jahren (Primar- und Sekundarstufe       Exoplaneten, Distanzmessungen mit unterschiedli-
          I).    Es      sind     weder      physikali-    chen Methoden oder Astrofotografie mit einem
          sche/astronomische noch mathematische            Fokus auf Bildbearbeitung.
          Grundkenntnisse erforderlich.
                                                           4. Die Instrumente
     B. Kinder und Jugendliche von 13 bis 16 Jah-
          ren (Sekundarstufe I). Elementare Grundla-       Nicht jedes Teleskop eignet sich zur Beobachtung
          gen der Mathematik, Physik und Astrono-          von jedem Objekt, daher ist das Stellarium Gorner-
          mie sind erforderlich.                           grat mit einer Auswahl an Instrumenten (3 Telesko-
     C. Jugendliche von 16 bis 19 Jahren (Ende             pe, eine Spiegelreflexkamera für ausgedehnte Struk-
          Sekundarstufe I bis Sekundarstufe II). Es        turen und eine AllSky Kamera) ausgestattet. Diese
          werden komplexere Themen behandelt, die          ermöglichen die Beobachtung unterschiedlichster
          insbesondere einen höheren Mathematisie-         Objekte. Vier der fünf Instrumente können über das
          rungsgrad aufweisen. Auch physikalische          Internetportal angesteuert werden, eines ist für visu-
          und astronomische Grundlagen und Grund-          elle Beobachtungen vor Ort ausgerüstet. Die Tele-
          vorstellungen werden vorausgesetzt.              skope und die Spiegelreflexkamera sind an einer
     D. Besonders motivierte Jugendliche, spezielle        Hauptmontierung befestigt und können automatisch
          Astronomiekurse und Maturaarbeiten (Se-          mit verschiedenen Geschwindigkeiten nachgeführt
          kundarstufe II). Es werden komplexere, of-       werden, um längere Belichtungszeiten zu ermögli-
          fenere Probleme behandelt, die einen um-         chen.
          fangreichen mathematischen Apparat und
          fortgeschrittene Kenntnisse in Physik und
          Astronomie voraussetzen.
Es steht eine stetig wachsende Anzahl an Aktivitäten
zur Verfügung (siehe Tab. 2).
3.2. Freie Beobachtungen
Freie Beobachtungen ermöglichen die Buchung von
Bildern ohne weitere, zugehörige Dokumente (wie

                                                                                                              37
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4.1. Das DeepSky Teleskop                                   TAO 150 mit einer Öffnung von 150 Millimetern
Das größte Instrumente ist ein 60cm Riccardi Fast           und einer Brennweite von 1100 Millimetern (Abb.
Astrograph (RiFast) von Officina Stellare mit einer         4). In Kombination mit einer großen Auswahl an
Brennweite von 2280 Millimetern (siehe Abb. 2).             Okularen handelt es sich um einen guten Allrounder,
Mit ihm kann man insbesondere lichtschwache Ob-             auch wenn die visuelle Beobachtung nicht die
jekte wie Galaxien und Nebel abbilden (siehe z.B.           Hauptaufgabe des Stellarium Gornergrat ist.
Abb. 7), es ist aber auch zur Beobachtung ausge-            4.4. ConstellationCam
dehnter Objekte (etwa des Vollmondes) geeignet.             Für große, ausgedehnte Strukturen wie Sternbilder
Dank CCD Kamera und Filterrad (RGB und klar)                und Konstellationen steht die ConstellationCam zur
sind auch Farbaufnahmen möglich, zudem stehen               Verfügung (Abb. 3). Es handelt sich um eine Canon
diverse spezielle Filter (wie ein H-Alpha-Filter so-        60Da Spiegelreflexkamera mit einem Canon 24-105
wie Filter mit engen Durchlassbereichen) zur Verfü-         Millimeter Objektiv, geschützt von einem Gehäuse
gung.                                                       der Universität Bern.

