Die Heidelberger Umstrukturierungsskala - Ein Modell der Veränderung in psychoanalytischen Therapien und seine Operationalisierung in einer ...
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Psychotherapeut 2000 · 45:237–246 © Springer-Verlag 2000 Originalien Gerd Rudolf · Tilman Grande · Claudia Oberbracht Die Heidelberger Umstrukturierungsskala Ein Modell der Veränderung in psychoanalytischen Therapien und seine Operationalisierung in einer Schätzskala Zusammenfassung D ie Psychotherapeuten aller Schul- richtungen haben die evidente Erfah- on eigener Entwertungstendenzen ver- standen und therapeutisch in der Über- Im Rahmen des Projekts „Praxisstudie ana- rung, dass sie mit ihrem jeweiligen Ver- tragungsbeziehung aufgegriffen wer- lytische Langzeittherapie“ wurde von der fahren Patienten bei der Bewältigung den. Die Prozessmodelle der therapeu- Heidelberger Arbeitsgruppe ein Instrument und Umstrukturierung problemati- tischen Umstrukturierung sind in bei- entwickelt, welches dazu dient, im Verlauf scher Lebenssituationen und beim Ab- den Fällen sehr verschieden, auch wenn von analytischen Psychotherapien die Stufen bau von Beschwerden und Beeinträch- sie, jedenfalls auf der Basis bisheriger der Umstrukturierung der Patientenpersön- tigungen wirksam unterstützen kön- Untersuchungsmethoden, zu ähnlichen lichkeit zu erfassen.Das Instrument ist im nen. Die Feststellung der Psychothera- Veränderungen führen. Sie sind unmit- formalen Aufbau angelehnt an die Skala pieforschung, dass dabei ganz unter- telbar abhängig von den theoretisch APES von Stiles (1992); abweichend davon schiedliche Therapieansätze zu ähnli- fundierten Grundannahmen über die sind die Entwicklungsstufen der Verände- chen Besserungsquoten führen, hat das Persönlichkeit, ihrem Funktionieren, rung nicht auf allgemeine Problemaneig- wissenschaftliche Interesse auf die Frage ihrer Beziehungsgestaltung, ihren Stö- nung, sondern auf ein spezifisch psychoana- gelenkt, wie die spezifischen Prozess- rungen etc. lytisches Prozessmodell bezogen.Die Skala entwicklungen in den einzelnen thera- Im Bereich der Psychoanalyse und und das in ihr eingearbeitete Prozessmodell peutischen Ansätzen zu verstehen sind, der psychoanalytisch fundierten The- wird dargestellt und theoretisch begründet; und welches ihre wichtigsten Wirkfak- rapien, für deren Beforschung wir uns ferner werden die Ergebnisse einer Reliabili- toren sind. Eine große Schwierigkeit für engagieren, wurde in deren rund 100- tätsuntersuchung und erste Erfahrungen bei die Forschung liegt darin begründet, jähriger Geschichte ein konsistentes ihrer Anwendung im Rahmen stationärer dass sich Symptombesserungen ver- Modell der Störung und Therapie ent- Psychotherapien und psychoanalytischer gleichsweise einfach verhaltensnah wickelt, bzw. man kann aus der Fülle Langzeittherapien dargestellt.Es wird her- operationalisieren und dadurch be- der mitgeteilten Differenzierungen und vorgehoben, dass es sich nicht nur um ein schreiben und gewichten lassen, wäh- Modifizierungen ein solches Kernmo- Forschungsinstrument handelt, sondern rend Prozesse der therapeutischen Ent- dell extrahieren; wir kennzeichnen es auch um ein praxisnahes Werkzeug zur wicklung und der Umstrukturierung wegen der größeren Breite nicht als Planung und Evaluation psychodynamischer der Persönlichkeit nur im Rahmen von psychoanalytisch, sondern als „psycho- Behandlungen und somit um einen Beitrag Modellen – der Persönlichkeit, der Stö- dynamisch“. Trotz der großen Verbrei- zur Qualitätssicherung in diesem Bereich. rung, der Therapie – beschreibbar sind. tung psychodynamischer Therapien – Die habituelle Angst eines Patienten, in Form von Psychoanalysen, analy- Schlüsselwörter abgelehnt zu werden, kann in einem ko- tisch fundierten Psychotherapien, sta- gnitiven Störungsmodell als Ausdruck tionär integrierten Psychotherapien, Umstrukturierungsskala · Psychoanalytische einer falschen, d. h. dysfunktionalen Paar- und Familientherapien etc. – Langzeittherapie · Prozessmodell Kognition erklärt und verhaltensthera- stieß ihre empirische Erforschung bis- psychoanalytische Therapie · peutisch durch aktives Stoppen der ne- her auf große Schwierigkeiten. Die Forschungsinstrument · Qualitätssicherung gativen Gedanken und Training von Gründe dafür sind vielfältig: positiven Selbstüberzeugungen bear- beitet werden. In einem psychoanalyti- Prof. Dr. Gerd Rudolf schen Modell könnte der gleiche Vor- Universitätsklinikum Heidelberg, gang z. B. als Identifizierung mit einem Psychosomatische Klinik,Thibautstraße 2, ablehnenden Objekt oder als Projekti- 69115 Heidelberg& y d & : k c o l b - n f / Psychotherapeut 4·2000 | 237
Psychotherapeut 2000 · 45:237–246 © Springer-Verlag 2000 Originalien G.Rudolf · T.Grande · C.Oberbracht ● Psychodynamische Therapien wer- pien ein Instrument zu entwickeln, wel- den nicht in wissenschaftlichen Insti- ches geeignet ist, die schrittweise thera- The Heidelberg restructuring scale. tutionen, sondern bevorzugt in der peutische Veränderung des auffälligen A model of changes in psychoanalytic Praxis durchgeführt, die für die For- Eingangsbefunds zu erfassen. So ent- therapies and its operationalization on schung schwer zugänglich ist. stand die Heidelberger Umstrukturie- an estimating scale ● Psychodynamische Therapien sind rungsskala, die in ihrem formalen Auf- wegen ihres dichten Beziehungsgefü- bau an die Skala APES von Stiles et al. Summary ges von Übertragung und Gegen- (1992) angelehnt ist. Die Skala APES ba- übertragung störanfällig für For- siert auf Studien zu den kognitiven und As a part of a project for „Practical studies schungsinterventionen Dritter (For- emotionalen Markern, welche die effek- about long-term psychoanalytic therapies“ scher, Videokamera, Tonbandgerät, tive therapeutische Arbeit des Patien- an instrument was developed of the Heidel- Fragebögen). ten in einzelnen Therapiesitzungen berg Group for measuring the stages of re- ● Psychodynamische Therapien wer- kennzeichnen (z. B. Elliot 1985). Die Au- structuring of the patient’s personality in the den stark individualisiert geführt toren entwickelten eine Sequenz von course of analytic therapies.The instrument (über verschiedene Zeiträume, mit therapeutischen Schritten, welche das relies in its formal structure on the APES- unterschiedlicher Stundenfrequenz, zunehmende Gewahrwerden, Verste- Scale of Stiles (1992).In our scale, however, mit individuell auf den Patienten zu- hen, Bearbeiten, Lösen