Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft - ANALYSE Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft durch die ...

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Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft - ANALYSE Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft durch die ...
ANALYSE
Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft
Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft
durch die Datenökonomie
Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft - ANALYSE Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft durch die ...
Impressum

Herausgeber
Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena)
Chausseestraße 128 a
10115 Berlin
Tel: +49 (0)30 66 777-0
Fax: +49 (0)30 66 777-699
E-Mail: info@dena.de
Internet: www.dena.de

Autoren:
Lukas Knüsel, dena
Philipp Richard, dena

Stand:
Juli 2022

Alle Rechte sind vorbehalten. Die Nutzung steht unter dem Zustimmungsvorbehalt der dena.

Bitte zitieren als:

Deutsche Energie-Agentur (Hrsg.) (dena, 2022) „Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft: Eine Analyse
der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft durch die Datenökonomie“
Analyse der WIK-Consult inkl. Einordnung der dena

                                                                     Analyse „Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft“
Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft - ANALYSE Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft durch die ...
1            Vorwort
Die Digitalisierung ist essenziell für die Umsetzung der Energiewende und der Erreichung der
Klimaschutzziele. Die zunehmende Dezentralisierung erfordert es, viele Millionen einzelne Anlagen und
Geräte mittels der Digitalisierung miteinander zu vernetzen und zu steuern. Die Digitalisierung ist dabei
alternativlos für die Transformation des Energiesystems. Damit die Digitalisierung einen Mehrwert für die
Energiewende stiften kann, müssen mehrere Aspekte der Digitalisierung berücksichtigt werden: Auf der
einen Seite wird physische Infrastruktur und Hardware zur Datenerfassung, -speicherung und -übertragung
benötigt. Auf der anderen Seite ist Software entscheidend für die Verarbeitung und Verwertung von Daten.

Dies zeigt bereits: Die Grundlage der Digitalisierung sind Daten. Ohne Daten gibt es keine Digitalisierung, die
zur Energiewende beitragen kann. Die Frage nach der Verfügbarkeit von Daten ist daher von entscheidender
Bedeutung. Es gibt schon viele Daten, jedoch sind diese oft nur sehr beschränkt zugänglich. Die mangelhafte
Verfügbarkeit von Daten verhindert dabei jedoch neue, innovative Lösungen für die Energiewende und
disruptive Geschäftsmodelle.

Die Thematik der Datenverfügbarkeit hat viele Dimensionen: Aus rechtlicher Sicht ist zu klären, welche Daten
unter welchen Bedingungen welchen Akteuren zur Verfügung gestellt werden können. Aus politischer Sicht
gilt es zu klären, wie ein Rahmen geschaffen werden kann, in dem die Bereitstellung von Daten attraktiver
wird. Aus ökonomischer Sicht muss ein betriebswirtschaftlicher Mehrwert durch die Bereitstellung von Daten
erkennbar werden.

Wir freuen uns eine Analyse veröffentlichen zu dürfen, die eine zentrale Fragestellung der Digitalisierung
adressiert: Wie kann es gelingen die Bereitstellung von Daten durch marktliche Anreize zu fördern? Die
Annahme ist hier, dass wenn Daten einen ökonomischen Wert erhalten, es für Marktakteure attraktiver wird,
ihre Daten anderen Akteuren bereitzustellen. Kurz: Die Datenökonomie stärkt die Digitalisierung und damit
auch die Energiewende.

Die Analyse, die im Rahmen des Projekts „Future Energy“ entstanden ist, beleuchtet daher die
„Datenökonomie in der Energiewirtschaft“. Diese Thematik verdient größte Aufmerksamkeit und stellt eine
wesentliche Säule der Energiewirtschaft der Zukunft dar.

Wir, als Future Energy Lab der Deutschen Energie-Agentur (dena), hoffen hierdurch eine wichtige Debatte
über die Rolle von Daten in der Energiewirtschaft anzustoßen und für die Thematik zu sensibilisieren. Wir
wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen.

Mit besten Grüßen

                                                           L. Knüsel
Philipp Richard                                            Lukas Knüsel

Bereichsleiter Digitale Technologien &                     Seniorexperte Digitale Technologien
Start-up Ökosystem
Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft - ANALYSE Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft durch die ...
2           Einordnung der Analyse
Die Bedeutung von Datenaustauschbeziehungen für die
Energiewirtschaft
Die Energiewirtschaft befindet sich bereits seit     jedoch der Grundstein für datengetriebene
Jahren in einer umfassenden Phase der                Geschäftsmodelle und werden vielfach als Basis
Veränderung. Die Liberalisierung des                 für den Erfolg selbiger vorausgesetzt. Für
Energiemarkts, die zunehmende Dezentralisierung      Unternehmen einer sich modernisierenden
und Integration von erneuerbaren Energien sowie      Energiebranche ist der Zugriff auf Daten, ähnlich
ambitionierte Ziele zur Dekarbonisierung erzeugen    wie in fast allen anderen Branchen, zunehmend
einen großen Veränderungsdruck. Weiterhin            unabdingbar, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und
verstärken die Verwerfungen des russischen           Produktivität zu halten oder gar zu steigern.
Krieges in der Ukraine die Notwendigkeit, das
Energiesystem noch schneller zu transformieren       Datenaustausch ist essenziell für den Erfolg der
und fossile Abhängigkeiten zu reduzieren. Die        Energiewende
Digitalisierung ist dabei trotz ihrer ganz eigenen
Herausforderungen essenziell für die                 Eine bessere Verfügbarkeit von Daten und das
Transformation der Energiewirtschaft. Eine           Auswerten großer Datenmengen mithilfe von
zentrale Thematik ist dabei bis heute jedoch nur     Algorithmen tragen zweifelsohne auch dazu bei,
unzureichend systematisch adressiert worden:         dass energie- und klimapolitische Ziele auf
Damit die Digitalisierung in allen Sektoren des      effizientere Art und Weise erreicht werden können.
Energiebereichs gelingen kann und auch das           Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine
Tempo aufnimmt, das wir vielfach von der             wird die Notwendigkeit, sich mit der Digitalisierung
Digitalisierung erwarten und für den Umbau des       und konkret der Dateninfrastruktur in der
Energiesystems auch benötigen, muss die Rolle        Energiewirtschaft auseinanderzusetzen noch
von Daten, Dateninfrastrukturen und fairen           größer, da die Unabhängigkeit von Öl, Kohle und
Austauschbeziehungen von Daten unter den             Gas noch schneller erfolgen muss und
Akteuren zu einem zentralen Fokus der                entsprechend ein integriertes Energiesystem mit
kommenden Jahre werden.                              großen Anteilen an erneuerbaren Energien sehr
                                                     zeitnah in die Realität umzusetzen ist. Ohne eine
Ein wesentliches Hemmnis der Digitalisierung         in der Breite der Akteure bessere
besteht demnach nicht in der bloßen Generierung      Datenverfügbarkeit, die teil- und vollautomatische
oder Nutzung von Daten, sondern vielmehr in der      Steuerungssysteme zuverlässig, sicher und
mangelnden Verfügbarkeit von Daten zur richtigen     geschützt ermöglicht, kann es der
Zeit und in der richtigen Qualität beim richtigen    Energiewirtschaft letztlich nicht gelingen, die
Akteur. Daten müssen generiert, (vor-)verarbeitet,   Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu
ausgetauscht und analysiert werden, damit diese      bewältigen.
einen Nutzen bringen können. Doch selbst wenn
Daten existieren, ist der Zugang zu diesen in der
Regel zunächst einmal (nachvollziehbarerweise)
auf deren Urheber beschränkt. Daten sind zudem

