Dresden-Gorbitz Leben in der Landschaft - Eine Extra-Ausgabe der "Gorbitzer Nachrichten" zum 40. Jubiläum der Grundsteinlegung von Neu-Gorbitz am ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Dresden-Gorbitz Leben in der Landschaft Eine Extra-Ausgabe der „Gorbitzer Nachrichten” zum 40. Jubiläum der Grundsteinlegung von Neu-Gorbitz am 21.08.2021
40 Jahre Neu-Gorbitz – 40 Jahre leben in der Landschaft Im Jahr 1972 beschloss der Rat der einheimische Hofbäume, eine grü- nem Kino, 3 Glaubenshäusern, Stadt Dresden die Errichtung einer ne Aue am Gorbitzbach, Straßen- 2 Seniorenheimen und weiteren Großwohnsiedlung in Gorbitz und bäume, Fliederhöfe, Plastikgärten, Angeboten für Seniorinnen und schrieb dazu einen Ideenwettbe- Zierkirschen Alleen und begrünte Senioren, 4 Sportvereinen, ei- werb zur Entwicklung des Gebie- Gebäudegiebel vorgesehen. ner freiwilligen Feuerwehr, 2 tes aus. Eine ganze Reihe finan- Einkaufszentren, 10 Kaufhallen zieller und fachlicher staatlicher Heute erleben die Einwohnerin- sowie Fachmärkten. Regeln und Vorgaben des DDR- nen und Einwohner von Gorbitz Zahlreiche Gorbitzer Einwohne- Bauwesens gab es auch in Gorbitz ihre Siedlung als einen guten Ort rinnen und Einwohner engagieren einzuhalten. Die Gorbitzer Häuser zum Wohnen, Leben und Erholen. sich bei der Nachbarschaftshilfe, in durften z. B. nur errichtet werden, Ein Stadtteil mit guten Bildungs- fachlichen und politischen Gremien wenn am Tag der am tiefsten ste- und Betreuungseinrichtungen, und Netzwerken, tatkräftig unter- henden Sonne des Jahres (21.12.) mit dem meisten Grün innerhalb stützt vom Quartiersmanagement mindestens 2 Stunden Sonnenlicht eines Stadtteils der Stadt Dresden. Gorbitz, von soziokulturellen Part- ins Wohnzimmer scheinen konnte. Ein Stadtteil (eine Kleinstadt), nern, der Stadt Dresden, dem Land Wege zwischen Wohnhäusern und mit sehr gutem ÖPNV Angebot Sachsen, dem Bund und leben Kindergärten durften nicht über und komplettem 30kmh-Gebot, gerne in ihrer großen Siedlung. große Straßen führen, die Gebäu- mit ca. 30 Fachärzten, 11 Kitas, de von Kindergärten und Schulen 8 Schulen, 4 Horten, 7 Kinder- Jürgen Czytrich waren in sicherem Abstand von und Jugendeinrichtungen, ca. 20 Verkehrswegen zu errichten und Angeboten für Hilfe, Beratung Impressum: 2% der Bausumme des gesamten und Unterstützung, einer Jobbör- „Leben in der Landschaft“ Extra-Ausgabe der Gorbitzer Nachrichten Wohngebietes waren für Kunst- se, einer Bildungsberatungsstelle, August 2021 werke bzw. künstlerische Gestal- einer Volkshochschule, einer Gefördert mit Mitteln des tungen zu verwenden. Bibliothek, einem Klub mit eige- Programms „Soziale Stadt” Verantwortlich für Inhalt, Satz und Redaktion Am 21. August 1981 wurde in (gem. § 55 Abs. 2 RStV): Jürgen Czytrich, Espenstraße 5, Gorbitz die 1. Großplatte gesetzt. 01169 Dresden, info@omse-ev.de Im Jahr 2021 leben in Gorbitz ca. Die Gorbitzer Nachrichten sind ein Projekt 20.000 Einwohnerinnen und Ein- des Omse e.V., Espenstraße 5, 01169 Dresden wohner in ca. 12.500 Wohnungen. Telefon: 0351 413 90 17 E-Mail: info@omse-ev.de Vertreten durch: Das Konzept der Freiflächenge- Kerstin Reetz-Schulz, Andreas Schaefer staltung „Gorbitz – Leben in der Eingetragen im Vereinsregister. Landschaft“ wurde ab 1982 zur Registergericht: Registernummer: 359 Information aller Einwohnerinnen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach §27a Umsatzsteuergesetz: DE 169 148 395 und Einwohner in den Gorbitzer Die „Gorbitzer Nachrichten” und alle darin Hauseingängen ausgehängt. Es enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich beschrieb die Entwicklung der geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung, Verbreitung, – auch auszugsweise – von Freiflächen zwischen und hinter Inhalten, Abbildungen und gestalteten An- den Gorbitzer Häusern. zeigen in elektronischen Medien ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers In möglichst natürlich verlaufen- zulässig. den Geländesituationen wurden
Sternzeit durch eine hölzerne Wasserleitung ins Dresdner Schloss geleitet. Seit 1685 wird in Dresden Kaffee (in Apotheken) verkauft, ab 1708 stellt Johann Friedrich Böttger Porzellan her, 1872 rollt die erste Pferdestraßenbahn, 1837 beginnt die Personendampfschifffahrt, 1839 eilt die erste Eisenbahn von Dresden nach Leipzig, 1895 wird in Dresden die elektrische Beleuchtung eingeführt, das erste Auto fährt in Dresden und 1907 wird die erste öffentliche Telefonzelle bestaunt. Seit 1976 werden Heimcomputer verkauft, 1981 war Grundsteinlegung für Schauen wir in den Himmel, se- gehört. Von ca. 3.000 bis 1.800 das Neubaugebiet Gorbitz, 1991 hen wir einen Teil der Sterne und vor unsrer Zeitrechnung bevöl- begann weltweit die öffentliche Planeten, die eine Galaxie bilden. kerten Steinzeitmenschen auch Nutzung des Internet, Facebook In dieser Galaxie existieren ca. die Gorbitzer Region, danach die entstand im Jahr 2004. 