Einander ermutigen! - Mai 2020 Ökumenische Monatszeitung - Evangelische ...
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In dieser Ausgabe Themen Evangelische Kirchengemeinden Sonderseiten: Elisabethkirche 20 Luth. Pfarrkirche 21 Universitätskirche 22 Einander Lukas- und Pauluskirche 23 Matthäuskirche 26 ermutigen 4-19 39-47 Markuskirche 27 Kirche am Richtsberg 28 Du bist nicht allein! Ev. Kirche Cappel 29 Gebet bis zum Ende der Corona-Krise 24 Evangelische Sieben Meditationen Einrichtungen Ev. Jugend Marburg 30 für eine Woche mit dem Familienbildungsstätte 31 Mut-Mach-Psalm 23 24 Diakonie 32 Kindertagesstätten 33 Hinweise zu Evangelischen Gottesdiensten sowie Ev. Gemeinschaften, Evangelische Angebote Kirchen und freie Ge- in Rundfunk, Fernsehen, meinden Internet und per Telefon 25 Gem. in der Ev. Kirche Marburg-Ortenberg 37 Ev. Gemeinschaft Marburg-Süd 37 Christus-Treff 37 Titelfoto: C. Seitz Ev.-Freikirchliche Spenden für KiM Gemeinde (Baptisten) 37 Anskar-Kirche Marburg 38 Kirchenkreisamt Kirchhain-Marburg Freie ev. Gemeinde Marburg 38 IBAN: DE81 5206 0410 0002 8001 01, BIC: GENODEF1EK1 United Methodist Church Verwendungszweck: Spende KiM Christ Church Marburg 38 Selbständ. Ev.-Luth. Kirche (SELK) 38 Katholische Kirchengemeinden Liebfrauen 34 St. Franziskuskirche 34 St. Johannes 35 St. Peter und Paul 35 Kath. Gottesdienste 36 Sonst Editorial 3 Auf ein Wort 3 Kirche und Universität 29 Impressum 47 KiM 2 5/20
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, schön, dass es in der Coro- dem Ausbruch der Pandemie haben wir für diese Mai-KiM nakrise immer wieder auch et- Notleidenden bei uns und in al- zwölf Seiten mehr gebraucht als was zu lachen gibt. Während ler Welt. Ja, und unsere Demo- sonst um alles unterzubringen. wir Deutschen über Wochen vor kratie steht derzeit genauso auf allem Toilettenpaper geham- dem Prüfstand, wie der Zu- Klar: Es kann sein, dass sich stert haben, gab es bei unseren sammenhalt in Europa insge- die Gesamtlage dann, wenn französischen Nachbarn Ver- samt. diese KiM erscheint, verändert sorgungsengpässe insbesonde- hat, so dass mancher Impuls re bei Rotwein und Kondomen. Was aber kann ermutigen, dann auch anders geschrieben wenn wir so massiv an unsere worden wäre. Aber wie auch im- Aber das meiste ist in diesen Grenzen stoßen wie derzeit? mer sich die Dinge weiterent- Wochen leider gar nicht zum Was könnte Hoffnung geben in wickelt haben werden: Wir hof- Lachen: die vielen Toten in der einer Krise, deren Ende und fen, dass Sie in diesem reichen ganzen Welt beispielsweise. Nachwirkungen noch niemand Schatz an Mut-Mach-Impulsen Oder die erschöpften und psy- verlässlich abschätzen kann? etwas finden, das Ihnen gerade chisch überforderten Helferin- So haben wir Ende März/An- jetzt einfach guttut und sie ein nen und Helfer in all den vielen fang April hineingefragt in die wenig stärkt in dieser herausfor- Krankenhäusern und Heimen. an KiM beteiligten Gemeinden dernden Zeit! Oder die realen Existenzängste und Einrichtungen. Und viele, Im Namen der Redaktion vieler. Oder die starke Zunahme sehr viele haben geantwortet. grüßt Sie ganz herzlich häuslicher Gewalt. Und natür- Sehr persönlich. Manchmal Christoph Seitz lich auch die zugespitzte Situa- nachdenklich. Manchmal auch Ihr Redaktionsleitung tion für die ohnehin schon vor ganz zuversichtlich. Am Ende Christoph Seitz Wort Auf ein Dieser Mai ist anders. Er ist „ein neuer Mensch“ wird – ein Beispiel dafür ist Florence Nigh- nicht der Übergang zwischen von Gott angenommener tingale. Sie rettete als „Engel Frühling und Sommer. Das Co- Mensch. Und dennoch leben wir der Verwundeten“ im Krimkrieg rona-Virus hat alles durchein- im Übergang, im Mai. Noch 1853 mit einfachsten Hygiene- andergebracht und auch viele spricht viel gegen Gottes neue maßnahmen vielen britischen Menschen in Leid und Ratlosig- Welt: Noch ist das Sterben für Soldaten das Leben. Auch in keit gestürzt. Und gleichzeitig ist jeden von uns nicht zu umge- der Corona-Krise haben sich es eine Zeit, in der viel Solida- hen. Das ist gerade in diesen unzählige Menschen als Engel rität erwahren wird. Die Corona- Monaten so deutlich geworden. erwiesen, und wieder bewahr- Krise ist nicht bewältigt, aber Alles Planen und Denken wurde ten zum Teil einfache Hygiene- erste Hoffnungen wachsen neu Der Mai - zwischen den Zeiten und man spürt ein erstes Durch- Von atmen. Gerade in diesen Tagen Manfred Holst beginnt eine neue Zeit. Wir Christen denken in diesen Wochen an eine neue Zeit, die ausgesetzt. Keiner wusste, wie maßnahmen vor Infektion. Mit- vor mehr als 2000 Jahren be- sich die Infektionsrate entwick- ten im Tod beginnt das Leben. gonnen hat: Karfreitag liegt hin- eln würde. Ausweglosigkeiten Das ist auch in unserer Corona- ter uns, die Auferstehung Jesu wurden deutlich wie selten. Zeit zu erleben gewesen. Und öffnet eine neue Welt und Zeit. Auch wir Christen leben im dennoch sind Menschen gestor- Der Tod hat sein Recht auf uns Übergang, zugleich als „Sünder ben, mussten wir hilflos dem verloren. Mit dem Sterben und und Gerechte“. Altes und neues Sterben zu sehen. Die Hoff- der Auferstehung Jesu gilt: Den Leben liegen in unserem Leben nung, dass darin nicht das En- Riss zwischen Mensch und Gott dicht beieinander. „Ich zuerst“ de, sondern ein Anfang liegt, ist heilt Gott selbst. Eine neue Zeit so lautet das Motto des alten die wunderbare Zusage der beginnt. Paulus sagt es so: Wer Lebens. Aber der Mai zeigt uns christlichen Botschaft: Der zu Christus gehört, ist ein neuer etwas vom neuen Leben. Die Glaube findet sein Ziel nicht in Mensch geworden. Was er frü- Natur blüht, das Leben brummt. dieser Welt. Jede Zeit ist eine her war, ist vorbei; etwas ganz Das neue Leben der Christen Zeit des Wartens auf den Ein- Neues hat begonnen (2. Kor hat eine Chance, weil Christus bruch der Ewigkeit. Ja, es gibt 5,17). Und er denkt daran, dass auferstanden ist und mit seiner noch mehr als den Mai, so ein Mensch, der in der Taufe mit Kraft in uns Neues wachsen schön, wie er sich auch oft Manfred Holst, SELK. Foto: priv. Jesus Christus verbunden ist, lässt: Glaube und Liebe. Ein zeigt. KiM 3 5/20
