Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
Ressourceneffizientes
Bauen

Die Rolle von
Öko-Innovationen im
Europäischen Bausektor

EIO Thematischer Bericht
August 2011

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
Eco-Innovation Observatory (EIO)
Das Eco-Innovation Observatory ist eine Plattform zur strukturierten Sammlung und Analyse
von Daten und Trends im Bereich von Öko-Innovationen, welche für die Europäische Union und
andere Weltregionen ausgewertet werden. Das EIO ist eine umfassende Informationsquelle zu
Öko-Innovationen für Unternehmen und innovative Service-Provider, und fungiert gleichzeitig als
fundierte Basis für die Entwicklung politischer Maßnahmen.

Das Observatory behandelt Öko-Innovationen als Phänomen, das in allen wirtschaftlichen auftritt
und daher auch für alle Arten von Innovationen relevant ist. Öko-Innovationen werden im EIO
wie folgt definiert:

―Öko-Innovationen sind alle Innovationen, die den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den
Ausstoß von Schadstoffen über den gesamten Lebenszyklus verringern‖.

Mehr Informationen finden Sie unter www.eco-innovation.eu

Jegliche in diesem Bericht vertretene Ansichten und Meinungen sind ausschließlich jene der Autoren und
spiegeln nicht unbedingt die Position der Europäischen Kommission wider.

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
Herausgeber
Meghan O’Brien, Holger Wallbaum und Raimund Bleischwitz

Autoren
Wuppertal Institut
Meghan O’Brien
Raimund Bleischwitz
Rainer Lucas
Stefan Bringezu
Tobias Samus
Michael Ritthoff
Sören Steger
Justus von Geibler

ETH Zürich, Institut für Bau- und Infrastrukturmanagement
Holger Wallbaum

Technopolis Gruppe
Michal Miedzinski

Sustainable Europe Research Institute (SERI)
Stefan Giljum
Thomas Patz

Finland Futures Research Centre
Anne Karjalainen
Leena Saarinen

Danksagung
Vielen Dank an Till Ruhkopf (Wuppertal Institut) für seine Unterstützung bei der Vorbereitung der
Rohfassung und an Bettina Bahn-Walkowiak (Wuppertal Institut) für ihre Unterstützung bei Bild 2.3. Wir
möchten auch Jonathan Abra von C-Tech unseren Dank für seine Vorschläge aussprechen.

An die Leser
Zahlreiche Unternehmen werden in diesem Bericht als illustrative Beispiele für Öko-Innovatoren
präsentiert. Das EIO unterstützt diese Firmen nicht und erhebt keinen Anspruch auf vollständige
Informationen bezüglich der Innovationen dieser Unternehmen.

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
Inhaltsverzeichnis
List of Figures.............................................................................................................................................IV
List of Boxes...............................................................................................................................................IV

1 | Ressourceneffizientes Bauen: neue Perspektiven durch Öko-Innovation.......................................5

2 | Eine Beurteilung aktueller Trends: die Relevanz von Öko-Innovationen ........................................7
     2.1 | Ökonomische Relevanz ..................................................................................................................7
           2.1.1 | Marktgröße und Trends .......................................................................................................7
           2.1.2 | Das Baugewerbe und die Finanzkrise .................................................................................9
     2.2 | Ökologische Relevanz ....................................................................................................................9
           2.2.1 | Der Materialeinsatz im Bereich Bauen ...............................................................................10
           2.2.2 | CO2-Fußabdruck vs. direkte CO2-Emissionen ...................................................................16
           2.2.3 | Bebaute Umgebung und Nettobestandszuwachs ..............................................................17
     2.3 | Öko-Innovationstrends ..................................................................................................................20

3 | Öko-Innovationen in der Praxis ..........................................................................................................25
     3.1 | Reduzierung der Ressourcenintensität von Baumaterialien ..........................................................26
           3.1.1 | Öko-Materialien ...................................................................................................................26
           3.1.2 | Ressourcenarmes Bauen ....................................................................................................29
           3.1.3 | Funktionalität überdenken ...................................................................................................30
     3.2 | Ressourcen effektiver verwenden und wiederverwenden..............................................................31
           3.2.1 | Industrialisierte Bauweise ...................................................................................................31
           3.2.2 | Urban Mining.......................................................................................................................33
     3.3 | Klüger bauen, um Energie zu sparen ............................................................................................36
           3.3.1 | Ressourceneffiziente Verkleidung ......................................................................................37
           3.3.2 | Ferngesteuerte Services zur Senkung des Energieverbrauchs ..........................................37
           3.3.3 | Begrünte Dächer..................................................................................................................38
           3.3.4 | Niedrige Exergie: die Wichtigkeit der Energiequalität .........................................................39

4 | Öko-Innovationen: Herausforderungen, Barrieren und Beweggründe ...........................................41
     4.1 | Herausforderungen für ressourceneffizientes Bauen.....................................................................41
     4.2 | Beweggründe und Barrieren für ressourceneffizientes Bauen.......................................................42

5 | Visionen eines ressourceneffizienten Baugewerbes .......................................................................49
     5.1 | Die Veränderung hin zu einer Gesellschaft mit ausgeglichener Materialbilanz ............................49
     5.2 | Die solarbetriebene Technosphäre ...............................................................................................53

6 | Wichtigste Ergebnisse und Kernaussagen .......................................................................................56

Literatur ......................................................................................................................................................58

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
List of Figures
Abbildung 1 | Anteil der Mineralien am inländischen Materialverbrauch europäischer Länder, in Prozent,
2007 ............................................................................................................................................................. 11
Abbildung 2 | Gesamtbetrag und Anteil von Mineralien am DMC in der EU, 2000-2007 ........................... 11
Abbildung 3 | Kernindikatoren der EU-Wirtschaft, der Bauindustrie und des Sektors nicht-metallischer
Mineralien ..................................................................................................................................................... 13
Abbildung 4 | Entwicklung der weltweiten Zementproduktion nach Regionen ........................................... 14
Abbildung 5 | Weltweite Zementproduktion nach Regionen, 2009 ............................................................. 14
Abbildung 6 | Segmentierung künstlicher Flächen in Europa, 2006 (% der Gesamtfläche) (% of total area)
 ..................................................................................................................................................................... 18
Abbildung 7 | Änderungen der Netto-Bodenbedeckung 2000-2006 in Europa: Gesamtfläche in Hektar
(links) und prozentuelle Änderung ab 2000 (rechts) .................................................................................... 19
Abbildung 8 | Anteil der Öko-Innovationsinvestitionen im Bausektor in den letzten 5 Jahren .................... 20
Abbildung 9 | Einführung neuer Öko-Investitionen in den letzten 2 Jahren ............................................... 21
Abbildung 10 | Veränderungen, die in den letzten 5 Jahren durchgeführt wurden um Materialkosten zu
reduzieren .................................................................................................................................................... 23
Abbildung 11 | Ressourceneffizienzgewinne aufgrund von Öko-Innovationen auf dem Bausektor ........... 24
Abbildung 12 | Materialverteilung im deutschen Stromnetz in 1,000 t ....................................................... 35
Abbildung 13 | Übersicht über das ferngesteuerte Energiesparsystem, Overview of the energy saving
system .......................................................................................................................................................... 38
Abbildung 14 | Einfluss wichtiger Herausforderungen auf ressourceneffiziente Bauweise ........................ 42
Abbildung 15 | Beweggründe und Barrieren laut der EIO Delphi-Umfrage ................................................ 44
Abbildung 16 | Beispiel nachhaltigen, städtischen Lebens von Anders Nyquist, schwedischer Architekt . 52

