Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL

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Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
01_Titel_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 02.02.18 09:23 Seite 1

 kontinente.org                                            IM NETZWERK   MÄRZ / APRIL 2018
                                                           EINE WELT

                                                    kontinente

                  PAPUA-NEUGUINEA
                  Habgier, Handys,
                  Hexenwahn

                  KIRCHENASYL
                  In der
                  Grauzone
Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
02_Glaubenssache_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 12:45 Seite 1

        GLAUBENSSACHE

             März                                                                       April

                                                                           31. März

                                                      Karsamstag
                              Ein Tag der Leere. Der Altar ist abgeräumt, kein Tuch,
                             keine Kerzen, nur der nackte Stein. In trauernder Stille
                            versammelt sich die Gemeinde zum Gebet. Ein Tag der
                         Grabesruhe. Der Herr des Lebens ist hinabgestiegen in das
                          Reich des Todes. Den Lebenden ist Gott nun fern. Ein Tag
                            der Gottverlassenheit. Wie kein anderer spiegelt er mit
                            seiner Stille und Ohnmacht die Erfahrung persönlicher
                                Glaubenskrisen und gesellschaftlicher Gottesferne.
                               Doch in der Karsamstagsfinsternis glimmt ein Licht:
                                Christus öffnet die Tore der Unterwelt und führt die
                                 Verstorbenen zur Auferstehung.         Stefan Voges

                                                                                                Foto: Voges

         2    kontinente 2-2018
Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
e
03_Editorial_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 12:49 Seite 1

                                                                 EDITORIAL

                                      Liebe Leserin, lieber Leser!

                                      Bilder sind mächtig. Sie können illustrieren, manipulieren, dokumentieren.
                                      Als wir bei der Planung dieser Ausgabe die Fotos zur Hexenverfolgung in
                                                                                                                        IN ZAHLEN
                                      Papua-Neuguinea gesichtet haben, hat uns die Wirkkraft der Bilder mit
                                      Wucht getroffen. Gemeinsam mit unserer Grafik haben wir überlegt, was wir       543
                                      unseren Lesern zumuten können, was wir auf keinen Fall drucken, weil wir        Menschen lebten Mitte Januar
                                                                                                                      nach Angaben von „Asyl in der
                                      die Würde der Opfer wahren wollen, und was wir zeigen müssen, um das            Kirche“ im Kirchenasyl, um sie vor
                                      Unvorstellbare zu belegen. Die Hexenjagd, die sich im 21. Jahrhundert im        Abschiebung oder Rückführung
                                      Hochland des Inselstaats abspielt, erinnert an Europas dunkelstes Mittel-       in ein Drittland zu schützen.
                                      alter. Das Muster ist immer dasselbe: eine unerklärliche Krankheit, ein Tier,
                                      das unvermittelt stirbt, aber auch Neid auf das Glück der anderen – und
                                      das Unheil nimmt seinen Lauf. Schwester Lorena Jenal, die seit 1979 als
                                      Missionarin in Papua-Neuguinea arbeitet, beobachtet, wie sich der Hexen-
                                      wahn dort immer weiter ausbreitet und welche Rolle Handys und soziale
                                      Medien dabei spielen. Lesen Sie ab Seite zehn, wie Schwester Lorena für
                                      die Opfer und gegen die Folterungen und Morde kämpft.

                                      Umgekehrt war es bei unserer Reportage über Kirchenasyl. Denn um die
                                      Betroffenen zu schützen, dürfen sie auf den Fotos nicht zu erkennen sein.
                                      Aus demselben Grund konnten wir vieles, was wir erfahren haben, nicht
                                      schreiben. Trotzdem haben uns mutige Ordensfrauen die Türen geöffnet
                                      und nicht nur Einblicke in eine rechtliche Grauzone, sondern auch in das
                                      Zusammenleben mit jungen muslimischen Männern in ihrem Kloster
                                      gewährt. Im „Hintergrund“ berichten wir, wie Kirchen „Nach der letzten
                                      Messe“ genutzt werden, und auf Seite 19 schildert der Missionsbenediktiner
                                      Pater Anselm Grün, wo sich andere spirituelle Orte finden lassen.

                                      Den vielen schlechten Nachrichten aus aller Welt versuchen wir bewusst,
                                      Positives entgegenzusetzen. Umso mehr freut uns, wenn wir Reaktionen
                                      darauf bekommen. So haben sich ein Fernsehsender und Filmemacher nach
                                      unserer Reportage „Mode aus Müll“ in Ausgabe 1/18 erkundigt. Und ein            Nur im Asylbewerberheim konnte
                                      Chirurg, der im Urlaub ehrenamtlich in Afrika arbeitet, schrieb ganz be-        Fotografin Gudrun Petersen (rechts)
                                                                                                                      Flüchtlinge von vorn fotografieren.
                                      geistert, weil ihm in „kontinente“ Aimable Mbabazi aus Ruanda begegnet          Mit Beatrix Gramlich freut sie sich
                                      war. Bei dem hatte er für einen seiner Patienten dort gerade eine Prothese      über das Baby der äthiopischen Eltern.
                                      bestellt. Das spornt uns an, weiter nach Hoffnungsgeschichten zu suchen.
  Fotos: Berns/kontinente; Petersen

                                      Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen
                                      Ihre

                                      Beatrix Gramlich
                                      Stellvertretende Chefredakteurin

                                                                                                                                           kontinente 2-2018   3
Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
04-05_Inhalt_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 12:54 Seite 1

              Weltweit: Kühe mit guten Manieren                           Papua-Neuguinea: Habgier, Handys, Hexenwahn

           09                                                            10
         NACHRICHTEN & MEINUNG                                           HINTERGRUND & REPORTAGE
          07     Brennpunkt                                              10   Papua-Neuguinea
                 Friedensvereinbarung im Südsudan                             Hexenjagd mit Handy und Machete

          08 Schautafel                                                  16   Hintergrund
             …nur, weil sie Mädchen sind                                      Nach der letzten Messe

          09     Weltweit                                                20   Kirchenasyl
                 Wer atmet, lebt gefährlich. Kühe mit guten Manieren.         In der Grauzone
                 Kolumbien erinnert sich an den Krieg.

          24     Wortwechsel
                 Ist es gut, die letzte Vaterunser-Bitte zu ändern?

          25     Leserbriefe
                 Widerspruch, Lob und Meinungen unserer Leser

                  MITTENDRIN
                  Zahlreiche Herausgeber von
                  kontinente informieren über
                  ihre Arbeit in der Heftmitte.

                                                                26
                                                 Er gilt als Rebell in
                                                 der Psychoszene:
                                            Der Psychotherapeut
                                              Christian Peter Dogs
                                            erklärt im kontinente-
                                             Interview, warum wir
                                                     lernen sollten,
                                               zufriedener zu sein.

          4    kontinente 2-2018
Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
04-05_Inhalt_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 12:55 Seite 2

                                                                                               Kirchenasyl: In der Grauzone                                ANGEKLICKT

                                                                                                                                                      20
                                                                                              MENSCHEN & MISSION                                           WWW.KONTINENTE.ORG
                                                                                              06   Menschen                                                                               App für gute Taten
                                                                                                   Der Ultra-Langläufer Kai Markus Xiong, die orthodoxe
                                                                                                   Christin Misrit Hagos und die Maori Pauline Tangiora                                    Im Alltag Gutes tun und damit
                                                                                                                                                                                           soziale Projekte fördern: Dazu
                                                                                              19   Spiritualität                                                                           spornt das Erzbistum Köln mit
                                                                                                   Gottes Nähe spüren                                                                      seiner „Make Happy“-App an.
                                                                                                                                                                                           Wer etwa im Büro spült oder im
                                                                                              26   Im Gespräch
                                                                                                                                                                                           Bus seinen Platz anbietet, erhält
                                                                                                   „Rebell in der Psychoszene“, Christan Peter Dogs
                                                                                                                                                                                           Punkte, die einem zuvor ausge-
                                                                                              34                                                                                           wählten Projekt gutgeschrieben
                                                                                                   Mein Land, mein Leben, meine Liebe
                                                                                                   John Kamau, Steinbrucharbeiter aus Kenia                                                werden. Bei erreichter Punktzahl
                                                                                                                                                                                           gibt das Bistum Geld dafür. Mehr
                                                                                                                                                                                           unter zusammen-gut.de/app/

                                                                                              RUBRIKEN                                                     Hexenwahn in Papua-Neuguinea
  Fotos: Arterra/GettyImages; Flitner (2); Petersen; Schwarzbach; www.max-grundig-klinik.de

                                                                                              18   Pinnwand                                                Hexenverfolgung gibt es noch
                                                                                                                                                           immer: In Papua-Neuguina
                                                                                              30   Gemischtwaren                                           werden jedes Jahr mehr als 200
                                                                                                                                                           Menschen als Hexen getötet.
                                                                                              31   Kochen                                                  Sehen Sie im Video zu unserer
                                                                                                                                                           Reportage, wie dort eine Ordens-
                                                                                              32   Weitblick
                                                                                                                                                           frau gegen die grausame Tradition
                                                                                                                                                           kämpft: missio-hilft.de/hexen
                                                                                              33   Rätsel und Impressum

                                                                                              35   Reisenotiz
                                                                                                                                                                                               Titelbild
                                                                                                                                                                                               Diesen Jungen traf Fotograf
                                                                                                                                                                                               Hartmut Schwarzbach
                                                                                                                                                                                               während des Mount Hagen-
                                                                                                                                                                                               Festivals in Papua-Neuguinea,
                                                                                                                                                                                               bei dem mehr als 80 Stämme
                                                                                                                                                                                               ihre Kultur präsentieren.
                                                                                                                                                                                               Auch zu Gottesdiensten und
                                                                                                                                                                                               kirchlichen Festen kleiden sich
                                                                                                                                                                                               viele Besucher traditionell.

