DROGENKURIER rundbrief des bundesweiten jes-netzwerks - JES Bundesverband
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vorwort 2 DROGENKURIER LIEBE LESERINNEN UND LESER DES DROGENKURIER, LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE, auch wenn das Jahr 2006 nicht mehr so ganz taufrisch ist, wollen wir es nicht IMPRESSUM versäumen Euch und Ihnen im Namen des JES-Netzwerks ein gesundes und er- Nr. 65, März 2006 folgreiches Jahr 2006 zu wünschen. Herausgeber des DROGENKURIER: ◆ Das Wünsche nicht immer in Erfüllung gehen wurde uns zur Jahreswende mit JES*-Netzwerk aller Deutlichkeit vor Augen geführt. c/o Deutsche AIDS-Hilfe e.V. ◆ Die Ankündigung der nun christlich-liberalen Landesregierung in NRW alle Dieffenbachstr. 33 Landeszuwendungen für den Bereich Drogen und Aids zu streichen war schlicht 10967 Berlin ein Hammerschlag. Tel.: 030/69 00 87-56 Fax: 030/69 00 87-42 ◆ Dies bedeutet das die Förderung für vor Ort Gruppen zu 100 % gekürzt wird Mail: und die in der AIDS-Hilfe NRW ansässige Stelle zur Unterstützung der Drogen- jes-sprecherrat@yahoogroups.de selbsthilfe JES in NRW ersatzlos gestrichen werden soll. Ferner sollen die Lan- http//: jes-netzwerk.de desmittel für das seit 15 Jahren erfolgreich betriebene Projekt „Spritzenautoma- Dirk Schäffer (V.i.S.d.P.) ten“ dem Rotstift zum Opfer fallen. Mitarbeit: JES BENÖTIGT HIER IHRE UND EURE UNTERSTÜTZUNG. Alexander Dietsch Mehr dazu in dieser Ausgabe. Marco Jesse Dimi Katergaris Sabine Lahmer Im Blickpunkt dieser Ausgabe steht ferner das Thema „i.v. Konsum von Substi- Ilona Rowek tutionsmitteln“. Vorgestellt wird eine interessante Erhebung aus Berlin. Imke Sagrudny ◆ Diese Ausgabe beschäftigt sich ebenso mit der „Drogensituation“ in Deutsch- Claudia Schieren land. Der aktuelle Reitox Bericht der Deutschen Referenzstelle für Drogen und Frank Wiedtemann Drogensucht zeigt hierbei interessante Entwicklungen auf. Satz und Layout: ◆ Weiter Informieren wir über die Münchner AIDS Tage 2006 und stellen die Carmen Janiesch neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung – Frau Sabine Bätzing – vor. ◆ Wir möchten Sie und euch als LeserInnen des DROGENKURIER ermuntern uns Druck: Ihre/Eure Meinung via Leserbrief mitzuteilen. Die stetige Rückmeldung unserer Medialis Leserinnen und Leser ist Grundlage für die Weiterentwicklung des DROGENKURIER. Auflage: Welche Themen fehlen? 1.000 Exemplare Wo lagen wir mit unserem Bericht völlig daneben? Was ist uns besonders gut gelungen bzw. was gefällt? Die Redaktion des DROGENKURIER freut sich auf die ersten Leserbriefe. *Junkies, Ehemalige, Substituierte Dirk Schäffer
DROGENKURIER 3 aktuelles JES in Nordrhein-Westfalen vor dem AUS?! CDU/FDP Landesregierung plant vollständige Einstellung der Förderung der Drogenselbsthilfe JES im Landeshaushalt 2006 Wir wollten es erst gar nicht glauben als Natürlich hätten die Kürzungen der JES- wir kurz nach Weihnachten die Informati- Selbsthilfe in Nordrhein-Westfalen auch onen erhielten, dass die NRW-Landesregie- durchschlagende Auswirkungen auf die rung plant, die Förderung der regionalen bundesweite Arbeit unseres Netzwerks. und landesweiten JES-Projekte einzu- Denn die JES-Selbsthilfe lebt von ihren stellen (-117.500,– € p.a.). Sollten die bundesweit ca. 25 vor Ort Gruppen, politisch Verantwortlichen ihre un- deren Aktivitäten z. B. in NRW durch glaublichen Vorhaben umsetzen den JES-Landesverband sowie die würde dies auch bedeuten, in der AIDS-Hilfe NRW ansäs- dass die landesweite JES- sige Koordinationsstelle Koordinationsstelle ab gebündelt und gefördert dem 01.04.2006 nicht mehr werden. gefördert wird. (-56.500,– €). Mit den angekündigten Kür- Mit einem Federstrich sollen zungen in NRW würde ein tragen- Strukturen, die durch ehrenamtliches des Segment in einer einzigartigen Engagement über 15 Jahre aufgebaut wur- Struktur eines bundesweiten Netzwerks den, eingerissen werden. demontiert. Dies ist unfassbar und muss eine bundes- Es ist schon dramatisch wie wenig Aner- weite Reaktion all derer hervorrufen die die kennung und Akzeptanz die JES-Strukturen Drogenselbsthilfe JES als zentrales Element hier zu genießen scheinen. einer seit Jahren erfolgreichen HIV-Präven- Auch wenn JES, also das zumeist eh- tion bei DrogengebraucherInnen sehen. renamtliche Engagement von Drogenge- Die JES-Selbsthilfe lebt vom ehrenamtli- brauchern, nach 15 Jahren hier zur nicht chen Engagement. Ehrenamtliche Arbeit be- förderungswürdigen Banalität zu verkom- nötigt aber dennoch eine finanzielle Basis, JES-NRW benötigt men scheint, müssen wir alle zum Aus- die es aktuell und ehemals Drogen gebrau- druck bringen, dass die in NRW und im chenden Menschen sowie Substituierten er- jetzt Ihre und Eure Bund aufgebauten JES-Strukturen weltweit möglicht gegenseitigen Unterstützung und Beratung auf gleicher Ebene (Betroffenen- Unterstützung! einzigartigen Charakter haben und auf in- ternationaler Ebene als wertvoll geschätzt kompetenz, Peer-to-Peer-Arbeit), Angebote wird. Dies wird u. a. durch die zahlreichen der Gesundheitsförderung und der Stärkung Einladungen zu inter. Kongressen deutlich der Eigeninitiative (Hilfe zur Selbsthilfe) zu die JES erhalten hat und erhält. realisieren. Neben den JES-Kürzungen wollen die Ohne beispielsweise landesweite Aus- politisch Verantwortlichen in NRW auch tauschtreffen, ohne Vernetzung und den Zuschuss für das Spritzenautomaten- Informationsweitergabe, ohne Fahrtkos- Projekt streichen. Das hieße, dass das Land tenerstattungen und kostenlose Fort- NRW – in Verbindung mit den Kürzungen bildungsangebote wird Selbsthilfe für bei der Drogenselbsthilfe JES – sämtliche Drogengebraucher/innen, Ehemalige und Maßnahmen im Bereich Drogen & Aids Substituierte zum Luxusgut. komplett einstellt. Das Spritzenautoma-