                                                                  Analyse „Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft“
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Dem Status quo zum Datenaustausch fehlen die          der Branche. Abhängig vom spezifischen
Anreize für einen nachhaltigen Wert der Daten         Anwendungsfall ergeben sich dadurch jedoch sehr
                                                      unterschiedliche Erfordernisse im Hinblick auf die
Die Dringlichkeit, sich mit Daten und deren           damit verbundene technische Konzeption und die
Austausch bzw. Verfügbarkeit                          Governanceprinzipien. Die zahlreichen
auseinanderzusetzen, ist entsprechend hoch.           diskutierten Ansätze wie Datenplattformen,
Gegenwärtig ist es so, dass Daten in der              Datentreuhänder, Datenräume und
Energiewirtschaft in der Regel dann ausgetauscht      Datenmarktplätze zeugen dabei von der
werden, wenn es regulatorische Vorgaben               Komplexität und Notwendigkeit geeigneter
diesbezüglich nötig machen bzw. vorschreiben. In      Infrastrukturen für den Datenaustausch.
diesem Zusammenhang ist primär die
Marktkommunikation zu nennen. Diese erfordert         Diese Infrastrukturen müssen dabei verschiedene
den Austausch und die Bereitstellung einer Vielzahl   Kriterien erfüllen, damit sie von
an Informationen, jedoch dient dieser                 energiewirtschaftlichen Akteuren angenommen
Datenaustausch weitestgehend dem Zweck, das           werden. Dazu zählen maßgeblich Kriterien wie
bestehende System mit all seinen Prozessen zu         Datenschutz, Datensicherheit und
unterstützen und aufrechtzuerhalten. Es wird über     Datensouveränität sowie Interoperabilität. Es ist zu
diesen Weg jedoch nicht möglich sein das              vermuten, dass eine geeignete Dateninfrastruktur
Potenzial dieser Daten nachhaltig für die Zukunft     nicht durch eine unternehmerische Initiative allein
der Energiewirtschaft zu heben. Viel                  entstehen wird, da es schwierig sein wird, das
entscheidender wird daher die Frage sein, wie ein     nötige Vertrauen zu schaffen, welches für den
Rahmen geschaffen und ausgestaltet werden kann,       energiewirtschaftlichen Datenaustausch
der die richtigen Anreize setzt, um den               unabdingbar ist. Hingegen erscheinen öffentlich
Datenaustausch über die Marktkommunikation            geförderte Projekte wie beispielsweise die
hinaus zu ermöglichen und attraktiv zu machen.        europäische Initiative „GAIA-X“ zielführender, um
Dabei sollte über die klassischen                     eine sektorenübergreifende Dateninfrastruktur zu
Geschäftsprozesse hinausgehend die Generierung        errichten, weil aufgrund der bestehenden
von datengetriebenen Mehrwerten im Vordergrund        Transparenz, der Mitgestaltungsmöglichkeiten und
stehen.                                               klarer Prinzipien die beteiligten Akteure eher
                                                      Vertrauen aufbauen können.
Wie die Stärkung des (energiewirtschaftlichen)
Datenaustauschs gelingen kann                         Zweitens ist es wichtig, dass über alle Sektoren der
                                                      Branche hinweg Wege gefunden werden, Daten
Die Generierung von Mehrwerten hängt                  einen nachvollziehbaren Wert zuzuschreiben, der
maßgeblich davon ab, ob die beteiligten Akteure       z. B. von der Qualität des Datensatzes abhängig ist,
einen wirtschaftlichen Vorteil aus der                zeitlich variieren kann und auch über seine
Bereitstellung von Daten ziehen können.               Knappheit einen Preisparameter erfahren könnte.
Diesbezüglich sind zwei wesentliche Aspekte zu        Bereits heute werden im Energiesektor von vielen
berücksichtigen:                                      verschiedenen Akteuren Unmengen an Daten
                                                      generiert, jedoch ist deren Wert für das jeweilige
Erstens muss eine digitale Infrastruktur verfügbar    Unternehmen kaum oder gar nicht zu
sein, die den Datenaustausch ermöglicht und           quantifizieren. In diesem Kontext kann daher das
fördert. Es existieren dabei verschiedene Optionen,   Konzept der Datenökonomie einen wesentlichen
wie ein solcher Datenaustausch infrastrukturell       Beitrag leisten. Der marktwirtschaftlich-
umgesetzt werden kann und schon seit mehreren         incentivierte Austausch von Daten (in Abgrenzung
Jahren kursiert diesbezüglich der Ruf nach            z. B. zur regulatorisch-bedingten
geeigneten Infrastrukturen zum Datenaustausch in

                                                                   Analyse „Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft“
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Marktkommunikation) kann somit einen                   werden können, sind Daten aus dem regulierten
erheblichen Mehrwert für die Digitalisierung der       Bereich (z. B. Netzdaten) nur begrenzt für den
Energiewirtschaft leisten. Eine solche                 Austausch geeignet.
(energiewirtschaftliche) Datenökonomie würde es
erlauben, dass Unternehmen wirtschaftliche             Die Heterogenität der energiewirtschaftlichen
Anreize erhalten, ihre Daten anderen Akteuren          Datenlandschaft ist eine weitere zentrale
bereitzustellen, anstatt diese Daten in                Herausforderung. Geräte, Anwendungen und
firmeneigenen Datensilos einzubehalten. Die            Geschäftsmodelle werden vermehrt auf ihre
Etablierung eines derartigen Mechanismus ist           jeweilige spezifische Anwendungsumgebung
essenziell, um die Digitalisierung in der              optimiert, jedoch entstehen dadurch auch immer
Energiewirtschaft mit den Kräften des Marktes          mehr inkompatible Insellösungen. Damit die
wesentlich zu beschleunigen. Parallel kann damit       Umsetzung der Digitalisierung der
die Basis geschaffen werden, um der                    Energiewirtschaft gelingen kann, muss jedoch
Notwendigkeit nachzukommen, Datensätze zu              auch ein umfassendes Zielbild für die Förderung
standardisieren. Datensätze, die in ihrer              von Datenaustauschbeziehungen im Energiesektor
aufbereiteten Form (standardisierte Form) von          entwickelt werden. Ein solches
mehreren Akteuren genutzt werden können,               sektorenübergreifendes Zielbild erlaubt ein
sollten einen höheren Wert zugemessen                  kohärentes Zusammenwachsen der vielen
bekommen. Das würde dazu beitragen, dass die           verschiedenen Datenbestände und der
Marktakteure ein eigenes Interesse haben, die          dazugehörigen Infrastrukturen.
Daten so aufzubereiten, dass sie effektiv von
anderen Parteien genutzt werden können.                Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die
                                                       richtigen Bedingungen geschaffen werden müssen,
Herausforderungen des Datenaustauschs                  damit Marktakteure bereit sind, Daten über
                                                       regulatorische Vorgaben hinaus miteinander
Es besteht in der Regel ein Konflikt zwischen einem    auszutauschen. Dazu muss grundsätzlich eine
Geheimhaltungsinteresse des Datenbesitzers auf         digitale Infrastruktur bereitstehen, die Aspekte an
der einen Seite und einem übergeordneten               Datensouveränität und -sicherheit sowie
Informationsinteresse der Volkswirtschaft, das sich    Interoperabilität ermöglicht und sicherstellt.
aus der Bereitstellung dieser Daten ergeben kann.      Weiterhin muss es wirtschaftlich und strategisch
Ein markt-getriebener Austausch von Daten im           sinnvoll sein, Daten auszutauschen, was nur
Sinne einer Datenökonomie kann dabei helfen,           möglich ist, wenn die Kosten der
diesen Konflikt beizulegen, wobei jedoch darauf zu     Datengenerierung, -verarbeitung und
achten ist, dass bei der Ausgestaltung des             -bereitstellung geringer sind als die zu
datenökonomischen Rahmens selbst gewisse               erwartenden Mehrwerte. Aus diesem Grund ist es
Kriterien wie z. B. Fairness, Effizienz und niedrige   von oberster Bedeutung, einen geeigneten
Transaktionskosten eingehalten werden.                 Rahmen für die Energiewirtschaft zu gestalten, der
                                                       Anreize zur Schaffung einer Datenökonomie
Die Energiewirtschaft steht vor besonderen             ermöglicht.
Herausforderungen, wenn es um den Austausch
von Daten geht. Im Vergleich zu anderen
Wirtschaftssektoren existieren z. B. für den
Umgang mit manchen (nicht-personenbezogenen)
Daten höhere Anforderungen (besonders wenn es
um kritische Infrastruktur geht). Während Daten
aus dem wettbewerblichen Bereich grundsätzlich
leichter mit anderen Akteuren ausgetauscht

