Digitalisierung? Klar! Aber richtig! - Wie produzierende Unternehmen fit für die digitale Zukunft werden - Smart Electronic Factory
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Digitalisierung? Klar! Aber richtig! Wie produzierende Unternehmen fit für die digitale Zukunft werden
Grußwort Der digitale Wandel birgt große Potenziale für produzierende Unternehmen. Er kann Fertigungs- prozesse vereinfachen, die Effizienz steigern und neue Geschäftsmodelle ermöglichen – kurz gesagt: die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Doch manche, gerade kleine und mittlere Firmen, begegnen der Digitalisierung noch mit Zurückhaltung. Diese Broschüre zeigt Ihnen Wege und Beispiele, wie Sie die digitale Transformation in Ihrem Unter- nehmen praktisch gestalten können. Ich freue mich, wenn Sie auf dieser Reise durch die Industrie 4.0 Anregungen empfangen. Eine inspirierende Lektüre wünscht Ihr Tarek Al-Wazir Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen 2 3
Inhaltsverzeichnis Grußwort S. 02 Digitalisierung ist auch eine Überlebensfrage S. 06 04 Edge Computing: S. 28 Nukleus für die Automatisierung Erfolgreich digitalisieren S. 10 GAIA-X: Neue Geschäftsmodelle S. 32 mit Daten – aber sicher 01 Reif für Industrie 4.0? S. 12 05 Sicher vernetzt in der S. 36 Fabrik der Zukunft 02 So rechnet sich Industrie 4.0 für KMU S. 16 06 Wie entsteht eine intelligente Fabrik? S. 40 03 Im Feld statt auf der grünen Wiese S. 20 digitalisieren Neue Wege mit jungen Unternehmen S. 44 Aus alt wird neu: S. 22 Jetzt kann es losgehen S. 48 Retrofit für Bestandsanlagen Ihre Begleitung auf dem Weg zur digitalen Wirtschaft S. 50 Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – S. 25 3D-Simulation Glossar S. 52 Quellen/Impressum S. 54 4 5
Digitalisierung ist auch eine Überlebensfrage Dieter Meuser, erster Vorsitzender, schlecht digitalisierter Prozess. Deshalb kann es Gerd Ohl, zweiter Vorsitzender, und erforderlich sein, zunächst historisch gewachsene Maria Christina Bienek, Geschäftsführerin Strukturen zu verändern und an neue Technolo- des SEF Smart Electronic Factory e.V., gien anzupassen. im Gespräch über Digitalisierung, Kreativität und Künstliche Intelligenz (KI) Wie finden Unternehmen Ansatzpunkte für die Digitalisierung? Frau Bienek, warum sollen Unternehmen digitalisieren? Bienek: Inzwischen gibt es verschiedene Reife- gradmodelle. Sie können eine gute Grundlage Maria Christina Bienek: Damit Unternehmen für produzierende Unternehmen sein, um ihren auf unerwartete Herausforderungen und sich Digitalisierungs-Status generell oder in Berei- ändernde Märkte reagieren können, müssen chen wie Produkt, Prozesse oder IT-Struktur selbst sie schnell und agil sein. Prozesse und Abläufe einschätzen und eigene Ziele festlegen zu können. müssen transparent sein. Digitale Technologien So muss der gesamte zu digitalisierende Bereich im bieten dafür ein großes Potenzial. Sie einzusetzen Detail untersucht und abgebildet werden. Dabei ist also auch eine Überlebensfrage. Es gibt keine werden Medienbrüche und fehlende Schnittstellen Branche oder Abteilung, die nicht von digitalen deutlich. Derartige Brüche können zum Beispiel Technologien profitieren könnte. Der Digitali- entstehen, wenn Produktionsdaten manuell in sierungsgrad, der im Einzelnen dann umgesetzt Excel-Listen eingetragen, anstatt automatisiert wird, hängt insbesondere auch von der zu erzie- erfasst werden. Sind solche Brüche und damit lenden Rentabilität ab. Denn Digitalisierung ist potenzielle Fehlerquellen entdeckt, kann die ein Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck. Frage gestellt werden, wie sie eliminiert werden können. Erst dann geht es darum, passende Soft- Wie starten Unternehmen am besten, wenn sie ware oder IT-Werkzeuge auszusuchen. digitalisieren wollen? Bei der Digitalisierung läuft sicher nicht alles Bienek: Zuerst ist die Frage zu beantworten, reibungslos. Wie gehen Sie mit Fehlern um? welche Bereiche digitalisiert werden sollen und wofür. Der nächste Schritt ist, die vorhandenen Gerd Ohl: Digitalisierung erfordert Durchhalte- Strukturen auf den Prüfstand zu stellen. Denn vermögen und Lernbereitschaft. Fehler gehören bevor vorhandene Abläufe digitalisiert werden, dazu, damit Weiterentwicklung stattfinden kann. müssen sie oft zuvor verändert oder verbes- Fehler sollten Unternehmen deswegen als Lern- sert werden, damit sie eine gute Ausgangslage Geschenke betrachten. Damit Risiken gering für die Digitalisierungsmaßnahmen bilden. Ein bleiben, empfiehlt es sich, sich in überschaubaren schlechter Prozess ist nach der Digitalisierung ein Projekten schrittweise heranzutasten. 6 7
Es werden Fehler passieren, aber man muss natürlich nicht jeden Fehler machen. Zu den Personen Also müssen alle ihren eigenen Fehler machen? Künstliche Intelligenz mit ihren Algorithmen wird als Maria Christina Bienek ist seit 2018 Geschäftsführerin des Vereins. eine der digitalen Schlüsseltechnologien gesehen. Die Diplom-Ingenieurin hat Expertise in den Bereichen Maschi- Ohl: Es werden Fehler passieren, aber man muss Was bedeutet ihr Einsatz für Unternehmen? nenbau sowie Produktions- und Fertigungstechnik und ist seit der natürlich nicht jeden Fehler machen. Suchen Sie Vereinsgründung 2015 in der Initiative engagiert. sich Netzwerke, die dabei unterstützen, Möglich- Dieter Meuser: Für den Einsatz von KI ist es eine keiten und Potenziale der Digitalisierung kennen- Grundvoraussetzung, dass eine gut erhobene, zulernen und Erfahrungen zu teilen, um davon zu gepflegte und aufbereitete Datenbasis existiert. Das profitieren. Ein Beispiel: Es gibt viele Unternehmen, ist einfacher gesagt als getan. Dazu müssen nicht wie auch wir, die Cobots einführen wollten oder nur alle Systeme vernetzt sein. Als entscheidende eingeführt haben. Dabei sind sie an bestimmten Vorleistung müssen die Daten sortiert, verifiziert und Dieter Meuser führt den Verein „SEF Smart Electronic Factory e.V.“ Stellen gescheitert, vielleicht immer an den glei- in den richtigen Kontext gestellt werden. Zudem seit der Gründung 2015 als erster Vorsitzender. Der Industrie 4.0- chen. Aus diesen Erfahrungswerten lassen sich müssen oft Daten über Unternehmensgrenzen und IoT-Experte ist CEO Cloud & Industrial Solutions der German Ableitungen für die eigene Strategie treffen, um es hinweg gesammelt und geteilt werden, damit Edge Cloud GmbH & Co. KG und entwickelt in dieser Position Stra- von vornherein anders bzw. besser zu machen. Mehrwert entsteht. Damit so etwas für die Industrie tegien rund um Edge- und Cloud-Lösungen. überhaupt denkbar wird, muss es datensouveräne Wie finden Unternehmen Unterstützung bei der Infrastrukturen geben, denen sich Unternehmen Digitalisierung? anschließen können, ohne Gefahr zu laufen, unbe- wusst firmeninterne Informationen preiszugeben. Bienek: Beim Thema Digitalisierung sitzen ja alle in einem Boot und es ist Neuland. Daher Bei all den digitalen Möglichkeiten darf nicht Gerd Ohl hat den Verein als zweiter Vorsitzender 2015 mitgegründet können