List of Boxes
Box 1 | Bestandsaufnahme der Zementproduktion ..................................................................................... 13
Box 2 | Der Materialaufwand von Straßen ................................................................................................... 16
Box 3 | Der Rhomberg „Life-Cycle Tower‖: ein mehrstöckiger Turm aus Holz ............................................ 28
Box 4 | Keine Batterien, keine Drähte’ ......................................................................................................... 31
Box 5 | Beispiele für das Potential von Urban Mining .................................................................................. 35
Box 6 | Das wieder-verwertbare Gebäude .................................................................................................. 36
Box 7 | Entscheidende Schritte ................................................................................................................... 56

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
1 | Ressourceneffizientes Bauen: neue
Perspektiven durch Öko-Innovation
Wohnen und Bauen sind grundlegende Elemente des menschlichen Lebens und der
europäischen Kultur. Von den alten Griechen und Römern über mittelalterliche Städte bis hin zur
modernen Architektur kann man sich kaum einen anderen Bereich vorstellen, der ähnlich viel
Leidenschaft geweckt und die Aufmerksamkeit so vieler Menschen auf sich gezogen hat.
Nichtsdestotrotz sind Wohnen und Bauen ins Kreuzfeuer der Kritik geraten – sei es, weil sie mit
ein Auslöser für den weltweiten Zusammenbruch der Finanzmärkte waren, oder weil sie zum
Treibhauseffekt beitragen. Nachfolgender Bericht geht genauer auf ein neues Thema ein:
ressourceneffizientes Bauen.

Ressourceneffizienz bedeutet im Grunde, weniger natürliche Ressourcen zu verwenden um das
gleiche, oder sogar ein verbessertes Ergebnis zu erhalten; es verkörpert das Konzept „mehr aus
weniger―. Bei der Bauweise bedeutet dies nicht nur, dass Ressourcen effektiver eingesetzt
werden um Wohnungen, Häuser und Infrastruktur zu bauen oder zu renovieren; es bezieht sich
auch darauf, jene Ressourcenmenge zu reduzieren, die benötigt wird um das gebaute Objekt zu
betreiben. Dies bezieht sich sowohl auf Ausgangsmaterialien als auch auf die Energie, und
beinhaltet sowohl fossile als auch erneuerbare Ressourcen. Dieser Bericht wird das Thema der
Energieeffizienz streifen, sich aber hauptsächlich auf den Bereich der Materialeffizienz
fokussieren. Die Verwendung von Beton, Stahl, Metallen, Asphalt, Isolierung, Rohren, Drähten,
Holz, Plastik und chemischen Produkten, um hier nur einige Beispiele zu nennen, kann
effizienter werden.

Das Baugewerbe ist einer der größten Konsumenten von Rohstoffen in der EU; Bau- und
Abrissvorgänge sind auch für ca. 33 % der jährlichen Abfallmenge verantwortlich (EEA 2010). Es
ist klarerweise ein Ansporn für die Umweltpolitik, diesen ressourcenintensiven Sektor auf
Vordermann zu bringen. Eine Reduktion der Ressourcenverwendung und effektive
Wiederverwendung von Abfall würden den globalen Materialaufwand der europäischen
Gesellschaft signifikant reduzieren. Gleichzeitig gibt es aber auch einen wirtschaftlichen Anreiz,
da geringerer Materialinput zu wesentlich geringeren Kosten führen kann.

Obwohl der Ausdruck ‚nachhaltiges Bauen’ bereits zu einem Schlagwort in der Europäischen
Union geworden ist, lag der Fokus bisher auf Energiefragen. Die Legislatur (z.B. die EU-
Richtlinie EPBD, Energy Performance of Buildings Directive) und der Innovationsaufwand (z.B.
der Leitmarktinitiative Nachhaltiges Bauen) die sich auf europäischem Niveau mit nachhaltigen
Bauweisen beschäftigen, fokussieren großteils auf Energie – im Speziellen darauf, wie
Energieeffizienz verbessert werden kann, und wie dabei mehr erneuerbare Energien verwendet
werden können. Überlegungen, die dies bewirken sollen sind zweifellos wichtig, besonders wenn
man bedenkt, dass Gebäude den Großteil des Endenergieverbrauchs in der EU ausmachen (42
%), und in etwa 35 % aller Treibhausgasemissionen verursachen (EU 2007). Allerdings ist dieser
Fokus auf Energie und Emissionen zu eng gefasst. Wenn die Diskussion nur auf Emissionen

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
beschränkt wird, könnte dies bedeuten, dass sich die Innovationsanstrengungen schließlich nur
auf eine „nachhaltigere― Energieproduktion fokussieren und dass dabei langfristige,
energiesparende Innovationen nicht berücksichtigt werden. Auf genau die gleiche Art und Weise
könnte eine Fokussierung auf verringerten Energiebedarf bedeuten, dass ein Trade-off von
materiellen Ressourcen außer Acht gelassen wird; ein Beispiel: Isolierung kann den
Energieverbrauch senken, aber welche Art von Isolierung ist die leistungsstärkste (wenn man
auch die Materialintensität und die Recyclingoptionen mit einbezieht), und welche Alternativen
gibt es zu konventionellen Bauweisen? Ein umfassenderer Zugang zu den Themen Bauen und
Renovierung ist vonnöten – ein Zugang, der sowohl effizientere Energieverwendung, als auch
effizientere Materialverwendung betrachtet und die Trade-offs zwischen ihnen berücksichtigt. Die
Perspektive auf den Bereich der Ressourceneffizienz hin zu erweitern würde das Baugewerbe
besser auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereiten und zu einer besseren
Einhaltung von Umweltzielen beitragen.

Dieser Bericht untersucht, wie Öko-Innovationen zu verbesserter Ressourceneffizienz auf dem
Bausektor beitragen können. Es wird argumentiert, dass die Ressourceneffizienz jenen
systemischen Zugang darstellt der gebraucht wird, um Diskussionen über nachhaltige
Bauweisen zu fördern, und dass diese Perspektive wirtschaftlich, sozial und ökologisch Sinn
macht. Basierend auf einer Umfrageanalyse zeigt er, dass die Bemühungen bei
ressourceneffizienten Öko-Innovationen in der gesamten EU gesteigert werden müssen. Anhand
einiger demonstrativer Beispiele von bereits existierenden innovativen Praktiken, Prozessen und
Produkten wird gezeigt, welche Arten von Öko-Innovationen für diese Diskussion relevant sind.
Während sich viele dieser Beispiele auf Gebäude und Wohnplätze beziehen, ist es für einen
umfassenden Zugang auch essentiell, die Infrastruktur zu berücksichtigen die benötigt wird, um
auf lange Sicht einen nachhaltigen Bausektor zu realisieren.

Es ist nicht die Absicht dieses Berichts, eine tiefgehende, detaillierte Analyse bestimmter
Prozesse im Baugewerbe zu geben, sondern die Notwendigkeit hervorzuheben, umfassend über
nachhaltiges Bauen nachzudenken. Zu diesem Zweck wurden Bauexperten aus der gesamten
EU zu ihren Meinungen bezüglich den großen Herausforderungen und Barrieren befragt, mit
denen der Bausektor heute und in Zukunft konfrontiert sein wird. Experten zufolge benötigt die
Vorbereitung auf diese großen Herausforderungen (Klimawandel, Ressourcenknappheit, etc.)
schon heute ambitionierte und gut durchdachte Innovationen. Überdies zeigen Visionen eines
florierenden und ressourceneffizienten Bausektors die Vielfältigkeit und den Umfang von
Innovationen, die von Unternehmen auf den Markt gebracht und von Bürgern im Hinblick auf
nachhaltige Sparsamkeit angenommen werden.