                                                                   Analyse „Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft“
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Die politische Dimension von Daten und Dateninfrastrukturen
Daten, Dateninfrastrukturen und                        Besonderen zu setzen. Vordergründig besteht
Datenaustauschmöglichkeiten haben auch eine            daher die Herausforderung in der Übernahme bzw.
bedeutsame politische Dimension. Die vermehrte         Anpassung europäischen Rechts auf Deutschland.
Abhängigkeit von außereuropäischen                     Die Bundesregierung hat sich in ihrem
Dateninfrastrukturen lässt den Handlungsdruck          Koalitionsvertrag ambitionierte Ziele gesetzt, die
aufseiten der Politik und der                          schnelles und tatkräftiges Handeln erfordern.
Regulierungsbehörden anwachsen. Auf
europäischer Ebene wurde z. B. erkannt, dass           Hinsichtlich der Förderung der digitalen
Daten und die dazugehörigen Infrastrukturen für        Infrastruktur ist u. a. geplant, Glasfaser
die wirtschaftliche Produktivität und die digitale     auszubauen, Open Access zu fördern und
Souveränität Europas entscheidend sind.                Genehmigungsverfahren zu vereinfachen.
                                                       Weiterhin sollen in den Bereichen der digitalen
Die Digitalpolitik der Europäischen Union              Schlüsseltechnologien und der digitalen Wirtschaft
                                                       Fortschritte erzielt werden. Für die vorliegende
Aus diesem Grund hat die Europäische Union             Thematik ist insbesondere die Zielsetzung im
bereits viele wichtige Eckpfeiler zur Regulierung      Bereich Daten und Datenrecht von Relevanz: Es
der Digitalökonomie vorangebracht. Die                 sollen die Potenziale von Daten gehoben werden,
Datenschutz-Grundverordnung ist schon seit             d. h. vor allen Dingen die Unterstützung von
einigen Jahren in Kraft. Kürzlich wurden zwei          Dateninfrastrukturen jeglicher Art zu stärken. Der
weitere zentrale Meilensteine erreicht: Der „Digital   Zugang zu Daten soll verbessert werden, um
Markets Act“ soll dabei große Plattformen der          innovative Geschäftsmodelle und soziale
Digitalwirtschaft (sog. „Gatekeeper“) regulieren       Innovationen zu fördern. Neben anderen Punkten
und einhegen. Der „Digital Services Act“ soll die      soll diesbezüglich auch ein Dateninstitut
Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern           aufgebaut, ein Datengesetz verabschiedet und
im Internet stärken. Der „EU Data Act“                 Open Data im Allgemeinen gefördert werden.
beabsichtigt, Datenmonopole in allen
Wirtschaftsbereichen zu vermeiden und                  Bis Ende Mai 2022 lässt sich jedoch konstatieren,
einzuschränken. Weiterhin sind neue                    dass die Bundesregierung im Bereich der Daten-
Regulierungen für den Umgang mit künstlicher           und Digitalpolitik noch viele Herausforderungen zu
Intelligenz (wie dem „Artificial Intelligence Act“)    überwinden hat. Die Bedeutung der Daten- und
geplant. Die Europäische Kommission hat aus            Digitalpolitik für die Transformation des
diesem Grund zudem die „Digitale Dekade“ in            Energiesystems sollte dabei jedoch nicht
Europa ausgerufen, eine übergeordnete Vision zur       übersehen werden. Insgesamt gibt es derzeit noch
Gestaltung einer „menschengerechten digitalen          zu wenige Projekte, die den Nutzen von
Zukunft“.                                              Dateninfrastrukturen (wie Plattformen und
                                                       Datenräumen) in der Energiewirtschaft erproben.
Die Digitalpolitik in Deutschland                      Das Projekt „Gaia-X“ ist dabei eines der Vorhaben,
                                                       das von großer Bedeutsamkeit für die europäische
Während auf der europäischen Ebene wesentliche         und deutsche Dateninfrastruktur und deren
Fortschritte im Bereich der Regulierung zu             Datenökosystem ist. Projekte dieser Art sind von
verzeichnen sind, hat die Bundesregierung noch         strategischer Bedeutung für die Digitalisierung der
einen längeren Weg vor sich, um einen geeigneten       Energiewirtschaft und sollten im Idealfall durch die
Rahmen für die Daten- und Digitalökonomie im           Bundesregierung gefördert werden. Aktuell führt
Allgemeinen und in der Energiewirtschaft im            die dena in diesem Kontext ein Pilotprojekt zur

                                                                    Analyse „Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft“
Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft - ANALYSE Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft durch die ...
Realisierung eines Energiedatenraums durch (das        Zu guter Letzt ist es essenziell für die
Projekt „Energy Data Space“), welches durch das        Digitalisierung in der Energiewirtschaft (aber auch
(damalige) Bundesministerium für Wirtschaft und        darüber hinaus), dass Anreize für die Schaffung
Energie (BMWi) beauftragt wurde.                       einer Datenökonomie geschaffen werden. Die
                                                       Politik kann hier wesentliche Impulse setzen,
Die Digitalpolitik von heute legt das Fundament        damit Marktakteure Daten zunehmend als
für die Datenökonomie von morgen                       WertschöpfungsPotenzial begreifen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die                  Sofern die Marktakteure den Wert von Daten nicht
Notwendigkeit, die Rolle von Daten und                 erkennen, kann die Datenökonomie sich nicht
Dateninfrastrukturen auf politischer Ebene zu          entfalten und damit würde ein wesentlicher
adressieren, wurde prinzipiell durch die               Treiber der Digitalisierung ungenutzt bleiben. Die
europäische und deutsche Politik erkannt.              Förderung der Datenökonomie sollte daher eine
Zukünftig wird es jedoch essenziell sein, diese        sehr hohe Priorität vonseiten der Politik und der
Themen weiterhin zu priorisieren und zugleich          Regulierungsbehörden beigemessen werden.
Förderungen für konkrete Pilotprojekte
aufzusetzen.

