Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die innerstädtische Brachfläche "am Marstall" in Greiz - Stoppt das Marstall-Center Greiz

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Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die innerstädtische Brachfläche "am Marstall" in Greiz - Stoppt das Marstall-Center Greiz
Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die
innerstädtische Brachfläche „am Marstall“ in Greiz
Abschlussbericht im Rahmen des Studienprojektes MA3,
Studiengang Stadt- und Raumplanung

Leonie Eilers (B.Sc.)
Katharina Maria Poll (B.A.)
André Fischer (B.Sc.)
Peter Grossmann (B.Sc.)

Studienprojekt MA 3
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Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die innerstädtische Brachfläche "am Marstall" in Greiz - Stoppt das Marstall-Center Greiz
Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die
   innerstädtische Brachfläche „am Marstall“
                        in Greiz

                 Abschlussbericht

                    eingereicht an der
                  Fachhochschule Erfurt
        in der Fakultät Architektur und Stadtplanung
        Masterstudiengang Stadt- und Raumplanung

                           von
             Leonie Eilers (10219768)
            André Fischer (10123335)
          Peter Großmann (10123799)
         Katharina Maria Poll (10235472)

         Betreuer: Prof. Dr. Wolfgang Rid

                    Erfurt, 05.03.2015

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Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die innerstädtische Brachfläche "am Marstall" in Greiz - Stoppt das Marstall-Center Greiz
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................... IV

1 Einleitung .........................................................................................................................1

    1.1 Relevanz und Abgrenzung des Themas .....................................................................1

    1.2 Fallstudie und Vorgehensweise ..................................................................................2

    1.3 Zielsetzung und Fragestellungen ................................................................................4

2 Einzelhandel und Stadtentwicklung ...............................................................................5

    2.1 Bedeutung des Einzelhandels für Städte und Innenstädte ..........................................5

    2.2 Aktuelle Situation und Trends .....................................................................................5

    2.3 Innerstädtische Einkaufszentren als Modell der Stadtentwicklung ...............................8

3 Integration innerstädtischer Einkaufszentren als Aufgabe der Stadtplanung .......... 11

    3.1 Städtebauliche Typologie und Lagemerkmale innerstädtischer Einkaufszentren....... 11

    3.2 Raumstrukturelle und städtebauliche Einbindung innerstädtischer Einkaufszentren . 15

4 Analyse des Einzelhandels in der Altstadt von Greiz .................................................17

    4.1 Rahmenbedingungen des Einzelhandels in der Altstadt ............................................ 17

    4.2 Struktur des Einzelhandels in der Altstadt .................................................................19

5 Empirische Untersuchung - Konsumentenbefragung .................................................22

    5.1 Methodik ...................................................................................................................22

    5.2 Zentrale Ergebnisse ..................................................................................................24

6 Nutzungskonzept zur Entwicklung der Marstallfläche.................................................29

    6.1 Mikrostandort Marstall ...............................................................................................29

    6.2 Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept ..............................................................30

7 Diskussion ......................................................................................................................37

8 Fazit .................................................................................................................................39

9 Quellenverzeichnis ........................................................................................................41

10 Selbstständigkeitserklärung .........................................................................................45

Anlagen ...............................................................................................................................46

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Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die innerstädtische Brachfläche "am Marstall" in Greiz - Stoppt das Marstall-Center Greiz
Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Shopping-Center nach Standortlage und Eröffnungsjahren ......................................9

Abb.2: Lagemerkmale und ihre Bedeutung für die Stadtentwicklung .................................. 12

Abb.3: Städtebauliche Typologien innerstädtischer Einkaufszentren ................................. 14

Abb.4      Verflechtungsraum des Mittelzentrums Greiz..........................................................14

Abb.5: Bindungsquoten im Greizer Verflechtungsraumes ..................................................18

Abb.6: Einzelhandelsstruktur in der Greizer Altstadt ..........................................................19

Abb.7: Top 10 der fehlenden Sortimente............................................................................25

Abb.8: Wünsche der Befragten bezüglich der Angebote in der Greizer Altstadt ................. 26

Abb.9: Durchschnittliche Bewertung der Einkaufsqualität in der Greizer Altstadt ............... 27