wir ideal von Unternehmen lernen, die vergessen werden, dass die KI immer mit dem und leitet als Geschäftsführender Gesellschafter das Unternehmen hier schon erste Schritte unternommen haben. Menschen zusammenarbeiten muss. Auch KI Limtronik GmbH, welches für den Verein die erste Demonstrations- Warum sind andere Wege besser, warum sind ist nur ein Werkzeug, um zum Beispiel Kunden- plattform war und kontinuierlich für weitere Projekte das industrielle andere gescheitert, was sollte man anders verhalten zu analysieren oder die Produktent- Umfeld bildet. machen? All das sind Fragen, die man mit Unter- wicklung zu unterstützen. Sie gibt neutrale und stützung von außen leichter beantworten kann. fundierte Wertungen ab, statt nach Bauchgefühl Deshalb sollten Unternehmen sich Gleichge- zu entscheiden. Aber die Kreativität wird immer sinnte und Expertise suchen, die ihnen Impulse bei uns Menschen bleiben. Künstliche Intelli- für die eigene Digitalisierung geben und sie auf genz kann zum Beispiel dabei unterstützen, eine ihrem Weg begleiten. Hessen bietet hier auch Fehlerursache besser zuzuordnen, aber sie ersetzt verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung. nicht das menschliche Denken. Dazu zählen Netzwerke genauso wie wissen- schaftliche Einrichtungen und Beratungs- und Vielen Dank für das Gespräch, www.SmartElectronicFactory.de Förderangebote des Landes Hessen. Hinweise Frau Bienek, Herr Meuser, Herr Ohl. liefert auch die nun vorliegende Broschüre. Das Interview führte Martin Brust. 8 9
Besonders das Projektmanagement stellte daher Roboter mit eine umfangreiche Aufgabe dar. Denn Projekt- Pick-and-Place- prozesse sind unter diesen Umständen nicht mehr Anwendung im herkömmlichen Sinne planbar. Das Projekt- management muss flexibel und anpassungsfähig gestaltet werden. Bei KEBA hat sich die Anwen- dung eines agilen Projektmanagementansatzes bewährt. Dabei war es essenziell, alle betroffenen Erfolgreich Abteilungen und Personen, die in irgendeiner Weise eine Schnittstelle zum Prozess haben, zu involvieren und zu informieren. digitalisieren Das Beispiel KEBA zeigt: Zu Beginn eines Digi- talisierungsprojektes ist es elementar, zunächst den Status quo im Unternehmen zu kennen – auf die Strategie kommt es an und eng mit allen verantwortlichen Abteilungen zusammen zu arbeiten, um Ziele zu definieren Neue Wertschöpfungsmöglichkeiten, und diese gemeinsam optimal umzusetzen. Hier Prozessoptimierung und innovative kann ein Digitalisierungs-Reifegradmodell unter- Geschäftsmodelle – Industrie 4.0 eröffnet stützen. Es ist ein mehrstufig aufgebautes Modell, lation von Maschinen, Anlagen oder Prozessen mittelständischen Unternehmen große das verschiedene Bereiche im Unternehmen – außerhalb des Betriebs – gehen Unternehmen Chancen. Doch welche Stellschrauben beleuchtet und Handlungsempfehlungen gibt. auf „Nummer sicher“, denn sie können Prozesse Der Begriff Smarte Fabrik (Smart müssen dafür gedreht werden und wie zunächst virtuell testen. Dadurch werden diese Factory) wurde im Rahmen der High- kann dabei eine Digitalisierungsstrategie Dabei gilt es, sich bewusst zu machen, dass Indus- transparent und kalkulierbar. Denn was würde tech-Strategie der deutschen Bundes- aussehen? Wie können erste einfache trie 4.0 kein einmaliges Projekt ist, sondern ein passieren, wenn die Maschine in der Praxis anders regierung geprägt. Er bezeichnet Schritte erfolgen? kontinuierlicher Prozess. Hier empfiehlt es sich, reagiert als zuvor in der Theorie angenommen? eine Produktionsumgebung, in der erst nach den „Low hanging fruits“ zu greifen. Das Indem die Prozesse der Roboter, Anlagen, sich Fertigungsanlagen und Logistik- Diese Fragen stellte sich auch die KEBA Industrial bedeutet, zunächst die naheliegenden Bereiche Produktionslinien, Systeme und Materialflüsse systeme weitgehend selbst organisieren. Automation Germany GmbH mit Sitz im hessi- zu digitalisieren, wie zum Beispiel Bestandsma- simuliert werden, kann das Verhalten vorher- schen Lahnau. Seit Mitte 2017 beschäftigt sich der schinen mit moderner Kommunikationstechnik zu gesagt werden – dies spart Arbeitsschritte und Ein Digitaler Zwilling (Digital Twin) ist ein Spezialist für Gesamtlösungen in den Bereichen versehen. Und dies also schrittweise – in Einzellö- Kosten, vermeidet Fehler und gibt Sicherheit. virtuelles Abbild eines realen Prozesses, eines Steuerungs- und Sicherheitstechnik sowie Servo- sungen – umzusetzen. So kann ein schneller Mehr- Produkts oder einer Dienstleistung. Diese Antriebstechnik intensiv mit der Umsetzung einer wert erzielt und die Basis für die smarte Fabrik Es gilt, im Gesamtsystem zu denken, in Modulen materiellen oder immateriellen Objekte werden internen Digitalisierungsstrategie. Alles begann geschaffen werden. im Brownfield – also in der bestehenden Fertigung anhand digitaler Werkzeuge einschließlich mit der Einführung eines kollaborativen Robo- – umzusetzen und die Prozesse dann sukzessive sämtlicher Geometrie-, Kinematik- und Logik- ters, mit dem eine Pick-and-Place-Anwendung Doch wie genau können mittelständische Unter- standardisiert miteinander zu verknüpfen. So errei- daten modelliert. So lassen sich zum Beispiel realisiert wurde. Damit war der erste Schritt in nehmen dabei mit angemessenem Aufwand und chen Verantwortliche Schritt für Schritt eine stabile neue Maschinen, Anlagen, Prozesse oder Richtung automatisierter Fabrik gemacht. Mitt- Budget ihre bestehenden Systeme fit für Indus- moderne Produktion. Durch die zunehmende Verhaltensweisen zunächst virtuell testen, lerweile lebt KEBA Digitalisierung in zahlreichen trie 4.0 machen? Denn Fabriken sind über Jahre Vernetzung der operativen Technologie (OT) mit der bevor sie real zum Einsatz kommen. Bereichen des Unternehmens. gewachsen und die Herausforderung besteht IT und somit die Öffnung für das Internet ergeben darin, die vorhandenen Strukturen zu optimieren sich jedoch neue Einfallstore für Cyberangriffe. Hier Bei der Vernetzung von IT und OT sind Was einfach klingt, erfordert Ausdauer und Mut, und nicht die komplette Fabrik zu erneuern. So ist die Einführung entsprechender IT-Sicherheitsme- IT-Sicherheitsmechanismen wie beispiels- um neue Wege zu gehen, Ideen zu entwickeln, sie können Unternehmen auf dem Weg in Richtung chanismen und spezieller Lösungen ebenso wichtig weise Hardware-basierte Sicherheit, Überwa- auch mal zu verwerfen und aus Fehlern zu lernen. Industrie 4.0 unter anderem mit Retrofit-Lösungen wie die Sensibilisierung der Mitarbeitenden. chung von Protokollen, Security-Management KEBA stand gleich vor mehreren – für den Mittel- ihre Bestandssysteme aufrüsten. Dabei steht die und weiteres erforderlich. Mehr dazu unter: stand typischen – Herausforderungen: Woher das Modernisierung oder der Ausbau bestehender Jetzt ist die Zeit zu handeln, um die Chancen, die Digitalisierungs-Know-how und die erforderlichen Anlagen und Betriebsmittel im Fokus. sich durch die Digitalisierung ergeben, zu nutzen. Ressourcen nehmen? Hinzu gesellte sich eine Wer hier früher als die Mitbewerber an den Start veraltete IT-Infrastruktur. Da Digitalisierungspro- Sind die ersten Projekte definiert, die Wert- geht, verschafft sich durch den Digitalisierungs- www.sit.fraunhofer.de/ jekte üblicherweise mit sich kontinuierlich verän- schöpfungspotenziale berechnet und die Ziele vorsprung einen wichtigen Wettbewerbsvorteil. industrie-40/ dernden Anforderungen, anfangs oft unklaren gesteckt, kann es an die Umsetzung gehen. Für Mit entsprechender Strategie sowie gemein- Zielen und einem hohen Maß an Unsicherheit die Praxis lassen sich Risiken beispielsweise durch schaftlicher Umsetzung im Team entsteht die einhergehen, erforderte dies große Flexibilität und den Einsatz von 3D-Simulationslösungen und Basis für die Zukunft: Eine intelligente, transpa- regelmäßige Reflexion der angestrebten Ziele. digitalen Zwillingen minimieren. Mit der Simu- rente, nachhaltige und effiziente Fabrik. 10 11