200 Milliarden Planeten und ca. Illyrer. Zwischen 400 und 0 v. u. In rund fünf Milliarden Jah- 200 Milliarden Sterne. Die Zahl Z siedeln sich germanische Stäm- ren geht unser Sonne langsam der Galaxien in diesem Uni- me der Sueber an. Die Germanen der Brennstoff aus. Dann bläht versum beträgt ca. eine Billion. ziehen um 400 u. Z. westwärts sich die Plasmakugel vor unse- Entstanden ist dieses Universum weiter – ab ca. 600 u. Z. leben rer Haustür zu einem noch viel vor ca. 13 Milliarden Jahren. Die hier, aus Osteuropa stammend, größeren Feuerball auf, einem Sonne ist ca. 4,6 Milliarden Jahre slawische Sorben. Heinrich I. Roten Riesen. Erst schluckt dieser alt, die Erde, die sich mit einer dehnt das Herrschaftsgebiet des den Merkur, dann die Venus und Geschwindigkeit von ca.107.000 deutschen Königs weiter nach Os- schließlich auch die Erde. Kilometern pro Stunde um die ten aus. Ab 968 u. Z. gehört auch Bis dahin also ist noch Zeit. Sonne dreht, ist ca. 4,5 Milliar- unsere Region zum deutschen Jürgen Czytrich den Jahre jung. Vor ca. 3,6 Mrd. Reich – Land Jahren bildeten sich auf der Erde und Leute sind Bakterien an heißen Quellen nun Eigentum und bereiteten der Entwicklung des Königs. Die von Flora und Fauna deren Weg. Masse der bishe- Beginnend vor ca. 300 Millionen rigen Bewohner Jahren lebten auf unserer Erde ca. wird verliehen 165 Millionen Jahre lang Saurier. oder verschenkt. Der Mensch, Homo sapiens, latei- Im Jahr 1206 nisch „verstehender, verständiger“ werden Dres- oder „weiser, gescheiter, kluger, den und Gorbitz vernünftiger Mensch“, existiert erstmalig urkund- seit ca. 300.000 Jahren und ist lich erwähnt. Im nach der biologischen Systematik Jahr 1400 leben eine Art der Gattung Homo aus in Dresden 4.300 der Familie der Menschenaffen, Menschen, 1584 die zur Ordnung der Primaten und wird Wasser aus damit zu den höheren Säugetieren Gorbitzer Quellen Gorbitzer Felder, 1948, heute Neu-Gorbitz / Quelle: Deutsche Fotothek
Gedanken einer Gorbitzerin zum 40. Jubiläum der Grundsteinlegung Am 21. August 1981 war es endlich soweit. Die Medien feierten das Ereignis gebührlich. Und auch die Dresdner waren hocherfreut. War doch die Wohnungsnot in der DDR allgemein bekannt. Das kurz zuvor entstandne Neubaugebiet im Stadtteil Prohlis reichte nicht aus. Ein noch größeres sollte entstehen. Auch wir, mein Mann und ich, waren auf Wohnungssuche. Durch die Ge- burt unserer Tochter 1980 ist unsere Familie gewachsen. Nur, wie sah es damals in der DDR aus? Die weni- gen Wohnungen, die zur Verfügung standen, wurden zentral oder durch die betrieblichen Wohnungskommis- verstarb sie im September des glei- Nur tat sich danach wieder nichts. sionen vergeben. chen Jahres. Also musste aus unserer Sicht die Dies lief über ein kompliziertes Dringlichkeit durch eine weitere Mein Freund wollte nicht, dass ich Dringlichkeitsverfahren. Als Ledige Schwangerschaft erhöht werden. Das zu ihm ziehe. Er war Student, wollte hatte man da kaum Chancen. Trotz- half. Im Juni 1982 erhielten wir die seine Ruhe für das Studium, wie er dem stellte fast jeder mit 18 Jahren Zuweisung für eine 4-Raum-Woh- einen Wohnungsantrag, denn die betonte. Also blieb ich bei meinen nung ohne Balkon im neu entste- Wartejahre spielten auch eine Rolle. Eltern wohnen. Erst nach der Hoch- henden Neubaugebiet Gorbitz. Die Auch ich ging genau an meinem 18. zeit im August 1979 zog ich zu mei- Freude war groß. Geburtstag in meinem Ausbildungs- nem Mann. Der Hausbesitzer hatte ein Jahr zuvor das 6-Familienhaus an Die AWG-Anteile (Arbeiter-Woh- betrieb zur Wohnungskommission die KWV (kommunale Wohnungs- nungs-Genossenschaft) von 2400 und stellte einen Antrag auf eigenen verwaltung) verschenkt. Der Zustand DDR-Mark waren unsererseits Wohnraum. des Daches wurde immer schlimmer bereits eingezahlt. Die geforderten Als ich im Juni 1975 meinen spä- und die Wohnung immer feuchter. Arbeitsleistungen von 850 Stunden teren Mann kennenlernte, wohnte hatten wir mit 375 Stunden teilwei- er noch bei seinen Eltern und ich Unsere Tochter kam mit 6 Monaten se geleistet. Mein damaliger Mann bei meinen. Beide hatten wir noch in die Kinderkrippe. Bedingt durch arbeitete im VTKD (Verkehrs- und einen jüngeren Bruder, mit dem wir den schlechten Zustand der Wohnung Tiefbaukombinat Dresden). Der uns ein Zimmer teilen mussten. Der wurde sie oft krank. Manchmal sogar Betrieb war am Aufbau von Gorbitz Wohnungsantrag meines damaligen zweimal monatlich. Der Betrieb beteiligt. Dadurch hatten wir die Freundes lief bereits 2 Jahre. Er war legte mir nahe, sie Krippe-untauglich Möglichkeit, die restlichen 475 Stun- halt 2 Jahre älter. Im März 1976 hatte schreiben zu lassen. Zum Glück den in Wohnnähe abzuleisten. Wir er das Glück, dass er in Freital-Deu- war die Kinderärztin dagegen und kümmerten uns mit um den Anstrich ben in einem Privathaus eine kleine empfahl in einem Schreiben an den der neuen Brückengeländer über den 2-Raum-Dachgeschoss-Wohnung Betrieb, uns eine trockene Wohnung Gorbitzbach. Dabei konnten wir auch ohne Bad und mit Plumpsklo außer- zu vermitteln. Auch die Jugendfür- gleich die geforderten VMI-Stunden halb der Wohnung beziehen konnte. sorge (heute Jugendamt) reagierte (Volksmassen-Initiative) in Höhe von Da das Dach kaputt war, war die ähnlich. Nichts half. Im September 10 Stunden pro Jahr absolvieren. Au- Wohnung nass. Das Schlafzimmer 1981 gingen wir absichtlich nicht zur ßerdem mussten wir noch 40 Mark war bereits baupolizeilich gesperrt. Kommunalwahl. Wir warteten, bis für die Wannenverkleidung und 116 Eine Außenwand war schwarz vor es an unserer Wohnungstür klingelte. Mark für ein 2. Waschbecken in der Schimmel. Im Erdgeschoss des Man versprach uns zu helfen und wir Diele bezahlen. Dieses war in größe- Hauses wohnte seine Oma. Leider steckten den Zettel in die Wahlurne. ren Wohnungen gleich eingebaut.