                                                                                                                                                                                                           kontinente 2-2018   5
Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
06_Menschen_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 02.02.18 09:35 Seite 1

         MENSCHEN

                                                                                                      Misrit Hagos
                                                                                   Kai Markus Xiong
                                                                                                                     Familienzusammenführung
                                                                                                                     Die zermürbende Zeit des Hoffens und Bangens ist vorüber.
         Zu Fuß von Hamburg nach Shanghai
                                                                                                                     Seit Ende 2017 lebt die 27-jährige Misrit Hagos aus Eritrea
         Die Planung sah anders aus. 12 000 Kilometer wollte der Ultraläufer                                         endlich wieder mit ihren Kindern zusammen. Fünf lange
         Kai Markus Xiong von Hamburg nach Shanghai allein zurücklegen.                                              Jahre musste sie mit ihrer jüngsten Tochter auf ihre sieben-
         Nach 202 Tagen und immerhin 11 000 Kilometern stürzte er jedoch                                             und neunjährigen Kinder warten. Die orthodoxe Christin floh
         so schwer, dass er sich beide Füße brach. Aufgeben? Nein! Victor, der                                       2013 mit ihrem Baby über das Mittelmeer nach Lampedusa.
         ihn von Anfang an während seines Projektes „Run my Silkroad“ in                                             Die Erinnerungen daran sind für die junge Mutter kaum aus-
         einem alten VW-Käfer begleitete, übernahm seinen Part. „Wir haben                                           zuhalten: Drei Tage und Nächte ohne Essen in Angst, ob sie
         es angefangen und bringen es zu Ende“, begründete Kai Markus                                                ihr Ziel erreichen. Von der italienischen Insel aus stellte Misrit
         Xiong den Entschluss. 1100 Kilometer galt es noch zu überwinden –                                           Hagos im August 2015 den Antrag auf Familienzuführung.
         bei 20 bis 25 Kilometern täglich ein zu erreichendes Ziel. Am frühen                                        Durch die tatkräftige Hilfe von Schwester Stefanie Müllenborn
         Morgen erreichte der 44-Jährige gemeinsam mit seinem Begleiter                                              hat sich der Herzenswunsch der Afrikanerin erfüllt. Die Salz-
         Victor Neubauer und etlichen chinesischen Läufern die Prachtmeile                                           kottener Franziskanerin verhandelte mit den Behörden in
         Bund in der Metropole am Ostchinesischen Meer. Auf Krücken                                                  Deutschland, im Sudan und in Kairo, wo die Kinder zwischen-
         gestützt, aber glücklich lief der Abenteurer die letzte Etappe seines                                       zeitlich lebten, und setzte tatsächlich die Zusammenführung
         Mammutlaufes nach Shanghai zu seinen Schwiegereltern dann doch                                              durch. Nun hofft Misrit Hagos auf einen Schulplatz für die
         noch alleine. Mit seinem Projekt wollte er die Städtepartnerschaft                                          beiden. Die jüngste Tochter, 4, spricht bereits gut Deutsch
         zwischen Hamburg und Shanghai symbolisch stärken.              GuP                                          und hilft den älteren Geschwistern.        GuP

                                                                                                                                                                                          Fotos: Heimken/picture alliance; Bodin/fcjm; Bugge/Wirelmage/Getty Images
                                                   Pauline Tangiora

                                                                      Hartnäckige Streiterin für den Frieden
                                                                      Pauline Tangiora ist etwa 80 Jahre alt – ihr genaues Geburtsdatum kennt sie nicht –,
                                                                      Mutter von neun Kindern und voller Energie. Die Maori, deren Vorfahren aus Ost-Poly-
                                                                      nesien als erste Neuseeland besiedelten, genießt als Stammesälteste hohes Ansehen.
                                                                      Mehr als 30 Jahre hat sie mit der neuseeländischen Regierung um Wiedergutmachung
                                                                      für ihr Volk gestritten, das bis heute unter prekären Umständen lebt. Mit Erfolg: Die
                                                                      Regierung wird hohe Beträge zahlen für Land, das in den vergangenen 175 Jahren
                                                                      enteignet wurde. Tangiora, die ein traditionelles Kinntatoo trägt, setzt ihr Verhand-
                                                                      lungsgeschick auch weltweit ein: Sie war auf Friedensmission im Irak, in Südafrika,
                                                                      Australien und Mexiko. Vor allem indigene Völker bitten sie um Hilfe, um gegen Un-
                                                                      gerechtigkeit und Unterdrückung zu kämpfen – und für die Bewahrung der Schöpfung
                                                                      und alter Traditionen. „Für den Frieden zu arbeiten, ist hart“, sagt Tangiora, „aber das
                                                                      Vertrauen, das die Menschen in mich setzen, gibt mir Kraft.“ Und sie hofft auf die jun-
                                                                      gen Menschen weltweit. „Träumt groß!“, ist ihre Botschaft.         emw
Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
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                                                                                                                                                             BRENNPUNKT

                                    SÜDSUDAN
   Fotos: Akena/Reuters; privat

                                    Friedensvereinbarung
                                    im Südsudan                                                                    https://intern.kontinente-media.orzudem
                                                                                                                        STANDPUNKT                         zudem

                                  H         offnung auf Frieden – die achte. Seit Weihnachten gibt es ein neues
                                            Friedensabkommen zwischen den zahlreichen Konfliktparteien im
                                            Südsudan. Es ist das inzwischen achte Abkommen dieser Art in dem
                                  Land, das erst 2011 gegründet und international anerkannt wurde. Voraus-
                                  gegangen waren ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg und Konflikte zwischen
                                                                                                                    Das jüngste Friedensabkommen
                                                                                                                    sollte am Heiligen Abend in Kraft
                                                                                                                    treten, und am selben Tag wurde es
                                                                                                                    verletzt! Seitdem vergingen wenige
                                                                                                                    Tage ohne Verstöße. Es gibt zu viele,
                                  Ethnien und Religionen um politische Vorherrschaft und die reichhaltigen          die ein Interesse an der Fortsetzung
                                  Ressourcen Erdöl, Gold, Diamanten, Silber und weitere Metalle. Aber die           des Krieges im Südsudan haben.
                                  Abspaltung des vorwiegend christlichen Südens vom islamischen Sudan und           Selbst wenn die Regierung bereit         Br. Bernhard
                                  die Gründung des eigenen Staates brachten bisher keine dauerhafte                 wäre, das Friedensabkommen               Hengl, 60.
                                  Befriedung in die Region. Seit Staatsgründung hat ein vierjähriger Bürgerkrieg    umzusetzen, hätte sie nicht die          Der Comboni-Missionar
                                  die Menschen aufgerieben und in bittere Armut geführt. Und noch immer gibt        notwendige Infrastruktur und             ist Projektkoordinator
                                                                                                                                                             und Fundraiser der
                                  es Gruppierungen, die sich Vorteile vom Krieg erhoffen.                           militärischen Mittel dazu. Die Bürger    Bischofskonferenz im
                                      Jeder dritte Bürger befindet sich innerhalb oder außerhalb des Landes auf     haben deshalb das Vertrauen in die       Sudan und Südsudan
                                  der Flucht, während gleichzeitig aus den umliegenden Ländern Äthiopien,           bisherigen Friedensabkommen völlig       mit Sitz in Juba.
                                  Demokratische Republik Kongo, Sudan und Zentralafrikanische Republik              verloren. Im Gegenteil, vier Millionen
                                  Hunderttausende vor Hungersnöten und Krisen nach Südsudan geflohen sind.          von zwölf Millionen Menschen sind
                                  Trotz des Reichtums an Ressourcen ist es bisher nicht gelungen, verlässliche      bereits geflohen – die Unsicherheit
                                  Infrastrukturen, funktionierende Verwaltungseinheiten und ein Gesundheits-        ist groß. Es könnte vorerst helfen,
                                  wesen aufzubauen. Landwirtschaftliche Produktion und Viehzucht sind zum           eine Übergangsregierung zu bilden,
                                  Erliegen gekommen und können die Einwohner nicht versorgen.                       die die Versorgung der Bevölkerung
                                      Das jüngste Friedensabkommen wurde auf Druck der Afrikanischen Union          sicherstellt und die drängendsten
                                  verhandelt. Es untersagt alle „feindseligen Handlungen”, Kriegsgefangene          Probleme angeht – damit das große
                                  sind an das Internationale Rote Kreuz zu übergeben, humanitäre Hilfe darf         Leid der Menschen ein Ende hat.
                                  nicht behindert werden. Ob die Regierung das Abkommen durchsetzen kann,           Allerdings garantiert diese Lösung
                                  ist ungewiss, denn Südsudan gilt als gescheiterter Staat. Es haben sich zahl-     nicht, dass die unterschiedlichen
                                  reiche Kampftruppen gebildet, die ihr Einkommen als Söldner für selbster-         Gruppierungen und Kriegstreiber
                                  nannte Kriegsherren verdienen. Sie haben kein Interesse am Frieden.         jr    dies mittragen werden.

                                                                                                                                                                kontinente 2-2018   7
Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
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         SCHAUTAFEL
                                                                                                                                     41 100

                                                                                                                                     Kinderehen
                                                                                                                                     Täglich werden
                                                                                                                                     41 100 Mädchen vor
                                                                                                                                     ihrem 18. Geburtstag
                                                                                                                                     verheiratet – das sind
                                                                                                                                     15 Millionen Mädchen
                                                                                                                                     jährlich. Heute leben
                                                                                                                                     rund 750 Millionen
                                                                                                                                     Frauen und Mädchen,
                                                                                                                                     die vor ihrem 18. Ge-
                                                                                                                                     burtstag verheiratet
                                                                                                                                     waren.