aktuelles 4 DROGENKURIER ten-Projekt wird seit 1989 im Auftrag des Gesundheitsministeriums von AIDS-Hilfe NRW betrieben und ist ein Bestandteil der niedrigschwelligen Präventionsar- beit für i.v. drogengebrauchende Frauen .. .. und Männer. Durch die rund-um-die-Uhr .. Bereitstellung bietet es die Möglichkeit . sich aktiv vor HIV und Hepatitis zu schüt- .. zen und erreicht auch die Menschen, die das klassische Drogenhilfesystem nicht J.E.S. Bundesweites Netzwerk JES-Netzwerk c(o Deutsche AIDS Hilfe e.V. in Anspruch nehmen. Dieffenbachstr. 33 10 967 Berlin Tel.: 030 / 69 00 87 56 Fax: 030 / 69 00 87 48 Was ist also zu tun? E-Mail: jes-sprecherrat@yahoogroups.com 15. Februar 2006 Die AIDS-Hilfe NRW hat in Kooperation mit dem JES- Drogenselbsthilfe gibt es nicht zum Nulltarif Landesverband NRW eine Sehr geehrter Herr Minister Laumann Homepage eingerichtet: als bundesweite Interessenvertretung aktuell und ehemals Drogen gebrauchender und substituierter www.stopp-kuerzungen.de Menschen (JES), wenden wir uns heute mit großer Sorge an Sie. Die Ankündigung der Landesregierung die Förderung der regionalen und landesweiten JES- Projekte Auf dieser Seite wird ausführlich über (Junkies, Ehemalige, Substituierte), sowie die landesweite JES- Koordinationsstelle einzustellen hätte fatale Folgen. Die europaweit einzigartige Struktur der JES Selbsthilfe bekäme Risse, die eine die Kürzungsvorhaben informiert. weitgehende Handlungsunfähigkeit vieler JES- Gruppen in Nordrhein-Westfalen zum Ergebnis hätte. Neben einer Adresssammlung von Die erfolgreiche HIV-Prävention für die Zielgruppe der iv DrogengebraucherInnen, gekennzeichnet durch Selbstunterstützung und lebensnahe Vorortarbeit, wäre gefährdet. NRW-Landtagsabgeordneten, findet ihr Neben den Auswirkungen für die Selbsthilfe Drogen gebrauchender Menschen in NRW, hätten die Musterbriefe die sich gegen die Kür- Kürzungen auch Auswirkungen auf die bundesweite Arbeit der JES Selbsthilfe, da mit der zungsvorhaben richten. Zerschlagung der Strukturen in NRW eine tragende Säule bundesweiter Arbeit verloren geht. JES hat in Nordhein-Westfalen maßgeblich dazu beigetragen die Interessen Drogen gebrauchender Macht in eurer Stadt mittels einer Menschen zu artikulieren und eine bedarfsgerechte Angebotsstruktur in der Drogenhilfe zu realisieren Pressemitteilung bzw. durch die Infor- Durch diese qualifizierte, lebensnahe und fast ausschließlich ehrenamtliche Arbeit, konnte die Zahl mationen der euch bekannten kommu- der HIV-Neuinfektionen bei iv DrogengebraucherInnen in NRW und im Bund in den letzten 15 Jahren nalen Presse auf die Situation in NRW erfolgreich gesenkt werden. aufmerksam. Herr Laumann, Selbsthilfe kann es aber nicht zum Nulltarif geben. Insbesondere in der Selbsthilfe engagierte DrogengebraucherInnen haben keinerlei finanzielle Spielräume um Denn eines ist klar, die Umsetzung Präventionsmaterialien, Fahrtkosten, Büromaterial etc. zu finanzieren. der angekündigten Kürzungen würde Maßgeblich bedingt durch die kontinuierliche und erfolgreiche Arbeit der JES- Selbsthilfe in Nordrhein- die Möglichkeiten des Selbsthilfeen- Westfalen, verfügt Deutschland über ein einzigartiges Netzwerk der akzeptierenden Selbsthilfe, dass gagements von DrogengebraucherInnen auch auf internationaler Ebene hoch geschätzt wird. im Netzwerk JES erheblich einschrän- Selbstverständlich ist uns die prekäre Haushaltslage in NRW bekannt. Wir bitten Sie aber bei Ihrer Entscheidung zu berücksichtigen welch wichtige Effekte die JES Selbsthilfe mit vergleichbar geringen ken oder gar „DAS AUS“ für große Teile Mitteln in der Gesundheitsförderung und Prävention erzielt und welche Folgen eine Streichung der unseres einzigartigen Netzwerks von Landesförderung hat. Als bundesweites JES Netzwerk werben wir für eine verantwortliche und zukunftsorientierte Drogengebrauchern, Ehemaligen und Entscheidung, die durch die Fortsetzung der Landesförderung dazu beiträgt, die erfolgreiche und Substituierten bedeuten. einzigartige Selbsthilfe Drogen gebrauchender Menschen in NRW fortsetzen zu können. Dirk Schäffer Mit freundlichen Grüßen Claudia Schieren JES Bundessprecherin JES-NRW benötigt jetzt Ihre und Eure Drogengebraucher besitzen ebenso wie ............................ alle anderen ein Recht auf Menschenwürde Unterstützung
DROGENKURIER 5 aktuelles Cannabis unter jungen Leuten zu problematisieren und geeig- nete Hilfeangebote bereitzustel- len. Zunächst freue ich mich auf den Dialog mit den Vertretern der Suchthilfeverbände und mit den vielen Menschen, die sich als Betroffene oder in For- schung, Praxis, Selbsthilfe oder Politik mit dem Thema Dro- gen und Sucht beschäftigen. Ich werde mich dafür einset- zen, dass die gesundheitlichen Schäden durch Missbrauch von Suchtmitteln und Suchterkran- kungen reduziert werden und die Drogen- und Suchtpolitik einen festen Stellenwert in der Gesellschaft erhält.“ Lebenslauf Sabine Bätzing Sabine Bätzing wurde am 13. Februar 1975 in Altenkirchen Sabine Bätzing – neue (Westerwald) geboren. Sie ist verheiratet und lebt nach wie vor in ihrer Heimatstadt. Drogenbeauftragte Nach dem Abitur 1994 absol- vierte sie eine Ausbildung zur Beamtin im gehobenen nicht- technischen Dienst bei der Ver- der Bundesregierung bandsgemeindeverwaltung in Altenkirchen. Als Diplom-Ver- waltungswirtin (FH) arbeitete sie zunächst in der Sozialverwal- tung (Hilfe zum Lebensunter- Anlässlich der Amtseinführung mit dem Ursache für viele Gesundheitsschäden. Au- halt), bevor sie dann in der Zentralabteilung Erhalt des Ernennungsschreiben erklärt Sa- ßerdem werde ich einen Akzent auf Maß- die Organisation und EDV übernahm. bine Bätzing: „Ich freue mich sehr über die nahmen gegen Medikamentenabhängigkeit Sie ist u. a. Mitglied von ver.di, der AWO, Ernennung. Vor mir liegen große Aufgaben legen. Hiervon sind vor allem Frauen be- dem Kinderschutzbund sowie Schirmherrin und Herausforderungen, die ich mit ganzer troffen, die bisher kaum ein Sprachrohr der Dystoniegesellschaft Rheinland. Kraft und vollem Engagement für die Be- für ihre Gesundheitsprobleme haben, ge- Seit 1994 ist sie Mitglied der SPD, seit lange suchtgefährdeter und suchtkranker schweige denn ausreichende Hilfeangebo- 1995 im Vorstand und Stellvertretende Vor- Menschen angehen werde. te. Prävention ist und bleibt der Dreh- und sitzende des Ortsvereins Altenkirchen, seit Die erfolgreiche Drogen- und Suchtpoli- Angelpunkt einer erfolgreichen Drogen- 1999 Mitglied im Kreistag von Altenkirchen tik der letzten Jahre wird fortgesetzt. Auf und Suchtpolitik. (Schwerpunkt Jugendhilfe). Im Jahr 2001 ist der Grundlage des Aktionsplanes „Drogen Da ich mich in der Vergangenheit immer sie zur stellvertretenden Kreisvorsitzenden und Sucht“ werde ich mich für die Eindäm- sehr in der Jugendarbeit engagiert habe, des Kreisverbandes Altenkirchen gewählt mung von Drogen- und Suchtproblemen ist mir die Verbesserung der Zusammenar- worden und war als Gründungsmitglied der einsetzen. Die Reduzierung des Tabak- und beit zwischen Jugend- und Suchthilfe ein „Junior SGK in Rheinland-Pfalz“ aktiv. 2004 Alkoholkonsums wird dabei an erster Stelle besonderes Anliegen. Hier geht es vor allem wurde sie Mitglied im SPD-Landesvorstand stehen. Diese legalen Suchtmittel sind die auch darum, den steigenden Konsum von Rheinland-Pfalz.