Gedanken einer Gorbitzerin zum 40. Jubiläum der Grundsteinlegung Endlich hatten wir eine trockene und bepflanzten, Schuttberge in den Wohnung mit Bad nebst Wanne und Innenhöfen den Kindern als Rodel- fließend warmes Wasser aus der hügel. Meine sechs Kinder sind in Wand. Wir waren überglücklich. Der Gorbitz in die Schule gegangen und fehlende Balkon störte uns gar nicht. groß geworden. Für mich persönlich Als wir das erste Mal unser großes ist es das größte Glück, dass ich in Wohnzimmer betraten, fanden wir Gorbitz die Liebe meines Lebens in der Mitte des Zimmers, schön gefunden habe. Ich bin so froh und zusammengefaltet, eine DDR-Fahne dankbar darüber. vor. Sie sollte an den Feiertagen, wie Gorbitz ist ein attraktiver Stadtteil 1. Mai und 7. Oktober (Gründung geworden. Die Wohnungen wurden der DDR), straßenseitig auf gehan- nach der Wende nach und nach sa- gen werden. Keiner im Haus kam niert. Kulturell gibt es für alle Alters- dieser Aufforderung nach. Als wir klassen vielseitige Angebote. Sogar im Januar 1990 aus der Wohnung Sportplätze für Senioren wurden auszogen, legten wir die Fahne wie- errichtet. Viele Organisationen, Ver- der dorthin, wo wir sie vorgefunden und Bäume gepflanzt. Jetzt im Jahr eine und Initiativen sind in Gorbitz hatten. 2021 sind die Bäume schön groß sesshaft geworden. Wer will, kann und dienen als Schattenspender und Wie alle nahmen wir am Anfang jederzeit aktiv an der Gestaltung für Vögel als Nistplatz. Die Kin- den Dreck und Staub auf der Straße seines Wohngebietes mitwirken. Die der haben viel Raum zum Spielen und im Hof in Kauf. Es gab weder Möglichkeiten sind vielfältig. Ich und Erwachsenen können auf dem Bäume noch Wiese. Nur Bauschutt, fühle mich hier wohl und möchte das Rasen ein Sonnenbad nehmen und Kies und Sand. Die Anschaffung Wohngebiet nicht mehr verlassen. abends grillen.Im Winter dienen die von Gummistiefeln war für jeden Barbara Müller ehemaligen, inzwischen begrünten oberstes Gebot. Im September 1982 erlebte ich in Gorbitz einen Sand- sturm. Zum späten Nachmittag bahne sich ein Sommergewitter an. Dunkle Wolken erschienen am Him- mel. Wie so oft kündigte vorher ein heftiger Sturm das folgende Gewit- ter an. Da Bäume und Wiese noch fehlten, hatte der Wind eine breite Angriffsfläche. Ich wohnte in der Braunsdorfer Straße in der vorletzten Etage. Zum Glück schloss ich rasch die Fenster. Nur wenig später konnte ich das Haus vom Asternweg gegen- über nicht mehr erkennen. So sehr wirbelte der Sturm Bauschutt, Kies und Sand in die Höhe. „Ich muss nicht in die Wüste reisen, um einen Sandsturm zu erleben. Das habe ich in Gorbitz auch“ war mein Kom- mentar dazu. Heilig Abend 1982 wurde unsere 2. Tochter geboren. Alles war perfekt. Im Frühjahr 1983 wurde endlich Mutterboden angefahren, Gras gesät
Mit Hubschraubern zur Häuserfabrik Die Betriebszeitung der Dresdner Bau- und Ausbaubetriebe „Das Der Elektro-Express trägt uns Fundament“ veröffentlichte 1965 pünktlich zu unsrem Ziel. Wir eine Artikelserie zum Thema: sind am Strandrand von Plasta. „Wie stellen wir uns das Bauen Ein Lufttaxi bringt uns in die 40 Jahre später vor“: bezaubernd schöne Innenstadt. Überrascht betreten wir kurz da- rauf eines der Häuser in der Son- „Für den Menschen nenstadt. Mitten in der Großstadt des Jahres 1960 ist die Plasta duftet es nach frischem Zukunft kein unlösba- Grün, als würde man auf einem res Rätsel mehr. Mit Waldweg spazieren gehen. Un- Tatendrang und voller sere Schritte werden von Matten Wissensdurst strebt er aus Vinylchlorid gedämpft. Der ihr entgegen. Wir wol- Hausflur ist ein Wintergarten, der len eine der Städte be- wie der gesamte Wohnkomplex suchen, die noch auf aus einer Klimaanlage beschickt keiner Karte stehen. wird. Sämtliche Wohnungen sind Ein Rollbürgersteig mittels Rohrpostleitungen an ein befördert uns direkt zentrales Versorgungssystem an- zur Abfertigungshalle geschlossen. In Spezialbehältern des Flugbahnhofs. werden vorbestellte Waren des Wenig später haben täglichen Bedarfs, Speisen und wir in der Kabine frische Wäsche in die Wohnun- eines Helikopters gen angeliefert; Schmutzwäsche, Platz genommen. Thermosgefäße und andere Dau- Vom Landeplateau der erverpackungen ebenso wieder Häuserfabrik bietet zurückgeführt. Wo sich vorher sich ein imposantes Bild. Die großformatige Verbundplatten Mietskasernen drängten, entste- Älteren reiben sich erstaunt die von hoher Tragfähigkeit treten hen grüne Inseln. Die alten Fas- Augen. Es ist kaum zu glauben, sie bald ihren Siegeszug über die saden werden durch die Bauteile dass wir uns mitten auf dem Ge- Bauplätze der Welt an. Die fried- aus Kunststoffen aufgelockert. lände einer Fabrik befinden. Man liche Entwicklung von Wissen- Fluoreszierende Farben lassen die möchte eher annehmen, der Pilot schaft und Technik, besonders die einst grauen Fassaden leuchten hätte sein Ziel verfehlt und uns in Ausnutzung der Kerntechnik und und schaffen einen harmonischen einen herrlichen grünenden Park die sprunghafte Ausdehnung der Übergang zu den Neubauten. Die gebracht. Ein schnittiges Auto chemischen Industrie, vervielfa- alten Fassaden sind nun ihres kit- nimmt uns auf. Es hat die Form chen das Entwicklungstempo der schigen Kulissenzaubers beraubt. eines tausendfach vergrößerten Gesellschaft. Tropfens. Die Karosserie verjüngt Gewaltige Bauvorhaben warten sich nach hinten. Am Schluss Gerade schwenkt ein ferngesteu- auf den Schöpfergeist des Men- ähnelt sie fast dem Schwanz eines erter Hubschrauber ein, der die schen. Nicht nur der Bau neuer Düsenflugzeuges. Wohnraumzelle unter sich trägt. Städte, sondern die Umgestaltung Die Montage dieses Fertigteils der Natur zum weiteren Nutzen Wir sind auf dem Bauplatz der aus der Luft beginnt sich erst des Menschen, stehen auf dem neuen Stadt angelangt. In der durchzusetzen. Jene, die noch vor Programm unserer und kommen- Halle, die wir nun betreten, fallen einigen Jahren nur eine Montage der Generationen.“ uns wabenartige Platten auf. Sie der Wohnraumzellen mit Kranen bestehen, wie wir uns erklären für möglich halten, wurden inzwi- lasen aus Polyesterharz. Als schen eines besseren belehrt.