                                  … nur, weil sie
                                    Mädchen sind

                                                                                        20 000                20 000

          Fakten zu ihrer                                                               Schwanger-            Flucht
          täglichen Benachteiligung                                                     schaft
                                                                                                              Weltweit begeben
                                                                                        Täglich gebären       sich täglich fast
          Missachtet, misshandelt, missbraucht. In allen Regionen der                   20 000 Mädchen        30 000 Menschen auf
          Welt werden die Rechte von Mädchen mit Füßen getreten.                        unter 18 Jahren ein   die Flucht aus ihrer
                                                                                        Kind. Rund 3000       Heimat. Rund zwei
          Rund 1,1 Milliarden weibliche Personen unter 18 Jahren leben
                                                                                        dieser Geburten       Drittel davon sind
          derzeit auf der Erde. Sechs alltägliche Fakten.   fjs                                               Mädchen und Frauen.
                                                                                        entfallen auf unter
                                                                                        15-Jährige.

          Gewalt                  Aids
          Täglich sterben fast    Für weibliche Teen-
          300 Mädchen in der      ager ist die Gefahr,       8000
                                                                                                                                                              Quelle: DSW, Unicef, Unfpa; Foto: Flitner/missio
          Folge von Gewalt!       sich mit HIV zu infizie-
          120 Millionen Mädchen   ren, fast doppelt so       Beschnei-
          und junge Frauen        hoch wie für Jungen.       dung
          unter 20 – rund jede    Täglich infizieren sich
          zehnte – haben in       weltweit fast 5000
                                                             Jeden Tag erleiden
          ihrem Leben bereits     Menschen mit HIV.
                                                             etwa 8000 Mädchen
          sexuelle Gewalt                                    und Frauen die Tortur,
          erfahren.                3300                      beschnitten zu werden.
                                                             Rund 130 Millionen
                                                             Mädchen und junge
                                                             Frauen sind von
                                                             Genitalverstümmelung
          300                                                betroffen. Die meisten
                                                             sind unter 15 Jahre alt.

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Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
09_Weltweit_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 13:12 Seite 1

                                                                                                                                                                                                                               WELTWEIT
   Fotos: Xhemaj, Kopp/picture alliance; Lafforgue/Art in All of Us/Corbis; Arterra/Getty Images

                                                                                                         LUFTVERSCHMUTZUNG
                                                                                                         Wer atmet, lebt gefährlich                                                   VERSÖHNUNG
                                                                                                         Neun von zehn Menschen atmen ungesunde Luft! Das sind sechs                  Kolumbien erinnert sich der Gewalt
                                                                                                         Milliarden Personen weltweit. Um dieser Bedrohung entgegenzu-                Apartheid in Südafrika, Militärdiktatur in Brasilien oder
                                                                                                         wirken, trafen sich 2500 Teilnehmer auf der Umweltversammlung                Pinochet-Regime in Chile – in vielen Ländern mit langer
                                                                                                         der UNO, Unep, in Nairobi. Neben der Luftverschmutzung seien die             Gewalt-Geschichte braucht es Jahrzehnte, bevor eine
                                                                                                         größten Killer vor allem Chemikalien, Abfall und die Vergiftung von          Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte be-
                                                                                                         Trinkwasser, Böden und Meeren. Eine nachhaltige Produktions- und             ginnt. Anders in Kolumbien. Bereits Jahre vor dem
                                                                                                         Lebensweise schaffe dagegen Jobs und Einkommen, wirbt die Unep.              offiziellen Ende des langen Konflikts zwischen Drogen-
                                                                                                         Außerdem sei es sinnvoll, in grüne Techniken zu investieren und die          kartellen, Guerrilla und Staat entstanden Gedenkstätten
                                                                                                         Bevölkerung über nachhaltigere Lebensstile zu informieren. Bestes            an die grausame Zeit und ihre vielen Opfer, so das Haus
                                                                                                         Beispiel: der Schutz der Ozonschicht durch Verbot bestimmter                 der Erinnerung in Medellín (Foto). Das größte Museums-
                                                                                                         Chemikalien.        GuP                                                      projekt des Landes ist jetzt das Nationale Museum der
                                                                                                                                                                                      Erinnerung, das Ende 2019 eröffnet werden soll.       jr

                                                                                                                                                                        UMWELT
                                                                                                                                                                        Kühe mit guten Manieren
                                                                                                                                                                        Dass nahrhaftes Essen gut für Leib und Seele ist, ist bekannt. Bei
                                                                                                                                                                        kenianischen Kühen hat es zudem für mehr Milch und weniger
                                                                                                                                                                        Methanausstoß gesorgt. Schon heute sollen die 1,5 Milliarden Rinder
                                                                                                                                                                        dieser Welt jeweils 200 bis 500 Liter Methangas täglich an die
                                                                                                                                                                        Atmosphäre abgeben. Diät ist die Lösung, wie ein Projekt aus Kenia
                                                                                                                                                                        zeigt. Gutes Futter macht glückliche Kühe, sagt die Mitarbeiterin der
                                                                                                                                                                        Nichtregierungsorganisation „VI Agrarforestry“, Wangu Mutua. Sie rät
                                                                                                                                                                        Kleinbauern, sehr nahrhafte Gräser anzupflanzen. Die Kühe pupsen
                                                                                                                                                                        und rülpsen nicht nur weniger, sie geben auch dreimal mehr Milch.
                                                                                                                                                                        Das bedeutet, dreimal weniger Tiere für denselben Ertrag. Belohnt wird
                                                                                                                                                                        das auch noch: mit Kohlenstoffgutschriften.       GuP
                                                                                                   RECYCLING
                                                                                                   Panzer zu Baustahl
                                                                                                   Seit 15 Jahren ist Frieden in Angola. Übrig geblieben sind
                                                                                                   Berge an Militärschrott, vor allem tonnenschwere Panzer.
                                                                                                   Diese Waffen zu recyceln, war die Idee des französisch-
                                                                                                   senegalesischen Unternehmers Georges Choucair. Um
                                                                                                   eine Fabrik zu bauen, brauchte er Stahl, den er aber nicht
                                                                                                   importieren wollte. Er baute kurzerhand eine Stahlfabrik
                                                                                                   und schuf damit nicht nur über 500 neue Arbeitsplätze.
                                                                                                   Er sorgte auch dafür, dass sich Angola unabhängig von
                                                                                                   Stahleinfuhren gemacht hat. Seit nunmehr gut einem Jahr
                                                                                                   verwandeln die Mitarbeiter Kriegsschrott in Baustahl.
                                                                                                   Georges Choucair macht das glücklich: „Wir verwandeln
                                                                                                   Kriegsmaterial in Baustoff für die Zukunft!“      GuP
Kontinente - In der Grauzone KIRCHENASYL
10-15_Reportage_PAPUA_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 13:17 Seite 1

          TEXT: JÖRG NOWAK | FOTOS: BETTINA FLITNER

         Hexenjagd
         mit Handy
         und Machete
         10   kontinente 2-2018
10-15_Reportage_PAPUA_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 13:17 Seite 2

                                                                                                                                             VOR ORT

                                                                    Wie ein Flächenbrand breiten sich grausame
                                                                    Gewaltverbrechen in Papua-Neuguinea aus.
                                                                    Unschuldige Frauen werden als Hexen an den
                                                                    Pranger gestellt und auf Dorfplätzen öffentlich
                                                                    gefoltert. Zwei Ordensschwestern kämpfen
                                                                    gegen diese Menschenrechtsverletzungen.

                                                                   A                ls der sechsjährige Jona-
                                                                                    than die vielen Men-
                                                                                    schen zum Dorfplatz
                                                                                    strömen sieht, glaubt er,
                                                                    ein großes Fest werde vorbereitet. Neu-
                                                                    gierig folgt er mit seiner Großmutter
                                                                    und Mutter Cristina Dio den anderen
                                                                                                                Mutter Cristina an den Armen und zer-
                                                                                                                ren sie nach vorne zum Feuer. Sie fes-
                                                                                                                seln die Frau an die Pfähle und verbin-
                                                                                                                den ihr die Augen mit einem blauen
                                                                                                                Tuch. Mit gespreizten Armen und Bei-
                                                                                                                nen sieht sie fast wie eine Gekreuzigte
                                                                                                                aus. Das ganze Dorf schaut zu, als die
                                                                    Frauen, Männern und Kindern.                Folterer der wehrlosen Mutter die Klei-
                                                                        Ganz vorne in der Menschenmenge         der vom Leibe reißen. Besonders die
                                                                    erzählt jemand etwas von gefährlichen       Männer unter den Schaulustigen starren
                                                                    Sangumas. Die bösen Hexen seien mit-        mit dumpfen und gierigen Blicken auf
                                                                    ten unter ihnen, ruft der Mann. Aus dem     den entblößten Frauenkörper.
                                                                    Mund einer Sanguma würden Ratten
                                                                    und Schlangen kriechen. Mit ihren Flü-      Mit glühenden Eisenstangen
                                                                    chen könnten sie töten und Menschen         Jonathan und seine Großmutter erstar-
                                                                    das Herz aus dem Leibe reißen.              ren vor Angst. Martha überlegt verzwei-
                                                                        Gebannt schauen die Dorfbewohner        felt, was sie tun kann. Sie will die Polizei
                                                                    auf mehrere Männer, die ein Feuer an-       rufen. Dann entdeckt sie unter den Hel-
                                                                    zünden und alte Autoreifen in die lo-       fershelfern der Hexenjäger drei Polizis-
                                                                    dernden Flammen werfen. Sie rammen          ten. Die Großmutter ist verzweifelt. Das
                                                                    meterhohe Holzpflöcke in den Boden,         ganze Dorf ist gegen Cristina.
                                                                    nehmen Seile in die Hand und drängen             „Gib zu, du bist eine Hexe!“, fau-
                                                                    sich durch die wartende Menschen-           chen die Männer sie an und halten ihre
                                                                    menge. Jonathan sieht, wie die Männer       Buschmesser und Metallstangen so-
                                                                    auf seine Mutter zusteuern. „Sanguma,       lange ins Feuer, bis das Eisen glüht. Als
                                                                    Sanguma, Sanguma“, rufen sie mit wü-        sie zustechen, rennen mehrere Kinder
                                                                    tenden Blicken. Dann greifen sie seine      erschrocken vom Scheiterhaufen weg.