Kleine Kinder, bun- Groß verstanden te Engel, schöne wird. Der Engel Post. Mit wenigen steht zugleich für Worten lässt sich die die frohe Botschaft Idee zusammenfas- und als „rettender sen, mit der sich Sa- Engel“ auch für ei- bine Löhnert, Geron- nen hilfsbereiten totherapeutin und Menschen. Aber Krankenschwester in natürlich sind der Kinder basteln für der sozialen Betreu- Kreativität ung im „Haus am al- keine Gren- Marburger Alten- ten Botanischen Gar- zen gesetzt und Pflegeheime ten“, dem Altenwohn- und Kunst- und Pflegeheim der werke aller DRK-Schwestern- Art willkom- schaft Marburg, beim Team der Citypastoral meldete. „Zur men. Eindämmung des Corona-Virus und zum Schutz der Bewoh- Die ersten nerinnen und Bewohner herrscht in Altenheimen derzeit Be- Briefe gehen an Menschen im „Haus am alten Botanischen suchstopp. Das trifft die alten Leute sehr hart, aber nicht nur Garten“ der DRK Schwesternschaft Marburg e.V. und im Al- die Menschen bei uns, auch ihre Angehörigen. Ein schöner ten- und Pflegeheim St. Elisabeth in Marburg. Die Aktion Brief wäre ein Lichtblick im derzeitigen Alltag der Menschen kann auf weitere Einrichtungen ausgeweitet werden. und würde ihnen zeigen, dass sie auch in dieser isolierten Si- Wer Lust hat bei der Ak- tuation wahrgenommen werden. Vielleicht könnten Kinder tion „Ich schick dir einen En- schreiben, die derzeit viel Zeit zuhause verbringen und ihre gel“ mitzumachen, schreibt Großeltern auch nicht sehen dürfen.“ einfach eine E-Mail an: City- Die Referentinnen der katholischen Kirche griffen die Idee pastoral-Marburg@Bistum- gerne auf und suchen nun Kinder und Jugendliche, die mit ei- Fulda.de, Betreff: Ich schick nem selbst gebastelten Engel, einem Bild oder Brief den dir einen Engel. Menschen in Altenheimen Hoffnung schenken möchten. Die In einer Antwortmail ste- ersten Brief-Patenschaften sind bereits entstanden – ob es hen der Name und das Alter ein ein- oder mehrmaliger Kontakt wird, entscheiden die klei- einer Person und die Post- nen Künstler selbst. Referentin Claudia Plociennik, selbst anschrift des Altenheims. Mutter von drei Töchtern, weiß, „dass seit der Kindergarten- Das gemalte oder gebastel- und Schulschließung viele Eltern nach Ideen zur Beschäfti- te Kunstwerk, gerne auch gung ihrer Kinder suchen. Diese Idee, bei der die Kinder et- ein Gebet oder persönlicher was Sinnvolles tun und sich generationenübergreifend enga- Text werden dann per Post gieren, hat mich sofort begeistert.“ Das Team der Citypasto- versendet. ral hat den Engel als Leitmotiv gewählt, da er von Klein und Marieke Kräling Alles Schlechte hat auch sein „Wenn die Krise über- (Auszug von Welt+ – „Ich und Stress verblasst. Ich standen ist, wird vieles habe Zweifel“ von Mathias gewinne Achtsamkeit und Gutes nicht mehr so sein wie vor- Döpfner, 23.03.2020) betrachte Dinge weniger her. […] Wir werden anders oberflächlich. Sei es die arbeiten. Weniger reisen. Aktuell beherrscht viel Sonne, die mir gute Laune Vielleicht rücksichtsvoller Negativität meinen Alltag. und Wärme schenkt, ein er- Ich würde gerne mit einem kleinen gegenuüber der Umwelt Nachrichten um das Thema innerungsreiches Telefonat Ausschnitt aus einem Zeitungsartikel sein. Respektvoller auch Corona klingen alles ande- mit alten Bekannten oder aus der „Welt“ starten, der mich zum gegenüber Politikern, die re als vielversprechend und einfach einen bewussten Nachdenken gebracht hat. verantwortungsvoll, nicht Zahlen von neuen Todes- Moment zum Innehalten, populistisch handeln. opfern machen mich traurig Durchatmen. Es ist schade, Wir werden anders mit- und bereiten mir Angst. dass diese Dinge erst einander reden und uns an- Doch das Ganze lehrt durch Corona möglich wur- ders begegnen. Vielleicht mich etwas, lehrt mich das, den, doch wir müssen die- n d e r dankbarer für vieles, was bisher selbstverständlich was Gott und viele Grund- sätzlichkeiten unseres se etwas andere Art von Anstoß nutzen, um das Ge- iE n a i g e n ! erschien. Wirtschaftlicher Aufschwung. Rauschende Partys. Bewusster Genuss. Glaubens mir vermitteln wollen: Dankbarkeit, Zuver- sicht, Hoffnung und ganz sagte mit in die Zukunft zu nehmen und zu verinner- lichen, denn wie heißt das m u t Gesellschaft und Gesellig- keit – und vor allem Frei- banal, aber niemals zu ver- nachlässigen, die Lebens- Sprichwort so schön: „Alles Schlechte hat auch sein er heit – werden wieder ein Geschenk sein.“ KiM 4 5/20 freude, die im gewohnten Alltag oft vor lauter Trubel Gutes“. Carlotta Hessberger
Einander ermutigen! All- Miriam Ludwig, Kirchenführerin in der Elisabethkirche tags- helden Als ich heute Nachmittag mit meinem Freund spazieren gehen wollte, hatten wir für uns für den Friedhofspark in der Nähe entschieden, einem der wenigen Orte, wo man Abstand halten und dennoch etwas Frühlingsluft schnuppern kann. Den Friedhof kann man durch ein Tor betreten. Als wir ein- traten, entdeckten wir einen Zettel eines Anwohners aus der Nähe, der seine Hilfe bei Einkäufen für ältere Menschen anbot. Als wir den Friedhof verlie- ßen, lasen zwei alte Damen gerade den Zettel und sie lächelten. Als mein Freund und ich stehen blieben und ihnen durch Abstand den Eintritt ge- währten, bedankte sich eine der Damen mit einem strahlenden Lä- cheln. Diese Begegnung mit den beiden Damen hat mir Hoffnung gegeben, dass diese Zeit aus jedem von uns einen kleinen Alltagshelden machen kann. Gott ermutigt uns dazu, ge- rade jetzt unsere Mitmenschen zu achten, zu re- spektieren, zu unterstützen, zu trösten aber auch mal richtig zum Lachen zu Bild: R by M.E./pixelio bringen. Lichtblicke Ich schaue auf die Schale, die ich mir vor kur- aus. Wie gut, dass ich noch einkaufen und ar- wieder entdecken zem mit Primeln und kleinen Narzissen be- beiten kann, wenn auch weitestgehend im pflanzte. Farben und Schönheit tun mir Homeoffice. Leere Regale kenne ich schon aus gut. Außerdem entdeckte ich eine Wie- der DDR, in der ich aufgewachsen bin. „Das ha- se voller herrlicher Gänseblümchen. ben wir damals geschafft, also werden sich auch Aus ihnen Kräutertee und Blüten- heute Möglichkeiten finden“, kommt es mir in wasser herzustellen macht Spaß den Sinn. Außerdem kann ich wählen, wie ich und ist gesund. meine Homeoffice-Tage sehen will – mich är- Ich fing wieder an, ganz be- gernd, dass ich nicht mehr ins Büro darf, oder wusst auch für scheinbar mich freuend, dass ich, wenn auch verändert, selbstverständliche Dinge doch noch arbeiten kann ... wie Sonnenschein, blauen Selbst anderen zu helfen ist eine beglückende Himmel und frische Luft zu Erfahrung. „Du bist für uns heute ein Lichtblick“, danken. Das hilft mir, das Gu- sagte jemand neulich zu mir. Schön! Bei GAiN te wahrzunehmen. machen wir weiter, so gut es aktuell eben geht. Meine Kontakte zu Hilfsor- Mitmachen ist erwünscht. ganisationen und Menschen in Als ich darüber nachdachte, was mich durch anderen Ländern tragen dazu andere herausfordernde Zeiten getragen hat, bei, meine Umstände, so herausfor- fielen mir Mut machende, geistliche Lieder ein. dernd sie für mich als alleinlebende Le- Klasse, auf solche Ressourcen zugreifen zu dige auch sind, anders einzuord- können! nen. Manila beispielsweise steht Manchmal passiert es mir, dass ich die wär- still. Die Armen kommen menden Sonnenstrahlen oder das leise Lüft- nicht mehr aus ihren Slums chen, das mich beim Spaziergang umweht, als heraus, können nicht zur zarte Berührung empfinden und als Geschenk Arbeit. Keine Arbeit, kein eines liebenden Gottes empfangen kann. Essen – so sieht es dort Anne-Katrin Loßnitzer KiM 5 5/20