Das Bauen mit vorgefertigten Teilen hat eine langjährige Geschichte Das Bauen mit vorgefertigten Teilen hat eine langjährige Ge- schichte Sie begann mit der Vorfertigung von Holzhäusern, gefolgt von Kon- struktionen aus Gusseisen, Stahl und vorgefertigten Betonelementen. Die ersten Nachrichten über den Einsatz handwerklich vorgefertig- ter Holzhäuser stammen aus dem Holzhaussiedlung Dresden Stetzsch, errichtet 1927 12. Jahrhundert. In einem Bericht mittels einfacher Verbindungstech- der O-Djo-Ki aus Japan wird eine nik montiert wurden. zerlegbare und auf zwei Hand- karren transportierbare Holzhütte Die Verwendung von Metall als beschrieben, die 3 x 3 Meter groß Baumaterial wurde erstmals 1617 ist. Sie wurde in leichter japani- beschrieben. Gegen Ende des scher Bauart mit Haken und Ösen 18. Jahrhunderts wurden in Eng- zum Verriegeln der Wandplatten land bereits große Fabriken mit hergestellt. Innenstützen und Deckenträgern Die nächste Überlieferung bezieht aus Gusseisen und Geschoss ho- sich auf Leonardo da Vinci, der hen Fassadenelementen gebaut. 1494 und 1497 zerlegbare Gar- Im Jahr 1845 berichtete die „All- tenpavillons in Tafelbauweise gemeine Bauzeitung” über die aus entworfen hat. Kugelhaus Dresden, 1928 Metall vorgefertigten Häuser des Das alte Russland war ein Holz belgischen Ingenieurs Delaveleye. häuser von Handwerksbetrieben Beschleunigend auf die Produktion reiches Land. Bereits im 16. und an Fabriken mit Maschinen über. 17. Jahrhundert gab es dort hand- von gusseisernen Häusern wirkte Beispiele dafür sind die Firma seit 1848 der massenhafte Bedarf werklich vorgefertigte Holzhäuser Christoph & Unmack Niesky und in Blockbauweise. Sie wurden der Goldsucher in Kalifornien und die Deutschen Werkstätten Dres- die seit 1850 zunehmende Aus- in Moskau auf dem Holzmarkt den-Hellerau. aufgestellt, zum Verkauf angebo- wanderung von Engländern nach ten, danach demontiert und auf Die wichtigsten Konstruktionsarten Australien. Die für weite Trans- dem Bauplatz des Käufers wieder der Holzbauweise sind Blockbau, porte verpackten Häuser stammten aufgebaut. Fachwerkbau, Skelettbau, Rippen- aus England, Belgien, Frankreich, bau und Tafelbau mit vorgefertigten Nord- und Südamerika sowie auch Auch in Schweden und Norwegen Wand- und Deckenelementen, die aus Deutschland. war der Bau von Holzhäusern selbstverständlich. Amerika und Kanada besitzen ebenfalls eine große Tradition im Holzbau. Das älteste Holzhaus in den USA – ein Versammlungshaus und heute noch nutzbar – stammt aus dem Jahre 1682. Mit dem Entstehen von größe- ren Holzverarbeitungswerken in Deutschland in den letzten zwei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ging die Produktion der Holz- Wilsdruffer Straße, 1955
Das Bauen mit vorgefertigten Teilen hat eine langjährige Geschichte zusammen, indem er statt der bis- her üblichen kleinen Betonblöcke große Wandplatten herstellen und mit einem Kran montieren ließ. Das „System Atterbury” für den Bau von Wohnhäusern fand nun seinen Weg nach Europa. Hol- länder erwarben das Patent und errichteten in Amsterdam vorge- fertigte Gebäude im neuen Stadt- teil Betondorp. Viele andere Länder folgten diesem Weg. Deutschlands älteste Wohnanlage aus Großplatten, die Splanemann-Siedlung Berlin, 1926 Splanemann-Siedlung in Berlin- Lichtenberg, ist fast 100 Jahre alt. Neben Stahl hatten sich auch Blei Der Durchbruch in der Entwick- und Kupfer als Wetterschutz seit lung der Vorfertigung mit Beton Beton galt und gilt weltweit als Jahrhunderten bewährt. Die Hirsch- erfolgte nach der Erteilung des der aussichtsreichste und mo- Kupfer- und Messingwerke in Patentes „Portland Cement“ 1824 dernste Baustoff des 20. Jahr- Finow bei Eberswalde, die zu den an den Engländer Joseph Aspdin hunderts. Ausgehend von dieser großen Firmen der deutschen Bunt- in Leeds/Großbritannien. Erkenntnis wurden weltweit metallindustrie gehörten, began- Millionen von industriell vorge- Damit begann auch die Entwick- fertigten Wohnungen errichtet. nen 1930 mit der Herstellung von lung der deutschen Zementindust- Häusern, die eine Außenhaut aus rie. Zwischen 1850 und 1860 gab Aus: https://www.yumpu.com/ Kupferblech hatten. 1931 entstan- es in England und Frankreich Ver- de/document/read/3657833/dr- den unter dem Einfluss von Walter suche der Armierung des Betons gunter-peters-zur-geschichte-des- Gropius zahlreiche Musterhäuser durch Metallstäbe. Sie wurden industriellen-bauens-von-den- aus Kupferplatten, die in Finow in unter dem Namen des franzö- einer Mustersiedlung und im Raum sischen Gärtners und Erfinders Berlin errichtet wurden. Für tropi- Josef Monier 1867 patentiert. sche Länder wurden Kupferhäuser mit einer Isolierung aus Kokos ent- Die Anfänge der Entwicklung wickelt. Auf der Kolonialausstel- der Plattenbauweise begannen lung in Paris im Jahr 1931 erhielt nach bisherigen Recherchen 1875 diese Bauweise einen Grand Prix. in London durch W. H. Lascel- les. Die Sichtflächen der Platten Erste deutsche Häuser, in denen waren strukturiert und eingefärbt. das Stahlskelett sicher in Beton Lascelles und sein Architekt Nor- eingebettet wurde, entstanden man Shaw erhielten dafür auf der 1926 in Dessau und Berlin. Die Pariser Weltausstellung 1878 eine Ausstattung wurde mit passge- Goldmedaille. rechten Blöcken aus Bimsbeton vorgenommen. Der erste bekannte Bau in Groß- plattenbauweise ist die Siedlung Mit dem Bau von Panzerkreuzern Forest Hill in Long Istand/New wandte sich die Stahlindustrie der York in den Vereinigten Staaten. gewinnträchtigen Aufrüstung zu. Der Ingenieur Grosvenor Atterbu- Dies und der Zweite Weltkrieg ry fasste viele Teilarbeiten auf der warfen den Fortschritt im Bauwe- Baustelle in wenige Arbeitsgänge sen weit zurück. Gorbitz, 2021
