Die Jungen und die Alten - Belegschaftsintegration als Gestaltungsaufgabe - WSI
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Die Jungen und die Alten – Belegschaftsintegration als Gestaltungsaufgabe Uwe Jürgenhake/Thomas Langhoff Ulrike Schierholt/Claudia Schulze-Aden Cordula Sczesny/Sascha Wingen Die Tatsache, dass der Anteil der alten Menschen in der Bevölkerung immer weiter ansteigt, der Anteil der jungen Menschen dagegen weiter abnimmt, spiegelt sich bereits heute in den Alterspyramiden einzelner Unternehmen wider. In Zukunft wird sich dieser Wandel dann massiv auch auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben bemerkbar machen. Der Anteil der 50- bis 65-jährigen Personen im erwerbsfähigen Alter wird von 30 % im Jahr 2000 bis auf 39 % im Jahr 2020 ansteigen, so das Statistische Bundesamt 2003. Welche Auswirkungen werden diese Entwicklungen vor allem auf klassische Produktionsunternehmen haben? Mögliche Antworten auf die Herausforderungen des demografischen Wandels werden am Beispiel der Branchen Gießerei und Schmiede skizziert und in den forschungspolitischen Rahmen des EQUAL-Programms eingeordnet. sem Jahrzehnt waren die 30- bis 40-Jähri- eine betriebsbezogene Beschäftigungsdau- 1 Demografischer Wandel gen die stärkste Altersgruppe, die als die geburtenstarken Jahrgänge in den 80er Jah- ren in das Erwerbsleben eingetreten waren. er von über 15 Jahren haben, so hoch sein wird wie nie zuvor. Die präsentierten Daten sind Durch- und alternde Ohne diese starke Gruppe wären die Res- schnittswerte über die Erwerbstätigen in Belegschaften trukturierungsprozesse in den Unterneh- Deutschland. In den Unternehmen stellt men in den 90er Jahren sehr viel schwieri- sich die Problematik alternder Belegschaf- Deutschland befindet sich in einem Alte- ger gewesen, denn diesen geburtenstarken ten sehr heterogen (klassischer Metallbe- rungsprozess der Erwerbstätigen, der von Jahrgängen folgten geburtenschwache trieb vs. schnell wachsendes Dienstleis- Mitte der 80er Jahre, dem Eintritt der ge- Jahrgänge. Diese geburtenschwachen Jahr- tungsunternehmen) dar. Selbst innerhalb burtenstarken Jahrgänge ins Erwerbsleben, gänge sind heute zwischen 30 und 40 Jahre einer Branche gibt es signifikante Unter- bis zum Jahr 2020, dem beginnenden alt. Seit Beginn des neuen Jahrhunderts schiede (siehe Alterstrukturen der Auto- Übergang dieser Jahrgänge in die Rente, sind – folgerichtig – die 40- bis 50-Jährigen mobilindustrie in Volkholz/Langhoff 2002). andauert. In diesen 36 Jahren ändert sich die größte Altersgruppe. Sie sieht sich heu- Forschungspolitisch ist es sinnvoll, in Bran- die Alterszusammensetzung nachhaltig. te damit konfrontiert, bis zum Alter von Gab es bis 1984 deutlich mehr jüngere als 65 Jahren arbeiten zu müssen, ohne aller- ältere Erwerbstätige, so wird es um 2020 dings zu wissen, wie dies bei zunehmen- genau umgekehrt sein (Prognos 1998). Ge- der Arbeitsverdichtung und psychophysi- 1 Die folgenden Angaben beziehen sich sämtlich auf genwärtig herrscht – grob gerechnet – Pa- scher Belastung zu bewältigen ist (Langhoff die von Prognos (1998) veröffentlichten Daten. rität, d.h. beide Altersgruppen sind gleich 2003). stark. Diese Änderung der Alterszusam- Ab 2010 werden die 50- bis 60-Jährigen mensetzung ist irreversibel, zumindest für die stärkste Altersgruppe bilden. Alle bis zu die längste Zeit des 21. Jahrhunderts. Sie ist diesem Zeitraum erfolgten Versäumnisse, Dr. Uwe Jürgenhake, Ulrike Schierholt, durch Zuwanderung abmilderbar, aber wie z.B. unterlassene Prävention in Bezug Dr. Cordula Sczesny, Soziale Innovation nicht aufhebbar. Die Veränderung der Al- auf Gesundheit, Bildung und arbeitsorien- GmbH, Dortmund. Arbeitsschwerpunkte: terszusammensetzung der Erwerbstätigen tierte Gestaltung, sind dann kaum noch Koordination der Entwicklungspartnerschaft; setzt sich nach 2020 nicht fort. Sie bleibt auf aufzuarbeiten. Es wird zu einer intergene- systematische Personalentwicklung und dem dann erreichten Niveau in etwa beste- rativen Umverteilung von Arbeit kommen, Arbeitsgestaltung. hen, dafür aber beginnt die Erwerbsbevöl- d.h. Ältere müssen die Arbeit von Jüngeren e-mail: sczesny@soziale-innovation.de kerung bereits ab 2010 insgesamt deut- ausführen, weil es zu wenig Junge gibt. Dr. Thomas Langhoff, Sascha Wingen, licher und auf Jahrzehnte unvermeidbar zu Besonders dramatisch wird sich diese Prospektiv GmbH, Dortmund. Arbeits- sinken (Volkholz/Kiel/Wingen 2002). Umschichtung bei Tätigkeiten mit be- schwerpunkte: Altersstrukturanalyse, Rekru- Für das Verständnis der Auswirkungen grenzter Dauer (z.B. Schichtarbeit, Steh- tierung und Kompetenzpass. des demografischen Wandels in den Unter- berufe, Fahrtätigkeiten, Burnout-Berufe e-mail: wingen@prospektiv-do.de nehmen ist die Beschäftigung mit der Wan- usw.) auswirken. In diesem Jahrzehnt wird Claudia Schulze-Aden, Bildungswerk derung von Alterskohorten sinnvoll.1 Be- die Wahrscheinlichkeit stark zunehmen, Witten-Hattingen, Hattingen. Arbeitsschwer- zogen auf die vorherrschenden Alters- dass die Arbeitgeber eine grundlegende punkte: GUSSTAV und Führungskräfte- kohorten waren die 90er Jahre geradezu die Änderung des Kündigungsschutzes einfor- entwicklung. „goldenen Jahre“ der Unternehmen. In die- dern werden, da die Gruppe derjenigen, die e-mail: claudia.schulze-aden@bwh.de © WSI Mitteilungen 2002-2008 WSI Mitteilungen 10/2003 597 Diese Datei und ihr Inhalt sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck und Verwertung (gewerbliche Verviel- fältigung, Aufnahme in elektronische Datenbanken, Veröffentlichung online oder offline) sind nicht gestattet.