                                                                                                                                       kontinente 2-2018   11
10-15_Reportage_PAPUA_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 13:17 Seite 3

         Sie laufen zur Missionsstation, wo          men die Folterer auf die Nonne zu und         Tatort                    Regenschirme auf und starren weiter
         Schwester Gaudencia, Schwester Lo-          prügeln mit glühenden Holzstangen auf         Der unscheinbare          auf Christina, die sich vor Schmerzen
                                                                                                   Brandfleck auf dem
         rena und die anderen Ordensfrauen           die 72-jährige Frau ein. Sie rettet sich,     Dorfplatz markiert
                                                                                                                             in der Hitze des Scheiterhaufens windet.
         wohnen. Die Schweizer Missions-             will Hilfe holen. Doch sie begreift, selbst   den Scheiterhaufen,           Der Regen wird immer stärker, der
         schwestern sind hier in der Region um       mit den männlichen Mitarbeitern der           auf dem Teno am           Dorfplatz wird vom Wasser aufge-
                                                                                                   Vortag gefoltert wurde.
         die Stadt Mendi im Hochland von             Krankenstation und dem Priester hat sie                                 weicht, die Flammen des Feuers werden
         Papua-Neuguinea bekannt. Völlig außer       keine Chance gegen die wütende Meute.                                   kleiner. Die Folterer entscheiden, eine
         Atem klopfen die Kinder an die Tür.         Mit hasserfüllten Blicken rufen die Men-                                Pause einzulegen. Cristina blickt in die
         „Schwester Gaudencia, Schwester Gau-        schen immer wieder: „Kukim em!“ –                                       Menschenmenge. Rund 600 Dorfbewoh-
         dencia, kommen Sie schnell, eine Hexe       Verbrennt sie! „Kilim em!“ Tötet sie!                                   ner stehen ihr gegenüber. Sie sieht ihre
         wird verbrannt.“ Als die Ordensfrau den         Es hilft nur noch beten. Schwester                                  Nachbarn, Männer, Frauen, Kinder.
         Dorfplatz erreicht, ruft sie erschrocken:   Gaudencia greift zum Rosenkranz. In                                     Mehrere Männer richten ihre Handys
         „Um Himmels Willen, hört auf.“ Da stür-     sicherem Abstand zum Scheiterhaufen                                     auf sie und schießen Fotos.
                                                     fleht sie Gott um Hilfe. Mehrere Katho-
                                                     liken, die die Ordensfrau gut kennen,                                   Der Trick mit dem Stein
                                                     kommen hinzu und beten mit ihr. Wäh-                                    Weil der Regen nicht aufhört, schleppen
                                                     rend sie immer wieder den Rosenkranz                                    die Folterer Cristina in eine Hütte und
                                                     beten, ziehen dunkle Wolken auf.                                        legen sie auf den nackten Lehmboden.
                                                     Schwester Gaudencia blickt zum Him-                                     „Ich muss überleben“, sagt sie zu sich.
                                                     mel. Heftiger Regen prasselt plötzlich                                  „Für Jonathan und meine Mutter muss
                                                     auf den Dorfplatz nieder. Einige der                                    ich überleben.“ Sie entdeckt einen klei-
                                                     Schaulustigen spannen ihre bunten                                       nen Stein in der Hütte. Trotz ihrer hef-
                                                                                                                             tigen Schmerzen ist ihr Überlebenswille
                                                                                                                             ungebrochen. Sie denkt sich eine ge-
                                                                                                                             wagte Geschichte aus, um die Folterer
                                                                                                   Bildbeweise
                                                                                                   Auf ihrem Laptop hat      zu überlisten.
                                                                                                   Schwester Lorena              In einem unbeobachteten Moment
                                                                                                   Bilder eines Hexen-       schiebt sie sich den Stein zwischen die
                                                                                                   prozesses gesammelt.
                                                                                                                             Beine. Dann ruft sie: „Schnell, kommt
                                                                                                   Damit können die Täter
                                                                                                   identifiziert werden,     her. Die Hexe, sie ist in mir. Befreit mich.
                                                                                                   die Cristina folterten.   Holt sie raus.“ Die Männer betasten und
                                                                                                                             begrabschen Cristinas Körper und fin-
                                                                                                                             gern schließlich einen von Lehm und
                                                                                                                             Blut verschmierten Stein hervor. Wie
                                                                                                                             eine Trophäe halten die Männer den
                                                                                                                             Stein in die Höhe. „Sanguma“, rufen sie.

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10-15_Reportage_PAPUA_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 13:17 Seite 4

      Der Zauber scheint gefunden. Die Szene        rührt die Menschen mit ihrem liebenden
      rettet Cristina das Leben.                    Blick und ihren warmen Umarmungen.
          Einige Zeit später liegt sie im Kran-     Cristina spürt die heilsame Wirkung der
      kenbett der Missionsstation. Schwester        Anteilnahme und Nähe. Und sie ist
      Gaudencia setzt ihr Kanülen für den           dankbar, dass sich die Ordensfrau Zeit
      Tropf mit Schmerzmitteln und behan-           für Jonathan nimmt. „Wie geht es dir?“,
      delt ihre Wunden. Doch selbst in der          fragt sie den Jungen. „Gut“, lautet die
      Missionsstation ist die Schwerverletzte       kurze Antwort. Schwester Lorena lässt
      nicht sicher. Von Weitem erklingen die        nicht locker. „Hast du Freunde, mit
      Sanguma-Rufe erneut. Einige der Folte-        denen du spielen kannst? Schläfst du
      rer zweifeln an dem Hexenstein. Sie nä-       nachts gut?“ Da blickt Jonathan auf
      hern sich dem weitläufigen Gelände der        Schwester Lorena und kann seine Trä-
      Missionsschwestern, Steine fliegen auf        nen nicht zurückhalten. Immer wieder
      das Dach der Missionsstation. „Wir            würden die Alpträume kommen, sagt             Überlebt
      müssen Cristina in Sicherheit bringen“,       er. „Das Feuer. Meine Mutter“, weint er.      Cristina wurde brutal      HISTORISCH
                                                                                                  gequält, doch dank
      sagt Schwester Gaudencia.                     Schwester Lorena spürt, wieviel Ver-          einer List und der Hilfe
                                                                                                                             1486 veröffentlicht der fanatische
                                                    zweiflung, Angst und Wut in dem Jun-          der Ordensschwestern
                                                                                                                             Dominikaner Heinrich Kramer die Hetz-
      Jahr für Jahr 200 Hexenmorde                  gen stecken und ihn von innen aufzu-          konnte sie fliehen.
                                                                                                                             schrift „Der Hexenhammer“. Das Buch löst
      Wie ein Flächenbrand breiten sich die         fressen drohen.                                                          eine Welle von Hexenverfolgungen aus.
      Hexenverfolgungen in Papua-Neugui-                 „Komm mit, Jonathan“, sagt                                          25 000 Menschen werden in Deutschland
                                                                                                                             zu Tode gefoltert, während das Buch im
      nea aus. 1443 Fälle sogenannter Hexen-        Schwester Lorena. „Ich habe eine Idee.“                                  katholischen Spanien auf Widerstand stößt.
      prozesse in dem ozeanischen Land hat          Sie führt den Jungen zu einem großen                                     1526 ruft Martin Luther zur Hexen-
      die australische Professorin Miranda          Baum mit einem festen Stamm. Er darf                                     verbrennung auf: „Ich will der Erste sein,
                                                                                                                             der Feuer an sie legt.“
      Forsyth in den vergangenen 20 Jahren          jetzt alle seine Gefühle an dem Baum                                     1595 wird der belgische Mönch Jean
      dokumentiert. Andere Quellen wie die          auslassen. Jonathan trommelt mit den                                     Delvaux nach einem Hexenprozess geköpft.
      Vereinten Nationen schätzen sogar, dass       Fäusten auf den Stamm, tritt mit den                                     1736 schafft England das Gesetz gegen
                                                                                                                             Hexerei ab.
      jährlich rund 200 Menschen als Hexen          Füßen gegen all das Böse, schreit und
                                                                                                                             1793 wird in Europa die letzte sogenannte
      in Papua-Neuguinea getötet werden.            weint sich das Leid von der Seele. Dann                                  Hexe hingerichtet.
          Weil sie unmöglich in ihrem Heimat-       wird er ganz ruhig und setzt sich auf die                                1812 veröffentlichen die Gebrüder Grimm
      dorf bleiben kann, bringen die Ordens-        Wiese. „Jetzt geht es mir besser.“                                       eine Geschichte über eine Hexenverbren-
                                                                                                                             nung unter dem Titel „Hänsel und Gretel“.
      schwestern Cristina weit weg. Rund fünf            Schwester Lorena ist erleichtert und                                1960er-Jahre Es werden weltweit mehr
      Stunden mit dem Auto flüchten sie             wirft noch einen prüfenden Blick auf                                     Menschen wegen angeblicher Hexerei
      durch die bergige Landschaft, bis end-        den Baumstamm, der unversehrt geblie-                                    getötet als während des Mittelalters in
      lich der Mount Wilhelm mit seinen             ben ist. Für Cristina und ihre kleine Fa-      »                         Europa, schätzen Experten. Genannt
                                                                                                                             werden vor allem Papua-Neuguinea,
      mehr als 4500 Metern sichtbar wird. Der       milie ist der Heilungsprozess ein langer       Du hast mir               Südafrika, Kongo und Nigeria.
      höchste Berg des Landes wurde 1888            Weg. „Du hast mir geholfen, meinen in-         geholfen,                 1997 erscheint ein Fantasy-Roman über
                                                                                                                             Hexerei und Zauberei, der weltweit für
      von der deutschen Kolonialmacht nach          neren Frieden zu gewinnen“, sagt Cris-         den inneren
                                                                                                                             Begeisterung sorgt. In zehn Jahren werden
      Wilhelm von Bismarck benannt, dem             tina später zu Schwester Lorena.               Frieden zu                450 Millionen Harry Potter-Romane ver-
      Sohn des deutschen Reichskanzlers.                                                           gewinnen.                 kauft und in fast 80 Sprachen übersetzt.
          Hier liegt die Stadt Kundiawa, in der     In den Fängen der Folterer                     Folteropfer Cristina      2007 Der Autor des Buchs „Justizmord an
                                                                                                                             Anna Göldi“ fordert in der Schweiz die Reha-
      Cristina mit ihrem Sohn und der Groß-         In den vergangenen 14 Monaten hat sich                                   bilitierung der 1782 hingerichteten Frau.
      mutter ein neues Leben aufbauen muss.         die Schweizer Ordensfrau um 18 Fälle                                     Die Kantonsregierung lehnt den Antrag mit
      Während Schwester Gaudencia sich um           von Hexenverfolgung gekümmert.                                           dem Hinweis ab, Anna Göldi sei im Bewusst-
                                                                                                                             sein der Bevölkerung bereits rehabilitiert.
      die körperlichen Wunden von Cristina          Wann immer sie hört, dass jemand in                                      2008 Nach einem erneuten Vorstoß
      kümmert, ist ihre Mitschwester Lorena         Gefahr ist, wird sie aktiv. So gibt es Hin-                              beschließt die Schweiz die Rehabilitierung
      Jenal jetzt als Seelsorgerin gefordert. Die   weise, dass es in einem Dorf in der Nähe                                 von Anna Göldi. 226 Jahre nach der Hinrich-
                                                                                                                             tung wird der Fall als Justizmord bezeichnet.
      67-jährige führt viele Gespräche mit          von Mendi einen Hexenprozess gegeben
                                                                                                                             2018 Schwester Lorena berichtet von
      Cristina und kümmert sich um die see-         hat. Schwester Lorena fährt mit dem                                      zahlreichen neuen Fällen von Hexenverfol-
      lischen Wunden. Schwester Lorena be-          kleinen Geländewagen los und fragt am                                    gung in Papua-Neuguinea.