Reif für Industrie 4.0? Mit Reifegradmodellen den Status quo im Unternehmen bestimmen und aktiv werden VDMA-Leitfaden für mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer Als Orientierungshilfe für Unternehmen hat Einige Konzerne – beispielsweise im Auto- Die Digitalisierung eröffnet mittelständischen Reifegradmodelle bringen Licht ins Dunkel der VDMA in Zusammenarbeit mit weiteren motive-Bereich – vernetzen und digitali- Unternehmen neue Geschäftspotenziale. Wo und machen handlungsfähig Instituten den „Leitfaden Industrie 4.0“ für sieren bereits auf Hochtouren. Kleine und ehemals ausschließlich produziert bzw. gefertigt den Mittelstand erstellt. Mit ihm erhalten mittlere Unternehmen (KMU) müssen nach- wurde, sind heute zunehmend Erweiterungen Unterstützung bieten hier so genannte Reife- Maschinen- und Anlagenbauer ein Instru- ziehen, um im Industrie 4.0-Wettbewerb zu der Geschäftsmodelle durch Zusatzservices gradmodelle. Diese sind mehrstufig aufgebaute ment, das sie bei der Entwicklung eigener bestehen. Aber wie? Und womit beginnen? sowie Optimierungen der Geschäftsprozesse Modelle, die verschiedene Bereiche im Unter- Industrie 4.0-Umsetzungen und -Geschäfts- Ein wichtiger erster Schritt ist, über ein Reife- möglich. Das hat insbesondere auf die IT-Struk- nehmen beleuchten und Handlungsempfeh- modelle unterstützt. Dabei werden Vorge- gradmodell die IST-Situation zu ermitteln. turen Aus-wirkungen. Im klassischen Mittel- lungen geben. Damit verfügen Unternehmen hensweisen für die individuelle Weiter- Damit können Unternehmen ihre Produkte, stand sind die IT-Strukturen jedoch über viele über ein Instrument zur systematischen Über- entwicklung der eigenen Stärken und Prozesse und IT-Strukturen besser einordnen, Jahre gewachsen und genügen den zukünftigen prüfung sowie schrittweisen Verbesserung von Kompetenzen aufgezeigt sowie Konzepte erforderliche Maßnahmen ableiten und ihre Herausforderungen nur noch bedingt. Daher gilt Fähigkeiten, Abläufen, Strukturen oder Rahmen- und Lösungen für einen gangbaren Weg in Organisation entsprechend aufstellen. es, die Strukturen auf die Zukunft auszurichten. bedingungen. Der Einsatz eines Reifegradmo- Richtung Industrie 4.0 dargelegt. dells erleichtert die objektive Beurteilung. Digitalisierung ist kein Projekt, das einmal realisiert Aber woher wissen Verantwortliche, was nahe- Weitere Informationen unter: und dann abgeschlossen wird. Es besteht aus zahl- liegt und womit sie starten sollten? Dafür ist Die regelmäßige Reifegradbestimmung unter- hessenlink.de/dHSgqSGmz7 reichen Bausteinen, die es sukzessive umzusetzen es essenziell, erst einmal den Status quo zu stützt Verantwortliche dabei, kontinuierlich zu und miteinander zu verbinden gilt. Mittelständische kennen, ein Gefühl für die Themen der Digita- beobachten, wie sich die einzelnen Prozesse Unternehmen können auch mit kleinen Budgets lisierung sowie Ideen zu erhalten. So können entwickeln [2]. und Ressourcen schrittweise digitalisieren und Unternehmen sich herantasten, idealerweise zunächst nach den „Low hanging fruits“ greifen. einen SOLL-Zustand definieren und ermitteln, Jede Digitalisierungsstrategie ist dabei so indivi- an welchen Stellen angesetzt werden kann und duell wie das jeweilige Unternehmen [1]. was die Ziele sind. 12 13
Einige Industrie 4.0-Kompetenzzentren haben Reifegrad-Checks und -modelle IT-Reifegradmodell von SEF und THM MEHR ERFAHREN: für Unternehmen entwickelt. Ausgewählte Beispiele im Überblick: Das „Reifegradmodell zur Digitalisierung und Die umfassende Broschüre „Reifegrad- Industrie 4.0“ richtet sich insbesondere an den modell zur Digitalisierung und Industrie Mittelstand. Mit diesem Instrument lässt sich eine 4.0“ – unter anderem mit einer detaillierten Einschätzung vornehmen und eine Empfehlung Ausführung der Bestimmungsmerkmale – zur Harmonisierung der IT-Infrastruktur im Sinne steht zum Download bereit unter: DIGI-Check: In 30 Minuten zum MEHR ERFAHREN: von Industrie 4.0 ableiten. Es umfasst die Kate- individuellen Digitalisierungs-Reifegrad gorien „Maschinen, Daten, IT“. hessenlink.de/6MVhF8EtF8 Zum DIGI-Check geht’s unter: Einen einfach durchzuführenden Online-Test sowie Beim IT-Reifegradmodell wird die bisherige darauf basierende Handlungsempfehlungen stellt digi-check.technologieland-hessen.de IT-Landschaft in spezifische Dimensionen aufge- das Land Hessen zur Verfügung. Dies dient als schlüsselt und in ihren Ausprägungen einem Einstieg und zur ersten Orientierung, wohin die Reifegrad zugeordnet. Nach der Eruierung des Reise bei der Digitalisierung gehen kann. Beim IST-Zustands erfolgen die Definition des SOLL- DIGI-Check füllen Anwendende einen Frage- Zustands und die Festlegung von Handlungsfel- bogen aus und wissen gleich, wo ihr Unternehmen dern. Auf dieser Basis kann eine konkrete Umset- beim Thema Digitalisierung steht. Sie erhalten zungsstrategie entstehen. nach 30 Minuten einen kostenfreien ausführlichen Report, der die Ergebnisse in den wichtigsten Dieses IT-Reifegradmodell wurde vom „SEF Bereichen eines Unternehmens zeigt: Von Ausstat- Smart Electronic Factory e.V.“ – eine in Limburg tung und Vertrieb über Einkauf und Personal bis an der Lahn ansässige Industrie 4.0-Initiative für hin zum Geschäftsmodell. Außerdem beinhaltet den Mittelstand – und der Technischen Hoch- der Report konkrete Empfehlungen, wie bereits schule Mittelhessen (THM) entwickelt. mit moderatem Aufwand viel für die Digitalisie- rung des Unternehmens erreicht werden kann. Dazu gibt er einen Überblick zu passenden Förder- programmen und Anlaufstellen. Industrie 4.0-ready? Online-Selbst-Check für MEHR ERFAHREN: Unternehmen Mehr über das Modell unter: Einen Online-Test bietet auch der „Industrie 4.0-Readiness – Online-Selbst-Check“. Die Grund- www.industrie40-readiness.de lage für das Readiness-Modell bilden die sechs wesentlichen Säulen der Industrie 4.0: Smart Factory, Smart Operations, Strategie und Orga- nisation, Smart Products, Data-driven Services und Belegschaft. Die dabei zugrundeliegende Studie „Industrie 4.0-Readiness“ wurde von der IMPULS-Stiftung des VDMA beauftragt und von der „Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH“ (IW Consult) sowie dem Forschungsinstitut für Ratio- nalisierung (FIR) an der RWTH Aachen durchge- führt. Experten aus dem VDMA und einige Unter- nehmensvertreter haben zudem beratend bei der Studienerstellung mitgewirkt. 14 15