Abb.10: Luftbild der Fläche „am Marstall“ .............................................................................29

Abb.11: Mögliche zukünftige Nutzer des Marstallcenters .....................................................32

Abb.12: Städtebaulicher Entwurf des Marstallcenters ..........................................................34

Abb.13: Flächenhafte Darstellung des Untergeschosses .....................................................35

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V
Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die innerstädtische Brachfläche "am Marstall" in Greiz - Stoppt das Marstall-Center Greiz
1      Einleitung

1.1    Relevanz und Abgrenzung des Themas

Seit jeher übernehmen Innenstädte in Abgrenzung zu anderen Bereichen der Stadt
wichtige urbane Funktionen (vgl. Brinker, Sinning 2011: 9). Das in der deutschen
Raumordnung angewandte „Zentrale-Orte-Konzept“ ordnet Städten die Aufgabe zu,
abhängig von der Größe und Entfernung zueinander, das jeweilige Umland (mit) zu
versorgen (vgl. ebd., zitiert nach: vgl. ARL 2005: 1307). Historisch betrachtet dienten vor
allem zentral gelegene Einzelhandelsquartiere der Versorgung mit Waren des täglichen
Bedarfes, wie Lebensmittel, sowie die des gehobenen Bedarfes, zum Beispiel Kleidung.
Aus dieser Versorgungsfunktion lässt sich die Bedeutung der Innenstadt für die Stadt
selbst und das Umland ableiten (vgl. Brinker, Sinning 2011: 9).

Trotz der allgemein hohen Wertschätzung in Vergangenheit und Gegenwart unterlagen
Innenstädte in den letzten Jahrzehnten einem stetigen Wandlungsprozess. Die
Abwanderung von Wohnbevölkerung und Arbeitsplätzen in städtische Randlagen sowie
der steigendende Wettbewerbsdruck durch Shopping-Center und Supermärkte auf der
„Grünen Wiese“ stell(t)en für Innenstädte in gleichem Maße Herausforderungen dar wie
die Veränderung der Einzelhandelsstrukturen und des individuellen Kaufverhaltens. Der
durch diese und weitere Faktoren erwirkte Funktionsverlust schuf vielerorts eine durch
Ladenleerstände,       brachgefallene     Flächen       und/     oder   sanierungsbedürftige
Gebäudebestände gekennzeichnete (Einzelhandels-)Struktur. (vgl. ebd.: 10) Dort, wo
jene Strukturen das Bild einer Innenstadt dominieren, sind negative Auswirkungen auf
weitere Bereiche der Stadt zu befürchten beziehungsweise schon seit Jahrzehnten zu
beobachten. Die Wissenschaft spricht in diesem Zusammenhang von „Trading-down-
Prozessen“ oder „kumulativen Abwärtstrends“, also Prozessen der stetigen Abwertung
der Innenstadt bis hin zum vollständigen Funktionsverlust (vgl. Glock 2006: 40 f.).

Da eine vielfältige und funktionierende Einzelhandelsstruktur in hohem Maße zur
Funktionalität   der    Innenstadt   beiträgt,   wird    deren    Revitalisierung   respektive
Aufrechterhaltung      in Wissenschaft    und Praxis       eine    zunehmende       Bedeutung
beigemessen. Belegen lässt sich das anhand einer Vielzahl spezifischer Initiativen
(„Genial Zentral“), Programme („Soziale Stadt“), formeller und informeller Instrumente
(Gutachten, Nutzungs- und Standortkonzepte) sowie Veröffentlichungen. Als Beispiele
aus dem Bereich fachspezifischer Veröffentlichungen kann die Dissertation „Was kommt
nach dem Handel? Umnutzung von Einzelhandelsflächen und deren Beitrag zur
Stadtentwicklung“ von Tilman Sperle oder die Publikation „Handel und Urbanität.

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Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die innerstädtische Brachfläche "am Marstall" in Greiz - Stoppt das Marstall-Center Greiz
Städtebauliche Integration innerstädtischer Einkaufszentren“ von Anne Mayer-Dukart
angeführt werden. In den genannten Veröffentlichungen wird von unterschiedlichen
Blickwinkeln ausgegangen, in Sperles Dissertation wird speziell das Thema
Einzelhandelsleerstand, in Mayer-Dukarts Publikation vor allem die Rolle und
Einbindung von Einkaufscentern im städtischen Kontext betrachtet. Gemeinsam haben
sie, dass sie den Wandel deutscher Innenstädte dokumentieren, die Ursachen aufzeigen
und aus der gegenwärtigen Situation Handlungsansätze im Umgang mit Leerstand
entwickeln.