                                                                                                                                                  kontinente 2-2018   13
10-15_Reportage_PAPUA_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 13:17 Seite 5

                                                                                                                       Barmherzigkeit
                                                                                                                       Schwester Lorena
                                                                                                                       versucht, das Leben
                                                                                                                       von Teno, die gefoltert
                                                                                                                       wurde, zu retten.

                                                                                                                       reinigt die Wunden, gibt ihr Schmerz-
                                                                                                                       mittel. Am späten Abend kommt Gau-
                                                                                                                       dencia zu Lorena und sagt leise: „Teno
                                                                                                                       ist tot. Sie hat es nicht geschafft.“

                                                                                                                       Wie in der Steinzeit
                                                                                                                       Schwester Lorena sucht nach Erklärun-
                                                                                                                       gen für die sadistische Gewalt. „Als ich
                                                                                                                       1979 nach Papua-Neuguinea kam, war
                                                                                                                       ich fasziniert von der Schönheit des Lan-
                                                                                                                       des. Alles schien mir sehr friedlich und
                                                                                                                       harmonisch“, erinnert sie sich. Gleich-
                                                                                                                       zeitig „lebten die Menschen wie in der
                                                                                                                       Steinzeit“. Als internationale Konzerne
                                                                                                                       Öl, Gas und andere wertvolle Rohstoffe
                                                                                                                       entdeckten, sei die Moderne mit voller
                                                                                                                       Wucht hereingebrochen. Plötzlich gab
                                                                                                                       es schnelles Geld, Fernseher, Handys
                                                                                                                       und Autos. Die Männer sind traditionell
                                                                                                                       Krieger, die immer mit Pfeil und Bogen
                                                                                                                       oder Steinaxt unterwegs waren. „Heute
                                                                                                                       tauschen sie das wildwachsende Mari-
                                                                                                                       huana gegen Schusswaffen“, berichtet
                                                                                                                       die Schwester. Die radikalen Verände-
                                                                                                                       rungen verunsicherten die Menschen,
                                                                                                                       mit aller Macht wollen sie zu den Ge-
                                                                                               Traumatisiert
                                                                                               Für Margret fordert     winnern gehören.
                                                                                               Schwester Lorena            Der Hexenglaube wird auch benutzt,
                                                                                               Schmerzensgeld          wenn Menschen voller Habgier sind. So
                                                                                               von den Tätern.
                                                                                                                       hält Schwester Lorena Kontakt zu der
         Wegesrand drei Feldarbeiter, ob sie        den Weg. „Wir haben sie eingesperrt.                               selbstsicheren Stella, die seit einem Jahr
         etwas gehört hätten. „Ja, gestern Abend    Sie kriegt kein Wasser und keine Medi-                             mit ihrer Tochter auf der Flucht ist. Die
         hatten wir einen Hexenprozess in un-       kamente. Sie soll krepieren, die Hexe“,                            eigenen Brüder warfen Stella vor, eine
         serem Dorf“, antworten sie. „Was ist da    wütet er. Schwester Lorena weiß, es geht                           Hexe zu sein. In Wirklichkeit wollten
         passiert?“, will Schwester Lorena wis-     jetzt um Leben oder Tod. Die Frau muss                             sie ein Stück Land zurück, das sie der
         sen. „Warte, wir zeigen es dir“, sagen     nach stundenlanger Folter schwer ver-                              eigenen Schwester nicht gönnten. Der
         die beiden Frauen und der Mann. Er         letzt sein. „Ich will zu der Frau“, sagt                           Familienstreit spitzte sich zu, Stella
         nimmt sein Buschmesser, während sich       die Schweizerin mit eindringlichem                                 wurde verteufelt und ist seitdem ihres
         eine der Frauen mit gespreizten Armen      Blick. „Machen sie das Schloss auf.“                               Lebens nicht mehr sicher.
         und Beinen aufstellt, um die Rolle der          Der Dorfführer gibt nach und öffnet                               Der Hexenwahn vergiftet die Gesell-
         Hexe zu spielen. „Das Buschmesser war      die Tür. Teno heißt die Frau, die mit                              schaft in Papua-Neuguinea. Es gibt die
         vom Feuer glühend rot“, erzählt er mit     schwersten Verletzungen und Verbren-                               Anstifter und ihre zahlreichen Motive,
         leuchtenden Augen.                         nungen auf dem Boden liegt. „Ich bringe                            jemanden an den Pranger zu stellen. Es
             „Lebt die Frau noch? Wo ist sie?“,     dich in unsere Krankenstation“, sagt sie   Mehr Infos              gibt die gewaltbereiten Täter, die als Fol-
         fragt Schwester Lorena voller Verzweif-    und umarmt Teno. Als Schwester Lo-         Einen dramatischen      terer ihre sadistischen Phantasien aus-
         lung. Eine der Frauen weist in Richtung    rena mit dem Wagen ankommt, wird sie       Hilferuf aus Papua-     leben. „Das ist Gewaltpornographie,
                                                                                               Neuguinea zeigt ein
         des Dorfes. Als die Ordensfrau dort an-    schon von Schwester Gaudencia erwar-       Internet-Video unter
                                                                                                                       was sich da abspielt“, kritisiert Schwes-
         kommt, stellt sich ihr der Dorfführer in   tet. Sie untersucht die Schwerverletzte,   missio-hilft.de/hexen   ter Lorena. Schließlich folgt die große

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10-15_Reportage_PAPUA_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 13:17 Seite 6

                                                                                                                                                         VOR ORT

      Gruppe der Schaulustigen, die zu den         Lorena hakt nach: „Stimmt es, dass
      Hexenprozessen eilen, deren Mitgefühl        deine Frau zum elften Mal schwanger
      abgestumpft ist und die nach Schre-          war und im Krankenhaus gestorben
      ckensbildern gieren.                         ist?“ Daniel nickt und blickt auf den
                                                   Boden. Über sechs Wochen hinweg fin-
      Täter ohne Schuldeinsicht                    den mehrere Treffen statt. Schwester Lo-
      Wütend macht Schwester Lorena dieser         rena spricht über die zehn Gebote und
      Hass in der Gesellschaft, aber nicht ohn-    die Nächstenliebe. Margret sei Unrecht
      mächtig. Ganz im Gegenteil: Sie will in      getan worden, Daniel müsse um Verge-
      die Offensive gehen und sich Täter und       bung bitten und Schmerzensgeld zah-
      Folterer vornehmen. Angeregt hat sie         len. Ansonsten würde sie ihn anzeigen
      der Fall von Margret, die den Hexenpro-      und ins Gefängnis bringen. Schwester
      zess überlebt hat. Die beiden führen         Lorena schaut ihn an.
      lange Gespräche, um das Trauma der               Sie ahnt, dass er als Mann in dieser
      Folterungen zu bewältigen. Doch ein          patriarchalen Gesellschaft nicht seine
      normales Leben ist für Margret undenk-       Schuld eingestehen kann. Sie weiß, er
      bar. Die Täter leben ohne Reue und           schämt sich und fürchtet, diese Euro-
      Sühne in ihrem Heimatdorf.                   päerin könne ihn wirklich ins Gefängnis
          Schwester Lorena wagt die gefähr-        bringen. Die Drohbotschaft verfehlt ihre
      liche Mission und will mit dem Anstifter     Wirkung nicht. Er stimmt zu, Schmer-
      und den Folterern sprechen. Als Euro-        zensgeld zu zahlen.
      päerin und Ordensschwester genießt sie           Für Schwester Lorena ist dies ein
      eine gewisse Autorität.                      Meilenstein. Gleichzeitig fürchtet sie,
          „Daniel, es tut mir sehr leid, dass      dass beim nächsten Todesfall in Mar-           sie in die Dörfer und Schulen geht und         Versöhnung
      deine Frau gestorben ist. Sag mir doch,      grets Dorf der Hexenwahn wieder auf-           mit den jungen Menschen spricht, dann          Unermüdlich kämpft
                                                                                                                                                 Schwester Lorena in
      woran ist sie gestorben?“ Daniel, der        flammen könnte. Deshalb will die Or-           kann – so hofft sie inständig – eine Ge-       den Dörfern gegen
      sich selbst als gottesfürchtigen Mann        densfrau mit Spenden aus Deutschland           neration heranwachsen, für die der He-         Gewalt und Hexenwahn.
      bezeichnet, entgegnet: „Sie wurde von        ihr Hilfsprojekt im Kampf gegen diese          xenglaube nur noch ein böses Märchen
      Margret verhext und getötet.“ Schwester      Gewalt ausweiten und aufklären. Wenn           aus vergangenen Zeiten ist.

