Einsatz in den Bergen - Ferien einmal anders - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Nummer 14 8. bis 28. Juli 2018 3 Wochen Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau Ferien einmal anders Einsatz in den Bergen
Bergwaldprojekt Editorial Zurück zur Natur Eine Freundin von mir weilt gerade für Anpacken im Unterholz zwei Monate auf einer abgelegenen Alp im Berner Oberland, um einer Bergbau- Bilder: Sarah Stutte ernfamilie tatkräftig unter die Arme zu greifen. Als sie von ihrem Vorhaben er- zählte – ein Projekt der Caritas – fingen ih- re Augen an zu leuchten. Der Hauch von Abenteuer umwehte sie und hüllte auch mich einen Moment lang ein. Den Som- mer einmal anders verbringen, statt sich im Liegestuhl am Meer auszuruhen oder wild fotografierend durch schwüle Städte zu hetzen. Etwas Lohnenswertes und Dankbares machen, statt nur an sich selbst und die eigene Erholung zu denken. Immer mehr Menschen in der Schweiz verbringen auf diese Art und Weise ihre wohlverdienten Ferien. Junge und ältere freiwillige Helferinnen und Helfer, die für ein paar Wochen den Alltag hinter sich lassen wollen und dabei eine andere Welt kennenlernen. Sie treffen neue Menschen und machen wichtige Erfahrungen, die sie Die Äxte kommen bei der Jungwaldpflege zum Einsatz. für ihr weiteres Leben prägen werden. Sie lernen sich selber und die eigenen Gren- zen besser kennen. Sie schätzen ihre Um- Seit gut zwanzig Jahren leistet das bünd- sprünglich geplant, noch ein ganz anderes gebung und die Natur noch mehr, als sie nerische Bergwaldprojekt mit vielen Frei- Projekt im Tessin zu unterstützen», erklärt es vielleicht zuvor schon taten. So eine willigen Grosses in den Schweizer Schutz- Alejandro Koella. Der 22-jährige Berner Wirkung hat auch das Bergwaldprojekt auf wäldern. Um die Landschaft zu schützen, nimmt zum ersten Mal am Bergwaldprojekt seine engagierten Teilnehmer. Die private die uns vor Naturkatastrophen und ver- teil, einer privaten Bündner Initiative, die Initiative entstand 1987 im Kanton Grau- schmutzter Luft bewahrt. Und um die 1987 ins Leben gerufen wurde. Damals bünden unter dem Motto: «Alle reden vom Öffentlichkeit für den Bergwald zu sensi- fand in Malans das erste einwöchige Pro- Wald, wir gehen hin!» Die verschiedenen bilisieren. jekt statt. Die Idee, Freiwillige unter Auf- Schutzwaldaktionen in der ganzen sicht eines erfahrenen Projektleiters und Schweiz umfassen Arbeiten wie Wege- «Ich habe meinen Einsatz extra noch um des lokalen Forstdienstes Jungwaldpflege oder Zaunbau, Waldpflege, Biotop-Pflege, eine Woche verlängert, weil es mir hier so verrichten zu lassen, stiess auf reges Pflanzungen, Schlagräumung oder Wild- gut gefallen hat. Eigentlich hatte ich ur- Interesse. Titelbild: Freiwilligeneinsatz bei Soazza GR im Mai 2018. Bild: © Bergwaldprojekt schutzmassnahmen. Ein unterstützenswertes Vorhaben, das nicht nur unserem heimischen Wald zu- Inhalt gute kommt. Es lässt auch den Hut zie- hen vor soviel Herzblut-Engagement vieler Ausflugtipp 7 naturverbundener Menschen in einem Auf den Spuren der Schaffhauser Täufer Verbund, der sich selbsttragend finan- Der Täuferweg (1): Von Hemmental zum Zelgli ziert. Nach dem neutralen Besuch eines solchen Projektes im wunderschön ge- Kirche ohne Grenzen – Polnisch 10 legenen Calfeisental steht für mich fest: Die Realität, manchmal absurd und grausam Die Lasten eines bolivianischen Kinderheims Ich würde mich sofort für einen Einsatz anmelden. Am liebsten im Oberwallis. Ausstellung 13 Doch dort gibt es bisher kein Projekt. Wasser als Lebenselixier Noch nicht… Ittingen und seine Wasserbewirtschaftung Kurse · Tagungen 14 Gottesdienste an den Wochenenden 15 Kalenderblatt · Zum Schluss 16 Blick aus dem Wald auf den Gigerwaldsee. 2 forumKirche | 14-2018
Bergwaldprojekt News Diakone fordern Frauendiakonat Die Diakone des Bistums St. Gallen for- dern in einem Positionspapier das Diako- nat für Frauen. Die Zulassung von Frauen zum Diakonat sei «überfällig», heisst es in dem Papier, das am 15. Mai verabschie- det wurde. Theologisch betrachtet seien die Argumente für die Zulassung von Frau- en zum Diakonat «stichhaltig und theolo- gisch fundiert», schliesslich werde seit 50 Jahren darüber geforscht. «Leider fällt die kirchliche Realität hinter ihre eigene Theo- logie zurück», betonen die Diakone. Handreichung ist kein offizielles Dokument Die deutschen Bischöfe haben am 25. Juli den Text ihrer umstrittenen Handreichung Der 22-jährige Berner Alejandro Koella hilft, einen Wanderweg zu bauen. zur Kommunion veröffentlicht. Sie er- scheint aber nicht als Dokument der Bischofskonferenz, sondern als Orientie- So rege, dass weitere Projekte dieser Art regionale Verpflegung wird von der Stiftung rungshilfe, die nun «in der Verantwortung und viele Freiwillige folgten. Die Idee, die gezahlt, die sich vor allem durch Spenden der einzelnen Bischöfe» liege, heisst es in Erhaltung, Pflege und den Schutz des finanziert. Gegen einen Unkostenbeitrag einer Erklärung. Bei diesem Thema gehe Waldes sowie der Kulturlandschaft und werden auch spezielle Projekte für Fami- es «auch um eine weltkirchliche Dimen- Artenvielfalt im Berggebiet zu fördern, ex- lien, Schulen oder Firmen organisiert. Be- sion». Das Papier betont, evangelische pandierte inzwischen nach Deutschland, sondere Vorkenntnisse sind nicht vonnö- Ehepartner könnten im Einzelfall und Österreich, dem Fürstentum Liechtenstein ten. Freude an der Natur, am Wald und unter bestimmten Voraussetzungen die und Katalonien. In der Schweiz organisiert daran, handwerklich tätig zu sein, sollte je- Kommunion empfangen. die gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Trin der Interessierte aber mitbringen. Zudem Neue Bischofskirche im Bau rund dreissig solcher Einsätze im Jahr in muss er sich bewusst sein, dass die Tage Im islamischen Königreich Bahrain haben zahlreichen Kantonen. Männer und Frauen lang und streng sind. Oft bewohnt er mit ei- die Bauarbeiten für eine katholische von 18 bis 88 Jahren können sich auf der ner Gruppe von zehn bis zwölf Personen ei- Bischofskirche begonnen. Die Grundstein- Internetseite für ein geeignetes, jeweils ein- ne Alphütte ohne Strom und Warmwasser. legung erfolgte Mitte Juni in der Klein- wöchiges Projekt anmelden. Dazu gehört Um sechs Uhr wird geweckt und nach dem stadt Awali, rund 30 Kilometer südlich der auch eine halbtägige Exkursion mit dem Frühstück gearbeitet. Abgesehen von klei- Hauptstadt Manama. Die Kathedrale soll ortsansässigen Förster, die ihnen den hei- neren Pausen und dem Mittagessen ist das Patronat «Unsere Liebe Frau von mischen Wald näherbringen soll. Die An- man bis zum frühen Abend auf den Beinen Arabien» tragen und geistliches Zentrum reise geht