Auch Mut lehrt beten... n d e r Du HERR über Raum und Zeit, iE n a i g e n ! zu Dir dürfen wir kommen mit unserer Unsicherheit, allen Zwei- feln und unseren Sorgen. Die Bedrohung durch das Virus, das sich so rasant ausbreitet m u t und uns in Angst und Schrecken versetzt, ist groß. Wie tiefgreifend hat sich unser Leben in den letzten Wochen ver- er ändert ... Vieles ist zum Erliegen gekommen. Mitten hinein in die Passions- zeit hat uns das Leiden getroffen. GOTT, mittlerweile fühlt sich das Leben in vielen Bereichen recht leblos an! Ein Leben auf Sparflamme. - Zu geliebten Menschen ist derzeit keine Nähe möglich, gerade in Situationen, wo es so hilfreich und heilsam wäre, den Ande- ren in den Arm zu nehmen, um Trost zu spenden. - Existenzielle Lebensbereiche brechen weg. Viele Menschen können und dürfen nur noch unter bestimmten Bedingungen arbeiten und das in einem Land, wo sich die meisten Men- schen über die Arbeit bzw. ihre Leistung definieren. - Wenige – so scheint es – halten den Laden am Laufen. Berufs- gruppen geraten nun in unseren Blick, die bisher vielleicht so- gar geringgeschätzt wurden. Das Trostlied Dennoch, wir sind alle durch DICH und mit DIR verbunden. JESUS, ich bin dankbar für ALLES, was uns dennoch bleibt! Es Auf m a - ist alles in allem gesehen doch so viel. seiner tionsspru- Öffne uns die Augen und lass uns ein „halbvolles Glas“ erkennen. Reise nach ches zu er- Königsberg zum Stu- leichtern, legte unser Wir kommen zu Dir mit all der Not, die weltweit wütet. dium wurde der Kaufmanns- Pfarrer Kärtchen aus, die dafür Wir bringen Dir jeden einzelnen Menschen und legen ihn Dir ans zug, mit dem er reiste, überfal- bestimmt waren, dann auf der Herz. len. Völlig mittellos gelangte er Innenseite des Gesangbuch- Du bist inmitten aller Widrigkeiten und hältst Deine Hände schüt- in den Wirren des Dreißigjähri- covers ihren Platz zu finden. zend um uns, gen Krieges über Hamburg Unter meinem Konfirmations- im Leben wie im Sterben! schließlich nach Kiel, wo er ei- spruch fand sich ebenfalls die- Danke, dass Du das Leid am eigenen Leibe erfahren hast und ne Anstellung als Hauslehrer se siebte Strophe. uns mit Deiner Auferstehungshoffnung fand. Dort dichtete er, der ein Georg Neumark beschreibt, trösten willst. guter Gamben-Spieler gewe- wie Gott auch über den sen sein soll, als 20jähriger Schwierigkeiten steht, den AMEN Diana Agostin dieses Lied. Überblick behält, uns beisteht Später verhalf ihm sein Ar- und uns versorgt. Irgendwann beitgeber zu einem Schiffs- werden auch die schwierigen platz nach Danzig, von wo aus Zeiten wieder besser. Es er weiter nach Königsberg kommt darauf an, sich an sei- reiste und sein Studium fort- nen Zusagen festzuhalten. führen konnte. Nach Stationen in Danzig, Thorn und in seiner Möge der Text für sich sel- früheren Heimat Thüringen ber sprechen: wurde er von Herzog Wilhelm Sing, bet und geh auf Gottes zum Bibliothekar und Hofpoe- Wegen, ten in Weimar bestellt. verricht das Deine nur getreu Die letzte Strophe dieses und trau des Himmels reichem Liedes begleitet mich seit der Segen, Grundschulzeit, als meine so wird er bei dir werden neu; Klassenlehrerin sie in mein denn welcher seine Zuversicht Poesie-Album geschrieben auf Gott setzt, den verlässt er hatte. nicht. Um die Auswahl des Konfir- Impuls von Gertraud Müller KiM 6 5/20
Bild: medio.tv/Stefan Aumann Besuch von Helga Einander ermutigen! Neu- lich bekamen wir Besuch von Helga. Das Huhn aus der Nach- barschaft hatte sich – trotz Kontaktbeschrän- kungen – auf den Weg gemacht und eine Lücke im Zaun genutzt, um seine Umgebung zu erkunden. Viel- leicht hatten auch die eigentlich für die Singvögel ausgeleg- ten Haferflocken und Rosinen angelockt. Jedenfalls ließ sich Helga die von meiner Frau dargereichten Leckereien schmecken. Anschließend wurde sie allerdings sanft wieder über den Zaun auf das Nachbargrundstück bugsiert, wo eine studentische Hausge- meinschaft sich in Selbstversorgung einübt. Dies hielt Helga aber nicht davon ab, sich noch zweimal auf den Weg zu der neu entdek- kten Futterquelle zu machen. Schließlich musste einer der herbei- gerufenen Nachbarn Helga persönlich einfangen, um die Ord- nung wiederherzustellen. Tags darauf kam er erneut zu uns, um – unter Wahrung des Abstandgebots – vier frische Hüh- nereier zu übergeben, als Zeichen der guten Nachbar- schaft. – Wir freuten uns, dass trotz verordneter Häuslichkeit doch mal jemand aus der Reihe tanzt, und sei es Helga! Volker Heinrich Den Mut nicht verlieren! Zuversichtlich bleiben! In der Krise sind wir angespannt. Die Corona-Krise ver- lungsfähig. Ich bleibe bei Sinnen und überlege, was ich unsichert uns. Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. für mich und andere tun kann. Ich bleibe zuversicht- Manche zeigen ihre Angst. Andere verdrängen Befürch- lich, weil ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die tungen und Ängste. Was tun? wissen, was zu tun ist. Bei allen Schreckensmeldungen nehme ich mir vor, den Und dann gehen meine Gedanken zu den Pflegeperso- Mut nicht zu verlieren und zuversichtlich zu bleiben. nen und Ärztinnen und Ärzten in den Krankenhäusern Als Trainer für gewaltfreie Kommunikation habe ich ge- und zu den vielen Menschen, die auch unter widrigen lernt: Mut ist ein Bedürfnis! Umständen helfen, unterstützen und Leidenden Mut Bedürfnisse sind Impulse, die ich brauche für ein sinn- machen. erfülltes Leben. Mut braucht es besonders dann, wenn Ich bin erfreut über die vielfältige Solidarität. Erkrankte es kritisch wird. Für mich und meine Angehörigen. Für aus Italien werden in hiesigen Krankenhäusern aufge- so viele Menschen in aller Welt. nommen. Aus China werden Beatmungsgeräte einge- Ja, ich brauche Mut, wenn ich erlebe, was uns derzeit flogen. geschieht und abverlangt wird. Wenn ich höre, was an- Ich glaube, dass es allen Mut macht, wenn Menschen deren geschieht, die unmittelbar in ihrer Gesundheit und Staaten solidarisch handeln, wenn „Not am Mann“ bedroht sind oder sich in Lebensgefahr befinden. ist. Wenn wir den Mut nicht verlieren, sind wir stark. Ich bin erleichtert, wenn ich erkenne, dass ich Mut Und Stärke, Energie brauchen wir, um immer wieder brauche, um angesichts der Corona-Krise standhaft zu neu den Mut nicht zu verlieren und zuversichtlich zu bleiben. Wenn ich weiß, was ich brauche, bin ich hand- bleiben. Wolfgang Sutter KiM 7 5/20
