Die Sozialversicherung - Gültig ab 1. Januar 2021 VERSICHERUNG & BEITRÄGE - hkk Krankenkasse
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2 EINLEITUNG Vorwort In der 72. Auflage – das bedeutet seit mehr als 60 Jahren – ver- schafft diese Broschüre nun schon Arbeitgebern sowie Lohn- und Gehaltsabrechnern einen aktuellen Überblick über das Versicherungs-, Melde- und Beitragsrecht der Sozialversiche- rung. Sie war, ist und bleibt dem Anspruch einer anwender- freundlichen Arbeitshilfe verpflichtet. Verständlich formuliert und mit zahlreichen Beispielen praxis- gerecht aufbereitet, leisten die folgenden Seiten Ihnen erneut wertvolle Unterstützung bei der Erfüllung der Melde- und Bei- tragspflichten. Alle wesentlichen Regelungen über die Versi- cherungspflicht, die Versicherungsfreiheit, die Beitragsberech- nung, den Lohn- bzw. Gehaltsabzug sowie das Meldeverfahren werden behandelt; aktuell unter Berücksichtigung der vom 1. Januar 2021 an geltenden Vorschriften und Bemessungs- grenzen. Nicht jeder in Betracht kommende Sachverhalt kann hier mit sämtlichen denkbaren Konstellationen dargestellt werden. Sollten Sie zu den Themen dieser Broschüre oder zu anderen Bereichen der Sozialversicherung Fragen haben, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf. Wir stehen Ihnen gern mit Rat und Tat zur Seite. Ihre hkk Impressum Herausgeber: 72. Auflage • Gültig ab 1. Januar 2021 • GK100206 Realisierung: VERSICHERUNG & BEITRÄGE hkk Seminar © PRESTO Gesundheits-Kommunikation GmbH www.presto-gk.de zum Jahreswechsel (c) www.presto-gk.de 2018/2019
I N H A LT S Ü B E R S I C H T 3 Inhalt A. Versicherungspflicht I. Allgemeines....................................................................................................................................................................................................... Seite 5 II. Beschäftigungsverhältnis............................................................................................................................................................................. Seite 5 III. Auszubildende/Praktikanten ohne Arbeitsentgelt............................................................................................................................. Seite 8 IV. Unständig Beschäftigte................................................................................................................................................................................. Seite 8 V. Bezieher von Vorruhestandsgeld............................................................................................................................................................... Seite 8 B. Versicherungsfreiheit I. Jahresarbeitsentgeltgrenze......................................................................................................................................................................... Seite 9 II. Geringfügige Beschäftigungen.................................................................................................................................................................. Seite 12 III. Studenten........................................................................................................................................................................................................... Seite 21 IV. Schüler................................................................................................................................................................................................................. Seite 22 V. Hauptberuflich Selbstständige................................................................................................................................................................... Seite 23 VI. Rentner, Pensionäre und ältere Arbeitnehmer..................................................................................................................................... Seite 23 VII. Pflegeversicherung......................................................................................................................................................................................... Seite 24 C. Krankenkassenzuständigkeit I. Allgemeines....................................................................................................................................................................................................... Seite 25 II. Wählbare Krankenkassen.............................................................................................................................................................................. Seite 25 III. Ausübung des Wahlrechts............................................................................................................................................................................ Seite 25 IV. Kündigung der Mitgliedschaft.................................................................................................................................................................... Seite 25 D. Meldungen I. Einheitliches Meldeverfahren..................................................................................................................................................................... Seite 26 II. Meldepflicht....................................................................................................................................................................................................... Seite 28 III. Meldepflichtige Tatbestände....................................................................................................................................................................... Seite 29 IV. UV-Jahresmeldung.......................................................................................................................................................................................... Seite 34 V. Haushaltsscheckverfahren........................................................................................................................................................................... Seite 34 VI. Qualifizierter Meldedialog............................................................................................................................................................................ Seite 35 E. Beiträge I. Arbeitsentgelt................................................................................................................................................................................................... Seite 