Die Analyse „Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft“

Hintergrund der Analyse                                Analyse leistet einen wichtigen und hochaktuellen
                                                       Beitrag zur Rolle von Datenaustauschbeziehungen
Die Deutsche Energie-Agentur (dena) beschäftigt        in der Energiewirtschaft. Wie bereits zuvor
sich bereits seit einigen Jahren mit der Rolle der     dargelegt, besteht ein großer Handlungsdruck
Digitalisierung für die Energiewirtschaft. Zu diesem   hinsichtlich dieser Thematik. Bevor Entscheider
Zweck wurde 2021 u. a. auch das Future Energy          aus Politik und Energiewirtschaft die in der Analyse
Lab ins Leben gerufen: eine virtuelle und physische    skizzierten Schritte hin zu einer zukunftssicheren
Austauschplattform mit dem Ziel, innovative            Dateninfrastruktur und -ökonomie beschreiten
digitale Technologien für die Energiewirtschaft der    können, gilt es zunächst auch wesentliche
Zukunft zu erforschen, zu diskutieren, zu              konzeptionelle Kenntnisse zu vermitteln, die den
demonstrieren und zu erproben. Das (damalige)          Datenbegriff und die Digitalisierung selbst deutlich
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie           griffiger machen.
(BMWi) beauftragte die dena 2019 u. a. mit dem
Gesamtprojekt „Digitale Technologien für das           Die Inhalte der Analyse
Energiesystem der Zukunft“ (auch „Future
Energy“-Projekt genannt). Ein Strang des „Future       Dazu werden die Grundlagen von Daten,
Energy“-Projekts mit dem Titel                         Möglichkeiten von Datenaustauschbeziehungen
„Datenbereitstellung für die Energiewende“ sieht       (insbesondere bezüglich Datenplattformen) und
unter anderem vor, sich der Thematik des               der Datenökonomie auf umfassende Weise
energiewirtschaftlichen Datenaustauschs zu             dargelegt. Eine solche begriffliche Klärung ist
widmen. Die vorliegende Analyse ist Teil dieses        eingangs notwendig, um eine zielgerichtete
Projektstrangs. Die Analyse wurde von der dena in      Debatte hinsichtlich dieser Thematik führen zu
Auftrag gegeben und begleitet. Die WIK-Consult         können.
GmbH wurde mit der Erstellung der Analyse
beauftragt. Die Publikation vertritt dabei die         Im Hauptteil der Analyse wird der Status Quo von
Meinung des Erstellers der Analyse. Die erstellte      Daten und der Datenökonomie in der
                                                       Energiewirtschaft analysiert. Hierbei werden die

                                                                    Analyse „Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft“
Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft - ANALYSE Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft durch die ...
wesentlichen Aspekte der energiewirtschaftlichen       Wichtigkeit ist. Wir hoffen, dadurch einen weiteren
Datenlandschaft adressiert. Es werden                  Baustein für die Zukunft der Energiewirtschaft und
Rahmenbedingungen, Faktoren und Prozesse               die Umsetzung der Energiewende gelegt zu haben.
berücksichtigt, die einen Einfluss auf Daten,
Dateninfrastrukturen und Datenaustauschprozesse
in der Energiewirtschaft ausüben. Im Zuge dessen
werden auch bestehende Datenplattformen und
-infrastrukturen (wie GAIA-X) dargestellt.

Ein weiterer Teil der Analyse widmet sich den
Anreizen und Herausforderungen einer
potenziellen Datenökonomie in der
Energiewirtschaft. Es werden in diesem Rahmen
verschiedene Regulierungsgrade im Hinblick auf
Daten differenziert und Spannungsfelder
beschrieben.

Im letzten Teil wird der Weg in die Zukunft
aufgezeigt: Es wird skizziert, wie zukunftsträchtige
Dateninfrastrukturen und die Datenökonomie als
solche realisiert werden können. Dabei ist neben
der Entwicklung eines übergreifenden Zielbilds
auch die Umsetzung von konkreten Pilotprojekten
in den Vordergrund zu rücken.

Die Relevanz der Analyse

Die vorliegende Analyse soll dabei auf dreierlei
Weise zur weiteren Debatte beitragen: Erstens
sollen konzeptionelle Kenntnisse vermittelt
werden. Zweitens soll der Stand der Dinge in der
Energiewirtschaft dargestellt werden. Drittens soll
aufgezeigt werden, was notwendig ist, um das
Potenzial von Daten für die Energiewirtschaft
bestmöglich im Sinne der Datenökonomie
auszuschöpfen.

Die Analyse richtet sich primär an Entscheider aus
der Politik, der Regulierungsbehörden und der
Energiewirtschaft. Weiterhin soll die Analyse die
Komplexität der Thematik einem breiteren
Publikum aus der Fachöffentlichkeit und der
allgemeinen Öffentlichkeit vermitteln. Sie
erscheint zu einer Zeit, in der eine Weichenstellung
im Hinblick auf Daten und Dateninfrastrukturen in
der Wirtschaft im Allgemeinen und in der
Energiewirtschaft im Besonderen von höchster

                                                                    Analyse „Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft“
Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft - ANALYSE Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der Energiewirtschaft durch die ...
WIK-Consult GmbH
Eine Analyse für die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena)

Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft
Eine Analyse der Ausgangslage und Wege in die Zukunft der
Energiewirtschaft durch die Datenökonomie

            Autoren:

            Dr. Bernd Sörries
            Dr. Marcus Stronzik
            Prof. Dr. Michael Laskowski
            Dr. Lukas Wiewiorra
            Dr. Nico Steffen

            Bad Honnef, Januar 2022
Impressum
WIK-Consult GmbH
Rhöndorfer Str. 68
53604 Bad Honnef
Deutschland
Tel.:   +49 2224 9225-0
Fax:    +49 2224 9225-63
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www.wik-consult.com

Vertretungs- und zeichnungsberechtigte Personen

Geschäftsführerin                     Dr. Cara Schwarz-Schilling

Direktor                              Alex Kalevi Dieke

Direktor
Abteilungsleiter
Netze und Kosten                      Dr. Thomas Plückebaum

Direktor
Abteilungsleiter
Regulierung und Wettbewerb            Dr. Bernd Sörries

Leiter der Verwaltung                 Karl-Hubert Strüver

Vorsitzende des Aufsichtsrates        Dr. Daniela Brönstrup

Handelsregister                       Amtsgericht Siegburg, HRB 7043

Steuer-Nr.                            222/5751/0926

Umsatzsteueridentifikations-Nr.       DE 329 763 261
Studie für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft         I

Inhaltsverzeichnis

Abbildungen                                                                                III

Tabellen                                                                                   III

1 Einleitung                                                                                1

2 Der Aufbau des Gutachtens                                                                 3

3 Grundlagen einer Datenökonomie                                                            3

  3.1 Datenökonomie                                                                         4

  3.2 Daten, Innovation & Datenaustausch                                                    6

  3.3 Relevanz von Datenplattformen                                                        10

      3.3.1 Definition des Plattformbegriffs                                               10

      3.3.2 Beispiele für Datenplattformen                                                 12

      3.3.3 Funktionen und Strukturen von Plattformen                                      15

4 Energiewirtschaft und Entwicklung einer Datenökonomie: Status quo                        20

  4.1 Strukturprägende Faktoren in der Energiewirtschaft                                   20

      4.1.1 Struktur des Marktes und Homogenität von Datenbeständen                        20

      4.1.2 Energiewende und Datenökonomie                                                 22

  4.2 Marktrollen und Marktkommunikation in der Energiewirtschaft                          23

  4.3 Energienetze als kritische Infrastrukturen                                           27

  4.4 Transformation von Geschäftsmodellen                                                 28

  4.5 Bestehende Datenplattformen in der Energiewirtschaft                                 30

  4.6 Neuere Entwicklungen in der Energiewirtschaft am Beispiel von GAIA-X                 32

      4.6.1 Die Architektur von GAIA-X                                                     33

      4.6.2 Use-Cases der Energiewirtschaft im Rahmen von GAIA-X                           36

      4.6.3 Zwischenfazit GAIA-X                                                           37

  4.7 Spannungsfelder                                                                      38

      4.7.1 Marktstruktur und Datenplattform                                               38

      4.7.2 Parallelität von Anwendungen im wettbewerblichen und regulierten
               Bereich                                                                     39

      4.7.3 Kopplung von Sektoren                                                          39

      4.7.4 Kritikalität                                                                   40

      4.7.5 Organisatorische Veränderungsprozesse                                          40
II                     Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft

5 Anreize und Herausforderungen der Datenökonomie in der Energiewirtschaft                40

     5.1 Ausgangslage von potentiellen datenbasierten Anwendungen am Netzanschluss        42

     5.2 Datengetriebene Geschäftsmodelle, Anreize und Netzwerkeffekte                    44

         5.2.1 Datenanwendungen im regulierten Bereich                                    46

         5.2.2 Datenanwendungen im wettbewerblichen Bereich                               46

         5.2.3 Datenanwendungen im hybriden Bereich                                       47

     5.3 Ressourcen und infrastrukturelle Herausforderungen                               48

     5.4 Förderung der Datenökonomie durch exogene Faktoren                               49

6 Ableitung zur Entwicklung einer Datenökonomie in der Energiewirtschaft                  50

     6.1 Entwicklung eines übergreifenden Zielbildes als erster Strang der
         Doppelstrategie                                                                  50

         6.1.1 Informationstechnische Aspekte des Datenaustauschs                         52

         6.1.2 Finanzielle Ressourcen                                                     53

     6.2 Anwendungsbeispiele als zweiter Bestandteil der Doppelstrategie                  54

         6.2.1 Use-Case: Aufbau eines Datenraumes der Energiewirtschaft                   55

         6.2.2 Use-Case: Entwicklung von Predictive-Maintenance-Applikationen             59

         6.2.3 Use-Case: Herstellung von lokalen Energiemärkten                           61

         6.2.4 Use-Case: Betrieb von E-Ladesäulen                                         64

7 Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen                           68

     7.1 Zusammenfassende Betrachtung                                                     68

         7.1.1 Inputfaktoren einer sektoralen Datenökonomie                               68

         7.1.2 Status quo                                                                 69

         7.1.3 Entwicklungen hin zu einer sektoralen Datenökonomie: Voraussetzungen
                und Herausforderungen                                                     70

     7.2 Schlussfolgerung                                                                 72

     7.3 Handlungsempfehlungen                                                            73

Literaturverzeichnis                                                                      77
Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft   III

Abbildungen

Abbildung 3-1:   Nutzer- und Monetarisierungs-Feedback-Schleifen                        5

Abbildung 3-2:   Datenplattform ATLAS                                                   13

Abbildung 4-1:   Klassische Wertschöpfungskette der Energiewirtschaft                   21

Abbildung 4-2:   Zentrale Rolle der Netzbetreiber beim Datenaustausch                   25

Abbildung 4-3:   Kommunikationsprozesse                                                 26

Abbildung 4-4:   Klassifizierung von Geschäftsmodellen                                  29

Abbildung 4-5:   Aufbau des GAIA-X-Ökosystems                                           34

Abbildung 5-1:   Umfeldfaktoren von Daten                                               41

Abbildung 5-2:   Klassifizierung datengetriebener Geschäftsmodelle                      45

Abbildung 6-1:   Veranschaulichung eines Datenraumes (Data-Space) am Beispiel
                 Mobilität                                                              56

Abbildung 6-2:   Datenaustausch beim kollaborativen Qualitätsmanagement von
                 Fahrzeugbatterien                                                      58

Abbildung 6-3:   Predictive Maintenance                                                 59

Abbildung 6-4:   Abbildung eines lokalen Energiemarktplatzes                            62

Abbildung 6-5:   Betrieb von E-Ladesäulen                                               66

Abbildung 7-1:   Parameter mit Einfluss auf die Etablierung einer Datenökonomie         74

Tabellen

Tabelle 3-1:     Funktionen von Data-Sharing-Plattformen                                15

Tabelle 3-2:     Taxonomie zur Klassifikation von Datenplattformen                      19

Tabelle 4-1:     Marktakteure und Marktrollen                                           24

Tabelle 4-2:     Öffentliche Datenplattformen in der deutschen Energiewirtschaft        31
Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft         1

1     Einleitung

Die Digitalisierung als Megatrend moderner Gesellschaften 1 führt in wirtschaftlichen,
öffentlichen und privaten Bereichen dazu, dass immer größere Mengen
unterschiedlichster Daten erhoben, übertragen und verarbeitet werden. Es wird erwartet,
dass sich zwischen dem Jahr 2018 bis zum Jahr 2026 der Umfang an Daten
verfünffacht. 2 Mit der steigenden Verfügbarkeit an Daten, die ganz maßgeblich aus der
Vernetzung von Dingen im (industriellen) Internet der Dinge resultiert, sehen immer mehr
Unternehmen die Chance, Daten für innovative Anwendungen zu verwenden. Daten
werden so zu einer neuen Ressource und ein Schlüsselfaktor für das Wachstum der
gesamten Volkswirtschaft. Damit rücken verstärkt datengetriebene Geschäftsmodelle
sowie deren Voraussetzungen und Erfolgschancen in den wirtschaftlichen,
wissenschaftlichen und politischen Diskurs. 3

Gleichzeitig findet der Begriff der Datenökonomie verstärkt Eingang in Diskussionen.
Unter Datenökonomie können vereinfacht sämtliche Aktivitäten unter Verwendung von
Daten verstanden werden. 4 Nach diesem Verständnis sind datenzentrierte
Geschäftsmodelle ein Aspekt der Datenökonomie. Des Weiteren können
Datenplattformen Bestandteile einer Datenökonomie sein. Die (ökonomischen) Vorteile
aus der Erhebung, Analyse und Nutzung von Daten setzen aber nicht zwingend
entsprechende Plattformen voraus, so dass der Einsatz der Ressource Daten in einer
Datenökonomie auch unabhängig von Plattformen erfolgen kann. 5

Insbesondere die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Datenökonomie hängen
maßgeblich davon ab, wie schnell sich datenbasierte Geschäftsmodelle i n den Sektoren
der Volkswirtschaft etablieren. Mit der Energiewende wurde in Deutschland ein Prozess
initiiert, in dem Instrumente der Digitalisierung essentiell für den Weg in eine sichere,
wirtschaftliche und umweltverträgliche Zukunft der Energieversorgung sind.
Insbesondere über die bi-direktionale Vernetzung von Erzeugung und Lasten und dem
Einsatz intelligenter Betriebsmittel werden Daten erhoben, übertragen und ausgewertet.
Daneben können Daten neue Anwendungen initiieren, woraus wiederum
Wachstumsimpulse resultieren können. Bestands- und/oder Verkehrsdaten werden dann
nicht mehr nur im Rahmen gesetzlicher oder regulatorischer Vorgaben ausgetauscht,
sondern sie könnten zu einem eigenständigen Produkt werden. Die folgenden Beispiele
illustrieren, wie Daten verstärkt eine neue ökonomische Bedeutung erhalten können:

      -   Die Auswertung von Daten über den Zustand von Betriebsmitteln (Predictive
          Maintenance) kann die Einsatzplanung von Erzeugungsanlagen optimieren.

    1 Vgl. Faber (2018).
    2 Vgl. Azkan et al. (2020).
    3 Vgl. Bundesregierung       (2021): Datenstrategie der Bundesregierung, abrufbar unter:
      https://www.bundesregierung.de/resource/blob/992814/1845634/f073096a398e59573c7526feaadd43
      c4/datenstrategie-der-bundesregierung-download-bpa-data.pdf, zuletzt abgerufen am 30.11.2021.
    4 Vgl. Azkan et al. (2020).
    5 Vgl. Dewenter (2017).
2                        Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft

      -   Bei Prosumern können Daten über die Stromproduktion und den Verbrauch die
          Eigenverbrauchsoptimierung erhöhen sowie die sichere Integration von
          Erzeugungsanlagen und Speichern in das jeweilige Stromnetz sicherstellen.
      -   Daten könnten im Bereich Smart Home neue Geschäftsmodelle ermöglichen, die
          beispielsweise Sicherheit, Energieeffizienz und Komfort miteinander verknüpfen.