        HEXENVERFOLGUNG WELTWEIT
                                                                                            Syrien                    Pakistan
                                                                                                          Iran              Nepal

                   Mexiko
                                Haiti
                                                                  Mali      Burkina                                                    Thailand
                                                                            Faso         Tschad          Saudi-
            Guatemala                                                                                    Arabien
                                                                  Ghana                   Zentralafr. Rep.
                                                                                                                   Indien                                   Papua-
                                                                 Benin Nigeria                 Uganda
                                                                                                                                                            Neuguinea
                                                                                      DR       Burundi
                                                                        Gabun         Kongo
                                                                                                  Tansania
                                                                                                                                    Indonesien
                                        Bolivien                          Angola                                                                         Ost-Timor
                                                                                             Sambia

                                                                                             Südafrika

       Quelle: UNHCR,
       deacademic.com

                                                                                                                                                   kontinente 2-2018   15
16-17_Hintergrund_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 02.02.18 10:17 Seite 1

 01                                                    02

 03                                                                 04

                                                                                                                              Fotos: Buchmann; Di Martino (2); Hauschild/Wohn + Stadtbau; KNA-Bild (2)
                                                                     01 Afferden, Niederlande: In der ehemaligen
                                                                        katholischen Dorfkirche beten nun Buddhisten.

                                                                     02 Verduno, Italien: Künstler Valerio Berruti hat sein
                                                                        Atelier in der Kirche San Rocco eingerichtet.

                                                                     03 Aachen, Deutschland: St. Josef wird unter dem
                                                                        Namen „Grabeskirche“ als Kolumbarium genutzt.

                                                                     04 Portichetto di Luisago, Italien: Seit 1966 gibt es
                                                                        in der profanierten Kirche eine Autowerkstatt.

                                                                     05 Münster, Deutschland: Eine Kita mit Innenspiel-
                                                                        platz bietet die ehemalige Sebastiankirche.

                                                                     06 Maastricht, Niederlande: Die frühere Dominika-
                                                                        nerkirche ist mittlerweile eine Buchhandlung.
         16   kontinente 2-2018
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                                                                                                                                              HINTERGRUND

                                                                           Nach der letzten Messe                                        05

                                                                           Ehemalige Kirchen als Restaurants, Buchhandlungen,
                                                                           Ateliers, Autowerkstätten, Banken oder Konzertsäle: Das ist
                                                                           gewöhnungsbedürftig, kommt aber immer häufiger vor. Für die
                                                                           Gläubigen ist es nicht selten ein schmerzhafter Abschied.

                                                                           Südlich von Mönchengladbach ist Anfang
                                                                           Januar der Immerather Dom abgerissen
                                                                           worden – um dem Braunkohletagebau Platz
                                                                           zu schaffen. Mit dem Abriss der neoroma-
                                                                           nischen Basilika ist ein Stück Kirchenge-
                                                                           schichte zu Ende gegangen. Alles, was die
                                                                           Gläubigen mit ihrer ehemaligen Kirche ver-
                                                                           binden, lebt jetzt nur noch in ihren Erinne-   06

                                                                           rungen fort. Ihr traditioneller Ort der Got-
                                                                           tesbegegnung ist verschwunden.
                                                                               Seit dem Jahr 2000 sind in Deutschland
                                                                           mehr als 500 der insgesamt 24 500 katholi-
                                                                           schen Kirchen und Kapellen als Gottes-
                                                                           dienstorte aufgegeben worden. Die häufigs-
                                                                           ten Begründungen: Mangel an Priestern,
                                                                           Gläubigen und Geld. 140 der aufgegebenen
Fotos: Buchmann; Di Martino (2); Hauschild/Wohn + Stadtbau; KNA-Bild (2)

                                                                           Gebäude sind der Abrissbirne zum Opfer
                                                                           gefallen. Als „ultima ratio“ bezeichnet die
                                                                           Deutsche Bischofskonferenz diese Lösung
                                                                           und bevorzugt kirchennahe Nutzungen:
                                                                           etwa, wenn andere christliche Konfessionen
                                                                           den Kirchenraum für die Liturgie überneh-
                                                                           men. Oder wenn karitative Einrichtungen
                                                                           wie Kindertagesstätten oder Altenheime
                                                                           einziehen. Erst wenn eine Kirche per Bi-
                                                                           schofsdekret entweiht wurde, verliert sie
                                                                           ihren sakralen Status. Aus der profanierten
                                                                           Kirche werden das Allerheiligste und die
                                                                           Reliquien geborgen. Anschließend kann die
                                                                           ehemalige Kirche verkauft und völlig anders
                                                                           als bisher genutzt werden. Wie denken Sie
                                                                           über die Umnutzung von Kirchen? Schrei-
                                                                           ben Sie an redaktion@kontinente.org
                                                                                                   Eva-Maria Werner

                                                                                                                                               kontinente 2-2018   17
18_Pinnwand_2-18_H_500.qxp_Hauptheft 01.02.18 13:34 Seite 1

         PINNWAND

         DAS ÄRGERT MICH!

         Altersvorsorge dank Waffenhandel?

         Es geht mal wieder ums liebe Geld. Diesmal sogar um sehr viel Geld:
         Die deutschen Lebensversicherer legen für ihre Kunden jährlich mehr als                                     Post aus ...
         eine Billion (eine Eins mit zwölf Nullen!) Euro an. Sie investieren es für
         90 Millionen Versicherungsverträge – mehr als das Land Einwohner hat!                                       Fidschi
         Der Löwenanteil des Geldes dient der privaten Altersvorsorge. Auf die                     Patricia Mohr,    Die Menschen auf den Pazifik-Inseln
         gesetzliche Rente allein wollen sich die meisten Menschen nicht mehr                          24, ist zur   sind täglich mit den Folgen der
         verlassen. Denn die Gesellschaft altert und die gesetzliche Rentenver-                   Zeit Lehramts-     Erderwärmung konfrontiert. Durch
         sicherung stößt zunehmend an ihre Grenzen. Zusätzlich privat für ein                       studentin in     die Emissionen, vor allem durch das
         gesichertes Einkommen im Alter zu sorgen, scheint deshalb sinnvoll.                       Ludwigsburg.      CO2 in der Atmosphäre, erwärmt
         Wer als Anleger dabei aber auf ethisch-ökologische Kriterien Wert legen                 Als Missionarin     sich das globale Klima. Die Menschen
         will, hat es schwer. Die Verbraucherzentrale Bremen hat 46 Anbieter von                  auf Zeit hat sie   an den Meeren sind davon besonders
         privaten Rentenversicherungen unter die Lupe genommen. Sie kommt                            bei Franzis-    betroffen. Weltweit schmilzen die
         zu dem traurigen Ergebnis, dass nur zwei von ihnen bei Nachhaltigkeits-                   kanerinnen in     Gletscher, dadurch steigt der Meeres-
         kriterien vorbildlich sind. Viele Anbieter verweigerten sogar jegliche                       Indonesien     spiegel an. Ich konnte sehen, dass
         Auskunft darüber, inwieweit Kinderarbeit, Pornographie oder Atomkraft                      gelebt. Jetzt    viele Dörfer auf den Fidschi-Inseln
         bei ihren Kapitalanlagen berücksichtigt werden.                                        berichtet sie von    bereits überflutet wurden. In ihrer
         Im Finanzbereich gibt es (noch) keinen gesetzlichen Standard für Nach-                   einem Jugend-      Not errichten die Bewohner hohe
         haltigkeit. Wenn aber den Anlegern die Auskunft darüber verweigert                       austausch auf      Betonmauern, ganze Dörfer mit ihren
         wird, ob ihr „Ruhegeld“ aus dem Aktienhandel mit Waffen stammt,                             den Fidschi-    Bewohnern werden umgesiedelt. Ein
         wird es Zeit, dass der Gesetzgeber eingreift.     Franz Jussen                                    inseln.   weiteres Problem ist, dass der Boden
                                                                                                                     durch das Salzwasser unfruchtbar
                                                                                                                     wird und so keine Lebensmittel mehr
                                                                                                                     angebaut werden können. Im Februar
                                                                                                                     vergangenen Jahres fegte ein Wirbel-
                                                                                                                     sturm mit Stärke fünf über die Inseln
                                                                                                                     und hinterließ ein Bild der Zerstö-
                                                                                                                     rung – der mächtigste Sturm, der je
                                                                                                                     dort registriert wurde. Der Wiederauf-
                                                                                                                     bau von Schulen und öffentlichen
                                                                                                                     Gebäuden ist immer noch im Gange.
                                                                                                                     Das klingt alles sehr weit entfernt,
                                                                                                                     doch extreme Wetterereignisse wie
                                                                                                                     Starkregen und Stürme häufen sich
                                                                                                                                                              Fotos: Nagle/Getty Images; privat

                                                                                                                     auch bei uns in Deutschland.
                                                                                                                     So ist Deutschland auf dem Klima-
                                                                      IN ZAHLEN                                      Risiko-Index der Umweltschutz-
         Was ärgert Sie?
         Schreiben Sie bitte an:
         Redaktion kontinente                                      857                                               organisation Germanwatch vom 64.
                                                                                                                     auf den 42. Platz vorgerückt. Wenn
         Anton-Kurze-Allee 6                                        Euro monatlich brutto                            viele Fahrrad fahren und öffentliche
         52064 Aachen                                               betrug in Deutschland die
         oder per E-Mail an                                         gesetzliche Altersrente                          Verkehrsmittel nutzen würden, wäre
         redaktion@kontinente.org                                   2016 im Durchschnitt.                            schon einiges gewonnen.