chen, die heute schon vom demografischen Abb. 1: Altersstruktur in der Gießerei-Industrie - in % - Wandel akut betroffen sind, Modellvorha- ben zu etablieren, die Konzepte und arbeits- 49 50 orientierte Lösungen hervorbringen. 45 2 Branchenspezifische 40 30 32 30 Zuspitzung: Das Beispiel der Gießerei- und % Schmiedebranche 20 16 Die Gießerei- und die Schmiedeindustrie 13 erleben zur Zeit eine drastische Verände- 8 10 7 rung ihrer Rahmenbedingungen, die auch in absehbarer Zukunft noch andauern wird. Dazu zählen ein wachsender Kon- 0 kurrenzdruck unter dem Zeichen globali- < 30 30-40 41-57 > 57 sierter Märkte, immer höhere Anforderun- Arbeiter* Angestellte** gen an die Qualität der Produkte sowie der *Davon 61 % mit Zeitlohn, 28 % Ausländer, 1 % Neue Bundesländer, 4 % Auszubildende Einzug neuer Verfahrenstechniken und In- **Davon 68 % mit Führungsfunktion. Quelle: Wichmann, N., Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage bei den deutschen Eisen-, formationstechnologien. Dies gilt für an- Stahl- u. Tempergießereien, Oktober 2000, Deutscher Gießereiverband (DGV). dere Branchen auch, trifft die Gießerei- und die Schmiedeindustrie aber in beson- derer Weise; denn das übliche Bild von der technologischen Spitzenprodukten erfolgt. Jahren werden aber alle Industriezweige „schwarzen Zunft“ mit altindustriell Es zeichnen sich folgende Entwicklungen mit diesem Nachwuchsproblem zu kämp- strukturierten, körperlich harten und an- ab, die diese Einschätzung unterstützen: fen haben. spruchslosen Tätigkeiten prägt noch im- mer die öffentliche Wahrnehmung dieser (1) Durch den sozialorientierten Beschäf- (2) Viele Unternehmen können ihre Aus- Branchen. Es lässt sich allerdings zeigen, tigungsabbau in den letzten Jahren wurden bildungsstellen für Facharbeiter nicht mit dass der Begriff high-tech nicht nur auf gerade diejenigen Personengruppen entlas- geeigneten Bewerbern besetzen. An den Branchen wie Elektronik, Optoelektronik, sen bzw. verrentet, die entweder jung ge- Fachhochschulen und Universitäten sind Mechatronik, Biotechnologie etc. ange- nug, um auf dem Arbeitsmarkt noch eine Studiengänge mit dem Schwerpunkt Gie- wendet werden sollte, sondern vielmehr andere Anstellung zu finden oder alt genug ßerei/Schmiedetechnik unterbelegt, die auch auf diejenigen Branchen, die mit sol- waren, um vorzeitig in den Ruhestand zu Zahl der Studienanfänger ist drastisch ge- chen Technologien tagtäglich umgehen, wechseln. So ist die Gruppe der unter 30- sunken und bleibt auf diesem niedrigen oftmals Akteur in der Wertschöpfungsket- Jährigen in den Betrieben deutlich zu Stand. Gleiches gilt auch für externe Wei- te der o.g. Branchen sind und deshalb de- schwach vertreten, aber auch die über 50- terbildungsangebote technischer Institute ren Qualitätsnormen und raschen Wandel Jährigen haben nur noch einen geringen und für Berufsfachschulen. mit vollziehen müssen. Anteil (Abbildung 1). Damit ist absehbar, Die nächsten fünf bis zehn Jahre wer- dass im Verlauf der nächsten 15 Jahre rund (3) Über Erfolg und Qualität eines Pro- den darüber entscheiden, ob diese Indus- die Hälfte der Belegschaft aus den Betrie- duktes entscheidet trotz aller Technik im- trien ihren schwer erkämpften Standard ben ausscheiden wird. Zieht man zudem in mer noch zum großen Teil das Know-how ausbauen, halten oder womöglich verlieren Betracht, dass eine Beschäftigung in Gieße- und das Wissen der Experten auf allen Ebe- werden. Ihre technologische Basis wird so- reien auf hohem Leistungsniveau bis zur nen und für sämtliche Prozesse innerhalb wohl in der Werkstofftechnik, Konstrukti- Verrentung mit 65 Jahren nur bedingt zu einer Gießerei, angefangen von der Betei- ons- und Verfahrenstechnik als auch im realisieren ist, so wird deutlich, dass die ligung an der Konstruktion über den Mo- Bereich Modellbau mit hoher Wahrschein- Leistungsfähigkeit der Belegschaften in den dellbau, die Bereitstellung der Schmelze, lichkeit in den nächsten Jahren noch das nächsten 15 Jahren zu sinken beginnt. den eigentlichen Gießprozess bis zu den Marktniveau mitbestimmen. Die Proble- Gleichzeitig gibt es auch heute schon un- Stufen der Nachbearbeitung. Über die me verschärfen sich jedoch in Bezug auf terdurchschnittlich wenige Mitarbeiter un- Güte der Qualifikation eines Beschäftigten Mitarbeiter, Organisation, Entwicklung ter 30. Die Gießereien