Die Aufforderung „BITTE ABSTAND HALTEN“ erschien am 24. März auf Einander den „fliegenden Bildern“, der Lichtinstallation auf dem Dortmunder U-Turm, ermutigen! dem Wahrzeichen der Stadt Dortmund. Die Lichtinstallation stammt von dem Dortmunder Film- regisseur und Künstler Adolf Winkelmann. Dennoch Nicht weil alles glatt läuft in meinem Leben Nicht weil mein Glaube unerschütterlich ist Nicht weil ich nie Angst oder Sorgen habe Nicht weil ich immer den Wind im Rücken habe Nicht weil der Fortschritt Kriege überflüssig macht Nicht weil Krankheit und Leid bald besiegt sein werden Nicht weil wir gut mit unseren Ressourcen umgehen Nicht weil ich eine gerechtere Welt für möglich halte Sondern in allem. Trotz allem. Durch alles hindurch. Dennoch! Dr. Jörg Schwab: „Dennoch bleibe ich stets an dir, „Dankbarkeit Gott gegenü- ber ist wie der Klang der denn du hältst mich bei meiner rechten Hand.“ (Ps. 73, 23) Glocke, sie schwingt wun- derbar nach und ändert Juliane Waldminghaus unsere Perspektive.“ KiM 8 5/20
Die Ahnung von der Kraft der Sonne Eigentlich ist es mir ein Dorn im Auge: das Unkraut. Zwischen den Gehwegplatten und den eingefassten Rabatten sprießt es hervor und ärgert mich, weil das Grün zwischen den angelegten Wegen unordentlich aussieht – was sollen die Leute bloß denken – und weil ich Zeit und Energie darauf verwenden muss, die wildwuchernden Pflanzen auszureißen. In diesen Zei- ten sehe ich in den aus dem Dunkel der Erde, zwi- schen Stein und Asphalt aufsprießenden Trieben des Löwenzahns, der Schachtelhalme, des Gierschs, der Knöteriche und der Gräser kleine Hoffnungsboten für das Leben, das nicht aufgibt. Das Leben sucht sich Wege zum Licht, ist ein Künstler der Improvisation und kann im Ernstfall solche Haltungen wie Geduld, Be- harrlichkeit und Zähigkeit entwickeln. Die Pflanzen tra- gen in sich eine Ahnung von der Kraft der Sonne, die hinter dem Asphalt, den Platten und Steinen scheint. Ich nenne es mein Vertrauen in Gott, das mich hinter allem sein Licht erahnen lässt und mich in diesen Zei- ten trägt. Oliver Henke Bild: M. Hagenau E Einander ermutigen! Es wird s wird dauern. Es dauert ja schon … wie lange? Mein Zeit- stinnen und andere, die in Dauer-Alarmbe- reitschaft sind? Sie alle sind wahre Licht- kleidung. Be- helfsmäßige dauern Gefühl verschwimmt in diesen blicke: Jede*r Einzelne eine ganz persönli- Beatmungsgeräte – gerade in Entwicklung Corona-Tagen. Die Sonne – che Ermutigung! Jeder Anerkennung wert, – statt Schlafmasken. So viel innovatives zum Glück! – scheint es nicht auf Dauer aber auch auf dem Lohnzettel! Engagement! Wenn wir erst am Anfang der zu scheren. Den wechselerprobten Früh- Wie lange, so beschleicht es mich, pack- Epidemie stehen: hoffentlich auch am Be- ling auch nicht. Manchmal mischen sich in en wir das alles, persönlich, als Gesell- ginn solch weit reichender, kreativer Kraft- das Taghelle auch dunkle Seiten, mehr als schaft? Was sind die Folgen? Kinder-En- Zeichen! nur Schatten: Ohnmacht, weil ich am Virus kel-Verzicht. Fehlendes Geld im Portmon- Begegnungen auf Abstand. Telefonate. nichts ändern kann. Unsicherheit, was ge- ne. Familiäre Zerreißproben. Läden, Ca- Solidarität. Vieles trägt durch den Moment, fährlich ist – oder gar: wer? Der verlässlich fés, Restaurants – zu. Keine Kinos, Kon- hellt das Gemüt auf. Spaziergänge! Fri- vertraute Alltag ist ganz weg, versackt. Ein zerte, Theater. Wirtschaftliche Einbrüche. sche Luft. Sonne! Heller Tag. Lieder sum- unbeschwerter Frühlingsspaziergang? Politik im Krisenmodus. Rutschende Bör- men öfter in mir, was ich immer allmählich Oder in Ruhe die Einkaufsliste im Super- senkurse. Wissenschaft am Anschlag. bemerke. Meine Stimmung steigt. Mit- markt abarbeiten samt einem kleinen Aber – Tolles in Nachbarschaften: das schleichende Unsicherheit, auch Angst. Plausch zwischendurch? Diese Verluste Nachfragen und Einkaufen. Kerzen, Sin- Mehr Zeit. Nerven liegen blank. Kein Ende wiegen schwer. Noch schwerer die vielen gen oder Klatschen. Kreatives vor Ort: or- in Sicht. Mein Herz hofft das „We shall schon Gestorbenen, die unvorstellbar vie- ganisierte Hilfen, Mundschutze nähen, Lie- overcome …“. Bessere Zeiten werden wie- len Infizierten … Das alles weltweit. ferdienste, Essen bestellen! Videos, ermu- der kommen! Es wird dauern. Über-Leben! tigende, anrührende, auch skurrile bis ver- „Lasst uns vom Berg der Verzweiflung Wie schaffen das eigentlich die Pflege- rückte. Produktumstellungen: Desinfek- Steine der Hoffnung abtragen.“ (M.L.King) Menschen-Polizistinnen-Supermarkt-Mitar- tionsmittel statt Spirituosen. Mundschutze beitenden-Rettungskräfte-Ärzte-Journali- – kannte ich das Wort vorher? – statt Be- Traugott J. Simon KiM 9 5/20
Ein Weizenkorn Mehr als acht Wochen lang zu? - Der Wochenspruch für haben wir mit Fleiß und großer den morgigen Sonntag Lätare, mit ungeahnter Freude uns auf das Konzert den 22. März 2020, ist ein Wort Frucht vorbereitet, das am 22. März Jesu und lautet: ‚Wenn das stattfinden sollte. „Wir“ – das Weizenkorn nicht in die Erde sind die Sängerinnen und Sän- fällt und erstirbt, bleibt es al- ger der Marburger Senioren- lein; wenn es aber erstirbt, kantorei. Im Mittelpunkt sollte bringt es viel Frucht“ die Bachmotette „Jesu, meine (Joh.12,24). – Das Weizenkorn Freude“ stehen – passend zum sind wir und unsere Selbstver- Sonntag Lätare (= Freuet ständlichkeiten. Die große Kri- euch!). Wenige Tage davor se, in der wir unversehens drin kam die abrupte und definitive sind, die uns einschränkt und Absage – per Mail, ohne dass auf uns selber zurückwirft, ist wir uns im Chor in die lange solches ‚Ersterben‘. Ich glaube Chorpause voneinander verab- aber, dass das, was wir jetzt schieden konnten und darüber auszuhalten haben, zu einer miteinander trauern konnten. – ungeahnten Frucht wird: Nicht Just in der Stunde, in der das nur, dass es wieder wird, wie Konzert eigentlich stattfinden es war, sondern neu, wie wir es sollte, fand ich in meinem Mail- uns jetzt noch gar nicht vorstel- Briefkasten folgende Betrach- len können. Und gut. Daran tung vor, die ein Schweizer glaube ich.“ Pfarrer am Tag zuvor seinen Diese Worte haben mich Gemeindegliedern zugesandt sehr getröstet. Und haben mir hat: Mut gemacht, trotz allem das „Nichts ist mehr so, wie es eine oder andere „Weizenkorn“ bis vor Kurzem noch selbstver- in die Blumentröge auf unserer ständlich war: Die Läden sind Dachterrasse zu legen! zu. Die Restaurants sind zu. Die Schulen zu. Das Leben Wilhelm Heermann Einander ermutigen! Warum (m)ein Handy trösten kann… Gut tun mir in diesen Tagen gen nicht.“ Oder Gott, sitzt mit diese kleinen Videos, Aktionen, einer Katze auf dem Schoß im Fotos mit Sprechblasen etc., Himmel und kann gerade nicht die auf meinem Handy landen. eingreifen da unten auf der Er- Da steigt ein aus zig hellblauen de, weil „die Katze schläft“. Luftballons zusammengesetz- Oder das ältere Ehepaar, das ter riesiger Rosenkranz zu Ver- statt Kartoffeln Klopapier in die diklängen über einer italieni- Furchen ihres Acker setzt….., schen Vorstadt hoch oder es oder die beiden Handpuppen: kommen mit tatütata zwei Poli- „Was hast Du heute gemacht?“ zeiautos in eine Wohnstraße „Gar nichts.“ „Das hast Du gerauscht, fünf Polizisten sprin- doch schon gestern gemacht“. gen heraus und singen „Un, „Ja, aber ich bin damit gar nicht dos, tres“ mit Gitarre, unter fertig geworden.“ U.s.w. . Die- Klatschen und Mitsingen der se kleinen Nachrichten tun mir Anwohner ein Kinderlied. Oder gut, weil sie humorvoll und so die beiden Freunde, sitzen am menschlich sind und mir erlau- See, blicken ins Wasser „Eines ben, neben allen schrecklichen Tages werden wir alle sterben, Nachrichten, Zahlen, Bilder Snoopy“. „Ja“, antwortet Snoo- auch einmal zu lächeln. py, „aber an allen anderen Ta- Gabi Erne KiM 10 5/20