         18   kontinente 2-2018
Objekt_19_25_31-33_korr.qxp_Proprium 30.01.18 13:34 Seite I

                                     Dominikanerinnen                                                         Die Seiten Ihrer
                                                                                                              Ordensgemeinschaft
                                     UNSERE MISSION                                                           in kontinente 02-2018

                                                                                                                         Osterwege

                                                                                                                        Osterwege
                                                                                                                   entstehen im Gehen,
                                                                                                                  wachsen beim Fragen,
                                                                                                                  Zweifeln und Suchen.

                                                                                                                        Osterspuren
                                                                                                                     sind zu entdecken
                                                                                                                        im Gespräch
                                                                                                                         unterwegs
                                                                                                                     mit dem Fremden
                                                                                                                        und Freund.

                                                                                                                     Ostererfahrung
                                                                                                                     wird gesammelt
                                                                                                                 am Grab und am Tisch,
                                                                                                                  in der Bleibe am Weg,
                                                                                                               auch bei verschlossener Tür.

                                                                                                                       Osterglauben
                                                                                                                      wird geschenkt
                                                                                                                    überall dort, wo die
                                                                                                                   Augen aufgehen und
                                                                                                                  die Herzen entbrennen.

                                                                                                                        Paul Weismantel

                      Liebe Leserinnen und Leser,                 als Teil der Natur etwas sehr Tröstliches   fers, der sich nicht scheute, selbst Ge-
                                                                  zu wissen, dass Loslassen, Vergehen,        schöpf zu werden und bis in unsere
                      der Weg als Symbol ist uns vertraut.        Sterben zum Leben führen – zu einem         tiefsten Abgründe hinabstieg. Er ist aus
                      Gerne sprechen wir vom Lebens- oder         neuen Erwachen.                             diesen Abgründen auferstanden und
                      Glaubensweg, von steinigen Wegen,               Die vorösterliche Zeit, die Fasten-     verheißt auch uns allen dieses neue
                      leichten oder schweren Wegabschnit-         zeit, bietet sich uns als ein Wegstück      Leben.
                      ten oder aktuell auch immer wieder          an, dem wir eine ganz persönliche Note          Bei allem, was wir in dieser Ausgabe
                      von verschiedensten Fluchtwegen.            geben können. Wir können zum Bei-           von kontinente mit Ihnen teilen, geht
                      Immer sind mit diesem Wort konkrete         spiel bewusst mehr auf die innere           es um Osterwege, die Freunden, Frem-
                      Erfahrungen verbunden, Erlebnisse,          Stimme hören, um dem Leisen, Un-            den und uns zu mehr Leben verhelfen
                      Begegnungen, die uns geprägt und zu         scheinbaren, Einfachen mehr Raum zu         sollen.
                      dem gemacht haben, was wir heute            geben. Dabei werden wir feststellen,            Wir wünschen Ihnen auf Ihrem
                      sind.                                       dass sich neue Welten auftun, wir           Osterweg neue Osterspuren und -erfah-
  Foto: Bernd Busse

                          Wenn Sie diese Zeilen lesen, berei-     etwas sehen, dass uns beglückt und im       rungen, die zu einem Osterglauben füh-
                      tet sich die Natur auf das jährliche Auf-   Innern froh macht. Diese kleinen Blu-       ren, der unsere Herzen brennen lässt.
                      erstehen vor, erste Zeichen davon wer-      men am Lebensweg sind ein Geschenk,
                      den sehnsüchtig erwartet. Es ist für uns    das Geschenk eines liebenden Schöp-                        Ihre Dominikanerinnen

                                                                                                                              Dominikanerinnen 2-2018   I
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          ARENBERGER DOMINIKANERINNEN

          Im Anfang war das Wort
          Die ersten Tage eines neuen Jahres beginnen die Schwestern                                                     Dominikanerin die Antwort auf den Ruf
          in Bolivien stets damit, gemeinsam inne zu halten und auf das                                                  ist, mit dem Christus sie ruft. Gleich-
          Wort Gottes zu hören. Es war zu Anfang der Schöpfung und es                                                    zeitig hat auch die Gemeinschaft die
          soll auch zu Beginn des neuen Jahres stehen, um so das Jahr                                                    Verantwortung, zu schauen und zu spü-
          zu prägen.                                                                                                     ren, ob es der Weg der jungen Frau ist.

          In Bolivien beginnt das neue Jahr für       haben uns viel Kraft gegeben. Wir kön-                             Große Freude auf allen Seiten
          die Schwestern mit einer Zusammen-          nen nun mit unserer Aufgabe fortfah-                               Natürlich war auf allen Seiten die
          kunft in Comarapa. Da im Januar Ferien      ren, das Evangelium in einem Land mit                              Freude groß, dass Schwester Maria
          sind, ist es möglich, dass alle im Regio-   vielen Konflikten zu verkünden.“                                   Selva ihre Profess erneuerte und so
          nalmutterhaus zusammen kommen                                                                                  ihren Weg als Dominikanerin weiter-
          und die erste Woche des Jahres gemein-      Dem Ruf Gottes folgen                                              geht und dass Seiko immer weiter ein-
          sam verbringen. Die Tage beginnen mit       Diese Erfahrung bestärkte auch                                     taucht in das Leben der Gemeinschaft.
          der sogenannten Beterinnenwahl am           Schwester Maria Selva, am Ende der                                     Die Professerneuerung sowie die
          Nachmittag des 1. Januar. Das Wort          geistlichen Tage ihre Profess zum vier-                            Postulatsaufnahme bildeten das Ende
          „Wahl“ mag hierbei ein bisschen irre-       ten Mal für ein Jahr zu erneuern. Wäh-                             der gemeinsamen Tage in Comarapa
          führend sein, denn die Schwestern           rend der Messe, die P. Flaminio in der                             und die Schwestern kehrten zurück
          wählen ihre jeweilige Beterin nicht nach    Kapelle des Konventes in Comarapa mit                              nach Saipina, Santa Cruz und Cocha-
          ihren persönlichen Vorlieben, sondern       den Schwestern feierte, versprach sie                              bamba, um sich ihren Aufgaben zu wid-
          das Los entscheidet, wer im neuen Jahr      in die Hände der Regionalpriorin,                                  men. Der traditionelle Beginn des
          füreinander betet. Das bringt die           Schwester Rosa Maria, Armut, gottge-                               neuen Jahres auf diese Weise stärkt den
          Schwestern auf besondere Weise einan-       weihte Keuschheit und Gehorsam für                                 Zusammenhalt der Gemeinschaft in Bo-
          der näher.                                  ein Jahr. In der gleichen Feier wurde                              livien und kann als Wegweiser für das
                                                      auch die Kandidatin Seiko ins Postulat                             ganze Jahr verstanden werden. Indem
          Tage, die viel Kraft geben                  aufgenommen. Damit wagt sie nach                                   sich die Schwestern vor allem anderen
          Am 2. Januar beginnen dann traditio-        einem Jahr der Kandidatur einen wei-                               dem Wort Gottes zuwenden, kann das
          nell die Exerzitien. Für eine Woche zie-    teren Schritt auf ihrem Weg der Nach-     Neue Schritte            Wort, das an Weihnachten in Jesus
          hen sich alle zusammen in die Stille zu-    folge Christi und hat die Gelegenheit,    Schwester Maria Selva    Christus Fleisch geworden ist, seine
          rück, um gemeinsam auf das Wort             im kommenden Jahr als Postulantin         und Postulantin Seiko    Spuren im neuen Jahr legen.
                                                                                                betreten zu Beginn
          Gottes zu hören. In diesem Jahr wurde       immer mehr ein Gespür dafür zu be-        des Jahres einen neuen
          die Gemeinschaft durch den Karmeliten       kommen, ob das Leben als Arenberger       Wegabschnitt.                          Sr. Kerstin-Marie Berretz
          P. Flaminio Benítez Ortiz begleitet, der
          täglich Impulse gab, die Messe mit den
          Schwestern feierte und bereit stand, um
          im persönlichen Gespräch einen neuen
          Blick auf die Realität zu eröffnen oder
          das Sakrament der Versöhnung zu
          spenden.
              Thematisch orientierte sich P. Fla-
                                                                                                                                                                   Fotos: Arenberger Dominikanerinnen

          minio an den Konstitutionen der Ge-
          meinschaft und brachte gleichzeitig
          immer wieder das Gespräch auf den V.
          Amerikanischen Missionskongress in
          Santa Cruz, bei dem im Juli diesen Jah-
          res über 3 000 Teilnehmer aus ganz
          Amerika erwartet werden. Schwester
          Rosa Maria sagt über die Exerzitien:
          „Diese Tage waren eine große Hilfe und