                                                            Abb. 4: Das visuelle Teleskop und die ConstellationCam.
Abb. 2: Das RiFast-Teleskop. Credit: Stellarium Gorner-     Credit: Stellarium Gornergrat. Foto: T. Riesen,
grat.    Foto:      T.      Riesen,   https://stellarium-   https://stellarium-gornergrat.ch/instrumente/.
gornergrat.ch/instrumente/.
                                                            4.5. Die AllSky-Kamera
4.2. Der Planetenjäger
                                                            Außerhalb der Kuppel befindet sich das letzte In-
Die Beobachtung von Planeten erfordert ein deutlich
                                                            strument: Die AllSky-Kamera (Abb. 5). Hierbei
kleineres Sichtfeld – der Takashi Mewlon 250 Re-
                                                            handelt es sich um eine OMEA 8M Monochrome
flektor (Abb. 3) ist mit einem Sichtfeld von 1,5 mal
                                                            von Alcore, die mithilfe einer Fisheye-Linse den
2 Bogenminuten, einer Öffnung von 250 Millime-
                                                            gesamten Himmel abbilden kann (siehe Abb. 6).
tern und einer Brennweite von 3000 Millimetern
                                                            Anders als die übrigen Instrumente ist die AllSky-
perfekt dafür geeignet (siehe Abb. 3, unten links).
                                                            Kamera auch tagsüber aktiv, man kann also den
Mit dem Teleskop können aber auch einzelne Krater
                                                            Lauf der Sonne, aber auch der Sterne beobachten –
auf dem Mond abgelichtet werden. Die angeschlos-
                                                            oder einfach das Wetter überprüfen.
sene Kamera kann nicht nur Farbbilder, sondern
auch Videos aufnehmen.

Abb. 3: Der Planetenjäger mit einer Aufnahme von Jupi-
ter. Credit: Stellarium Gornergrat,. Foto: T. Riesen,       Abb. 5: Die AllSky-Kamera. Credit: Stellarium Gorner-
https://stellarium-gornergrat.ch/instrumente/.              grat.    Foto:      T.      Riesen, https://stellarium-
                                                            gornergrat.ch/instrumente/.
4.3. Visuelles Teleskop
Um auch bei Führungen eine Beobachtung zu er-               5. Beispielaktivitäten
möglichen steht ein visuelles Teleskop ohne ange-           Im Folgenden werden ein paar Beispielaktivitäten
schlossene Kamera zur Verfügung – ein Takashi               kurz vorgestellt. Detaillierte Informationen und

38
Didaktik der Physik Frühjahrstagung - virtuell 2021 - PhyDid
Das Stellarium Gornergrat

weitere Aktivitäten findet man entweder in den Do-       5.3. Berge auf dem Mond (Stufe C)
kumenten zur jeweiligen Aktivität auf der Homepa-        Mit älteren Schülerinnen und Schülern können auch
ge oder bei Ekström et al. [9] bzw. Gschwind et al.      mathematisch anspruchsvollere Themen behandelt
[10].                                                    werden. So kann beispielsweise mithilfe geometri-
5.1. Die Wanderung der Sterne (Stufe A)                  scher und trigonometrischer Methoden anhand ihrer
Die Wanderung der Sterne ist eine Aktivität, die sich    Schattenwürfe die Höhe von Bergen auf dem Mond
auch als Einstieg in die Astronomie anbietet. Mithil-    bestimmt werden (Abb. 8) – ähnlich der Methode,
fe der AllSky-Kamera wird der Nachthimmel in             wie Galileo es gemacht hat. Dies ist (auch) aus his-
regelmäßigen Abständen fotografiert, so dass die         torischen Gründen interessant, schließlich war die
Bewegung der Sterne infolge der Erdrotation sicht-       Erkenntnis, dass der Mond keine perfekte Kugel ist,
bar wird. Hierbei werden einige Grundlagen der           ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem
Astronomie gelegt: Die Schülerinnen und Schüler          modernen Weltbild.
lernen, wie Tag und Nacht entstehen, wieso sich
Sterne zu bewegen scheinen und auch, was zirkum-
polare Sterne sind.

Abb. 6: Aus mehreren Einzelaufnahmen überlagertes Bild
zur Wanderung der Sterne, aufgenommen mit der AllSky-
Kamera. Foto: S. Hohmann.

5.2. Galaxien-Zoo (Stufe B)
Für Lernende, die bereits ein paar Grundlagen der
Astronomie kennen, bietet sich beispielsweise die
Aktivität „Galaxien-Zoo“ an. Hier werden verschie-
dene Galaxientypen behandelt und reale Galaxien
werden diesen zugeordnet sowie nach der Hubble-
Sequenz klassifiziert. Diese Aktivität zeigt auch die
Leistungsfähigkeit des DeepSky-Teleskopes (Abb.
7).

                                                          Abb. 8: Bild des Halbmondes und geometrische Methode
                                                          zur Bestimmung der Höhe der Berge auf dem Mond. Foto:
                                                          J. Weder, untere Abb.: S. Hohmann.

Abb. 7: M81 und M82. Foto: M. Longhitano.