In der Literatur gibt es empirische Belege, die zeigen, dass mittels datengetriebener
Geschäftsmodelle die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität von Unternehmen
gesteigert werden kann. Gilt dies auch für Unternehmen in der Energiewirtschaft unter
ihren spezifischen gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen und deren
Marktstrukturen? Führt die angestoßene Digitalisierung zu neuen Geschäftsmodellen in
der Energiewirtschaft? Kann mittels der Vernetzung von Betriebsmitteln tatsächlich die
Produktivität in den Stromnetzen erhöht werden? Von der Beantwortung dieser und
weiterer Fragen kann abgeleitet werden, ob die Energiewirtschaft heute bzw. künftig
einen Beitrag zur allgemeinen Datenökonomie in Deutschland leisten kann und wird.

In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, welche Rolle Datenplattformen zum
Austausch von Daten für neue datenbasierte Geschäftsmodelle in der Energiewirtschaft
einnehmen. Datenplattformen sind im Konsumentenbereichen fest etabliert. Sie haben
aufgrund ihrer Marktposition bereits Veränderungen (neue Eingriffsbefugnisse der
Wettbewerbsbehörde) im allgemeinen Kartellrecht motiviert. 6 Sofern sich neue
Datenplattformen bilden, die über die bereits bestehenden hinausgehen7, besteht dann
auch das Risiko, dass sie alle relevanten Daten für sich behalten und insoweit im
Extremfall „Datenmonopole“ entstehen? Auch dies sind offene Fragen, die über den
Umfang und die Reichweite einer sektoralen Datenökonomie Auskunft geben.

Zusammenfassend bietet die laufende Digitalisierung in der Energiewirtschaft somit
einen Rahmen und infrastrukturelle Voraussetzungen für die Etablierung einer
sektorspezifischen Datenökonomie. Die Datenökonomie ist insoweit ein möglicher
Output der Digitalisierung und keine Voraussetzung für den Prozess derselben. So setzt
der Rollout von intelligenten Messsystemen oder der Einbau von Sensorik in
Betriebsmitteln keine Datenökonomie voraus. Jedoch ist denkbar, dass die Potentiale
von intelligenten Messsystemen oder digitalen Betriebsmitteln erst dann vollständig
erschlossen werden, wenn Daten unter Marktakteuren mit dem Ziel geteilt werden, das
für Anwendungen interpretierbare Datenvolumen zu vergrößern. Folglich ist die
Datenökonomie auch keine Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Sofern
aus der Datenökonomie jedoch Mehrwerte (z. B. Produktivitätssteigerungen,
Innovationen) resultieren, die wiederum etablierten Marktrollen neue, tragfähige
Geschäftsmodelle oder verbesserte Prozesse ermöglichen, kann die Datenökonomie
nichtsdestotrotz den Prozess und die Akzeptanz der Digitalisierung unabhängig von
regulatorischen und/oder gesetzlichen Vorgaben beschleunigen und anreizen. Insoweit

    6 § 19a GWB bzw. Diskussionen über neue Rechtssetzungen in der Europäischen Union. Siehe z. B.
      https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/europe-fit-digital-age/digital-markets-act-
      ensuring-fair-and-open-digital-markets_de, zuletzt abgerufen am 30.11.2021.
    7 Siehe dazu Kapitel 4.5.
Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft   3

gibt es ein Wechselverhältnis zwischen dem Prozess der Digitalisierung und dem
Entstehen einer sektoralen Datenökonomie.

Vor dem Hintergrund der digitalen Transformation der Energiewirtschaft und
angrenzender Wirtschaftssektoren wird in dieser Analyse aufgezeigt, unter welchen
(systemischen) Voraussetzungen sich eine Datenökonomie in der Energiewirtschaft
entwickeln kann. Insoweit wird implizit untersucht, wie Deutschland im Allgemeinen, das
bei der Integration digitaler Technologien unter dem EU-Durchschnitt liegt 8, oder
Unternehmen der Energiewirtschaft (z. B. Energieversorger) im Speziellen, die beim
Digitalisierungsstand im Vergleich zu Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe,
dem Baugewerbe und dem Handel bei Praxisbeispielen der Digitalisierung zurückfallen,
aufholen könnten. 9

Die Analyse verfolgt das Ziel, konkrete Maßnahmen, die zu einer sektoralen
Datenökonomie führen können, aufzuzeigen.

2      Der Aufbau der Analyse

Die Analyse gliedert sich wie folgt:

In Kapitel 3 werden zunächst die Grundlagen der Datenökonomie beschrieben. Die
grundlegende Fragestellung ist hierbei: Wie sind die Themen einer Datenökonomie und
Datenplattformen theoretisch-konzeptuell einzuordnen und zu definieren? Es wird
herausgearbeitet, welche Input-Parameter für eine Datenökonomie bestehen.

In Kapitel 4 wird der Status quo hinsichtlich relevanter Einflussparameter auf dem Weg
zu einer Datenökonomie untersucht.

In Kapitel 5 werden Anreize für Unternehmen zur Teilnahme an der Datenökonomie
analysiert.

In Kapitel 6 werden Maßnahmen zur Entwicklung einer Datenökonomie erläutert.

Die Analyse schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse, daraus
abgeleiteten Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen.

3      Grundlagen einer Datenökonomie

In diesem Kapitel werden Grundzüge der Datenökonomie genannt. Nachfolgend werden
zunächst wesentliche Begriffe einer Datenökonomie erläutert. Ebenso werden Beispiele

    8 DESI (2020).
    9 Lundborg et al. (2021).
4                     Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft

für Datenplattformen gegeben, die ein prägendes Element der Datenökonomie sein
können.

Ziel des Kapitels ist es, im Sinne einer Input-Output-Analyse die wesentlichen (Input-)
Parameter zu identifizieren, die zu einer Datenökonomie in der Energiewirtschaft führen
können.

3.1   Datenökonomie

„Datenökonomie fasst, grob gesprochen, die gesamte wirtschaftliche Aktivität unter
Verwendung von Daten zusammen.“10 Der Begriff der Datenökonomie nimmt heutzutage
ein immer größeres und breiteres Verständnis ein und ist nicht mehr als ein eigener,
abgrenzbarer Sektor zu verstehen, sondern beschreibt vielmehr die wachsende
Bedeutung von Daten in der gesamten Wirtschaft, während die Integration analoger und
digitaler Prozesse und deren Weiterentwicklung immer weiter voranschreiten. So werden
Daten mehr und mehr von einem ursprünglichen Nebenprodukt zu einem eigenständigen
Produkt und Voraussetzung für die Innovation oder die Optimierung von
Geschäftsmodellen und Prozessen vom geschäftlichen bis hin zum öffentlichen und
privaten Leben. Abzugrenzen sind davon bestehende Prozesse der Datenerfassung, die
hauptsächlich administrativen und organisatorischen Zwecken dienen. Auch hinsichtlich
des im Folgenden diskutierten Datenaustauschs steht weniger die klassische
Marktkommunikation       im     Sinne   von    Vertragsschlüssen,   Meldeprozessen,
Lieferinformationen etc. im Fokus, sondern die Generierung von Mehrwerten, die über
klassische Geschäftsprozesse hinausgehen oder diese innovativ optimieren. Allerdings
kann auch hier die Digitalisierung und Standardisierung solcher Abläufe bereits erste
Prozessbeschleunigungen und -optimierungen ermöglichen und ist häufig ein
notwendiger erster Schritt für komplexere und dynamischere Innovationsentwicklungen.