und Schmieden wer- entscheidet aber nicht nur die Güte der kundenorientierter Dienstleistungen und den ihren Nachwuchsbedarf daher bei ei- Ausbildung, sondern auch die in der Ar- Image der gesamten Branche. Von der Lö- nem immer geringer werdenden Angebot beitspraxis erworbene Erfahrung. Erfahre- sung dieser Probleme wird es abhängig an jungen Arbeitskräften zu decken haben. ne Mitarbeiter/-innen werden jedoch in sein, ob am Standort Deutschland lediglich Für diese bereits heute prekäre Lage, dürf- absehbarer Zeit aus dem Erwerbsleben aus- Entwicklungsarbeiten auf Weltniveau er- te nicht zuletzt das Image der Branchen scheiden, wodurch ein Abfluss des (Erfah- folgen oder ob auch eine Produktion von ausschlaggebend sein; in den kommenden rungs-)Wissens der älteren Mitarbeiter un- 598 WSI Mitteilungen 10/2003
vermeidbar scheint. Bislang gibt es gerade entwicklung und der Integration unter- in Produktionsunternehmen noch keine Vorstellungen, geschweige denn Instru- mente, wie dieser Wissens- und Erfah- 3 Zukunftsaufgaben für Unter- schiedlicher Belegschaftsgruppen müssen diesen Prozess begleiten. rungsabfluss verhindert werden kann. nehmen und Forschung Bereits diese wenigen Beispiele zeigen, dass es für die Überlebensfähigkeit der Gieße- (4) In zahlreichen Gießereien und Schmie- Die Unternehmen der Gießerei- und rei- und Schmiedeindustrie wichtig ist, ihre den setzt sich die Produktionsmannschaft Schmiedebranche genauso wie viele weite- internen personellen und strukturellen überwiegend aus un- und angelernten Mit- re produzierende Betriebe sehen sich auf- Probleme zu meistern. Dazu gehören effi- arbeitern zusammen. Nur ein geringer Teil grund der aktuellen Situation mit folgen- ziente Abläufe und Organisationsstruktu- der Beschäftigten hat eine fachspezifische den Aufgaben konfrontiert: ren, veränderte, auf die internen und exter- Ausbildung absolviert. Über Jahre wurden nen Kundenanforderungen ausgerichtete die Mitarbeiter vor dem Hintergrund einer – Aufgrund der Schwierigkeiten, geeigne- Denk- und Arbeitsweisen, breiter und auf den Einzelarbeitsplatz orientierten Ar- ten Nachwuchs für die Lehr- aber auch aka- höher qualifizierte Belegschaften sowie der beitsorganisation an einem Arbeitsplatz demischen industriellen Berufe zu finden Aufbau eines systematischen Beschäfti- angelernt und dort eingesetzt. Im Laufe ih- (absehbarer Facharbeiter- und Ingenieur- gungsmanagements (von der Einstellung rer z.T. langjährigen Tätigkeit haben sie mangel) gilt es, die Ursachen für das feh- bis zum Ausscheiden aus dem Betrieb). Ge- sich an diesem Arbeitsplatz ein umfassen- lende Interesse junger Menschen an einer fordert ist ein integrierter Ansatz zur Mo- des Erfahrungswissen angeeignet und kön- Tätigkeit in Gießereien und Schmieden zu bilisierung der Humanressourcen und zur nen zu Recht als Experten für diesen Pro- analysieren und innovative Ansätze zur Verbesserung der internen Strukturen, wo- duktionsausschnitt bezeichnet werden. Die zielgruppengerechten Information über bei sowohl das gesamte Unternehmen als negative Seite dieses Personaleinsatzes ist, Arbeitsbedingungen und berufliche Per- auch der einzelne Mitarbeiter in den Mit- dass die Mitarbeiter in nur begrenztem spektiven zu entwickeln, um dem negati- telpunkt des Interesses rücken. Umfang auf anderen Arbeitsplätzen flexi- ven Image der Branchen entgegen zu wir- Angewandte Forschung kann hier die bel einsetzbar sind. Ein Verständnis von ken. Hierzu müssen alle Arbeitsmarktak- Unternehmen unterstützen, indem sie Produktionszusammenhängen im Hin- teure (Schulen, Arbeitsämter, Bildungsträ- hilft, blick auf Qualität, Termine und Kosten ist ger, etc.) in einen gemeinsamen Dialog- kaum vorhanden. Hinzu kommt, dass die- prozess eingebunden und entsprechende (1) innovative Ansätze zur Erhöhung der se Belegschaftsgruppen nur in sehr gerin- Kooperationsformen entwickelt werden. Arbeitsmarktattraktivität von Gießerei- gem Maße von systematischen Weiterbil- Zusätzlich sind neue Formen der betrieb- und Schmiedebetrieben in ihrem lokalen dungsaktivitäten profitieren (Bellmann/ lichen Organisation und neue Karrierewe- und regionalen Umfeld zu entwickeln, Leber 2003). ge zu entwickeln und umzusetzen, welche die Attraktivität von Tätigkeiten in Gieße- (2) geeignete Wege und Konzepte zur Re- Trotz aller Bemühungen der Verbände und reien