In der nachfolgenden Ausarbeitung steht die Verfolgung der zweit genannten Strategie
im Fokus der Betrachtung. Gleichwohl die Wissenschaft darauf hinweist, dass die
Auswirkungen    überregionaler    Schrumpfungsprozesse      sowie    anderer     exogener
Einflüsse auf den Einzelhandel der Innenstadt lokal nur begrenzt steuerbar sind, ist ein
gezieltes Gegensteuern der Akteure vor Ort unabdingbar (vgl. Brinker, Sinning 2011: 6).
In diesem     Sinne wird im Rahmen der Arbeit             ein einzelhandelsbezogenes
Nutzungskonzept (Shoppingcenter) für eine innerstädtische Brachfläche entwickelt.
Dieses ist als einer mehrerer notwendiger Bausteine zur Qualifizierung des
innerstädtischen Einzelhandels zu betrachten.

1.2    Fallstudie und Vorgehensweise

Fallstudie. Unter Berücksichtigung der dargestellten Thematik spielt auf kommunaler
Ebene die Reaktion auf die genannten Prozesse durch die Stärkung der
Einzelhandelsstrukturen eine wichtige Rolle. Die Stadt Greiz ist in diesem
Zusammenhang      bezüglich    ihrer   vergleichsweise   auch   überregional     geringen
Versorgungsfunktion interessant. Greiz befindet sich im gleichnamigen Landkreis im
Osten Thüringens und verzeichnete im Jahr 2012 knapp 21.600 Einwohner (vgl.
Landkreis Greiz 2015). Die wichtigsten größeren Städte in näherer Umgebung sind Gera
in Thüringen sowie Plauen und Zwickau in Sachsen. Im Landesentwicklungsplan (LEP)
2025 ist Greiz als Mittelzentrum ausgewiesen und muss gemäß seiner zugeschriebenen
Kategorisierung auch Teilräume innerhalb seines Funktionsraumes mit Waren und
Dienstleistungen des gehobenen Bedarfes versorgen. Anhand einzelhandelsrelevanter
Kenndaten zeigt sich jedoch, dass Greiz neben schwachen Bindungsquoten und
Kaufkraftabflüssen auch unterdurchschnittlich einzelhandelsrelevante Kaufkraftwerte
verzeichnet. Diese Daten haben sich seit der politischen Wende in den Jahren 1989/90
stetig verschlechtert. (vgl. BBE Handelsberatung 2009: 13ff.). Weiterhin wird die
mangelhafte ökonomische Situation durch sozio-demographische Verschlechterungen
wie   Schrumpfungsprozesse       und   Überalterung   verschärft.   In   Bezug   auf   die
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Einwohnerzahl wurde durch die 12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung bis
2030 ein Rückgang von 30 % in Bezug auf das Jahr 2010 prognostiziert. Die
Wanderungssalden befinden sich zusätzlich im negativen Bereich und können demnach
nicht kompensierend wirken. Die Altersstruktur zeigt klar, dass in den letzten Jahren eine
Verschiebung in Richtung ältere Generationen abzulesen ist, die weiter fortschreitet.
(vgl. GRAS 2013: 4ff.) Diese Voraussetzungen dienen als erster Anhaltspunkt für eine
nähere Beschäftigung mit möglichen Gegenmaßnahmen und Handlungsstrategien. In
bestehenden informellen Instrumenten, wie dem Einzelhandelskonzept der BBE
Handelsberatung aus dem Jahr 2009, werden künftige Einzelhandelsentwicklungen
bereits auf eine brachliegende Fläche in direktem Anschluss an die Fußgängerzone der
Altstadt fokussiert. Durch die Entwicklung des Areals „am Marstall“ wird die
Qualifizierung der Innenstadt, insbesondere in Form der Erweiterung des bestehenden
Einzelhandelsangebotes,         angestrebt.         Dazu      wurden          im       bestehenden
Einzelhandelskonzept ausgehend von einer Markt- und Standortanalyse bereits
Nutzungsmöglichkeiten für die Fläche erarbeitet, die es im Verlauf dieser Arbeit um ein
weiteres einzelhandelsrelevantes Konzept zu erweitern gilt.