aktuelles 6 DROGENKURIER Neue JES-Gruppe Als direkt gewählte Bundestagsab- geordnete vertritt sie seit 2002 ihren Wahlkreis Neuwied/Altenkirchen (Rhein- in Minden land-Pfalz). In der 15. Wahlperiode war sie Spre- cherin der „Youngsters“ (junge Bun- destagsabgeordnete unter 40 Jahre der SPD-Bundestagsfraktion), Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, im Unterausschuss Neue Medien, im Rechtsausschuss sowie stell- gegründet !!! Wir sind es leid, entweder als Opfer, Kranke oder Kriminelle angese- hen zu werden. Aufgrund der provinziellen Verhältnisse in Minden und Umgebung, die sich insbesondere im Umgang mit Substituierten und Drogen gebrauchenden Menschen manifestieren, beschlossen wir Kontakt zum JES-Landesverband in Nordrhein-Westfalen herzu- stellen. _____ Seit November 2005 hat sich in Minden eine Gruppe von 4 Sub- stituierten gefunden und sich der JES- Westschiene angeschlossen. Was ist seit dem passiert? Zum besseren Verständnis, es gibt in Minden lediglich einen ständig defekten Pumpenautomaten sowie einen in der Drogenberatung be- Sabine Bätzing, die neue Drogenbeauftragte findlichen Kaffeekeller. der Bundesregierung _____ Beides trägt in keinster Weise den Aspekten der niedrigschwel- ligen Drogenarbeit Genüge. Um DrogengebraucherInnen dennoch mit vertretend im Ausschuss für Gesund- Präventionsmaterialien auszurüsten, begannen wir „JES-Care-Packs“ heit und Soziales. Darüber hinaus war und Infomaterialien auf unserer recht großen hiesigen Szene zu ver- sie Mitglied der Enquête-Kommission teilen. „Ethik und Recht in der modernen Me- _____ Außerdem nahmen wir Kontakt zu sympathisierenden Gruppen dizin“. Zwischen 2002 und 2005 hat sie aus der sozialen Bewegung auf, mit denen wir gegen den allgegen- als kooptiertes Mitglied an den Frakti- wärtigen Sozialabbau zusammenarbeiten. onsvorstandsitzung teilgenommen und _____ Des Weiteren haben wir eine Mailadresse drogenfueralle@ war seit 2004 Mitglied im Ältestenrat. yahoo.de und einen Telefonanschluss 0151/15 87 06 32 eingerichtet Ihr inhaltlicher Schwerpunkt lag, so- unter der JES-Minden nun zu erreichen ist. wohl im Ausschuss für Familie, Senioren, _____ Wir könnten Verstärkung gebrauchen und wer mehr über uns Frauen und Jugend als auch im Unter- und unsere Ideen und Ziele wissen möchte – ihr seid herzlich einge- ausschuss, im Bereich des Jugendschut- laden. zes. So hat sie z. B. die Gesetzesinitiative Dirk Engelking zu den „Alkopops“ federführend mit be- Volker Harting gleitet. Dominicus Hagemeyer Das bundesweite JES-Netzwerk gratu- Rainer Clark liert Frau Bätzing zur Ernennung und strebt einen kontinuierlichen Dialog mit dem Ziel an, die Interessen und Belange Drogen gebrauchender Men- schen in den Fokus einer verantwort- lichen Drogenpolitik zu rücken. „ Safer use? – Na klar !“ JES-Sprecherrat
DROGENKURIER 7 aus den regionen NRW ist überall – Kürzungs- vorhaben des Bremer Senats Nicht nur in NRW sondern auch in Bremen schreitet die Kür- vorbereitet und durchgeführt. Die Demonstration auf dem Bre- zungswelle weiter voran. Nachdem erst vor ca. einem halben Jahr mer Ziegenmarkt bei der Flugblätter verteilt, Gespräche mit Presse die Drogenhilfe in Bremen umstrukturiert und in weiten Teilen und Passanten geführt und nicht zuletzt Essen und Getränke an privatisiert wurde, sollten nun mehr als 217.000 Euro bei den Trä- Drogengebraucher verteilt wurden, war ein Erfolg. Es waren viele gern eingespart werden. Menschen vor Ort die sich mit dem Anliegen der Veranstalter so- Dieses hätte einen Abbau von ca. 15 % der Personalstellen im lidarisierten und die Forderungen zum Erhalt des Drogenhilfesys- Drogenbereich bedeutet. Besonders stark betroffen sollte der Be- tems unterstützten. reich der Psychosozialen Betreuung sein. Damit wäre auch die Die Verantwortliche Senatorin Karin Röpke zog dann auch die Substitution vieler Drogengebraucher, die die Voraussetzung angekündigten Kürzungen in dieser Höhe vorerst einmal zurück, so einer PSB nicht weiter erfüllen können, gefährdet. Nach diesen das bis auf wenige kleine Ausnahmen die Angebote in gewohnter Ankündigungen der Politik, wurde kurzfristig eine gemeinsame Form bestehen bleiben können – bis zum nächsten Jahr. … Protest-Aktion durch die Drogenhilfeträger Comeback, Ambulante Drogenhilfe, und (nach einigen Anlaufschwierigkeiten) auch JES Marco Jesse Der Fall Druckraum – Die Falle Druckraum Fixpunkt – Anspruch und Wirklichkeit Hannover hat einen Druckraum, den FIXPUNKT. Im Rahmen der Dann kam der FIXPUNKT und die Lage entspannte sich deut- Risikominimierung wird Junkies dort die Möglichkeit gegeben, ihr lich. vorher illegal erworbenes Heroin, unter hygienischen Bedingungen Nun zur Wirklichkeit jetzt. In den letzten Monaten erhöht die und in Ruhe zu spritzen. Polizei massiv ihren Druck auf DrogengebraucherInnen. Kontrollen Der Fixpunkt wurde geschaffen, damit Drogengebraucher einen auf dem Hinweg zum Druckraum, auf dem Hof, im FIXPUNKT- Cafe Raum haben, in dem sie ohne Angst, Zeitdruck und unter hygie- und selbst im Druckraum finden sie statt, mehrmals jeden Tag. Man nischen Bedingungen konsumieren können. Das war lange Zeit so. lässt sich 1 oder höchstens 2 mal filzen und seinen Stoff abnehmen Doch es gibt eine Wirklichkeit davor und die Wirklichkeit jetzt. und dann reicht es! Zuerst zur Wirklichkeit davor. Der Handel mit Heroin fand schon Warum bietet die Stadt ein Konsumraumkonzept , das kein User immer in der unmittelbaren Nähe des Hauptbahnhofs statt, weil es ungefährdet erreichen und wahrnehmen kann? Das ist wie Auto- ein Verkehrsknotenpunkt ist. Die Mehrzahl der Konsumenten orga- fahren erlaubt, Benzinkauf aber verboten. nisiert sich von Schuss zu Schuss. Oft ist es so, dass der Drogenkauf Wenn die Nutzer dieser Angebote nicht mehr die Sicherheit zwangsläufig erst stattfindet wenn der Körper schon auf Sparflam- haben den Konsumraum ungefährdet zu erreichen und zu nut- me läuft. Also muss der Konsum am besten gleich und hier statt- zen, dann werden sie ihn wieder meiden. Verfolgt die Polizei die- finden. Grünflächen, Spielplätze, U-Bahnstationen und Parkhäuser ses Ziel? sind jene Orte, die Innenstädte bieten. Vor allem aber wurden Toilet- Übrigens, letzter Zeit finden sich auf öffentlichen Toiletten wie- ten zu den bevorzugten Orten für den sofortigen Drogengebrauch. der vermehrt Spuren von i.v. Konsum. Die Angst am FIXPUNKT Wie viele Rettungswagen fuhren zu diesen Klo's und wie oft kamen treibt die Szene zurück auf die Klo's. sie zu spät !? Bevor es den FIXPUNKT gab, hatte jede Toilette in der Die Frage ist: Wann kehren die Toten zurück? Innenstadt ihre Toten. Ich selbst kannte 3 Menschen, die auf dem Klo vom HAM HAM oder Cafe Meffert ihr Leben beendeten. Jürgen Bremert, Ilona Rowek, JES-Hannover