Einander Hey Mary, I've heard you've been dreaming Making plans for your big wedding day You and Joseph are gonna be The picture perfect family ermutigen! Maybe a couple of kids down the road But I've been thinking Even before time began I had a picture perfect plan Of how to save this broken world Through the life of just one man I'm gonna send my only Son And Mary, you're the one You were right about one thing You're gonna have that family And you're gonna raise a King (aus “Dream for you”, Casting Crowns, Album: Thrive) Gott hatte einen größeren Plan. Ob das Maria in diesen be- Mir geht‘s gerade wie Maria! Einfach schwerlichen Situationen Hoff- Ich hatte tolle Pläne für den nung gegeben hat? Frühling! Ich wollte meinen El- Ich habe in der aktuellen Krise tern beim Umzie- eine Entdeckung gemacht: die hen in eine alters- Einfachheit. glauben gerechte Wohnung Auf youtube lesen Autorinnen helfen. Ich wollte und Autoren z. B. aus ihren Bü- mir Zeit für einen chern vor – ein Buch, eine Ka- Urlaub mit meinen mera und keine digitale Show Christina Christ: Teenagern-Töch- dabei. Oder Menschen musizie- „Du kannst nicht tiefer fallen tern nehmen. Ich ren und singen gemeinsam auf als in Gottes Hand.“ wollte meine ihren Balkonen. Oder viele Men- Selbstständigkeit Arno Pötsch schen gehen in der freien Natur voranbringen und spazieren und genießen die Son- Ich vertraue darauf, dass das schmale Einkommen stär- ne. Vielleicht ist das eine Entdek- mein Leben immer in Gottes ken. Ich hatte so gute Ziele… kung dieser Krisenzeit: Unser guter Hand geborgen ist, …und dann kam Corona. Leben geht auf einfache Weise. egal was geschieht. Das gibt Den Umzug müssen meine Im Refrain von „Dream for you” mir Kraft und Zuversicht 70jährigen Eltern nun allein vor- heißt es frei übersetzt: „Lass bereiten. Der Urlaub in den auch in schwierigen Zeiten. mich für Dich träumen. Ich bin Osterferien fällt aus. Beruflich bin stark, ich trage Dich. Lass von GOTT IST BEI UNS! ich in der Eventbranche tätig. Deinen Plänen ab und ich zeige Dort sind derzeit alle Veranstal- Dir, wie mein Traum für Dich aus- tungen abgesagt. sieht.“ Stattdessen bin ich Home- Was kann ich tun, damit ich school-Lehrerin und komme zu sehe, wovon Gott träumt? Ich nichts, weil ich mich abwech- kann meinen Blick ändern. selnd zwischen Klasse 2, 5, 9 Jesus sagt in der Bergpredigt, und der Jagd nach Klopapier be- dass wir zuerst Gottes Reich und wege. Ist das nicht total entmuti- Gottes Gerechtigkeit suchen sol- gend? len, und das, was wir zum Leben Wenn ich an Maria denke, se- brauchen, wird er hinzufügen. he ich keine leichtläufige Ge- (Matth. 6,33) schichte, in der ihr ein Engel be- Ich wünsche mir, dass ich in gegnet, Schwangerschaft und dieser Zeit neu lerne, einfach zu Geburt von Jesus ankündigt, und glauben, einfach im Sinne von es von da an rund läuft. Nein, die „selbstverständlich“ und auch Probleme fingen dann erst an! von „direkt“. Wegschauen von Joseph will die Verlobung lösen. meinen Beschwernissen und Die Geburt findet meilenweit von mich mit Dingen beschäftigen, zuhause statt. Keine Hebamme die Gott mag. Einfache Dinge. unterstützt Maria. Mit dem Klein- Einfach Beten. Einfach Danken. Anja Pommerien: kind Jesus werden Maria und Jo- Einfach jemanden anrufen. „Sei stille dem Herrn und warte auf ihn, seph zu Flüchtlingen und so wei- Sonja Kretzer er wird es gut machen.“ Psalm 37,6-7 ter. KiM 11 5/20
W Gedanken zu Psalm 8,3f. enn ich den Himmel sehe, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast – was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? (Psalm 8, 3f) Dieser Vers geht mir in diesen Tagen immer wieder mal durch den Kopf. Kleinheit und Größe des Men- schen. Wie machtlos und hilflos sind wir, wenn sich Dinge un- serer Kontrolle entziehen! Was ist der Mensch? Und Foto: Olaf Dellit doch nimmt Gott uns wichtig. Er sieht jede und jeden. Er schenkt Fähigkeiten und Möglich- keiten, Fantasie und Kreativität. Er ist Einander uns nahe, wenn Menschen auf Abstand gehen müssen. Darauf verlasse ich mich. Das macht mir Mut. ermutigen! Ulrike Brodbeck Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. 2. Tim. 1,7 Es wird keine einfachen Lösungen geben, die uns aus bin. Ich sehe, dass viele Menschen bereit sind, sich dieser Krise herausführen. Das kann große Ängste aus- gerade jetzt für andere einzusetzen. Und aus der Tele- lösen. Hier sind wir alle sehr herausgefordert. Und fonseelsorge kann ich sagen, dass sich dort rund um wir können geschwächt oder gestärkt da herausgehen. die Uhr Menschen zur Verfügung stellen, mit denen Sie Was mir dabei hilft, diese Situation jetzt für mich ihre Sorgen und Ängste, aber auch was Sie ermutigt, zu gestalten, ist, dass ich weiß, dass Menschen schon teilen können. Doris Möser-Schmidt so manche Krise gemeistert haben und dass Gott an un- serer Seite ist. Gott schenkt Kraft, Liebe und Beson- nenheit – alles Eigenschaften, die sehr hilfreich sind, um große Herausforderungen zu meistern. Beson- nenheit und Liebe zeigen der Angst ihre Grenzen, und Kraft hilft uns, die Dinge anzupacken, die dran sind. Nein, es wird wahrscheinlich kein Wunder geschehen, das alles zurückdreht, und wir weitermachen können, als hätte es Corona nicht gegeben. Aber das kann un- seren inneren Kompass neu auf das ausrichten, was wirklich trägt. Was wäre, wenn sich statt menschlicher Machbarkeits- und Optimierungsphantasien, Mitgefühl, Liebe und Barmherzigkeit im Miteinander ausbreiten würden? Wenn materielle Dinge in den Hintergrund tre- ten würden und wir den Wert von verlässlichen Bezie- hungen stärker entdeckten? Wenn mehr Menschen erkennen würden, dass sie Geschöpfe Gottes sind und nicht selbst Gott spielen wollen? Wenn wir unsere Verantwor- tung für die Schöpfung neu entdeckten und das Konse- quenzen für unsere Lebensführung hätte. Welche inneren Bilder tragen Sie in sich, die Sie jetzt ermutigen? Das ist das, was mich auch schon vor der Krise moti- viert hat. Und ich weiß, dass ich damit nicht allein KiM 12 5/20