Vorgehensweise. Die Vorgehensweise der zugrunde liegenden Arbeit zielt auf die
Erstellung eines Nutzungskonzeptes mit abgeleitetem städtebaulichen Entwurf ab. Teil
A der Arbeit basiert vor allem auf einer grundlegenden Literaturrecherche zum Thema
Einzelhandel und Stadtentwicklung. Hierzu wurde in einschlägiger Literatur die
allgemeine Bedeutung des Einzelhandels im städtischen Kontext, die aktuellen
einzelhandelsrelevanten      Trends        und     die   Bedeutung       von       innerstädtischen
Einkaufszentren als Modell zur Stadtentwicklung erarbeitet. Weiterhin spielte die
Auseinandersetzung     mit    den        Fragen    zu    integrierten    und       nicht-integrierten
Einzelhandelsstandorten und die funktionale sowie städtebauliche Einbindung von
innerstädtischen Einkaufszentren eine Rolle. In Teil B steht die Fallstudie mit der
Entwicklung des Nutzungskonzeptes für die innerstädtische Brachfläche „am Marstall“
in Greiz im Vordergrund. Dabei wurden zunächst wichtige Festsetzungen aus den
übergeordneten     Planwerken        und    grundlegende      Rahmendaten           bezüglich    der
Einzelhandelsstruktur ermittelt. In diesem Zusammenhang erwiesen sich die
Expertengespräche mit dem Leiter des Sachgebietes Stadtplanung der Stadt Greiz,
Herrn Obenauf, und Herrn Vlcek von der BBE Handelsberatung in Erfurt als sehr
informativ.   Eine     eigene        Bestandsaufnahme          der      einzelhandelsrelevanten
Versorgungseinrichtungen in der Altstadt, für die im weiteren Verlauf auch das Synonym
Innenstadt    verwendet      wird,       und      eine   darauf      folgende        Analyse     der
Einzelhandelsstrukturen      lieferten     erste     Erkenntnisse       zur    Entwicklung       des

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Nutzungskonzeptes.        Wichtigste   Grundlage     der   Planungen      ist   jedoch   die
Konsumentenbefragung in der Greizer Altstadt bezüglich fehlender Sortimente und
Wünsche der Bürgerinnen und Bürger, deren Methodik und zentrale Ergebnisse in
Kapitel 5 dargestellt werden. Aus diesen Ergebnissen konnten für die Erstellung des
Nutzungskonzeptes Rückschlüsse gezogen werden. Aufbauend auf den generierten
Erkenntnissen stehen in Kapitel 6 das Konzept und der städtebauliche Entwurf im
Vordergrund, der abschließend diskutiert wird.

1.3       Zielsetzung und Fragestellungen

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung eines einzelhandelsbezogenes
Nutzungskonzeptes mit abgeleitetem städtebaulichen Entwurf für die Brachfläche „am
Marstall“ vor allem unter Berücksichtigung der durch die Befragung ermittelten
Versorgungslücken. In diesem Zusammenhang spielt auch eine Stärkung der
mittelzentralen Handelsfunktion von Greiz durch die Steigerung der Zentralität und
Erhöhung der Bindungsquoten eine Rolle.

Für die Fallstudie stellen sich konkrete Fragen, wobei letztere im Fokus steht:

      •   Wie gestaltet sich die Einzelhandelsstruktur in Greiz?

      •   Wie beurteilen die Bewohner von Greiz die Einzelhandelssituation und in
          welchen Branchen sehen sie Versorgungslücken?

      •   Welche     Anforderungen      stellen    sich    an      die   Entwicklung     des
          einzelhandelsbezogenen Nutzungskonzeptes mit abgeleitetem städtebaulichen
          Entwurf auf der Brachfläche „am Marstall“?