leben mit drogen 8 DROGENKURIER Das Tabu: i.v. Konsum von Substitutionsmitteln Zusammenfassung und Kommentierung einer Erhebung des Vereins Fixpunkt e.V. Vorbemerkung: Die Tatsache, dass Fragebogen und Datenzugang Konsumdauer gesamt es Substituierte gibt, die zur ora- Es wurde erhoben, ob der/diejenige aktu- Anzahl % len Verabreichung hergestelltes ell in einer ärztlichen Substitutionsbehand- Methadon oder Polamidon sprit- lung ist. bis 2 Jahre 16 9,1 zen, ist unter Suchtmedizinern Diejenigen, die die Frage, ob sie jemals >2-10 Jahre 64 36,6 in ihrem Leben Methadon oder Polamidon und in der Drogenhilfe ein offenes >10-20 Jahre 77 44,0 gespritzt hätten, mit „Nein“ beantwortet Geheimnis. Bislang wurde aber haben, wurden nur noch befragt, ob sie über 20 Jahre 18 10,3 kaum ein Thema derartig tabui- jemals Subutex auf dem Schwarzmarkt er- siert wie gerade dieser intravenö- halten haben. Danach war für diese Perso- gesamt 175 100,0 se Konsum von Substituten. Alles nengruppe das Interview beendet. Hat jemand „Life-time“ -Erfahrung mit geschah nach dem Motto „Was dem Spritzen von Substitutionsmitteln, Methadon- gesamt nicht sein darf kann nicht sein“. wurde erfragt, ob in den letzten 30 Tagen i.v. Konsum (N= 175) vor der Befragung Methadon oder Pola- Aufgrund der weitgehenden Negierung midon intravenös konsumiert wurde. Nur Anzahl % dieses Umstands, stehen aktuell auch keine mit denjenigen, die diese Frage mit „Ja“ gesamt 100 57,1 wirklichen Schadensminderungs- und The- beantworteten,wurde dann das Interview rapiekonzepte zur Unterstützung und Be- fortgesetzt. Lebenszeitprävalenz i.v. Methadon-Konsum handlung von DrogengebraucherInnen zur Die Befragung, bei der im Zeitraum No- Verfügung, die fortgesetzt Substitutions- vember 2004 bis März 2005 insgesamt 175 mittel spritzen. Untersuchungsteilnehmer erreicht werden Der Verein Fixpunkt e.V. aus Berlin hat sich konnten, wurde im Rahmen der Vor-Ort- Erfahrungen mit dem Spritzen nun an dieses Tabuthema herangewagt. Arbeit an fünf Treffpunkten von Drogenge- von Substitutionsmitteln Im Zeitraum November 2004 bis März braucherInnen in Berlin durchgeführt. 2005 wurden an unterschiedlichen Treff- Fast sechs von zehn Befragten (100 von 175, punkten von DrogengebraucherInnen in Geschlecht, Alter 57,1 %) haben in ihrem Leben schon einmal Berlin mittels kurzer, standardisierter Fra- und Konsumdauer Methadon oder Polamidon injiziert. gebögen insgesamt 175 Drogenkonsumen- tInnen, unter ihnen 105 Substituierte, Wie zu erwarten, überwogen Männer im Un- Und wie sieht es mit der aktuellen Präva- interviewt. tersuchungskollektiv. [127 Männern (72,6 %) lenz (i.v. Konsum von Substitutionsmitteln Ziel dieser Untersuchung ist anhand der und 48 Frauen (27,4 %)] in den letzten 30 Tagen) aus? Ergebnisse gezieltere Safer Use Empfeh- Das Durchschnittsalter der Gesamtstich- Jeder vierte Befragte muss als aktuel- lungen und weitergehende zielgruppen- probe fällt mit 33,8 Jahren recht hoch aus. ler i.v. Konsument von Substituten einge- spezifische Interventionen entwickeln zu Männer 34,5 Jahre, Frauen 31,9 Jahre. stuft werden. Der relative Anteil bezogen können. Für die Gesamtstichprobe ergibt sich ein auf das Gesamtkollektiv beträgt 26,9 %. Natürlich ist es an dieser Stelle nicht eindeutiger Schwerpunkt auf der Kategorie Bezogen auf diejenigen, die wenigs- möglich die gesamte Untersuchung vorzu- der Konsumdauer von mehr als 10 Jahren tens ein Mal in ihrem Leben i.v. Substi- stellen. Daher beschränken wir uns auf eine bis 20 Jahren. Die Einsteiger-Kategorie „bis tutionsmittel konsumiert haben, beträgt wichtige Kernbereiche. 2 Jahre“ ist mit 9,1 % sehr gering besetzt. der relative Anteil sogar 47 %
DROGENKURIER 9 leben mit drogen Substituierte spritzen am ehesten Sub- Aidshilfe Information über Risiken des i.v. stitutionsmittel, das sie vom Arzt erhalten Konsums von Substitutionsmitteln auszu- haben. legen. Fast genauso häufig werden von ihnen Um Einfluss auf das Konsumverhalten auch Substitutionsmittel von Freunden/Be- von Substituierten, u. a. beim i.v. Konsum kannten verwendet. von Substitutionsmitteln und bei der Ver- Nur 5 von 31 Substituierten haben an- meidung von Drogennotfällen nehmen zu gegeben, dass ihr Arzt weiß, dass sie ihr können, gilt es die vom Netzwerk JES und Substitutionsmittel spritzen. der Deutschen AIDS-Hilfe seit langem ge- Eine Möglichkeit, die Risiken des forderte Zulassung von Substituierten zu Spritzens von Substitutionsmitteln zu Drogenkonsumräumen erneut zu diskutie- reduzieren, ist, das Spritzen von Substitu- ren und entsprechende Rechtsverordnun- tionsmitteln, die nicht mit einer Sirup/Zu- gen zu verändern. Männer Frauen ckerlösung versetzt worden sind. 89,3 % der Für Substituierte mit fortgesetztem in- Anzahl % Anzahl % Befragten gaben jedoch an, mit Sirup ver- travenösem Beikonsum sollte die Möglich- setztes Schwarzmarkt-Substitutionsmittel keit zur Verschreibung von injizierbarem 11 8,7 5 10,4 gespritzt zu haben.. Methadon/Polamidon durch Änderung der 43 33,9 21 43,8 BtmVV eröffnet werden. Bereits seit vielen Subutex/ Jahren steht L-Polamidon auch als Injek- 59 46,5 18 37,6 tionslösung in 2,5 mg/-5 mg Ampullen zur Buprenorphin 14 11,0 4 8,3 Verfügung. Es wurde erfragt ob Subutex/Buprenorphin (Bereits 2001 hat Ambros Uchtenhagen 127 100,1 48 100,1 in merklichem Maße außerhalb ärztlicher in der Metaanalyse zur Verwendung von Me- Substitutionsbehandlungen in Berlin kon- thadon als Substitutionsmittel festgestellt, sumiert wird. Es wurde festgestellt, dass ein dass die Verabreichung von injizierbarem Methadon- gesamt sehr geringer Teil der Untersuchungsteil- Methadon für eine bestimmte Gruppe von i.v. Konsum (N= 175) nehmer jemals Subutex über den Schwarz- Substituierten in Erwägung gezogen wer- markt erworben hat (14 von 175, 8 %). den sollte). Anzahl % Uns als Interessenvertretung von ak- Zusammenfassung tuell und ehemals Drogen gebrauchenden Lebenszeitprävalenz 100 57,1 und Empfehlungen sowie substituierten Menschen macht be- 30-Tage-Prävalenz 47 26,9 sonders nachdenklich, dass nur ein sehr Eines vorweg, diese Studie ist nicht reprä- geringer Anteil derer die ihr Substitut in- 30-Tage-Prävalenz sentativ. Es handelt sich beim befragten travenös konsumieren mit ihrem Arzt hier- bezogen auf 47 von 100 47,0 Kollektiv um Substituierte, die auf öffent- über sprechen können. Dies deutet auf ein Konsumerfahrene lichen Szenetreffpunkten bzw. in Hilfs- wenig ausgeprägtes Vertrauensverhältnis einrichtungen angetroffen wurden und zwischen Arzt und Patient hin. vermutlich eine höhere Problembelastung Wir wenden uns abschließend daher an Mischkonsum (Injektion von Substituti- als die Gesamtheit aller Substituierten auf- Sie als BehandlerIn und rufen Sie dazu auf onsmitteln mit Kokain und/oder Tablet- weisen. dazu beizutragen eine Basis zu schaffen, ten) wird von ca. einem Drittel der aktuell Die Erhebung zeigt aber auch, dass das dass der Patient/ die Patientin ohne Angst i.v. Substitutionsmittel-Konsumierenden Spritzen von Substituten sich nicht auf Ein- und Scham ein solches Thema ansprechen berichtet. zelfälle beschränkt. Aber dies wussten wir kann. doch eigentlich sowieso, oder? Sprachlosigkeit und Bestrafung durch Bezugsquellen Mit dieser Erhebung des Fixpunkt e.V. Beendigung der Substitution ist jedenfalls wurde ein maßgeblicher Beitrag dazu ge- keine Lösung!! Diejenigen, die in den letzten 30 Tagen leistet die Sprachlosigkeit und Tabuisierung Quelle: Fixpunkt e.V. Substitutionsmittel gespritzt haben, wur- in der Ärzteschaft sowie der Drogenhilfe den nach der Bezugsquelle des gespritzten aufzulösen. Hierfür möchten wir den Mit- Dirk Schäffer Substitutionsmittels befragt. Es konnten arbeiterInnen des Fixpunkt danken. Mehrfachangaben gemacht werden. Eine folgerichtige und angemessene Re- Die Gesamterhebung ist u. a. auf den Nicht-Substituierte versorgen sich in aktion wäre, über niedergelassene Arztpra- Seiten des bundesweiten JES-Netzwerk erster Linie über den Schwarzmarkt. xen und Einrichtungen der Drogen- und www.jes-netzwerk.de zu finden.