und Meistern the stages of development not to the gene- geschnittenen Interventionen und von Problemen beschreibt (Field et al. ral requirement of problems, but rather to an individuellen Erklärungsansätzen des 1994; Stiles et al. 1992, 1995) und kenn- specific model of the psychoanalytic process. Therapeuten). zeichnen diesen Vorgang in Anlehnung The scale and the included model are pre- ● Es gibt unter Psychoanalytikern kei- an Piaget als Assimilation. Dieses allge- sented and theoretically founded.Further- nen theoretischen Konsens darüber, meine, kognitiv akzentuierte Schema more, results of the reliability and first expe- wie die Umstrukturierung der Per- der therapeutischen Veränderung ha- riences with application in in-patient thera- sönlichkeit aus psychoanalytischer ben wir auf das psychodynamische pies are described.It should be emphasized Sicht erforscht werden soll. Dazu Kat- Therapiemodell übertragen, wo die that our scale is not only an instrument of ryn De Witt (1997) „This lack of theo- Vorgänge der Abwehr, der Beziehungs- research, but also a of practice for planing retical consensus due to varying lev- gestaltung, der Übertragungsentwick- and evaluating of psychodynamic els of abstraction and unclear relati- lung, der Internalisierung die wesentli- treatments and therefore a contribution to onship between constructs and ob- chen Bezugspunkte bilden. Im Folgen- quality assurance in this field. servable behaviour has empeded the den geben wir eine theoretische Be- development of any general accepted gründung der Skala, indem wir zu- Key words measurement approach.“ nächst das psychodynamische Modell der Störung und sodann das psychody- Personality restructuring scale · Long-term Einen ersten Schritt zur Behebung die- namische Modell der Therapie rekapi- psychoanalytic therapy · Process model of ses Mangels stellt in Deutschland die tulieren. psychoanalytic therapy · Instrument for Entwicklung des Systems „Operationa- research and practice lisierte Psychodynamische Diagnostik“ Theoretische Begründung OPD dar (Arbeitsgruppe OPD 1998). Im der Skala aus dem Rahmen dieser Entwicklung haben eine psychodynamischen Modell Anzahl von psychodynamisch orien- der Störung und der Therapie tierten Therapeuten und Forschern ei- nen Konsensus über die psychodyna- Das psychodynamische mische Beschreibung von Störungen Störungsmodell herbeigeführt. In einer Reihe von Stu- dien hat sich das Instrument als kli- Disposition zur Störung nisch valide und in der Handhabung als reliabel erwiesen (Freyberger et al. Ausgangspunkt der Überlegungen zum 1996; Rudolf et al. 1996). Bei der Anwen- psychodynamischen Verständnis ge- dung der OPD zur Veränderungsmes- störter Persönlichkeitsentwicklung bil- sung (Grande et al., im Druck) hat sich det das Konzept der beeinträchtigten, jedoch ähnliche wie in Studien zum entwicklungspsychologisch frühen Rei- Zentralen Beziehungskonflikt (Lubor- fungsschritte des Kindes unter dem sky u. Kächele 1988) gezeigt, dass dieses Einfluss von familiären Belastungen, Instrument aufgrund seiner primär Defiziten oder Traumatisierungen. Der diagnostischen Orientierung viele zeit- Zusammenhang zwischen Belastungen stabile Züge erfaßt und feinere thera- in der Kindheit und Erkrankungsbe- piebedingte Veränderungen nur einge- reitschaft im Erwachsenenalter wurde schränkt abbilden kann. Unser Anlie- viel diskutiert, er darf insgesamt als gen war es daher, für Prozess-Outcome- empirisch belegt gelten (Rudolf et al. studien im Bereich analytischer Thera- 1997). 238 | Psychotherapeut 4·2000
Aus problematischen lebensge- Persönlichkeit – kann unter zusätzlich Das psychodynamische schichtlichen Erfahrungen eines Men- belastenden Lebensveränderungen oder Therapiemodell schen resultieren Dispositionen, die Entwicklungsaufgaben an die Grenzen sich auf mehreren Ebenen beschreiben ihrer Regulationsfähigkeit nach innen Entstehung der lassen: und ihrer adaptiven Möglichkeiten Übertragungsbeziehung nach aussen gelangen. Als Notlösungen ● Mangel an positiven Beziehungser- oder vorläufige Bewältigungsversuche Der Patient, der für eine Veränderung fahrungen, für die intrapsychischen und zwischen- seiner Situation motiviert ist, und der ● Übermass an negativen emotionalen menschlichen Spannungen entwickeln seine Wahl für einen Therapeuten und Eindrücken, sich krankheitswertige Erlebens- und seine Entscheidung für eine Therapie in ● Internalisierung negativer Bezie- Verhaltensweisen, d. h .Symptome wie einer Reihe von diagnostischen Gesprä- hungsmuster, z. B. Angstzustände, Essanfälle, Ver- chen getroffen hat, gelangt nun in eine ● Verdrängung von basalen Bedürfnis- stimmungen, körperliche Schmerzen. Situation, die insbesondere durch ihre sen und Wünschen, Unter der Symptombildung entsteht ein Asymmetrie charakterisiert ist. Auf der ● Defizitäre Entwicklung von struktu- neues Gleichgewicht nach innen (pri- einen Seite steht der auf Rat, Unterstüt- rell verankerten Funktionen (z. B. In- märer Krankheitsgewinn) und nach zung und Hilfe hoffende Patient, der be- ternalisierung), aussen (sekundärer Krankheitsgewinn) müht ist, seine Sicht der Dinge überzeu- ● Mangelnde Fähigkeit zur Lösung von bei gleichzeitiger Zunahme des subjekti- gend darzustellen.Auf der anderen Seite Konflikten, ven Krankheitsgefühls angesichts von steht ein Therapeut, der eine eher rezep- ● Vielfältige Formen der Abwehr und eingeschränkter Lebensqualität. tiv entgegennehmende und zugleich Bewältigung dieser Konflikte und nicht bewertende, gleichmäßig akzep- Strukturdefizite, Leidensdruck und Therapiemotivation tierende Haltung einnimmt. Der Patient kommt mit seinem Anliegen in eine aus Die so entstandenen Dispositionen Die Intensität der dysfunktionellen seiner Sicht weitgehend unstrukturierte hindern den Patienten daran, notwen- Muster und der erlebten Beschwerden Situation, in welcher er am ehesten die dige Entwicklungsschritte in seinem wecken beim Patienten den Wunsch Aufmerksamkeit und das Interesse des Leben zu vollziehen und die für die Be- nach Veränderung. Die erlebte Unfähig- Therapeuten für seine Person, sein Le- wältigung des Lebensalltags erforderli- keit, die Störung aus eigener Kraft oder ben und seine Schwierigkeiten wahr- chen Kompetenzen in vollem Umfang mit Unterstützung von Angehörigen nimmt, während er konkrete Hand- zu erwerben. Zuweilen haben diese Ab- und Freunden zu überwinden, führt lungsanweisungen, Ratschläge eher ver- wehr- und bewältigungsbedingten