auf eigene Kosten, die meist und auf dem Waldgrund. Spätestens um für mehr als zwei Millionen Katholiken 10 Uhr abends fallen die Helferinnen und des Apostolischen Vikariats Nördliches Helfer dann todmüde ins Bett. Arabien sein. Dazu gehören auch die Golf- staaten Kuwait und Saudi-Arabien. Eine Woche Traumwelt Doch zurück zu Alejandro, der Landschafts- Sozialdienst-Leiter soll Kardinal sein architektur in Rapperswil studiert und die Papst Franziskus will den Chef des vatika- Erfahrung als Schutzwaldhelfer spannend nischen Sozialdienstes künftig regelmäs- und wertvoll erachtet. Seinen ersten Berg- sig mit dem höchsten Rang der katholi- waldeinsatz leistet er im wild-romantischen schen Hierarchie auszeichnen. Der Leiter Calfeisental, am südlichsten Zipfel des des Almosenamts und der Präfekt der Kantons St. Gallen. Hier, oberhalb der ehe- Glaubenskongregation seien «die beiden maligen Walsersiedlung St. Martin, ist die langen Arme des Papstes» und verdienten aus acht Männern und zwei Frauen beste- daher beide die Kardinalswürde, sagte hende Gruppe um Leiter Thomas Löffel Franziskus. Am 26. Juni wurden die aktuel- gerade mit dem Bau eines Wanderweges len Amtsinhaber, Almosenmeister Konrad beschäftigt. Der Auftrag hierzu kam direkt Krajewski und Glaubenspräfekt Luis vom Verein «Pro Walsersiedlung St. Martin Ladaria, zusammen mit zwölf weiteren und Calfeisental». Dieser hat sich das Ziel Kandidaten zu Kardinälen erhoben. gesetzt, die kulturhistorische Verankerung des Walsertums im Gebiet zu erhalten und kath.ch/Red. (Fortsetzung nächste Seite) forumKirche | 14-2018 3
Bergwaldprojekt · Papstbesuch Wie ein lieben Eindrücke vom Gottesdienst m Am 21. Juni besuchte Papst Franziskus den Weltkirchenrat in Genf. Am Abend feierte er mit über 40‘000 Gläubigen eine Eucharistiefeier in der Palexpo-Halle. Von Schaffhausen aus hatte sich eine 45-köpfige Gruppe nach Genf aufgemacht. forumKirche fragte zwei der Mitreisenden nach ihren Eindrücken: Simone Ullmann (27) aus Eschenz und Marc Rütimann (45) aus Thayngen. Sie haben eine lange Reise auf sich genommen, um an einem Gottesdienst mit Papst Franziskus teilzunehmen. Was hat Sie dazu motiviert? Simone Ullmann: Es ist schön, wenn man mit so vielen Menschen einen Gottesdienst feiern kann. Und es hat mich fasziniert, dass 40‘000 Menschen wegen einem Mann nach Genf pilgern. Da wollte ich auch gern dabei sein. Schliesslich war der letzte Papst vor vierzehn Jahren in der Schweiz und man weiss nicht, wann es wieder einen Besuch eines Papstes geben wird. Papst Franziskus interessiert mich aber vor allem auch als Person. Es beeindruckt mich, dass er sich so für die Einheit der Christen Gute Laune trotz anstrengender Arbeit. einsetzt. Marc Rütimann: Es ist nicht oft der Fall, (Fortsetzung von Seite 3) dass ein Papst in die Schweiz kommt. Aus- die wunderschöne Ecke auch touristisch jährige Thomas Spielmann aus Spiez ar- serdem interessiert mich Papst Franziskus attraktiv zu machen. Es ist das erste Mal, beitet schon das zehnte Mal in einem selber, weil er meinen Wertvorstellungen dass das Bergwaldprojekt hier im Einsatz Schutzwald. «Die Durchmischung im Team entsprechend kommuniziert und handelt. ist. Laut Thomas Löffel wird man auch im ist spannend und die Arbeit sinnvoll. Ges- Mir gefällt seine Bescheidenheit und die nächsten Jahr wieder hier oben arbeiten, tern haben wir Bäume gefällt, um zu ver- Themen, die er anspricht, sein Einsatz für so lange, bis der Weg erstellt ist. «Der Wan- hindern, dass eine Weide nicht einwächst», die Ärmsten und für die Bewahrung der derweg ist anspruchsvoll, weil er über Fels erzählt er. Denn auch solche Aufgaben sind Schöpfung. Er bringt die Dinge auf den führt. Unser Qualitätsanspruch ist hoch, Teil der Projektwoche. «Die Natur ist sehr Punkt. Und drittens wollten wir als Familie damit die Route die nächsten Jahrzehnte dominant. Wenn man nichts unternimmt, dorthin gehen. Meine Frau hat dazu den bestehen kann», erklärt Löffel. Der gelernte erobert der Wald sein Gebiet wieder zu- Anstoss gegeben. Sie ist erst im Januar Förster ist schon seit Jahren für die Bünd- rück», erklärt Thomas Löffel. Darum sei zum Katholizismus konvertiert. Unsere ner Stiftung tätig und fasst die Faszination gerade die Schutzwaldpflege ein wichtiger Familie ist grösstenteils reformiert. Wenn für das Projekt so zusammen: «Der Alltag Arbeitsbereich. An einem dicht bewaldeten der Papst nun den Weltkirchenrat besucht wird durchbrochen, man kann sich und die Hang oberhalb des Rastlagers fällt ein Teil und damit ein Zeichen setzt, wollten wir Natur durch die körperliche Arbeit spüren der Gruppe gerade mit Zweimann-Sägen auch dabei sein und den Gottesdienst mit und sieht direkt das Resultat. Das beflü- und Äxten schwache Bäume zugunsten von ihm feiern. Der Papst schliesst ja keine gelt, macht stolz und zufrieden.» Eine Wo- starken. Die Bäume landen krachend im Religion aus, sucht den Kontakt zu ihnen. che Traumwelt, trotz starker Anstrengung, Geäst. An der Säge zieht auf einer Seite Das ist uns auch ein wichtiges Anliegen, in der nicht nur Städter abschalten können. auch die 22-jährige Anja Weber aus Land- dass wir als Einheit mit dem gleichen Gott quart. «Wenn ich in zehn Jahren auf dem unterwegs sind. Sinnvoll und nachhaltig Wanderweg hier hochlaufe, kann ich sagen, Deshalb gibt es nicht nur Neulinge, son- dass ich daran mitgearbeitet habe. Oder Wie haben Sie Papst Franziskus erlebt? dern auch viele «Wiederholungstäter». Ein dass ich geholfen habe, den Waldbestand Simone Ullmann: Auf der einen Seite merk- solcher ist der älteste Teilnehmer im Feld, zu sichern. Das ist ein tolles Gefühl», sagt te man, dass er ein älterer Herr ist. Er wirk- der 68-jährige Deutsche Gottfried Conrad, sie. te etwas erschöpft. Was ja verständlich ist, der bereits zum dritten Mal für einen Ein- nach so einem anstrengenden Tag. Einmal satz extra aus Bonn anreiste. Auch der 52- Sarah Stutte wäre er fast von der Treppe gestürzt, wenn 4 forumKirche | 14-2018
