Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt - Spektrum Umwelt 6

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Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt - Spektrum Umwelt 6
Spektrum Umwelt 6 | 2009

     Die Wurzeln der Nachhaltigkeit
     am Flughafen Frankfurt
     50 Jahre Umweltschutz am Flughafen
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt - Spektrum Umwelt 6
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt                         2

Inhalt

Die Wurzeln unserer Nachhaltigkeit
Prof. Dr. Wilhelm Bender, Vorsitzender des Vorstands der Fraport AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                     3

50 Jahre Umweltschutz am Flughafen Frankfurt
Dr. Peter Marx, Leiter Umweltmanagement (VAU) der Fraport AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                      4

1958 – 1968: Fluglärmreduzierung durch flugbetriebliche und technische Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . .                                                    6

„Wir waren im Umweltschutz schon immer ein gutes Stück voraus ...“
Interview mit Dr. Hans-Joachim Borst, ehem. Vorstand der Flughafen Frankfurt/Main AG . . . . . . . . . . . .                                                    7

1970 – 1976: Verstärkte Einbeziehung anderer Unternehmen sowie des Flughafen-Umfeldes . . . . . . . . . . . 10

Ein Mann der ersten Stunde
Interview mit Herbert Becker, ehem. Vorstandsbeauftragter der Fraport AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1983 – 2000: Umweltschutz in allen operativen Geschäftsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

„Wir haben in Hessen Pionierarbeit für den Umweltschutz geleistet“
Interview mit Walter Fricke, ehem. Leitender Ministerialrat im Hessischen Umweltministerium . . . . . . . 16

1999 – 2008: Systemarer Ansatz zur kontinuierlichen Verbesserung im Umweltbereich . . . . . . . . . . . . . . . 18

„Umweltschutz mit System bedeutet Transparenz, Nachprüfbarkeit und eine
ständige Verbesserung unserer Umweltleistungen.“
Interview mit Dr. Patrick Neumann-Opitz, Umweltmanagementsystembeauftragter der Fraport AG . . . 20

2004 – 2008: Umweltmanagement als Kernelement der Fraport-Nachhaltigkeitsstrategie . . . . . . . . . . . . 23

„Those with responsibilities must look ahead and solve the problems of tomorrow today.“
Interview mit Dr. Peter Marx, Leiter Vorstandsstab Umweltmanagement (VAU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt - Spektrum Umwelt 6
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt   3

Die Wurzeln unserer Nachhaltigkeit

             Der Flughafen Frankfurt tritt gegenwärtig in eine neue     chem hohen Maß ökologisches Denken und Handeln
             Phase seiner Entwicklung ein. Die Fraport AG verfolgt      die Entwicklung des Frankfurter Flughafens in den
             hierbei das Ziel, die zentrale Rolle unseres Heimatflug-   zurückliegenden Jahrzehnten beeinflusst und geprägt
             hafens im internationalen Luftverkehr für die kommen-      haben. Hier liegen die Wurzeln unserer heutigen Nach-
             den Jahrzehnte zu festigen und weiter zu stärken. Die      haltigkeitsstrategie.
             Voraussetzungen dafür sind günstig: Durch den Bau
             der Landebahn Nordwest und des neuen Terminal 3            Im Mittelpunkt der vorliegenden Dokumentation ste-
             werden wir unsere Kapazitäten über lange Zeit hinweg       hen Interviews mit Zeitzeugen, die diese Entwicklung
             auf die zukünftige Nachfrage einstellen können. Damit      aus ihrer Sicht beschreiben. Durch sie wird ein Stück
             ist gewährleistet, dass der Flughafen Frankfurt seinen     Nachhaltigkeitsgeschichte von Fraport lebendig. Für
             Rang als eines der bedeutendsten Luftverkehrsdreh-         mich sind die unterschiedlichen Blickrichtungen in die
             kreuze der Welt behaupten kann. Parallel zur Kapazi-       Vergangenheit unseres Unternehmens ein weiterer
             tätserweiterung entwickeln wir unsere Immobilien vor       Grund dafür, trotz aller aktuellen Widrigkeiten – wie
             Ort. Der Name „Airport City Frankfurt“ steht für eine      überlanger Genehmigungsverfahren oder den Auswir-
             Reihe von zukunftsweisenden Projekten wie dem              kungen der Finanzkrise auf die Luftverkehrsindustrie –
             Airrail Center, den Gateway Gardens und dem Mönch-         mit Zuversicht nach vorne zu schauen. Probleme und
             hof-Gelände, die insgesamt dem Flughafen ein neues         Widerstände gab es schließlich schon immer. Und die
             Gesicht geben werden. Beides: die Kapazitätserweite-       Geschichte des Umweltschutzes am Flughafen Frank-
             rung und die Airport City Frankfurt sind die Säulen, auf   furt zeigt, dass mit der richtigen Mischung aus Initia-
             der unsere Strategie für die Zukunft des Frankfurter       tive, Pragmatismus, Grundsatztreue und Dialogbereit-
             Flughafens aufbaut. Für beide Projekte sind hohe Inves-    schaft auch schwierige Situationen zu meistern sind.
             titionen erforderlich: Bis Mitte des nächsten Jahrzehnts
             hat Fraport für Ausbau und Modernisierung des Flug-        Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind keine Aufgaben,
             hafen-Geländes zirka sieben Milliarden Euro vorgese-       die sich in ein paar Schritten lösen ließen und anschlie-
             hen.                                                       ßend als erledigt abgehakt werden könnten. Sie erfor-
                                                                        dern eine große Beharrlichkeit – und die Bereitschaft,
             Allein schon die Höhe dieser Investition ist ein Beleg     sich neuen Herausforderungen zu stellen. Nirgendwo
             dafür, in welchem Umfang das wirtschaftliche Wohler-       zeigt sich das deutlicher als beim Klimaschutz. Es steht
             gehen der Region Frankfurt/Rhein-Main vom Flughafen        für mich außer Frage, dass ein wirksamer Beitrag zur
             abhängt. Der Airport ist mit derzeit über 70.000 Be-       Verlangsamung der Erderwärmung nicht nur der Fra-
             schäftigten die größte Arbeitsstätte weit und breit, und   port AG, sondern der gesamten Luftverkehrsindustrie
             für die zukünftige Entwicklung von Arbeitsmarkt und        technisch, operativ und damit auch finanziell über viele
             Wirtschaft des Umlands von entscheidender Bedeu-           Jahre hinweg eine Menge abverlangen wird. Gleich-
             tung. Selbstredend hat ein Standort dieser Größenord-      wohl gibt es keine vernünftige Alternative. Deshalb
             nung auch Auswirkungen auf die Umwelt. Betrachtet          haben wir uns entschlossen, den CO2 -Ausstoß am Flug-
             man die Gesamtheit aller wirtschaftlichen, sozialen        hafen Frankfurt pro Verkehrseinheit (also die Emissions-
             und ökologischen Aspekte, wird offensichtlich, dass der    menge umgerechnet auf einen Passagier beziehungs-
             Flughafen Frankfurt und die Fraport AG als seine Betrei-   weise 100 Kilogramm Fracht) auf Grundlage des
             bergesellschaft ein hohes Maß an Verantwortung tra-        Basisjahres 2005 bis 2020 um 30 Prozent zu senken.
             gen. Um dem gerecht zu werden, haben wir im Jahr           Zudem soll der anstehende Flughafen-Ausbau CO2 -neu-
             2004 eine Vision verabschiedet, in der wir uns zu den      tral erfolgen. Praktisch hat das zur Konsequenz, dass
             Konzernzielen Wertschaffung, Leistungsstärke und           die Fraport AG am Flughafen Frankfurt im Jahr 2020
             Nachhaltigkeit bekennen. Diese drei Konzernziele sind      absolut nicht mehr CO2 als in 2005 emittieren wird. Die-
             gleichberechtigt – wobei Nachhaltigkeit für die Be-        ses Ziel ist ambitioniert und kann nur erreicht werden,
             schäftigten wie das Umland von besonderem Interesse        wenn wir heute mit den dazu nötigen Maßnahmen
             ist. Denn hierunter fallen so wichtige Themen wie Mit-     beginnen.
             arbeiterzufriedenheit, Umweltschutz, gesellschaftliche
             Verantwortung und Sicherheit.                              Am Klimaschutz zeigt es sich, dass Unternehmen auf
                                                                        längere Sicht nur dann erfolgreich wirtschaften wer-
             Wie gesagt: Unsere Vision wurde 2004 formuliert. Sie       den, wenn sie realistisch, umsichtig und zudem mit
             hat aber eine sehr viel längere Vorgeschichte. Denn all    einem langen Atem planen. Eben dafür steht der Begriff
             das, was Nachhaltigkeit im Kern ausmacht, wird bei         der Nachhaltigkeit.
             Fraport schon seit vielen Jahren praktiziert. So ist der
             Umweltschutz bereits seit 1972 Unternehmensgrund-
             satz und spielt seit jeher sowohl im täglichen operati-
             ven Betrieb als auch bei der Planung und Umsetzung
             von Ausbauprojekten eine wichtige Rolle. Aus der hier      Prof. Dr. Wilhelm Bender
             vorgelegten Dokumentation wird ersichtlich, in wel-        Vorsitzender des Vorstands der Fraport AG
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50 Jahre Umweltschutz am Flughafen Frankfurt