So rechnet sich Industrie 4.0 für KMU Investitionen in Industrie 4.0-Lösungen Die Studie beleuchtet den Return on Invest (RoI) haben unter dem Strich nur einen tatsäch- der finanziellen Aufwände, die für die Digita- lichen Nutzen, wenn sie sich rentieren. Das lisierung der Elektronikfabrik getätigt wurden. liegt auf der Hand. Gerade kleine und mittel- Die Wirtschaftlichkeitsanalyse hat dabei die ständische Unternehmen können es sich folgenden Projekte exemplarisch unter die Lupe nicht leisten, sich hier zu verkalkulieren. Eine genommen: Bauteile per Barcode identifizieren, Wirtschaftlichkeitsberechnung zeigt, dass Anlage kommuniziert mit Produkt, Selektive sich Industrie 4.0-Investionen für KMU oft Wellenlötanlage, Nutzentrenner zum Trennen von innerhalb von einem Jahr amortisieren. Leiterplatten und Track and Trace. In allen analy- sierten Bereichen zeigte sich, dass sich die Digi- Industrie 4.0 kommt sukzessive in den Fabrik- talisierung rentiert. Der Kapitalrückfluss lag meist hallen an. Aber lohnen sich Konzepte und bei unter einem Jahr. Lösungen zur Digitalisierung in der Fertigung auch? Eine derartige Betrachtung muss immer individuell vorgenommen werden, jedoch gibt es Unternehmen, die bereits erfolgreich digita- Track and Trace ist eine typische lisieren und von denen sich lernen lässt. Diese Anwendung in der Fertigung. Tracking können Gradmesser sein, eine Richtung zeigen bedeutet das Erfassen und Archivieren und somit Entscheidungen erleichtern. von Informationen über ein Produkt oder einen Prozess, z. B. aus der Ferti- Der „SEF Smart Electronic Factory e.V.“ ist dieser gung. Tracing ist die Rückverfolgbar- Eine Studie des SEF und der THM zeigt: Thematik mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung, keit und nutzt dazu die zuvor gewon- Investitionen in Digitalisierung amortisieren die gemeinsam mit der Technischen Hochschule nenen Daten. Das bedeutet: Während das Mittelhessen (THM) in der Fabrik eines Elektronik- Tracking Daten im Prozess erfasst, dient das sich oft schon im ersten Jahr fertigers in Hessen durchgeführt wurde, auf den Tracing dazu, Abläufe und dessen Informati- Grund gegangen. Diese Erhebung steht exemp- onen im Nachhinein zurückzuverfolgen. larisch für typische Digitalisierungsanforderungen und -lösungen fertigender Unternehmen [3]. 16 17
Data-Matrix-Code Anwendbarkeit und Wirtschaftlichkeit wird, reduziert. Der Schlupf konnte von 5 % auf Finder Taktzellen Speicherbereich Ruhezone verschiedener Industrie-Lösungen belegt 0,5 % reduziert werden. Die Gesamtkosten fallen damit um knapp 38 % geringer aus, als wenn das Ein typischer Prozess in der Elektronikfabrik, in Track-and-Trace-System nicht zum Einsatz käme. der die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchge- führt wurde, ist die Erfassung und Kennzeichnung Auch beleuchtet die Untersuchung die mit von Bauteilen. Alle Zulieferteile werden dabei im verschiedenen Digitalisierungsmaßnahmen ein- Wareneingang erfasst und mit einem eindeutigen geführte Vernetzung einer Anlage mit einem Code versehen. Auf diese Weise gelangen die Produkt. Die per Data-Matrix-Code (einer der notwendigen Produktdaten in das Materialwirt- bekanntesten 2D-Codes) gekennzeichnete Leiter- schaftsmodul des ERP-Systems und dann auto- platte kommuniziert dazu mit den Bestückungs- matisch in das Produktionsmanagementsystem maschinen. Das führt dazu, dass die Richtigkeit des (auch MES). Pro Verpackungseinheit wird eine Bestückungsprogramms verifiziert und fehlerhafte eindeutige Nummer erzeugt, die neben anderen Leiterplatten in der Weiterbearbeitung ausge- Informationen auf einem Etikett steht. Das Etikett spart werden können. Hierdurch reduzieren sich wird auf das Gebinde des Bauteils geklebt. die Personalkosten in der Nachkontrolle um 40 %, und bei den Kosten pro Stück erzielte man eine Im Zuge der Digitalisierung wurden die Bauteile Steigerung der Anlagenproduktivität (OEE) um mittels Bilddatenanalyse elektronisch automatisch 43 %. Die variablen Stückkosten konnten um 2,3 % erfasst und ein eindeutiger Code wurde erzeugt. gesenkt werden, die Gesamtkosten pro Stück um 1,7 %. Durch die Anbindung aller Maschinen Die vorhandenen Barcodes auf einem Produkt einer Produktionslinie an ein MES und die damit werden von einer Kamera aufgezeichnet, mittels gewonnene durchgängige Kommunikation über Bilddatenanalyse identifiziert und das Produkt die Produktqualität über alle Produktionsschritte Sie wünschen sich Unterstützung? wird dann direkt im Warenwirtschaftssystem hinweg, ließ sich der Gewinn bei dem betrach- erfasst, anstatt wie zuvor per Hand eingepflegt. teten Produkt kurzfristig um 38 % steigern. Jetzt Das Land Hessen fördert Beratungen zur Opti- technologieland-hessen.de/ Mit dieser Umstellung ergaben sich Kosten- wurde ein fehlerhaftes Produkt automatisch nicht mierung und Umsetzung von Digitalisierungs- DIGI-Beratung ersparnisse von knapp 53 %. Durch die elektro- weiterbearbeitet, was zu Zeit- und Materialein- maßnahmen in Unternehmen. Dazu zählen digi- nische Identifikation der Barcodes der Bauteile sparung führte. Es ergab sich durch die Kommu- tale Geschäftsmodelle, die Digitalisierung der erzielte die Elektronikfabrik zudem eine Verkür- nikation der Anlage mit dem Produkt und die Prozesslandschaft, Digitalisierung des Marketings zung des bisherigen Vorgangs auf 25 % der durchgängige Informationskette während der und die Gewährleistung der IT-Sicherheit. Weitere ursprünglichen Zeit, wodurch unter anderem die Produktion eine Rentabilität von ca. 225 % bei Informationen unter: Fixkosten der Fertigung, die sich im Wesentlichen einer Amortisationszeit von 0,73 Jahren. auf die Personalkosten beziehen, um knapp 50 % sinken. Die Fehlerwahrscheinlichkeit, die durch „Mittelständische Unternehmen investieren oft die händische Erfassung entstand, ist hier nicht noch zögerlich in Digitalisierungslösungen, da dies DIGI-Zuschuss für Ihre Distr@l – Förderung von digitalen Innovationen mitbetrachtet worden. Eine weitere Untersuchung Neuland für sie ist und damit schwer zu berechnen. Digitalisierungsprojekte beschäftigte sich mit einem Nachverfolgungs- Diese und die weiteren Anwendungsfälle, die wir Das Förderprogramm bietet kleinen und mitt- system (Track-and-Trace-System). Elektronische dahingehend untersucht haben, stehen beispiel- Das Land Hessen unterstützt kleine und mittlere leren Unternehmen mit den Förderlinien 2A Bauteile haben typischerweise eine Fehlerquote haft dafür, dass sich Lösungen für die Industrie 4.0 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und „Digitale Produktinnovationen“ und 2B „Digi- von 20 ppm. Es gilt, diese im Produktionsprozess bereits