Ein- letztlich dazu, dass der Patient sich an mißt. Gerade diese Offenheit der wenig schränkungen ihrerseits bereits Krank- professionelle Helfer (Psychotherapeu- strukturierten Situation ist entschei- heitswert, häufig bleibt die Auffälligkeit ten) wendet, um mit ihrer Hilfe eine dend für die weitere Entwicklung. Sie im subklinischen Bereich. Aktuelle Veränderung der Situation zu errei- eröffnet dem Patienten die Möglichkeit, Darstellungen der Krankheitslehre fin- chen. Die Motivation zu dieser Kontakt- diese neue Beziehung nach den für ihn den sich z. B. bei Rudolf (2000) und aufnahme kann u. U. über lange Zeit bisher gültigen (unbewussten) Regeln Krause (1998). Von zentralem Interesse heranreifen. Ein nicht geringer Teil der zu gestalten. Er gerät dabei zwangsläufig in der psychodynamischen Forschung Patienten sucht nicht irgend eine Hilfe, in einen Widerspruch: Die pathogenen ist die aus der oben beschriebenen psy- sondern entwickelt spezifische Vorstel- Überzeugungen und zentralen Bezie- chodynamischen Konstellation abgelei- lungen von der Art der notwendigen hungskonflikte legen es ihm nahe, die tete Beziehungsbereitschaft bzw. Über- therapeutischen Veränderung und von neue Beziehungssituation negativ aus- tragungsbereitschaft. In elaborierten der Persönlichkeit der Therapeutin zulegen (z.B. zu antizipieren, dass er ab- Verfahren wird sie als „zyklisch malad- oder des Therapeuten. Es sind daher gelehnt, ausgenutzt, entwertet, verurteilt aptives Muster“ (Schacht et al. 1984, eher die Patienten, die sich ihre Thera- etc. wird). Gleichzeitig mobilisiert die 1994), als zentraler Beziehungskonflikt peuten aussuchen als umgekehrt die prinzipiell akzeptierende Haltung des (Luborsky 1977), als pathogenogenic Therapeuten, welche Indikationen zu Therapeuten die Hoffnung auf eine Wi- belief (Weiss et al. 1986) oder als dys- Therapien stellen. Therapiemotivation derlegung der pathogenen Überzeu- funktionales Beziehungsmuster (Grande ist keine konstante Grösse, sie variiert gungen (die Hoffnung, dennoch akzep- et al. 1997) analysiert. In allen diesen im therapeutischen Prozess. In der An- tiert zu werden, in den eigenen Einstel- Ansätzen geht es darum, die Auswir- fangsphase kann die Motivation von lungen und Überzeugungen anerkannt kungen eines unbewussten Konflikts außen unterstützt sein, in der Mitte zu werden, etc.). Dieses sind die beiden und defizitärer Beziehungsrepräsen- wird häufig ein bewusstes starkes Enga- wichtigen Übertragungsaspekte: Die tanzen auf die Regulation des Selbst gement für die therapeutische Arbeit Übertragung der negativen Erfahrun- und v. a. auf das zwischenmenschliche beobachtet; während der fortgeschrit- gen, welche in dem Therapeuten ein un- Verhalten zu erfassen. tenen Therapieentwicklung können die erreichbares, ablehnendes, strafendes emotionalen Belastungen der Behand- und verfolgendes Gegenüber vermutet; Der Ausbruch der Symptomatik lung die Motivation infrage stellen; bei die positive Übertragung, welche den Therapieende ist nicht selten wieder ein Anderen als zugewandtes, verständnis- Die erwachsene Persönlichkeit – aber starkes Interesse an der gleichberech- volles, akzeptierendes, idealisiertes Ge- auch die jugendliche oder kindliche tigten Zusammenarbeit gewachsen. genüber erwartet. Psychotherapeut 4·2000 | 239
Originalien Ähnlich wie für die Motivation be- anzuleiten und bezüglich ihrer Fortfüh- schrieben, durchläuft auch die Übertra- rung zu ermutigen. Der Patient, der auf Tabelle 1 gung einen Veränderungsprozess im diese Weise „arbeitet“, wendet seine Auf- Stufen des therapeutischen Behandlungsverlauf. Anfänglich kön- merksamkeit den nunmehr in der thera- Prozesses nen hoffnungsvolle Idealisierung oder peutischen Beziehung aktualisierten misstrauische Entwertung im Vorder- zentralen Beziehungserfahrungen zu. Aufbau der therapeutischen Beziehung grund stehen; im Mittelfeld erfolgt die Dabei kommt es zu Produktionen des ● Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung Zusammenarbeit häufig auf der Grund- Psychischen in Form von Einfällen, Erin- ● Aufbau der Therapiemotivation. Konsens- findung für Therapieziele lage einer milden positiven Übertra- nerungen, Phantasien, Bildern, Träu- ● Unbewusste Konstellation der zentralen gung; in Langzeittherapien erfolgt bei men. Gemeinsam mit dem Therapeuten Beziehungserfahrung (Übertragungsan- einem Teil der Behandlungen eine star- reflektiert der Patient diese seine Pro- gebot, Gegenübertragung; insbesondere ke Intensivierung der Übertragungsbe- duktionen. Er sucht nach Zusammen- initiales ″Testen″ des Therapeuten durch ziehung im Sinne einer Übertragungs- hängen und versucht, unter Verwendung die Aktualisierung negativer Übertra- neurose, die gegen Behandlungsende der Deutungen des Therapeuten, den gungsaspekte) wieder in ruhigere Beziehungsbahnen Dingen einen Sinn zu geben. Einübung der therapeutischen Arbeit einmündet. Hier entwickelt sich ein zirkulärer ● Einübung der Selbstwahrnehmung Prozess von unbestimmt langer Dauer: ● Ermutigung zur umfassenden Mitteilung Therapeutische Beziehung Der Patient ist einerseits bemüht, die ● Fokussierung auf problematische Erfah- und Therapieziel sichtbarwerdenden Probleme als seine rungen eigenen zu akzeptieren und sich mit ih- ● Aktualisierung problematischer Erfahrun- Der Aufbau einer tragfähigen Bezie- nen auseinanderzusetzen; gleichzeitig gen in der therapeutischen Beziehung hung zu dem bis dahin unbekannten, wehrt er sich (überwiegend unbewusst) Durcharbeiten aber häufig aufgrund von persönlichen gegen diese Einblicke und versucht den ● Produktion von psychischen Inhalten Empfehlungen mit positiven Erwartun- eigenen Problemen auszuweichen. Die (Einfälle, Erinnerungen, Phantasien, Bilder) gen besetzten Therapeuten stellt die pathogenen Überzeugungen werden ● Gemeinsame Reflexion der psychischen Ausgangssituation dar. In dieser Begeg- auf diese Weise sowohl im Hier und Produktionen durch Patient und Therapeut nung kommt es zu einer Aktivierung Jetzt der therapeutischen Beziehung (Sinnzuschreibung und Integration) ● Suche nach neuen Lösungen (Neue Aspek- und unbewussten Inszenierung der wie in der Erinnerung an biographi- zentralen Erfahrungen, die auf Seiten sche Erfahrungen „durchgearbeitet“. te der therapeutischen Beziehung) ● Neue Ansätze des Selbstverständnisses des Patienten als Übertragungsange- Die immer neuen psychischen Produk- ● Neue Ansätze der Lebensgestaltung und bot, auf Seiten des Therapeuten