                     Die Entwicklung der zivilen Luftfahrt ist eine der großen   Meiner Ansicht nach ist es in einer solchen Situation
                     Erfolgsgeschichten des technischen Zeitalters. Das erste    durchaus hilfreich, einmal zurückzublicken und sich die
                     funktionsfähige Motorflugzeug – die Flyer der Gebrüder      Lösungen vor Augen zu halten, die von der Luftver-
                     Wright – hob 1903 in Kitty Hawk zu seinem Jungfern-         kehrsindustrie angesichts ähnlich dramatischer Pro-
                     flug von 37 Metern ab. Es dauerte noch rund 20 Jahre,       blemlagen entwickelt und erfolgreich umgesetzt wur-
                     bis die ersten Airlines reguläre Flugverbindungen an-       den. Denn schließlich ist es nicht das erste Mal, dass
                     bieten konnten. Die eigentliche Geburtsstunde der zivi-     sich unsere Branche mit erheblichen Widerständen kon-
                     len Luftfahrt schlug in den 30er-Jahren des letzten Jahr-   frontiert sieht. Die vielleicht größte Herausforderung in
                     hunderts in den USA. Flugzeuge wie die DC-3 und die         der Vergangenheit war die Einführung von Flugzeugen
                     Boeing 307 waren bereits sichere und komfortable Mas-       mit Strahltriebwerken, deren Lärmpegel auf Dauer
                     senverkehrsmittel, die jedes Jahr Hunderttausende von       nicht tolerierbar waren. Dieses Problem konnte Schritt
                     Passagieren transportierten. Nach Ende des Zweiten          für Schritt durch ein Bündel von technischen und opera-
                     Weltkriegs und der Einführung von Strahltriebwerken         tiven Maßnahmen zumindest soweit entschärft wer-
                     erfolgte dann der endgültige Durchbruch: Die Luftfahrt      den, dass moderne Flugzeuge heutzutage nur noch
                     ist seither auf Strecken ab zirka 600 Kilometern das Ver-   einen Bruchteil des Lärms emittieren, den die Jets der
                     kehrssystem, das im Passagierverkehr konkurrenzlos ist.     ersten und zweiten Generation verursacht haben. Im
                     Im Jahr 2007 waren nach Auskunft der IATA etwa              Rückblick kann man sagen: Vor rund 50 Jahren wurden
                     23.000 Flugzeuge im Einsatz, die 3.754 Flughäfen mit-       aufgrund des wachsenden Problemdrucks beim Flug-
                     einander verbanden. Insgesamt wurden dabei gut zwei         lärm die Grundlagen für ein professionelles Umweltma-
                     Milliarden Menschen transportiert.                          nagement im Luftverkehr gelegt.

                     Seit seinen Anfängen ist der zivile Luftverkehr – sieht     Der Flughafen Frankfurt hat in diesem Zusammenhang
                     man einmal von Kriegen und kurzzeitigen Krisen ab –         eine besondere Rolle gespielt. In den 60er-Jahren war
                                                                                                    der Umweltschutz jenseits von Fach-
                                                                                                    diskussionen eigentlich noch kein
                                                                                                    Thema. Ungeachtet dessen verlang-
                                                                                                    ten Öffentlichkeit und Politik von der
                                                                                                    Betreibergesellschaft des Flugha-
                                                                                                    fens, der Fraport-Vorläuferin FAG,
                                                                                                    wirksame Maßnahmen gegen die
                                                                                                    zunehmende Fluglärmbelastung
                                                                                                    des Umlands zu entwickeln. Die
                                                                                                    Antwort des Flughafens war eine
                                                                                                    Strategie, die sich nicht auf einzelne
                                                                                                    Aktivitäten beschränkte, sondern
                                                                                                    umfassende Lösungsansätze für
                                                                                                    Umweltaspekte wie Fluglärm, Luft-
                                                                                                    belastung und Ressourcenschonung
                                                                                                    vorgab. Zwei wichtige Konsequen-
     Terminal 1954                                                                                  zen wurden in diesem Zusammen-
                                                                                                    hang bereits in den 70er-Jahren
                     weltweit regelmäßig gewachsen. Allein von 2006 auf          gezogen – und zählen bis heute zu den Grundprinzi-
                     2007 lag die Zuwachsrate bei rund neun Prozent. Die         pien des Fraport-Umweltmanagements:
                     meisten Experten gehen nach wie vor davon aus, dass
                     die Leistungen des Lufttransports auch in den kommen-       – Eine möglichst enge Kooperation mit anderen Unter-
                     den Jahren und Jahrzehnten weiter zunehmen werden.            nehmen (zum Beispiel den Airlines) und Institutionen
                     Gleichzeitig macht sich aber auch eine generelle Skepsis      (zum Beispiel Flugsicherung, Umweltbehörden und
                     breit. Grundsätzlich stehen wir vor der Frage, ob wir         Anrainergemeinden) sowohl bei der Reduzierung des
                     den heute erreichten Standard individueller Mobilität         Fluglärms als auch bei allen anderen Umweltschutz-
                     auch in Zukunft aufrechterhalten können. Was den              aktivitäten.
                     Luftverkehr anbelangt, werden aktuell vor allem zwei        – Ein intensiver Dialog mit allen von den Umweltaus-
                     Entwicklungen als Wachstumsbremsen angesehen:                 wirkungen des Flughafens betroffenen Gruppierun-
                     Der Preisanstieg beim Kerosin sowie die verschärften          gen und Einzelpersonen, durch den ein möglichst
                     Auflagen zum Klimaschutz in Form eines Emissions-             hohes Maß an Transparenz gewährleistet werden soll.
                     handelssystems, das demnächst in Europa auf die
                     Branche zukommt. Was also können wir für die kom-           In den darauf folgenden Jahrzehnten hat sich der Um-
                     menden Jahre erwarten?                                      weltschutz weltweit in vieler Hinsicht verändert. Er ist
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                      professioneller, komplexer und lösungsorientierter ge-      klar zu seiner Verantwortung und setzt sich für ein
                      worden und hat sich gegenüber seinen Anfängen stark         Höchstmaß an Leistungsstärke, Transparenz und Zu-
                      entideologisiert. Für uns Fraport-Umweltmanager ist         verlässigkeit ein: Gegenüber der Umwelt, seinen Mitar-
                      das eine erfreuliche Entwicklung: Während der Flug-         beitern und seinem gesellschaftlichen Umfeld.
                      hafen früher unter öko-fundamentalistischem General-
                      verdacht stand, erkennen heute die meisten Fachleute        Was heißt das für die kommenden Jahre? Nach meiner
                      an, dass am Airport Frankfurt gute Arbeit in Sachen         Einschätzung hängt die Zukunft unseres Unternehmens
                      Umweltschutz geleistet wird. Der Umweltschutz am            und der Luftverkehrsindustrie im Ganzen nicht nur von
                                                                                                         Faktoren wie dem Kerosinpreis und
                                                                                                         dem Emissionshandel ab, sondern
                                                                                                         vor allem auch davon, wie wir sel-
                                                                                                         ber als Branche die Rahmenbedin-
                                                                                                         gungen des zukünftigen Luftver-
                                                                                                         kehrs gestalten. Die Fraport AG
                                                                                                         plädiert in diesem Zusammenhang
                                                                                                         für ein integriertes Nachhaltigkeits-
                                                                                                         management – weil wir überzeugt
                                                                                                         sind, dass hier die Lösungen ange-
                                                                                                         legt sind, die wir angesichts der He-
                                                                                                         rausforderungen der nächsten Jahre
                                                                                                         dringend benötigen. Wir sind uns
  Besucherterrasse                                                                                       bewusst, dass vor allem beim Kli-
        mit Vorfeld                                                                                      maschutz noch viele Fragen offen
in den 50er-Jahren                                                                                       sind und wir Lösungen benötigen,
                                                                                                         die wir heute noch nicht kennen.
                      Flughafen Frankfurt hat zudem wegweisende Innova-           Die Geschichte des Fraport-Umweltmanagements zeigt
                      tionen angestoßen, die heute an vielen Airports der         aber auch: Durch geduldige und professionelle Arbeit
                      Welt Standard sind. Inzwischen hat sich auch das Öko-       aller Beteiligten ist es möglich, nachhaltige Verbesse-
                      Image des Flughafens in der Öffentlichkeit infolge          rungen zu erzielen. So gesehen, bin und bleibe ich opti-
                      nachprüfbarer Leistungen verbessert – wozu vor allem        mistisch – sowohl im Hinblick auf die weitere ökologi-
                      auch die Validierung nach der strengen EU-Umwelt-           sche Entwicklung am Flughafen Frankfurt und den
                      norm EMAS und die Zertifizierung nach ISO 14001 bei-        anderen Flughäfen des Fraport-Konzerns als auch hin-
                      getragen haben.                                             sichtlich eines weiterhin wachsenden weltweiten Luft-
                                                                                  verkehrs.
                      Natürlich sind alle diese Erfolge kein Grund, uns auf
                      den grünen Lorbeeren der Vergangenheit auszuruhen.
                      Die aktuellen Herausforderungen der Gegenwart –
                      Klimaschutz, CO2 -Reduzierung, kurzfristige Einsparung
                      und längerfristige Substitution herkömmlicher Treib-        Dr. Peter Marx
                      stoffe in der Luft und am Boden – zeigen, dass sowohl       Leiter Umweltmanagement (VAU) der Fraport AG
                      unsere Branche als Ganze als auch die Fraport AG neue
                      Antworten finden muss. Was Fraport angeht, haben
                      wir erste Schritte bereits eingeleitet: Für den Flughafen
                      Frankfurt wurde ein Programm zur CO2 -Reduktion ver-
                      abschiedet. Zudem haben wir eine konzernweite Um-
                      weltpolitik auf den Weg gebracht, die für alle derzeit
                      zehn Airports von Fraport im In- und Ausland entspre-
                      chende Ziele vorgibt. Über die Vielzahl dieser Einzel-
                      maßnahmen sollte man jedoch nicht die große Pers-
                      pektive aus dem Blick verlieren: So, wie wir uns in den
                      70er-Jahren beim Umweltschutz für eine „große Strate-
                      gie“ entschieden haben, setzt Fraport auch heute auf
                      einen umfassenden Lösungsansatz, der Antworten auf
                      die Herausforderungen von heute gibt: Die Rede ist von
                      der Fraport-Nachhaltigkeitsstrategie, die neben ökolo-
                      gischen auch soziale und gesellschaftliche Komponen-
                      ten umfasst. Der Fraport-Konzern bekennt sich damit
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt - Spektrum Umwelt 6
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt   6