37 II. Beitragssätze...................................................................................................................................................................................................... Seite 39 III. Beitragszuschlag in der Pflegeversicherung.......................................................................................................................................... Seite 40 IV. Beitragsberechnung und Beitragstragung............................................................................................................................................ Seite 41 V. Beitragsgruppen.............................................................................................................................................................................................. Seite 53 VI. Einzugsstelle...................................................................................................................................................................................................... Seite 53 VII. Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge............................................................................................................................... Seite 54 VIII. Erstattung und Verrechnung von Beiträgen.......................................................................................................................................... Seite 56 IX. Beitragszuschuss des Arbeitgebers........................................................................................................................................................... Seite 56 (c) www.presto-gk.de
4 I N H A LT S Ü B E R S I C H T F. Aufzeichnungs- und Nachweispflichten I. Entgeltunterlagen........................................................................................................................................................................................... Seite 59 II. Beitragsabrechnung....................................................................................................................................................................................... Seite 60 III. Auskunftspflichten.......................................................................................................................................................................................... Seite 61 G. Ausgleichskassen I. Allgemeines....................................................................................................................................................................................................... Seite 62 II. Beteiligte Arbeitgeber am U1-Verfahren................................................................................................................................................ Seite 62 III. Beteiligte Arbeitgeber am U2-Verfahren................................................................................................................................................ Seite 63 IV. Erstattungsfähige Aufwendungen ........................................................................................................................................................... Seite 63 V. Umlagen.............................................................................................................................................................................................................. Seite 63 VI. Geringfügig Beschäftigte.............................................................................................................................................................................. Seite 64 H. Insolvenzgeldumlage I. Allgemeines....................................................................................................................................................................................................... Seite 65 II. Aufbringung der Umlage.............................................................................................................................................................................. Seite 65 III. Bemessungsgrundlagen für die Umlage................................................................................................................................................ Seite 65 IV. Berechnung der Umlage............................................................................................................................................................................... Seite 66 V. Einzug der Umlage.......................................................................................................................................................................................... Seite 66 (c) www.presto-gk.de
VERSICHERUNGSPFLICHT 5 A. Versicherungspflicht I. Allgemeines oder stillschweigend – vereinbart ist. Dies gilt bei privat kran- kenversicherten Arbeitnehmern auch im Fall der Arbeitsun Arbeitnehmer unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- fähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung, wenn sie kein und Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht, wenn Krankentagegeld erhalten. Bei einem rechtmäßigen Arbeits- sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind und keiner der unter kampf bleibt das Versicherungsverhältnis in der Kranken- Abschnitt B genannten Tatbestände erfüllt ist. und Pflegeversicherung auch über einen Monat hinaus für die gesamte Dauer des Arbeitskampfes bestehen. Zu den in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenver- sicherung versicherungspflichtigen Personen gehören ferner Außerdem bleibt das Versicherungsverhältnis erhalten, so die zur Berufsausbildung Beschäftigten (Auszubildende, Prak- lange Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, tikanten sowie Teilnehmer an dualen Studiengängen). Diese Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld, Mutterschafts- sind in der Renten- und Arbeitslosenversicherung selbst dann geld oder Elterngeld gewährt oder Elternzeit in Anspruch ge- versicherungspflichtig (vgl. aber B. III), wenn sie kein Arbeits- nommen wird. Darüber hinaus wird das versicherungspflich entgelt erhalten. In der Kranken- und Pflegeversicherung tige Beschäftigungsverhältnis durch ein Beschäftigungsverbot gelten für zur Berufsausbildung Beschäftigte ohne Arbeits nach dem Infektionsschutzgesetz oder durch den