                                                                                                           39
Didaktik der Physik Frühjahrstagung - virtuell 2021 - PhyDid
Hohmann et al.

            Abb. 9: Nachweis des Exoplaneten Kelt-23 a mithilfe eines Transits (blaue Kurve) im Vergleich
            zu einigen Referenzsternen .Bild: Alexis Graf [13, S. 21].
5.4. Exoplaneten (in Arbeit, Stufe D)
                                                              6. Ausblick
Mit fortgeschrittenen Lernenden kann man sich mit
                                                              Für die Zukunft sind deutliche Erweiterungen des
aktueller Forschung beschäftigen – beispielsweise
                                                              Stellarium Gornergrat geplant. Es werden permanent
mit der Suche nach Planeten in anderen Sternensys-
                                                              neue Aktivitäten entwickelt und bereits bestehende
temen. Dies ist insbesondere bemerkenswert, da
                                                              Aktivitäten werden verbessert, zudem wird das An-
Exoplaneten die Voraussetzung für außerirdisches
                                                              gebot auf weitere Sprachen ausgedehnt (aktuell
Leben außerhalb des Sonnensystems sind, das ist
                                                              Deutsch und Französisch, geplant sind weiterhin
Platz 1 der Themen, die von Schülerinnen und Schü-
                                                              Italienisch und Englisch).
lern als interessant eingestuft werden [4]. Dazu
kommt, dass die erste Entdeckung eines Exoplane-              Aber nicht nur die Weiterentwicklung des Angebots
ten, der einen Hauptreihenstern umkreist, gerade              an einzelnen Aktivitäten ist angedacht, auch die
etwas mehr als 25 Jahre her ist (51 Pegasi b im Jahr          Verknüpfung der Aktivitäten untereinander soll
1995, [11]), die erste Entdeckung einer so genannten          verbessert werden. Es sind längere Sequenzen ge-
Supererde sogar nur 15 Jahre (Gliese 876 d im Jahr            plant, die aufeinander aufbauen. Unterschieden wer-
2005, [12]). Seitdem wurden mehr als 4000 Exopla-             den dabei längere Projekte, die sich über mehrere
neten entdeckt, die Suche nach weiteren Planeten ist          Wochen bis zu einem Halbjahr ziehen, und wieder-
nach wie vor aktuell.                                         kehrende kürzere Einheiten, bei denen in jedem
                                                              Schuljahr aufeinander aufbauende Aktivitäten mit
Die Suche nach Exoplaneten ist also ein hochaktuel-
                                                              ansteigendem Niveau behandelt werden.
les wissenschaftliches Thema – und am Stellarium
Gornergrat möglich. Eine entsprechende Aktivität ist          Speziell die Frage nach Lerneffekten, die über die
in Arbeit, als Maturaarbeit (Facharbeit) ist dies be-         rein astronomischen Inhalte hinausgehen, soll unter-
reits mehrfach erfolgreich durchgeführt worden                sucht werden, etwa in Hinblick auf das Verständnis
(Abb. 9).                                                     von Nature of Science oder der Scientific Literacy.

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Didaktik der Physik Frühjahrstagung - virtuell 2021 - PhyDid
Das Stellarium Gornergrat