2         Einzelhandel und Stadtentwicklung

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Einzelhandelsbezogenes Nutzungskonzept für die innerstädtische Brachfläche "am Marstall" in Greiz - Stoppt das Marstall-Center Greiz
2.1    Bedeutung des Einzelhandels für Städte und Innenstädte

Eine bedeutende Stellung im innerstädtischen Kontext nimmt der (Einzel-)Handel ein.
Wie bereits erwähnt wurde, ordnet das „Zentrale-Orte-Konzept“ Städten die Aufgabe zu,
abhängig von der Größe und Entfernung zueinander, das jeweilige Umland (mit) zu
versorgen (vgl. ARL 2005: 1307). Aus der Tatsache, dass die Versorgung der
Bevölkerung     historisch   betrachtet    vor   allem    durch     zentral   gelegene
Einzelhandelsquartiere wahrgenommen wurde, lässt sich die Bedeutung der
(Einzel)Handelsfunktion der Innenstadt für die Gesamtstadt und das Umland ableiten
(vgl. Brinker, Sinning 2011: 9; vgl. Mayer-Dukart 2010: 40). Heute wie damals wird dem
Handel eine wichtige Funktion beigemessen. Das Zentrum wirkt(e) durch diesen nicht
nur anziehend auf potentielle Käufer, sondern stellt(e) für Stadtbevölkerung und Pendler
immer auch einen Ort des Erwerbes dar, was sich in zahlreichen deutschen Stadtzentren
heute noch anhand historischer berufsbezogener Straßennamen belegen lässt (vgl.
Sperle 2012: 37). Während sich der Einzelhandel in deutschen Zentren bisher vor allem
auf Fußgängerzonen konzentrierte, ist in den letzten Jahrzehnten ein verstärkter Trend
hin zur Verlagerung in innerstädtische und (innen)stadtferne Einkaufscenter zu
beobachten (vgl. Mayer-Dukart 2010: 73-64, nach: Tietz 1991: 158).

2.2    Aktuelle Situation und Trends

In Wissenschaft und Praxis wird dem Einzelhandel eine zentrale Bedeutung für die
Innenstadt zugeordnet (vgl. BMVBS 2010b). So lassen sich rückblickend auf die
historische Entwicklung deutscher Innenstädte vor allem jene Erfolge als positiv
bewerten, die auf die Anwesenheit des Handels zurückzuführen sind (vgl. Mayer-Dukart
2010: 34ff.). Die strukturellen Veränderungen, denen der Einzelhandel in den letzten
Jahrzehnten ausgesetzt war, haben jedoch eine wissenschaftliche Debatte ausgelöst, in
der die aktuellen Errungenschaften des Handels im innerstädtischen Kontext
zunehmend in Frage gestellt werden. Tilman Sperle spricht in diesem Zusammenhang
von einem schwindenden positiven Einfluss des Handels auf die Stadt und stellt
Verbindungen zu Problemfeldern, wie Ladenleerstände beziehungsweise Trading-
down-Prozesse, im Allgemeinen her (vgl. Sperle 2012: 54). Die strukturellen
Veränderungen, denen der innerstädtische Einzelhandel ausgesetzt war, ist und sein
wird sowie deren Auswirkungen, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Verändertes Nutzer- beziehungsweise Kaufverhalten. Eine bedeutende Stellung
hinsichtlich der Entwicklung des Einzelhandels nimmt die schrittweise Veränderung des
Kaufverhaltens ein. Ausgelöst durch den Wirtschaftsboom der 1950er Jahre in den Alten