Abschließend bleibt zu sagen, dass ressourceneffiziente Öko-Innovationen nicht nur verbesserte
Bauweisen betreffen (z.B. indem die Abfallproduktion verringert wird), sondern dass es auch
darum geht, gleichbleibende oder eine noch höhere Funktionalität zu erreichen – mit noch
weniger ressourcenintensiven Materialien, neuen Technologien und neuen Designzugängen.

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
2 | Eine Beurteilung aktueller Trends: die
Relevanz von Öko-Innovationen
Zu Beginn dieses Jahrhunderts boomte der Bausektor in vielen europäischen Ländern – dies ist
sowohl an den Marktanteilen ersichtlich (bis zu 20 % des BIP), als auch an den Anteilen des
Materialverbrauchs (in extremen Fällen bis zu 70 % des inländischen Materialverbrauchs). Die
letzte Finanzkrise hat diesen Trend verändert. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob die nicht
nachhaltigen Baupraktiken der Vergangenheit wiederholt werden, oder ob die Krise einen
Wendepunkt in der europäischen Bauweise markiert hat, der den Fokus zunehmend auf
Renovierung und Mehrwert legt?

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit der ökonomischen und ökologischen Relevanz des
Baugewerbes und argumentiert, dass eine systemische Perspektive notwendig ist um jene Arten
von Innovation zu erreichen, die für eine stabilere und nachhaltige Branche sowohl ökonomisch
als auch ökologisch gebraucht werden. Es werden Arten und Intensität von im Baugewerbe
bereits vorkommenden Öko-Innovationen basierend auf einer EU-weiten Umfrage
(Eurobarometer, EC 2011) beschrieben. Abschließend wird festgestellt, dass die Aktivitäten, die
bisher unternommen wurden noch nicht ausreichend waren um jenes Niveau an Veränderung zu
erreichen, das notwendig ist.

2.1 | Ökonomische Relevanz
Der Bausektor ist weltweit einer der größten Märkte. In den meisten europäischen Ländern macht er ca. 10
% des BIPs aus (Eurostat 2011a). Eine der vielleicht wichtigsten strukturellen Änderungen der letzten
Jahre ist die Konvergenz fertig gestellter Bauten innerhalb der EU Mitgliedstaaten. In Spanien, Portugal
und Irland waren es 2004 in etwa 20 % der BIPs – aufgrund der Rezession mussten die baulichen
Aktivitäten jedoch auf das Durchschnittsniveau gesenkt werden (Euroconstruct). Das Baugewerbe ist in
den meisten Ländern von überragender Wichtigkeit für die Beschäftigungsrate; dieser Sektor trägt 7,22 %
zur Gesamtbeschäftigung in der EU bei (Eurostat 2011a).

2.1.1 | Marktgröße und Trends
2009 war das schlechteste Jahr des vergangenen Jahrzehnts für das Baugewerbe. Die
Gesamtfertigstellung im Bau fiel um 8 %, also wesentlich stärker als der Durchschnittswert der
Wirtschaftskrise von 5,65 % (Eurostat 2011a). Laut der Euroconstruct-Konferenz vom Dezember 2010 ist
ein weiterer, durchschnittlicher Rückgang um -3,3 % zu erwarten. Aufgrund des großen öffentlichen
Defizits in Irland, Spanien und Portugal sind gravierende Einsparungen im Bereich der Sozialleistungen, im
Immobilienbau und bei öffentlichen Investitionen geplant. Überdies haben eine schwache Nachfrage am
Immobiliensektor, eine Revision von öffentlichen Investitionen, die Vermeidung von Langzeitinvestitionen
und eine Neubeurteilung laufender öffentlicher Projekte dieses Jahr zu geringeren Leistungen in vielen
anderen Ländern geführt. In der Zwischenzeit profitieren jene, die relativ gute Leistungen erbringen

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
(Finnland, Deutschland, Polen, Großbritannien, Schweden und die Schweiz) von wachsendem
Selbstvertrauen in das eigene Land und steigender Nachfrage.

Das Jahr 2011 wird allerdings unter Umständen ein Wendejahr sein, wie eine Analyse der 19
Euroconstruct-Mitglieder zeigt. Ein leichter Rückgang von -0,1 % im Durchschnitt konsolidiert das
Baugewerbe auf Höhe des Vorjahres. In drei Jahren Rezession hatten die Spieler des Baugewerbes
genügend Zeit, sich an die neuen Bedingungen zu gewöhnen. Die vorhergesagte Markterholung schwankt
allerdings – einige Länder sollen in einem Rezessionsstadium bleiben. Bauaktivitäten in Zentral- und
Osteuropa sollen laut Vorhersagen signifikant stärker sein als in Westeuropa.

Den Vorhersagen zu Folge machen Renovierungen 2013 60 % der Wohnbauaktivitäten aus – dies ist
bestimmt ein Schlüsselgebiet dieses thematischen Berichts.

Der Bereich von Bauaktivitäten abseits des Wohnbaus soll sich am langsamsten erholen; die Produktion
2013 soll kaum an das Niveau der frühen 2000er Jahre heranreichen. Wenn nichts unternommen wird,
könnten sowohl der öffentliche Gesundheitssektor als auch Schulbau und Schulrenovierung darunter
leiden. Leichte Verbesserungsanzeichen können auf dem kommerziellen Sektor festgestellt werden. Von
diesen drei Untersektoren stellte sich der Hoch- und Tiefbau als der stabilste während und nach den
Krisenjahren heraus. Der proportional größte Untersektor Transport/Infrastruktur wird nachlassen und es
wird eine Verschiebung in Richtung der Sektoren Energie und Wasserbau geben. Die potentielle
Bedrohung der Streichung öffentlicher Gelder wird die Infrastruktur in Ländern wie der Tschechischen
Republik, Irland, Spanien und Großbritannien sehr wahrscheinlich negativ beeinflussen. Der vormals am
schwersten getroffene Immobilienuntersektor wird sich wohl kaum von seiner schlechten Position erholen –
nichtsdestotrotz ist eine Steigerung um 1,9 % für 2011 zu erwarten. 2013 soll die Leistung auf dem
Immobiliensektor aber nicht an jene von 2008 heranreichen.

"Diese strukturellen Änderungen führen dazu, dass einzelne Länder und die Bauaktivitäten
selbst zu einem ausgeglicheneren und nicht mehr so angreifbarer Sektor in der europäischen
Wirtschaft werden. Die tatsächlich erlebte Nachfrage und Unabdingbarkeiten in der nahen
Zukunft (effizienter Energieverbrauch, Aufwertung von existierenden Bauten, Wohnungsersatz,
neue gesundheitliche Möglichkeiten für eine alternde Bevölkerung, Verringerung des CO2
Ausstoßes von Gebäuden) sollen das Baugewerbe dazu bringen, zu einem Sektor zu werden,
der bessere Werte und bessere Qualitätsleistungen bringt. Dies erfordert neue Produkte, neue
Technologien und neue Fertigkeiten.“

- Anna Gáspár, Senior Advisor von Buildecon und der ungarischen Euroconstruct

Die 10-Jahresspanne von 2004 bis 2013 wird wichtige strukturelle Veränderungen im Baugewerbssektor
zeigen, der essentiell für die europäische Wirtschaft ist. Als wichtigste Information gilt, dass sehr
wahrscheinlich eine Wendung vom Neubau hin zu Renovierung und Modernisierung stattfinden wird, wobei
die Renovierungen faktisch 50 % der Gesamtbauten ausmachen werden. Ungeachtet dessen wie
unterschiedlich dieser Trend in den verschiedenen Mitgliedstaaten auch sein mag soll zu
ressourceneffizienten Aktivitäten angeregt werden.