innerhalb kürzester Zeit lohnen können. freie Berufe auf ihrem Weg in die Digitalisierung. tale Prozessinnovationen“ die Möglichkeit, ihre über Tests möglichst herauszufiltern. Das gelingt Wir empfehlen Verantwortlichen, sich an positiven Mit dem DIGI-Zuschuss werden die konkrete Digitalisierung voranzutreiben. Es können u. a. nicht vollständig, man spricht von Schlupf. Durch Beispielen zu orientieren und Schritt für Schritt Einführung neuer digitaler Systeme zur Optimie- neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen den Einsatz eines Track-and-Trace-Systems wird im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu digitalisieren“, rung betrieblicher Abläufe und Produkte sowie erprobt bzw. geschaffen oder es kann auch die die Wahrscheinlichkeit, dass ein fehlerhaftes erklärt Maria Christina Bienek, Geschäftsführerin die Verbesserung der IT-Sicherheit gefördert. Wertschöpfungskette optimiert werden. Bauteil eingebaut und im Prozess nicht erkannt des SEF Smart Electronic Factory e.V. technologieland-hessen.de/ digitales.hessen.de/ DIGI-Zuschuss Foerderprogramme/Distrl 18 19
Im Feld statt auf WICHTIGE TIPPS der grünen Wiese zur Erstellung einer Digitalisierungs-Roadmap [4]: digitalisieren 1. Ziele und Leistungsindikatoren definieren Definieren Sie in einem Dokument, was Sie mit der Digitalisierung erreichen möchten. Roadmap mit pragmatischen Ansätzen bringt KMU nach vorn Stellen Sie dabei die Kundschaft und den tatsächlichen Nutzen in den Mittelpunkt Ihrer Überlegungen. 2. Beziehen Sie alle Beteiligten ein Digitale Transformation bedeutet Veränderungen in vielen Bereichen. Beziehen Sie daher Ihre Geschäftskund- Wenn es um die Umsetzung der smarten einzuführen, die sich – sinnvoll eingesetzt – schnell Doch die Handlungsfelder umfassen insgesamt schaft, Belegschaft, Partnerunternehmen Fabrik geht, galt zunächst der Greenfield- rentieren können. Gleichzeitig sollte in Gesamtab- wesentlich mehr: und andere entscheidende Personen- Ansatz – also eine digitale Produktion auf läufen und Zusammenhängen gedacht werden. gruppen Ihrer Organisation mit in die der „grünen Wiese“ von Grund auf neu zu • Die Gestaltung effizienter Prozesse Planungen – zum Beispiel in Form von konzipieren – als naheliegend. Jedoch zeigt Einzelprojekte entwickeln – Workshops – ein. sich in der Praxis: Es ist gerade für KMU sinn- im Gesamten denken • Die Gestaltung effizienter Kundenschnittstellen voller, die Schätze direkt in der laufenden Fertigung zu heben. Dabei unterstützen kann Die ersten Digitalisierungsprojekte wurden häufig • Die Entwicklung neuer (IoT-)Produkte, eine Digitalisierungs-Roadmap. noch in einzelnen Abteilungen auf eigene Initia- Services oder Plattformen 3. Dynamischer Prozess tive umgesetzt. Mit der Zeit zeigte sich, dass es Der Idealzustand einer digitalisierten und einer Verbindung verschiedener Bereiche bedarf, • Die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen Lassen Sie Raum für Veränderungen. vernetzten Produktion entsteht dann, wenn auf der damit alles sinnvoll ineinandergreift. Als Basis in Bezug zum digitalen Wandel der gesamten Die Roadmap muss mögliche sich „grünen Wiese“ eine zeitgemäße moderne Ferti- sollten Verantwortliche daher eine übergreifende Geschäftsumgebung ändernde Geschäftsanforderungen, gungsfabrik neu gebaut wird. Eine neue Fabrik zu Digitalisierungs-Roadmap oder eine -Strategie für äußere Einflussfaktoren etc. zulassen. bauen, ist jedoch für die wenigsten Unternehmen entsprechende Projekte im Brownfield erstellen. • Die Qualifikation von Mitarbeitenden und Die Roadmap sollte also regelmäßig realistisch und umsetzbar. Darüber hinaus dauern Dabei gilt es, methodisch vorzugehen und den Unterstützung durch digitale Lösungen geprüft und aktualisiert werden. Entwicklungen im so genannten Greenfield teils Prozess zur Entwicklung der Strategie überge- mehrere Jahre und sind aus Industrie 4.0-Gesichts- ordnet zu steuern und zu gestalten. • Die zielgerichtete Auswahl von IT-Infrastruktur, punkten längst überholt, wenn sie in den laufenden um die o.g. Themen umsetzen zu können Betrieb eingeführt werden. Daher sind Greenfield- Das Ziel ist es, das eigene Unternehmen aus 4. Unterstützung durch Tools oder Projekte eher eine Seltenheit. verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, um die Ausgangspunkt für Aktivitäten und zu entwi- Beratungsunternehmen Prozesse und die Handlungsfelder der Digitalisie- ckelnde Lösungen zur Digitalisierung im Brown- Insbesondere im Mittelstand wird die Digitalisie- rung zu verstehen und gestalten zu können. Dies field ist zunächst immer eine grundlegende Strategiewerkzeuge und Methoden zum rung der Anlagen vorwiegend im Brownfield – also ist wichtig, da unter Digitalisierung oftmals nur die Analyse des Status quo, die Definition geeigneter Selbst-Check wie die „Reifegradmodelle“ in der bestehenden Fertigung – durchgeführt. interne Prozessverbesserung verstanden wird. Zwischenschritte und eine Langfrist-Perspektive. oder spezialisierte Beratende können bei der Erstellung der Roadmap und der Um direkt in der Fertigung neue Digitalisierungspro- späteren Umsetzung unterstützen. jekte umzusetzen, empfiehlt es sich, Einzellösungen 20 21
TIPPS FÜR DAS RETROFITTING Aus alt wird neu: IHRER BESTANDSANLAGEN: Retrofit Der VDMA hat gemeinsam mit dem Fraunhofer IOSB-INA eine Vorgehenssystematik für ein Retrofit entwickelt. Zu den wichtigsten Schritten gehören [5]: 1. Messgrößen definieren für Bestandsanlagen Je nach Einsatz (Use Case) müssen relevante Werte einer Maschine oder eines Maschinenparks bestimmt werden. Diese reichen von den Umgebungsbedin- Retrofit für Industrie 4.0 – Ideen und Umsetzungsarten Mit Modernisierung möglichst einfach die Potenziale digitaler Technik ausschöpfen gungen über Vibrations- und Bewegungsdaten bis hin zu prozessspezifischen Messgrößen. Einen Überblick zu Möglichkeiten und Ausprägungsarten eines Retrofits für Indus- Die Fertigung Industrie 4.0-bereit zu und Kommunikationstechnik aufgerüstet werden. 