1958 – 1968: Fluglärmreduzierung durch flugbetriebliche
             und technische Maßnahmen

Besucherterrasse 1960   Im Zentrum des Fraport-Umweltschutzes stand von          Walter Hasenbein – erster Fluglärmschutzbeauftragter
                        Anfang an die Eindämmung und Vermeidung von              (LSB) am Flughafen Frankfurt. Von August 1965 an
                        Fluglärm. 1958 landete das erste Düsenflugzeug auf       übernahm er den Posten des „LSB“. Walter Hasenbein
                        dem Frankfurter Flughafen. Die Jets der ersten           leistete zusammen mit Werner Huxhorn echte Pionier-
                        Generation waren extrem laut – und die Flughafen-        arbeit in puncto Fluglärm.
                        Gesellschaft wurde von Anwohnern wie der Politik
                        aufgefordert, Maßnahmen zur Reduzierung des
                        Fluglärms zu ergreifen. Die Fraport-Vorläuferin FAG      und anderen Airlines sowie den zuständigen Behör-
                        setzte schon damals auf eine integrierende Strate-       den analysiert, erprobt und umgesetzt. Auf der
                        gie: Auf der einen Seite wurden alle erdenklichen        anderen Seite arbeitete man engagiert in den Gre-
                        technischen Möglichkeiten zur Fluglärmreduzie-           mien mit, um gemeinsame Ansätze für ein wir-
                        rung in enger Zusammenarbeit mit der Lufthansa           kungsvolles Fluglärmmanagement zu entwickeln.

                        1958: Erstes Düsenflugzeug (Boeing B 707) landet auf dem Flughafen Frankfurt (FRA).
                        1959: Bereits sieben Airlines setzen Jets in FRA ein.
                        1961: Einrichtung der ersten Arbeitsgruppe zum Fluglärm.
                        1962: FAG initiiert „runden Tisch“ mit Bürgerinitiativen gegen Fluglärm.
                        1964: FAG gründet eine erste Arbeitsgruppe Umweltschutz.
                        1964: Erste Fluglärmüberwachungsanlage und Routenüberwachung auf FRA.
                        1965: Einführung der ersten „Minimum Noise Routes“.
                        1966: Gründung der ersten deutschen Fluglärmkommission (Mitglieder: FAG, Bundesanstalt für Flugsicherung,
                              Airlines, Kommunen, Behörden).
                        1967: Neue lärmoptimierte Aufteilung der Abflugstrecken.
                        1968: Einrichtung eines Fluglärm-Beschwerdetelefons.
                        1968: Erprobung und Einführung eines lärmoptimierten Abflugverfahrens für die Vickers VC-10 („rolling take-
                              off“).

                        Anlage zur Fluglärmüberwachung (80er-Jahre)              Mobile Fluglärmüberwachung
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Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt     7

Interview mit Dr. Hans-Joachim Borst, ehem. Vorstand der Flughafen Frankfurt/Main AG

„Wir waren im Umweltschutz schon immer ein gutes Stück voraus...“

                          Herr Dr. Borst, Sie haben in den zurückliegenden          Wie war es denn wirklich?
                          50 Jahren die Entwicklung des Frankfurter Flugha-         Natürlich ist auch meine Sicht der Dinge subjektiv. Der
                          fens aus nächster Nähe miterlebt. Sie haben für das       eigentliche Kern der Sache ist aber, dass die Startbahn
                          Vorläufer-Unternehmen der heutigen Fraport AG,            West das wohl erste Großprojekt in Deutschland war,
                          die FAG gearbeitet und waren dort bis zu Ihrer Pen-       das bewusst unter Umweltgesichtspunkten geplant
                          sionierung Mitglied im Vorstand. Wenn man heute           worden ist.
                          mit Zeitzeugen spricht, hört man immer wieder her-
                          aus, dass Sie sich in Ihrer aktiven beruflichen Lauf-     Das ist Ihre persönliche Interpretation...
                          bahn bei Freund und Feind einer gewissen Beliebtheit      Keineswegs, ich kann das auch belegen. Wie Sie viel-
                          erfreuten.                                                leicht wissen, ging die Startbahn 18 West im Jahr 1984
                          Ich weiß nicht, mit wem Sie genau geredet haben.          in Betrieb. Das dazugehörige Planfeststellungsverfah-
                          Sehen wir es mal so: Ich bin von Haus aus Jurist, und     ren wurde 1973 eröffnet, aber die Vorarbeiten reichten
                          als solcher gewissen Standards und auch ethischen         bis in die zweite Hälfte der 50er-Jahre zurück. Ewig
                          Normen verpflichtet. In bestimmten Situationen kann       lange Genehmigungsverfahren sind also nicht Neues
                          das hilfreich sein.                                       hierzulande – aber das ist jetzt nicht unser Thema. In
                                                                                    jedem Fall war schon sehr früh klar, dass der Luftver-
                          Sie haben die Planung zur Starbahn 18 West von            kehr und damit der Flughafen Frankfurt Jahr für Jahr
                          Anfang an mit begleitet, Sie waren Mitglied in der        kräftig wachsen würde. Wir hatten damals lediglich die
                          Frankfurter Fluglärmkommission und Sie zählen zu          beiden Parallelbahnen, die von den Amerikanern nach
                          den Initiatoren des ersten Passiven Schallschutzpro-      dem Krieg angelegt wurden. Die konnten von den Flug-
                          gramms am Flughafen Frankfurt in den 80er-Jahren.         zeugen sowohl zum Landen wie auch zum Starten
                          Rückblickend wurde damals von der FAG Pionierar-          genutzt werden. Sie lagen aber relativ dicht beisam-
                          beit in Sachen Umweltschutz geleistet, obwohl das         men, sodass ein unabhängiger Betrieb mit den neuen
                          heute kaum bekannt ist.                                   Düsenflugzeugen nicht möglich war. Wir brauchten
                          Vermutlich hängt das mit der scharfen Polarisierung       also eine weitere Bahn. Und die erste Idee war natürlich
                          der Befürworter und Gegner der Startbahn 18 West          eine dritte Parallelbahn.
                          zusammen. Damals gab es in den Medien eine klare
                          Rollenverteilung: Auf der einen Seite die Technokraten,   Eine weitere Parallelbahn, die aber nie realisiert
                          die den Wald abholzen und alles zubetonieren wollen,      wurde.
                          und auf der anderen Seite die Ausbaugegner, denen         Richtig. Aus rein betrieblicher Sicht wäre eine derartige
                          das damals noch neue Etikett Umweltschützer aufge-        Bahn als Ergänzung zum bestehenden Bahnensystem
                          klebt wurde. In Wahrheit war die Angelegenheit sehr       sinnvoll gewesen. Eine Bahn, die Starts und Landungen
                          viel differenzierter.                                     zugelassen hätte, um den steigenden Luftverkehr auf-