Papstbesuch der Vater it Papst Franziskus Bild: Hans Hug ihn nicht jemand gehalten hätte. Auf der um miteinander Gottesdienst zu feiern. Als anderen Seite erlebte ich ihn, als er mit störend habe ich empfunden, dass viele seinem Papamobil durch die Menge fuhr, mit ihren Handys fotografiert haben, als der als herzlichen Mann mit einer wahnsinni- Papst an ihnen vorbeifuhr, oder dass einige gen Ausstrahlung. Man hatte das Gefühl, während des Gottesdienstes in den Gän- er würde am liebsten die ganze Welt umar- gen herumliefen. Es schien mir, als ginge men. Er hatte den Blick eines liebenden es ihnen nur darum, den Papst gesehen zu Vaters. Trotz Müdigkeit war es ihm wichti- haben und weniger darum, miteinander ger, die Liebe von Jesus weiterzutragen. Gottesdienst zu feiern. Marc Rütimann: Ich hatte den Eindruck, Marc Rütimann: Ich fand es schön, dass dass Papst Franziskus müde gewesen ist. eine normale Werktagmesse gefeiert Aber trotzdem hat er die Menschen er- wurde. Diese kann auch feierlich sein. reicht. Es ging ein Vibrieren durch die Men- Beeindruckend ist, wie die ganze Halle am ge, als er durchfuhr. Die Predigt habe ich Gottesdienst teilgenommen hat, wie die erst später im Fernsehen gehört. In der Menschen ruhig wurden. Hier war man – Halle war die Akustik sehr schlecht. Er ist anders als im Alltag – von vielen umgeben, auf jeden Fall ein Mann der klaren Worte. die aus dem Glauben heraus leben. Er weiss, was er will. Man merkt, dass sei- ne Botschaft ihm ein Herzensanliegen ist. Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach Papst Franziskus für die katholische Kirche Was hat Sie bei dem Gottesdienst am und darüber hinaus? meisten angesprochen? Was war eher Simone Ullmann: Ich habe das Gefühl, enttäuschend? dass er für die Kirche sehr wichtig ist, weil Simone Ullmann: Es hat mir gefallen, dass er Stellvertreter von Jesus ist. Man spürt, es ein ganz normaler Gottesdienst war und dass er dies auch leben möchte. Er hält dass der Papst in seiner Predigt auf das sich nicht an das Protokoll und geht hin zu Evangelium eingegangen ist und nicht auf den Menschen, weil sie ihm wichtiger sind Simone Ullman auf dem Weg nach Genf irgendwelche aktuellen Themen. Bei der als seine Stellung als Papst. Er sieht sich Predigt hat mich vor allem seine Aussage als liebenden Vater, der sich um die Men- beeindruckt, dass wir alle keine Einzel- schen, seine Kinder, sorgt. Auch für die oder darin, dass er niemanden aus- kinder, sondern Brüder und Schwestern im Welt hat er eine grosse Bedeutung, nicht schliesst. Dadurch hat sein Wort Bedeu- Glauben sind – wir sind eine Einheit. Der unbedingt in seiner Funktion als Papst, tung. Es ist die einzige «Waffe», die er hat. Papst legte uns damit ans Herz, uns für die sondern als Mensch, der sich für andere Es tut gut, zu sehen, dass jemand, der so Menschen und nicht die virtuellen Dinge, einsetzt, als Vorbild für andere. angesehen und mächtig ist, auch solche die wir auf dem Handy haben, zu entschei- Marc Rütimann: Papst Franziskus nennt die Werte leben kann. Das ermutigt mich, eine den, denn die Nächstenliebe geht über Probleme der Kirche beim Namen. Werte, solche Haltung auch in meinen Alltag zu alles. Faszinierend fand ich ausserdem, die ihm wichtig sind – wie soziale Gerech- integrieren, zum Beispiel in meiner Füh- dass im gleichen Raum verschiedene tigkeit – verkündet er nicht nur, sondern er rungsrolle im Beruf. Nationen und Kulturen mit ihren unter- lebt sie auch. Sie kommen in seiner Auf der anderen Seite bin ich Realist: Der schiedlichen Sprachen anwesend waren, schlichten Lebensweise zum Ausdruck Papst kann nicht kommen und alles um- stellen. In der Kurie gibt es zum Beispiel auch Leute, die – anders als er – eher nach Bild: zVg Macht und Reichtum streben. Die kann er nicht einfach auf die Strasse setzen. Aber mit seinen Zeichen hinterfragt er andere und rüttelt sie wach. Wenn Menschen sich irgendwann darauf einlassen, wird es Aus- wirkungen haben. Wahrscheinlich wird Papst Franziskus aber die Reformen, die er angestossen hat, nicht mehr selber ab- schliessen. Das bleibt einem Nachfolger vorbehalten. Auch beim Treffen mit dem Weltkirchenrat gab es keine grossen Er- gebnisse. Aber lieber kleine Schritte gehen und dafür stetig etwas bewegen. Marc Rütimann und seine Frau Tanja vor dem Plakat zum Papstbesuch Interview: Detlef Kissner forumKirche | 14-2018 5
Bangladesch Flüchtlinge ohne Perspektiven Über die Situation der Rohingya in Bangladesch Mit dem Beginn des Monsuns haben sich wiederholt heftiger Regen. Stündlich droht des Caritas-Netzes kommen mehr als die Lebensbedingungen der Rohingya- den Menschen eine Katastrophe, je nach 250‘000 Menschen zugute. Doch die Be- Flüchtlinge in den Flüchtlingscamps in Ausmass der Monsunregenfälle und der dürfnisse sind und bleiben immens. Bei der Bangladesch drastisch verschlechtert. Stärke der befürchteten Zyklone. Und wie Flucht haben die Rohingya all ihr Hab und Umfassende Nothilfe ist unabdingbar, um geht es danach weiter? Um die Bedingun- Gut zurückgelassen. Ohne Unterstützung Leben retten zu können. Dringlich wäre gen im Flüchtlingslager zu verbessern, rich- können sie kaum die dringlichsten Bedürf- auch eine politische Lösung für die tet die Regierung von Bangladesch Unter- nisse decken. Es fehlt ihnen an Lebens- Situation der Flüchtlinge, doch eine bringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge auf mitteln, Wasser, Wohnraum, medizinischer solche ist zurzeit nicht absehbar. der Insel Bhasan Char ein, gegenüber von Versorgung, den wichtigsten Alltags- und Chittagong im Golf von Bengalen. Einige Koch-Utensilien, Hygieneartikeln und Durch die Flucht von 700‘000 Rohingya 100‘000 Flüchtlinge könnten bald auf die- Latrinen. Viele Kinder können keine Schule aus Myanmar nach Bangladesch explodier- se Insel gesondert von der heimischen besuchen. te die Bevölkerung des Flüchtlingscamps Bevölkerung umgesiedelt werden. Eine Kutupalong. Heute leben hier nach offiziel- Integration der Rohingya schliesst Bangla- Eine grosse Stadt ohne Infrastruktur len Angaben 623‘000 Menschen. Auf dem desch, das weltweit zu den ärmsten Län- Man stelle sich eine innerhalb von wenigen Gelände von Kutupalong, das einst ein dern zählt und bezüglich der Bevölkerungs- Monaten aus dem Boden gestampfte Stadt Naturschutzgebiet war, steht kein einziger dichte den Spitzenplatz einnimmt, aus. ohne jegliche Infrastruktur vor! Die wenigen Baum mehr. Im Distrikt Cox‘s Bazar im äus- Doch in absehbarer Zukunft ist auch eine Sandpisten sind immer wieder überflutet sersten Südosten von Bangladesch gibt es Rückkehr nach Myanmar kaum denkbar. und drohen bei jedem schwer beladenen noch weitere Camps. Dort sind schätzungs- Viele Rohingya möchten erst dann zurück- Lastwagen einzubrechen. Der Monsun wird weise weitere 277‘000 Menschen unterge- kehren, wenn ihre Sicherheit garantiert ist. über die hoffnungslos überfüllten Camps in bracht. Zudem leben rund 15‘000 Flüchtlin- der hügeligen Landschaft hinwegfegen. ge in den umliegenden Dörfern gemeinsam Gefahr durch Monsun Besiedelte Abhänge geraten ins Rutschen, mit der einheimischen Bevölkerung. Schon seit Wochen befinden sich das Schlammlawinen reissen auf ihrem Weg Flüchtlingskommissariat der Vereinten alles mit und die Notunterkünfte aus Bam- Verlagerung auf eine Insel Nationen (UNHCR), die Internationalen bus und Plastikplanen werden zum Spiel- Die Behörden Bangladeschs waren be- Migrationsbehörde (IOM), Dutzende von ball der Sturmböen. Das Regenwasser müht, dem unablässigen Flüchtlingsstrom lokalen und internationalen NGOs und die mischt sich mit dem Abwasser aus den gerecht zu werden. Doch welche Zukunft Lagerbevölkerung angesichts der Gefahren schlecht positionierten Latrinen und konta- haben die fast eine Million Rohingya, die durch den Monsun in einem Rennen gegen miniert das Trinkwasser der Flüchtlinge, mit auf dem schmalen Landstreifen zwischen die Zeit. Caritas Schweiz beteiligt sich ge- einem hohen Risiko für tödliche Epidemien. Fluss, Meer und der Grenze zu Myanmar meinsam mit Caritas Internationalis und Gemäss Schätzungen befinden sich gegen leben müssen? Seit dem 11. Juni fällt Caritas Bangladesch. Die Hilfsleistungen 200‘000 Menschen in Hochrisikozonen. Für sie gibt es kaum Aussicht auf eine Bild: © Arifur Rahman,Caritas Schweiz Umsiedlung in sichere Lagen. Jung, aber ohne Zukunft Die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) der Flüchtlinge ist bewundernswert. Obwohl sie in vollständiger Abhängigkeit leben, arbei- ten sie unablässig, um ihre Lebensbedin- gungen zu verbessern. Sie verstärken ihre Unterkünfte, reparieren Strassen und Ab- wassersysteme, befestigen Böschungen, die durch den Monsun einzubrechen dro- hen. Die Freude, mit der die Kinder in den ihnen zugewiesenen Bereichen spielen, ist ergreifend. Sie werden von jungen Frauen betreut, die mit ihnen spielen und pädago- gische Angebote durchführen. Aber viel zu Wenige haben Zugang zu Schulbildung. Sie brauchen so schnell als möglich Perspekti- ven. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sind unter 18 Jahre alt. Fabrice Boulé, Caritas Schweiz/Red. Neuankömmlinge im Flüchtlingslager Kutupalong (Mai 2018) 6 forumKirche | 14-2018
Ausflugtipp Auf den Spuren der Schaffhauser Täufer Der Täuferweg (1): Von Hemmental zum Zelgli Karte: © Regionaler Naturpark Schaffhausen Der Schaffhauser Täuferweg über den Randen verbindet die Gemeinden Hem- mental, Merishausen und Schleitheim. Alle drei Wege führen zum Zelgli in der Nähe des Schleitheimer Randenturms. Die Geschichte der Täufer wird auf den Wanderungen erlebbar und an einigen historischen Stellen sichtbar. Hiermit beginnt eine dreiteilige Sommerserie über die drei Wanderrouten mit ihrer Geschichte der Täufer im Randengebiet. Am Ende des Dorfes Hemmental weisen grüne Schilder zum Täuferweg in den Wald. Mit einem Moosteppich unter den Wander- schuhen und vielen Wildblumen am Weg- rand beginnt die Wanderung zum Täufer- stieg. Haben die Täufer diese Idylle vor fast fünfhundert Jahren genauso empfunden, oder suchten sie einfach den Schutz des Waldes? Wer waren diese Christen? Schweizer Täufer Übersichtskarte zum Täuferweg mit Sehenswürdigkeiten Sie stammten aus dem Kreis Huldrych Zwinglis in der Frühzeit der reformatori- schen Bewegung Zürichs. Die neugeschaf- wert!) zu ihren Gottesdiensten gelangen. Täufer teilweise angepasst und unauffällig fenen Bibellesekreise waren ihre Keimzel- Nach diesem Aufstieg erreicht der Wanderer auf dem Land zu leben und sich im Wald für len, wo sie Neues hörten, diskutierten und das grosse, artenreiche Schutzgebiet «Unte- heimliche Treffen zu versammeln. Erkenntnisse gewannen. Sie strebten da- res Mösli». Viele Schmetterlinge begleiten nach, ihr religiöses Leben, ihren Alltag und einen entlang der blühenden, weitreichen- Gottesdienst auf dem Zelgli ihre sozialen Beziehungen konsequent den Wildwiesen. Auf dem Mösli liegt auch Nicht weit vom Täuferstein entfernt erreicht nach der Bibel auszurichten. Sehr bald der Täuferstein von 2004. Er gilt als Versöh- man das Zelgli. Es bildet mit seinem wei- lösten sie sich von den Reformatoren, die nungszeichen für die Schaffhauser Täufer ten, leicht geneigten Wiesenflächen das ihnen nicht radikal genug waren. Anstoss von 1525 bis 1680, denen viel Unrecht an- Zentrum des Randens. Mit Lagerwiese, ihrer Glaubenshaltung war ihr anderes getan wurde. schöner Feuerstelle und einer gedeckten Tauf-, Abendmahl- und Predigtverständnis, Schutzhütte lädt es zu einer ausgiebigen daraus resultierte ihre Verweigerung des Warum gab es Täufer im Randengebiet? Rast ein. Bereits die Täufer nutzten diesen aufgezwungenen Kirchenbesuchs. Ihre Ab- Im Jahr 1525 wurden viele führende Zürcher speziellen Platz für ihre Gottesdienste un- lehnung, einen Eid abzulegen, sowie ihre Täufer und ihre Anhänger festgenommen ter freiem Himmel. Ihre Gottesdienste be- Kriegsdienstverweigerung galten als bürger- oder ausser Landes gewiesen. Schaffhau- standen aus Gebet, Predigt und Abendmahl licher Ungehorsam. Die Obrigkeit und der sen gehörte zu den nächsten nicht übermäs- und je nach Anlass fanden auch Taufen, Klerus fürchteten die Täufer als rebellische sig täuferfeindlichen Gebieten. Der Täufer Eheschliessungen und Beerdigungen statt. Sekte und sahen ihre Autorität in Gefahr. Johannes Brötli emigrierte nach Hallau und Der Täuferprediger wurde von der Gemein- Durch Verfolgung, Gefangenschaft, Folte- gründete dort eine Täufergemeinde. «Die de beziehungsweise von den verantwort- rung, Enteignung, schliesslich durch Lan- Bevölkerung schätzte ihn bald als guten lichen Täufer-Brüdern gewählt. Damit be- desverweis oder sogar Todesstrafe ver- Prediger», so der Historiker Urs B. Leu, absichtigten sie, wieder zur frühchristlichen suchten die Magistraten ihre Kontrolle über «und war sogar bereit, ihn mit Waffengewalt Kirche zurückzukehren. Es sollte eine die Täufer zu behalten. vor dem obrigkeitlichen Zugriff zu schützen.» bruderschaftliche Gemeinschaft der Gläubi- Ebenso flüchteten der Schleitheimer Martin gen sein, ohne dass sich ein besonderer Täuferstieg und Täuferstein Weninger und sein Weggefährte Michael Klerikerstand herausbildet. Wenn man sich diesen Wald dichter und Sattler, der spätere Autor der weltbekannten ungepflegter vorstellt, mag er als guter «Schleitheimer Artikel», in den Norden. Urs Judith Keller Schutz für geheime Versammlungen der Leu stellte fest, dass viele Zürcher Täufer in Täufer gedient haben. Hier konnten die Ver- Grenzregionen lebten, «weil sie sich so dem folgten unerkannt über den steilen, damals Zugriff der kantonalen Obrigkeit besser ent- Nähere Infos: wohl eher wildbewachsenen Täuferstieg ziehen konnten». Die Lage des Kantons www.natourpark.ch/tour/taeuferweg/ und (Wanderschuhe und -stöcke empfehlens- Schaffhausen war also prädestiniert, als www.reformation-sh.ch/taeuferweg/ forumKirche | 14-2018 7