          II   Dominikanerinnen 2-2018
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      Aktion „Essensbon“                                                                                                 Heilende Liebe
                                                                                                                         Am 10. April 1868 wurde die Gemein-
                                                                                                                         schaft der Schwestern der heiligen Ka-
                                                                                                                         tharina von Siena im Orden des heiligen
                                                                                                                         Dominikus in Arenberg gegründet und
                                                                                                                         Mutter M. Cherubine prägte sie im Sinn
                                                                                                                         der heilenden Liebe. DominikanerAus
                                                                                                                         Dankbarkeit für die vergangenen 150
                                                                                                                         Jahre mit allem, was in ihnen passiert
                                                                                                                         ist, feiert die Gemeinschaft fast ein Jahr
                                                                                                                         lang. Am 2. Februar wird das Jubilä-
                                                                                                                         umsjahr in den Konventen eröffnet und
                                                                                                                         am Todestag der Gründerin, dem 18.
                                                                                              Lecker! In der Küche       Dezember, geschlossen. In diesem Jahr
                                                                                              des Colegios werden        begibt sich die Gemeinschaft auf Spu-
                                                                                              die nahrhaften Mahl-
                                                                                                                         rensuche, um von ihren Wurzeln her
                                                                                              zeiten von Frauen aus
                                                                                              der Nachbarschaft zu-      den Auftrag der heilenden Liebe für
                                                                                              bereitet.                  heute neu zu verstehen.
      Ein Sprichwort sagt: „Ein voller Bauch      mehr als 120 Schüler auch diese fünf                                        Ein wichtiger Meilenstein wird
      studiert nicht gern.“ Wer jedoch mit        Euro nicht aufbringen. Da aber nie-                                    dabei der fünfwöchige Pilgerweg von
      einem leeren Magen lernen soll, dem         mand mit leerem Magen in der Schule                                    Schwyz nach Arenberg. M. Cherubine
      fällt es ziemlich schwer, sich zu kon-      sitzen soll, kön-nen selbstverständlich                                war vor 150 Jahren in dem kleinen Ort
      zentrieren. In allen unseren Kindergär-     auch diese Schülerinnen und Schüler                                    in der Schweiz aufgebrochen und an
      ten, Kindertagesstätten und in den          am Mittagessen teilnehmen. Das be-                                     das Deutsche Eck gekommen. Schwes-
      Schulen gibt es daher den „Comedor“,        deutet allerdings, dass die Schwestern                                 tern, Mitarbeitende und Freunde der
      den Mittagstisch für die Schülerinnen       dringend auf Unterstützung angewie-                                    Gemeinschaft werden zu Fuß unter-
      und Schüler. Im Colegio Santa Rosa de       sen sind, um die Kosten für das Mittag-                                wegs sein, um der heilenden Liebe auf
      Lima in Santa Cruz kommen so Mittag         essen für alle zu decken.                                              die Spur zu kommen. Die Pilger werden
      für Mittag 280 bis 300 Schülerinnen und         Daher haben die Schwestern bereits                                 am 22. Juni in Arenberg erwartet, wo
      Schüler zum Mittagessen, um sich zu         im letzten Sommer in Deutschland die          Informationen            dann das große Jubiläumswochenende
      stärken und um so gut lernen und sich       Aktion „Essensbon“ gestartet. Für je-            zum Jubiläumsjahr     gefeiert wird. Zu dieser Gelegenheit und
      entwickeln zu können. Für viele von         weils fünf Euro erwirbt man sozusagen         und das gesamte Pro-     dem anschließenden Zwischenkapitel
                                                                                                 gramm gibt es unter
      ihnen ist das die einzige Mahlzeit am       einen Essensbon, der wiederum das                                      werden auch einige Schwestern aus Bo-
                                                                                                   www.arenberger-
      Tag, da die Familien so arm sind, dass      Mittagessen für ein Kind für eine Woche       dominikanerinnen.de      livien anreisen.
      sie sich schlicht kein Frühstück und        finanziert. Der Käufer des Bons tut aber                                                Sr. Kerstin-Marie Berretz
      Abendessen leisten können.                  nicht nur den Schülerinnen und Schü-
          Deswegen ist es wichtig, dass das       lern etwas Gutes, sondern jeder Bon
      Mittagessen aus einer ausgewogenen          nimmt einmal im Jahr an einer Verlo-
      Mahlzeit besteht. So gibt es täglich für    sung teil, bei der ein Wochenendauf-
      alle, die kommen, eine Suppe, ein           enthalt in Kloster Arenberg gewonnen
      Hauptgericht, ein kleines Dessert und       werden kann. Ein Essensbon kann ganz
      einen Becher Getreidemilch. Alles wird      einfach auch per Überweisung erwor-
      in der Küche der Schule von Frauen aus      ben werden: Mindestens fünf Euro auf
      der Nachbarschaft, die so eine Stelle ge-   das Missionskonto mit dem Stichwort
      funden haben, zubereitet und gekocht.       „Essensbon“ und der eigenen Adresse
      So gibt es ein frisches und gesundes        überweisen und schon ermöglicht man
      Essen, das aus regionalen und saison-       einem Kind eine Teilnahme am Mittags-                     Prägend
      alen Produkten hergestellt wird.            tisch für eine Woche und nimmt an der          Mutter M. Cherubine
                                                                                                     Willimann, deren
          Die Teilnahme am Comedor kostet         jährlichen Verlosung teil.                    Leben die Überschrift
      pro Kind fünf Euro, jedoch können                           Sr. Kerstin-Marie Berretz     „Heilende Liebe“ trug.

                                                                                                                                          Dominikanerinnen 2-2018   III
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                                                                              MISSIONS-DOMINIKANERINNEN NEUSTADT

                                                                              DEUTSCHLAND

                                                                              Villa Maria – geliebte Heimat
                                                                              40 Jahre lang war die Villa Maria in Johannesburg für die Schwestern eine geliebte
                                                                              und geschätzte Heimat. Im Oktober 2017 wurde sie verkauft.

                                                                              Schon im November 2017 haben neue           der herrschenden Gewalt zur Gefahr für     Morgenstimmung Die
                                                                              Eigentümer das Haus in Besitz genom-        die Bewohnerinnen entwickelt hatten,       Schwestern schätzten
                                                                                                                                                                     besonders den wunder-
                                                                              men: Villa Maria in Johannesburg war        verlangten den Umzug der noch dort         baren Ausblick von Villa
                                                                              für einige Jahre Provinz- und Novizi-       wohnenden Schwestern.                      Maria über die Stadt.
                                                                              atshaus, und ein Platz, an dem zahl-            Zwölf Schwestern, Vertreterinnen
                                                                              reiche Schwestern, Gäste aus Übersee        der Kongregationsleitung und der loka-
                                                                              und solche, die die benachbarten Kran-      len Kommunität Gauteng-Bloemfontein,
                                                                              kenhäuser aufsuchen mussten, all die        kamen am 27. Oktober 2017 in Villa
                                                                              Jahre über in der Kommunität herzlich       Maria zur letzten Eucharistiefeier zu-
                                                                              willkommen waren.                           sammen. P. Mariano Gonsalves von den
                                                                                                                          Comboni-Missionaren zelebrierte die
                                                                              Anlaufstelle für Suchende                   heilige Messe. Lesungen und Gesänge
      Fotos: Missions-Dominikanerinnen Neustadt (3); Institut St. Dominikus

                                                                              Zudem war Villa Maria Anlaufstelle für      waren sorgfältig ausgesucht worden,
                                                                              Hilfe suchende Menschen. Von Villa          und die Schwestern teilten einander ihre
                                                                              Maria aus besuchte Schwester Anne           Betrachtungen zu Salomos Gebet aus
                                                                              Thölking Menschen in dem Altenheim,         dem 1. Buch der Könige mit; es erinnert
                                                                              das früher unser Entbindungsheim Ma-        uns an das Gebot der Liebe, zudem
                                                                              rymount war, koordinierte Schwester         daran, dass der Herr seine Versprechen
                                                                              Justina Priess die Hilfe für Flüchtlinge,   hält und sich der Sache seines Volkes
                                                                              engagierte sich Schwester Josefine          weiter annimmt. Die Hausgemeinschaf-
                                                                              Robecke in der Hilfsorganisation „Vin-      ten Emmanuel, Koinonia (beide Johan-
                                                                              cent de Paul“ und wirkte Schwester          nesburg), Villa Assumpta (Pietermaritz-
                                                                              Lidia Danyluke in Flüchtlingsarbeit         burg) und Magaliesburg haben jeweils
                                                                              und Sozialengagement. Alle, die in          eine der Schwestern bei sich willkom-
                                                                              dem Haus gelebt haben, werden die           men geheißen. Gott segne euren Ab-
                                                                              Villa vermissen, die Geräumigkeit und       schied und Neuanfang!                      Schwesterngruppe vor Villa Maria: ganz vorn rechts: Sr. Paula-Mary
                                                                              das Innenleben des Hauses, die Umge-                   Sr. Eva-Angelika Herbst OP      van der Walt, Mitte vorn Sr. Prudence Cooper, v.li. Anne Thölking, Jose-
                                                                                                                                                                     fine Robecke, Clarina Marquart, Celia Smit, Hildegunde Runne, Justina
                                                                              bung, der herrliche Ausblick über die       nach einem Bericht aus Südafrika und       Priess; ganz hinten: Sr. Ann-Maureen Yazbek, Angela Sutton, Marie-
                                                                              Stadt – aber Umstände, die sich wegen       www.kloster-neustadt.net                   Bernard Jean-Louis.

                                                                              IV   Dominikanerinnen 2-2018
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