leben mit drogen 10 DROGENKURIER Unter der Moderation von Manfred Gesch ließ ich im Rahmen einer Podiumsdiskus- sion gemeinsam mit anderen Ehemaligen oder aktuell Drogen gebrauchenden Men- schen, 25 Jahre gemeinsame Drogenge- schichte Revue passieren lassen. Da sollte man nicht melancholisch werden, aber als ich Abends durch Ahlen schlenderte, fühlte ich mich Alt und bekam eine Ahnung davon was es heißen könn- te, wenn’s eines Tages mal nicht mehr so doll geht, körperlich und überhaupt. Wohin dann? Was tun? Die einzelnen Vorträge hier darzulegen würde den Rahmen dieses Artikels spren- gen. INFORMATIONEN ZUM „… when I'm 64 …“ FACHTAG UNTER www.drobs-online.de Alt werden mit Drogen Es war eine gelungene und Mut machende Fachtagung .Es wird in dieser Richtung sehr Ein Bericht zum Fachtag „When I'm viel zu tun geben und auch die Selbsthil- sixty-four“ in der Stadtbücherei Ahlen fe wird sich Gedanken machen müssen und Bündnispartner brauchen um Projekte wie „Seniorenheime für Junkies“ durchsetzen Wir schreiben das Jahr 2024: ein Doch muß man eigentlich nicht wirklich zu können. beliebiges Alten – und Senioren- gleich sooo schwarz sehen. Doch haben wir alle die Pflicht auch heim. Vielmehr gibt es mir Mut und Kraft zu dafür zu kämpfen, das immer mehr Leute Im Schwesternzimmer: „ jetzt sehen dass Menschen Visionen von einem an dieser Vision teilhaben können. klingelt der schon wieder, der will besseren Leben für Drogengebraucher/ Es braucht vielleicht ein bißchen Mut zu was starkes für seine Schmerzen. innen haben. Für ein menschenwürdiges sehen was 25 Jahre Drogenpolitik für Dro- Das ist doch so ein alter Junkie, bei Leben auch im Alter kämpfen. gengebraucher/innen gebracht haben um So wurde ich eingeladen zu der Fachta- dann neue und manchmal steinige Wege dem müssen wir aufpassen was wir gung „Alt werden mit Drogen – when I'm zu gehen. rausgeben an Medikamenten.“ 64“. Die Kampagne zur Legalisierung die wir „Sooooo jetzt trinken wir schön Ich war augenscheinlich dazu einge- als JES-Netzwerk zusammen mit unseren unseren Baldriantee, und beru- laden worden, weil ich auch nicht mehr Freunden gestartet haben schreit nicht higen uns und dann gehen wir der Jüngste bin. Ich wurde von den Ver- nach Heroin im Supermarkt aber sie schreit hübsch ins Bett.“ anstaltern herzlich aufgenommen und die sehr wohl nach Sofortmaßnahmen zur Sub- Sooo, den Tee schön geschlürft, ja? ganze Atmosphäre war entspannt und lo- stitution mit Originalstoffen zur Überle- Ab 23 Uhr ist unten abgeschlossen, cker. Die Fachtagung war gleichermaßen benshilfe. Und zwar jetzt! irren Sie nicht wieder im Haus um- ein Art Rückblick auf 25 Jahre Drogenhilfe Es macht mich traurig und zornig, dass her. Schlafen sie gut! Licht aus. … und eine Vorschau auf neue Herausforde- viele unserer Freundinnen und Freunde völ- rungen. Tatsache ist, Drogengebraucher/ lig sinnlos und unnötig sterben. Schweißgebadet schrecke ich aus mei- innen leben länger als früher. So hat sich Man hätte sie ganz leicht auch an un- nem Bett, die ersten Sonnenstrahlen fal- die Jugend und Drogenberatung Warendorf serer Vision vom „Alt werden mit Drogen“ len durch die Jalousie und … Es war alles die Aufgabe gestellt zu schauen, was heißt teilhaben lassen können. … nur ein Traum. das „Alt werden mit Drogen“ ? Frank Wiedtemann
DROGENKURIER 11 leben mit drogen Daten – Zahlen - Fakten – Die „Drogensituation“ in Deutschland Der vorliegende Bericht zur Drogensitu- „Problematischer“ Drogenkonsum ◆ es finden sich negative soziale Konse- ation in Deutschland wird für die Europä- quenzen oder Delinquenz. ische Beobachtungsstelle für Drogen und Der Begriff „problematischer Konsum“ ist Es bestehen zum Teil erhebliche methodi- Drogensucht (EBDD) erstellt. Der Bericht nicht einheitlich definiert. Allerdings liegen sche Schwierigkeiten, die Daten aus be- wurde von der Deutschen Referenzstelle für für bestimmte Teilbereiche (z. B. für die Prä- stimmten Erhebungssystemen oder Studien Drogen und Drogensucht (DBDD) erarbeitet, valenzschätzung der EBDD) Arbeitsdefiniti- dahingehend zu bewerten, ob sie Aussa- in der das Institut für Therapieforschung onen vor. In der Regel wird Konsum dann als gen über problematischen Konsum zulas- (IFT), die Bundeszentrale für gesundheit- problematisch bewertet, wenn mindestens sen. Während bei Polizeidaten lediglich die liche Aufklärung (BZgA) und die Deutsche eines der folgenden Merkmale erfüllt ist: höhere Aufgriffswahrscheinlichkeit von Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zusam- ◆ der Konsum ist mit Risiken verbunden Drogenkonsumenten als Hinweis auf pro- menarbeiten. (riskanter Konsum), blematischen Gebrauch interpretiert werden Aufgrund des immensen Umfangs des ◆ es liegt ein schädlicher Gebrauch (F1x.1) kann, werden in Umfragen Zusatzinformati- Berichtes, ist es hier nur möglich einige oder eine Abhängigkeit (F1x.2x) im onen (Konsumhäufigkeit, Begleitumstände, uns wichtig erscheinende Teilbereiche des Sinne einer klinischen Diagnose (ICD Diagnosekriterien) für eine entsprechende Berichtes in gekürzter Form vorzustellen. oder DSM) vor, Differenzierung genutzt. Eine relativ sichere Der Gesamtbericht steht unter www. ◆ es entstehen Schäden für andere Perso- Zuordnung ist in Behandlungseinrichtungen dbdd.de zur Verfügung. nen, möglich, deren Mitarbeiter über eine spe- zielle Ausbildung bzw. ent- Quelle Alter Population Absolut sprechende Erfahrungen in Drogenkonsum in der Diagnostik solcher Fälle der Bevölkerung Lebenszeit-Prävalenz verfügen. DAS ’04 12-17 15,7% 5.684.349 892.000 Neben den inhaltlichen Der aktuelle Epidemiolo- und generellen methodi- gische Suchtsurvey zum ESA ’03 18-59 25,2% 47.140.383 11.879.000 schen Schwierigkeiten bei Gebrauch psychoaktiver der Bestimmung des proble- DAS ’04 + ESA ’03 12-59 24,2% 52.824.732 12.772.000 Substanzen in Deutschland matischen Konsums bestehen wurde 2003 durchgeführt. 12-Monats-Prävalenz spezifische Schwierigkeiten Er zeigt, dass 25,2 % der bei der Datenerhebung zu befragten 18- bis 59-jähri- DAS ’04 12-17 10,4% 5.684.349 591.000 illegalen Drogen. Eine Reihe gen Erwachsenen mindes- ESA ’03 18-59 7,3% 47.140.383 3.441.000 von Untersuchungen zeigt, tens ein Mal in ihrem Leben dass Konsumenten „har- illegale Drogen konsumiert DAS ’04 + ESA ’03 12-59 7,6% 52.824.732 4.032.000 ter Drogen“ in Befragun- haben (2000: 21,8 %). Män- gen dazu neigen, lediglich 30-Tage-Prävalenz ner verfügen mit 31,3 % den Konsum von „weichen“ (2000: 25,4 %) über deut- DAS ’04 12-17 2,5% 5.684.349 892.000 Drogen, wie z. B. Haschisch, lich mehr Drogenerfahrung richtig anzugeben, dagegen ESS ’03 18-59 3,9% 47.197.636 1.180.000 als Frauen mit 18,9 % (2000: aber die Verwendung z. B. 18,1 %). In der Altersgruppe DAS ’04 + ESA ’03 12-59 3,7% 52.910.625 1.983.000 von Heroin verneinen oder von 21 bis 24 Jahren ist die die Konsumhäufigkeit und Erfahrung mit 45,1 % am Quelle: DAS 2004 (BZgA 2004a); ESA 2003 (Kraus, Augustin & Orth 2005) Statistisches Dosierung nach unten kor- weitesten verbreitet. Bundesamt 2005 (Stand 31.12.2004), Zahlen gerundet rigieren.