Im Gegensatz zu diesem ganzheitlichen Verständnis des Begriffs der Datenökonomie
wurde und wird er häufig auch im spezifischen Kontext digitaler Dienste und
internetbasierter Unternehmen verwendet. In Abgrenzung zu traditionell etablierten
Märkten und Wirtschaftssektoren sind hier meist sektorübergreifend agierende Anbieter
von datengetriebenen Dienstleistungen und Produkten umfasst. Da neue Märkte häufig
aus neuartigen digitalen Geschäftsmodellen erwachsen sind und in diesem Bereich
besonders starke Konzentrationstendenzen vorherrschen, beschreibt die OECD 11
diesen Paradigmenwechsel als einen Übergang vom traditionellen „Wettbewerb auf dem
Markt“ zu einem „Wettbewerb um den Markt“. Der bisherige Schwerpunkt der öffentlichen
und (wettbewerbs-)politischen Aufmerksamkeit lag dabei vor allem auf großen
Consumer-Plattformen wie sie u. a. von den großen originären Technologieunternehmen
Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft (GAFAM) angeboten werden. 12 In der

10 Azkan et al. (2020).
11 OECD (2016).
12 Vgl. z. B. Haucap (2020).
Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft            5

Regel werden dabei Erkenntnisse aus Konsumentendaten über das Verhalten und
Vorlieben von Personen durch eine Verbesserung des eigenen Dienstes einerseits
und/oder eine gezielte Werbevermittlung andererseits indirekt monetarisiert. Die
Tendenz zur Marktkonzentration entsteht dabei vor allem durch sogenannte „positive
Feedback-Schleifen“ 13 bzw. datengetriebene Netzwerkeffekte 14. Diese entstehen dann,
wenn die Datenerhebung über Nutzer und Benutzung regelmäßig die Dienstleistung
selbst verbessern kann – entweder durch direkte Erkenntnisse und folgende
Optimierungen aus der eigenen Datenauswertung oder indirekt durch gestiegene
Einnahmen aus insb. gezielter Werbung. Durch entsprechende Qualitätsverbesserungen
zusätzlich gewonnene Kunden erlauben ebenfalls die Erhebung zusätzlicher Daten, die
wiederum erneut zur Verbesserung der Dienstleistung genutzt werden können.
Insbesondere bei einer Ausweitung des Diensteangebots kann dabei gleichzeitig die
Datenbreite (Daten über eine größere Anzahl an Nutzern) als auch die Datentiefe (mehr
Daten zu einzelnen Nutzern) erhöht werden. Diese Vorgehensweise zur Optimierung der
Datenbreite könnte beispielsweise bei der Optimierung des Eigenverbrauchs von
Prosumern zum Einsatz kommen, wo es darum geht, Daten über die Eigenproduktion
möglichst optimal mit Daten über den Verbrauch zu verbinden.

Abbildung 3-1:           Nutzer- und Monetarisierungs-Feedback-Schleifen
______________________________________________________________________

______________________________________________________________________
Quelle: OECD (2016).

Nicht zuletzt durch das Vordringen vo n bereits in Massenmärkten etablierten Anbietern
von Datenplattform in traditionellen Industrien und Wertschöpfungsstufen 15 verschiebt
sich der Fokus auch auf Seiten traditioneller Industrien und Sektoren zunehmend hin zu
einer direkten Wertschöpfung aus Daten und einem aktiven Datenaustausch im B2B-
Kontext bzw. entlang der gesamten Wertschöpfungskette. In etablierten, gesättigten
Märkten ist das Potential für solche Feedback-Schleifen durch Neukunden häufig
geringer. Vielmehr stehen viele Firmen hier noch vor dem Problem, Daten aus schon
bestehenden Kunden und Prozessen überhaupt erst(malig) nutzbar zu machen. Durch

13 Vgl. Arnold et al (2020).
14 Cerre Report - The role of data for digital markets contestability: case Analyses and data access
   remedies. September 2020. (https://cerre.eu/publications/data-digital-markets-contestability-case-
   Analyses-and-data-access-remedies/)
15 https://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/google-apple-facebook-und-amazon-greifen-
   deutsche-unternehmen-an-a-1205727.html
6                     Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft

die Digitalisierung und Messung bestehender realer Prozesse mit der Verbreitung von
neuen intelligenten Geräten (vgl. Smart Home & IIoT) und durch die Kombination mit
Daten aus neuartigen Online-Diensten wird allerdings auch hier eine fortlaufend
steigende Datenmenge generiert. Auf der anderen Seite finden sich ebenfalls wachsende
Möglichkeiten in der Datenverarbeitung und -analyse durch immer größere
Rechenleistung, maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz (KI). Dabei ermöglicht
KI einerseits die Verwertung und Analyse von großen bestehenden Datenmengen,
schafft aber andererseits z. B. durch automatische Bilderkennung und mehr wiederum
neue Dimensionen bei der initialen Datenerfassung.

3.2   Daten, Innovation & Datenaustausch

 „Daten bestehen aus Angaben, Zeichen oder Symbolen, die durch Interpretation zu
 Informationen werden. Daten können erzeugt, gesammelt, aufbereitet, visualisiert,
 analysiert und zu Information und Wissen angereichert werden. Gespeichert werden
 sie in Dateien oder Datenbanken als Klartext, Grafik oder in Listen- bzw. Tabellenform.
 In ihrer unbearbeiteten Form bezeichnet man Daten als Basis- oder Rohdaten. Werden
 Daten weiterverarbeitet, nennt man sie häufig Mehrwertdaten. Daten, die
 Informationen und Beschreibungen über Rohdaten oder Mehrwertdaten bereitstellen,
 werden als Metadaten bezeichnet.“

 Quelle: Fraunhofer FOKUS (2019): Leitfaden für qualitativ hochwertige Daten und Metadaten,
         Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS.

Die eingehende Definition des „Normentwurf für qualitativ hochwertige Daten und
Metadaten“ (NQDM) stellt eine anwendungsorientierte Definition dar. Aber schon für den
Begriff der Daten selbst gibt es eine Fülle an Definitionen und verschiedenen
Auffassungen, wie eine Bestandsaufnahme 16 zeigt. Im Ergebnis wird hier vor allem die
Definition von Kaase 17 als sinnvoll erachtet, die ein abstrakteres Verständnis darstellt:
„Daten sind Informationen über Eigenschaften von Analyseeinheiten.“ Jeweils wird
deutlich, dass der Kontext und Bezug der Daten eine entscheidende Rolle spielen und
Daten erst durch ihre entsprechende Interpretation zur Information und Wertschöpfung
beitragen können. So sprechen Daten nicht für sich selbst und haben per se erst einmal
wenig bis gar keinen wirtschaftlichen Wert, sondern müssen erst durch teils erhebliche
Anstrengungen bei Datenerfassung, Datenmanagement und Datenauswertung zu
wirtschaftlich verwertbaren Informationen umgewandelt werden. 18 Damit sind
spiegelbildlich auch die organisatorischen Herausforderungen der Akteure genannt, die
die Datenökonomie in der Energiewirtschaft bestreiten werden.

16 Hjørland (2019).
17 Kasse (2001).
18 Vgl. Arnold et al. (2020) und BVDW (2018).
Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft   7

Eine einheitliche Art der Definition oder Quantifizierung des Werts von Daten gibt es
dabei nicht und würde der Heterogenität von Anforderungen, Anwendungsfällen und
Anwendern auch nicht gerecht werden. Je nach input- oder ergebnisgetriebener
Perspektive gibt es dabei verschiedene betriebs- und volkswirtschaftliche
Herangehensweisen. 19 Aus der Inputperspektive werden häufig vor allem Faktoren
genannt, die mit der Datenqualität zusammenhängen. 20

Auch oder sogar gerade im Rahmen neuer Technologien wie der KI ist ein „Mehr“ an
Daten nicht automatisch immer besser bzw. ausreichend, da eine große Datenmenge
zwar gewisse Ungenauigkeiten kompensiert, aber keine grundlegenden Verzerrungen
und Mängel bei der Datenqualität beheben kann. 21 Außerdem gehen größere
Datenmengen in der Regel auch mit einem Mehrbedarf an Rechenleistung und
Kompetenz bei der Aufbereitung und Ergebnisinterpretation einher, was einem
abnehmenden Nutzen von Daten bei zunehmend großen Datensätzen gegenübersteht.
Zu den wichtigsten Dimensionen der Datenqualität gehören nach Cichy & Rass22 die
Folgenden:

        Vollständigkeit: ausreichende Breite, Tiefe und Umfang der Daten für eine
         vorliegende Aufgabe,
        Genauigkeit: Daten müssen möglichst korrekt, zuverlässig, gültig und belegt
         sein,
        Aktualität: angemessenes Alter der Daten für eine vorliegende Aufgabe,
        Konsistenz: Daten sollten im gleichen Format vorliegen und mit früheren Daten
         kompatibel sein,
        Zugänglichkeit: Daten sollten gut verfügbar bzw. leicht und schnell abrufbar sind.