und Schmieden erhöhen, um jungen krutierung von Nachwuchskräften in Ko- Unternehmen zur Imageverbesserung gel- Nachwuchs beiderlei Geschlechts für die operation mit Arbeitsmarktakteuren zu ten die Gießerei- und die Schmiedebranche Arbeit in der Branche zu gewinnen. entwickeln und zu implementieren, noch immer als schmutzige Industriebran- – Gleichzeitig ist es von hoher Priorität, chen. Das Stigma von eintöniger, körper- die Leistungsfähigkeit der älteren Mitar- (3) Wege zu finden, das (Erfahrungs-) lich harter und technisch uninteressanter beiter/-innen möglichst langfristig zu er- Wissen der Mitarbeiter systematisch zu er- Arbeit prägt das Bild von Gießereien in der halten, anstatt sie in die Frühverrentung zu fassen und innovierend und problem- breiten Öffentlichkeit. Dabei kann nicht entlassen. Besonders in betrieblichen Be- lösungsorientiert zu nutzen, verschwiegen werden, dass es diese körper- reichen, für die heute noch Facharbeiter lich belastenden Arbeitsplätze auch nach zur Verfügung stehen, muss in einigen Jah- (4) bei lernungewohnten Mitarbeitern die wie vor noch gibt. Die Realität ist jedoch ren verstärkt auf An- und Ungelernte Veränderungs- und Lernbereitschaft zu differenzierter: Längst sind modernste „zurückgegriffen“ werden, weil es an qua- fördern und ihnen den Rahmen zu bieten, Technologien und flexible Organisations- lifiziertem Nachwuchs mangelt. Diese ver- notwendige Weiterentwicklungen auch strukturen in die Werke eingezogen, und gleichsweise lernungewohnten Beschäftig- vollziehen zu können, sie verlangen den Facharbeitern und Inge- tengruppen müssen – z. T. erstmals – in nieuren hohe fachliche und soziale Fähig- den Mittelpunkt der Qualifizierungsbe- (5) auf betrieblicher Ebene den systemati- keiten ab. Und auch von den ungelernten mühungen rücken (Jürgenhake/Schuma- schen Austausch von Wissen in Theorie Mitarbeitern wird zunehmend erwartet, cher 2000). und Praxis zwischen den unterschiedlichen dass sie selbständig und verantwortungs- – Die (wenigen) neuen, in der Regel jun- Beschäftigtengruppen zu fördern, bewusst entscheiden und handeln. gen Mitarbeiter, die nach einer Ausbildung oder einem Studium in ein Unternehmen (6) die Organisationsstrukturen darauf- eintreten, bringen hingegen ein Bündel von hin zu überprüfen, inwieweit sie alternsge- – verstärkt – theoretischem Wissen mit, das recht sind und den systematischen Wis- in die praktische Arbeit transferiert wer- sensaustausch zwischen unterschiedlichen den muss. Beschäftigtengruppen fördern und sie ggf. – Systematische Konzepte der Personal- entwickeln helfen, WSI Mitteilungen 10/2003 599
(7) bei der Organisation des Wissens- Tabelle 1: Altersstruktur eines mittelständischen Metallbetriebs transfers und der Aktivierung von Wissen in NRW (367 Mitarbeiter [ohne Azubis]; Verrentung ab 65 Jahren) die unterschiedlichen Voraussetzungen der 2002 2007 Lernenden zu berücksichtigen. Ältere an- unter 30 bis 40 bis 50 J. u. unter 30 bis 40 bis 50 J. u. gelernte Mitarbeiter lernen z.B. anders als 30 J. 39 J. 49 J. älter 30 J. 39 J. 49 J. älter junge Facharbeiter. Die bekannten Ansätze Führungskräfte techn./kaufm. im Wissensmanagement lassen sich auch Angestellte 0 2 4 8 0 0 6 6 nicht ohne weiteres auf die oben hervorge- Meister( Vorarbeiter 0 5 10 8 0 0 9 14 hobene Fragestellung des Wissenstransfers Mitarbeiter bei lernungewohnten Fertigungsarbeitern techn./kaufm. übertragen. Sie sind fast ausschließlich für Angestellte 3 9 10 10 2 1 11 17 die so genannten Wissensarbeiter anwend- Facharbeiter 24 37 65 42 14 24 56 70 An- und bar (Wehner/Clases/Manser 1999). Auf- Ungelernte 7 19 40 64 0 13 30 82 grund anderer bzw. kaum vorhandener Insgesamt 34 72 129 132 16 38 112 189 Lerngeschichte bei formal niedrig qualifi- Quelle: Anonymisiertes Beispiel Betriebspool Prospektiv; Instrument: ASTRO© – zierten Personen gilt es hier, neue Wege zu Werkzeug zur Analyse von Altersstrukturen für die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen Hans Böckler Personalpolitik in Untenehmen Stiftung entwickeln. oben skizzierten Zukunftsaufgaben Akteu- Branchen der gesamtindustriellen Ent- re aus der Gießerei- und Schmiedeindus- wicklung in Deutschland voraus. Daher er- 4 Bearbeitung der Zukunfts- trie zusammengeschlossen, allen voran der Deutsche Gießereiverband und die IG Metall, die schon in Branchenprojekten des warten