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Bundesländern und dem damit verbundenen Anstieg des Wohlstandes setzte seit den
1980er Jahren ein Wandel des Konsumverhaltens ein. War das Kaufverhalten bis dahin
geprägt durch einen hohen Grad an Homogenisierung und Standardisierung der
Produkte, veränderte es sich dahingehend, dass zunehmend eine Individualisierung der
Produkte in den Vordergrund rückte. (vgl. Kanzler 2008: 26) „Einkaufen soll Spaß
machen, soll ein Erlebnis sein, soll Freizeit ausfüllen“ (ebd.: 26, zitiert nach: Giese 1999:
36, im Original kursiv gedruckt). Parallel dazu entwickelte sich ein Konsum-Denkmuster
der Bevölkerung, dass Konrad Kanzler als eine „Art […] Skepsis […] gegenüber
Produkten und Anbietern“ (ebd.: 26) skizziert. Dieses veränderte Denkmuster drückte
sich in einem „zweigleisigen Einkaufsverhalten“ (ebd.: 26) aus, das dazu führte, dass bei
Waren des täglichen Bedarfes Wertmaßstäbe wie der geringe Preis und eine gute
Erreichbarkeit in den Vordergrund rückten, während bei Produkten des höheren
Bedarfes zunehmend Qualität, Beratung, Shoppingerlebnis und Atmosphäre an
Bedeutung gewannen (vgl. ebd.: 26, zitiert nach: vgl. Beck 1995: 53, vgl. Giese 1999:
53ff.).

Die       ökonomischen     Gewinner     dieser       Entwicklung     waren    einerseits   der   auf
Verbrauchsgüter        und   andererseits      der     auf   hochwertige Waren        spezialisierte
Einzelhandel. Rückgänge in der Nachfrage hatten hingegen Waren des mittleren
Preissegmentes und damit in erster Linie der innerstädtische, inhabergeführte
Einzelhandel      zu     verzeichnen.    Einhergehend          mit    dem     sich   verändernden
Konsumverhalten          lässt   sich   seit     den     1960er      Jahren    ein   Wandel      der
Einzelhandelsstrukturen beobachten. Zunächst verschwanden die klassischen „Tante-
Emma-Läden“, die der Konkurrenz der neu entstehenden Supermärkte in den Städten
und Shopping-Center auf der „grünen Wiese“ hinsichtlich deren Vorteile in
Erreichbarkeit, Sortiment, Preispolitik und Größe nicht mehr standhalten konnten. (vgl.
Sperle 2012: 46) Ab den 1970er Jahren traten dann auf das Prinzip der Selbstbedienung
ausgerichtete Verbrauchermärkte und Discounter in Erscheinung. Auf der Non-Food-
Ebene lösten SB-Warenhäuser und Fachmärkte inhabergeführte Warenhäuser und
Fachgeschäfte ab (vgl. Kanzler 2008: 30, zitiert nach: vgl. Stumpf 2003: 10, vgl. Giese
1999: 45). Der Transformationsprozess seit den 1960er Jahren bildet die Grundlage für
jene Tendenzen und Herausforderungen, denen der Einzelhandel aktuell ausgesetzt ist:

Großflächigkeit. „Umsatzwachstum beruht zwar auch auf Flächenproduktivität, aber in
einem viel größeren Maße auf der Vergrößerung von Flächen“ (Kanzler 2008: 29, zitiert
nach: vgl. Oehme 1992: 106). Die Nutznießer der Flächenexpansion sind Nahversorger,
Fachmärkte und Shopping-Center, die durch Vergrößerung der Fläche nicht nur das
Sortiment, sondern auch die Aufenthalts- und Erlebnisqualität erhöhen und damit den
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Umsatz steigern können. Sind periphere Standorte aufgrund der besseren Pkw-
Erreichbarkeit, einer höheren Anzahl an Stellplätzen und hinsichtlich des Kostenvorteils
bei der Erstellung der Stellplätze ohnehin bevorzugt, verschärft sich dieses
Ungleichgewicht aufgrund der umfeldbedingten Faktoren, denen der Einzelhandel in den
Kernstädten ausgesetzt ist (vgl. BMVBS 2010b). „Im Ergebnis werden die Unternehmen
in gewachsenen Zentren gegenüber nicht integrierten Standorten stärker belastet“ (ebd.
2010b). Obwohl der Einzelhandel noch vor zehn Jahren Umsatzeinbußen von rund 2,5
Mrd. Euro hinnehmen musste und auch in jüngster Vergangenheit keine wesentlichen
Umsatzgewinne      verzeichnen    konnte,     ist   der     Trend    zur    Flächenerweiterung
ungebrochen. Einer Expertenschätzung zu Folge lag im Jahr 2003 eine Überversorgung
von Verkaufsflächen bis zu 40 % vor. (vgl. ebd.: 27; vgl. Handelsverband BAG, 2003)