Gerade im Rahmen von Nutzer- und Nutzungsdaten wird ein steigender Datenwert in
Breite (Daten über eine große Anzahl von Nutzern) und Tiefe (Detaillierte Informationen
über einzelne Nutzer) beigemessen. 23 Die Aktualität bzw. die Veränderungshäufigkeit
von Daten und ggf. der konstante Zufluss aktueller Nutzungsdaten spielen eine weitere
wichtige Rolle. Je nach Anwendungsfall können statische Daten, z. B. Stammdaten,
ausreichen, Zeitreihen analysiert werden oder Daten in Echtzeit (real-time/near-time)
verwertet werden. Dabei muss ggf. der Zeithorizont des realen Prozesses/Objektes vom
Zeithorizont der Datenverfügbarkeit abgegrenzt werden. So können z. B. aktuelle Wetter-
oder Verkehrsdaten für intelligente Steuerungssysteme höchst relevant sein, während
diese schon am nächsten Tag zu historischen Daten werden, die in vielen Fällen einen
mit der Zeit abnehmenden Nutzen aufweisen. 24

19   Coyle et al (2020).
20   PwC (2019).
21   Vgl. Hestness et al. (2017).
22   Cichy & Rass (2019).
23   Krämer et al. (2020).
24   Vgl. Feijóo et al. (2016).
8                      Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft

Eine Bemessung des Werts von Daten hängt häufig letztendlich vom individuellen
Marktergebnis ab. In direkter Form können dabei die Kosten zur Gewinnung oder zum
Kauf (bzw. Verkauf) von Daten angesetzt werden, meist handelt es sich aber um i ndirekte
Einkommensgewinne, die aus Daten gewonnen werden können. Mögliche Innovationen
aus Daten lassen sich nach dem Oslo-Handbuch25 grundsätzlich in vier Haupttypen
unterscheiden:       Produktinnovation      (Waren       und/oder      Dienstleistungen),
Prozessinnovation, Marketinginnovation und Organisationsinnovation. Konkreter kann
die Datenanalyse z. B. genutzt werden, um (1) neue mögliche Kunden zu identifizieren,
(2) gezielte Angebote und Rabatte zur Erhöhung der Zahlungsbereitschaft zu entwickeln,
(3) Waren und Dienstleistungen entsprechend der Bedürfnisse der Kunden zu
diversifizieren und (4) Optimierungen der betrieblichen Organisation und/oder Produktion
zu erreichen. 26 Zusammenfassend beschreiben Grover et al. 27 die Hauptziele bei der
Nutzung von großen Datenmengen als:

     1) Verbesserung der unternehmerischen Entscheidungsfindung,

     2) Verbesserung der Abläufe bzgl. Effektivität, Effizienz und Produktivität,

     3) Produkt- und/oder Dienstleistungsinnovation,

     4) höhere Kundenzufriedenheit               und      -bindung       durch       bessere   Nutzungs-
        /Einkaufserlebnisse.

Paunov & Planes-Satorra 28 heben außerdem die besondere Bedeutung von vernetzten
Geräten und Sensorik hervor: „[…] intelligente und vernetzte Geräte sind eine ergiebige
Quelle für Innovationen in allen Sektoren. Sie sammeln und übertragen Daten über
Prozesse, Nutzung und Umweltbedingungen, die eine Prozessoptimierung,
vorausschauende Analytik/Diagnostik und in ihrem fortgeschrittensten Stadium den
autonomen Betrieb von Systemen ermöglichen“. Der Einsatz von vernetzten Geräten ist
somit die infrastrukturelle Voraussetzung, dass beispielsweise Verkehrsdaten
unmittelbar überhaupt Eingang in Wertschöpfungsprozesse haben können.

Als immaterielles und nicht rivales Gut können Daten prinzipiell mehrfach und auch
gleichzeitig an unterschiedlichen Orten und für unterschiedliche Zwecke verwendet
werden. 29 Je nach organisatorischer und technischer Konstellation können Daten aber
z. B. vertraulich behandelt werden und Andere von ihrer Nutzung ausgeschlossen
werden und haben dann den Charakter eines „Klubguts“. 30 Daten können einerseits aktiv
öffentlich gemacht werden, anderseits können außerdem z. B. andere Unternehmen
nicht grundsätzlich davon abgehalten werden, gleiche Daten, ggf. über Um- bzw.

25   OECD & Eurostat (2018).
26   Vgl. OECD (2015).
27   Grover et al (2018).
28   Paunov & Planes-Satorra (2019).
29   Floridi (2010), Hildebrandt & Arnold (2016), Schepp & Wambach (2016).
30   Vgl. Buchanan clubs | SpringerLink.
Analyse für die dena: Die Datenökonomie in der Energiewirtschaft                  9

indirekte Wege, auch selbst zu erheben. In diesen Fällen entsprechen Daten eher der
Form eines „öffentlichen Guts“. 31

Generell hängt eine sinnvolle Einordnung und Abgrenzung von Daten häufig vom
spezifischeren Kontext und Verwendungszweck ab. Hinsichtlich energiewirtschaftlicher
Daten ist damit die Kritikalität einzelner Daten angesprochen.

Folgende Arten der Typisierung von Daten sind nachfolgend aufgelistet, ohne dass die
Aufzählung einen Anspruch auf Vollständigkeit hat: 32

       strukturiert, unstrukturiert & wiederholend, unstrukturiert & nicht wiederholend
       quantitative (numerische,             diskrete     oder      kontinuierliche)      und   qualitative
        (nichtnumerische) Daten
       Nominal-, Ordinal- und Intervalldaten
       Primär-, Sekundär- und Tertiärdaten
       erfasste, ausgeschöpfte, dynamische und abgeleitete Daten
       freiwillige, abgeleitete, beobachtete Daten
       Index-, Attribut- und Metadaten
       unverarbeitete und verarbeitete Daten
       relationale und multidimensionale Daten
       gestreamte, gestapelte und gespeicherte Daten
       streng geheime, hochsensible, sensible, private und öffentliche Daten

Neben der Unterscheidung in kritische oder unkritische Daten können Daten auch
entlang der Typologie zwischen personenbezogenen und nichtpersonenbezogenen
Daten nach der DSGVO33 sortiert und verarbeitet werden.

Personenbezogene Daten sind entsprechend definiert als „alle Informationen, die sich
auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar
wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels
Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu
Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen
Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen,
wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind,
identifiziert werden kann“. Daten über juristische Personen gehören nicht zu
personenbezogenen Daten, sofern diese nicht wiederum indirekt eine natürliche Person
identifizieren. Außerdem lässt sich bei nichtpersonenbezogenen Daten zwischen solchen
unterscheiden, die schon im Ursprung nicht im wörtlichen Sinne personenbezogen sind,

31 Cornes & Sandler (1986).
32 Vgl. Kitchin (2014), Arnold et al. ( 2020).
33 Regulation (EU) 2016/679.
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