wir insbesondere in den Bereichen der Qualifizierung Älterer sowie in der Ent- wicklung alternsgerechter Organisations- aufgaben im EQUAL- Humanisierungsprogramms (HdA-Pro- strukturen Ergebnisse, die weit über die Vorhaben GENERA gramm) kooperiert hatten. Gemeinsam Gießerei- und Schmiedeindustrie hinaus mit derzeit 17 Pilotunternehmen und For- von Interesse sind. Arbeitsforschung, wie sie sich in der EU- schungs-, Beratungs- und Qualifizierungs- Erste konkrete Ergebnisse, bezogen auf Gemeinschaftsinitiative EQUAL darstellt, gesellschaften erarbeitet dieser Projekt- die oben dargestellten Problem- bzw. Auf- zielt vor allem darauf ab, Diskriminie- verbund praxistaugliche Lösungen. Die gabenbereiche im Kontext der Bewältigung rungen und Ungleichheiten von Arbeiten- GENERA–Philosophie setzt dabei an zen- des Themas demografischer Wandel in der den und Arbeitssuchenden am Arbeits- tralen industrie- und arbeitspolitischen Gießerei- und Schmiedeindustrie, werden markt zu verhindern. Der hier verfolgte Eckpunkten an: Unter arbeitspolitischen im Folgenden vorgestellt. Sie sind dabei Ansatz baut auf einer Bündelung von Ka- Aspekten geht es um personalpolitische nicht als Einzelmaßnahmen zu verstehen, pazitäten und Kompetenzen auf, indem Strategien, die es ermöglichen, Arbeitneh- sondern bauen konzeptuell aufeinander regionale oder thematische Netzwerke – so mern über den gesamten Zeitraum ihres auf bzw. bedingen sich gegenseitig. Je nach genannte Entwicklungspartnerschaften – Arbeitslebens adäquate Arbeitsplätze anzu- spezifischer Problemlage der begleiteten im Zentrum der Arbeit stehen und nicht bieten, d.h. ihnen sinnhaltige und produk- Unternehmen liegen die Schwerpunkte z.B. das einzelne Forschungsinstitut. Bei tive Arbeitsinhalte zu schaffen. Damit stellt eher im Bereich Rekrutierung oder Ein- EQUAL werden Netze aus Arbeitsmarktak- sich vor allem die Frage des lebenslangen gangsqualifizierung, im Bereich des Wis- teuren, Trägern, Nutzern und Forschern Lernens gerade für Beschäftigtengruppen, senstransfers bzw. der systematischen Per- gebildet, um so alle betroffenen Parteien die nur geringe formale Qualifikationen sonalentwicklung oder in generellen Ent- in den Entwicklungs- und Implemen- und lange Weiterbildungsabstinenz auf- wicklungsszenarien. tierungsprozess mit einzubeziehen. For- weisen. Zum anderen stellt sich die Frage schung ist damit immer konkret bezogen nach dem Arbeitseinsatz bei körperlicher Altersstrukturanalyse auf ihren Anwendungsgegenstand und Leistungsminderung. Bezogen auf die Zu- Viele Unternehmen kennen nicht ihre der- ihre späteren Nutzer und erhält nur durch kunft von Industriearbeit in Deutschland zeitige Altersstruktur und deren zukünfti- diese ihre Berechtigung. geht es darum, attraktive Arbeitsplätze zu ge Entwicklung. Die Erfassung und Analyse Der EQUAL-Rahmen scheint beson- schaffen und zugleich neue potenzielle Be- der Altersstruktur der Belegschaft bietet ders geeignet, der Herausforderung zur schäftigtengruppen ins Visier zu nehmen jedoch die Möglichkeit, zukünftige Ent- Entwicklung neuer Konzepte für die Be- und zu bewerben. Damit verfolgt das Pro- wicklungen zu antizipieren und präventiv wältigung des demografischen Wandels zu jekt auch eine arbeitsmarktpolitische Am- tätig werden zu können (vgl. hierzu Köch- begegnen. Zum einen können in diesem bition, die über den Erhalt bzw. die Schaf- ling 2002). Rahmen innerhalb eines Projektverbundes fung von Arbeitsplätzen hinausgeht: die Tabelle 1 zeigt schematisch die Alters- verschiedene Aspekte des Themas abge- Erzeugung der Bereitschaft und der be- struktur eines typischen Metallbetriebes deckt werden, zum anderen bietet der an- trieblichen Voraussetzungen, um diese Ar- einschließlich einer bloßen Fortschreibung wendungsorientierte Ansatz die Möglich- beitsplätze auch Menschen zu öffnen, die bis 2007. Die Betrachtung der Fortschrei- keit, Instrumente und Methoden zu ent- aufgrund persönlicher Merkmale bislang bung gibt Hinweise darauf, welche perso- wickeln, zu erproben und zu transferieren. keine Beschäftigungschance in den meisten nal- und arbeitsorientierten Strategien für In der Entwicklungspartnerschaft GE- Unternehmen der Branchen hatten. das Unternehmen zu entwickeln sind. NERA haben sich zur Bearbeitung der Bezüglich der Altersstruktur sind beide Köchling (2002) unterscheidet hier bei- 600 WSI Mitteilungen 10/2003