                          1980 ohne Startbahn West                                  2005 mit Startbahn West

                          Wenn Sie heute im Fernsehen eine Dokumentation            zunehmen. Es war aber absehbar, dass mit ihr auch die
                          über die 80er-Jahre sehen, gibt es zwei große Ereig-      Fluglärmbelastung des Umlands überproportional
                          nisse in Sachen Umweltschutz in Deutschland: Der          zunehmen würde. Damals setzten die Airlines Jets wie
                          Widerstand gegen die Atomkraftwerke und gegen             die Boeing B 707, die DC-8 oder die VC-10 ein, die im
                          die Startbahn West.                                       Vergleich zu den heutigen Maschinen extrem laut
                          Ich weiß. Es ist ein Medien-Mythos entstanden, der mit    waren. Also suchten wir nach alternativen Lösungen.
                          der Wirklichkeit nicht allzu viel zu tun hat.             So wurde Professor Gerlach von der Technischen Uni-
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt - Spektrum Umwelt 6
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt   8

versität Stuttgart damit beauftragt, eine Planvariante     Wir hatten uns unter Umweltgesichtspunkten für die
zu entwickeln, die auch Umweltaspekte berücksichtigen      Nur-Startbahn entschieden. Die Bahn 18 West ist also
sollte. Professor Gerlach war der Fachmann schlechthin     ein Kompromiss. Aber vielleicht war die Zeit auch ein-
auf diesem Gebiet, und als er seinen Vorschlag präsen-     fach noch nicht reif dafür. Ich erinnere mich an einen
tierte, waren wir mehr als überrascht.                     Anhörungstermin vor dem Regierungspräsidium, wo
                                                           wir unsere neue Bahnvariante vorstellten und dem Gre-
Wann war das?                                              mium darlegten, wir hätten auch nach ökologischen
1958. Er schlug vor, die dritte Bahn westlich des Paral-   Aspekten geplant und einen vernünftigen Kompromiss
lelbahnsystems in nordsüdlicher Richtung anzuordnen.       zwischen betrieblichen Belangen und dem Umwelt-
Das brachte einige Nachteile mit sich, hatte aber auch     schutz gefunden. Der Vorsitzende fragte etwas irritiert
einen entscheidenden Vorteil.                              nach: „Ökonomisch?“ „Nein“, sagten wir, „ökolo-
                                                           gisch“. Das Problem war, dass zu dieser Zeit so gut wie
Was waren die Nachteile?                                   niemand dieses Wort kannte.
Eine solche Bahn eignet sich aufgrund ihrer Lage ledig-
lich für Starts in Richtung Süden. Und da sie dicht am     Im Vordergrund des Umweltschutzes der FAG stand
westlichen Ende des Parallelbahnsystems gelegen war,       damals der Fluglärm.
musste der Betrieb auf allen drei Bahnen minutiös auf-     Fluglärm war das drängendste Umweltproblem, und
einander abgestimmt werden. Zudem war es notwen-           wir haben uns deshalb darauf konzentriert. Daneben

Nördlicher Flughafen mit Kerosintanks 1978                 Vorfeld 1970

dig, relativ große Waldflächen für den Bau zu roden.       gab es noch die Bereiche Grundwasser, Luftqualität
Das wurde später zu einem Problem gegenüber der            und Abfall, die organisatorisch in einer eigenen FAG-
Öffentlichkeit, obwohl wir ein äußerst umfangreiches       Abteilung zusammengefasst wurden.
und großzügiges Kompensationsprogramm zur Wie-
deraufforstung in der Region durchgeführt haben.           Herr Dr. Borst, in den 60er-Jahren wurden Sie dann
                                                           Mitglied der Frankfurter Fluglärmkommission.
Und was war der Vorteil?                                   Die freiwillige, damals noch nicht gesetzlich vorge-
Die Möglichkeit, das Umland generell vom Fluglärm zu       schriebene Gründung war 1966, obwohl es schon vor-
entlasten und in bestimmten, besonders stark betroffe-     her Arbeitsgruppen zum Thema Fluglärm gab. Auf
nen Gebieten die Belastung spürbar zu reduzieren.          diese Arbeit bin ich bis heute stolz. Die Fluglärmkom-
                                                           mission in Frankfurt war die weltweit erste Einrichtung
Wie sollte das funktionieren?                              dieser Art, in der Vertreter der FAG, der Lufthansa und
Dadurch, dass die Flugrouten nicht mehr so stark wie       anderer Airlines, der Flugsicherung, der umliegenden
bisher über besonders dicht besiedelte Gebiete geführt     Kommunen und der zuständigen Behörden über Maß-
werden mussten. Damals kam das Wort vom „Lärm-             nahmen zur Fluglärmreduzierung diskutierten und
lastenausgleich“ auf.                                      praktische Vorschläge zu ihrer Umsetzung machten.
                                                           Vieles, was heute im Fluglärmmanagement Standard
Als dann die Bahn 25 Jahre später so gebaut wurde,         ist, wurde damals von uns entwickelt und angestoßen:
ging dieser Punkt in der Auseinandersetzung                Lärmoptimierte Flugrouten, Nachtflugbeschränkun-
anscheinend ziemlich unter.                                gen, das „low drag, low power“-Anflugverfahren, die
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt - Spektrum Umwelt 6
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt    9

Verfahren zur Messung von Fluglärm und die Ermitt-        Anscheinend war das ja auch beim passiven Lärm-
lung von Lärmsündern. Und nicht zuletzt die Idee eines    schutz der Fall.
lärmabhängigen Entgeltsystems, das lärmarme Flug-         Wir haben in den 70er-Jahren das erste Schallschutz-
zeugtypen finanziell begünstigt. Als Fazit kann man       fenster-Programm konzipiert, und uns damit nicht nur
wirklich sagen: Wir waren im Umweltschutz schon           Freunde gemacht.
immer ein gutes Stück voraus.
                                                          Wie das?
Wie erklären Sie sich eigentlich diese exponierte Rolle   Andere Flughäfen haben uns vorgeworfen, damit einen
des Frankfurter Flughafens?                               juristischen Präzedenzfall geschaffen zu haben, der sie
Ganz einfach: Bei uns war der Druck am größten, ge-       viel Geld kosten würde. Was ja nicht ganz falsch ist:
eignete Lösungen zu finden. Wir waren und sind der        Unsere Aktivitäten zur Schallisolierung von Gebäuden
größte Flughafen Deutschlands, und bestimmte Proble-      hat die FAG rund 30 Millionen Mark gekostet, was für
me zeigen sich hier immer zuerst.                         damalige Verhältnisse nicht wenig war. In der ADV, der