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Die Rolle von Öko-Innovationen im Europäischen Bausektor - August 2011 - Ressourceneffizientes - Eco Innovation Observatory
2.1.2 | Das Baugewerbe und die Finanzkrise
Durch die Finanzkrise 2008 wurden alle Finanzmärkte weltweit von unvorhersehbaren Konsequenzen
überrascht. China und andere asiatische Schwellenländer schienen sich relativ schnell zu erholen und
konnten ihre positiven Wachstumsraten beibehalten. Europa, die USA und die meisten anderen
Entwicklungsländer kämpfen nach wie vor mit den Nebenwirkungen der Finanzkrise, genauer gesagt mit
hohen öffentlichen Defiziten.

Es ist schwierig, eindeutig festzulegen warum all dies passieren konnte. Am aufschlussreichsten ist
vielleicht ein Brief, der im Juli 2009 von führenden Mitgliedern der British Academy an die Queen
geschrieben worden war, als Antwort auf deren Frage warum niemand bemerkt hatte, dass die
Kreditklemme eintreten würde. Es wird als „Versagen der kollektiven Vorstellung― vieler Menschen
zusammengefasst, oder in anderen Worten: dem Fehlen einer einheitlichen Systembeurteilung. Aus
heutiger Sicht wurden viele Warnsignale ignoriert; unter anderem das Entstehen von Blasen auf dem
Aktien- und Immobilienmarkt, besonders in den USA aber auch in anderen Ländern wie Irland,
Griechenland und Spanien. Nachdem die Dotcom-Blase 2000 geplatzt war, tauchte auf dem
Immobilienmarkt eine neue, verheerende Blase auf, die von Faktoren wie exzessiver Spekulation, allzu
optimistischen Erwartungen, einfachem Zugang zu Krediten, als auch finanziellen Systemen die es
Investoren ermöglichten, sich leicht vor Überprüfung zu verstecken verursacht worden war. Dies kam
jedoch nicht völlig überraschend: der Immobilienmarkt weist Merkmale von langzeitiger Beständigkeit und
Mittelwertrückkehr auf. Kurzzeitpreise können allerdings stark abweichen und Blasen sind bereits
aufgetaucht (in Japan in den frühen 90er Jahren und in Schweden Mitte der 90er). Die internationalen
Konsequenzen waren diesmal aber viel größer. Internationale Kapitelbewegungen haben eine Rolle
gespielt, da die hohe Liquidität einiger Schwellenländer Investmentmöglichkeiten auf dem US-Markt und
auch auf anderen Märkten suchte. Die Systemdynamik wurde ebenso durch Bottom-up Faktoren wie etwa
steigende Benzinpreise begünstigt, die zu steigenden Preisen für Pendler führten, ein Phänomen das
besonders in vorstädtischen Regionen relevant ist. Dass diese Faktoren stark stiegen scheint mit ein
Grund für den Rückgang der weltweiten Wirtschaftsleistungen nach 2008 zu sein.

Wohnen, Wohnfinanzierung, Risikoeinschätzung und Budgetplanung sind somit eng verbunden und
interagieren mit der übrigen Wirtschaft und den internationalen Märkten (vgl. z.B. Tichy 2010).
Ressourceneffizientes Bauen kann als risikominimierende Strategie angesehen werden, wodurch Gebäude
einen höheren Wert erhalten und gleichzeitig der wirtschaftliche Druck gesenkt wird (Lemken 2008, v.
Weizsäcker et al. 2009, WBCSD 2010). Eine fundierte Wirtschaftspolitik muss all diese Faktoren
beinhalten, sowie eine Regulierung, die generelle Öko-Innovationen einführt.

2.2 | Ökologische Relevanz
Der Bausektor wird mit einer Anzahl ökologischer Einflüsse assoziiert. In letzter Zeit entstand eine Fülle
von Workshops, Plattformen und Literatur, welche sich mit verschiedenen Aspekten nachhaltiger
Bauweisen beschäftigt. Unter vielen Beispiel seien hier folgende genannt: Chowdhury et al. (2010)
konzentrieren sich auf Materialien für den Straßenbau, Ding (2007) mit Bewertungswerkzeugen für
Nachhaltigkeit im Baugewerbe, Ortiz et al. (2010) mit Materialkombinationen zur Errichtung von Wänden,
etc.

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Das EIO tritt einen Schritt zurück um einen Blick auf das übergeordnete System zu werfen. Was das Bauen
betrifft, bedeutet eine weitere Expansion der baulichen Umgebung nicht nur, dass Land gebraucht wird
(was zu Entwaldung, der Bebauung von fruchtbarem Weideland, Wasserumleitungen, etc. führt), sondern
auch Material und Energie, und dass Emissionen ausgestoßen werden. Deshalb wird sich der folgende
Abschnitt mehr auf den generellen Materialverbrauch konzentrieren und für einen systemorientierten
Zugang zur CO2 Berechnung eintreten, der die Dynamiken zwischen alten und neuen Gebäuden besser
widerspiegelt. Schlussendlich wird ein genauerer Blick auf den Gesamttrend im Baugewerbe geworfen.

2.2.1 | Der Materialeinsatz im Bereich Bauen
Der steigende Ressourcenverbrauch ist eine der größten ökologischen Herausforderungen des 21.
Jahrhunderts. Obwohl sich dieser Verbrauch nicht direkt als sichtbares Problem manifestiert, wie etwa
durch Verschmutzung, trägt er doch zu größerem ökologischem Druck und Problemverschiebungen bei
(zum Beispiel die Verschiebung negativer Einflüsse durch ausländische Produktion, so dass sie von den
Konsumenten in den konsumierenden Ländern nicht wahrgenommen werden). Der Planet hat die Grenzen
der Belastbarkeit bei einer Vielzahl ökologischer Systeme erreicht, ab dem die Angst vor Überschreitung
und Zusammenbruch durchaus relevant werden (siehe z.B. Rockström et al. 2009, EEA 2010, Meadows et
al. 2004). Als größter Ressourcenverbraucher beeinflusst der Bausektor diesen Trend entscheidend,
gleichzeitig ist viel Potential zur Materialverbrauchsreduzierung durch ressourceneffiziente Bauweise
vorhanden.

Der Anteil von Mineralien am inländischen Materialverbrauch (englisch: Domestic Material Consumption /
DMC) der EU-27 beträgt ca. 52 %. Ein kleiner Teil dieser Mineralien kann nicht im Baugewerbe verwendet
werden, die überwiegende Mehrheit allerdings schon. Wie in Abbildung 1 ersichtlich ist, variiert dieser
Anteil sehr stark zwischen den europäischen Ländern, und zwar von über 70% in Portugal und Irland bis zu
nur rund 30 % in den Niederlanden und Griechenland.