2. Vorhandene Datenquellen trie 4.0 an einer bestehenden Maschine gibt machen, muss nicht immer einhergehen Dies erfordert meist keine tiefen Eingriffe in die oder externe Sensorik nutzen der „Leitfaden Retrofit für Industrie 4.0“ mit der Einführung neuer Maschinen und Maschine. Damit sind wichtige Schritte für eine vom VDMA (2020). Systeme. Oft lassen sich bereits durch die moderne Infrastruktur getan und die Basis für die Je nach Alter und Ausbaustufe kann es sein, dass Modernisierung bestehender Anlagen, Vernetzung sowie das Erheben und Analysieren eine Maschine die erforderliche Sensorik und dem so genannten Retrofitting, die Vorteile von Produktionsdaten ist geschaffen. Dies alles entsprechende Schnittstellen wie etwa Ethernet digitaler Technologien nutzen. Im Vergleich sind Grundvoraussetzungen für die digitale Fabrik. enthält oder diese sich leicht nachrüsten lassen. zu einer Neueinführung von Anlagen ist ein Der Kontakt zum Hersteller erspart oft lästigen hessenlink.de/FzRdxnFTWN Retrofit in der Regel mit wenig Aufwand Die Bandbreite beim Retrofitting reicht von der Zusatzaufwand. Wenn dies nicht möglich ist, ist und Kosten verbunden. intelligenten Überwachung einzelner Maschinen der Einsatz von externer Sensorik notwendig. Hier bis zur unternehmensweiten Datensammlung gibt es Lösungen, die die geringen Fertigungs- Retro (rückwärts) und fit (anpassen) – das bringt für neue Geschäftsmodelle. Wichtig dabei ist, kosten der Sensoren in der Consumer-Elektronik es auf den Punkt, was für eine zukunftsfähige dass sich die digitale Transformation an Anwen- oder Automobilbranche mit den hohen Anforde- Beispiel für ein einfaches, Fabrik gilt: Komponenten einer Bestandsma- dungsfällen bzw. konkreten Anforderungen orien- rungen im Industriebereich verbinden [6]. aber effektives Retrofitting schine durch moderne Bauteile ersetzen oder tiert. Damit verhindern Verantwortliche, dass die neue hinzufügen. Das Ziel dabei ist es, aktuelle komplette Infrastruktur zuerst digital aufgerüstet 3. Passende Netzwerkinfrastruktur stellen und Eine einfache Signalleuchte in der Fertigung technische und gesetzliche Anforderungen wie und danach erst überlegt wird, welche Mehrwerte Industrie 4.0-Kommunikation ermöglichen wird durch eine intelligente ersetzt. Das zum Beispiel Sicherheits- oder Emissionsbestim- dies eigentlich schafft. Zunächst sollte definiert bedeutet, diese neue Leuchte gibt zusätz- mungen zu erfüllen und im Sinne der Industrie 4.0 werden, welches Problem gelöst werden soll und Zu diesem Themenkomplex gehören etwa die lich zum visuellen Signal die Information die Maschinen kommunikationsfähig zu machen. welche Informationen dafür von der Maschine Überprüfung der Netzwerkinfrastruktur inklusive in digitaler Form weiter und ermöglicht so Die Investitionskosten liegen dabei üblicherweise benötigt werden. Dann kann die Infrastruktur erforderlicher Bandbreiten sowie die Überset- eine Weiterverarbeitung der Information. deutlich unter den Anschaffungskosten einer soweit ausgestattet werden, wie es zur Zielerrei- zung der Sensordaten, falls diese nicht bereits Wird das rote Signal, das auf einen Maschi- neuen Maschine. chung erforderlich ist. So lassen sich Effizienzstei- in einem Industrie 4.0-Format (OPC UA oder nenstillstand hinweist, nun als Startpunkt für gerungen und Einsparungen bereits im Transfor- MQTT) vorliegen. In der Regel übernehmen dies einen Workflow definiert, wird die entspre- Durch Retrofit-Maßnahmen lässt sich mit recht mationsprozess generieren. Gateways für das Industrial Internet of Things chende Fachperson auf dem Gebiet der einfachen Mitteln die Nutzungsdauer der Ma- (IIoT). Servicetechnik umgehend über ihre Work- schine verlängern. Gleichzeitig können Ausfall- Bei der Planung der Lösungen für konkrete Use station, ihr Tablet oder Smartphone über den zeiten reduziert und Energieeffizienz, Produkti- Cases ist jedoch zu beachten, dass diese keine 4. Datenanalyse und -aufbereitung sowie Stillstand informiert. Wird diese Information vität und Produktqualität gesteigert werden. Insellösungen bleiben, sondern über die nötige daraus abgeleitete Aktionen einrichten mit weiteren Informationen der Maschine Infrastruktur und kompatible Schnittstellen in ein verbunden, kann die Fachperson über den Bewährtes Prinzip bereitet den Boden übergeordnetes System integriert werden können. Hier geht es darum, die Daten so zu nutzen, Notfall hinaus bereits erste Details zu mögli- für die digitale Welt Nur wenn das gewährleistet ist, kann ein Monito- dass etwa die Maschinen weitgehend automati- chen Ursachen des Stillstands auslesen und ring der Produktionsprozesse erfolgen und damit siert überwacht und mögliche Störfälle frühzeitig weiß, welche Werkzeuge und Materialien sie Retrofit war bereits vor Industrie 4.0 gängige eine Verbesserung der gesamten Abläufe erzielt erkannt werden – Stichwort «Predictive Mainte- vor Ort benötigt. Dies mündet in beschleu- Praxis, erhält aber mit der zunehmenden Digi- werden. Auf dieser Basis lassen sich weitere nance». Um das Ziel der optimalen Effizienz einer nigte Prozesse, was sich wiederum positiv talisierung einen neuen Stellenwert. Um beste- Potenziale erschließen, wie zum Beispiel durch Brownfield-Anlage zu erreichen, kommen zuneh- auf die Gesamtanlageneffektivität auswirkt. hende Anlagen fit für die digitale Welt zu machen, die Einführung eines autonomen Lastspitzenma- mend Technologien wie Künstliche Intelligenz können Bestandsanlagen mit moderner Sensorik nagements für bessere Energieeffizienz. beziehungsweise Machine Learning in Verbindung mit ERP als zentrale Datenplattform und digitales Rückgrat im Produktionsumfeld zum Einsatz. 22 23
Die 3D-Simulation dient als virtuelles Testsystem Ein Bild sagt mehr als tausend Worte 3D-Simulation Vernetzte Prozesse und Anlagen transparent und planbar machen Die Industrie 4.0 bringt neuartige Prozesse, Die Herausforderungen bei der Planung und Systeme und Maschinen hervor. Damit diese Implementierung derartiger Anlagen im Brown- im Brownfield funktionieren und produktiv field sowie deren Automatisierung sind vielfältig. sind, gilt es, sie akribisch zu planen und zu Sie reichen von der Anwendung von Mess- und optimieren. Dafür kommt immer häufiger die Steuerungstechnik, Auslegung und Programmie- 3D-Simulation zum Einsatz, insbesondere rung von Industrierobotern bis hin zur Umsetzung auch bei der Automatisierung. Das Sichtbar- der Maschinen- und Anlagensicherheit. machen durch Simulieren schafft Transparenz und die smarte Fabrik wird kalkulierbar. Oftmals reagieren Maschinen oder Prozesse in der Praxis jedoch anders als in der Theorie gedacht. Moderne Fertigungsanlagen werden vorwiegend Damit derart komplexe Systeme „greifbar“ unter dem Aspekt individualisierter Produkte werden, kann die 3D-Simulation als virtuelles Test- gestaltet. Die Fertigungsautomatisierung nimmt system dienen. Sie simuliert zum Beispiel Roboter, dabei einen stetig wachsenden Anteil ein. Zent- Anlagen, Produktionslinien, Systeme und Mate- rale Aufgaben liegen hier in der Überwachung rialflüsse, so dass deren Verhalten vorhersagbar und Steuerung von Industrierobotern, Werkzeug- ist. Dies reduziert Probleme im Praxiseinsatz und maschinen und komplexen Produktionsanlagen. führt zu Kosteneinsparungen. 24 25