Kirche Schweiz · Thurgau mit Nachbarschaft Multireligiöses Gebet Porträt einer Frau mit Herz Finale des Konzilsjubiläums Fernsehbeitrag gewinnt «Good News»-Preis Vier Jahre lang feierte die Stadt Konstanz das Jubiläum «600 Der in der Westschweiz verliehene «Good News»-Preis ging diese Jahre Konstanzer Konzil» und erinnerte mit einer Vielzahl von Jahr an Emmanuel Tagnard und Aline Bachofner von der West- Veranstaltung an die (kirchen-)politisch bedeutsamen Ereignisse schweizer Fernsehsendung «RTSreligion». Der Preis für ihren und Beschlüsse von damals. Nun wird das Jubiläum mit einem Beitrag «Faut pas croire» über Lotti Latrous wurde ihnen vom Friedensgebet beendet, das von unterschiedlichen Religionen Medienbischof Alain de Raemy überreicht. Latrous engagiert sich mitgetragen wird. für Benachteiligte an der Elfenbeinküste. Das am 5. November 1414 eröffnete Konzil wurde notwendig, weil Bernard Litzler, Direktor von Cath-info, lobte den preisgekrönten das untragbare Nebeneinander dreier konkurrierender Päpste den Beitrag über die aussergewöhnliche Persönlichkeit von Lotti Frieden gefährdete. Es konnte am 22. April 1418 beendet werden, Latrous. Diese widmete ihr ganzes Leben dem Dienst benachteilig- nachdem sich die Konzilsväter auf einen einzigen Papst – Papst ter Kinder in den Slums von Abidjan, an der Elfenbeinküste. Als Martin V – verständigt hatten. «Den Konzilsteilnehmern gelang es Ehefrau eines Nestlé-Direktors hatte sie einige Jahre lang das luxu- damals, in kriegerischen Zeiten friedlich miteinander nach Lösun- riöse Leben von Expats gekostet. Sie lebte mit ihrer Familie an der gen zu suchen. Das ist bis heute Vorbild und Ansporn», beschreibt Elfenbeinküste und entdeckte die Realität der Slums von Abidjan. Dekan Mathias Trennert-Helwig, Mitglied der ökumenischen Pro- Statt passiv zu bleiben, gründete sie 1999 ihre eigene Apotheke, jektgruppe Konzilsjubiläum, die Bedeutung dieser Zusammenkunft. um den Ärmsten zu helfen. Als ihr Mann nach Kairo versetzt wurde, Dem Frieden soll auch das multireligiöse Gebet dienen, zu dem die blieb sie mit seiner Zustimmung an der Elfenbeinküste. Lotti ökumenische Projektgruppe zusammen mit der türkisch-islami- Latrous vertraute der Preisgewinnerin Aline Bachofner an: «Ich traf schen, der alt-katholischen, der jüdischen und der rumänisch- Gott in Afrika. Im Gebet einer Rebellin. Im Vertrauen Gottes orthodoxen Gemeinde, sowie dem buddhistischen Zentrum Prajna herrscht Freude, was uns erlaubt, voranzukommen.» Medien- einladen. Es findet am 22. Juli im Rahmen der Festlichkeiten zum bischof Alain de Raemy wagte den Vergleich mit Niklaus von Flüe, Abschluss des Jubiläums im Konstanzer Stadtgarten statt und der seine Familie verliess, um sich Gott und dem Dienst für die beginnt um 18 Uhr. Mit dem Gebet möchten die Veranstalter ein Nächsten zu widmen. Zeichen für den Frieden setzen und zeigen, dass die Zukunft der Spirituelles Engagement Solidarität, dem Dialog, der Vielfalt und der Toleranz gehört. Emmanuel Tagnard, Produzent dieser Fernsehsendung, sagte, dass es ihn berühre, in der heutigen Welt doch noch «gute Nachrichten» Detlef Kissner bringen zu können. Dafür noch belohnt zu werden, sei eine starke Ermutigung, so Tagnard. Viele der Menschen im Film seien inzwi- schen verstorben, was aber die Hoffnungsbotschaft nicht tilge. Für Aline Bachofner sei es eine sehr bereichernde Erfahrung gewesen, Zertifikate überreicht ein so starkes Engagement mit spirituellen Wurzeln erleben zu dürfen. Der Preis belohne auch die Arbeit des ganzen Fernseh- teams. Der Film wurde von den Internetnutzern auf cath.ch mit Katechetinnen schliessen ihre Ausbildung und 75,6 Prozent der Stimmen gewählt. Berufseinführung ab kath.ch/Red. Nach drei- bzw. vierjähriger Ausbildung schlossen Erika Schäfli, Katja Schätti und Karin Schmid ihre Ausbildung zur Katechetin ab. Im Anschluss an diese Ausbildung folgt nun eine zweijährige Berufseinführung, in der sie selbstständig Lektionen erteilen, in Bild: Christine Brügger vier Unterrichtsbesuchen pro Jahr dazu Feedback erhalten und sich regelmässig zu gegenseitiger kollegialer Beratung treffen. Diese Einführung hat der vorangegangene Ausbildungskurs vor kur- zem beendet. Zu diesem Kurs gehören Rita Beerli, Urs Hofstetter, Judith Jöhl, Jeanette Sax und Egle Zanardelli. In einem Festakt überreichte Daniel Ritter, Leiter der Fachstelle Katechese, den drei frischgebackenen Katechetinnen ihren Fach- ausweis und den fünf praxiserprobten Lehrkräften ihre Bestätigung der Berufseinführung. Im Anschluss an diese feierliche Übergabe folgte in Zusammenarbeit mit Margrith Mühlebach, Regionalver- antwortliche der Bistumsregion St. Viktor, eine kleine Segensfeier in der Kapelle des Klösterlis von Frauenfeld. Detlef Kissner Die drei frischgebackenen Katechetinnen: Katja Schätti, Karin Schmid und Erika Schäfli 8 forumKirche | 14-2018
Redewendungen aus der Bibel Bild: Alina Martin Aus seinem Herzen (k)eine Mördergrube machen Die Redewendung «Aus seinem Herzen Haus soll ein Haus des Gebetes sein. Ihr Wer endlich darüber reden kann, was ihn eine Mördergrube machen» meint, Belas- aber macht daraus eine Räuberhöhle!» bedrückt, was er zu einer bestimmten tendes und Ärgerliches nicht auszuspre- poltert Jesus bei der Tempelreinigung. Angelegenheit denkt oder was er darüber chen, sondern für sich zu behalten. Ich weiss, was andere vielleicht nicht muss offen zugeben: Mir passiert das im- Jeremia und Jesus beziehen sich auf den wissen, der macht aus seinem Herzen mer wieder. Genau, ich mache aus meinem Tempel als der «Wohnstatt Gottes», dem keine Mördergrube. Herzen eine Mördergrube: «Höflich» kann Ort höchster kultischer Reinheit und grösst- man dieses Verhalten vielleicht nennen, möglicher Gottesnähe. Paulus, der gegen- aber auch «konfliktscheu» und «harmonie- über dem Jerusalemer Tempel auf Distanz bedürftig». Es geht um das Grummeln im ging, sprach schon anders: «Ihr seid der Magen, das man zwar vernimmt, ihm aber Tempel Gottes», schrieb er an seine Ge- nicht weiter nachgeht. Dieses Grummeln – meinde in Korinth, und «Euer Leib ist ein es besteht aus Verärgerung, Verletzungen Tempel des Heiligen Geistes». Die Gemein- und Irritationen – soll gefälligst bleiben, wo schaft der Christen, aber auch der einzelne es ist. Im Magen. Und da biblisch gedacht Christ und die einzelne Christin, in ihrer dem Herzen eine grössere Bedeutung zu- ganz eigenen Leiblichkeit – das ist der Ort kommt als dem Magen, bleibt das Grum- der Gottespräsenz wie auch der Gottes- meln eben im Herzen. Es wird nicht aus- erfahrung. Wer streitet, so Paulus, gesprochen, sondern macht das Herz zur schwächt den «Leib» der Gemeinde, wer Mördergrube. sündigt, verdirbt den «Tempel Gottes». Und hier wird der Bogen zu unserer Rede- Diese Wendung ist nicht auf den ersten wendung geschlagen: All der Ärger und Blick als biblisches Zitat erkennbar. In den Groll, den wir einfach herunterschlucken, heutigen modernen Übersetzungen taucht nicht thematisieren oder aussprechen – «Mördergrube» weder im Alten noch im der schädigt den Leib als «Tempel Gottes» Neuen Testament auf. Ein Blick ins Bibli- und macht ihn zur Mördergrube. In diesem sche Reallexikon von 1794 zeigt, dass Sinne: Raus damit! Und aussprechen, was «Mördergrube» eigentlich «Räuberhöhle» im Magen grummelt. meint. Und von einer solchen spricht die Bibel an mindestens zwei Stellen: «Ist denn Ann-Katrin Gässlein, Theologin in euren Augen dieses Haus, über dem bei der Cityseelsorge St. Gallen mein Name ausgerufen ist, eine Räuber- höhle geworden?» schimpft der Prophet Jeremia. Und «In der Schrift steht: Mein forumKirche | 14-2018 9