Ich war als Junge kein „Draufgänger“, war nicht kühn, musste im- Man begrüßte u. a. mit Küsschen Bekannte, nur wenn man mich mer erst das Terrain erkunden, kennenlernen, bevor ich es betreten sah, drückte man sich den Rücken zuwendend vorbei, als sei ICH mochte. Sah lange zu, wie andere schwammen und fasste dann infektiös. ein Herz und lernte es dann auch schnell. Meine These: Wissend um die Tröpfchen- und Schmierinfektion Es mag deshalb auch mein Weg sein, wie ich mit Covid hätte man schon früh mit Abstand und Mundschutz und 19 umgehen will, nämlich in drei Schritten, dieser An- Reinlichkeit die nun drastischen Maßnahmen gelin- fechtung beherzt! entgegenzutreten, nämlich den der ausfallen lassen können. Schritten Willen, Wissen und Ermutigung. Ermutigung als die wohl wirksamste Kraft im Willen soll für mich heißen, dass ich mich menschlichen Miteinander kann ich mir nicht passiv Anordnungen füge, sondern schenken lassen oder verschenken. Der aktiv in meinem Tun und meinen Begeg- Gruß übern Zaun „bleib gesund!“, die nungen möglichst konsequent andere Nachfrage „kann ich Euch was mitbrin- und mich schütze. gen?“, das regelmäßige kümmernde Te- Wissen: Mir ist völlig unverständlich, lefonat sind das eine; wie hoch die Wellen erst schlagen müs- das Besinnen darauf, wo beherzte, mu- sen, bis Wissen um Schutzwirkung das tige Menschen in Not (als die Not wie bei Verhalten verändert. Wir sehen uns 14 Ta- Paul Gerhard im 30jährigen Krieg keine ge lang an, dass in Südkorea, Vietnam und 14tägige Quarantäne, sondern allgegenwär- Taiwan u. a. durch das Tragen von Schutzma- tig war) ihre Kraft her nahmen und mich mit ei- sken die Neuinfektionen gering sind, dass dort nem „Befiehl du deine Wege und was dein Her- Geschäfte florieren, Schüler zur Schule gehen, Willen – Wissen – Ermutigung staunen – und sagen, das sei in unserer „offenen Gesell- schaft“ nicht machbar. Selbst „Fachleute“ sagen, das würde „nur“ dem Gegenüber nut- zen. Starke Logik? Wenn der auch einen Mundschutz tragen würde und mir begegnete, würde es dann nicht auch mir nutzen? Oder ze kränkt der allertreusten Pflege des der den Himmel lenkt… der „Es reicht, wenn Infizierte eine Maske tragen“ – in der Inkubations- wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann“ mit Gottvertrau- zeit wissen die das doch gar nicht. en bestärken und beseelen, das andere. Am 20. März, also z. Z. des exponentiellen Anstiegs der Infektio- Solche Hoffnungstexte lindern die Angst und stärken die Abwehr- nen, ging ich mit Mundschutz in einen großen Markt – und staunte: kräfte. Ganz gewiß! Gottfried Melnyk Einander ermutigen! Gedanken zu Psalm 68,20 M „Gelobt sei der Herr täglich. Gott gibt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch.“ (Psalm 68, Vers 20) it großer Dankbarkeit erfahren zur Zeit viele Men- schen, dass eine bergende Kette von lieben Personen um sie herum ist, die teilnehmen, helfen wollen und können durch Tat, Wort und Rat. Wie Geschenke sind diese Menschen, die nicht groß fragen sondern einfach da sind. So kann uns Gott helfen durch seine uner- klärbare Nähe. Aber ebenso im Sin- gen und Beten umfängt uns die Nä- he Gottes. „Ach, wie lang, ach lan- ge ist dem Herzen bange und ver- langt nach dir...“ Im Vertrauen auf Gott dürfen wir seine Hilfe erbitten, ihn loben und ihm danken. Mit diesem Psalmvers möchte ich allen Mut machen. Klaus-Dieter Koch: Anne Wollenteit „Vertrau mal mehr auf die von Gott geschenkte Selbstheilungskraft und Resilienz der Menschen“ KiM 13 5/20
Gott wächst mehr in mein e r I Eina n d Leben e n ! hinein… e r m u t i g n der Zeit, in der alles weniger wird, meine sozialen Kontak- te, die Treffen mit der Familie und Freunden, die Gesund- Grund heit, das Geld, die Hoffnung auf ein schnelles Ende, wird mei- ne Angst größer. Die Angst, allein zur zu sein, nicht mehr richtig arbei- ten zu können und die große Angst, dass meine Mutter so eine Hoffnung Alle sagen: Sowas wie die Corona-Krise hatten wir noch nie. Infektion nicht überleben wird. Doch, zur Zeit der Pest bestimmt! Und mir fällt dazu immer wieder die Doch gerade in dieser aussichts- Ballade von Friedrich Hebbel ein: „Der Tod kennt den Weg“ losen Zeit, wirst du für mich grö- ßer, Gott. Du wächst wieder mehr Ein Baron denkt, in seinem verriegelten und von warnenden Wächtern geschützten Schloss den Schwarzen Tod fröhlich feiernd zu überdau- in mein Leben hinein, weil ich ern – mögen die anderen „sterben und verderben“. Aber als der mich wieder mehr dir zuwende, Wächter auf dem Schlossturm verstummt und der Baron eilt, ihn mir Zeit für dich und mit dir neh- zu bestrafen, sieht er an dessen Leiche, dass die Pest längst in das Schloss eingedrungen ist. me. Mehr erbitte, mehr flehe und Es ist für mich hoffnungsvoll, dass in unserer Kirche so mehr auf dich vertraue. Denn du wenige denken: „Lass die anderen sterben und verder- gibst mir Halt. Mit dir an meiner ben“ und soviel Verantwortungsbewusstsein für die Seite fühle ich mich nicht einsam. anderen um uns zutage tritt. Du schenkst mir wieder neue Prof. Dr. Heinrich-Otto M Hoffnung, schenkst mir ermuti- von Hagen gende Telefonate mit meiner Schwester, die das Corona-Virus bald überstanden hat. Du schenkst mir die Kraft für andere da zu sein und doch mich dabei nicht zu vergessen. Du erfüllst Offenheit für Neues mein Leben mit Licht und Liebe, du schenkst mir Hoffnung und Zu- ich bewegt in diesen Tagen die kann auf einmal doch neu angepasst werden. versicht und du lässt mich nicht allgemeine Ungewissheit und Jeder Tag bringt Überraschungen mit sich. Un- los. Danke Gott! AmenRonja Wie- Unwägbarkeit. vorhergesehenes ist an der se Keiner weiß, Tagesordnung. Das ist für Foto: Privat was in drei mich persönlich anstren- bis vier Wochen sein wird. gend und ungewohnt, da Und ich merke, dass ich vor ich gerne geplant und ge- Corona tatsächlich meist taktet lebe und arbeite. davon ausgegangen bin, zu Jetzt fange ich an, darin wissen, was in den näch- auch Befreiendes zu ent- sten Tagen passieren wird. decken. Ich hoffe, dass ich Jetzt im Moment werden al- manches, was ich sonst als le Planungen nur unter Vor- unumgänglich bewertet ha- behalt gemacht, alles ist va- be, auf den Prüfstand stel- ge und eventuell. len werde. Mit der Erkennt- Und da komme ich zu nis: „Es geht ja auch an- dem Mut-Machenden: Ich ders! Oder sogar ohne?“ erlebe bei mir eine Offen- Bei allem, was kommt, heit für Neues, ja fast schon bin ich zuversichtlich und eine Leichtigkeit. Vieles, gelassen, denn Einer hat was sonst gesetzt und un- uns versprochen: „Ich bin bedingt nötig war, ist abge- da. Alle Tage. Bis zum Ende sagt und es geht auch ohne. Wer hätte das der Welt.“ (Mt, 28.20 – der letzte Vers im Mat- gedacht? Manche unabänderliche Vorgabe thäus-Evangelium) Ute Ramb KiM 14 5/20