Dafür bietet sich der Einsatz in Schülerlaboren wie          für Bildungszwecke. In: Astronomie und
der Kieler Forschungswerkstatt an.                           Raumfahrt im Unterricht
                                                        [11] Mayor, Michel und Queloz, Didier (1995): A
7. Zum Schluss…                                              Jupiter-Mass Companion to a Solar-Type Star.
Wir sind immer dankbar für Rückmeldungen über                In: Nature 378(6555), S. 355-359, DOI:
durchgeführte Aktivitäten. Was hat gut geklappt,             10.1038/378355a0
was weniger gut? Gab es Schwierigkeiten oder            [12] Rivera, Eugenio; Lissauer, Jack; Butler, Robert;
Missverständnisse? Wir freuen uns über jede Art              Marcy, Geoffry; Vogt, Steven; Fischer, Daniel;
von Feedback!                                                Brown, Thomas, Laughlin, Gregory und Henry,
                                                             Gregory (2005): A ~ 7.5 Earth-Mass Planet or-
8. Literatur                                                 biting the Nearby Star, GJ 876. In: Astrophysi-
[1] Jorda, Stefan (2018): Astronomie auf höchster            cal Journal, 634, S. 625-640, DOI:
     Ebene. In: Physik Journal, 17(12), S. 46-49             10.1086/491669
[2] Gomez, Edward; Fitzgerald, Michael (2017):          [13] Graf, Alexis (2020): Exkursion ins unbekannte
     Robotic Telescopes in Education. In: Astrono-           Bekannte. Nachweis eines Exoplaneten mithilfe
     mical Review, 13(1), S. 28-68, DOI:                     der Transitmethode. Maturaarbeit,
     10.1080/21672857.2017.1303264                           https://stellarium-gornergrat.ch/wp-
[3] Cohen, Jarrett (1997): Students as Astronomers.          con-
     Gaining a New Vision with the Mount Wilson              tent/uploads/2020_Maturaarbeit_Exoplaneten_
     Telescope. In: Insights, 2:                             Alexis-GRAF.pdf
     https://www.hq.nasa.gov/hpcc/insights/vol2/stu
     dents.htm                                          Danksagung
[4] Sjøberg, Svein, & Schreiner, Camilla (2010):        Ein besonderer Dank geht an Kathrin Altwegg, Hans
     The ROSE project: An overview and key fin-         Balsiger, Willy Benz, Erwin Flückiger, Kevin Heng,
     dings. Oslo, Norwegen: University of Oslo,         Didier Queloz und Stephane Udry für ihren Einsatz
     http://roseproject.no/                             für die (natur-)wissenschaftliche Bildung.
[5] Saavedra, Anna; Liu, Ying und Haderlein,            Weiterhin bedanken wir uns für die finanzielle Un-
     Shira Korn (2021): Knowledge in Action Effi-       terstützung durch den Schweizerischen National-
     cacy Study over two Years. CESR Report Se-         fonds (CRA-GI2_139898, CRAGP2_151518) und
     ries, Los Angeles, USA: University of Southern     die Ingrid-und-Wilfried-Kuhn-Stiftung für physika-
     California,                                        lische Bildung.
     https://cesr.usc.edu/KIA_publications
                                                        Ein besonderer Dank geht auch an unsere Sponso-
[6] Krajcik, Joseph; Schneider, Barbara; Miller,
                                                        ren: Dem Center for Space and Habitability der
     Emily; Chen, I-Chien, Bradford, Lydia, Bartz,
                                                        Universität Bern, der Naturwissenschaftlichen Fa-
     Kayla; Baker, Quinton; Palinscar, Annemarie;
                                                        kultät der Universität Genf, dem HFSJG, der Bur-
     Peek-Brown, Deborah und Codere, Susan
     (2021): Assessing the Effect of Project-Based      gergemeinde Zermatt, dem Astronomischen Institut
     Learning on Science Learning in Elementary         der Universität Bern, dem Space Research & Plane-
                                                        tary Sciences Institut der Universität Bern, dem
     Schools. Michigan, USA: Michigan State Uni-
                                                        Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der
     versity, https://mlpbl.open3d.science/techreport
[7] Slater, Timothy (2018): To Telesope or Not to       Wissenschaftlichen Forschung, der Akademie der
     Telescope? In: Fitzgerald, M. et al. (Hrsg.):      Naturwissenschaften Schweiz, dem Kulmhotel Gor-
     Robotic Telescopes, Student Research and           nergrat, dem Physiscope der Universität Genf sowie
     Education Proceedings, Vol. 1, No. 1, S. 40-45,    dem Verkehrshaus der Schweiz.
     DOI: 10.32374/rtsre.2017.004
[8] High Altitude Research Stations Jungfraujoch
     & Gornergrat (HFSJG),
     https://www.hfsjg.ch/de/gornergrat/geschichte/
[9] Ekström, Silvia; Frey, Jonas; Gschwind,
     Stéphane; Hohmann, Sascha; Müller, Andreas;
     Riesen, Timm-Emanuel; Ruffieux, Simon und
     Schlatter, Peter (2021): Stellarium Gornergrat –
     A Swiss Robotic Observatory for Education
     and Citizen Science. In: SPG Mitteilungen, 63,
     S. 36-41
[10] Gschwind, Stéphane; Hohmann, Sascha; Mül-
     ler, Andreas und Riesen, Timm-Emanuel (zur
     Veröffentlichung akzeptiert): Das Stellarium
     Gornergrat. Ein ferngesteuertes Observatorium

                                                                                                          41
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Hohmann et al.

Anhang

Abb. 10: Die Website des Stellarium Gornergrat,       Abb. 12: Auswahl des Beobachtungsobjektes und des
https://stellarium-gornergrat.ch/.                    Zeitpunkts,
                                                      https://stellarium-gornergrat.ch/portal/activity/14/book.

                                                      Abb. 13: Zusammenfassung des Beobachtungsauftrages,
                                                      https://stellarium-
                                                      gornergrat.ch/portal/booking/10814/resume.

Abb. 11: Auswahl der Aktivität, https://stellarium-
gornergrat.ch/portal/.

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