PHYSISCHE MASCHINE Neue Anlagen für das Brownfield planen Digitaler Zwilling kombiniert Simulation oder bestehende optimieren und Daten zu komplettem Abbild 1. Daten erfassen DIGITALER ZWILLING 2. Daten speichern Für mittelständische Unternehmen lohnt es sich, Neben zahlreichen typischen Anwendungs- 3. Daten übertragen 4. Daten auswerten/analysieren eine 3D-Simulationslösung dort einzusetzen, bereichen der 3D-Simulation entsteht durch 5. Parameter variieren wo sie die größten Wertschöpfungspotenziale Industrie 4.0 ein weiteres Einsatzfeld: der Digital 6. Eigenschaften simulieren verspricht. Dies können einzelne oder mehrere Twin. Der digitale Zwilling – also ein Abbild der 7. Simulation auswerten Anwendungsgebiete sein: in der frühen Planungs- Realität – stellt heute eine zentrale Anwendung 8. Ergebnisse speichern phase, im Design- oder Konstruktionsprozess der 3D-Simulation dar. 3D-Simulationslösungen 10. Einstellungen vornehmen 9. Parameter übertragen oder im Betrieb. So lassen sich zum Beispiel neue unterstützen bei der Erstellung, Verwaltung und 11. Produkt nutzen Komponenten für Maschinen, die sich bereits im Nutzung von digitalen Zwillingen. Befindet sich Brownfield befinden, testen. die 3D-Simulation bereits in einer Fertigung im Einsatz, lohnt es sich, den digitalen Zwilling für Ein typisches Anwendungsgebiet der 3D-Simula- eine noch tiefere Digitalisierung anzuwenden. tion ist die Layout-Planung. Diese unterstützt die Erarbeitung einer effektiven Anlagenkonzeption. Der Digital Twin geht einen entscheidenden Schritt Sie wird sowohl bei der Planung neuer Projekte weiter als die 3D-Simulation: er kombiniert Simula- als auch für bestehende Systeme angewandt. tionsmodelle und vorhandene Daten miteinander. Denn in historisch gewachsenen Strukturen kann So dient er zum einen der visuellen Nachbildung ein neues System oft zu Schwierigkeiten führen. von Maschinen, Gebäuden oder Anlagen, zum Je nach Fall, Projektumfang und Betriebsgröße anderen lassen sich mit ihm reale Abläufe und ermöglicht die professionelle Layout-Planung Prozesse visuell besser verstehen und optimieren. hohe Kosteneinsparungen. Die 3D-Simulation zeigt bereits in der frühen Planungsphase mit Digital Twins sind im gesamten Produktlebens- und welchem Anlagen-Layout sich ein optimales Produktionszyklus vielfältig anwendbar. So können Produktionsergebnis erzielen lässt. Ein gut sie bereits bei den ersten Planungsschritten für geplantes Layout verhindert spätere Fehler oder eine Anlage oder eine gesamte Fabrik zum Einsatz Schwierigkeiten, optimiert den Materialfluss in kommen, aber auch bei der Konstruktion, Inbe- der gesamten Anlage, maximiert den Durchsatz triebnahme und Wartung. Der Vorteil dabei ist, und minimiert Materialumschlagskosten. Der dass zum Beispiel weder ein reales System noch effektive Einsatz von Arbeitskräften, Ausrüstung eine reale Roboterzelle in Betrieb genommen und Platz wird sichergestellt, Investitionsaus- werden müssen, sondern das Modell in einer reali- gaben und Betriebskosten werden reduziert. tätsgetreuen simulierten Umgebung getestet und geprüft wird. So lassen sich Maschinen und Abläufe Aus Projektsicht erfolgen nach der konzeptio- testen, ohne dass hohe Investitionen wie im Live- nellen Planung des Anlagen-Designs und der Betrieb entstehen. Die 3D-Simulation hilft dabei, mechanischen Konstruktion die Realisierung und die Daten des Digital Twin besser zu veranschau- der Betrieb der Anlage. Besonders in der Reali- lichen und somit die Abläufe und Zusammen- sierungsphase von Automatisierungsprojekten hänge in der Produktion schneller zu verstehen. ist der Einsatz eines Simulationswerkzeugs durch virtuelle Inbetriebnahme sinnvoll. Die Entwicklung Durch Digital Twin-Anwendungen entstehen von Steuerungsprogrammen für SPS und Robotik unter anderem verbesserte Effizienz, bessere kann bereits beginnen, bevor die reale Hardware Produktqualität, weniger ungeplante Ausfall- zur Verfügung steht. Darüber hinaus können in zeiten und kürzere Anlaufzeiten. bestehenden Anlagen fehlerhafte oder nicht voll- funktionsfähige Komponenten im virtuellen Raum 3D-Simulation hat demnach zahlreiche Anwen- ausgebessert und erneut getestet werden, bevor dungsbereiche und ist in der modernen Industrie diese wieder in die Anlage eingebaut werden. ein zentrales Werkzeug, um Prozesse vorhersagbar, International Digital Twin Association besser plan- und kalkulierbar zu machen. Unter- nehmen erhalten mehr Sicherheit durch Transparenz. Erwerben Sie zusätzliches Wissen über die Erstellung und Anwendung des Digital Twin bei Trainings und Schulungen der IDTA. www.idtwin.org 26 27
Edge Computing: kommt dem Edge Computing eine immer größere Bedeutung zu. Mit dieser Techno- Ein weiterer zentraler Vorteil liegt in der Tatsache, dass der Produzent der Daten jederzeit die Nukleus für die logie findet die Datenverarbeitung nah an dem Hoheit darüber hat, da diese die Fabrik nicht in Ort statt, an dem sie benötigt wird, nämlich entfernte Clouds verlassen. Er bestimmt, wer die am Rand des Netzwerks („Edge“). Die Daten Daten wann und wie nutzen darf. werden also nicht in einer entfernten Cloud gespeichert und verarbeitet, sondern dort, wo Im Idealfall arbeiten Automatisierung sie generiert werden: im Gerät selbst oder von Edge und Cloud zusammen einem lokalen Computer, Server oder Mini- rechenzentrum aus. An den lokalen Knoten- Das Edge Computing sorgt demnach für schnelle punkten kann dann die Sammlung, Analyse und Reaktionen, Echtzeitfähigkeit der Datenerhebung Weiterverarbeitung stattfinden. und -verarbeitung sowie Datensouveränität, Daten in vernetzten Fabriken schnell und sicher verfügbar machen während die klassische Cloud zum Beispiel zur Durch die Beschleunigung von Datenströmen Archivierung unkritischer Daten dienen kann. Die kann Datenverarbeitung nahezu in Echtzeit statt- beiden Technologien können sich also ergänzen. finden. Edge Computing bietet damit die Grund- Maschinen und Anlagen generieren in den Sensoren für vorausschauende Wartung ausge- lagen für beispielsweise Virtual Reality-Anwen- heutigen Fabriken Unmengen an Daten. stattet sind, müssten die aktuellen Zustandsdaten dungen, bei denen schnelle Übertragungszeiten Um diese so nutzbar zu machen, dass auto- immer wieder in die Cloud senden, was erfor- erforderlich sind. matisierte Prozesse in der Fertigung möglich derliche Reaktionen dementsprechend verlang- sind, müssen sie mit einer sehr geringen samen würde. Verzögerungszeit verarbeitet werden. Dies ermöglicht das Edge Computing. Für Automatisierung Daten Gleichzeitig ist dabei die größtmögliche nahezu in Echtzeit vor Ort verarbeiten Datenhoheit gegeben, da sensible Kunden- oder Fertigungsdaten das Haus nicht in Da die in der digitalisierten Fabrik entstehenden entfernte Clouds verlassen. großen Datenmengen für Automatisierungsauf- gaben schnell nutzbar gemacht werden müssen, In der Industrie 4.0 ist die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Daten in Echtzeit eine entschei- dende Voraussetzung für die Digitalisierung. In Produktionsbetrieben hat sich Cloud Computing als fester Bestandteil von Industrie 4.0 etabliert. Beim Cloud Computing werden IT-Ressourcen nicht lokal abgelegt, sondern in einer digitalen Datenwolke – der Cloud – vorgehalten. Über das Internet lassen sich dabei Speicher, Server, Daten- banken oder Software als Dienstleistung bereit- stellen und nutzen. Diese Methode bringt deut- liche Kosten- und Skalierungsvorteile mit sich [7]. CLOUD/DATA CENTER Ein Nachteil von in der Cloud ausgelagerter Rechenleistung liegt in den teilweise langen Über- tragungszeiten. Industrieanlagen, die z. B. mit EDGE Datensouveränität bezeichnet die Kontrolle über die Erhebung, Speiche- rung und Verarbeitung von eigenen Daten, z. B. aus der Fertigung. INTERNET OF THINGS 28 29