bogens erfolgt dabei in einer betrieblichen Abb. 2: Personalbedarfsermittlung und Nachwuchsgewinnung Projektgruppe unter Beteiligung des Be- triebsrates und der betrieblichen Vorge- 1. Analyse der Beleg- 2. Ermittlung des kurz- und 3. Bewertung bisheriger setzten. Der Selbsteinschätzung der eige- schaftsstruktur nach langfristigen Personalbedarfs Rekrutierungsmethoden und nen Kompetenzen durch jeden Mitarbeiter Alter, Qualifikation, aufgrund altersbedingter -wege zur Gewinnung von Auszubildenden (z.B. Betriebs- wird in einem nächsten Schritt die Fremd- Geschlecht, Nationalität Abgänge besichtigung, Praktika, Firmen- einschätzung durch den Meister gegen- präsentation in Schulen) übergestellt. Im Rahmen von Berufsent- wicklungsgesprächen werden die beiden 6. Entwicklung eines 5. Kontaktaufnahme mit Sichtweisen zusammengefügt. Das Ergeb- 4. Auswahl von Schulen Konzepts zur Präsen- Schulen hinsichtlich im regionalen Umkreis von nis ist eine von Mitarbeiter und Meister ge- tation der Gießerei Interesse an Kooperation 30 km tragene Einschätzung über den aktuellen in Schulen "Schule und Gießerei" Qualifikationsstand und zukünftige Ent- 9. Vereinbarung weiterer wicklungsmöglichkeiten. Aufgabe ist es 7. Vorbereitung von 8. Durchführung von Kooperationsaktivitäten mit anschließend, diese im Abgleich mit dem Präsentation und Firmenpräsentationen in den Schulen (z.B. Lehrer- Informationsmaterial verschiedenen Schul- betrieblichen Qualifikationsbedarf in ei- praktika, Integration von für Schüler und Lehrer klassen (8. und 9. Klasse) gießereispezifischen nen Qualifizierungsplan zu überführen. Themen im Unterricht u.a.) Wissenstransfer am Arbeitsplatz Quelle: Eigene Darstellung.. Für den arbeitsplatzbezogenen Wissens- spielsweise Verjüngungsstrategien und al- heiten durch betriebliche Vertreter sowie transfer wurden Lerntandems gebildet. Ein tersgemischte Strategien. Mithilfe eines die Ausweitung und Optimierung von erfahrener Mitarbeiter, der den Arbeits- speziellen Softwaretools können unter Ein- Schüler- und Lehrerpraktika zum Gegen- platz in allen Situationen beherrscht und gabe verschiedener betriebsspezifischer stand hat. sich aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit Annahmen (Zahl übernommener Auszu- eine Vielzahl von „Tricks und Kniffen“ bildender, durchschnittliches Rentenein- Systematische Personalentwicklung angeeignet hat, bildet ein Tandem mit ei- trittsalter etc.) Szenarien zukünftiger Al- nem Mitarbeiter, der an dem Arbeitsplatz tersstrukturen aufgestellt werden. Diese Das entwickelte Vorgehen zur systemati- zukünftig im Rahmen eines flexiblen Szenarien müssen wiederum unter Einbe- schen Personalentwicklung An- und Unge- Wechsels eingesetzt werden soll. Zur syste- zug weiterer Kovariablen analysiert und lernter in alternden Belegschaften berück- matischen Wissensvermittlung wurde ge- diskutiert werden, um so die demografi- sichtigt, dass die Mitarbeiter auf der einen meinsam mit den an den einzelnen Ar- sche Entwicklung betriebsspezifisch zu Seite über viel Erfahrungswissen verfügen, beitsplätzen erfahrenen Mitarbeitern ein kontextualisieren. Im Dialog mit der be- auf das der Betrieb nicht verzichten kann; Einarbeitungskonzept erarbeitet. Zentraler trieblichen Leitungsebene, der Personal- auf der anderen Seite lernungewohnt sind Ansatzpunkt war dabei, dass die Fachleute leitung und dem Betriebsrat werden im Hinblick auf den Erwerb von theoreti- die aufeinanderfolgenden Arbeitsschritte schließlich auf Basis der Analyseergebnisse schem und praktischem Wissen über ande- an ihrem Arbeitsplatz reflektieren und die die derzeitig vorherrschende Personalstra- re Arbeitsplätze und bezüglich arbeits- Beschreibung mit ihren eigenen Worten tegie überprüft, künftige Personalbedarfe platzübergreifender Kenntnisse. An dieser dokumentiert wird. Dabei ist ein Leitfaden ermittelt und betriebliche Gestaltungsan- Stelle soll auf ausgewählte Instrumente aus entstanden, in dem die einzelnen Arbeits- forderungen abgeleitet. dem gesamten Set kurz eingegangen wer- prozesse dargestellt und anhand von Leit- den: fragen näher erläutert werden. Die Mitar- Rekrutierung beiter werden außerdem auf die Lehr- und Beteiligungsorientierte Kompetenzanalyse Lernsituation vorbereitet, in dem z.B. Hin- Abbildung 2 zeigt die Vorgehensweise zur weise zur Gestaltung