Das Bauen mit vorgefertigten Teilen hat eine langjährige Geschichte Gorbitz, 1981 In der DDR entstanden insgesamt ca. 2 Millionen Neubauwohnun- gen in Plattenbauweise. Zu den größeren Plattenbau- gebieten der Bundesrepublik Gorbitz, 1982 zählen unter anderem München- Neuperlach (55.000 Einwohner), Nürnberg-Langwasser (36.000 EW), Berlin-Märkisches Viertel (36.000 EW), Berlin-Gropius- stadt (34.000 EW), Bremen- Vahr und Tenever (30.000 EW), Frankfurt-Nordweststadt (23.000 EW), Hamburg-Steilshoop (20.000 EW), Hamburg-Müm- melmannsberg (19.000 EW), Kiel-Mettenhof (18.000 EW), Pforzheim-Haidach (14.000 EW), Mannheim-Vogelstang (13.000 EW), Würzburg-Heu- chelhof (12.000 EW), Heidel- Gorbitz, 2017 berg-Emmertsgrund (11.000 EW), Hamburg-Osdorfer Born (11.000 EW) und Reutlingen- Hohbuch (10.000 EW), Olympia- Park München (6.100 EW) und Köln-Chorweiler (13.500 EW). In zahlreichen weiteren Ländern der Welt, darunter in Norwegen, Schweden, Finnland und Frank- reich, wurden ebenso Neubauten in Tafelbauweise geschaffen und sind aus der Geschichte und Gegenwart der Siedlungsentwick- lung nicht mehr wegzudenken. Gorbitz, 2021
Gorbitzer Unternehmen Futtermittel Räde Gorbitzer Gerstensaft- Manufaktur Seit bald 150 Jahren gibt es das am Rand von Neu-Gorbitz gele- Anett und Ralf Jahn stellen seit gene Geschäft Futtermittel Räde, Jahren in der kleinsten Brauerei Kesselsdorfer Straße 183. Im Jahr Sachsens, 01169 Dresden, Hir- 1869 gründete Otto Räde einen tenstraße 15, feines obergäriges, Handel für Haustierfutter, Tier- naturtrübes Bier her. Geöffnet ist nahrung, Weide- und Zuchtbedarf. immer Sonnabends von 10 bis Es lohnt sich sehr, die im Hinter- 14 Uhr. haus von Futtermittel Räde noch Geschäftsführer Thomas Reichelt und Mitarbeiter Frank (v.l.) heute funktionierenden histori- schen Schrot- und Quetschma- Räder Reichelt in Gorbitz, 01169 Dresden, Leu- schinen für Getreide in Betrieb Thomas Reichelt, gelernter tewitzer Ring 19, einen Fahrrad- zu sehen. Otto Räde kaufte sie sie Autosattler, Kultur- und Musik- laden einschließlich Reparatur- vor über 100 Jahren in Dresden- freund sowie ehemals erfolgrei- service. Plauen dem Mühlen-Unternehmer cher ASV-Leichtathlet (Hürden, Unbedingt hinfahren oder Bienert ab. Kurzstrecke …) betreibt seit 1994 schieben … Futtermittel Räde verkauft sei- ne Waren an Kleintierhalter und Bauern, seit 1940 beliefert die Firma den Dresdner Zoo, in der Vorweihnachtszeit auch den Dresdner Weihnachtscirkus. Futtermittel Räde führt Brieftau- benfutter, Futter für Hühnchen und Hähnchen, für Meerschwein- chen, Hamster und Mäuse, für Vögel, Hunde und Katzen, für Schweine, Kühe und Bullen, für Schafe und Ziegen, für Rennpfer- de, Dromedare und Elefanten ... Wer Steckzwiebeln, Gemüse- jungpflanzen oder Pflanzen- und Blumensamen sucht, wird bei Räde ebenso fündig.
LEGO waschen im Gorbitzer Kess-Center Als Kind war Christoph Blödner ein großer LEGO-Fan. In den Ferien half er seinem Opa beim Stühle flechten und kaufte sich von seinem „Arbeitslohn“ immer wieder neue Legosteine. Inzwi- schen ist aus seinem LEGO-Hob- by ein Beruf geworden. Christopf Blödners Unterneh- men „bricksy.com e. K.“ mit Sitz im Gorbitzer Kess-Center, Amalie-Dietrich-Platz 6, handelt mit gebrauchten LEGO-Steinen. Unsortierte LEGO-Sammlungen werden aufgekauft, gewaschen (jeden Monat 500 kg), sortiert und als Einzelteile im Internet und im Kess-Center zum Verkauf angeboten. Die Gobitzer Firma „bricksy“ beschäftigt dutzende Mitarbei- ter, darunter auch Menschen mit Behinderungen und gehört nun zu den größten Versandhändlern von LEGO der Welt. Auch im Internet ist Christoph Blödners Firma präsent: „Brickscout“ ist eine Verkaufs- plattform in deutscher Sprache, die gebrauchte LEGO-Einzelteile anbietet. Diese Seite ist insbe- sondere für Kinder gut geeignet, um die passenden Teile-Welten durchzuschauen und die passen- den Steine für das eigene Bau- werk herauszusuchen. im Kess-Center, Amalie-Diet- Im Internet ist seit kurzem die „Bricklink“ ist eine Verkaufsplatt- rich-Platz 6. Geöffnet ist Freitag App „Brickit“ zu finden, die form in englischer Sprache und und Sonnabend von 10.00 bis selbst chaotisch herumliegende ist insbesondere für Modellbauer 16.00 Uhr. Lego-Steine mit einem einzigen geeignet, die spezielle Teile su- Die Bearbeitung von eingereich- Handy-Foto scannt, dann Vor- chen und ihren Bestand verwalten ten Teilelisten ist nicht möglich. schläge zum Zusammenstecken wollen Gerne werden im Gorbitzer Laden macht und auch passende Bauan- „Bricksy24“ bietet verschiedene gebrauchte LEGO-Sammlungen leitungen erstellt. Standardteile in kleinen Mengen aufgekauft. Es sollten mindesten oder als sortenreine bunte 500g- 5 kg sein, auch bunt gemischt, in Packs. gutem Zustand und nicht zu alt Jürgen Czytrich (maximal aus den 80ern). Gezahlt Ein Geschäft mit LEGO-Neuwa- wird je nach Qualität 10 bis 14 € re und Einzelteilen befindet sich je kg.