Zwischen 2000 und 2007 stieg dieser Anteil in den EU-27 (von rund 49 % auf 52 % des DMC; siehe Abb.
2.2). Die Trends unterscheiden sich auch stark von Land zu Land. Vergleicht man zum Beispiel die Jahre
2000 und 2007, sank der gesamte DMC in Italien, Deutschland, den Niederlanden und dem Vereinigten
Königreich, wohingegen er in Spanien (31 % mehr Verbrauch 2007 als 2000), Irland (40 % mehr
Verbrauch), Griechenland (42 % mehr Verbrauch) und Bulgarien, Litauen, Rumänien, Estland und Lettland
stark anstieg (alle mit mehr als 50 % höherem Verbrauch).

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Abbildung 1 | Anteil der Mineralien am inländischen Materialverbrauch europäischer
Länder, in Prozent, 2007

Quelle: Eurostat 2010b

Abbildung 2 | Gesamtbetrag und Anteil von Mineralien am DMC in der EU, 2000-2007

Quelle: Eurostat 2010b

Leider sind für 2008 derzeit noch keine Daten verfügbar. Es ist daher noch nicht möglich, über Änderungen
des Verbrauchs von Mineralien aufgrund der Finanzkrise zu reflektieren.

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Mineralstoffgemische sind ein Beispiel für materialintensives Baumaterial. Sie eignen sich deshalb als
ideales Beispiel, da sie nicht sichtbar zu Umweltproblemen beitragen (wie direkte Verschmutzung), aber
trotzdem eine starke Umweltbelastung verursachen. Mineralstoffgemische sind körniges Material wie etwa
Sand, Kies oder gebrochenes Material. Diese sind zum Beispiel Hauptbestandteil von Transportbeton und
stellen den Großteil von Baumaterial dar (siehe z.B. BGS 2010). 2009 betrug die europäische
Gesamtnachfrage ca. 3 Milliarden Tonnen, welche hauptsächlich von KMUs an 22.000 Stellen überall in
der EU produziert wurden (UEPG 2010). Zum Bau eines typischen, neuen Wohnhauses benötigt man bis
zu 400 Tonnen Mineralstoffgemisch, zum Bau von einem Kilometer Autobahn werden 30.000 Tonnen
benötigt (Bleischwitz and Bahn-Walkowiak 2007).

Entlang des gesamten Lebenszyklus treten Umweltprobleme auf, besonders in der Extraktionsphase
(Änderungen in der Landnutzung durch Bergwerke und Steinbrüche, veränderte Grundwasserniveaus,
etc.), aber Umweltbelastungen sind ebenso äußerst relevant. In erster Linie trägt der Mineralstoffabbau zur
Ressourcenknappheit bei und kann außerdem ein relevanter hindernder Faktor bei der Entkopplung des
BIPs vom DMC sein (siehe z.B. van der Voet et al. 2005 und Bleischwitz und Bahn-Walkowiak 2007). In
ihrer Verwendungsphase werden Mineralstoffe zu Beton verarbeitet, wobei große Mengen CO2 freigesetzt
werden (siehe Box 2.1), die in weiterer Folge zu Bodenversiegelung von fruchtbarem Land führen um
Bauten zu errichten (siehe Kapitel 2.2.3). Wenn Mineralstoffe nicht mehr gebraucht werden, werden sie
entsorgt oder recycelt. Bau- und Abbruchabfälle sind momentan sehr umfangreich, sie stellen 33 % des
jährlich produzierten Abfalls in der EU dar (EEA 2010). Die Neugestaltung und der Abriss von Gebäuden
produzieren große Mengen an wiederverwertbarem Material (Geibler et al. 2010). UEPG Daten aus 2008
zeigen, dass 216 Millionen Tonnen recycelt wurden. Dies entspricht nur 40 % der gesamten Bau- und
Abbruchabfälle, aber auch nur 6 % der gesamten europäischen Mineralstoffnachfrage dieses Jahres. Die
Mineralstoffversorgung kommt größtenteils aus Primärenergieträgern und es wird erwartet, dass die
Nachfrage steigen wird um die wachsenden Existenzbedürfnissen in Zentral- und Südosteuropa zu decken
(UEPG 2010).

In einer Fallstudie für die Stadt Zürich in der Schweiz wurde festgestellt, dass rund 80 % des
Abrissmaterials recycelt wird (AWEL 2010). Der Großteil dieses Materials wird jedoch als minderwertiges
Baumaterial weiterverwendet. Die übrigen 20 % werden in Deponien abgelagert. Derzeit haben alle Arten
von wiederverwertetem Beton etwas schlechtere Eigenschaften als Beton, der direkt aus Gesteinskörnung
hergestellt wurde. Wenn dem allerdings bereits bei der Planung eines Bauprojektes Rechnung getragen
wird, kann auch wiederverwerteter Beton bei baulich relevanten Teilen von Gebäuden verwendet werden.
Nichtsdestotrotz würde dies ein Umdenken in der Bauindustrie erfordern. Deshalb gründete die AWEL die
Schweizer Informationsinitiative „Kies für Generationen―. Der Hintergedanke dieser Initiative ist, Wissen
über die Verwendung von wiederverwerteten Materialien zu verbreiten und den Informationsaustausch
zwischen Wissenschaft und Industrie zu verbessern (AWEL, 2010).

Insgesamt scheint es ein hohes Potential bei Öko-Innovationen zu geben, um bessere Wege der
Mineralstoffwiederverwertung zu finden (zum Beispiel Urban Mining, d.h. Gewinnung von Rohstoffen aus
existierenden Gebäuden und Infrastruktur, siehe 3.2.2). Nicht nur im Hinblick darauf, Mineralstoffe bei
neuen, aufgewerteten Produkten zu verwenden, sondern auch um zu neuen Wegen beizutragen, die
Nachfrage nach Mineralstoffgemischen entweder durch Ersatz oder durch ressourcenärmerer Bauweise zu
verringern (siehe Kapitel 3.1.2).

                                       EIO Thematischer Bericht: Ressourceneffizientes Bauen             12
Abbildung 3 | Kernindikatoren der EU-Wirtschaft, der Bauindustrie und des Sektors nicht-
metallischer Mineralien

   Mineralstoff-
    gemische                                                                    EU Wirtschaft
  nicht-metallische Mineralien,
    incl. Industriemineralien
                                           Bausektor                                  Alle Sektoren

                                        Bruttowertschöpfung                    Bruttoinlandsprodukt
                                           EU-27 ~560 Mrd. €                          EU-27
 Bruttowertschöpfung
     EU-27 ~19.5 Mrd. €                                                             ~12,500 Mrd. €
                                        Beschäftigung EU-27
                                          ~14 Mil. Beschäftigte                Beschäftigung EU-27
 Beschäftigung EU-27                      ~ 3 Mil. Unternehmen                   ~219 Mil. Beschäftigte
   ~288,500 Beschäftigte                       (95% SMEs)
   ~18,300 Unternehmen
                                                                               CO2 äqu. Emissionen
                                        CO2 äqu. Emissionen                          EU-15
 CO2 äqu. Emissionen                         Bau & andere
     Zementproduktion                                                             ~4,000 Mil. Tonnen
                                              Leistungen
        = ca. 5% der                                                                    EU-27
                                              = ca. 11.3%*
 gesamten CO2 Emissionen                                                          ~5,000 Mil. Tonnen
                                           (~565 Mil. Tonnen
     (~250 Mil. Tonnen                         in EU-27)
         in EU-27)                                                                   DMC EU-15
                                                                                    6.4 Mrd. Tonnen
        DMC EU-15                                                                    DMC EU-27
      3.32 Mrd. Tonnen                                                              8.2 Mrd. Tonnen
        DMC EU-27
      4.25 Mrd. Tonnen

Quellen: Eurostat 2010b, c; 2011b, c; Eurostat und EC 2010 (erstellt von Bahn-Walkowiak/Wuppertal
Institut 2011); alle Daten für 2007, außer* Daten für 2006

Box 1 | Bestandsaufnahme der Zementproduktion
Zement und Beton sind heute die bedeutendsten Baumaterialien. Aufgrund ihrer Stärke und
Lebensdauer eignen sie sich sowohl für Straßen als auch für Gebäude. Die weltweite Produktion
von Zement beträgt jährlich ca. 2,5 Milliarden Tonnen und wächst rapide an. China ist der
weltgrößte Produzent von Zement (mit einem weltweiten Produktionsanteil von 54 % im Jahr 2009)
(Cembureau 2010).