leben mit drogen 12 DROGENKURIER Ergebnisse der Prävalenz- Drogenbezogene Todesfälle Infektionskrankheiten bei und Mortalität von schätzungen (Heroin) Drogenkonsumenten Drogenkonsumenten Berechnungen auf der Basis von Zahlen aus Die Überdosierung von Heroin stellt die häu- HIV Behandlung, Polizeikontakten und Dro- figste Todesursache (2004: 56 %; 2003: 41 %; gentoten führen zu einer Schätzung der 2001: 48 %) dar. Diese Kategorie beinhaltet Drogenkonsumenten sind die zahlenmäßig Zahl problematischer Konsumenten von He- sowohl Todesfälle, bei denen Heroin als ein- viertgrößte Risikogruppe für HIV Infektio- roin zwischen 70.000 und 172.000 Perso- zige Droge nachgewiesen wurde, auch die nen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts nen. Dies entspricht einer Rate von 1,6 bis Fälle, bei denen neben Heroin noch andere kommen aus der Gruppe der injizierenden 3,0 Personen pro 1000 Einwohner im Alter Drogen bekannt wurden. Im Gegensatz zur Drogengebraucher 5,8 % der Personen mit von 15 bis 64 Jahren. Gesamttrend hat sich diese Zahl von 722 im einer HIV-Erstdiagnose (2004: 103 von 1779). Dieser Wert lag bis zum Jahr 2000 noch bei 10 % (2000: Methode 1995 2000 2003 2004 Anteil 171 von 1.696). basiert auf der pro 1000 Bei den neu an AIDS Er- Datenquelle (18-64) krankten lag der Anteil der Personen mit dem Infek- Behandlung 78.000-124.000 166.300-198.000 109.000-177.000 102.000-164.000 1,8-2,9 tionsrisiko „intra-venöser Konsum“ 2004 bei 8 %. Die- Polizeikontakte 131.000-142.000 153.000-190.000 144.000-182.000 136.000-172.000 2,4-3,0 ser Wert schwankt regional Drogentodesfälle 78.000-104.000 127.000-169.000 92.000-123.000 68.000-91.000 1,2-1,6 jedoch recht deutlich. Ein relativ hoher Anteil zeigte sich in mittelgroßen Städ- Konsumverhalten Vorjahr auch 2004 auf 781 erhöht. Der Anteil ten im Westen Deutschlands: In Augsburg, der Personen, bei denen Substitutionsmit- Bremen und Freiburg betrug der Anteil der In der nachfolgenden Tabelle ist die über- tel/Medikamente/Betäubungsmittel und Al- i.v. Drogenkonsumenten an den AIDS-Fällen wiegende Konsumform für verschiedene kohol die Todesursache waren, liegt 2004 bei jeweils rund ein Drittel, während er in Städ- Substanzen dargestellt. Heroin wird in etwa 25 %. Die Absolutzahl dieser Fälle hat sich ten wie Hamburg und Frankfurt trotz höhe- drei Viertel der Fälle vorwiegend injiziert. damit von 2003 mit über 600 Todesfällen auf rer absoluter Zahlen lediglich bei 10 % bzw. Dieses Konsummuster findet sich ebenfalls, 340 Fälle im Jahr 2004 deutlich verringert. 15 % lag (Robert Koch-Institut 2005). wenngleich deutlich weniger verbreitet, bei Im Vergleich zu 2002 ist der Anteil der Todes- Nutzer von Frankfurter Konsumräumen Codein und Kokainkonsumenten. Bei allen fälle unter Kokaineinfluss von 6 % auf 12 % weisen eine HIV-Infektionsrate von 8,6 % anderen Substanzen wird überwiegend oral angestiegen, wobei auch die absolute Zahl auf (Simmedinger & Vogt 2005). konsumiert bzw. geraucht. dieser Fälle zugenommen hat. Insgesamt lässt sich feststellen, dass i.v. Drogenkonsum bei weniger als 10 % der Applikationsform Neuinfizierten die wahrscheinliche Infek- tionsursache war und dass in der Regel we- Substanz Injektion Rauchen Oral Schnüffeln Andere Gesamt niger als 5 % der i.v. Konsumenten im Jahr Heroin 2003 70,2 % 17,6 % 1,6 % 9,6 % 1,1 % 16.181 2004 HIV-positiv waren. Bei stark margina- lisierten Gruppen kann dieser Wert jedoch 2004 66,6 % 23,8 % 3,7 % 5,0 % 1,0 % 11.649 auch bis zu 9 % betragen. Wegen der einge- Methadon 2003 3,3 % 3,1 % 93,0 % 0,2 % 0,4 % 8.298 schränkten Datenbasis kann diese Aussage 2004 3,6 % 1,8 % 92,1 % 0,2 % 2,2 % 4.356 jedoch nur vorläufig sein. Andere Opiate 2003 21,1 % 8,3 % 64,3 % 4,2 % 2,2 % 2.509 Virushepatitiden 2004 15,2 % 7,7 % 72,0 % 0,8 % 4,2 % 880 Im Jahr 2004 wurden 2.751 Fälle von aku- Kokain 2003 33,8 % 19,8 % 1,7 % 38,8 % 5,9 % 8.049 ter Hepatitis B im Rahmen des Meldever- 2004 34,3 % 26,3 % 1,7 % 30,2 % 7,5 % 5.468 fahrens an das IfSG übermittelt. Hiervon Crack 2003 17,9 % 47,5 % 2,5 % 31,7 % 0,4 % 1.344 entsprachen 1.260 Fälle (46 %) der Refe- renzdefinition, die als Basis der vom Ro- 2004 8,7 % 65,3 % 4,0 % 19,7 % 2,3 % 173 bert Koch-Institut veröffentlichten Zahlen
DROGENKURIER 13 leben mit drogen dient. Die Inzidenz für Hepatitis B lag im Drogenkonsumräume Erstmalig polizeiauffällige Jahr 2004 bei 1,5 pro 100.000 Einwohner. Drogenkonsumenten Bezüglich möglicher Übertragungswege Seit Anfang 2003 werden die Konsumvor- wurde bei Hepatitis B-Fällen 138 Mal ein i.v. gänge in den vier Konsumräumen in Frank- Neben Angaben zu Rauschgiftdelikten ver- Drogenkonsum in den sechs der Diagnose furt nach einem einheitlichen Verfahren öffentlicht das Bundeskriminalamt auch vorangegangener Monate (entsprechend 7% dokumentiert. Ergebnisse für das Jahr 2004 Statistiken zu Personen, die erstmalig im der Fälle mit Angaben zum möglichen Über- wurden von Simmedinger & Vogt (2005) Zusammenhang mit harten Drogen polizei- tragungsweg) genannt. vorgelegt. Sie beziehen sich auf 142.509 auffällig wurden. Im Jahr 2004 wurden 8.998 Erstdiagno- Konsumvorgänge (3 % weniger als im Vor- sen von Hepatitis C übermittelt (2003: 6.914 jahr), die etwa 3.660 Personen zugeordnet Die Gesamtzahl erstauffälliger Drogen- Erstdiagnosen). Für Hepatitis C lag die Inzi- werden konnten. Es handelt sich überwie- konsumenten ist 2004 mit 21.100 ge- denz von Erstdiagnosen 2004 bei 10,9 pro gend um Männer (81 %), konsumiert wer- genüber dem Vorjahreswert von 17.937 100.000 Einwohner. Eine Differenzierung den vor allem Heroin (32 %), Crack (18 %) um 17,6 % gestiegen. zwischen akuter bzw. chronischer Hepa- oder beides (24 %). Die Anbindung der Nut- titis C Infektion unter den Fallmeldungen zer an das Hilfesystem ist recht gut. 48 % Die Zahl der Heroinfälle ging leicht zurück ist im Rahmen des Meldeverfahrens