Bezug von entgelt besondere Regelungen (vgl. A. III). (Saison-)Kurzarbeitergeld nicht berührt. Nach dem Pflegezeitgesetz haben Arbeitnehmer die Möglich- II. Beschäftigungsverhältnis keit, im Rahmen der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung bis zu zehn Arbeitstage von der Arbeit fernzubleiben, um für 1. Definition einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut Das Beschäftigungsverhältnis ist ein zweiseitiges Verhältnis, in aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu welchem sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Art gegen organisieren. Für eine längere Pflege in häuslicher Umgebung überstehen, dass der Arbeitnehmer in den Betrieb des Arbeit- kann eine vollständige Freistellung von der Arbeitsleistung gebers eingegliedert und dadurch von ihm persönlich und für längstens sechs Monate als Pflegezeit, zur Betreuung min- wirtschaftlich abhängig ist. Der Arbeitgeber verfügt seiner- derjähriger pflegebedürftiger naher Angehöriger sowie zur seits über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers und erteilt Wei- Begleitung in der letzten Lebensphase (maximal drei Monate) sungen hinsichtlich der Ausführung der Arbeit. beantragt werden. Während bei einer kurzzeitigen Arbeits verhinderung das Beschäftigungsverhältnis auch dann fort 2. Beginn besteht, wenn der Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt erhält, Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis wird in endet das Beschäftigungsverhältnis in den anderen genann- der Regel durch die tatsächliche Arbeitsleistung begründet. In ten Fällen einer vollständigen Freistellung mit dem letzten Ausnahmefällen kann die Versicherungspflicht aber schon vor Arbeitstag und besteht nicht noch für einen Monat fort; der tatsächlichen Arbeitsaufnahme beginnen, z. B. wenn der dies gilt auch dann, wenn arbeitgeberseitige Leistungen Beschäftigungsbeginn infolge von Witterungseinflüssen oder (z. B. Kontoführungsgebühren, vermögenswirksame Leis anderen vom Arbeitnehmer nicht zu vertretenden Gründen tungen, Dienstwagen usw.) weiterhin gewährt werden. hinausgeschoben wird. Versicherungspflicht tritt ferner dann ein, wenn die Beschäftigung wegen einer Erkrankung des Ar- 4. Ende beitnehmers nicht zu dem im Arbeitsvertrag vorgesehenen Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis endet Zeitpunkt aufgenommen werden kann, der Arbeitnehmer grundsätzlich mit der Aufgabe der Beschäftigung. Es besteht aber gleichwohl Anspruch auf Arbeitsentgelt hat. jedoch auch nach Beendigung der tatsächlichen Arbeitsleis- tung weiter, solange der Arbeitsvertrag und der sich hieraus 3. Arbeitsunterbrechungen ergebende Anspruch des arbeitsbereiten Arbeitnehmers auf Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis besteht die Gewährung des Arbeitsentgelts weiter besteht. So bleibt bei Arbeitsunterbrechungen ohne Entgeltzahlung (z. B. unbe- das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis bei- zahlter Urlaub, Arbeitskampf oder unentschuldigtes Fernblei- spielsweise auch dann erhalten, wenn im Rahmen eines Kün- ben von der Arbeit) bis zu einem Monat weiter, vorausgesetzt, digungsschutzprozesses das Ende des Arbeitsverhältnisses auf dass die Fortdauer des Arbeitsverhältnisses – ausdrücklich einen Zeitpunkt nach dem letzten Arbeitstag festgelegt wird. (c) www.presto-gk.de
6 VERSICHERUNGSPFLICHT Versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bestehen Eine Entsendung liegt allerdings in aller Regel nicht vor, wenn ferner bis zum Ende des Entgeltfortzahlungsanspruchs weiter, ein im Ausland lebender Arbeitnehmer dort eine Beschäfti- gung für einen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber auf- wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der nimmt (sog. Ortskraft). Umgekehrt tritt für Arbeitnehmer, die Arbeitsunfähigkeit kündigt oder im Rahmen eines im Ausland bestehenden Beschäftigungs- wenn der Arbeitnehmer aus einem vom Arbeitgeber zu verhältnisses von ihrem Arbeitgeber zeitlich befristet für eine vertretenden Grund, der den Arbeitnehmer zur Kündigung Beschäftigung nach Deutschland entsandt werden, keine Ver- aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungs- sicherungspflicht nach deutschen Rechtsvorschriften ein frist berechtigt, gekündigt hat. (Einstrahlung). Im Übrigen bleiben Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt – sie sind also vor- 5. Flexible Arbeitszeitregelungen rangig zu berücksichtigen. Hierzu gehört insbesondere das Ein Beschäftigungsverhältnis besteht auch in Zeiten der Frei- europäische Gemeinschaftsrecht bei Entsendung in oder aus stellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, des EWR oder wenn während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einer vor der Schweiz. oder nach dieser Zeit erbrachten Arbeitsleistung (Wertgut haben) fällig ist und das monatlich fällige Arbeitsentgelt in Die vorstehenden Grundsätze der Aus- und Einstrahlung gelten der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für auch im Verhältnis zwischen den alten und neuen Bundes die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate, in denen ländern, jedenfalls solange unterschiedliche Beitragsbe Arbeitsentgelt bezogen wurde, abweicht. messungsgrenzen in der Renten- und Arbeitslosenversiche- rung bestehen, also noch bis zum 31. 12. 2024. Sofern ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistel- lung beginnt, gilt dies mit der Maßgabe, dass das monatlich 7. Angehörige des Arbeitgebers fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unange- Durch Verwandtschaft des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber messen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung, mit der das wird das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, abweichen darf. nicht ausgeschlossen, wenn tatsächlich ein abhängiges Be- schäftigungsverhältnis vorliegt und es sich nicht lediglich Für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung im Rah- um familienhafte Mithilfe handelt. men sonstiger flexibler Arbeitszeitregelungen kann eine Beschäftigung jedoch nur für längstens drei Monate begrün- Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ist insbesondere det werden. dann anzunehmen, wenn der Familienangehörige Sozialversicherungsrechtlich relevante flexible Arbeitszeit in den Betrieb als Arbeitnehmer eingegliedert ist und regelungen sind grundsätzlich auch für geringfügig Beschäf- die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird, tigte (vgl. B. II) möglich. Da