17 Millionen DDR-Bürger badeten in BADUSAN – heute hergestellt in Gorbitz Die Kultmarke BADUSAN von 1958 wurde zum 50. Jubiläum erfolgreich zu neuem Leben erweckt. Nur wenige Ostproduk- te haben die Wende gut überlebt und noch weniger sind im ande- ren Teil der Republik bekannt. Rotkäppchen-Sekt, Radeberger Pils oder die Uhren aus Glashütte haben inzwischen auch den Weg in westdeutsche Läden gefunden. Dagegen sind sächsische Kultpro- dukte wie MZ, Nudossi, Florena, oder Elbflorenz im Westen kaum jemandem ein Begriff und spä- testens bei Rondo Kaffee, Koivo Rasierschaum, Eg-Gü Schuh- creme oder Badusan Schaumbad ist dann im Westen Deutschlands ganz Schluss mit Verstehen... Reklame war ein fester Bestand- konsument-Versandhaus in Karl- Schaum gehörte zweifellos zu teil der DDR-Volkswirtschaft. Marx-Stadt und das Centrum- einer der stärksten Marken der Gestaltet, betextet und plakatiert Versandhaus in Leipzig wurden DDR. Der Bekanntheitsgrad im wurden hauptsächlich Konsum- zu diesem Zeitpunkt geschlossen. Osten liegt nach nicht repräsenta- güter der konkurrenzlosen Wirt- Bis heute aber sitzen wohl bei den tiven Umfragen bei sagenhaften schaft des Landes. meisten Zeitgenossen Melodien 90 Prozent. Fast jedem „Ostler“, Als man in der DDR feststellte, der BADUSAN hört, fällt sofort zu Slogans wie „Baden mit badu- dass es kaum Konsumgüter zu die Melodie zu dem Werbesong san, badusan, badusan“ unlösch- bewerben gab, stellte man 1976 aus den 60igern ein... und diese bar in den Gehirnwindungen. Das kurzerhand die DDR-Produkt- Melodie war so einprägsam, das Schaumbad mit dem Duft der Werbung wieder ein. Auch die die Meisten sie sogar noch richtig Rosskastanie und viel dichtem beiden DDR-Versandhäuser, das singen können. Seit 2009 wird Badusan in der Badusan GmbH in Gorbitz, 01169 Dresden, Leutewitzer Ring 77 (wenige Meter unterhalb der Gorbitzer Kirche), produziert und auch verkauft. Die Pflegemittel und Schaumbäder duften heute nicht nur nach Fichtennadeln, sondern auch nach Apfel, Flieder, Himbeere, Kirsche, Lavendel, Lindenblüten, Magnolie, Mai- glöckchen, Melone, Pfirsich, Quitte, Sanddorn … Jürgen Czytrich und www.badusan.de
DEFA-Studio für Trickfilme Dresden-Gorbitz In Spitzenzeiten waren etwa 240 Mitarbeiter im Studio tätig, davon 150 im künstlerischen Bereich. Nach der Schließung des Trick- filmstudios im Jahr 1992 retteten ehemalige Studiomitarbeiter Filme, Figuren, Zeichenfolien, Fotos und Dokumente. Im 1993 Das VEB DEFA-Studio für „Alarm im Kasperletheater“, gegründeten Verein Deutsches Trickfilme Dresden wurde am 1. „Die fliegende Windmühle“, „Die Institut für Animationsfilm April 1955 gegründet und bestand Weihnachtsgans Auguste“ und (DIAF) in Dresden wurden die bis zu seiner Abwicklung im Jahr „Jan und Tini auf Reisen“. Materialien gereinigt, erschlossen 1992 als volkseigener Betrieb und katalogisiert. Gemeinsam (zuletzt kurzzeitig auch als Ge- In den 70er Jahren entstanden mit der DEFA-Stiftung in Berlin sellschaft mit beschränkter Haf- auch Co-Produktionen, etwa die bewahrt und erforscht das DIAF tung) in der ehemaligen Gaststätte „Rübezahl“-Serie mit Kratky die künstlerischen Materialien, Reichsschmied. Film aus Prag oder „Der fallende den umfangreichen Filmbestand Im DEFA-Trickfilmstudio ent- Schatten“ mit Sojusmultfilm aus und die wechselvolle Geschichte standen Animationsfilme im Moskau und sogar Märchenver- des Studios. In Ausstellungen, weitesten Sinn, darunter Zeichen-, filmungen für das italienische Filmprogrammen, Publikationen Scherenschnitt-, Silhouetten-, Fernsehen. und Vorträgen wird das vielfältige Flachfiguren-, Puppentrick- und Erbe in den Technischen Samm- Handpuppenfilme, darunter Von 1955 bis 1992 produzierten lungen Dresden der Öffentlichkeit die Mitarbeiter insgesamt mehr zugängig gemacht. als 1500 Filme für Kino, Fern- sehen, Werbung, das Dresdner Von 1991 bis 2000 wurde das Hygiene-Museum (Kundi-Ge- ehemalige „Reichsschmied“-Ge- sundheitsfilme) und den FDGB bäude an der Kesselsdorfer Straße (Theo-Arbeitsschutzfilme). vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) und sei- ner Tochterfirma drefa genutzt und beherbergt heute ein Res- taurant. Jürgen Czytrich
Gorbitzer Flora Wer in der Bauphase nach Gor- Es gibt einen sandigen Hang bitz zog, erlebte zunächst statt in Gorbitz, auf dem man Jahr grüner Natur Schlamm- oder für Jahr den Mäuseschwanz- Staubwüsten. Alles braucht eben Federschwingel beobachten kann. seine Zeit. Der Gestaltung von Sonst ist diese Art eher unbestän- Außenanlagen und Grünflächen dig, verschwindet also wieder. widmete man sich ohnehin erst Zusätzlich bevölkern hunderte deutlich nach Fertigstellung und Erdbienen diesen Hang. Bezug der Wohnhäuser. Vielfach Die in Gorbitz entstandenen Grün- legten auch die Mieter selbst in flächen wurden jahrelang mehrfach Form von AWG-Stunden, Baum- im Jahr gemäht, so dass sie Kurzra- pflanzaktionen, Subbotniks oder sencharakter erhielten. Vielen Wie- ganz in individueller Eigenini- senarten, wie der Margerite oder tiative Hand an. Aus dieser Zeit Wiesen-Glockenblumenarten wur- stammen auch die Bäume, die Kleiner Odermennig de damit keine Chance gegeben, damals klein und einfach so vor sich dauerhaft anzusiedeln. Auch die Häuser gepflanzt, heute groß lich auf Kamille- und Kresseweg viele spezialisierte Insekten finden und breit gewachsen sind und nun könnte man fündig werden. auf Kurzrasen keinen Lebensraum. schon mal Fassaden, Fenster und Künftige Grünflächen wurden Glücklicherweise ist man jetzt dazu Loggien bedrängen. mit Muttererde aufgewertet und übergegangen, viele Flächen oder Überhaupt sind die vor 30 bis 40 erhielten Rasenansaaten, Baum- Teilflächen seltener zu mähen, um Jahren gepflanzten Bäume schon und Strauchbepflanzung. Es gab dem entgegenzuwirken und Blüh- zu ansehnlichen Exemplaren ge- aber auch Flächen, die