derzeit waren innerhalb der letzen 30 Tage in ärzt- (2004: 5.324; 2003: 5.443), während für nicht möglich. licher Behandlung, 75 % waren im Kontakt- alle anderen „harten“ Substanzen ein Zu- Unter den Fällen von Hepatitis C wurde laden oder im Krisenzentrum. wachs von mehr als 10 % registriert wurde: ein i.v. Drogenkonsum zu irgendeinem Zeit- Für Crackkonsumenten wurde in Frank- Ecstasy (2004: 3.907; 2003: 3.352); Kokain punkt in der gesamten Vergangenheit 2.438 furt ab dem 1. September 2003 ein Rauch- (2004: 4.802; 2003: 4.346) und Ampheta- Mal (entspricht 37 % der Fälle mit Angaben raum eingerichtet, mit dem man diese min (2004: 9.238; 2003: 6.588). zum möglichen Übertragungsweg) genannt Gruppe gesundheitlich stabilisieren wollte. und stellte die am häufigsten genannte Ex- Eine Evaluation über den Zeitraum vom 1.7. Reinheit illegaler Substanzen position dar. In der Gruppe der 20 bis 29- bis 31.12.2004 zeigt dass 1.437 Konsum- jährigen, männlichen Fallpersonen wurde vorgänge, die in dieser Zeit in dem Raum Grundlage der Angaben zum Wirkstoffge- i.v. Drogenkonsum 1.088 Mal (71 % dieser stattgefunden haben. Die Besucher sind halt von Amphetamin, Ecstasy, Heroin und Fallmeldungen) genannt. im Durchschnitt 34 Jahre als, der Frauen- Kokain ist das „Statistische Auswertungs- Zusammenfassend kann für i.v. Drogen- anteil ist mit 39 % relativ hoch. Nur sehr programm Rauschgift 2004“ (Zerell et al. konsumenten in Deutschland für Hepati- wenige Besucher kommen so häufig, dass 2005) sowie das „Bundeslagebild Rausch- tis B eine Antikörperprävalenz („Durchseu- eine Anbindung möglich erscheint. Die re- gift 2004“ (BKA 2005) chungsrate“) von 40-60 %, für Hepatitis C lativ knappen Öffnungszeiten – Montag Die folgende Tabelle bietet eine Über- von 60-80 % geschätzt werden. Trotz un- bis Freitag von 9.00 bis 15.00 Uhr – tra- sicht über die Entwicklung der Wirkstoffge- befriedigender Datenlage muss man fest- gen dazu möglicherweise bei. Entgegen der halte für Amphetamin, Kokain und Heroin stellen, dass eine sehr hohe Antikörper- ursprünglichen Erwartungen, gab es nur seit 1996. Mit gewissen Schwankungen ist prävalenz der i.v. Drogenkonsumenten mit wenig Probleme durch aggressives Verhal- ein Rückgang des Wirkstoffgehalts über Hepatitis B- und Hepatitis C-Antikörpern ten intoxikierter Besucher. diesen Zeitraum bei Straßenkokain deut- besteht. Drogenkonsumenten sind von lich erkennbar: Neuinfektionen stark betroffen und spielen damit eine zentrale Rolle bei der Ausbreitung die- Wirkstoffgehalt verschiedener Drogen von 1996 bis 2003 (Median) ser Infektionen. Der Zusam- 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 menhang zwischen Konsum- dauer, Alter und HCV-Infektion weist auf die Notwendigkeit Amphetamin 10,0 10,0 9,4 7,0 3,3 5,0 6,0 7,5 7,9 hin, Drogenkonsumenten mög- lichst früh auf Infektionsrisi- Kokain Straßenhandel 46,8 50,7 40,2 49,4 35,5 42,6 38,5 32,0 34,5 ken hinzuweisen und zu einem risikoärmeren Konsum zu moti- Kokain Großhandel 77,3 79,4 74,3 69,1 69,1 73,0 73,9 76,7 75,0 vieren. Dabei ist nicht nur in- travenöser Konsum relevant, Heroin Straßenhandel 13,4 9 9 9,4 11,1 12,0 9,9 17 19,9 sondern jegliche gemeinsame Benutzung von Hilfsmitteln Heroin Großhandel 46,4 31,9 20 29,2 35,1 45,8 27 7,3 48,8 (vgl. Eve & Rave 2005).
neue medien 14 DROGENKURIER ‚JES Medikamenten- Heroin Für 2004 wurden 4.131 Proben von schachteln‘ – „der Heroin hinsichtlich ihres Wirk- stoffgehaltes ausgewertet. Wäh- rend das Straßenheroin auch in diesem Jahr wieder zwischen 10 und 20 % Wirkstoffgehalt aufwies, hat sich der Wirkstoffgehalt von Proben im Großhandel 2004 stark erhöht. Ursache für die untypische Renner“ schlechthin Situation des Vorjahres, nämlich dass Straßenheroin einen höhe- ren Wirkstoffgehalt als Heroin auf Großhandelsniveau hatte, ist der Dirk Schäffer hohe Anteil, den Proben aus Ber- lin unter den Beschlagnahmun- gen aus Straßenhandel hatten. Da dort der Wirkstoffgehalt deut- lich höher ist als in den anderen Teilen Deutschlands, führt diese Selektion zu dem entsprechenden Mit der „Medikamenteninforma- Ergebnis. tion“ auch besser bekannt als Unter den Verschnittstoffen der „Beipackzettel“, als letzter Teil 3.964 ausgewerteten Proben fan- einer 3-teiligen Medienserie zur den sich vor allem Coffein (99 %), Unterstützung der Öffentlichkeit- und Paracetamol (97 %) und Griseoful- Lobbyarbeit des JES-Netzwerks, scheint vin (9,5 %), bei den Zusätzen fand der JES-Sprecherrat genau „ ins Schwar- sich Lactose (2,5 %) am häufigs- ze“ getroffen zu haben. ten. Viele positive Rückmeldungen bestä- tigen ein hohes Maß an Kreativität und Praxistauglichkeit. Kokain Mit diesem Medium wurde die farbli- che und grafische Gestaltung der beiden Für das Jahr 2004 wurden 3.839 anderen zur Serie gehörenden Medien Kokainproben ausgewertet. Koka- aufgegriffen. In einem kurzen Text, bzw. in kommt überwiegend als Hy- mit Stichworten gelang es die Inhalte, drochlorid auf den Markt. Kokain- Strukturen und Ziele des bundesweiten Hydrochlorid und Kokain-Base JES-Netzwerks vorzustellen. werden hier jedoch gemeinsam Dieses neue Medium erhält zusätz- dargestellt. liche Attraktivität dadurch, dass die Im Straßenhandel lag der Wirk- Informationen zum JES-Netzwerk mit stoffgehalt im Zeitraum von 2000 Anliegen der Prävention verbunden bis 2004 bei rund 40 % mit leicht werden können. (Befüllung mit Spritze, rückläufiger Tendenz. Nadel etc.) Bei den Zusätzen wurde bei 2.517 Proben Lidocain (28 %), Phe- Die „Medikamenteninforma- nacetin (36 %), Coffein (7 %), Pro- tion“ inkl. Schachtel können cain (2 %) und Paracetamol (1,4 %) ebenso wie das Poster sowie festgestellt, bei den Verschnitt- die Broschüre „JES Innen- stoffen Lactose (51 %), Mannit ansichten“ kostenfrei unter (18 %), Inosit (6 %), Glucose (4 %) Dirk.Schaeffer@dah. und Saccharose (4 %). aidshilfe.de bestellt werden.