als Ge- tionen von Erinnerungen und Bildern Konfliktlösung genübertragungserleben beschrieben sowie die wechselnden Aspekte der the- werden können. Für den Patienten gilt rapeutischen Beziehung bewirken, dass es, die in der Übertragung aktualisier- nicht eine klar umrissene Wahrheit zu- ten, d. h. wiederbelebten konflikthaften tage kommt, sondern dass vielfältige Verhältnisse, zum anderen Teil in die Erfahrungen bewusst zu machen, zu re- Facetten einer inneren und äußeren Suche nach alternativen Lösungen und flektieren, durchzuarbeiten, anzueig- Wirklichkeit sichtbar werden. Was für Verhaltensmöglichkeiten. Dabei wird nen und zu verändern. Die therapeuti- die Entwicklung der therapeutischen der Internalisierung der neuen thera- sche Zielsetzung richtet sich also auf Beziehung gesagt wurde, gilt auch für peutischen Beziehungserfahrung eine die emotionale und kognitive Ausein- die therapeutische Zusammenarbeit, entscheidende Bedeutung für die Neu- andersetzung des Patienten mit seinen die im Behandlungsverlauf unter- strukturierung und Neuorientierung (bis dahin unbewußten) inneren und schiedliche Qualitäten aufweisen kann. zugeschrieben. Entsprechend der Hy- äußeren Erfahrungen. Dieses Gesche- pothese, dass die Symptomatik durch hen wird nicht nur von dem kompeten- Das Therapieergebnis die unbewussten Konfliktspannungen ten Therapeuten und dem kooperati- aufrechterhalten waren, wird als we- ven Patienten aktiv „gemacht“, es wird, Der Aufbau der therapeutischen Bezie- sentliches Behandlungsergebnis somit insbesondere in Langzeittherapien, von hung und ihre Durcharbeitung im Blick einerseits Symptomminderung oder beiden Beteiligten auch erfahren und auf die internalisierten Erfahrungen Symptomwegfall und andererseits eine durchlitten im Sinne eines Beziehungs- des Patienten und die von ihm gestalte- weitreichende Umstrukturierung der prozesses, in den Patient und Thera- te äußere Wirklichkeit bewirken eine Persönlichkeit erwartet. Die Tabelle 1 peut gleichermaßen hineingezogen Reihe von möglichen Veränderungen: resümiert nochmals die Stufen des the- werden. Es erfolgt eine Einsicht in die bis dahin rapeutischen Prozesses. abgewehrten und daher nicht wahr- Die therapeutische Arbeit nehmbaren inneren Bedingungen (Wün- Die Heidelberger sche und Bedürfnisse, Emotionen, Er- Umstrukturierungsskala Auf der Grundlage dieser therapeuti- innerungen, Erfahrungen, Handlungs- schen Beziehung entwickelt sich als impulse). Diese Einsicht ist Vorausset- Die Konstruktion der Skala zweiter bedeutsamer Aspekt die thera- zung für die Auseinandersetzung mit peutische Arbeit. Es ist Aufgabe des The- diesen inneren Bedingungen. Sie mün- Im Rahmen der Arbeitsgruppe zur „Pra- rapeuten, den Patienten in dieser Arbeit det z. T. in die Akzeptanz der inneren xisstudie analytische Langzeittherapie“ 240 | Psychotherapeut 4·2000
Umstrukturierungsprozess beobachtet Tabelle 2 wird. In den Heidelberger Studien ge- Die Heidelberger Umstrukturierungsskala winnen wir den Fokus durch die Ein- schätzung des Befunds der Operationa- 1. Nichtwahrnehmung 1 Völlige Abwehr bzw.Vermeidung des lisierten Psychodynamischen Diagno- des Fokusproblems 1+ Fokusbereichs, es gibt „kein Problem“ stik (Arbeitskreis OPD 1998). Aus den 2. Ungewollte Beschäftigung 2– Symptomdruck, interpersonelle Schwierigkeiten: drei OPD-Achsen – Achse II: Bezie- mit dem Fokus 2 Zumutungen, von außen kommend erlebt hung, Achse III: Konflikt, Achse IV: 2+ Struktur – wählen wir fünf Punkte aus, 3.Vage Fokuswahrnehmung 3– Passive Beschäftigung mit dem F., ansatzw. Bewältigung die zusammengenommen die Schwie- 3 Anerkennung, Ahnung eigener Verantwortg. 3+ rigkeiten des Patienten möglichst voll- ständig abbilden. Diese Foki haben den 4. Anerkennung und 4– Interessiertes Problemverstehen, Arbeits- Erkundung des Fokus 4 beziehung, aktive ″Bewältigung″, Handeln Stellenwert einer psychodynamischen 4+ Hypothese, d.h. es wird von ihnen ange- 5. Auflösung alter 5– Abwehr wird brüchig, Prozess wird zur nommen, dass sie die Symptome und Strukturen i. Fokusbereich 5 „Passion“,Trauer, Ausgeliefertsein,Verwirrung Schwierigkeiten des Patienten hervor- Strukturelle Veränderung 5+ rufen und aufrechterhalten. Gleichzei- 6. Neustrukturierung im 6– Versöhnliches Erleben, neue Erlebens- Ver- tig wird angenommen, dass sich in Be- Fokusbereich 6 haltensmöglichkeiten stellen sich spontan ein zug auf die Foki etwas im Erleben und 6+ Leben des Patienten entscheidend ver- 7. Auflösung des Fokus 7– Integration, Selbstübereinstimmung, realitäts- ändern müsste, wenn es dem Patienten 7 gerechtes Erleben, Neugestaltungen besser gehen bzw. sich in substantieller 7+ Weise etwas verändern soll. Die auf der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik basie- rende Fokusliste wird in Tabelle 3 ge- (PAL) (Grande et al. 1997; Rudolf et al. stimmte therapeutische Richtung. Wir zeigt. Sie enthält 1994, 1997) haben wir in den letzten Jah- haben die sieben Stufen der APES-Skala ren ein Modell zur Erfassung von Verän- formal beibehalten und inhaltlich auf das a) das zentrale dysfunktionale Bezie- derungen in Psychotherapien und Psy- psychoanalytische Modell der therapeu- hungsmuster des Patienten, das so- choanalysen entwickelt, in dem die eben tischen Veränderung, wie es oben be- wohl aus dem vom Patienten be- beschriebenen Entwicklungslinien in der schrieben ist, bezogen. Die Formulierung richteten als auch aus dem im Un- Form einer Stufenskala zur Einschätzung der Stufen gründet auf dem Erfahrungs- tersuchungsgespräch sichtbaren des therapeutischen bzw. analytischen wissen analytischer Psychotherapie, wie Beziehungsverhalten herausgear- Prozesses konkretisiert sind. Im wissen- es in Fallberichten, Verlaufsdarstellungen beitet und in standardisierter Form schaftlichen Kontext gestattet diese Skala und Supervisionen auf kasuistischer Ebe- protokolliert wird (Grande et al. eine objektivierende Einschätzung des ne gewonnen wurde. In der Umstruktu- 1997). Stands, den ein Patient bis zu einem be- rierungsskala ist dieses Wissen unter Ein- b) mindestens einen, maximal drei der stimmten Punkt der Behandlung errei- beziehung psychoanalytischer Modellan- in der OPD-Konflikt-Achse defi- chen konnte. Das Modell ist andererseits nahmen (z.B. bezüglich Übertragungs- nierten lebensbestimmenden Kon- kliniknah, so dass es auch für diagnosti- prozessen, Abwehr, Internalisierung) flikte (Schüßler et al. 1996). sche Fragestellungen, die Planung von strukturiert. Darüber hinaus