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Abbildung 4 | Entwicklung der weltweiten Zementproduktion nach Regionen

Quelle: Cembureau 2010 (CSI = Cement Sustainability Initiative, Nachhaltigkeits-Zement-Initiative)
Anmerkung: Index: 2000=100

Abbildung 5 | Weltweite Zementproduktion nach Regionen, 2009

Quelle: Cembureau 2010

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Portlandzement ist heute die wichtigste Zementart. Dieser besteht aus Kalzium und Silizium und
basiert auf den Rohstoffen Kalkstein und Ton. Portlandzement hat den Vorteil, dass er jederzeit
verfügbar ist und aus billigen Rohstoffen hergestellt wird, aber auch seine Eigenschaften sind von
Vorteil, da er zum Beispiel über einen hohen Korrosionsschutz gegen Betonstahl verfügt. Zu den
Nachteilen gehören die hohe Verfahrenstemperatur (1850°C Brennofentemperatur), hoher
Energieverbrauch und hohe, direkte CO2-Emissionen. Die Zementindustrie verursacht ca. 5 % der
weltweiten, anthropogenen CO2-Emissionen, wobei ca. 60 % davon durch chemische Prozesse und
40 % durch das Verbrennen von Benzin verursacht wird, der für Prozessenergie benötigt wird
(WBCSD 2009).

Heute werden unterschiedliche Technologien zur Produktion von Portlandzement angewendet.
Generell kann zwischen Nass- und Trockenverfahren unterschieden werden. Beide Prozesse
verwenden die gleichen Rohstoffe. Allerdings unterscheiden sich die dadurch verursachten
Umwelteinflüsse, besonders der Energieverbrauch. Der effizienteste Produktionsprozess ist das
Trockenverfahren; dabei werden ein Drehrohrofen und ein mehrstufiger Wärmetauscher verwendet.
Dieses Verfahren ist in Westeuropa sehr verbreitet. Das Nassverfahren verfügt über eine wesentlich
niedrigere Effizienz. Es wird noch vor allem in Asien und in älteren Anlagen verwendet. Ein
Austausch der älteren Anlagen durch zeitgemäße Technologie würde zu einer signifikanten
Verringerung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen führen. Zusätzliche CO2-
Reduktionen könnten umgesetzt werden indem Kohle durch Sekundärbrennstoffe ersetzt wird, wie
etwa Reifen.

Neben den Optimierungsstrategien der Brennöfen wurde auch die Zementklinkervermahlung
wesentlich verbessert. Vormals verwendete Kugelmühlen wurden zum Teil durch effizientere
Walzenmühlen ersetzt. Allerdings haben auch diese einige Nachteile, besonders im Hinblick auf die
damit verbundene Korngrößenverteilung und den Wasserbedarf von Beton.

Die CO2-Emissionen bei der Zementherstellung können auch durch die Verwendung von
Industrieabfall wie zum Beispiel Hochofenschlacke und Flugaschen reduziert werden. Beide haben
ähnliche Eigenschaften wie Portlandzementklinker und besonders Hochofenschlacke wird oft
verwendet. Allerdings müssen beide Industrieabfallarten mit Portlandzement versetzt werden. Dies
eröffnet eine interessante Perspektive, die weiter erforscht werden muss. Auf lange Sicht scheinen
jedoch radikalere Innovationen vonnöten zu sein, da das Potential für den generellen
Portlandzementersatz beschränkt ist. Andere relevante Einschränkungen sind die Verfügbarkeit
von Hochofenschlacke und darin enthaltene mögliche Unreinheiten wie etwa Chromate, welche zur
so genannten Mauerkrätze führen können.

Leider weist kein einziger Optimierungsprozess (Prozess Öko-Innovation) auf das Problem hin,
dass die
aufgrund dessen ein entscheidender Ausstoß von CO2-Emissionen unvermeidbar ist. Genauere
Informationen über derzeit stattfindende Produkt-Öko-Innovationen für Öko-Zement finden sich in
Kapitel 3.1.1.1.

Bis heute wird nur ein geringer Teil von Beton und Zement wiederverwertet. Beton und Zement
werden zur Geländeauffüllung verwendet, wobei sie als unbewegliche Substanz gelten.

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Box 2 | Der Materialaufwand von Straßen
Nicht nur der Bau, sondern auch die Wartung einer Straße ist sehr materialintensiv. Tatsächlich
wird in Deutschland fünf Mal mehr Material zur Straßenwartung verwendet, als für den Neubau
(MaRess 2011). Straßen bieten außerdem einen großen Materialvorrat, der interessante
Möglichkeiten als Sekundärenergieträger zur Wiederverwendung bietet. In einem Mehrjahresprojekt
(MaRess: Materialeffizienz und Ressourcenschonung) für das deutsche Umweltministerium und
das Umweltbundesamt wurden Materiallagerung und der jährliche Materialfluss verschiedener
infrastruktureller Systeme in Deutschland abgeschätzt. Straßen stellten sich als das
materialintensivste Infrastruktursystem heraus.

Der deutsche Straßenbau basiert auf standardisierten, technischen Regulierungen. Daher ist es
möglich, den üblichen Verbrauch von Material für jede Art von Straße pro km² zu bestimmen und
den Jahresmaterialbedarf für neue Straßen, basierend auf Wachstumsstatistiken, abzuschätzen.
Obwohl es keine detaillierten Informationen über die Wartungsarbeiten gibt, kann anhand der
Bauabfallstatistiken darauf rückgeschlossen werden. Allerdings können Lärmschutzwände und
Leitplanken, die die Materialintensität des Straßenverkehrsnetzes insgesamt stark steigern
könnten, dabei nicht berücksichtigt werden.

Die wichtigsten Ergebnisse des Projekts beinhalten den Umstand, dass trotz eines kaum
wachsenden deutschen Straßenverkehrsnetzes große Mengen an Bodenschätzen nur für die
Wartung benötigt werden (in etwa 100 Millionen Tonnen). Jährlich werden rund 20 Millionen Tonnen
verbraucht, um das Straßenverkehrsnetz zu erweitern. Das Projekt stellte auch fest, dass das
Baugewerbe den größten Anteil an rezykliertem Bauabfall verwendet. Circa 50 Millionen Tonnen
recycelten Bauabfalls werden jedes Jahr in Deutschland im Straßenbau eingesetzt. Daher kann
gesagt werden, dass derzeit für ein Drittel des jährlichen Materialflusses im Straßenbau (ca. 40-45
Millionen Tonnen) recycelte Materialien anstatt von Rohstoffen verwendet werden. Eine Ableitung,
die die Öko-Innovationen daraus treffen können ist erstens, dass das Wissen über
Recyclingvorgänge auf höchster Ebene verbreitet werden muss und, zweitens, dass ein Bedürfnis
nach Upcycling-Technologien und Prozessen besteht.