W Denn weißt du, auch das geht vorbei. Wann geht es vorbei? Auch wenn‘s dich lahmlegt, das geht schon vorbei. Ich bleib' bei dir, ich halt' dich fest. Bis es vorbeigeht, bis es vorbeigeht, bis es vorbeigeht. ann geht es vorbei? – Eine bewegende, span- Besonders die Worte „Ich bleib' bei dir, ich halt' dich fest.“ gehen nungsreiche und verrückte Zeit: Plötzliche All- mir tief ins Herz. Da ist jemand, der bei mir bleibt. Da ist jemand, tagsunterbrechung, Widersprüchlichkeiten, Still- der mich ganz festhält. Da ist jemand zum Reden. Da ist jemand... stand und Nachrichtenflut, leerer Kalender und in den lieben Worten einer Whatsapp-Nachricht / in der Studentin, voller Kopf, Social Distancing, Unsicherheiten, die für ältere Menschen einkaufen geht / beim Videochat oder Tele- Existenzängste, finanzielle Sorgen, und vieles mehr…, eine Zeit, in fonat mit Wegbegleitern / in der (un)sichtbaren Gebetsgemein- der mich ein Song von der Band „Tonbandgerät“ sehr berührt: schaft / in der Frau, die Lunchpakete für besonders unterstützungs- bedürftige Menschen austeilt / im Pflegepersonal und dem Arzt, die Wenn alles still steht und das dich zerreißt. beruflich das vollkommene Gegenteil von Stillstand erleben / in Du auf die einfachsten Fragen keine Antwort mehr weißt. dem Kassierer, der trotzt Beschränkungen und Stress freundlich lä- Was du auch machst, es fehlt einfach der Sinn. chelt / in der Nachbarin, die heimlich ein Stück Kuchen vor die Und du glaubst auf einmal deinen dunkelsten Stimmen. Haustür stellt / in all dem Durcheinander / in all dem Stillstand / hier und jetzt. Da ist jemand - für mich ist es Gott. Wenn alles schief geht und du nicht mehr glaubst. An dein Glück und dich selbst und du gibst langsam auf. In all diesen Momenten und Menschen ist Gott für mich spürbar! Fehlt dir der Mut, fehlt dir jemand zum Reden. Da, wo Menschen füreinander da sind und sich umeinander sor- Hör' ich dir zu und versuch dich zu versteh'n. gen. Gott ist da – er bleibt - bis es vorbeigeht. Viola Sinsel Einander ermutigen! Was uns in der Zeit von Corona gut tut W as uns in der Zeit von Corona gut tut, sind die gemeinsamen Abendessen mit der Fa- milie. Sie sind für uns gewohnter Alltag und total schön. Außerdem sind wir viel und gerne draußen im Gar- ten, gehen mit dem Nachbarshund spazieren, fah- ren Rad oder gehen Joggen. Für uns ist es sehr schön als Familie zusammen zu sein, auch wenn wir unsere Großeltern – mit Abstand! – nur im Gar- ten sehen dürfen. Wir verbringen selten so viel Zeit miteinander und machen seit Neustem viele Spieleabende. Da wir leider unsere Freundinnen nicht treffen kön- nen, telefonieren wir viel miteinander und machen auch manchmal zusammen Hausaufgaben am Te- lefon. Es ist sehr praktisch, dass wir uns über Videotelefonate und Face-Time sehen können. Schön ist auch, dass wir länger aufbleiben und schlafen und morgens in Ruhe frühstücken können. Das Wetter ist ja zum Glück so gut, dass wir Aufga- Hanns Pommerien: ben auch in der Sonne machen oder einfach Drau- „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein ßen sitzen können. Licht auf meinem Wege.“ Psalm 119,105 Klara (15) und Johanna (12) KiM 15 5/20
Die Chance in der Krise Mut gemacht hat mir die Andacht eines Pfarrers auf YouTube. Er hielt ein Blatt in die Kamera, auf dem das Wort“Krise" auf Chi- nesisch zu sehen war. Es setzt sich aus zwei Schriftzeichen zu- sammen: Das eine bedeutet „Gefahr", das andere „Chance". Ich dachte spontan: Die sind weise, die Chinesen! Sie wissen um beides: die Gefahr und die Chance, die in einer Krise stecken. Die Gefahren werden uns ja tagtäglich drastisch medial vor Au- gen geführt. Aber worin besteht eigentlich die Chance dieser Co- rona-Krise? In dem YouTube-Clip blitzte plötzlich die Frage auf, ob Gott uns nicht durch diese heikle Lage etwas sagen möchte. Nein, nicht strafen, sondern uns fragen: Seid ihr eigentlich auf dem Weg, der zum Leben führt – ihr als Einzelne und ihr als Gesellschaft? Ich fragte mich: Könnte Gott uns aus Sackgassen und Holzwegen zurückrufen wollen? Vielleicht kann ja der Schock, der uns in die Glieder gefahren ist, noch weit Heilsameres bewirken als „nur" die Eindämmung des fatalen Virus! Sollte Gott uns in dieser Ge- fahr mehr anbieten wollen als Trost und Hilfe und körperlichen Schutz? Vielleicht eine neue Lebensausrichtung? Ich musste unwillkürlich an Jesus denken und seinen Ruf: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" Es ist doch krass, dass diese Krise unmittelbar in eine Zeit hineinfällt, die in unserer Gesellschaft – und auch weltweit! – mit Hasstiraden und Kindes- missbrauch und unverantwortlicher Ressourcenverschwendung einhergeht, um nicht noch viel mehr aufzuzählen, was auf un- serm Planeten schief läuft. Will Gott uns etwa in die Speichen fal- Foto: Miriam Hofmann, pixelio.de len und diesen Wahnsinn stoppen? Will er uns mit unserer offen- kundigen Machtlosigkeit dem Corona-Erreger gegenüber viel- leicht unseren Hochmut zeigen, der glaubt, wir hätten alles im Griff und bräuchten Gott und seine Lebensregeln gar nicht? Will er uns deutlich machen, auf wie wackeligen Füßen unsere Ge- sellschaft steht, wenn sie ihn ausklammert? Vielleicht ist die Pandemie ja mehr als ein rein biologisches Phänomen: Ein Zeichen, das wir auch als Chance in der Krise deuten könnten. Die heilsame Chance umzukehren, Schuld ein- zugestehen und eine neue Ausrichtung auf Gott zu suchen. Ulrich Schlappa Simone Stern: „Von alles Seiten umgibst du mich.“ Psalm 139,5 Einander ermutigen! KiM 16 5/20
#Staythefuckhome - scheint nicht unbedingt die schwierigste Aufgabe für eine Generation, die mit Netflix, Instagram, Snapchat und Facebook aufgewachsen ist, zu sein. Der Alltag ist eingeschränkt, aber kann eben zum Großteil auf anderem Weg stattfinden. Die Möglichkeiten der digitalen Medien können effektiv genutzt wer- den. Unterricht findet in großer Eigenverantwortung zu Hause statt. Altgriechisch Nachhilfe gebe ich über Skype. Auch soziales Leben geht weiter nur eben auf anderen Wegen. Die Sozialen Medien, die auch normalerweise im Alltag genutzt werden, gewinnen besonders jetzt an Bedeutung. Wenn der Alltag nicht wie sonst gemeinsam mit Freunden und Bekannten gestaltet werden kann, muss er eben auf anderen Wegen, zum Bei- spiel in der Instagram Story, fleißig mit den Freunden geteilt werden. Homeschooling schafft, was im normalen Schulalltag oft nicht möglich ist: Kon- struktives Arbeiten durch persönliches Zeitmanagement und einen individuell ein- teilbaren Arbeitsrhytmus; für mich persönlich ein gewünschter Fortschritt. Trotz- dem müssen in Zukunft ausgereiftere Konzepte hierfür entstehen. Funktionieren- des Homeschooling hängt aber nicht nur an Lehrern und Schülern sondern eben auch am Stand der Digitalisierung, denn digitales Schreiben von Klausuren ist durchaus kompliziert, wenn die Qualität der Internetverbindung den schnellen Zu- gang zu Arbeitsmaterial verhindert. Die Corona-Krise betrachte ich aber vielleicht auch als eine Chance besonders für meine Generation, Verantwortung für andere zu übernehmen. Schon durch’s Zuhausebleiben zeigt man Rücksicht – und wer noch mehr tun möchte, beteiligt Stay home sich an der #nachbarschaftschallenge und gibt so in