längere wiesen zu erzielen. Die Margerite worden. Schön, dass man damals Zeit brach lagen und auf denen sieht man so wieder öfter. für die jeweiligen Straßen genau sich so über kurz oder lang eine In den 1990er Jahren tauchten die Baumart auswählte, die der eigene Pflanzenwelt entwickel- auch in Gorbitz Pflanzen auf, Straße den Namen gab. So kann te. So wuchsen dort massenhaft die es vorher hier nicht gab. Das man auf der Robinien-, Birken- Echte Kamille aber auch auf- sind zum einen Arten in Einbür- Ebereschen-, Hainbuchenstraße fallend viele Kleearten, die als gerung oder Ausbreitung, wie oder auch am Weideweg sofort er- Stickstofflieferanten dem Boden zum Beispiel das Schmalblättrige kennen, wo man ist, ohne erst das eine Gründüngung verpassten. Greiskraut oder auch das Behaar- Straßenschild lesen zu müssen. Sporadisch tauchten auf solchen te Schaumkraut. Bei den „Kräuter“-straßen ist das Flächen vorübergehend auch Sie stammen auch aus Samenmi- eher schwierig bis unmöglich. einmal der seltene Feldrittersporn schungen, die von Landschafts- Das ist weniger aus Kenntnisman- oder auch der Große Bocksbart baufirmen ausgebracht wurden. gel so, sondern weil beispiels- auf. Heute sind solche Flächen Besonders auffallend ist das in weise Melisse in unseren Breiten weitestgehend verschwunden. Sie der Peripherie der neuen Auto- nicht heimisch, oder Thymian wurden entweder bebaut oder als bahn A17, der Coventrystraße, am kein Allerweltskraut ist. Ledig- Grünfläche gestaltet. Weidigtbach und weiteren Stellen. Gundermann Wiesensalbei Taubenkropf-Leimkraut Behaartes Schaumkraut
Gorbitzer Flora Beispiele sind der Kleine Wiesen- terling; oft unter Birken. Auf den knopf, die Esparsette, der Echte Grünrasen treten häufig u.a. Nel- Wundklee oder auch die Skabio- kenschwindlinge, Rosablättrige sen-Flockenblume. Auch der at- Egerlingsschirmlinge und einige traktiv rot blühende Inkarnatklee Bovist-Arten auf. hatte schon einen Gastauftritt. Auch Egerlings/Champignon- Einige aufgetretene Invasivarten, Arten wachsen oft in Gruppen wie der Riesen-Bärenklau oder heran, wobei die häufigste dieser der Japanische Staudenknöterich Arten allerdings giftig ist! Auf sind erfolgreich verdrängt oder Nelkenschwindling Rindenmulch konnte man im eingedämmt worden, egal ob mit Frühjahr schon Spitzmorcheln oder ohne Absicht. und im Rasen Käppchenmorcheln Wenn kurz nach dem Winter die sammeln. In einem heißen feuch- Frühjahrsblüher wieder erwachen, ten Sommer wuchs auf Mulch erfreuen sich auch viele Gorbitzer der selten auftretende Büschelige daran. Darunter gibt es nicht zu- Egerlingsschirmling. Mit dem letzt auch einige Zwiebelstecker Gewimperten Stielbovist gab es und Primelpflanzer in Erwartung einen weiteren Fund einer selte- eines sichtbaren Ergebnisses. nen Pilzart. Zwei Orte seien beispielhaft Käppchenmorchel Aber auch der tödlich giftige genannt: Erstens die sogenannte Grüne Knollenblätterpilz tauchte Malerwiese (am unter Denk- schon in Gorbitz auf! malschutz stehenden Haus Leu- Zum Schluss sei noch ein Vertre- tewitzer Ring 31) und zweitens ter der Schlauchpilze genannt, zu die vordere Robinienstraße mit denen auch die schon genannten besonders vielen Sternhyazinten. Morcheln gehören. Gemeinsam Ab dem Frühjahr erwachen nach mit dem Gelben Windröschen und nach auch Duftveilchen, stellte sich massiv der Anemonen- das unscheinbare Frühlings- becherling ein, der an den Wur- Hungerblümchen, Gundermann, Netzstiel-Hexenröhrling zeln von Anemonenarten para- Feld-Hainsimse, Wiesensalbei, sitiert. Dort bildet er sogenannte Wiesen-Labkraut, Pyrenäen- Gleisschleife Wölfnitz (heute Sklerotien und lässt daraus seine Storchschnabel und Taubenkropf- Kess-Center) notierte ich 1987 Fruchtkörper wachsen. Mittler- Leimkraut, nur um ein paar meine erste Pilzart auf Gorbitzer weile sind Pflanze und damit auch wenige stellvertretend aufzu- Gebiet; den Kurzstieligen Riss- der Pilz verschwunden. Ob der zählen. Mit dem Blühbeginn der pilz. Er gehört zu einer Pilzgat- Pilz die Pflanze absterben ließ, Kanadischen Goldrute im August tung, die an Bäume gebunden oder die Anemone - dort offenbar geht ein botanisches Jahr bereits ist, in diesem Falle die Pappel. gepflanzt - ungünstigen Standort- in den Herbst. Seit in Gorbitz der Baumbestand bedingungen erlag, bleibt unklar. Als seltenere Arten, die aber zunahm, fanden sich schnell auch Die namentlich aufgezählten nicht alle dauerhaft blieben, seien weitere Mykorrhizapartnerpilze Pflanzen- und Pilzarten bleiben Kleiner Odermennig, Kleines ein. So lassen sich Birken- und nur beispielhaft. In Wirklichkeit Mädesüß oder die Orchidee Breit- Lärchenröhlinge unter ihren gehen die Artenzahlen, sowohl blättrige Stendelwurz genannt. jeweiligen Baumpartnern finden. von Pflanzen und von Pilzen, von Ansehnlich ausgebreitet hat sich Auch Butterpilze neben Kiefern denen hier keine gegeben werden aber ein Bestand der Echten und Hexenröhrlingsarten unter können, in die Hunderte. Schlüsselblume. diversen Baumarten tauchen auf. Von den Pflanzen nun zu den Ganz häufig wächst auch in Gor- Martin Müller Pilzen, die vorwiegend sporadisch bitz der giftige Kahle Krempling auftreten. An der ehemaligen oder auch der Gilbende Erdrit-