Und so funktioniert’s in der Praxis: Rittal ist Systemanbieter für Schaltschränke, Strom- Das Dashboard-System liefert Sensorwerte und verteilung, Klimatisierung, IT-Infrastruktur sowie Daten, unter anderem von der Verpackungs- Software und Service. Das Unternehmen hat in linie. Für die Datenanalyse können beispielsweise Haiger ein neues Werk errichtet, das eine voll- Regressionsanalysen angewandt werden. ständig digital integrierte Produktion zum Ziel hat. Durch die Kombination der Werte und Analysen In der Fabrikhalle von Rittal fertigen mehr als lassen sich Zusammenhänge und Fehlermuster – 250 vernetzte Hightech-Maschinen auf 24.000 zum Beispiel von einer bestimmten Temperatur Quadratmetern hochautomatisiert und flexibel und der daraus resultierenden Störungswahr- bis zu 8.000 Schaltschränke und Gehäuse pro scheinlichkeit – herstellen. Damit legt Rittal dann Tag. Dabei kommunizieren die Maschinen und die Basis für Predictive Maintenance, ein weiterer Handling-Systeme untereinander und mit über- fundamentaler Baustein auf dem Weg in die sich geordneten Leitsystemen über Industrie 4.0- selbst steuernde Produktion. konforme Kommunikationsnetzwerke. 20 fahrer- lose Transportsysteme übernehmen automatisiert die Transporte im Werk. Bis zu 18 Terabyte Daten entstehen hier pro Tag. Damit reibungslose Prozesse in derart anspruchs- KEYFACTS: vollen Umgebungen gewährleistet sind, sollte als erste Ausbaustufe in Richtung Smart Factory Trans- parenz über die gesamte Fertigung geschaffen Große Datenmengen mit Hilfe werden. Dazu werden die Datenmassen mit Hilfe von Edge-Cloud-Computing von Edge Cloud Computing im Werk sortiert und sortieren und harmonisieren, harmonisiert, um die Voraussetzung zur wert- um sie nutzbar zu machen schöpfenden Nutzung zu schaffen. Zunächst dient dies einer Live-3D-Visualisierung aller Produktions- prozesse. Das war für Rittal das erste große Etap- penziel, um die Produktion zu optimieren. Mit Live-Dashboard-System - basierend auf Edge-Cloud- Ein Live-Dashboard-System, basierend auf dem Rechenzentrum - Überblick Edge Cloud-Rechenzentrum ONCITE, ermög- über alle Fertigungsprozesse licht nun Überwachung und schnelles Eingreifen erhalten in der gesamten Produktion. Dazu werden über das System Daten und Analysen zur aktuellen Situation sowie zur Produktionsplanung bereit- gestellt und Warnungen bei Problemen ange- Überwachung und schnelles zeigt. Das Ergebnis: Die Mitarbeitenden erhalten Eingreifen in der Produktion bisher nicht mögliche Einsicht in die Prozesse. Sie wird möglich finden Antworten auf Fragen wie: Was hält uns von höheren Stückzahlen und Takten ab? Wo und warum entstehen die Bottlenecks? So können sie die Effizienz erhöhen. Datenanalysen und das Herstellen von Zusammen- In späteren Ausbaustufen können Prozessfach- hängen als erster wichtiger leute durch Analysen der Datenbasis Zusammen- Schritt in Richtung hänge und Fehlermuster erkennen. Dabei könnte Predictive Maintenance beispielsweise eine Data Analytics-Lösung mit dem Live-Dashboarding zusammenspielen. 30 31
GAIA-X: Neue Geschäftsmodelle mit Daten – aber sicher Werden Sie Mitglied im digitalen Ökosystem GAIA-X Sie möchten an den nationalen GAIA-X-Hubs Sichere und datensouveräne europäische Infrastruktur soll mitarbeiten? Es existieren regionale Hubs, Know-how von Unternehmen schützen [7,8] die unter anderem die Entwicklung von euro- päischen Datenräumen, an denen sich Unter- nehmen beteiligen können, forcieren. Bislang sind die Hub-Mitglieder unter anderem in den folgenden Domänen-Arbeitsgruppen organisiert: Energie, Finanzen, Geoinfor- mation, Gesundheit, Industrie 4.0/KMUs, Landwirtschaft, Mobilität, Öffentlicher Produzierende Unternehmen erzeugen vernetzten Industrie die Hoheit über ihre Daten Digitale Unabhängigkeit für Europa Sektor und Smart Living. Beispiele für Use- immer mehr Daten. Diese Informationen behalten, müssen übergeordnete sichere und Cases der Hubs und Kontaktmöglichkeiten werden durch Weiterverarbeitung zu wert- datensouveräne Infrastrukturen geschaffen werden. Ein Ziel von GAIA-X ist es, Cloud- und Edge- finden Sie hier: vollem Wissen. In der zunehmend vernetzten So entscheidet der Erzeuger der Daten, welche Dienste von Anbietern in Europa in einer Daten- Welt müssen die Unternehmen als Teil einer Informationen er wann, wie und mit wem teilt. infrastruktur mit gemeinsamen Regeln, Standards Wertschöpfungskette diese Daten und damit und Technologien zu vereinen. So soll Sicherheit ihr Know-how teilen, wollen aber gleich- Das von der deutschen Bundesregierung ange- gewährleistet sein und Unabhängigkeit von inter- www.bmwi.de/ zeitig die Hoheit darüber behalten. Das von stoßene Projekt GAIA-X hat die Schaffung einer nationalen Anbietern – zum Beispiel den ameri- Redaktion/DE/Dossier/ der Bundesregierung angestoßene Projekt sicheren und vertrauenswürdigen Dateninfra- kanischen Cloud-Monopolisten – geschaffen gaia-x.html GAIA-X schafft eine vertrauenswürdige struktur für Europa zum Ziel. So lassen sich Daten werden. Das Ziel ist es, dass die Datenhoheit für Dateninfrastruktur, die den mittelständischen von vernetzten Fabriken zuverlässig, sicher und die EU, ihre Mitgliedstaaten, Regierungen, Unter- Sicherheitsbedürfnissen gerecht wird und einfach für verschiedene Wertschöpfungsketten nehmen und die Gesellschaft erhalten bleibt. dadurch neue Geschäftsmodelle ermöglicht. verfügbar machen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Die Initiative GAIA-X wird getragen von Vertre- Europa erfordert Investitionen in neue zent- Endfertiger, wie in der Automobilindustrie, setzen Die entstehende Infrastruktur im GAIA-X-Projekt tenden aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwal- rale Digitalisierungslösungen und innova- verstärkt auf Plattform-Strategien. Das bedeutet, ist die Wiege eines Ökosystems, in dem Daten tung, gemeinsam mit verschiedenen europäi- tive Geschäftsmodelle. GAIA-X schafft eine dort fließen die Daten der Zulieferer zusammen. und Dienste verfügbar gemacht, zusammenge- schen Partnern. Das Projekt startete 2019 mit elf sichere Dateninfrastruktur in Europa und Was geschieht jedoch mit den eigenen Fertigungs- führt und vertrauensvoll geteilt werden können. deutschen und elf französischen Partnern. Inzwi- fördert als Ökosystem Innovationen. Davon daten eines Lieferanten, wenn er sie z. B. an die Das offene System ermöglicht aber nicht nur den schen gehören der Dachorganisation bereits mehr können besonders KMU profitieren, indem neuen digitalen Produktionsplattformen der Auto- souveränen Datentransfer, sondern fördert auch als 500 europäische und internationale Organisa- sie sich an das System andocken. Dies sichert mobilhersteller übertragen muss? Damit Unter- Kooperationen und Innovationen der beteiligten tionen an und das Netzwerk wächst signifikant. Wertschöpfung und Beschäftigung. nehmen – auch aus anderen Branchen – in der Unternehmen. 32 33
Sie können auch lesen