den sozialen Medien bekannt, Nachbarschaftshilfe anzubieten. Junge Menschen in ganz Deutschland, auch in Marburg, richten Telefonnummern und E-Mail Adressen ein, um ihre Hilfe beim Einkauf oder beim Gassigehen mit dem Hund für ältere Menschen und andere Ri- sikogruppen anzubieten. Louisa Scholz Einander ermutigen! Was mir Mut macht…. In dieser Corona-Zeit versuchen wir Menschen die Dinge zu ordnen. Sie sind uns aus der Hand geglitten. Was andere Völker tagtäglich erfahren, wird von ei- ner Woche zur anderen für uns Wirklichkeit. Nichts ist mehr zu planen. Alles muss neu gedacht werden. Und in alledem werden Menschen einsam oder verzweifeln. Die Kirchen sind leergeblieben und zugleich geben sich die Kir- chen und Christen unendlich viel Mühe, zu trösten und Mut zuzusprechen. Mir hilft in dieser Zeit der Blick auf Luther. Er hat die Anfechtung nicht ver- harmlost: Gott entzieht sich, er ist verborgen im Leid und Tod. Luther überspielt nicht die Erfahrung des Leidens. Aber er weigert sich, das Leid als endgültig anzuerkennen. Deshalb spricht Luther davon, weg vom sich verbergenden Gott hin zum offenbaren Gott zu fliehen. Wir sol- len gegen Gott zu Gott „dringen und rufen“. Wenn dich die Dunkelheit Gottes überfällt, dann flüchte zu dem Gesicht Gottes, dem du vertrauen kannst und der das Licht ist. Dabei geht es nicht darum, das Leid erträg- lich zu machen oder Gott zu rechtfertigen. Es geht darum, trotz allem, was gegen Gottes Liebe spricht, Gott zu suchen und zu finden. Gottes Liebe ist nicht beweisbar, aber ich bleibe nicht im Dunkel stecken, denn Gott spricht euch an: „Kommt her, zu mir, die ihr beladen seid. Ich will erquicken. Komm aus deiner Dunkelheit zurück ins Vaterhaus.“ Darum geht es im Evangelium: Christus ist die helle, liebende, tröstende Seite Gottes. Luther sagt einmal: „Wer Gott in Christus nicht findet, der findet ihn nimmermehr; er suche, wo er wolle.“ Dabei geht es darum, im Leben, Reden und Tun Jesu Trost zu finden und sich festzuhalten an Gott, der die Liebe ist. Es ist für mich diese Zusage, die uns im Leben und in der Freude hält. So kann man singen: „In dir ist Freude, in allem Leide….“ Manfred Holst KiM 17 5/20
GOTT UND DAS VIRUS Als ich noch ein kleiner Junge war, sprach mein Vater einmal da- Manchmal ist auch Gott so klein, dass wir ihn unter dem Mikro- von, dass ein gewisser Thomas von Aquin gesagt habe: „Im Klein- skop unserer bohrenden Fragen nicht finden. Er scheint uns allein sten ist Gott am größten." Diesen Satz habe ich mir gemerkt. Got- zu lassen mit unseren Fragen nach dem Warum und dem Wie-lan- tes Größe mag uns einleuchten, wenn wir in den Sternenhimmel ge-noch. Wir wissen nicht, weshalb es in seiner wunderbaren hinaufschauen. Aber es gibt auch den Blick in die andere Rich- Schöpfung auch Lebensformen gibt, die lebensfeindlich sind. Soll- tung. Das Lebendige hat ein anderes Format als die unvorstellbar ten hier ganz andere Kräfte mächtig sein – nicht Gott, sondern der vielen und unvorstellbar riesigen Sonnen und Sterne, die letztlich Zufall, das Schicksal, der Teufel? Aber was wäre das für ein Gott, tote Materie sind. Leben wurde bisher nur nachgewiesen auf unse- der neben sich widergöttliche Mächte dulden würde? Kommt von rer Erde. Die größeren Lebewesen können wir sehen. Und die dem einen und einzigen Gott nicht alles her – auch das, was wir kleinsten? Die sind zu klein für unsere Augen. Aber was wären wir nicht begreifen; auch das, was uns nicht gefällt? beispielsweise ohne unsere Darmflora, ohne die Heerscharen von Bakterien, die uns bei der Verdauung helfen! Der vor 75 Jahren hingerichtete Theologe Dietrich Bonhoeffer wagte zu sagen: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Zur Schöpfung gehört auch das Kleine, das nur unter dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will." Daher möchte Mikroskop Erkennbare. Am kleinsten sind die Elementarteilchen ich gerne glauben, dass Gottes Größe sich nicht nur dort zeigen und die Atome. Alles Lebendige besteht aus diesen Bausteinen. muss, wo uns ein Unglück erspart bleibt. Am liebsten wäre es uns Angefangen hat das Leben mit den Einzellern. Aus kleinen Anfän- wohl, wenn er die Geißel des Corona-Virus sofort und mit einem gen hat sich das Leben entwickelt in all seinem Artenreichtum und Schlag von uns nähme. Aber ist nicht auch das ein Zeichen seiner seiner Formenvielfalt. Zum Staunen ist das! Kleiner Anfang, große Größe: Ärzten und Pflegekräften gibt er Kraft, bis zur Erschöpfung Wirkung! Und dieser Weg vom Kleinen zum Großen wird zu arbeiten, um den Kranken zu helfen. Wo Menschen zu in jedem Wachstumsprozess wiederholt, wo auch im- Hause bleiben, lässt er sie Mittel und Wege finden, mer etwas zu leben beginnt – ob im Samenkorn ei- trotzdem Kontakt zu halten mit Freunden, Ver- ner Pflanze oder beim Embryo im Mutterleib. wandten und Nachbarn. Forscher lässt er unver- drossen an der Entwicklung von Impfstoffen arbei- Aber wer wüsste es nicht: Da gibt es auch et- ten. In den oft so lauten Städten lässt er es leiser was Kleines, das wir fürchten müssen. Neben werden - so leise, dass Vogelstimmen und läuten- nützlichen Bakterien sind da auch die Bakterien, de Glocken nicht mehr vom Verkehrslärm erstickt die krank machen. Und noch kleiner als die Bakte- werden. rien sind die Viren. Niemand möchte sich von ihnen infizieren lassen. Niemanden lässt es kalt, dass jetzt „Im Kleinsten ist Gott am größten." Auch im klein- ein bestimmtes Corona-Virus der Menschheit den sten Gebet. Auch in den kleinen Schritten, den klei- Krieg erklärt hat. nen Hilfsdiensten, den kleinen Ideen, die immer An- Können wir jetzt immer noch sagen: „Im Kleinsten ist fänge von etwas Größerem sein können. Gott am größten"? Wo ist Gott, wenn ein win- ziges Virus unser gewohntes Leben zum Irgendwann – hoffentlich nicht in allzu Stillstand bringt? Wo ist Gott, wenn weiter Ferne – wird sich zeigen, was Menschen mit Atemnot ringen und be- wir aus der großen Unterbrechung ge- atmet werden müssen? Wo ist Gott, lernt haben. Vieles wird dann nicht wenn man bei jeder Begegnung mit mehr so sein, wie es vorher war. Aber anderen Menschen Angst hat, die vielleicht ist manches dann auch bes- möglicherweise tödlichen Viren könn- ser geworden. ten weitergegeben werden? Dekan i. R. Rainer Staege Einander ermutigen! Markus Rahn: Reiseerlebnisse… „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, „Warum reisen Sie so wenig?" fragte ein Reporter. dass etwas gut „Das Gesicht nur eines Menschen oder nur ein ausgeht, sondern Ding jeden Tag des Jahres anzusehen und dabei die Gewissheit, immer auf etwas Neues zu stoßen, ist ein weit- dass etwas Sinn aus größeres Abenteuer, als irgendeine Reise bie- hat, egal wie es ten kann", erwiderte der Meister. ausgeht.“ Anthony De Mello Vaclav Havel KiM 18 5/20
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