Filialisierung. Eine weitere Erscheinung bildet die Unternehmenskonzentration, auch
Filialisierung genannt, die in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg an Bedeutung gewann
(vgl. ebd.: 31, zitiert nach: vgl. Beck 1995: 33ff., vgl. Heinritz, Popp, Klein 2003: 37f.).
Kennzeichen der Filialisierung ist das verstärkte Auftreten nationaler und internationaler
Konzerne    auf   dem     deutschen    Markt,       deren    Größe    auf    vorhergegangene
Unternehmensübernahmen oder Fusionen zurückzuführen ist. Geprägt ist der Prozess
durch eine quantitative Abnahme der Einzelhandelsunternehmen bei gleichzeitiger
Zunahme der Marktanteile der verbleibenden großen Anbieter. Aus Sicht der
Wissenschaft wird die Rolle von Einzelhandelsfilialen, insbesondere in Innenstädten,
kontrovers diskutiert. Kritisieren Gegner eine Homogenisierung der Innenstädte und des
Warenangebots durch Filialen wie H&M und Douglas, so weißen Befürworter auf deren
Funktion als Frequenzbringer und Bestandteil zur baulich- gestalterischen Aufwertung
des Stadtbildes hin. (vgl. DIE WELT, 2011)

E-Commerce. Parallel zum Wandel im stationären Einzelhandel, veränderte sich das
Nutzerverhalten im Versandhandel. War dieser seit der Phase des 2. Weltkriegs
vornehmlich mit dem klassischen Katalogversand, vertreten durch Quelle, Bauer oder
Otto geprägt, gewann seit Ende des 20. Jahrhunderts der internetbasierte
Versandhandel, E-Commerce, an Bedeutung. Nutznießer dieser Entwicklung waren und
sind in erster Linie etablierte Filial- und Versandunternehmen, die bessere Personal-,
Vertriebs- und Betriebsstrukturen als der inhabergeführte Einzelhandel aufweisen und
daher das Internetgeschäft ökonomisch (erfolgreicher) nutzen können. (vgl. Kanzler
2008: 29, zitiert nach: vgl. Jenne 2005:70)

Innerstädtische Warenhäuser. „Neben der Verdrängung des Facheinzelhandels spielen
Probleme der innenstadtorientierten Warenhäuser eine Rolle“ (BMVBS, 2010b). Der

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Konkurrenz (innerstädtischer) Shopping- Center, Fachmärkte oder Discounter können
Warenhäuser nur bedingt standhalten, da diese ihnen in puncto Angebotsvielfalt,
Shoppingerlebnis und Raumqualität in der Regel voranstehen. Eine weitere Gefährdung
stellt die zunehmende Bedeutung des Internetversandhandels dar. Fungiert ein
Warenhaus als Ankermieter in der Innenstadt, fällt dessen Schließung umso mehr ins
Gewicht und kann sich, erfolgt keine zeitnahe Nachnutzung, negativ auf den
Einzelhandel auswirken (vgl. DStGB, 2004).

Die für den innerstädtischen Einzelhandelsleerstand verantwortlichen Faktoren lassen
sich in endogene und exogene Kräfte unterscheiden (vgl. Sperle 2012: 59). Während
endogene Ursachen betriebsinterne Faktoren, wie Fehler der Geschäftsleitung oder
altersbedingte Geschäftsaufgaben meinen, umfassen exogene Faktoren äußere
Rahmenbedingungen, die auf den Einzelhandel einwirken. Zu diesen zählen steigende
Anforderungen an Innovation und Verkaufsflächen oder räumliche Veränderungen von
Kundenströmen. (vgl. ebd.: 59; vgl. Mayer-Dukart 2010: 59ff.) Endogene und exogene
Faktoren müssen nicht zwangsläufig innerstädtische Leerstände erzeugen, können aber
kumulative Abwärtstrends in Gang setzen (vgl. ebd.: 61; vgl. ebd.: 55ff.). An dieser Stelle
sind Akteure vor Ort aufgerufen, frühzeitig instrumentativ entgegenzusteuern.