wurden in c) mindestens einen, maximal drei der Behandlungen, die supervisorische Ar- einer Pilotstudie Therapieverlaufsberich- aus der OPD-Struktur-Achse abge- beit und die Einschätzung von Therapien te aus Psychoanalysen, Psychotherapien leiteten (Rudolf et al. 1995, 1998) im Kontext der Qualitätssicherung ange- und stationären Behandlungen mit Hilfe und in Tabelle 3 aufgelisteten struk- wandt werden kann.Den Kern dieses Mo- qualitativ textanalytischer Verfahren auf turellen Auffälligkeiten. dells bildet die Heidelberger Umstruktu- die darin enthaltenen Veränderungskate- rierungsskala, deren Aufbau und Anwen- gorien hin untersucht. Diese aus thera- Die individualisierte Fokusauswahl dung nachfolgend dargestellt wird. peutischen Praxen gewonnenen Verände- setzt die Vertrautheit mit dem System Die Heidelberger Umstrukturie- rungsbeschreibungen wurden in das Stu- OPD voraus, dort sind die genannten rungsskala (Tabelle 2) stellt eine modifi- fenmodell integriert. Merkmale und Themen operational de- zierte Form der „Assimilation of proble- finiert. Die Auswahl geschieht ebenso matic experience scale“ (APES) von Stiles Die Erfassung des Problemfokus wie die Einschätzung der Foki auf der et al. (1992) dar. Mit dem Begriff Assimi- (der Foki) als Voraussetzung für die Heidelberger Umstrukturierungsskala lation wird in Anlehnung an Piaget ein Anwendung der in der wissenschaftlichen Anwendung Prozess bezeichnet, in dem schwierige Umstrukturierungsskala auf der Grundlage eines videographier- Erfahrungen angeeignet, integriert und ten diagnostischen Interviews, das in- umgestaltet werden. Die Autoren konzep- Die Anwendung der Umstrukturie- itial und im Therapieverlauf wiederholt tualisieren diesen Prozess schulenüber- rungsskala setzt die Formulierung ei- durchgeführt wird, um den jeweils er- greifend und ohne Bezug auf eine be- nes Problemfokus voraus, an dem der reichten Stand der Behandlung zu er- Psychotherapeut 4·2000 | 241
Originalien zungen enthält und insofern eine idealty- Tabelle 3 pische Vereinfachung darstellt. Auswahlliste für die zentralen Problembereiche (Foki) Stufe 1 – Abwehr/Nicht-Wahrnehmung Beziehung: Individualisierte Formulierung eines habituell-dysfunktionellen des Fokus: Beziehungsmusters Lebensbestimmende Konflikte Der Patient zeigt ein Wahrnehmungs- 1. Abhängigkeit /Autonomie 5. Schuldkonflikte defizit in Bezug auf seine konflikthaften 2. Unterwerfung/Kontrolle 6. Ödipal-sexuelle Konflikte Themen. Die psychodynamische An- 3. Versorgung/Autarkie 7. Identitätskonflikte nahme ist, dass er im Sinne der Abwehr 4. Selbstwertkonflikte 8. Eingeschränkte Konflikt- und Gefühlswahrnehmung unbewusst vermeidet, mit den Konflikt- Strukturelle Fähigkeiten/Vulnerabilitäten themen kognitiv oder emotional in Be- 1. Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung 4. Fähigkeit zur Objektwahrnehmung rührung zu kommen. ● Selbstreflexion ● Subjekt-Objekt-Differenzierung ● Selbstbild ● Empathie ● Therapeutische Beziehung: Eine Ar- ● Identität ● Ganzheitliche Objektwahr-nehmung beitsbeziehung ist auf dieser Grund- ● Affektdifferenzierung ● Objektbezogene Affekte lage noch nicht möglich, eine zentra- 2. Fähigkeit zur Selbststeuerung 5. Fähigkeit zur Kommunikation le und konturierte Übertragungsfi- ● Affekttoleranz ● Kontakt ● Selbstwertregulation ● Verstehen fremder Affekte gur existiert nicht. ● Impulssteuerung ● Mitteilen eigener Affekte ● Affektzustände: Indifferenz, Ah- ● Antizipation ● Reziprozität nungslosigkeit, evtl. diffuses Unwohl- 3. Fähigkeit zur Abwehr 6. Fähigkeit zur Bindung sein. Unter Umständen werden die zu ● Intrapsychische Abwehr ● Internalisierung den Konfliktthemen gehörenden Af- ● Flexibilität der Abwehr ● Loslösung fekte vom Gegenüber erlebt. ● Variabilität der Bindungen ● Fokusbezogene Veränderungen in der Realität sind noch nicht möglich, da es kein Fokusverständnis gibt. fassen. In der von uns durchgeführten im Detail diskutieren. – Die Skala be- Studie zur Untersuchung analytischer schreibt sieben aufeinanderfolgende Stufe 2 – Ungewollte Beschäftigung Langzeittherapien (Praxisstudie analy- Stufen der therapeutischen Entwick- mit dem Fokusbereich: tische Langzeittherapie PAL, Grande et lung. Jede Stufe kann in drei Ausprägun- al. 1997; Rudolf et al. 1994) geschieht gen markiert werden. So bedeutet die 3- Im Unterschied zu Stufe 1 ist das Fo- dies im Rahmen externer Untersuchun- die Einordnung auf Stufe 3 mit der Ten- kusproblem im äußeren Leben des Pa- gen durch die Mitarbeiter des Projekts denz zur vorangehenden Stufe 2. Dage- tienten jetzt störend geworden, in der in Anlehnung an einen Leitfaden für gen bedeutet 3 die Stufe im vollsten Sin- Begegnung mit sich selbst führt es zu OPD-Interviews (Schauenburg et al. ne der Definition, die in einem Manual unangenehmen Gedanken, Träumen 1998). Auf diese Weise können die Ver- ausgeführt und in Tabelle 2 stichwortar- oder Fehlhandlungen. Die Störungen änderungen als Bewegungen der Foki tig angegeben wird; 3+ meint die Stufe 3 sind so deutlich, dass sie eine Reakti- auf der Umstrukturierungsskala erfaßt mit Tendenz zur nachfolgenden Stufe 4. on des Patienten fordern. Das Stören- werden. Die Abbildung zeigt außerdem, dass de wird auf dieser Stufe nicht in der Wir möchten ausdrücklich darauf zwei Bereichen der Skala – auf den Stu- eigenen Person wahrgenommen, son- hinweisen, dass die Umstrukturie- fen 3 und 4 bzw. 5, 6 und 7 – Veränderun- dern der Außenwelt oder anderen Per- rungsskala grundsätzlich auch unab- gen unterschiedlicher Qualität möglich sonen zugeschrieben, wodurch eine hängig von der OPD und der in Tabel- bzw. zu erwarten sind, die wir durch die gewisse Stabilisierung erreicht wer- le 3 gezeigten Fokusliste verwendet Begriffe Bewältigung und Umstruktu- den kann. werden kann. In diesem Fall müssen rierung kennzeichnen. Wie noch genau- der oder die Foki, auf die die Skala an- er ausgeführt wird, können diese beiden ● Therapeutische Beziehung: Die The- gewendet wird, auf andere Weise ge- Veränderungsformen idealtypisch den rapie kommt am ehesten durch äuße- wonnen werden, z.B. mit Hilfe alternati- Wirkungsweisen von Psychotherapien ren Druck zustande, eine zentrale ver diagnostischer Instrumente oder bzw. Psychoanalysen zugeordnet wer- und konturierte Übertragungsfigur auch durch „freie“ klinische Fokusfor- den. Diese Zusammenhänge sollen nun hat sich in den Inszenierungen noch mulierungen. Damit eröffnen sich brei- anhand der einzelnen Stufen der Um- nicht herauskristallisiert. te Verwendungsmöglichkeiten im Rah- strukturierungsskala im Detail erläutert ● Affektzustände: Ärger über die Stö- men von Supervision, Intervision und werden. Wir betonen ausdrücklich, dass rung, Vorwürfe deswegen, Genervt- der Qualitätssicherung generell. die Skala zwar auf das Erfahrungswis- heit und Verleugnung der Störung; sen zu psychoanalytischen Therapien Unwohlsein, Gequältsein, sich ent- Die Stufen der Umstrukturierung und auf textanalytische Untersuchun- leert fühlen. gen gegründet ist (vgl. oben), als Opera- ● Fokusbezogene Veränderungen in Im Anschluß an diese Skizze unseres tionalisierung eines Prozessmodells je- der Realität sind nicht möglich, da es Vorgehens wollen wir nun Skalenstufen doch notwendigerweise bestimmte Set- kein Fokusverständnis gibt. 242 | Psychotherapeut 4·2000