kurzfristige Beschäftigungen im dem Weisungsrecht des Arbeitgebers – wenn auch Voraus auf eine kurze Zeit begrenzt sind, kommen hier Wert- in abgeschwächter Form – unterliegt, guthabenvereinbarungen für eine (längerfristige) Freistellung ein der Arbeitsleistung angemessenes Arbeitsentgelt von der Arbeitsleistung jedoch nicht in Betracht. vereinbart ist und auch regelmäßig gewährt wird, das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht wird, 6. Aus- und Einstrahlung von dem Arbeitsentgelt Lohnsteuer entrichtet wird und Arbeitnehmer, die im Rahmen eines in Deutschland bestehen- der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft den Beschäftigungsverhältnisses ins Ausland entsandt wer- beschäftigt wird. den, bleiben weiterhin nach deutschen Rechtsvorschriften versichert. Dies setzt voraus, dass die Beschäftigung im Aus- Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Beschäfti- land vertraglich oder durch ihre Eigenart zeitlich im Voraus gung zwischen Ehegatten ist auch der eheliche Güterstand begrenzt ist (Ausstrahlung). zu berücksichtigen. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinn- gemeinschaft sowie der vertragliche Güterstand der Güter- Eine Entsendung im vorgenannten Sinne liegt vor, wenn sich trennung schließen ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Arbeitnehmer auf Weisung seines Arbeitgebers ins Aus- Ehegatten nicht aus. Entsprechendes gilt, wenn die Ehegatten land begibt, um dort eine Beschäftigung für diesen Arbeit in Gütergemeinschaft oder im gesetzlichen Güterstand der geber auszuüben. Auf die Staatsangehörigkeit, den Wohnsitz Eigentums- und Vermögensgemeinschaft (der ehemaligen oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des entsandten Arbeit DDR) leben bzw. lebten und der Betrieb zum Sondergut, nehmers kommt es nicht an. zum Vorbehaltsgut oder zum Alleineigentum gehört. (c) www.presto-gk.de
VERSICHERUNGSPFLICHT 7 Demgegenüber ist ein Beschäftigungsverhältnis zwischen nehmer gegen Bezahlung fremdbestimmte Arbeit verrichten. Ehegatten zu verneinen, wenn die Ehegatten Gütergemein- Gleichwohl kann in solchen Fällen ein versicherungspflichtiges schaft vereinbart haben und der Betrieb zum Gesamtgut Beschäftigungsverhältnis vorliegen. Die Versicherungspflicht gehört. Gleiches gilt, wenn der Betrieb aufgrund des (bis ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Gesellschafter aufgrund herigen) gesetzlichen Güterstandes der Eigentums- und ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung die Geschicke des Un- Vermögensgemeinschaft gemeinschaftliches Eigentum der ternehmens maßgeblich beeinflussen können. Die Übersicht Ehegatten (geblieben) ist. Steht aber in solchen Fällen eine auf Seite 8 gibt einen groben Überblick, ob Versicherungs- persönliche Arbeitsleistung im Vordergrund und wird im pflicht in Betracht kommt. Betrieb kein nennenswertes in das Gesamtgut fallendes bzw. zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörendes Kapital ein Durch die Anmeldung von geschäftsführenden Gesellschaftern gesetzt, so liegt eine abhängige Beschäftigung und damit einer GmbH wird – wie bei der Beschäftigung von Ehegatten, Versicherungspflicht vor. Lebenspartnern oder Abkömmlingen – ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren ausgelöst. Die Entscheidung, Bei der Beschäftigung von Ehegatten oder gleichgeschlecht- ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, trifft ebenfalls die lichen Lebenspartnern nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund. Dies bzw. von Abkömmlingen des Arbeitgebers ist ein obligato- gilt übrigens auch dann, wenn die Krankenkasse auf andere risches Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Zu den Weise als aus der Anmeldung des Arbeitgebers darüber Abkömmlingen gehören nicht nur die im ersten Grad ver- Kenntnis erhält, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner wandten ehelichen und nichtehelichen Kinder, sondern oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender auch Enkel, Urenkel usw. des Arbeitgebers. Darüber hinaus Gesellschafter ist. Im Übrigen gelten die Ausführungen unter gehören Adoptivkinder dazu, nicht dagegen Stief- und A. II. 7 entsprechend. Pflegekinder. 9. Abgrenzung zur selbstständigen Tätigkeit Als Reaktion auf den Eingang erstmaliger und speziell ge Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, kennzeichneter Anmeldungen (vgl. D. III. 2) verschickt die richtet sich nach den hierzu von der Rechtsprechung ent- Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund einen wickelten Grundsätzen und muss im Rahmen der Gesamt Fragebogen zur Statusfeststellung des mitarbeitenden Fami würdigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. lienangehörigen. Über die Statusfeststellung erhalten die Ungeachtet dessen können die Beteiligten (Auftragneh- Beteiligten einen Bescheid innerhalb von vier Wochen nach mer und Auftraggeber) in Zweifelsfällen schriftlich oder auch Eingang der vollständigen, für die Entscheidung erforder- elektronisch bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenver lichen Unterlagen. Auch die Einzugsstelle (Krankenkasse) sicherung Bund eine Entscheidung beantragen, ob eine Be- und die Bundesagentur für Arbeit werden unterrichtet. schäftigung vorliegt. Das gilt dann nicht, wenn die Kranken- kasse oder ein anderer Versicherungsträger bereits ein Kann wegen fehlender Mitwirkung eine Entscheidung nicht Feststellungsverfahren eingeleitet hat. getroffen werden, wird der Arbeitgeber darauf hingewiesen, dass bei einer späteren Feststellung einer Beschäftigung Wird eine solche optionale Statusanfrage innerhalb eines Mo- Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen sein werden. nats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt, beginnt – falls eine abhängige Beschäftigung festgestellt wird – die Versicherungs- Der Gesetzgeber bindet die Bundesagentur für Arbeit an pflicht erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung. Vorausset- Statusentscheidungen der Clearingstelle der Deutschen zung dafür ist, dass der Beschäftigte dem späteren Beginn der Rentenversicherung Bund leistungsrechtlich hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht zustimmt und er für die Zwischenzeit Zeiten, für die das Bestehen eines versicherungspflichtigen eine Absicherung gegen das Risiko der Krankheit und zur Alters- Beschäftigungsverhältnisses festgestellt worden ist. Die Bun- vorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen desagentur für Arbeit akzeptiert darüber hinaus die leistungs- der gesetzlichen Kranken- bzw. Rentenversicherung entspricht. rechtliche Bindung auch für Statusentscheidungen der Renten- versicherungsträger im Rahmen von Betriebsrüfungen. Das erforderliche Sicherungsniveau ist übrigens auch dann erreicht, wenn ein Anspruch auf Krankengeld oder Kranken 8. Mitarbeitende Gesellschafter tagegeld im Fall der Arbeitsunfähigkeit nicht besteht. Aller- Personen, die in einem Unternehmen gegen Entlohnung dings muss sich die private Krankenversicherung auch auf arbeiten, an dem sie selbst finanziell beteiligt sind, nehmen Angehörige erstrecken, die ansonsten familienversichert oftmals eine Doppelstellung ein, indem sie einerseits Unter- wären. Hinsichtlich der Rentenversicherung spielt die Höhe nehmerfunktionen wahrnehmen, andererseits wie Arbeit- des abgesicherten Rentenniveaus keine Rolle. (c) www.presto-gk.de