2.2.2 | CO2-Fußabdruck vs. direkte CO2-Emissionen
Gebäude sind für rund 30 % aller weltweit anthropogen verursachten CO2-Emissionen verantwortlich
(Levine et al. 2007). Dies ist mehr als die Emissionen des Verkehrssektors (IPCC 2007).

Bis vor kurzem standen 80 % des durch Gebäude verursachten Kohlenstoffs mit den direkten CO2-
Emissionen in Verbindung (d.h. mit den Emissionen, die durch Gebäudebenützung entstehen:
Beleuchtung, Heizung, Kühlung, Elektrizität, etc.) und ca. 20 % mit dem CO2-Fußabdruck (d.h.
Emissionen, die durch den Bau, die Wartung, Neueinrichtungen und Änderungen an einem Gebäude
entstehen; dies beinhaltet auch Gewinnung, Transport, Herstellung und Montage von Baumaterial). Lane
(2007) stellte eine Änderung im Verhältnis zwischen dem CO2-Fußabdruck und den direkten CO2-
Emissionen in Großbritannien fest; der Wert für ein durchschnittliches Gebäude beträgt nun eher 60:40 und
wird in Zukunft möglicherweise der dominierende Wert sein (Wallbaum et al. 2010; Wallbaum und Heeren
2010). Ein Grund hierfür könnte die Messung und Regulierung der direkten CO2-Emissionen sein (Sturgis
and Roberts 2010).

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In der Tat wird zum Beispiel für alle Objekte in Großbritannien eine neutrale Energiebilanz für
Wohngebäude ab 2016 angestrebt, ebenso wie für alle Nichtwohngebäude ab 2019 (UK-GBC 2008). Es
herrscht allerdings die Gefahr, dass eine ausschließliche Fokussierung auf die Reduzierung der direkten
CO2-Emissionen unbeabsichtigt zu einem höheren CO2-Fußabdruck führen kann. Das Erreichen einer
neutralen Energiebilanz könnte die Verwendung von zunehmend kohlenstoffintensiven ‚Lösungen’ nach
sich ziehen. Im Fall des Ropemaker Place zum Beispiel (eines 20-stöckigen, 20.000 m² großen
Bürogebäudes in London) sind die direkten CO2-Emissionen sehr niedrig (was dazu führt, dass es auf
Öko-Standard Listen sehr gut platziert ist), da durch Maßnahmen wie etwa eine geneigte Fassade,
begrünte Dächer, Hackschnitzelheizung, Solarheizung und Photovoltaikanlagen ein niedriger
Kohlenstoffausstoß erreicht wird. Allerdings geht mehr als die Hälfte der CO2-Belastung auf den
Fußabdruck zurück (Sturgis and Roberts 2010). Tatsächlich sind beim Bau neuer Bürogebäude 40-50 %
des Kohlenstoffausstoßes im gesamten Gebäudelebenszyklus dem CO2-Fußabdruck zuzuschreiben. Auch
die Gebäudeart ist ausschlaggebend für Unterschiede: ein Haus verhält sich im Vergleich CO2-
Fußabdruck vs. direkte Emissionen üblicherweise wie 70:30, wohingegen eine Lagerhalle für gewöhnlich
ein Verhältnis von 40:60 aufweist. Insofern könnte es sich als ineffizient erweisen, Untersuchungen
ausschließlich auf die direkten CO2-Emissionen zu beschränken; es wäre eine zu eng gefasste
Perspektive, die die zweite Seite der Medaille ignorieren würde.

Aus diesem Grund haben Sturgis und Roberts (2010) eine Methode zur Kohlenstoffmessung entwickelt,
die sowohl die direkten als auch die indirekten CO2-Emissionen zur gleichen Zeit und in gleichen Einheiten
misst. Um die CO2-Effizienz eines Gebäudes bestimmen zu können werden die jährlichen CO2-
Emissionen einer bestimmten Fläche berechnet. Dies würde eine besser durchdachte Entscheidung
ermöglichen wenn ein Gebäude renoviert oder abgerissen und neu gebaut werden soll. Es bietet ein
umfassenderes Bild des CO2-Ausstoßes bestehender und neuer Gebäude, d.h. wann Gebäude am Ende
ihrer CO2-Nutzungsdauer sind, es besser wäre sie zu ersetzen und als Quelle für Urban Mining zu
verwenden.

Es sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass die Reduzierung der direkten CO2-Emissionen von
Gebäuden ein nennenswertes Ziel ist. Allerdings sind auch größere System-Trade-offs wichtig. Der CO2-
Fußabdruck ist ein gutes Beispiel für einen eingeschränkten Blick auf ein System, anstatt auch auf
Ressourceneffizienz und weiter gefasste Systemdynamiken und -konsequenzen Rücksicht zu nehmen.

2.2.3 | Bebaute Umgebung und Nettobestandszuwachs
Die Expansion der bebauten Umgebung hat schwere ökologische Folgen, die oft vergessen werden wenn
von nachhaltiger Bauweise gesprochen wird (der Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der
Bauprozesse und der Effizienz des Endproduktes). Den Kontext weiter zu fassen schafft eine andere
Perspektive. Obwohl in der Tat spezielle Maßnahmen zur Ressourcen- und Energieeffizienzsteigerung
gebraucht werden, um die Nachhaltigkeit zu verbessern, ist es auch notwendig, das Gesamtsystem im
Hinterkopf zu behalten um dauerhaft und umfassend Nachhaltigkeit zu schaffen.

75 % der Europäer leben in städtischen Gebieten (SOER 2010). In anderen Worten bedeutet dies, dass
die pro Kopf-Fläche von ca. 0,06 ha (Westeuropa) bis 0,04 ha (Osteuropa) reicht. Im Vergleich dazu lebt in
etwa die Hälfte der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten (World Bank 2010) und die pro Kopf-Fläche
reicht von 0,13 ha (in den USA) bis zu 0,03 ha (in China, Südostasien und Südasien) (Angel et al. 2005).
Obwohl die künstliche Fläche (d.h. die bebaute Fläche) nur ca. 4 % der europäischen Landoberfläche
ausmacht, beherbergt sie den Großteil der europäischen Bevölkerung und den Großteil ökonomischer

                                       EIO Thematischer Bericht: Ressourceneffizientes Bauen            17
Tätigkeiten. Dies geht Hand in Hand mit ständigem Ressourcentransfer und Emissionen, und zieht einige
Umweltbelastungen nach sich (z.B. das Entstehen von Abfall und Emissionen, etc.).

Die bebaute Fläche dehnt sich weiter aus. Die Materialflussrechnung verzeichnet diesen Trend in der
Kategorie „Nettobestandszuwachs― (OECD 2008). Insgesamt haben sich künstliche Flächen von 2000 bis
2006 in Europa um 4,3 % (oder mehr als 600.000 ha) erhöht (EEA 2010). Ungefähr 100.000 ha Land (oder
eine Steigerung um 0.61 % p.a.) wurden jedes Jahr innerhalb dieser Periode bebaut. Dies ist mehr als die
Steigerung, die zwischen 1990 und 2000 stattfand (0.57 % p.a.). Hauptgründe waren der Ausbau von
Wohnungen, Dienstleistungs- und Erholungsgebieten, industriellen und gewerblichen Gebieten, als auch
neue Bautätigkeiten (EEA 2010). Global betrachtet ist der Ausbau ein Ergebnis mehrerer
zusammenspielender Faktoren wie etwa gestiegenen Transporten, Landpreisen, individuellen
Wohnvorzügen, kulturellen Traditionen und Einschränkungen, demographischen Trends oder der
Anwendung von Flächennutzungsplänen auf lokaler und regionaler Basis.