Grundwassermessstelle                                     Schallschutzmauer

Sie hatten aber offensichtlich auch die richtigen         Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Verkehrsflughäfen,
Leute.                                                    gingen daraufhin die Wogen der Empörung hoch. Man
Das stimmt. Denken Sie nur an Werner Huxhorn. Er war      warf uns vor, wir würden Appeasement-Politik betrei-
der Lärmexperte der FAG, und der Fluglärm-Papst welt-     ben, wie das Chamberlain 1938 in München gemacht
weit. Er war übrigens Autodidakt – aber es gab auch       hat. Das war zwar albern, zeigt aber auch, wie wir
niemanden, von dem er in seinem Fachgebiet noch           damals zwischen allen Stühlen saßen: Unversöhnliche
etwas hätte lernen können. Er entwickelte neue Mess-      Ausbaugegner, schwerfällige Genehmigungsverfahren
verfahren, und er war auch der Erfinder des „Noise        und missgestimmte Kollegen.
Report“. Diese Dokumentation war die entscheidende
Voraussetzung dafür, gemeinsam mit den Chefpiloten        Haben Sie Ihr Engagement jemals bereut?
der Airlines lärmmindernde Flugverfahren zu entwi-        Im Gegenteil. Wer etwas bewegen möchte, setzt sich
ckeln. Sowohl die Stelle des Lärmschutzbeauftragten,      immer mal wieder in die Nesseln. Wenn Sie etwas
die Anfang der 70er-Jahre am Flughafen eingerichtet       Neues machen, ist das Risiko besonders groß. Damit
wurde, als auch das erste Fluglärmgesetz von 1971         muss man leben, und ich selbst bin heute froh, dass es
bauen auf seinen Forschungen und Erkenntnissen auf.       so und nicht anders gelaufen ist.
Werner Huxhorn war ein Pionier, dem die gesamte Zivil-
luftfahrt viel verdankt.
                                                          Herr Dr. Borst, haben Sie vielen Dank für das Inter-
Auch die Frankfurter Fluglärmkommission war ein           view.
Novum...
Eine freiwillige Einrichtung, die später per Gesetz an
allen deutschen Flughäfen eingeführt wurde. Wobei wir
die wesentlichen Vorarbeiten geleistet haben.
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt - Spektrum Umwelt 6
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt   10

1970 – 1976: Verstärkte Einbeziehung anderer Unternehmen
             sowie des Flughafen-Umfeldes

       Terminal 1

                    1972 wurde der Umweltschutz von der Flughafen           Anflugverfahren internationaler Standard. Auch in
                    Frankfurt/Main AG als Unternehmensgrundsatz             anderen Bereichen waren die Aktivitäten am Frank-
                    festgeschrieben. Im operativen Betrieb verstärkte       furter Flughafen wegweisend: So baut das 1971 ver-
                    man die Zusammenarbeit mit den Luftverkehrsge-          abschiedete erste deutsche Fluglärmgesetz in
                    sellschaften, um weitere Optimierungspotenziale         wesentlichen Teilen auf den fachlichen Vorarbeiten
                    bei der Fluglärmreduzierung nutzen zu können. Ein       am Frankfurter Flughafen auf. Mit der Eröffnung des
                    Meilenstein dieser Kooperation war die Einführung       neuen Terminals bekam der Flughafen Frankfurt
                    des Frankfurter Anflugverfahrens „low drag – low        1972 einen direkten Anschluss an das Schienennetz
                    power“: Die Jets flogen den Frankfurter Flughafen       der Bahn – den heutigen Regionalbahnhof. Ziel die-
                    mit reduziertem Triebwerkschub an und fuhren das        ser Maßnahme war neben einer besseren Verkehrs-
                    Fahrwerk und die Klappen erst zu einem relativ spä-     anbindung des Umlandes auch eine Reduzierung
                    ten Zeitpunkt aus. Heute ist dieses lärmmindernde       des Pkw-Verkehrs am Flughafen.

                    1970: Erster „Jumbo-Jet“ B 747 landet in FRA.
                    1970: Einrichtung einer haustechnischen Leitwarte (größte in Europa) zur energieeffizienten Klimatisierung des
                          Terminals 1.
                    1971: Erweiterte Fluglärmüberwachungsanlage geht in Betrieb.
                    1971: Vorlage des ersten FAG „Noise Report“, der unter anderem den Lärmwert „Leq“ definiert.
                    1971: Verabschiedung des Fluglärmgesetzes durch den Deutschen Bundestag, das in vielen Teilen auf fach-
                          lichen Vorarbeiten in FRA aufbaut.
                    1971: Erste Nachtflugbeschränkungen treten am Flughafen Frankfurt in Kraft.
                    1971: Erste lufthygienische Untersuchung der Region Untermain mit Einbeziehung des Flughafens.
                    1972: FAG erklärt den Umweltschutz zum Unternehmensgrundsatz.
                    1972: Einführung des Frankfurter Anflugverfahrens „low drag – low power“, das heute weltweiter Standard ist.
                    1972: Das neu erbaute Passagierterminal (Terminal 1) wird über den unterirdischen Flughafen-Bahnhof
                          (heute Regionalbahnhof) an das Schienennetz der Deutschen Bahn angeschlossen.
                    1973: Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen“ (ADF) in Frankfurt.
                    1976: Initiative von FAG und Flugsicherung (BFS) zur weiteren Lärmoptimierung der Landeanflüge auf Frankfurt
                          (Lärmminderung durch Einführung einer 3.000-Feet-Grenze).
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Baustelle Terminal 1, vor 1972       Terminal 1 im Jahr 1972

Einweihung Terminal 1 im Jahr 1972

Gepäckförderanlage im Jahr 1972      Einweihung Regionalbahnhof im Jahr 1980
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Pressemeldung im Juni 1975
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt   13

Interview mit Herbert Becker, ehem. Vorstandsbeauftragter der Fraport AG

Ein Mann der ersten Stunde

                          Herr Becker, Sie waren in Sachen Fluglärmschutz von         wie heute. Zum einen gab es die Vertreter der umliegen-
                          Anfang an dabei. Die Frankfurter Fluglärmkommis-            den Kommunen – wozu ich damals als Bürgermeister
                          sion nahm im Oktober 1966 die Arbeit auf und war            von Zeppelinheim gehörte. Dann die Bundesvereini-
                          die erste Einrichtung ihrer Art in Deutschland. Und         gung gegen Fluglärm mit ihrem Vorsitzenden Pfarrer
                          Sie waren Gründungsmitglied.                                Oeser. Ferner die Vorstandsmitglieder der FAG, der Luft-
                          Pardon, wir waren sogar noch früher am Thema. Bevor         hansa und ein Verbindungsoffizier der US-Air Force. Ein
                          die „Kommission zur Abwehr des Fluglärms Flughafen          weiterer Block waren die Behörden wie zum Beispiel das
                          Frankfurt Main“ – so heißt das Gremium ja eigentlich –      Hessische Umweltministerium, und auch die Flugsiche-
                          offiziell gegründet wurde, gab es monatelange Vor-          rung war ja zu dieser Zeit noch eine Bundesbehörde.
                          gespräche. So können bereits 1965 veranstaltete Ge-
                          sprächsrunden, an denen Vertreter des Flughafens, der       Man kann sich vorstellen, dass hier recht unter-
                          Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms         schiedliche Interessen aufeinander trafen.
                          und des damaligen Ministeriums für Verkehr beteiligt        Aufeinander trafen? Ich würde eher sagen: prallten. Es
                          waren, als eine Art Forum der Fluglärmkommission            ging richtig hart zur Sache. Aber wir hatten Erfolg.
                          angesehen werden. Minister Karry nahm diese Vorge-
                          spräche so wichtig, dass er daran von Zeit zu Zeit selbst   In welcher Hinsicht?
                          teilnahm. An diesen Gesprächen habe ich als Bürger-         Ich nenne nur mal ein paar Stichworte. Es wurden neue
                          meister von Zeppelinheim teilgenommen. Sie kennen           lärmmindernde Abflugrouten mit Lufthansa- und
                          den Ort?                                                    PanAm-Piloten sowie Vertretern der Deutschen Flug-
                                                                                      sicherung besprochen, im Simulator erprobt und da-
                          Zumindest weiß ich, dass er ziemlich dicht am Flug-         nach festgelegt und geflogen. Sinn dieser Neuregelung
                          hafen Frankfurt liegt.                                      war es, Wohnsiedlungen im Flughafen-Bereich nach
                          So ist es. Zeppelinheim liegt am Ostrand des Flugha-        dem Start nicht mehr direkt zu überfliegen. Auch das
                          fens, und die Entfernung bis dorthin beträgt etwas          Abflugverfahren wurde geändert, und die Lärmwerte
                          mehr als 1.000 Meter. Die US-Air Base lag vor unserer       am Boden gingen daraufhin zurück. 1971 wurden die
                          Haustür. Muss ich noch mehr dazu sagen?                     ersten Nachtflugbeschränkungen durchgesetzt, die
                                                                                      seither immer wieder verschärft wurden. Wir haben
                          Eine exponierte Lage. Und es wurde wahrscheinlich           übrigens auch empfohlen, der „Concorde“ in Frankfurt
                          auch unangenehm laut.                                       keine Landerechte zu gewähren, weil sie einfach viel zu
                          Stimmt. In den 60er-Jahren, über die wir gerade spre-       laut war. Des Weiteren wurde ein Schallschutzfenster-
                          chen, war der Fluglärm ein weitaus größeres Problem         programm aufgelegt, das von der damaligen FAG frei-
                          als heute. Das hing ganz einfach damit zusammen,            willig finanziert wurde. Auch beim Raumordnungsplan
                          dass die Jets der ersten Generation wie die Boeing 707      für Südhessen haben wir mitgewirkt: Es wurde eine
                          oder die DC-8 zwar wunderschöne Flugzeuge waren,            62 dB(A)-Planungszone festgelegt, innerhalb derer
                          dabei aber auch sehr laut. Zusätzlich waren im Südteil      zum Schutz gegen Fluglärm keine Bebauung mehr
                          des Flughafens Militärflugzeuge der Amerikaner statio-      stattfinden soll. Der entscheidende Durchbruch in den
                          niert, und die waren echte Krachmacher. Da absehbar         Anfangsjahren war aber die Entwicklung des „Frank-
                          war, dass der Luftverkehr weiter wachsen würde, war         furter Anflugverfahrens“, das heute weltweit Standard
                          allen Verantwortlichen am Flughafen und im Umland           ist. Dieses Landeverfahren wurde von jungen Piloten
                          klar, dass wir schnell etwas gegen den Fluglärm tun         der Lufthansa für den Flughafen Frankfurt entwickelt,
                          mussten. Es war sozusagen Fünf vor Zwölf.                   und für mich ist das ein Paradebeispiel dafür, was eine
                                                                                      Fluglärmkommission erreichen kann.
                          Es gibt ja den schönen Spruch: „Und wenn man nicht
                          mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis“.          Können Sie das etwas näher erläutern?
                          Die Gründung einer Kommission ist ja noch keine             Eine Fluglärmkommission, die es heute an allen deut-
                          Garantie dafür, dass die Probleme auch wirklich an-         schen Flughäfen gibt, ist ja nur ein beratendes Gre-
                          gegangen und gelöst werden.                                 mium. Damit sie sich mit ihren Empfehlungen durch-
                          Offensichtlich waren wir die Ausnahme von der Regel.        setzen kann, muss sie einen gewissen Druck ausüben.
                          Die Fluglärmkommission hat in den Jahren nach ihrer         Das gelingt nur, wenn ihre fachliche Kompetenz über
                          Gründung eine Menge bewegt, und die Fluglärmbelas-          jeden Zweifel erhaben ist. Ich denke, genau das haben
                          tung in Frankfurt und Umgebung ist infolgedessen            wir in Frankfurt von Anfang an geschafft. Natürlich
                          spürbar zurückgegangen. Übrigens nicht nur spürbar,         muss man auch wissen, wie man an den richtigen
                          sondern auch messbar.                                       Fäden zieht. Auch darin waren wir nicht schlecht. Das
                                                                                      Beispiel „Frankfurter Landeverfahren“ zeigt, wie das in
                          Wer war denn alles in der Fluglärmkommission ver-           der Praxis Früchte trägt. Wir haben damals dem Fra-
                          treten?                                                     port-Vorläufer FAG und der wichtigsten Airline vor Ort,
                          Der Kreis der Teilnehmer war ähnlich zusammengesetzt        der Lufthansa, sehr deutlich gesagt, dass der Fluglärm-
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt   14