8 VERSICHERUNGSPFLICHT III. Auszubildende/Praktikanten ohne Arbeitsentgelt schränkt ist. Darüber hinaus kann eine unständige Beschäfti- gung auch dann vorliegen, wenn durch einen Rahmenvertrag Die zur Berufsausbildung Beschäftigten (Auszubildende, von vornherein mehrere aufeinanderfolgende befristete Be- Praktikanten sowie Teilnehmer an dualen Studiengängen), schäftigungen vereinbart werden. Für die Berechnung der Bei- die kein Arbeitsentgelt erhalten, unterliegen nur in der Ren- träge ist ohne Rücksicht darauf, an wie vielen Tagen im Monat ten- und Arbeitslosenversicherung als Arbeitnehmer der gearbeitet wird, der tatsächliche Verdienst bis zur monatlichen Versicherungspflicht. Für Praktikanten, die während eines Beitragsbemessungsgrenze (vgl. E. IV. 3) zugrunde zu legen. vorgeschriebenen Praktikums an einer Hochschule bzw. Fach- Nähere Hinweise zum Vorliegen einer unständigen Beschäfti- hochschule eingeschrieben sind, entfällt allerdings die Ver gung enthält das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzen sicherungspflicht auch in der Renten- und Arbeitslosenver organisationen der Sozialversicherung vom 21. 11. 2018. sicherung (vgl. B. III). In der Kranken- und Pflegeversicherung werden zur Berufsausbildung Beschäftigte ohne Arbeitsent- gelt nicht als Arbeitnehmer, sondern nach besonderen Vor- V. Bezieher von Vorruhestandsgeld schriften versichert, sofern keine Familienversicherung oder anderweitige Versicherungspflicht (z. B. als Waisenrentner Bezieher von Vorruhestandsgeld unterliegen der Versiche- in der Krankenversicherung der Rentner) besteht. Der zur rungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, Berufsausbildung Beschäftigte ohne Arbeitsentgelt hat die nicht dagegen in der Arbeitslosenversicherung. Während Ver- Möglichkeit, sich von dieser Kranken- und Pflegeversiche- sicherungspflicht aufgrund des Bezugs von Vorruhestands- rungspflicht befreien zu lassen. Die Befreiung ist innerhalb geld in der Kranken- und Pflegeversicherung nur eintritt, von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht zu wenn das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 % beantragen, sie wird nur bei Nachweis des Bestehens eines des letzten Bruttoarbeitsentgelts gezahlt wird, besteht in der anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheits- Rentenversicherung Versicherungspflicht auch dann, wenn fall wirksam. Wegen der Melde- und Beitragspflichten das Vorruhestandsgeld weniger beträgt. Im Übrigen besteht siehe auch D. III. 4 und E. IV. 9. Versicherungspflicht aufgrund des Bezugs von Vorruhestands- geld in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nur dann, wenn die betroffenen Arbeitnehmer bis zum Ausschei- IV. Unständig Beschäftigte den aus der Beschäftigung in diesen Versicherungszweigen versicherungspflichtig waren. Arbeitnehmer, die wegen Über- Versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege- und Renten schreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversiche- versicherung (nicht dagegen in der Arbeitslosenversicherung) rungsfrei waren (vgl. B. I), werden durch den Bezug von Vorruhe- sind auch unständig Beschäftigte. Unständig ist eine Beschäf- standsgeld selbst dann nicht krankenversicherungspflichtig, tigung, die auf weniger als eine Woche entweder nach der wenn das Vorruhestandsgeld die Jahresarbeitsentgeltgrenze Natur der Sache oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag be- unterschreitet. Personenkreis Versicherungsrechtliche Beurteilung Einzelunternehmer Versicherungspflicht kommt nicht in Betracht Gesellschafter einer Gesell- Versicherungspflicht kommt grundsätzlich nicht in Betracht schaft des bürgerlichen Rechts Gesellschafter einer OHG Versicherungspflicht kommt nicht in Betracht Komplementär einer KG Versicherungspflicht kommt nicht in Betracht Kommanditist einer KG Versicherungspflicht kommt in Betracht, wenn der Kommanditist weder aufgrund seiner Kapitalbeteiligung noch nach den ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Befugnissen maßgeblichen Einfluss in der KG besitzt Gesellschafter einer GmbH Versicherungspflicht kommt nicht in Betracht, wenn der Gesellschafter aufgrund (auch im Gründungsstadium, seines Kapitalanteils maßgeblichen Einfluss auf die GmbH nehmen kann oder sog. Vor-GmbH) aufgrund besonderer Umstände beherrschend im Unternehmen tätig ist Aktionär einer AG Versicherungspflicht kommt in Betracht, wenn der Aktionär durch die Höhe seiner Kapitalbeteiligung die Beschlüsse der AG nicht maßgeblich beeinflussen kann Vorstandsmitglieder einer AG Versicherungspflicht kommt in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie und deren Stellvertreter regelmäßig in der Krankenversicherung nicht in Betracht Genossenschaftsmitglieder Versicherungspflicht kommt in Betracht, wenn das Genossenschaftsmitglied weisungsgebunden und ohne eigenes Unternehmerrisiko beschäftigt ist (c) www.presto-gk.de