Stufe 3 – Vage Fokuswahrnehmung: kennen lassen (Kunst statt Handwerk). Abschied handelt (von Selbst- und Ob- Erst solche Veränderungen stellen nach jektbildern, von Beziehungsvorstellun- Der Patient kann die Präsenz des Pro- unserem Verständnis eine echte „Um- gen und -hoffnungen). Das bedeutet blems nicht mehr völlig ausblenden strukturierung“ dar. eine zunehmend realitätsgerechtere und vermeiden. Das Fokusproblem be- Wahrnehmung und affektive Einstel- kommt für ihn eine kontinuierliche ● Therapeutische Beziehung: Sie ist auf lung gegenüber der äußeren Welt und Existenz; er hat eine Ahnung, dass es et- dieser Stufe voll etabliert im Sinne ei- den anderen Menschen. Diese Entwick- was mit ihm zu tun haben könnte. Die nes Arbeitsbündnisses bezogen auf lung ist im Entstehen, d. h. noch nicht Zuwendung zum Fokusproblem ge- ein umschriebenes Thema und eine tragfähig. Im affektiven Erleben ist v. a. schieht aber noch gezwungenermaßen gemeinsame Zielsetzung. Es haben die Erfahrung des Verlusts bestim- durch den Druck äußerer Schwierigkei- sich zentrale Übertragungsfiguren mend, während in Bezug auf das Kom- ten und interpersoneller Spannungen herausgebildet, die das Thema ausge- mende noch Unsicherheit und Ver- (im Gegensatz zu Stufe 5, wo der Patient stalten. zweiflung vorherrschen. das Fokusthema als etwas der eigenen ● Affektzustände: Interesse, Kompe- Person zugehöriges anerkannt hat). Die tenz, Tatkraft, (wütende) Entschlos- ● Therapeutische Beziehung: Die Ar- Zuwendung geschieht deshalb eher senheit, Optimismus. beitsbeziehung ist einerseits gefe- passiv. ● Fokusbezogene Veränderungen in stigt, kann aber durch das jetzt sehr der Realität finden im Sinne von Co- intensiv gewordene Übertragungsge- ● Therapeutische Beziehung: Der Pati- ping bzw. Bewältigung statt. schehen (Übertragungsneurose) und ent lässt sich punktuell berühren und verzweifelte Abwehrversuche passa- beginnt zu ahnen, dass die Therapie Stufe 5 – Auflösung alter Strukturen ger belastet oder sogar infrage ge- etwas Wertvolles für ihn enthalten im Fokusbereich: stellt sein. könnte; es beginnen sich charakteri- ● Affektzustände: Trauer,Verzweiflung, stische Übertragungsfiguren abzu- Im Unterschied zur Aktivität der Stufe 4 krisenhafte Stimmung, Ratlosigkeit, zeichnen, welche die Inszenierungen ist die Auseinandersetzung mit dem Fo- Verunsicherung, affektkathartische bestimmen. kus dadurch bestimmt, dass der Patient Erlebnisse. Punktuell deuten sich ● Affektzustände: Irritation, Gereizt- dem Thema nicht mehr aktiv und inter- auch Versöhnlichkeit und Dankbar- heit, Bedrücktheit, ängstliche An- essiert zugewandt, sondern ihm exi- keit an. spannung, Betroffenheit. stentiell ausgeliefert ist, d.h. von ihm ● Fokusbezogene Veränderungen in ● Fokusbezogene Veränderungen in überwältigt wird – er kann gewisser- der Realität: Auf dieser Stufe hat das der Realität sind sporadisch denkbar. maßen nicht mehr anders. In diesem Außen vorübergehend geringe Be- Zustand der Passion erfolgt die Ausein- deutung, weil der Patient hauptsäch- Stufe 4 – Anerkennung und Erkundung andersetzung nicht mehr aktiv im Sin- lich mit sich beschäftigt ist und die des Fokusbereichs: ne einer offensiven und interessierten Idee aufgegeben hat, dass sich das Hinwendung auf das Problem, sondern Problem nur im Außen auflösen ließe. Im Unterschied zu Stufe 3 verhält sich gezwungenermaßen. der Patient nun aktiv und offensiv im Früher erfolgreiche Formen der Stufe 6 – Neuordnung Umgang mit dem Fokusthema, er ist in- Abwehr greifen nicht mehr, sondern des Fokusbereichs: teressiert und beginnt die Verantwor- werden brüchig, so dass der Patient tung dafür zu übernehmen; in dem Be- Schmerz und Trauer nicht mehr von Der Patient ist nun gewissermaßen „un- mühen um Durchdringung gewinnt der sich fern halten kann. Projektionen ten angekommen“, eine Erleichterung problematische Bereich an Kontur. werden zurückgenommen, der Patient und Beruhigung tritt ein, die Verzweif- Mit der aktiven Zuwendung zum ist seiner Realität, seinen Beschädigun- lung legt sich, ein versöhnliches Erleben Problem wird ein Zugewinn an Steue- gen und Begrenzungen ausgeliefert. Es tritt in den Vordergrund. Das ist das rungsmöglichkeiten erreicht, es entste- gibt passagere und erfolglose Restituti- Kriterium des Wechsels von Stufe 5 nach hen Veränderungen aus „Bemühtheit“, onsversuche des Patienten, die Abwehr 6. Der Patient erlebt, dass er das Alte, d. h. „gutem Willen“ oder „Vernunft“. Solche aufzurichten und das verlorene Alte frühere Bewältigungs- und Abwehrfor- Veränderungen sind nicht „gereift und wiederherzustellen, z. B. durch Projek- men, nicht mehr braucht, dass er sich gewachsen“, sondern entspringen der tionen und verzweifelte Anklagen. nicht mehr so schützen muß, dass er die bewussten Bemühtheit des Patienten, Während der Patient auf Stufe 2 bisher unannehmbaren Erfahrungen der dabei „wild entschlossen“ wirken oder 3 die Schwierigkeiten gewisserma- besser akzeptieren und tolerieren kann. kann, die Dinge in den Griff zu bekom- ßen als „ärgerliche Zumutung“ zurück- In der Auseinandersetzung mit men. Das Ergebnis dieser Bemühung ist weisen und im Außen wahrnehmen dem Fokusproblem gibt es eine Wen- im gelungenen Fall die erfolgreiche kann, ist es auf Stufe 5 unabweisbar ge- dung; Racheimpulse und Schuldzuwei- „Bewältigung“ des Fokusproblems. Das worden, dass das Schwierige zu ihm sungen gegen wichtige Personen wer- ist zugleich der wesentliche Unter- selbst gehört und gerade dieses Erleben den von Bemühungen um Ausgleich schied zu den andersartigen Verände- gibt seinen Klagen ihre verzweifelt-wü- und gerechte Bewertung abgelöst, es rungen auf Stufe 6, die eher spontane tende Qualität. wird Vergebung möglich. Dabei ge- Züge aufweisen und eine kreativ gestal- Die Affekte des Schmerzes und der schieht es, dass Urteile über Umstände tende Aktivität des Unbewussten er- Trauer zeigen an, dass es sich um einen und Personen der Vergangenheit revi- Psychotherapeut 4·2000 | 243