pegel gesenkt werden muss. Die alte Generation der         festgehalten. In Zeppelinheim wohnen ja viele Mitar-
Piloten hat uns daraufhin durch die Blume signalisiert:    beiter von Fraport, Lufthansa und anderen Airlines,
Technisch ist da im Moment nichts zu machen. Es gab        und die meisten davon sehen das so wie ich: Der Flug-
aber ein paar junge Piloten, die den Ehrgeiz hatten,       hafen muss aus wirtschaftlichen Gründen wachsen;
etwas Neues auszuprobieren. Sie haben im Simulator         andererseits müssen aber auch die schutzbedürftigen
ein Verfahren entwickelt, dass später die Bezeichnung      Belange der Bevölkerung berücksichtigt werden. Es
„low drag, low power“ bekam und den Landeanflug            geht also immer darum, die richtige Abwägung zu tref-
deutlich leiser machte. Und da die Lufthansa in der        fen. Wir haben das auch in der Fluglärmkommission
Fluglärmkommission hochkarätig vertreten war, wurde        nicht anders gesehen. Wenn Sie also von einem „Front-
das auch in der Praxis erprobt. Und siehe da: Es funk-     wechsel“ reden, kann ich nur sagen, dass das so nicht
tionierte. Ich denke, wenn es bei den richtigen Leuten     stimmt. Abgesehen davon: Wenn man es rein unter
kein Problembewusstsein in dieser Sache gegeben            Lärmschutzaspekten sieht, hat die Startbahn West
hätte, würden die Maschinen wahrscheinlich noch            auch dazu beigetragen, bestimmte Kommunen vom
heute die alten Routen fliegen.                            Fluglärm zu entlasten. Auch Zeppelinheim gehörte
                                                           dazu.
Entscheidend war doch aber auch, dass die Jets der
neueren Generation deutlich leisere Triebwerke als         Sie sind bei Fraport dann bis in die Position eines Vor-
die alten Donnerbüchsen haben.                             standsbeauftragten aufgestiegen und haben sich
Richtig. Aber warum ist das so? Warum wurden die           auch für den laufenden Ausbau stark engagiert.
neuen, geräuschärmeren Turbofans entwickelt? Neben         Der Flughafen-Ausbau ist notwendig und richtig. Was
rein technischen und wirtschaftlichen Gründen ist das      meinen Sie, wie unsere Region und ihr Arbeitsmarkt
auch ein Resultat des Drucks von außen. Die Fluglärm-      aussehen würde, wenn der Flughafen wirtschaftlich
kommission verlangte vom Flughafen, dass er die            nicht so erfolgreich gewesen wäre, wie er es heute ist.
Lärmbelästigung des Umlands mithilfe der am Flugbe-        Gleichzeitig hat es Fraport ja auch geschafft, das Flug-
trieb beteiligten Airlines in erträglichen Grenzen hält.   lärmmanagement weiterzuentwickeln und ein vali-
Über die Airlines ist dann wiederum Druck auf die Trieb-   diertes Umweltmanagement aufzubauen. Fraport wird
werkslieferanten entstanden, die die Technik verbessert    wie bisher gemeinsam mit der Fluglärmkommission
und damit leisere Triebwerke produziert hatten.            daran arbeiten, den Fluglärm einzudämmen, und man
                                                           wird sich in Zukunft auch vermehrt auf die Luftqualität
Herr Becker, Sie waren von 1969 bis 1978 der Vorsit-       und besonders auf die Reduktion des Treibhausgases
zende der Fluglärmkommission. Was haben Sie als            CO2 konzentrieren. Wir waren damals im Lärm- und
Erfahrung aus dieser Zeit mitgenommen?                     Umweltschutz äußerst erfolgreich, so wie es Fraport
Dass man trotz sehr unterschiedlichen Interessen und       auch heute ist, und niemand kann den Flughafen
Mentalitäten sehr erfolgreich und zielorientiert zusam-    Frankfurt daran hindern, das auch in Zukunft zu sein.
menarbeiten kann, wenn man sich an gewisse Regeln
hält. Wir haben uns oft hart gestritten, aber persönlich   Wenn man Sie so hört, fragt man sich, wie Sie eigent-
immer respektiert. Wenn wir uns intern zu Empfehlun-       lich in den Ruf eines Hardliners geraten konnten.
gen durchgerungen hatten, haben wir sie nach außen         Warum nicht gleich Betonkopf? Aber im Ernst: Ich
auch einhellig vertreten. Wir waren nicht beratungs-       sprach vorhin von der vernünftigen Abwägung zwi-
resistent und haben auf die Experten gehört – wenn sie     schen wirtschaftlichen und ökologischen Interessen,
denn ausgewiesene Experten waren und ihre Auffas-          und ich habe Zeit meines Lebens als Politiker und Flug-
sungen auch begründen konnten. Und wir haben uns           hafen-Manager versucht, beides in Einklang zu brin-
auf unsere Aufgabe beschränkt – die weiß Gott schwie-      gen. Ich bin vielleicht nicht gerade konsenssüchtig,
rig und komplex genug ist – und nicht versucht, noch       aber in jedem Fall kompromissfähig. Mit einer Ausnah-
alle anderen Probleme dieser Welt zu lösen.                me: Eintracht Frankfurt. Aber das ist ein anderes Feld.