VERSICHERUNGSFREIHEIT 9 B. Versicherungsfreiheit Eine Besonderheit besteht allerdings: Variable Entgeltbestand- teile, die individuell-leistungsbezogen gewährt werden, sind dann dem regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt zuzurechnen, wenn sie üblicherweise Bestandteil des monatlich zufließenden I. Jahresarbeitsentgeltgrenze laufenden Arbeitsentgelts sind und dieses insoweit mitprägen. Sofern sich das monatlich zufließende Arbeitsentgelt typischer- 1. Allgemeines weise aus einem vertraglich fest vereinbarten Fixum sowie Arbeitnehmer sind in der Renten- und Arbeitslosenversiche- einem erfolgsabhängigen (variablen) Anteil zusammensetzt, rung ungeachtet der Entgelthöhe versicherungspflichtig. wird das monatliche Arbeitsentgelt auch von dem variablen In der Krankenversicherung sind sie jedoch versicherungs- Anteil charakterisiert. In der Folge ist bei dem variablen Ent- frei, sofern ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahres- geltbestandteil gleichermaßen von einem regelmäßigen arbeitsentgeltgrenze (Versicherungspflichtgrenze) übersteigt. Arbeitsentgelt auszugehen. Die Höhe des monatlich zuflie- ßenden variablen Entgeltbestandteils bzw. dessen Relation Hierbei ist zwischen der allgemeinen und der besonderen zum ggf. vertraglich vereinbarten Fixum ist dabei grundsätz- Jahresarbeitsentgeltgrenze zu unterscheiden, wobei die be- lich nicht von Bedeutung. sondere Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeitnehmer gilt, die am 31. 12. 2002 bei einem privaten Krankenversicherungs- Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt unternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung ver- werden, bleiben bei der Berechnung des regelmäßigen sichert waren. Substitutiv ist sie dann, wenn sie geeignet ist, Jahresarbeitsentgelts übrigens immer außer Betracht. die gesetzliche Krankenversicherung ganz oder teilweise zu ersetzen; das Bestehen einer bloßen Zusatzversicherung reicht Vergütungen für einen arbeitsvertraglich vereinbarten und hierfür nicht aus. Ob die vorgenannten Voraussetzungen vor regelmäßig anfallenden Bereitschaftsdienst sind bei der Er- liegen, haben die Arbeitgeber auch bei Neueinstellungen zu mittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts zu berück- prüfen und den Arbeitnehmer danach zu fragen. sichtigen. Vergütungen für Überstunden gehören dagegen zu den unregelmäßigen Arbeitsentgeltbestandteilen und sind Die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze beträgt im Kalen- daher bei der Berechnung des regelmäßigen Jahresarbeits derjahr 2021 64.350 EUR und die besondere 58.050 EUR. entgelts außer Betracht zu lassen; etwas anderes gilt lediglich für feste Pauschbeträge, die als Abgeltung für Überstunden Zum regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt gehören grundsätz- regelmäßig zum laufenden Arbeitsentgelt gezahlt werden. lich alle Einnahmen, die Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialver- sicherung darstellen und mit an Sicherheit grenzender Wahr- WICHTIG: Übt ein Arbeitnehmer nebeneinander mehrere scheinlichkeit mindestens einmal jährlich gezahlt werden. Beschäftigungen aus, dann sind für die Feststellung des regel- Neben dem laufenden Arbeitsentgelt sind also auch regel mäßigen Jahresarbeitsentgelts die Arbeitsentgelte grundsätz- mäßig gewährte Sonderzuwendungen bzw. Einmalzahlungen lich aus allen Beschäftigungen zusammenzurechnen. zu berücksichtigen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie mit hinreichender Sicherheit (z. B. aufgrund eines für allgemein- Sofern Krankenversicherungsfreiheit eintritt, bedeutet dies verbindlich erklärten Tarifvertrags) mindestens einmal jährlich gleichzeitig, dass auch in der sozialen Pflegeversicherung erwartet werden können. Das ist z. B. auch dann der Fall, wenn keine Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung über die Gewährung von Sonderzuwendungen bzw. Einmal besteht. zahlungen zwar keine schriftliche Vereinbarung, jedoch eine mündliche Absprache besteht oder die Gewährung auf Ge- 2. Kündigung des privaten Versicherungsvertrags wohnheit oder betrieblicher Übung beruht. Für Arbeitnehmer, die aufgrund der Erhöhung der Jahresar- beitsentgeltgrenze krankenversicherungspflichtig werden, ist Variable Entgeltbestandteile gehören – ganz gleich, ob sie eine Ab- und eine Anmeldung zu erstellen. Hintergrund ist der vom individuellen Erfolg oder vom Erfolg des Unternehmens veränderte Beitragsgruppenschlüssel in der Krankenversiche- abhängen – grundsätzlich nicht zum regelmäßigen Jahresar- rung. Sofern sie bei einem privaten Krankenversicherungs beitsentgelt, da in aller Regel zum Zeitpunkt der Ermittlung unternehmen versichert sind, können sie ihren Versicherungs ungewiss ist, ob und ggf. in welcher Höhe sie gewährt werden. vertrag kündigen. Das gleiche Kündigungsrecht haben privat Besteht hingegen ein Anspruch auf einen Mindestbetrag oder krankenversicherte Angehörige von versicherungspflichtig garantierten Anteil, sind diese Entgeltbestandteile bei der Er- werdenden Arbeitnehmern, wenn für die Angehörigen da- mittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts zu berück- durch eine Familienversicherung eintritt. sichtigen. (c) www.presto-gk.de
10 VERSICHERUNGSFREIHEIT 3. Befreiung von der Krankenversicherungspflicht Dieser Grundsatz ist immer dann zu berücksichtigen, wenn Arbeitnehmer, die aufgrund der Erhöhung der Jahresarbeits- die Feststellung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts aus entgeltgrenze krankenversicherungspflichtig werden, können Anlass der Beschäftigungsaufnahme oder wegen der Über- sich befreien lassen. Der Antrag auf Befreiung von der Versi- prüfung zum Ende des laufenden Kalenderjahres bei bislang cherungspflicht kann jeweils bis zum 31. 3. bei der Kranken- bestehender Versicherungsfreiheit erforderlich wird. kasse gestellt werden und wirkt rückwirkend, wenn bis zur Antragstellung noch keine Leistungen in Anspruch genom- Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Arbeitnehmer wegen men wurden, sonst vom Beginn des auf die Antragstellung Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze zum Ende des folgenden Kalendermonats an. Die Befreiung wird nur bei Kalenderjahres aus der Versicherungspflicht grundsätzlich Nachweis des Bestehens eines anderweitigen Anspruchs ausscheidet. In diesem Fall besteht Versicherungsfreiheit nur auf Absicherung im Krankheitsfall wirksam, sie kann nicht dann, wenn auch die Jahresarbeitsentgeltgrenze des nächsten widerrufen werden. Kalenderjahres überschritten wird. Bei dieser Prüfung werden bereits feststehende bzw. mit hinreichender Sicherheit abseh- 4. Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze bare Entgeltveränderungen berücksichtigt. Dies kann z. B. Arbeitnehmer, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die ein absehbarer Entgeltausfall aus Anlass des feststehenden Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet, scheiden mit Ablauf Beginns einer Mutterschutzfrist sein. des Kalenderjahres des Überschreitens aus der Krankenver sicherungspflicht aus. Wird also die Versicherungspflicht Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze durch eine rückwirkende grenze im Laufe des Jahres 2021 überschritten, so endet die Erhöhung des Arbeitsentgelts überschritten, so endet die Krankenversicherungspflicht am 31. 