Die Ausdehnung von bebautem Gebiet erfolgt auf Kosten anderer Landnutzer. Abbildung 7 illustriert die
Änderungen der Netto-Bodenbedeckung zwischen 2000 und 2006. Die größten Landgewinne
verzeichneten die künstlichen Flächen, die größten Verluste das Acker- und Weideland. Dies bedeutet,
dass die Futterproduktion (Essen, Futter, Treibstoff, Materialien) an andere Orte verlagert werden muss.
Tatsächlich wurden zwischen 1990 und 2000 49 % des bebauten Gebiets auf Kosten von Ackerland
(landwirtschaftlichen Nutzflächen und Dauerkulturen) gewonnen, und 35 % durch eine Umwandlung von
Weideland und mosaikförmiger Landwirtschaft. 9 % stammten von Wald- und Buschlandschaften.
Zwischen 2000 und 2006 fand der Großteil der Expansion noch auf Acker- (47 %) und Weideland (29 %)
statt, während sich der von Wäldern stammende Anteil um 5 %-14 % erhöhte (EEA 2010).

Abbildung 6 | Segmentierung künstlicher Flächen in Europa, 2006 (% der Gesamtfläche)
(% of total area)

                    3%
                          4%
                                                          Wohnungen, Dienstleistungen,
              13%                                         Erholung
                                                          Industrie, commercial units, Bau

                                                          Transport, Infrastruktur

                                      80%
                                                          Minen, Steinbrüche,
                                                          Mülldeponien

Quelle: EEA, 2010

                                       EIO Thematischer Bericht: Ressourceneffizientes Bauen               18
Abbildung 7 | Änderungen der Netto-Bodenbedeckung 2000-2006 in Europa: Gesamtfläche
in Hektar (links) und prozentuelle Änderung ab 2000 (rechts)
% change from 2000 (right)
Net land-cover changes 2000-2006 in Europe: total area in hectares (left) and % change
from 2000 (right)

Quelle: EEA, 2010

Ohne eine politische Reform erwarten Electris et al. (2009), dass sich die bebaute Fläche in Westeuropa
um weitere 2,2 Mha (oder ca. 8 %) ausdehnen wird, in Osteuropa sollen es rund 2,1 Mha sein (oder ca. 22
%). Als illustrierendes Beispiel errechnet Bringezu (2009), dass es bei der momentanen
Expansionsgeschwindigkeit 750 Jahre dauern würde, um die Gesamtfläche Deutschlands zu bedecken.
Nichtsdestotrotz ist diese Ausdehnung ein Phänomen, das nicht für unbestimmte Zeit anhalten kann. Das
Baugewerbe wird sich an eine modifizierte Nachfrage anpassen müssen (z.B. Renovierung, Sanierung,
siehe auch unten) um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Aufgrund ihres großen Umwelteinflusses, zum Beispiel durch Bodenversiegelung oder erhöhtes
Verkehrsaufkommen, bedürfen die städtische Landverwendung und -expansion besonderer
Aufmerksamkeit bei der Landbedeckungsevaluierung und -verwendung, aber auch im Bezug auf
nachhaltiges Bauen und der Diskussion über Neubauten vs. Renovierung.

                                      EIO Thematischer Bericht: Ressourceneffizientes Bauen          19
2.3 | Öko-Innovationstrends
Öko-Innovationen sind in europäischen Unternehmen derzeit Trend. Dieser Abschnitt basiert auf einer
Eurobarometerumfrage1 und wird sich näher damit auseinandersetzen, wie Unternehmen im Baugewerbe
die Intensität und Art von geleisteten Öko-Innovationen sehen. Obwohl es schwierig ist, die Ergebnisse
einer Umfrage mit dem systemischen Veränderungsniveau, für das in Kapitel 2.2 argumentiert wurde, in
Verbindung zu bringen, ist es möglich, sich ein Bild der Lage zu machen. Da sich die Umfrage speziell mit
Öko-Innovationen und Ressourceneffizienz auseinandersetzt können wir schließen, dass das Ausmaß der
Ressourceneinsparungen durch Öko-Innovationen noch nicht ausreichend ist. Dieser Abschnitt beginnt mit
einer allgemeinen Untersuchung von Öko-Innovationen, geht dann genauer ein auf jene Arten von Öko-
Innovationen ein, die bisher entwickelt wurden um Materialkosten zu senken und schließt mit den
möglichen Auswirkungen auf den Bereich der Ressourceneffizienz ab.

Öko-Innovationen generell betrachtet

Eurobarometer begutachtete EU-weit rund 1.526 Unternehmen aus dem Baugewerbe. Die überwältigende
Mehrheit dieser Firmen (87 %) waren KMUs, die zwischen 10 und 49 Mitarbeiter beschäftigen. In etwa die
Hälfte der Unternehmen hatte einen Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro, und nur 1,8 %
verzeichneten einen Jahresumsatz von mehr als 59 Millionen Euro.

Obwohl die Mehrheit der Bauunternehmen in den letzten 5 Jahren Innovationen tätigten, ist der Anteil an
Investitionen in Öko-Innovationen relativ gering. Mehr als ein Drittel der Unternehmen gab an, dass
weniger als 10 % ihrer Innovationsinvestitionen in Öko-Innovationen gehen würden (Abbildung 8). Nur 5 %
der Firmen gaben an, dass sie mehr als 50 % in Öko-Innovationen investieren würden. Dies ist weniger als
der relative Anteil in anderen Sektoren; zum Beispiel gaben in den Wasser- und Landwirtschaftssektoren
rund 10 % an, dass sie in Öko-Innovationen investierten. Insgesamt kann gesagt werden, dass der Großteil
von Innovationsinvestitionen noch nicht in Öko-Innovationen geht.

Abbildung 8 | Anteil der Öko-Innovationsinvestitionen im Bausektor in den letzten 5

                                     4%   5%                                           Mehr als 50%
                                                   11%
                      19%                                                              Zwischen 30% und 49%

                                                                                       Zwischen 10% und 29%
1    Die Flash Eurobarometer-Umfrage “Attitudes of European Entrepreneurs towards Eco-Innovation” (Einstellungen
    europäischer Unternehmer zu Öko-Innovationen) war eine Telefonumfrage, die Anfang des Jahres 2011 durchgeführt worden
    war. Insgesamt 5.222 KMUs aus den EU-27 wurden zu ihren25%
                                                                                         Weniger als 10%
                                                              Einstellungen und Erwartungen bezüglich der Entwicklung und
    des Nutzungsgrades von Öko-Innovationen befragt. Die Umfrage wurde als Reaktion auf die steigenden Ressourcenpreise
    und die Ressourcenknappheit durchgeführt. Die Unternehmen stammten aus 5 Sektoren: 1) Landwirtschaft, Forstwirtschaft
    und    Fischerei   2) Trinkwasserversorgung;   Abwasserversorgung;                   Kein/Keine
                                                                           Abfallwirtschaft  und     innovativen
                                                                                                   Sanierungsmaßnahmen
    3) Verarbeitungsindustrie 4) Ernährungsgewerbe und 5) Baugewerbe (EC 2011).          Aktivitäten
                            36%                                                        Keine Angabe

                                             EIO Thematischer Bericht: Ressourceneffizientes Bauen                    20
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