eines aktiven Lern- Rekrutierung von Auszubildenden, die in Die beteiligungsorientierte Kompetenz- prozesses vermittelt werden. GENERA zusammen mit mehreren Gieße- analyse stellt einen betrieblichen Konsens reien erarbeitet worden ist. Dabei geht es über das aktuelle Kompetenzniveau und „Gusstav in Entwicklung“ – Ein Weiter- darum, sich als attraktives Unternehmen in die individuellen Entwicklungsmöglich- bildungsangebot Schulen der Region zu präsentieren, um so keiten jedes einzelnen Mitarbeiters her. frühzeitig qualifizierten Nachwuchs für Neben der Dokumentation personalwirt- Ziel dieses Qualifizierungskonzeptes ist es, sich zu gewinnen. Hierzu wurde ein ziel- schaftlicher Grunddaten bildet die syste- einerseits die Chancen einer Erwerbstätig- gruppengerechtes Konzept entwickelt matische Erhebung von arbeitsplatzbezo- keit (älterer) an- und ungelernter Beschäf- (Wingen 2003). Das Rekrutierungskonzept genen sowie arbeitsplatzübergreifenden tigter bis zum gesetzlichen Rentenalter un- ist bisher sehr erfolgreich eingesetzt wor- Kenntnissen und Kompetenzen die Basis ter erträglichen Bedingungen zu erhöhen den. Inzwischen wird schon an einer Wei- für die Beschreibung der weiteren indivi- und andererseits in Zusammenarbeit mit terentwicklung des Rekrutierungs- und duellen beruflichen Entwicklung jedes ein- den Unternehmen zur Erhaltung und Ent- Kooperationskonzeptes gearbeitet, das u.a. zelnen Mitarbeiters. Die Entwicklung eines wicklung der Beschäftigungsfähigkeit und die Durchführung von Unterrichtsein- für alle Mitarbeiter verständlichen Frage- Leistungsbereitschaft aller Mitarbeiter bei- WSI Mitteilungen 10/2003 601
zutragen. GUSSTAV bedeutet GussTechnik geprobt wird. Unternehmen mit geringer Ebene der Führungskräfte. Die entwickel- Arbeitsorientiert Vermittelt. Angestrebt Fähigkeit und Bereitschaft zur Personal- ten Verfahren der systematischen Personal- wird, diesem Qualifizierungspaket bran- und Organisationsentwicklung werden entwicklung haben gezeigt, dass die Bereit- cheninterne Anerkennung zu verschaffen nicht zukunftsfähig sein. Notwendig ist, die schaft und Notwendigkeit, sich mit den und langfristig die Zertifizierung durch die Humanressourcenpotenziale im Unter- Lernpotenzialen, Interessen und Bedürf- Industrie- und Handelskammern zu errei- nehmen umfassend zu identifizieren, d.h. nissen jedes einzelnen Mitarbeiters ausein- chen. Hat ein Beschäftigter alle Module ab- auch lernungewohnte Beschäftigtengrup- ander zu setzen, deutlich ansteigt. Statt solviert, erhält er ein Zertifikat, das bran- pen zu mobilisieren (An- und Ungelernte, Gießkannenprogramme aufzulegen, gera- chenweit anerkannt wird. Ältere, Migranten). Bislang waren gerade ten nun zunehmend die unterschiedlichen diese Beschäftigtengruppen nur selten im Voraussetzungen des Einzelnen und daran Alternsgerechte Arbeitsorganisation Blickpunkt von Weiterbildungsangeboten angepasste Maßnahmen in den Blick. bzw. systematischer Personalentwicklung. Das EQUAL-Programm bietet den Gemeinsam mit einem der Pilotbetriebe Hier sind jetzt und in Zukunft auch die Un- Rahmen, um diese zukunftsweisenden wird aktuell – anknüpfend an den durch- ternehmen selbst in ihrem ureigenen In- Themen anzugehen und die Ergebnisse zu geführten Wissenstransfer – in einem Pi- teresse gefordert, aktiv zu werden. Der von transferieren. Im Gegensatz zu vielen an- lotbereich unter Beteiligung der Mitarbei- Unternehmensseite oft geäußerte Vorwurf, deren Forschungsprogrammen ist hier die ter vor Ort an einem Konzept für eine den Mitarbeitern fehle bereits die Bereit- Netzwerkarbeit zentral. Hinzu kommt das alternsgerechte Arbeitsorganisation gear- schaft zur Weiterbildung, spiegelt aber nur große Gewicht, welches auf den Transfer beitet. Zielsetzung dieser neuen Form der eine jahrelange Praxis der Nichtberück- und das Mainstreaming der Ergebnisse ge- Arbeitsorganisation ist es, erwerbsge- sichtigung un- und angelernter Mitarbeiter legt wird. Das ist gerade im vorliegenden minderte Mitarbeiter, die z.B. aufgrund im Personalentwicklungsbereich wider. Es Fall von besonderer Relevanz, weil die in eines Bandscheibenvorfalls, wegen Steif- konnte in der Vergangenheit ein „Verschie- den „Vorreiterbranchen“ Gießerei und heit der Hände oder anderer alters- oder bebahnhof“ der Verantwortung für die Schmiede erarbeiteten Ergebnisse – zeit- krankheitsbedingter