1978 haben Sie dann den Vorsitz der Fluglärmkom-
mission abgegeben und einen Job bei Fraport ange-          Herr Becker, vielen Dank für das Gespräch.
nommen. Dieser Frontwechsel hat Ihnen nicht nur
Beifall eingebracht.
Nett gesagt. Natürlich gab es persönliche Anfeindun-
gen. Schon deshalb, weil zu dieser Zeit die Stimmung
durch die Auseinandersetzung um den Bau der Start-
bahn West sehr aufgeheizt war. Ich hatte mich schon
als Bürgermeister von Zeppelinheim für den Flughafen-
Ausbau ausgesprochen, und als wir dann 1977 ein Teil
von Neu-Isenburg wurden, habe ich an dieser Position
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt   15

1983 – 2000: Umweltschutz in allen operativen Geschäftsbereichen

                                                      In den 80er- und 90er-      1983: Erstes Passives Schallschutzprogramm im Um-
                                                      Jahren wurden in Frank-           land von FRA.
                                                      furt zusätzliche wirk-
                                                                                  1984: Inbetriebnahme der neuen Startbahn West
                                                      same Instrumente zur
                                                                                        ermöglicht einen veränderten „Lärmlasten-
                                                      Fluglärmreduzierung
                                                                                        ausgleich“, besonders in Neu-Isenburg.
                                                      entwickelt: Der Nacht-
                                                      flugverkehr wurde wei-      1984: Erweiterung und neues Konzept des Mess-
                                                      ter eingeschränkt und             stellennetzes zur Fluglärmüberwachung.
                                                      das erste Schallschutz-     1985: Erstes Frühwarnsystem zur Erkennung von
                                                      programm aufgelegt,               Vereisungswetterlage für das Runway- und
                                                      infolgedessen Wohnun-             Taxiingsystem.
                                                      gen in unmittelbarer
                                                      Nachbarschaft des Flug-     1985: Weitere Einschränkungen des Nachtluftver-
                                                      hafens auf Kosten von             kehrs.
                                                      Fraport mit Schallschutz-   1985: Erster kommerzieller Großanwender für elektro-
                                                      fenstern ausgestattet             nische Vorschaltgeräte zur Energiereduzierung
                                                      wurden. Zudem wurden              von Leuchtstoffröhren, Lebensdauer bis zu
                                                      1993 erstmals lärmab-             30.000 Stunden.
                                                      hängige Entgelte und
                                                                                  1988: Erster Luftreinhalteplan Untermain einschließ-
                                                      ein Nachtzuschlag für
                                                                                        lich Sondererhebung Flughafen Frankfurt.
                                                      besonders geräuschin-
                                                      tensive Flugzeugtypen       1987: Technische Modernisierung der Fluglärmmess-
                                                      eingeführt – seither zah-         anlage.
Flughafen 1988             len laute Flugzeuge in Frankfurt deutlich mehr.        1993: Einführung lärmabhängiger Landeentgelte und
                           Parallel dazu ging man daran, den Umweltschutz               eines besonderen Nachtzuschlags.
                           am Flughafen auf eine breitere Basis zu stellen: So
                                                                                  1992: Einrichtung eines ökosystemaren Biomonito-
                           wurden Messungen zur Luftbelastung durchgeführt
                                                                                        rings auf dem Flughafen zur Ermittlung even-
                           und erste Maßnahmen zur Schonung natürlicher
                                                                                        tueller Belastung mit hoch chlorierten persisten-
                           Ressourcen wie zum Beispiel Energie (vor allem
                                                                                        ten Kohlenwasserstoffen und Schwermetallen.
                           Heizanlagen) und Trinkwasser eingeleitet. Um die
                           Vielzahl der Umweltschutzaktivitäten am Flughafen      1997: Gründung des Umweltfonds, mit dem Fraport-
                           koordinieren und kontrollieren zu können, musste             Projekte in den Bereichen Naturschutz, Um-
                           die Umwelt-Abteilung neu organisiert werden – ein            weltschutz und Umweltpädagogik im Umland
                           wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur heutigen               fördert (Aufwendungen bislang über 20 Mio.€).
                           Fraport-Stabsstelle VAU.                               1998: Inbetriebnahme der größten Denitrifizierungs-
                                                                                        anlage für Grundwasser in Europa.
                                                                                  1998: Messungen von Triebwerksemissionen zur
                                                                                        Bestimmung der Kohlenwasserstoffanteile.
                                                                                  1998: Beginn des Mediationsverfahrens zum Flug-
                                                                                        hafen-Ausbau.
                                                                                  1998: Erste Brauchwasserleitung für Terminal 1.
                                                                                  1999: Messprogramm des Hessischen Landesamtes
                                                                                        für Umweltschutz und Geologie zur Ermittlung
                                                                                        der Luftqualität am Flughafen.
                                                                                  1999: Fraport als „Wassersparer des Jahres“ ausge-
                                                                                        zeichnet.
                                                                                  1999: Gründung der Abteilung Umweltmanagement.
                                                                                  1999: Inbetriebnahme des neuen Fernbahnhofs am
                                                                                        Frankfurter Flughafen, der unter anderem eine
                                                                                        Reduzierung von Kurzstreckenflügen innerhalb
                                                                                        Deutschlands ermöglicht.
                                                                                  2000: Umweltbundesamt: Ermittlungen der durch den
    Aufzeichnungsgeräte                                                                 Flughafen-Betrieb verursachten Emissionen, ins-
            für Fluglärm                                                                besondere der Ozon-Immissionen.
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt   16

Interview mit Walter Fricke, ehem. Leitender Ministerialrat im Hessischen Umweltministerium