12. 2021. Gilt jedoch ab Krankenversicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, dem 1. 1. 2022 eine höhere Jahresarbeitsentgeltgrenze und in dem der Anspruch auf das erhöhte Arbeitsentgelt entstan- überschreitet das Arbeitsentgelt zu Beginn des Jahres 2022 den ist. Maßgebend ist also der Zeitpunkt, von dem an das diese neue Grenze nicht, so bleibt der Arbeitnehmer weiterhin erhöhte Arbeitsentgelt beansprucht werden kann, also z. B. krankenversicherungspflichtig. (Beispiel 1) der Tag des Tarifabschlusses, der Betriebsvereinbarung oder der Einzelvereinbarung. Auf den Zeitpunkt der Auszahlung Beispiel 1: des erhöhten Arbeitsentgelts kommt es nicht an. Ein Mitarbeiter im Verkauf – seit dem 1. 1. 2000 immer kranken- versicherungspflichtig beschäftigt – bezieht nach seinem Wechselt ein bisher krankenversicherungspflichtig beschäftig Arbeitsvertrag seit dem 1. 1. 2021 ein monatliches Gehalt in ter Arbeitnehmer den Arbeitgeber und liegt das regelmäßige Höhe von 4.000 EUR. Er hat darüber hinaus Anspruch auf ein Jahresarbeitsentgelt in der neuen Beschäftigung über der Weihnachtsgeld in Höhe von 4.000 EUR. Zum 1. 7. 2021 steigt der Mitarbeiter zum Verkaufsleiter auf. Das monatliche Gehalt Jahresarbeitsentgeltgrenze, dann besteht ab Beschäftigungs- beträgt jetzt 5.000 EUR, Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht aufnahme Krankenversicherungsfreiheit. in Höhe von 5.000 EUR. 5. Unterschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze n Prüfung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze im Laufe der Beschäfti- 4.000 EUR × 12 Monatsgehälter = 48.000 EUR + Weihnachtsgeld 4.000 EUR gung durch Verminderung des Arbeitsentgelts, z. B. infolge Regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt 52.000 EUR Reduzierung der Arbeitszeit, nicht nur vorübergehend ( > 3 Monate) unterschritten, so beginnt die Krankenversiche- 5.000 EUR × 12 Monatsgehälter = 60.000 EUR rungspflicht nicht erst mit dem Beginn des nächsten Kalen + Weihnachtsgeld 5.000 EUR Regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt 65.000 EUR derjahres. Sie beginnt vielmehr bereits mit dem Zeitpunkt, für den erstmals das niedrigere Arbeitsentgelt gezahlt wird Die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze 2021 (64.350 EUR) (vgl. aber B. I. 6 und B. I. 7). Minderungen des Arbeitsentgelts wird zunächst unterschritten, aufgrund des beruflichen Auf- stiegs wird sie ab dem 1. 7. 2021 aber überschritten. Damit aufgrund von (auch längerer) Kurzarbeit oder stufenweiser endet grundsätzlich am 31. 12. 2021 die Krankenversicherungs- Wiedereingliederung in das Erwerbsleben führen übrigens pflicht. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass auch nicht zu einer Beendigung der Versicherungsfreiheit. die vom 1. 1. 2022 an gültige Jahresarbeitsentgeltgrenze über- schritten ist. 6. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer Eine besondere Regelung gilt für Arbeitnehmer, deren WICHTIG: Lohn- und Gehaltserhöhungen sind – auch wöchentliche Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die wenn sie im Voraus vereinbart wurden – erst von dem Zeit- Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vergleichbarer punkt an zu berücksichtigen, von dem an sie dem Arbeitneh- vollbeschäftigter Arbeitnehmer des Betriebes herabgesetzt mer zustehen. wird und deren Arbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze (c) www.presto-gk.de
VERSICHERUNGSFREIHEIT 11 nicht mehr übersteigt. Sie können sich innerhalb von drei beschäftigung können sich die Arbeitnehmer von der Kranken- Monaten von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen, versicherungspflicht befreien lassen. Darüber hinaus können wenn sie bei Beginn der Teilzeitbeschäftigung mindestens seit sich Arbeitnehmer, die durch Herabsetzung der regelmäßigen fünf Jahren wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgelt- Wochenarbeitszeit während einer Freistellung nach § 3 des grenze versicherungsfrei waren und das Bestehen eines an- Pflegezeitgesetzes oder der Familienpflegezeit nach § 2 des derweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall Familienpflegezeitgesetzes krankenversicherungspflichtig nachweisen. Die Befreiung wirkt gleichzeitig für die soziale werden, von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen. Pflegeversicherung und kann nicht widerrufen werden. Der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht kann Dieser Befreiungstatbestand gilt außerdem für Beschäftigte, nur innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der zu die im unmittelbaren Anschluss an ihre bisherige Vollzeit lässigen, nicht vollen Erwerbstätigkeit bzw. nach Herab beschäftigung eine Teilzeitbeschäftigung im o. g. Sinne bei setzung der Wochenarbeitszeit gestellt werden und wirkt einem anderen Arbeitgeber aufnehmen bzw. die im Anschluss vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn bis zur Antrag- an die Zeiten des Bezugs von Elterngeld oder der Inanspruch- stellung noch keine Leistungen in Anspruch genommen nahme von Elternzeit oder einer Freistellung nach § 3 des wurden, sonst vom Beginn des auf die Antragstellung fol- Pflegezeitgesetzes oder § 2 des Familienpflegezeitgesetzes genden Kalendermonats an. Die Befreiung wird nur wirk- eine solche Teilzeitbeschäftigung aufnehmen, die bei Voll sam, wenn das Mitglied das Bestehen eines anderweitigen beschäftigung zu Krankenversicherungsfreiheit aufgrund Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze führen würde. Sie gilt nur für die Dauer der Elternzeit bzw. die Dauer einer Zeiten des Bezugs von Elterngeld oder der Inanspruchnahme Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes oder die Dauer von Elternzeit oder einer Freistellung nach § 3 des Pflegezeit- der Familienpflegezeit und wirkt gleichzeitig für die soziale gesetzes oder § 2 des Familienpflegezeitgesetzes werden Pflegeversicherung. auf die Fünf-Jahres-Frist angerechnet. Auch diese Arbeitnehmer können ihren privaten Versiche- Arbeitnehmer, die durch Übergang von einer Vollzeit- in eine rungsvertrag mit Wirkung vom Eintritt der Versicherungspflicht Teilzeitbeschäftigung kranken- und pflegeversicherungspflich- an kündigen. Die Aussagen hierzu unter B. I. 6 gelten analog. tig werden, können ihren privaten Versicherungsvertrag mit Wirkung vom Eintritt der Versicherungspflicht an kündigen. 