Originalien diert und ihre positiven Aspekte erleb- geeignet. Im Unterschied hierzu war auf werden in Heidelberg und Berlin in Ko- bar werden, was auch Gefühle der Stufe 6 weniger ein Zustand als ein Pro- operation mit einer Züricher Studie Dankbarkeit einschließt. Andererseits zess beschrieben worden, wo sich Ver- psychoanalytische Langzeitbehandlun- können vorhandene Defizite und Be- änderungen spontan einstellen und da- gen mit hoher Stundenfrequenz (3–4 schädigungen anerkannt und ange- durch „überraschend“ und „erstaun- Sitzungen pro Woche) und psychody- nommen werden. Im Unterschied zu lich“ sind. namische Langzeitbehandlung mit Stufe 4 werden neue Lösungen nicht niedriger Stundenfrequenz (eine Sit- „wild entschlossen“ gesucht, sondern ● Therapeutische Beziehung: Das Fo- zung pro Woche) vergleichend unter- sie geschehen von selbst. Der Patient er- kusthema ist in seinen Übertra- sucht. In Abständen von anfangs 3 Mo- scheint nicht mehr als der bemühte gungsaspekten bearbeitet worden, naten, später 6 Monaten werden die Pa- Handwerker, sondern der kreative die entsprechenden Übertragungen tienten von einem Forschungsmitarbei- Künstler, der „erstaunlicherweise“ Din- konnten aufgelöst werden. Der Pati- ter interviewt und die Videoaufzeich- ge kann, die er zuvor nicht gekonnt hät- ent hat die Verantwortung in sich zu- nungen von zwei unabhängigen Ratern te oder Dinge unterlassen kann, die er rückgenommen, das Arbeitsbündnis hinsichtlich der Foki und der Umstruk- früher zwangsläufig tun musste. Der ist gelöst. turierungen eingeschätzt. Erste und Patient kann neu aufbauen und neu ● Affektzustände: Selbstgewißheit, In- aufgrund der noch nicht ausreichenden einrichten, dieses Neue hat den Charak- tegrität, Bodenständigkeit, Offenheit, Fallzahl vorläufige Beobachtungen wei- ter von etwas Gewachsenem, Selbstver- Selbstübereinstimmung, Souveräni- sen darauf hin, dass höhere Stufen der ständlichem, Eigenem. tät. Umstrukturierung in höherfrequenten ● Fokusbezogene Veränderungen in psychoanalytischen Behandlungen tat- ● Therapeutische Beziehung: Der Ana- der Realität mit dem Charakter freier sächlich erreicht werden und dass es lytiker gewinnt zunehmend auch die Neugestaltungen sind möglich. z.B. im Zusammenhang mit der auf Stu- Position eines realen Gegenübers, der fe 5 beschriebenen produktiven thera- Patient kann mehr und mehr zwi- Anwendungen des Modells peutischen Krise durchaus zu meßba- schen Übertragungsbeziehung und in der Psychotherapieforschung ren und vorübergehenden Symptom- Realbeziehung unterscheiden. Die und Qualitätssicherung verschlechterungen kommen kann, die therapeutische Arbeit des Patienten als Zeichen der Auflösung der alten gestaltet sich eigenverantwortlicher. Erste empirische Befunde entstammen Struktur günstig zu bewerten sind. Sol- ● Affektzustände: Erleichterung, Beru- einer Vorstudie, die an 49 stationär be- che Schwankungen in Verbindung mit higung, Versöhnlichkeit, Dankbar- handelten Patienten durchgeführt wur- regressiven Prozessen werden in Psy- keit, Überraschung und Erstaunen de. Hier wurde die Umstrukturierung choanalysen erwartet und als Voraus- über neue Möglichkeiten. am Anfang und am Ende einer dreimo- setzung substantieller Veränderungen ● Fokusbezogene Veränderungen in natigen intensiven stationären Thera- sogar begrüßt. der Realität im Sinne der gewachse- pie eingeschätzt (Grande et al., im Im Rahmen der beiden eben ge- nen und sich spontan einstellenden Druck). Es ergab sich, dass die Patien- nannten Studien wurden Reliabilitäts- neuen Lösungen und Handlungs- ten ihre Behandlung durchschnittlich untersuchungen durchgeführt, deren möglichkeiten. auf dem Niveau einer ungewollten oder Ergebnisse bereits vorliegen. Die Ra- vagen Fokuswahrnehmung beginnen tings erfolgten in wechselnder Kombi- Stufe 7 – Auflösung des Fokus: und sich im Verlaufe der 3-monatigen nation durch mehrere Rater (bei der stationären Therapie in Richtung auf Umstrukturierungseinschätzung wa- Der Patient hat sich das Neue sicher an- die Anerkennung und Erkundung des ren es 5, bei der Fokusauswahl 6). Für geeignet, der Fokusbereich ist nicht Fokus (Stufe 4) bewegen; etwa die Hälf- die Beurteilung der individuell ausge- mehr umkämpft, das Vergangene kann te der Patienten erreicht Stufe 4. Die wählten Foki auf der Umstrukturie- im Rückblick ausgeglichen bewertet von unabhängigen Ratern vorgenom- rungsskala haben wir auf der Grundlage werden. Der Patient kann Dankbarkeit mene Einschätzung der Umstrukturie- von n=306 Beurteilungen einzelner für das Wertvolle fühlen, das er in der rung korreliert hoch mit den globalen Foki (die in dieser Berechnung die „Fäl- Vergangenheit (von Eltern, Partnern Erfolgsbeurteilungen des Einzelthera- le“ darstellen) eine Interraterüberein- und Therapeuten) bekommen hat und peuten, des Visitenarztes und des stimmung r=0,77 gefunden. Die Relia- er kann akzeptieren, dass er anderes Schwesternteams, und zwar höher als bilitätsprüfung für die Fokusauswahl nicht bekommen hat und Beschädigun- alle symptom-bezogenen Verände- bezieht sich auf jene 4 Foki, die aus den gen hinnehmen musste. Der Patient ak- rungmaße. Diese Ergebnisse werden Bereichen Konflikt und Struktur (Ach- zeptiert das Vergangene und kann es als von uns so verstanden, dass die auf der sen III und IV) ausgewählt wurden; wie Eigenes erleben und als Ressourcen Umstrukturierungsskala gemessenen oben bereits angemerkt wird das dys- nutzen. Er ist von dem Fokusthema tiefergreifenden Veränderungen beson- funktionelle Beziehungsmuster in je- nicht mehr gefangen und deshalb reali- ders gut und besser als symptomatische dem Fall als Fokus definiert. Auf der tätsgerecht in Wahrnehmung und Af- Veränderungen das erfassen, was in sta- Grundlage von n=161 Fokusauswahlen fekt. Stufe 7 beschreibt einen Zustand tionären Behandlungen aus klinischer ergab sich ein einfaches Kappa von 0,59 der Integration, d. h. der Patient hat sich Perspektive als Erfolg bewertet wird. (ebenfalls wechselnd paarweises Rating das Neue als Ergebnis der Umwer- In der „Praxisstudie analytische von insgesamt 6 Urteilern). Dieser Wert tungs- und Anerkennungsprozesse an- Langzeittherapie“ (Grande et al., 1997) ist annehmbar, wenn man berücksich- 244 | Psychotherapeut 4·2000