Singendes klingendes Gorbitz versehenen Grünflächen nicht sechs Fledermauskästen an der mehr zu finden, während Arten, Laborschule Gorbitz ein halbes die auf größere Bäume angewie- Jahr nachdem diese angebracht sen sind, wie Elster, Aaskrähe, wurden, konnten drei bewohnte Ringeltaube und die Waldohreule Kästen beobachtet werden, dar- vom reichhaltigen Baum- und unter auch die seltene Zweifarb- Pflanzenbestand in Gorbitz pro- fledermaus. Diese Art hält sich in fitieren. Dresden vor allem in den Winter- An einer Vielzahl rekonstruierter monaten auf und überwintert in Wohn- und Schulgebäude sowie Spalten und in Fledermauskästen an Kindertagesstätten wurden an höheren Gebäuden. fast 1000 Nistmöglichkeiten für Gebäude bewohnende Vogelarten Harald Wolf Seit 5 Jahren gibt es in Dresden – vor allem für Mauersegler und ein Projekt zur Erstellung eines Haussperlinge – installiert. Wie Brutvogelatlas – einer Feststel- Stichproben zeigen, werden diese lung der Vogelarten in Dresden. Nistkästen sehr gut angenom- Es ist ein Gemeinschaftsprojekt men. Fast 300 Fledermauskästen zwischen der NABU-Fachgruppe aus langlebigem Holzbetonma- Ornithologie Dresden, der VSO- terial gibt es in Gorbitz für den Regionalgruppe Dresden und Großen Abendsegler, die Zwerg- der unteren Naturschutzbehörde fledermaus und die Zweifarbfle- Dresden, welches fachlich durch dermaus. Bei einer Kontrolle von den Förderverein Sächsische Vo- gelschutzwarte Neschwitz e. V. begleitet wird. Typische, derzeit in Gorbitz anzutreffende Vogelarten sind: Abendsegler, Amsel, Buchfink, Girlitz, Grünfink, Hausrot- schwanz, Kohlmeise, Mauerseg- ler, Mehlschwalbe, Ringeltaube, Stieglitz, Türkentaube und Turm- falke. Zudem gibt es die – sehr seltene – Zweifarbfledermaus, die Zwergfledermaus und den Großen Abendsegler, die jedoch nicht als Vogelarten zu betrach- ten sind, da sie zu den Säugetie- ren gehören. An den Gorbitzer Hochhäusern brüten jährlich bis zu drei Brut- paare des Turmfalken. Eine schöne Besonderheit in Gorbitz sind neu entdeckte Brut- plätze der Waldohreule. Die vor 1980 für Gorbitz charak- teristische Haubenlerche ist auf heutigen kultivierten, begrünten und mit höherem Baumbestand
Geschichten vom Gretchen Keuner – Interview mit einer Gorbitzerin Cornelia Eichner (CE): Frau Keu- CE: Und was haben Sie da noch ner, wie lange leben Sie denn schon so alles erzählt? in Gorbitz? GK: Na alles mögliche, was hier Gretchen Keuner (GK): Eigent- eben so passiert in der Platte. lich schon mein ganzes Leben Wen ich treffe, über wen ich mich lang. Ich bin hier aufgewachsen, in ärgere und so. Über die Gertrud den Kindergarten und zur Schule im Pflegeheim, die niemand mehr gegangen. Habe gesehen, wie man besucht außer ich. Und über den in den 1980er Jahren die Platten- Helmut, der mir immer seine Ge- bausiedlung groß zog, habe dann schichten vom Krieg erzählt. Und dort sogar eine schöne warme über meinen Bruder, der bei Robo- Wohnung bekommen. Nur in tron gearbeitet hat. Und über mei- meinen Ausbildungsjahren war ich ne Mutter, die noch bei der DEFA eine Zeit lang nicht hier, aber mei- mitgemacht hat. Die haben dann ne Brötchen habe ich dann wieder einfach alles aufgeschrieben, in bis zur Rente hier verdient. ihre zwei Bücher gedruckt, - und CE: Wie kommt es, dass Sie erst dann sogar anderen vorgelesen. kürzlich Berühmtheit erlangten? CE: Wie meinen Sie das? Wo GK: Ach, das liegt nur an diesen CE: Die waren da natürlich noch haben diese Leute denn die Ge- Leuten von der Schreibwerkstatt nicht tot. schichten über Sie, Frau Keuner Gorbitz. Irgendwann haben die GK: Nee, natürlich nicht. Die vorgelesen? begonnen, Geschichten über mich Schreibwerkstatt selbst gibt es ja GK: Na überall! Ich bin richtsch zu erzählen. seit 2012. berühmt geworden! Im Zschoner- CE: Geschichten, die dann sogar CE: Und wie ging es weiter? grundbad haben sie gelesen, in in zwei Büchern veröffentlicht Senioreneinrichtungen, im UFA- GK: Bei oder nach dieser Lesung wurden? Wie fühlt sich das an? Palast, in Schulen, in der Zwickau- fiel jemandem von denen ein, dass GK: Oh ja. Das war schon sehr ir- er Galerie, in der Messe, in der es doch hier, in Gorbitz, auch eine ritierend, als ich mir meine monat- Dresdner Neustadt. Überall, kann Frau Keuner gibt. Da begann es liche Lektüre beim Herrn Haeger ich Ihnen sagen! dann, dass die auch über mich in der Buchhandlung im Sach- schwatzten. Die latschten mir auf CE: Das hat sich jetzt durch die senforum kaufen wollte und dort Schritt und Tritt hinter her, be- Pandemie und den Lockdown ganz plötzlich ein Buch steht, in dem alle obachteten mich beim Brötchen schön verändert, was? über mich und mein Leben lesen kaufen (Da fand der Christian auch GK: Ach was, wir treffen uns doch konnten! Wenn das meine Mutter versehentlich meinen Vornamen immer mal beim Einkaufen oder gesehen hätte, die hätte gestaunt! heraus.), beim Spazierengehen und telefonieren oder skypen. Ich kann CE: Wann begann das mit Ihrer immer wieder an den Haltestellen doch jetzt damit nicht aufhören, Berühmtheit und wie kam es dazu, hier im Viertel. hab doch noch so viele Geschich- dass diese Leute von der Schreib- CE: Und das haben Sie sich ein- ten zu erzählen. werkstatt über Sie erzählten? fach so gefallen lassen? CE: Und wenn das alles vorbei ist? GK: Tja, wenn ich das wüsste. GK: Ach was, papperlappap. Es GK: Na dann treffen wir uns wie- Dann gab es da in Gorbitz so war mir ja eine Ehre. Nur wollte der im Mittelpunkt, kommen Sie eine Lesung mit Anekdoten über ich natürlich auch ein bischen mit- doch alle mal bei uns vorbei! meinen Namensvetter, dem Herrn bestimmten. Also bin ich einfach Keuner, von Bert Brecht. hingegangen zu denen, erst ins Das Interview mit Gretchen Keu- CE: Was, der alte Brecht war in Quartiersmanagement, dann in den ner führte Cornelia Eichner, Lei- Gorbitz? War der nicht längst tot? Mittelpunkt des DPBV e.V. und terin der SG Westhang - Schreib- GK: Ach was, natürlich hat nicht hab denen von mir erzählt. (Man- werkstatt Gorbitz. der Bertolt Brecht die Geschichten chen Klatsch und Tratsch habe ich Der Name „Keuner“ ist durch gelesen, sondern die Autorinnen auch weiterzählt, aber das sagen Brechts Dialekt geprägt und bedeu- und Autoren der Schreibwerkstatt Sie denen mal bitte nicht, ne.) Das tet so viel wie „keiner“ oder „jede“. haben seine Geschichten den Leu- war schon fast therapeutisch. Und ten in Gorbitz vorgelesen. freundlich waren sie auch. Cornelia Eichner
Sie können auch lesen