„Wir haben in Hessen Pionierarbeit für den Umweltschutz geleistet“

                           Herr Fricke, bis zu Ihrer Pensionierung im Jahr 1996        vor allem durch Verbrennungsmaschinen wie Automo-
                           waren Sie einer der leitenden Umweltbeamten in              toren oder Flugzeugtriebwerke in Bewegung hält. Sie
                           Hessen.                                                     alle verursachen Luftschadstoff-Emissionen, und die
                           Wobei die Betonung vielleicht eher auf „Umwelt“ als         haben wir ab 1971 gründlich unter die Lupe genom-
                           auf „Beamter“ liegen sollte. Aber es stimmt schon. Ich      men. Inklusive dem Frankfurter Flughafen.
                           bin 1971 in das Hessische Ministerium für Landwirt-
                           schaft und Umwelt – so hieß das damals – eingetreten.       Und zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?
                           Das hat unter anderem mit sich gebracht, dass ich spä-      Ein Resultat, das uns ehrlicherweise selbst überrascht
                           ter Mitglied der Fluglärmkommission am Flughafen            hat, war die Emissionssituation am Flughafen. Wir hat-
                           Frankfurt wurde.                                            ten eigentlich vermutet, dass vom Flughafen eine be-
                                                                                       sonders starke Luftverschmutzung ausgeht. Aber so ist
                           Sie sind einer der führenden Fachleute im Bereich der       das nun einmal: Vermuten ist nicht Wissen. Die Daten
                           Luftschadstoffanalyse und Luftreinhaltung. Wie er-          sagten etwas anderes. Praktisch ist die Luftbelastung
                           wirbt man eigentlich einen solchen Experten-Status?         am Flughafen nicht größer als in bestimmten Außen-
                           Danke für die Blumen. Aber verlangen Sie jetzt bitte        bezirken des Frankfurter Stadtgebiets. Am Frankfurter
                           nicht von mir, mich lang und breit über meine fach-         Kreuz zum Beispiel, das ja direkt neben dem Flughafen
                           lichen Qualifikationen auszulassen – wenn überhaupt,        liegt, ist die Luft deutlich schlechter.
                           müssen das schon andere machen. Sehen Sie es mal so:
                           Seit der Gründung des Hessischen Umweltministeriums         Diese Untersuchung wurde aber, wie Sie selbst sag-
                           wurde hier unter Ministern aller politischer Couleur her-   ten, vor über 30 Jahren durchgeführt.
                           vorragende Facharbeit geleistet. Und das ist sicher eine    Es war die erste groß angelegte Untersuchung dieser
                           gute Voraussetzung dafür, selbst sein Wissen zu erwei-      Art – und seither waren wir ja nicht untätig.
                           tern.
                                                                                       Wie ging es dann weiter?
                           Sie waren seit Gründung des Umweltministeriums in           Wir haben unsere Messungen zur Feststellung von
                           Wiesbaden dabei?                                            Schadstoffkomponenten wie zum Beispiel Kohlenmon-
                           Praktisch schon. Ich bin von Haus aus Ingenieur und         oxid, Stickoxide, Kohlenwasserstoffe, Schwefeloxid,
                           hatte ursprünglich in der Industrie gearbeitet. Anfang      Feinstaub, Ruß und Benzole selbstredend immer wieder
                           der 70er-Jahre wurde dann von der Hessischen Landes-        aktualisiert. 1988 wurde der erste Luftreinhalteplan
                           regierung das erste deutsche Umweltministerium über-        Untermain einschließlich einer Sondererhebung am
                           haupt eingerichtet. So etwas gab es ja vorher nicht.        Flughafen Frankfurt realisiert. Dann haben wir 1992
                           Und ich wurde gefragt, ob ich mitmachen möchte. Das         direkt am Flughafen ein Biomonitoring zur Ermittlung
                           war wirklich eine spannende Herausforderung, und            der Luftqualität durchgeführt. Dafür werden in einem
                           deshalb habe ich „Ja“ gesagt und diese Entscheidung         standardisierten Verfahren Pflanzen wie zum Beispiel
                           auch nie bereut.                                            Welsches Weidelgras, Grünkohl oder Sommerweizen
                                                                                       genutzt, durch die sich eine Reihe von Schadstoffen wie
                           Sie haben Pionierarbeit für den Umweltschutz geleis-        zum Beispiel Schwermetalle oder Dioxin nachweisen
                           tet.                                                        lassen. Die vielleicht interessanteste Untersuchung in
                           Wir alle haben das getan. Der Schwerpunkt meiner Ak-        den 90er-Jahren befasste sich mit Flugzeugtriebwerken.
                           tivitäten lag am Anfang auf der Luftreinhaltung. Und        Hier wurden ein Jahr lang Daten insbesondere zur
                           da gab es zu jener Zeit noch beträchtliche Wissenslü-       Bestimmung von Kohlenwasserstoffanteilen ermittelt,
                           cken. Deshalb haben wir die ersten drei Jahre auch vor      wobei vor allem der Triebwerksprüfstand der Lufthansa
                           allem mit Grundlagenforschung verbracht und im              genutzt wurde. Dieses Forschungsprogramm war welt-
                           Untermaingebiet – also dem Großraum Frankfurt –             weit einmalig, und wir profitieren noch heute davon.
                           zusammen mit anderen Behörden und Wissenschaft-
                           lern eine groß angelegte lufthygienische Modellunter-       Man kann sich vorstellen, dass Fraport nicht un-
                           suchung durchgeführt. Für einen effektiven Umwelt-          bedingt begeistert war, wenn Sie irgendwelche Mess-
                           schutz benötigt man eine solide Datenbasis. Wir haben       programme auf dem Flughafen veranstalteten.
                           damals zum ersten Mal großflächig Emissionskataster         Könnte man meinen. In Wahrheit war das Gegenteil der
                           angelegt und damit die Grundlage für die späteren           Fall. Wir sind vom Flughafen immer unterstützt wor-
                           Luftreinhaltungspläne gelegt.                               den. Fraport wollte selbst immer ganz genau wissen,
                                                                                       was auf ihrem Gelände in Sachen Luftbelastung vor
                           Wer im Großraum Frankfurt die Luft untersucht,              sich geht. Das ist eigentlich auch nur logisch: Wenn Sie
                           kommt ja am Flughafen nicht vorbei.                         keine genauen und überprüfbaren Daten haben, sind
                           Richtig. Es gibt unterschiedliche Quellen, durch die die    irgendwelchen Vermutungen und Spekulationen Tür
                           Luft belastet wird. Wie etwa Industriebetriebe, Hei-        und Tor geöffnet. Und das kann ja wohl nicht im Inter-
                           zungsanlagen und natürlich auch der Verkehr, der sich       esse eines Unternehmens sein, das von Teilen der Öf-
Die Wurzeln der Nachhaltigkeit am Flughafen Frankfurt   17

fentlichkeit durchaus mit kritischen Augen gesehen          kennengelernt: Er kann gut zuhören und ist fachlichen
wird.                                                       Argumenten gegenüber aufgeschlossen. Bei aller rheto-
                                                            rischen Schärfe ist er kein Ideologe. Ich denke, wenn es
Da wir gerade beim Thema sind: Es gibt ja immer             anders wäre, hätte er es auch nicht soweit gebracht.
wieder Vorwürfe, dass beim Fluglärm und den Luft-
schadstoffen nicht korrekt gemessen würde und Fra-          Noch eine persönliche Frage: Sie sind seit 1996 pen-
port und das Land Hessen dabei sozusagen Kompli-            sioniert, sind aber immer noch ein gefragter Berater.
zen wären.                                                  Wie hält man sich fachlich und auch mental so lange
Diese Vorwürfe sind nicht neu. Seit ich mit dem Flugha-     fit?
fen zu tun habe, ist das von unterschiedlichen Leuten       Durch Neugierde und Interesse an der Sache. Im Au-
immer wieder kolportiert worden. Ich war ja auch Mit-       genblick wird dem Umweltschutz ja aufgrund des glo-
glied der Frankfurter Fluglärmkommission und habe als       balen Klimawandels wieder verstärktes Interesse ent-
Gutachter für die Mediation zum Flughafen-Ausbau            gegengebracht. Auf der anderen Seite spielt der Verkehr
und auch für das anschließende Genehmigungsverfah-          generell und der Luftverkehr im Besonderen eine immer
ren gearbeitet. Und obwohl ich bereits vor zehn Jahren      wichtigere Rolle: Nicht nur in Europa und Nordame-
pensioniert wurde, bin ich immer noch im Regionalen         rika, sondern vor allem auch in Asien. Unsere Aufgabe
Dialogforum aktiv, in dem Ausbaufragen diskutiert           in den kommenden Jahren wird es sein, das anhaltende
werden. Ich erwähne das nur, um klarzustellen, dass         Verkehrswachstum und die Notwendigkeiten des Kli-
ich mich recht gut auskenne. Vor dem Hintergrund mei-       maschutzes unter einen Hut zu bekommen. Die Pionier-
ner Erfahrungen kann ich Ihnen nur klipp und klar ver-      arbeit, die in Hessen und am Flughafen Frankfurt dazu
sichern: Diese Vorwürfe sind unsinnig, falsch, ignorant     geleistet wird, sehe ich als einen wichtigen Baustein
und manchmal auch nur schlicht bösartig. Es gibt kei-       dazu an. In den letzten Jahren gab es ja manchmal so
nen einzigen Fall, in dem man dem Flughafen oder            eine Stimmung, als ob der Umweltschutz irgendwie aus
dem Umweltministerium oder den von uns beauftrag-           der Mode und in die Jahre gekommen sei. Wie wir jetzt
ten neutralen Experten eine absichtliche Fehlmessung        sehen, geht die Entwicklung in die andere Richtung: Wir
nachgewiesen hat. Natürlich sind wir nicht unfehlbar.       haben gerade erst angefangen.
Aber uns eine bewusste Fälschung von Messergebnis-
sen vorzuwerfen, ist dumm und infam. Wer so etwas
behauptet, hat entweder von der Sache keine Ahnung –        Herr Fricke, herzlichen Dank für das Interview.
oder er lügt die Leute mit Absicht an. Beides ist
schlimm, wobei ich die gezielte Täuschung der Öffent-
lichkeit besonders verwerflich finde.

Wie kommt es eigentlich, dass Sie als Experte für Luft-
reinhaltung Mitglied der Fluglärmkommission
geworden sind?
Aus zwei Gründen. Erstens gibt es im Fluglärmgesetz
einen Passus, nach dem die Fluglärmkommissionen an
den Flughäfen auch für die Luftqualität zuständig sind.
Und zweitens war ich im Umweltministerium zunächst
auch immer Vertreter des Referatsleiters Lärmschutz,
und später gehörte zu meiner Referatsgruppe neben
der Luft auch der Lärm. Ich denke, dass ich mich auch
ganz gut in die Lärmproblematik eingearbeitet habe,
obwohl es da einige Leute gibt, die dieses Thema sicher
fachlich besser beherrschen als ich.

Sie haben als Fachbeamter unter Umweltministern
unterschiedlichster Parteien gedient. Hat man jemals
versucht, politisch Druck auf Sie auszuüben?
In dieser Beziehung hatte ich wirklich Glück. Alle meine
Vorgesetzten haben den fachlichen Teil unserer Arbeit
respektiert. Das war – falls Sie darauf anspielen sollten
– übrigens auch bei Joschka Fischer der Fall. In den
Medien wurde er ja immer als ein Politiker dargestellt,
der hart austeilt, aber auch gut einstecken kann. Ich
habe ihn jedoch noch von einer ganz anderen Seite
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