Ethik · Kirche ohne Grenzen – Polnisch Gegen Waffenexporte «Die Realität, Kirchliche Stimmen kritisieren Bundesratsentscheid Die Lasten und Sorgen eines b Waffenexporte in Krisenländer sollen schung kund, sondern schämt sich für die Das Kinderheim «Hogar de la Esperanza» künftig wieder möglich sein. Das hat der eigene Regierung: «Wir sind nicht nur fas- in Santa Cruz wird von Seraphinerinnen Bundesrat Mitte Juni entschieden. Nicht sungslos und grenzenlos enttäuscht über geführt und ist ein Zufluchtsort für Kinder nur verschiedene Politiker kritisieren den Ihren Entscheid», so die Zeilen im offenen von Kriminellen, die ihre Strafe absitzen Entscheid, sondern auch kirchliche Akteu- Brief, «sondern wir schämen uns für ihn!» müssen. Sonst müssten die Sprösslinge re wie Justitia et Pax und die Basisgruppen- Auch die BG verweist auf Papst Franziskus’ das Los von tausenden anderen boliviani- Bewegung Schweiz. Aussage, dass Wirtschaft töte. Für sie sei schen Kindern teilen: im kaum bewach- nämlich klar, dass der neue Beschluss es ten, korrumpierten Umfeld eines Gefäng- Bis jetzt war Export von Waffen in Krisen- «konkret möglich mache», dass Bürger- nisses aufzuwachsen. Kirche ohne länder verboten. Jetzt hat es sich der kriege künftig mit «Schweizer Beteiligung Grenzen hat sich dazu mit Schwester Bundesrat anders überlegt und will das geführt werden können». Bonaventura unterhalten. Verbot auflösen. Die Kritik liess nicht lange auf sich warten. Die Kommission der Profit vor Sicherheit Welche Kinder sind bei Ihnen? Schweizer Bischofskonferenz Justitia et Pax Vor allem eins wird im Brief kritisiert: Die Das Kinderheim beherbergt hauptsächlich zeigte sich in einer Mitteilung «zutiefst ent- Schweiz stelle den Profit über die Sicher- Kinder von Häftlingen. In Bolivien leben täuscht von der Landesregierung». Mit die- heit und Unversehrtheit der Menschen. Die ganze Familien in Haftanstalten, und die sem Entscheid bestätige der Bundesrat Schweiz mache damit mit Kriegsmaterial- Kleinen werden dort oft für den Drogen- «auf erschreckende Weise, was Papst export in Konflikt- und Kriegsherde «Kas- schmuggel missbraucht und zur Prostitu- Franziskus in ‹Evangelii Gaudium› gesagt se». Und das, so die Absender, obwohl die tion gezwungen. Wir möchten verhindern, hatte: ‹Diese Wirtschaft tötet›». Schweiz eines «der reichsten Länder der dass jemand unter solch schrecklichen Welt» sei. Die Kritik, die Anpassung des Bedingungen aufwachsen muss. Alle Wirtschaft «angespannt» Gesetzes sei menschenrechtswidrig, weist unsere Kinder wurden sexuell, körperlich Als Grund für den Entscheid des Bundes- der Bundesrat zurück. Die «Anpassungen und psychisch missbraucht. rates wird einerseits die «angespannte» sind mit den völkerrechtlichen Verpflichtun- Sie benötigen Therapien, weswegen wir wirtschaftliche Situation in der Wehrtech- gen der Schweiz vereinbar», schreibt er am auch eine festangestellte Psychologin im nikindustrie angegeben und andererseits 15. Juni. Damit werden das Neutralitäts- Haus haben. Die Stadtbehörden unter- sei die «sicherheitsrelevante Technologie- recht und der internationale Vertrag über stützen uns für die medizinische Versor- und Industriebasis der Schweiz gefährdet», den Waffenhandel gewährleistet. gung jährlich mit fünfzig Bolivianos pro schreibt der Bundesrat (15. Juni). Für die Kind. Das ist eine lächerliche Summe. SBK-Komission habe der Entscheid jedoch kath.ch/Red. Daher sind wir auf freiwillige Spenden nichts mit Sicherheit zu tun. Sie schrieb angewiesen – ohne diese ist es uns fast bereits 2017 an die beratende Ständerats- unmöglich weiterzumachen. kommission: «Waffenlieferungen in Kriegs- «Die Berufung auf die humanitäre Tradition länder und Gegenden mit Bürgerkriegen und christliche Werte, die auch der Bun- Wann haben Sie die Führung des Heims machen die Welt nicht sicherer und auch desrat immer wieder – auch international übernommen? nicht friedlicher!» – anführt, verliert mit diesem Entscheid Die kolumbianischen Schwestern, die es ihre Glaubwürdigkeit. Dem Bundesrat sind von Beginn an geführt hatten, mussten «Wir schämen uns für ihn.» eigene wirtschaftliche Interessen wichtiger es im Jahr 2014 aufgeben. Ein Bischof hier Der Kritik schliesst sich nun die Basisgrup- als die fundamentale Sorge um die Sicher- ist polnischer Herkunft und machte gerade pen-Bewegung Schweiz (BG) an. Dies tut heit von Menschen in Krisengebieten.» Ferien in der Heimat. Weil seit langer Zeit sie mit einem offenen Brief an den Bundes- Aus dem Mediencommuniqué von Justitia kein Ersatz für die Schwestern gefunden rat. Das Bündnis christlicher Gruppen und et Pax Schweiz vom 20.06.2018 werden konnte, fragte er in unserem Orden Gemeinschaften tut nicht nur seine Enttäu- nach, ob wir diese Arbeit vielleicht an- nehmen würden. Bild: pixabay.com Obwohl wir kein Missionshaus in Süd- amerika haben, entschied unsere Ordens- mutter, drei Schwestern dorthin zu schicken. Sie wollte damit ein Zeichen der Dankbarkeit für die Seligsprechung der Gründerin unserer Kongregation, Malgorzata Szewczyk, setzen. Es war uns aber natürlich überhaupt nicht klar, dass wir auch die gesamte Administration über- nehmen mussten, mitsamt der Ver- schuldung. Und der Zustand des Heims war für uns erschreckend. Schweizer Unternehmen ist es erlaubt, Waffen in Kriegsgebiete zu liefern. 10 forumKirche | 14-2018