DROGENKURIER 15 neue medien Neue Produkte der DAH Schütz dich vor HIV und HEP Die hohe Prävalenz von HCV Infektionen bei intravenös Drogen gebrauchenden (60–90 %) stellt in der Prävention tätige vor große Probleme. Besorgniserregend ist ferner die hohe Anzahl von HCV Ko- infektionen bei HIV infizierten Drogen- gebraucherInnen. Bisher war unser Konzept der Risi- kominimierung und Infektionsvermei- dung durch Vermittlung von Safer Use Botschaften für das Thema HIV sehr er- folgreich. Um dies auch für die Folgezeit zu ge- währleisten fand mit der Realisierung dieser Serie eine Anpassung dieser Bot- schaften an aktuelle Bedarfe statt. Handbuch „Drogen, Um dem leicht rückläufigen Interesse am Thema HIV/Aids nach vielen Jahren HIV/Aids, Hepatitis“ erfolgreicher Arbeit in diesem Bereich wieder erhältlich entgegenzuwirken und das bestehende Informationsdefizit zum Thema Hepa- titis C zu minimieren wurde in Zusam- Das Handbuch „|DROGEN|HIV/AIDS| menarbeit mit dem JES-Netzwerk diese HEPATITIS|“ ist ab sofort wieder verfüg- dreiteilige Serie mit dem Titel „Schütz bar. Dieses Handbuch versteht sich als dich vor HIV/HEP“ konzipiert. Standardnachschlagewerk für all dieje- Im Mittelpunkt steht hierbei die Er- nigen, die in der AIDS- und Drogenhilfe weiterung der Präventionsbotschaften arbeiten bzw. dort arbeiten wollen, einen für DrogengebraucherInnen in Richtung ehrenamtlichen Zugang oder ein Betrof- „Hygiene“ und „Blutbewusstsein“ u. a. feneninteresse an bestimmten Inhalten durch die Fokussierung auf infektions- und Informationen haben. relevante Alltagsgegenstände. Das Handbuch bietet sowohl theore- Darüber hinaus wird per Grafik und tische, historische, politische aber vor Text auch auf die Wichtigkeit des The- allem praxisorientierte, medizinische mas Kondomgebrauch hingewiesen. und juristische Informationen zur Unter- Die Broschüre greift die Botschaften stützung der Arbeit mit Drogen gebrau- der Poster auf und ergänzt diese durch chenden, von HIV/AIDS und Hepatitis erläuternde aber kurze Textbotschaften. bedrohten und betroffenen Menschen. Diese Broschüre ist der Beginn der Re- Als „Nachfolger“ des Beratungsführers alisierung von Medien die Alternativen AIDS und Drogen gibt das Medium Ein- zu den bisher bekannten Präventions- blicke u. a. in methodische und politi- materialien der DAH für Drogengebrau- sche Veränderungen der letzten 10 Jahre cherInnen bieten sollen und sich durch und verliert hierbei nicht den Blick für wesentlich weniger Text auszeichnen. zukünftiges. Dirk Schäffer
DROGENKURIER 17 veranstaltungen Die Münchner AIDS-Tage 2006 Insgesamt 1700 Teil- Virustatika gemeinmedizin mit Schwerpunkt Sucht- nehmer aus mehr als medizin bei den 11. Münchner AIDS- zehn Ländern besuchten am Wo- können Tagen. chenende die 11. Münchner AIDS- Drogenrausch Besonders häufig träten Wechsel- Tage. Die Tagung stellt einen Mix wirkungen zwischen Partydrogen und aus Wissenschaft, Fortbildung, Dis- verstärken nicht-nukleosidischen Reverse-Trans- kussionsforen und Familientreffen kriptase-Hemmern (NNRTI) und Protea- der HIV/Aids-Behandler-Szene dar. Viele HIV-Infizierte se-Hemmern (PI) auf. Denn PI und NNRTI Außer Ärzten und Pflegeperso- konsumieren Ecstasy, erhöhten in Kombination mit Partydro- nal waren auch alle anderen mit dem gen die Konzentrationen der Nerven- Amphetamine oder Krankheitsbild befaßten Berufsgrup- botenstoffe Serotonin, Dopamin und pen vertreten: Sozialarbeiter und Cannabis/Wechsel- Noradrenalin und wirkten damit syner- Lehrer, Psychologen und Theologen, wirkungen mit gistisch zu den Drogen. Juristen und Soziologen. Auch Pa- antiviralen Mitteln Statt besserer Kontaktfähigkeit, kör- tienten und ihre Interessenvertreter perlichem Wohlbefinden und gesteigerter aus Aids- und anderen Selbsthilfe- Ärzte Zeitung, 07.02.2006 ■ Partydro- sexueller Lust erlebten die Drogen-Kon- Gruppen waren vor Ort. gen und die Wirkstoffe einer antiretro- sumenten dann häufig Angstzustände, Die Prävention gehörte noch weit- viralen Therapie (ART) gegen HIV haben Derealisation mit manchmal lebensbe- aus stärker als sonst zu den thema- viele Wechselwirkungen. Das kann die drohlichen Folgen, Aggressivität, Depres- tischen Schwerpunkten der Tagung. Wirksamkeit von ART mindern, aber sivität oder Schlafstörungen. Denn die Rate der HIV-Neuinfekti- auch zu gefährlichen, manchmal le- So verstärkten NNRTI und PI in unter- onen im Jahr 2005 in Deutschland bensgefährlichen Effekten der psycho- schiedlichem Maße die Effekte von Ecs- hat überraschend von etwa 2000 tropen Substanzen führen. tasy, Amphetaminen wie Ice, Crystal oder pro Jahr um etwa 25 Prozent, vor Speed, aber auch von Ketaminen und allem bei schwulen Männern, zu- Benzodiazepinen. Bei der Kombination genommen. Die besseren Behand- von Cannabis mit Atazanavir, Lopina- lungsmöglichkeiten, eventuell auch vir oder Fosamprenavir hätten Patien- die Aussicht auf Heilung in den ten über schwere Amnesien berichtet, nächsten zehn Jahren, das heißt, vergleichbar den Symptomen bei einem der Wegfall des Dramas Sterben und Alkohol-Vollrausch. Zudem könnten Dro- Tod, haben ganz offenbar die über gen die Wirkspiegel der NNRTI senken viele Jahre erfolgreiche Prävention und damit Resistenzen fördern. unterminiert. Dem früheren Schock Gölz rät, Patienten auf die gefährli- bei einer Neuinfektion ist oft ein Ecstasy-Tabletten werden häufig von jungen chen Wechselwirkungen hinzuweisen. cooles nonchalantes Verhalten bei Leuten aus der Partyszene konsumiert. Ist Abstinenz nicht möglich, sollten Pa- neuen Patienten gewichen. Foto: dpa tienten die Drogen erst einmal in hal- Älter werden mit Aids. Ein durch ber Dosis zu Hause ausprobieren. Bei die Behandlungserfolge jetzt re- Jeder HIV-Infizierte sollte bei der Thera- Konsum sollte eine vertraute Person zu- levantes Thema. Die normalen Er- pie grundsätzlich auf den Konsum von gegen sein. Es sollte nur eine Sorte von krankungen der Alterspyramide, Partydrogen angesprochen werden, for- Drogen verwendet werden, und die Pa- vor allem Malignome und Herz- dert Dr. Jörg Gölz aus Berlin. Das gelte tienten sollten möglichst wenig Alkohol Kreislauf-Erkrankungen, erreichen vor allem für junge, schwule Männer, die trinken, da größere Mengen zu zusätz- – anders als früher – jetzt auch viele häufig in der Partyszene aktiv sind, aber lichen, unkalkulierbaren Risiken füh- HIV-Patienten. Nicht-Raucher-Trai- auch für substituierte Patienten mit zu- ren. ning und zunehmend auch die Be- sätzlichem Drogenkonsum. Das Problem handlung bei Übergewicht sind neue werde unterschätzt, so der Arzt für All- Aufgaben der HIV-Behandler.
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