Leistungsminderun- Weiterbildungsbereitschaft der Mitarbeiter verzögert – auf andere Branchen übertra- gen nicht mehr in der Lage sind, ihren an- beobachtet werden. Es zeigt sich, dass die gen werden sollen und müssen. Noch hat gestammten Arbeitsplatz vollständig aus- Unternehmen dies mittlerweile erkannt das Vorhaben GENERA zwei Jahre Projekt- zufüllen, nicht auf Schonarbeitsplätze ab- haben und gemeinsam mit der anwen- laufzeit vor sich. Nachdem in den Berei- zuschieben, sondern die Arbeit so umzu- dungsorientierten Forschung an Lösungen chen Personalentwicklung, Rekrutierung organisieren, dass ein Einsatz im ange- arbeiten. und Wissenstransfer erste Ansätze ent- stammten Arbeitsbereich auch weiterhin Neben der Tatsache, dass zunehmend wickelt wurden, die es zu optimieren gilt, möglich ist. lernungewohnte Personengruppen in die wird ein Fokus der Restlaufzeit auf dem Personalentwicklung einbezogen werden, Gebiet der alternsgerechten Arbeitsorgani- lässt sich noch ein zweiter Trend beobach- sation liegen. Das Projekt wird sich auch 5 Fazit ten. Personalentwicklung konzentriert sich zunehmend auf das Individuum, den ein- zelnen Mitarbeiter. Diese Tendenz wird daran messen lassen müssen, inwieweit es tatsächlich gelingt, für die z.T. körperlich schweren Arbeiten und unattraktiven Rah- sich in den kommenden Jahren – so die menbedingungen neue, attraktivere For- GENERA ist ein Branchenvorhaben, in Hypothese – noch verstärken. Dabei be- men der Arbeitsorganisation zu konzipie- dem jetzt schon die Zukunft von morgen trifft diese Individualisierung nicht nur die ren und implementieren. LITERATUR Bellmann, L./Leber, U. (2003): Betriebliche Weiterbildung: Denn wer da Statistisches Bundesamt (2003): Bevölkerungsentwicklung Deutschlands hat, dem wird gegeben, in: IAB-Materialien 1, S. 15–16 bis zum Jahr 2050 – 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, Jürgenhake, U./Schumacher, D. (Hrsg.) (2000): Qualifizierung alternder Wiesbaden Belegschaften, Dortmund/Gröditz Volkholz, V./Kiel, U./Wingen, S. (2002): Strukturwandel des Arbeitskräf- Köchling, A. 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(2003): Personalbedarf ermitteln und Nachwuchs gewinnen, in: Giesserei 6, S. 218–221 602 WSI Mitteilungen 10/2003
Vorankündigung Pohlmann, Markus / Sauer, Dieter / Trautwein-Kalms, Gudrun / Wagner, Alexandra (Hrsg.) Dienstleistungsarbeit: Auf dem Boden der Tatsachen. Befunde aus Handel, Industrie, Medien und IT- Branche Berlin (Sigma), Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung 51, November 2003; ca. 300 S.; € 18,90; ISBN 3-89404-982-0 Dienstleistungen sind schon länger zu einer gesellschaftlichen Zauberformel für ein neues Zeitalter geworden. Ob man dies nun Postfordismus nannte, den älteren Begriff der postindustriellen Gesellschaft bemühte oder heute von einer Wissensgesellschaft spricht, jedes Mal kommt den Dienstleistungen ein wichtiger Stellenwert zu. In dieser Veröffentlichung berichtet der vom BMBF geförderte Forschungs- verbund von IAT-Gelsenkirchen, ISF-München, ISO-Saarbrücken und WSI in der Hans Böckler Stiftung über die Realität heutiger Dienstleistungsarbeit und geht dabei den Fragen nach, wie sich Trends der Vermarktlichung und Rationalisierungsentwicklung in der Dienstleistungsarbeit niederschlagen, wie der Rationalisierungsdruck Leistungsverausgabung und Leistungspolitik verändert und welche Rolle dabei die Arbeitsorientierungen und -interessen der Beschäftigten einnehmen. Und dies sind die AutorInnen und Themen: ● Dieter Sauer Arbeit, Leistung und Interessenhandeln in der „tertiären“ Organisation ● Alexandra Wagner Dienstleistungsbeschäftigung in Deutschland und im europäischen Vergleich ● Dorothea Voss-Dahm Zwischen Kunden und Kennziffern - Leistungspolitik in der Verkaufsarbeit des Einzelhandels ● Hans Günter Grewer/Josef Reindl „Allein aufs Systemgeschäft und Dienstleistungen zu setzen, ist dummes Zeug“ - Von den Mühen des deutschen Maschinenbaus mit der Dienstleistungsorientierung ● Kira Marrs/Andreas Boes Alles Spaß und Hollywood? Arbeits- und Leistungsbedingungen bei Film und Fernsehen ● Gudrun Trautwein-Kalms/Elke Ahlers High Potentials unter Druck - Gestaltung der Arbeits- und Leistungsbedingungen von Software- Experten und IT-Dienstleistern WSI Mitteilungen 10/2003 603
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