Kirche ohne Grenzen – Polnisch manchmal absurd und grausam» olivianischen Kinderheimes Bild: Schwester Bonaventura Nadzieja na lepszą przyszłość Katolicki Dom Dziecka w Santa Cruz Kiedy polskie siostry Serafinki zostały 4 lata temu poproszone o przejęcie opieki nad Domem Dziecka w Santa Cruz, na- wet przez myśl im nie przeszło jak trud- nego wyzwania się podjęły. «Hogar de la Esperanza» zaostał założony z myślą o potomstwie przestępców odsiadujących wyroki. Trudno to sobie wyobrazić, ale w Boliwii tysiące dzieci musi dorastać w skorumpowanym i brutalnym środowisku więziennym, gdzie są często wykorzystywane do prostytucji lub przemytu narkotyków. Dzieci, które trafiają do tego domu są bez wyjątku straumatyzowane jako ofiary przemocy fizycznej, psychicznej i seksualnej. Gdy trzy polskie siostry dotarły na miejsce, zastał je chaos, brud oraz ponad setka głodnych i zaniedbanych dzieci oraz długi. Wychowawcy spóźniali się po kilka godzin lub nie przychodzili wcale, sytuacja była podbramkowa. Od tego czasu wiele się zmieniło. Siostry Die Kinder in «Hogar de la Esperanza» werden liebe- und verantwortungsvoll betreut. krok po kroku wysprzątały ośrodek, wprowadziły jasne reguły funkcjonowania, a biskup wydał przychylne zarządzenie, Was war so schwierig? Zuerst machten sie alles immer nur kaputt. że mogą przyjmować maksymalnie 50 Das war ein pures Chaos. Als wir ankamen, Sie hatten noch nie im Leben wirklich ge- dzieci. Nie chodzi bowiem tylko o to, by waren hier über hundert Kinder unterge- spielt – sie mussten es zuerst lernen. Der dać im dach nad głową i kromkę chleba, bracht. Sie waren hungrig und ungepflegt. Weihbischof hat die Handänderung auch lecz by ofiarować podopiecznym wysokiej Überall herrschte nur Dreck und Unord- dazu benutzt, um neue Regeln einzuführen. jakości opiekę i nadzieję, że już nigdy nie nung. Die Erzieher erschienen oft gar nicht Seither nehmen wir maximal fünfzig Kinder wrócą na meandry kryminalnego świata. zur Arbeit oder kamen ein paar Stunden zu auf, weil wir eine qualitativ gute Erziehung Przyszłość ośrodka, jest jednak bardzo spät. Die Kinder wurden dann einfach al- und gute Verhältnisse schaffen wollen. Es zależna od ofiarności ludzi dobrej woli, leine gelassen. Das war inakzeptabel. Das geht schlussendlich nicht nur darum, den gdzyż potrzeby są ogromne, a funduszy war zu viel für uns, wir machten viele Nacht- Kindern ein Dach über dem Kopf und eine niewiele. schichten – und es hat uns schliesslich in Scheibe Brot zu geben. Wir möchten die- totale Verzweiflung gestürzt. sen traumatisierten Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen. Sonst landen sie Bild: zVg Was hat sich seitdem verändert? wieder auf der Strasse in den kriminellen Monika Freund Schoch (36) Die ersten Monate haben wir damit ver- Kreisen, wo sie herkommen. Glücklicher- ist Soziologin polnischer bracht, wieder Ordnung und Sauberkeit ins weise hat Bolivien in der Zwischenzeit end- Herkunft. Sie spezialisierte Haus zu bringen. Beim Putzen und Sortie- lich auch Kinderrechte gesetzlich verankert sich auf Internationale ren fanden wir sehr viele Dinge. Wir konn- und so wird unsere Arbeit nun auch Beziehungen, Diversity- ten viele alte Kleider verkaufen und uns gesetzlich unterstützt. und Integrationsmanagement. Seit zehn von dem Erlös ernähren. Es tauchten auch Jahren lebt sie mit ihrem Mann und zwei viele Spielsachen auf, aber die Kinder Interview & Übersetzung: Kindern in Schwellbrunn (AR). wussten gar nicht, wie man sie benutzt. Monika Freund Schoch forumKirche | 14-2018 11
Schaffhausen Freude über 50 Jahre Anerkennung Synode der Landeskirche Schaffhausen Bild: Detlef Kissner für die Eingabe der Inhalte und die Pflege der Webseite müssten diese selbst tragen. Als wichtigsten Grund für die Teilnahme an diesem Projekt führte er die Erneuerung der in die Jahre gekommenen Webseite der Landeskirche an: «Sie muss Smartphone tauglich werden.» Die Versammlung sprach sich daraufhin für die Beteiligung am Pro- jekt aus und genehmigte den damit verbun- den Kostenbeitrag von 30‘000 Franken. Auswahl von Entwicklungsprojekten Die Rechnung 2017 mit einem Ertragsüber- schuss von 5362 Franken gab keinen An- lass zur Diskussion. Sie wurde einstimmig angenommen. Es folgte der Antrag der Kommission Entwicklungsprojekte zur Ver- gabe eines Förderbeitrages von 20‘000 Franken. Wolfgang Lendl stellte dafür zwei Projekte vor, die von der Missionsgruppe des Pastoralraumes Neuhausen-Hallau und Thomas Binotto dankte mit Blumen allen, die sich schon lange für die katholische Kirche und von der Kirchgemeinde Ramsen eingereicht gelebte Integration einsetzen. wurden. Zum einen wurde vorgeschlagen, mit den Mitteln die Renovation eines Wohn- Die 112. Sitzung der Synode stand ganz und scheinbare Gewissheiten aufzugeben. heims für behinderte Kinder im Nordosten im Zeichen des Jubiläums der römisch- Im Blick auf die Zukunft ist er überzeugt, Polens zu ermöglichen. Zum anderen katholischen Landeskirche Schaffhausen. dass sich die Probleme unserer Welt nur sollen für ein Spital in Tiruvalla (Südwest- Mit einem Gottesdienst und einem Fest- gemeinsam lösen lassen. «Die Welt Indien) fünf Dialysegeräte angeschafft wer- vortrag von Thomas Binotto feierte sie in braucht die Menschen guten Willens – egal den, die vor allem ärmeren Patienten zur der Kirche von Ramsen ihr 50-jähriges wie sie ins Boot gekommen sind. Dieses Verfügung stehen. Die Anwesenden stimm- Bestehen. Danach genehmigten die Syno- Boot kann nie voll genug sein!» ten dem Antrag zu, den beiden Projekten je dalen unter anderem die Beteiligung an die Hälfte des Zuschusses zu gewähren. der Kommunikationsplattform der katho- Digitale Zukunft lischen Landeskirche Thurgau und ver- Nach diesem Festakt wechselten die Syno- Neuwahl und Abschied abschiedete die Rechnung 2017. dalen in die Pfarrscheune, wo ihnen Hans Nach längerer Vakanz eines Sitzes im Hug das von der Landeskirche Thurgau in- Synodalrat konnte ein geeigneter Kandidat In seinem Vortrag beleuchtete Thomas itiierte Projekt «Kommunikationsplattform» gefunden werden. Dominik Brasser aus Binotto, ehemaliger Präsident des Synodal- näher vorstellte. Herzstück der Plattform Schleitheim stellte sich zur Wahl und wurde rates, die Geschichte der katholischen ist eine zentrale Datenbank, auf der Infor- von der Synode bestätigt. Da Pfarrer Hans Kirche im Kanton Schaffhausen unter dem mationen aus unterschiedlichen Quellen Zünd im Sommer seine Stelle wechseln Gesichtspunkt der Integration. Er zeigte gespeichert werden. Diese Informationen wird, entsteht im Synodalrat bald eine neue auf, wie Anfang des 19. Jahrhunderts durch stehen verschiedenen Webseiten zur Ver- Lücke. Synodalratspräsident Andreas Text- Zuzug aus der Innerschweiz die Zahl der fügung. Vorgesehen sind die Webseiten der or bezeichnete den Geistlichen als «Gewis- Katholiken im Kanton Schaffhausen wuchs, beiden Landeskirchen Thurgau und Schaff- sen» des Rates, lobte seine Fähigkeit, gut wie die Gründung einer katholischen Ge- hausen, von forumKirche und einzelner zuzuhören und wichtige pastorale Projekte nossenschaft erfolgte, zahlreiche katholi- Pfarreien. Ausserdem ist geplant, dass die anzustossen, und dankte ihm für sein En- sche Verein entstanden und um den Bau eingegebenen Daten gleichzeitig für Er- gagement im Synodalrat, dem er seit 2010 einer eigenen Kirche gerungen wurde. «Mit stellung der Pfarreiseiten in forumKirche angehörte. Ausserdem informierte Textor diesem Bestreben nach Integration und genutzt werden können. Ein Redaktions- darüber, dass die Seelsorgestelle im Anerkennung sorgt der Aufbau einer katho- system soll helfen eine ungefähre Voran- Psychiatriezentrum Schaffhausen vakant lischen Parallelgesellschaft für neue Sepa- sicht der Pfarreiseiten zu ermöglichen. ist und dass man sich mit dem Züricher ration», so Binotto. Die Anerkennung als «Die Landeskirche stellt damit Pfarreien, Synodalrat darauf verständigte, zukünftig Landeskirche hingegen habe die Abgren- Pastoralräumen und kirchennahen Verei- auf gegenseitige Ausgleichszahlungen zu zung «Katholisch-Schaffhausen» aufge- nen kostenlos ein Gefäss zur Verfügung, verzichten. weicht und Integration ermöglicht. Integra- das ihnen einen eigenen Webauftritt er- tion bedeutet für ihn, immer wieder möglicht», fasste Adrian Fristschi, Mitglied Detlef Kissner Abschied zu nehmen, Vielfalt auszuhalten des Synodalrates, zusammen. Die Kosten 12 forumKirche | 14-2018