tigt, dass die 4 Merkmale aus einer Liste Diskussion tische Psychotherapie C.G. Jungs unter- von immerhin 29 (30 abzüglich des Be- sucht, die Skala ohne Schwierigkeiten; ziehungsfokus) möglichen Foki auszu- Kritische Einwände sind aus unter- in Heidelberg und Berlin sind ebenfalls wählen waren. Zu berücksichtigen ist schiedlichen Richtungen möglich. Eine Psychoanalytiker unterschiedlicher Grup- auch, dass im Bereich der Achse „Struk- unter Psychoanalytikern oft geführte penzugehörigkeit (DGPT, DPG, DPV) tur“ nominell voneinander abweichen- Diskussion gilt der Frage, ob die tentati- beteiligt. de Fokusangaben zum Teil verwandte ve schrittweise Annäherung an ein Ver- Die Bezüge zu essentiellen psycho- psychologische Sachverhalte bezeich- stehen des Patienten, wie es der Thera- analytischen Konzepten sind gleich- nen, wie z.B. die Foki „Selbstbild“ und peut in jeder einzelnen Sitzung mög- wohl zahlreich gegeben. Die Themen „Identität“ innerhalb der Dimension lichst unvoreingenommen vollzieht, der Abwehr, des Widerstands und der „Selbstwahrnehmung“ oder „Empa- vereinbar ist mit einer vor Therapiebe- Unbewusstheit z. B. spielen in den Stu- thie“ und „ganzheitliche Objektwahr- ginn durchgeführten Diagnostik, wel- fen eins bis drei eine zentrale Rolle. Ihre nehmung“ innerhalb der Dimension che bereits den Kern der Problematik effektive therapeutische Bearbeitung „Objektwahrnehmung“ (vgl. Tabelle 3). des Patienten erfasst haben soll. Nach ist die Voraussetzung für das Fort- Da solche Differenzen als Nichtüber- unseren klinischen Erfahrungen und schreiten zu Stufe vier. Dort ist auch die einstimmung gewertet wurden, unter- konzeptuellen Vorstellungen schliessen therapeutische Arbeitsbeziehung defi- schätzt der Reliabilitätswert eher die sich beide Haltungen nicht aus: Eine nitiv etabliert. Übertragung und Ge- tatsächliche (klinische) Übereinstim- diagnostische Einstellung, die das in- genübertragung sind vom ersten Mo- mung. Dies wird deutlich, wenn man tersubjektive Geschehen der probatori- ment der Begegnung zwischen Patient die 21 Unteraspekte der Struktur den 6 schen diagnostischen Sitzungen kon- und Therapeut existent, aber erst auf Hauptdimensionen zuordnet und zu zeptuell einordnet und bezüglich ihres Stufe fünf dürfte jener Zustand voll ent- Gruppen zusammenfasst. In diesem Pathologiegewichts und der Verände- wickelt sein, der als Übertragungsneu- Fall ergibt sich ein deutlich besseres rungsrichtung bewertet, ist die Voraus- rose beschrieben wird: Die bedin- Kappa von 0,70. setzung für die Indikationsstellung und gungslose Aktualisierung der unbe- Der kliniknahe Charakter unseres für die Erarbeitung eines Therapie- wussten Beziehungsbereitschaften des Konzepts ermöglicht es, dass das vorge- plans ebenso wie die Verabredung der Patienten im Hier und Jetzt des thera- stellte Modell der Veränderungsmes- Zusammenarbeit auf bestimmte Thera- peutischen Miteinanders. Die Durchar- sung ohne weiteres therapiepraktisch pieziele hin. Ein solches diagnostisches beitung der Übertragung hat ihren Ak- im Sinne der Behandlungsplanung und Vorwissen ist nicht gleichbedeutend zent auf Stufe sechs, ihre Auflösung und –evaluation und damit im Kontext der mit einer Vorwegpathologisierung des die Internalisierung der neuen Bezie- Qualitätssicherung Anwendung finden Patienten, wie gelegentlich von psycho- hungserfahrungen ist auf Stufe sechs kann. In den berichteten Untersuchun- analytischer Seite als Befürchtung ge- bis sieben anzusiedeln. Bezüglich der gen haben die pro Patient ausgewählten genüber jeglicher Diagnostik einge- therapeutischen Interventionen ist an- Problemebereiche den Stellenwert von wandt wird. Nicht nur in der psycho- zunehmen, dass auf Stufe 1 bis 3 am Forschungsfoki, die dem behandelnden analytischen Fokaltherapie konnte ge- ehesten Klarifizierung und Konfronta- Therapeuten nicht bekannt sind und zeigt werden, dass ein initiales gemein- tion, auf der Stufe 3 und 4 Konfrontation insofern nicht auf die Therapie Einfluss sames Verständnis für den Kern der und fokale Deutung und auf der Stufe 5 nehmen können. Es liegt jedoch nahe, Problematik mit besseren Behand- bis 6 schwerpunktmäßig Deutung An- diese Forschungsfoki praktisch zu ver- lungsergebnissen korreliert ist als eine wendung finden. wenden und zu Behandlungsfoki zu Ausgangssituation, in der vieles offen machen, in denen eine Zielrichtung für oder unklar geblieben ist. Zudem ist die Behandlung impliziert ist. Die Eva- der Wechsel zwischen einer Einstellung Fazit für die Praxis luation der Behandlungsergebnisse des sich emotional und intuitiv auf die kann anhand der Umstrukturierungs- therapeutische Beziehung Einlassens Diese kurzen Bemerkungen deuten nach skala vorgenommen werden. Auch im einerseits und der Einstellung des ra- unserer Auffassung darauf hin, dass die Verlauf kann im Sinne einer prozessbe- tionalen Interpretierens innerhalb des Heidelberger Umstrukturierungsskala gleitenden Evaluation wiederholt ge- Bezugsrahmens eines theoretischen sowohl konzeptuell als auch hinsichtlich prüft werden, ob an den ausgewählten Konzepts für die Arbeit von Psychoana- ihrer wissenschaftlichen und klinischen Foki tatsächlich gearbeitet wird und lytikern ohnehin unerlässlich. Anwendung Potentiale aufweist, die in der wie sich der Umgang des Patienten mit Eine weitere Frage dürfte die theo- Zukunft fruchtbar gemacht werden kön- einem Fokusproblem entwickelt. Wir retischen Annahmen und Setzungen nen. Es ist daher unsere Hoffnung, mit sind gegenwärtig dabei, eine leicht zu betreffen, die in die Stufen der Skala diesem Instrument einen Beitrag zur For- handhabende Version unseres Instru- eingewoben sind. Nach unserer Auffas- schung und Qualitätssicherung innerhalb ments für die Verwendung in der Quali- sung sind diese Annahmen so konsens- der Psychoanalyse und psychoanaly- tätssicherung zu entwickeln. Ein ähnli- fähig, dass eine breite Akzeptanz inner- tischen Therapien leisten zu können. cher Ansatz ist von Heuft et al. (1996) halb der Gruppe der psychodynami- auf der Basis einer alternativen Zusam- schen Ansätze möglich sein sollte. So menstellung von Behandlungsfoki und handhabt z.B. die im Rahmen unserer -zielen entwickelt worden (Heuft et al. Langzeittherapiestudie kooperierende 1998). Züricher Arbeitsgruppe, die die analy- Psychotherapeut 4·2000 | 245
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