8. Beschäftigungsaufnahme nach Elternzeit Dieses Kündigungsrecht besteht auch für die privat versicher- Für Arbeitnehmer, die vor Inanspruchnahme der Elternzeit ten Angehörigen mit Anspruch auf Familienversicherung. aufgrund der Höhe ihres regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei 7. Während Eltern-, Pflege- oder Familienpflegezeit waren, stellt sich der Versicherungsstatus nach Beendigung Ein Befreiungsrecht besteht ferner für Arbeitnehmer, die wäh- der Elternzeit bei (Wieder-)Aufnahme der Beschäftigung und rend der Elternzeit eine zulässige, nicht volle Erwerbstätigkeit Rückkehr zu den ursprünglichen Einkommensverhältnissen aufnehmen und dadurch krankenversicherungspflichtig wer- in Abhängigkeit von den Gegebenheiten während der Eltern- den. Zulässig ist eine Beschäftigung mit einer wöchentlichen zeit differenziert dar. Hierbei sind im Wesentlichen die in der Arbeitszeit bis zu 30 Stunden. Während einer solchen Teilzeit- Tabelle dargestellten Fallgruppen zu unterscheiden. Teilzeit Derselbe Befreiung von KV-Pflicht KV-Freiheit beschäftigung? Arbeitgeber? der KV-Pflicht? nein Ab Wiederaufnahme der Beschäftigung Bis Ende des Frühestens bei Überschreiten der Jahres ja ja nein Kalenderjahres arbeitsentgeltgrenze des Folgejahres ja ja ja Ab Wiederaufnahme der Beschäftigung Bis Ende des Frühestens bei Überschreiten der Jahres ja nein nein Kalenderjahres arbeitsentgeltgrenze des Folgejahres ja nein ja Ab Wiederaufnahme der Beschäftigung (c) www.presto-gk.de
12 VERSICHERUNGSFREIHEIT II. Geringfügige Beschäftigungen Die besonderen Regelungen für geringfügige Beschäftigungen gelten nicht für Personen, die geringfügig beschäftigt sind 1. Allgemeines Die Beurteilung geringfügig entlohnter Beschäftigungen er- im Rahmen betrieblicher Berufsbildung (z. B. Auszubilden- folgt seit dem 1. 1. 2013 auf der Basis weitgehend veränderter de, Teilnehmer an dualen Studiengängen und Prakti- Rechtsgrundlagen. So wurde die maßgebliche monatliche kanten) oder außerbetrieblicher Berufsausbildung, Entgeltgrenze um 50 EUR von 400 auf 450 EUR angehoben. im Rahmen des Gesetzes zur Förderung von Jugendfrei Bis 31. 12. 2012 bestand zudem in der gesetzlichen Rentenver- willigendiensten bzw. des Gesetzes über den Bundes sicherung (GRV) grundsätzlich Versicherungsfreiheit, mit der freiwilligendienst, Option, darauf zu verzichten. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis als behinderte Menschen in geschützten Einrichtungen, ist jedoch umgekehrt worden, man spricht in diesem Zusam- in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungs- menhang auch von einem Wechsel von Opt-in, gemeint ist das werken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Optieren in die GRV hinein, zu Opt-out, dem Optieren aus der Menschen, in denen sie für eine Erwerbstätigkeit befähigt GRV heraus. werden sollen, aufgrund einer stufenweisen Wiedereingliederung in das Für nach dem 31. 12. 2012 aufgenommene geringfügig ent- Erwerbsleben, lohnte Beschäftigungen ist die Rentenversicherungspflicht die wegen konjunktureller oder saisonaler Kurzarbeit. Regel. Der geringfügig Beschäftigte trägt die Differenz zwi- schen dem Arbeitgeberanteil am Rentenversicherungsbeitrag 2. Geringfügig entlohnte Beschäftigungen (15 %) und dem vollen Beitrag. Als monatliche Mindestbemes- a) Allgemeines sungsgrundlage müssen seither 175 EUR berücksichtigt wer- Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung (sog. Teilzeit- oder den. Es besteht jedoch die Möglichkeit, auf Antrag von der Minijob) liegt vor, sofern das Arbeitsentgelt regelmäßig im Rentenversicherungspflicht befreit zu werden (Opt-out), dann Monat 450 EUR nicht überschreitet (Beispiel 1). Die wöchent bleibt es beim Pauschalbeitrag des Arbeitgebers (15 %). liche Arbeitszeit und die Anzahl der monatlichen Arbeitsein- sätze sind unerheblich. Diese Beschäftigten sind versicherungs- Arbeitnehmer, die ihre geringfügig entlohnte Beschäftigung frei in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung sowie nicht vor dem 1. 1. 2013 aufgenommen haben, sind weiterhin ver versicherungspflichtig in der Pflegeversicherung. In der Renten- sicherungsfrei in der Rentenversicherung, solange das regel- versicherung besteht grundsätzlich Versicherungspflicht, mit mäßige Arbeitsentgelt 400 EUR im Monat nicht überschreitet. der Option, sich auf Antrag davon befreien zu lassen. Wie schon vor 2013 können sie jedoch gegenüber ihrem Ar- beitgeber den Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit Arbeitslosenversicherung: Für Arbeitslosengeldbezieher (mit mit dem Ziel eines vollen Schutzes in der gesetzlichen Ren Ausnahme der Bezieher von Teilarbeitslosengeld) gilt eine tenversicherung erklären (Opt-in). spezielle Grenze von weniger als 15 Stunden wöchentlich, wobei gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer un- In der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sind berücksichtigt bleiben. Die Höhe des Entgelts spielt dabei geringfügig entlohnte Beschäftigungen versicherungsfrei keine Rolle. Die Arbeitszeiten mehrerer derartiger Beschäf bzw. nicht versicherungspflichtig. tigungen, die nebeneinander ausgeübt werden, sind zu sammenzurechnen. (Beispiel 2) Während geringfügig entlohnte Beschäftigungen einen regelmäßigen Charakter aufweisen, zeichnen sich kurzfristige Beispiel 1: Beschäftigung dadurch aus, dass sie nicht regelmäßig, Regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt: sondern nur gelegentlich ausgeübt werden. Die Zeitgrenze a) 400,00 EUR b) 450,00 EUR c) 450,01 EUR der Kurzfristigkeit beträgt seit 2015 – anfangs übergangs weise, in der Folge dauerhaft – 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage. n Beurteilung: a) und b) geringfügig entlohnte Beschäftigung c) keine geringfügig entlohnte Beschäftigung Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie in Deutschland Beispiel 2: wurden zur Entlastung der Wirtschaft die Zeitgrenzen für die Beschäftigung neben Arbeitslosengeldbezug kurzfristige Beschäftigung für die Zeit vom 1. 3. bis 31. 10. 2020 Wöchentliche Arbeitszeit 14 Stunden auf 5 Monate bzw. 115 Arbeitstage angehoben. Die Regelung ist jedoch zwischenzeitlich ausgelaufen, sodass seit dem Monatliches Arbeitsentgelt 700,00 EUR 1. 11. 2020 wieder die vorgenannten Zeitgrenzen gelten. n Versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege- und Rentenver sicherung, arbeitslosenversicherungsfrei (c) www.presto-gk.de
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