Ausstellung Wasser als Lebenselixier Das Kloster Ittingen und seine vielfältige Wasserbewirtschaftung Für die Kartäuser war die Wasserversor- Lebensader des Klosters». Doch die Klösterlicher Weinhandel gung innerhalb der ordensgemeinschaft- historische Reise führt auch hinaus zu den Die verschiedenen Brunnen auf dem Gelän- lichen Mauern von enormer Wichtigkeit. Brunnen, Kanälen und Mühlen der klöster- de wurden nahe der Küche, im Garten des Diese stellten sie mit einem ausgeklügel- lichen Anlage. Denn die Kartäuser nutzten grossen Kreuzgangs bei den Mönchszellen, ten Kanalsystem sicher, das dem Kloster ihr profundes Wissen, um einerseits die im Wirtschaftshof oder an der Aussenmau- zu Wohlstand verhalf und bis heute Be- Wasserversorgung aber auch die integrale er des Klosters konzipiert. Der herrschaft- stand hat. Eine Ausstellung im Ittinger Latrinenbewirtschaftung zu perfektionieren. lichste von ihnen, der Laurentiusbrunnen, Museum vermittelt noch bis im Dezember Ein komplexes System unterirdisch ver- steht heute im Aussenbereich des Restau- interessante Einblicke. laufender und speziell gemauerter rants. Auf dem früheren Wirtschaftshof der Bewässerungskanäle wurde angelegt und Kartause hatte der Brunnen eine solch Schon das Alte Testament wusste um die mit Druckleitungen versehen. Mit der Zeit grosse Öffentlichkeitswirkung, wie sie Bedeutung des Wassers als Symbol der in- und über Generationen hinweg konnten so sonst zu jener Zeit nur in Städten anzutref- neren und äusseren Reinheit, auch eine zahlreiche Brunnen realisiert werden, ein fen war. «Das ist auf die Weinproduktion wundertätige Heilkraft wurde dem Element Waschhaus, eine Pferdeschwemme und der Kartäuser zurückzuführen, die ihnen im zugesprochen. Die Liturgie kennt das Sa- zwei verschieden grosse Fischgehalter. 18. Jahrhundert zu grossem Reichtum ver- krament der Taufe, mit dem der Mensch in Diese waren den Kartäusermönchen be- half. Dadurch herrschte auf dem Hof ein die christliche Gemeinschaft aufgenommen sonders wichtig, weiss Felix Ackermann: grosser Publikumsverkehr durch die Händ- wird, das Weihwasser oder die Messfeier, «Da die Kartäuser sich fleischlos ernähr- ler», berichtet Felix Ackermann. Aus diesem bei der das Wasser zum Wein kommt. Auch ten, war die Versorgung mit frischem Fisch Grund verfügten natürlich auch die Keller- das Händewaschen ist Bestandteil der für sie unabdingbar.» Die Fischgehalter gewölbe, wo die Lagerfässer gewaschen kirchlichen Zeremonie, wofür früher teil- waren Gebäude mit Steinsockel und einem wurden, über verschiedene Wasserzugän- weise eigene Einrichtungen vorgesehen wa- durchlüftetem Aufbau aus Holz. Um die ge. Um die Versorgung der Brunnen mit ren, so etwa für den Priester vor der Messe Fische am Leben zu halten, war der Durch- sauberem Trinkwasser durch ein Drucklei- und für die Mönche vor dem Eintreten ins fluss von Frischwasser nötig. «In dieser tungssystem zu gewährleisten, wurden bis Refektorium. Tradition bezieht das Restaurant heute ins 19. Jahrhundert sogenannte Deuchel Für die Ittinger Kartäusermönche war das noch die eigens gezüchteten Regenbogen- eingesetzt, Nadelholzstämme, die in grü- Wasser aber, über die spirituelle Essenz forellen bei der Quellfassung am Fuss des nem Zustand der Länge nach durchbohrt hinaus, eine lebensspendende Versor- Weinbergs», erklärt der Kurator. Auch die wurden. In Wasser eingelegt und in Lehm gungsgrundlage, die sie in ihrer Autonomie Brunnen der Klosteranlage werden nach eingebettet, konnten sie so lange erhalten stärkte. Es galt, innerhalb (und auch altem Prinzip direkt aus der Brunnstube bleiben. Ein aussergewöhnlich grosser ausserhalb) der Klostermauern Trinkwasser versorgt, ohne dass eine Druckerhöhung Deuchelbohrer, mit dem die Stämme aus- für Mensch und Tier bereitzustellen, Anla- durch eine Pumpe notwendig wäre. gehöhlt wurden, ist erhalten geblieben und gen zur Wasserkraftnutzung für die Bewirt- in der Ausstellung zu sehen. Bild: Sarah Stutte schaftung der zahlreichen Gebäude, Gärten und Felder sowie Abwasseranlagen zu be- Mit dem Kauf der Kartause Ittingen durch treiben. Denn neben den Mönchen lebten die Familie Fehr 1867 gab es noch einmal auch Angestellte dauerhaft im Kloster und einschlägige Veränderungen. Zwar betrieb zahlreiche Händler hielten sich mit ihren Sohn Victor die historischen Brunnen wei- Nutztieren oft mehrere Tage lang auf dem ter, ersetzte aber die Deuchel durch Guss- Gelände auf. Das Areal vieler Klosteranla- eisenrohre. Zudem wandelte er das vor- gen wurde deshalb schon bei der jeweiligen mals sumpfige Thurgebiet rund um das Gründung der Ordensgemeinschaften auf ehemalige Kloster durch Drainagen (die bis die topografischen Begebenheiten hin ge- heute in der Brauchli Ziegelei in Berg her- prüft. Gab es eine Quelle oder einen natür- gestellt werden) in nutzbares Ackerland um lichen Wasserlauf in der unmittelbaren Um- und liess ein neues Mühlrad für die Korn- gebung, der genutzt werden konnte? mühle herstellen. Durch die Verlegung höherer Druckleitungen konnte fliessendes Frischer Fisch Wasser in allen bewohnten Gebäuderäum- «Beides war in Warth bereits vorhanden, lichkeiten ermöglicht werden und somit als der vormalige Adelssitz im 12. Jahrhun- auch ein weiterer Schritt in die Moderne: dert in ein Kloster umgewandelt wurde. Der Einbau einer Wassertoilette mit Auch eine Mühle gab es schon vor der Spülfunktion. Übernahme der Kartäuser im Jahr 1461», erklärt Kurator Felix Ackermann. In einem Sarah Stutte Raum des Ittinger Museums liefert er den interessierten Besuchern spannende Fak- Kurator Felix Ackermann vor dem historischen Nähere Infos: www.kunstmuseum.ch ten zur laufenden Ausstellung «Wasser – Laurentiusbrunnen forumKirche | 14-2018 13
Sie können auch lesen