2.3       Innerstädtische Einkaufszentren als Modell der Stadtentwicklung

Eine zunehmende Einflussgröße im innerstädtischen Einzelhandel bilden, neben den in
Kapitel    2.2   genannten   Faktoren,   Shopping-    beziehungsweise     Einkaufscenter.
Ursprünglich für die „Grüne Wiese“ konzipiert, verfestigte sich seit der zweiten Hälfte der
1990er Jahre der Trend zur Ansiedlung in Innenstädten (vgl. BMVBS 2010b, zitiert nach:
vgl. EHI Retail Institute GmbH 2006: 29). Die Gründe für den Erfolg lassen sich vielfach
herleiten, werden in der Wissenschaft aber überwiegend auf die Mischung sowie
Diversifizierung innerstädtischer Funktionen und Branchen zurückgeführt. Ähnlich wie
am Beispiel der Filialen wird der Einfluss der Shopping-Center auf die Städte kontrovers
diskutiert. Ob die Funktionalität eines Geschäftsstandortes nach Ansiedlung eines
Einkaufscenters aufrecht erhalten oder sogar gesteigert werden kann, hängt davon ab,
inwiefern bestehende Angebote ergänzt oder dupliziert wurden, ob das Einkaufscenter
offen-extrovertiert oder geschlossen-introvertiert konzipiert und ob es unmittelbar im
Geschäftsbereich oder in einer Randlage errichtet wurde. (vgl. ebd. 2010b; vgl. Difu
2008: 22ff.) Die Neuansiedlung kann eine Verschiebung von Kaufkraftströmen oder eine
Verlagerung von Einkaufslagen erwirken (vgl. ebd.: 22ff.).

                                                                                         8
Der häufig angeführten These der Verödung einer Innenstadt durch Shopping-Center
stehen „Anzeichen für eine Aufwertung durch Cluster- und Milieu-Vorteile entgegen, die

Abb. 1: Shopping-Center nach Standortlage und Eröffnungsjahren
Quelle: EHI Retail Institute 2007: 259

im globalen Wettbewerb zunehmend höher eingeschätzt werden“ (ebd.: 73, nach:
Läpple 2003: 147ff.). Eine Abbildung jener räumlichen Zentralisierungstendenzen findet
auch beziehungsweise insbesondere im Einzelhandel statt, wovon die Zahl neu
errichteter         Flagship-Stores,         anhaltend           hohe   Passantenfrequenzen   in   den
Fußgängerzonen oder die in den letzten Jahren steigende Anzahl innerstädtischer
Shopping-Center zeugen (vgl. Mayer-Dukart 2010: 73; vgl. EHI 2007: 259).

Abbildung 1 zeigt, dass der Trend zur Ansiedlung von Einkaufszentren „auf der Grünen
Wiese“ seit 1996 stark rückläufig ist und vor allem Innenstädte und Stadtteile im Fokus
aktueller Standortentscheidungen liegen. Als Erklärung für den Gründungsboom jenes
Einzelhandelstyps am Standort Innenstadt in den letzten Jahrzehnten (siehe Tabelle
oben) führt die Wissenschaft verschiedene Faktoren auf:

Stärkung zentralörtlicher Funktionen. Die Innenstadt gilt als Entsprechungsort des
urbanen Lebens und nimmt im gesamtstädtischen Kontext eine wichtige Rolle
hinsichtlich der Gewährleistung zentralörtlicher Funktionen wahr. Insbesondere in den
Innenstädten der Neuen Bundesländer hat das Zusammenspiel endogener und
exogener Ursachen, vor allem seit den Jahren der politischen Wende 1989/90, zu einem
erheblichen Bedeutungsverlust geführt.                           Dort, wo sich Trading-down-Prozesse
manifestieren, ist die Funktion der Innenstadt als Ort zur Durchführung der
Daseinsgrundfunktionen, als Ort des öffentlichen Lebens und als Ort mit Symbol- und
Identitätswirkung in Gefahr. Durch die Ansiedlung eines Einkaufscenters sollen die
verloren gegangenen zentralörtlichen Funktionen der Innenstadt, vor allem in

                                                                                                     9
Konkurrenz gegenüber nicht-integrierten Lagen, wiederhergestellt werden. (vgl. Mayer-
Dukart 2010: 76)

Shopping-Center       als   Magnet-     und     Frequenzbringer.      Angesichts     des
Bedeutungsverlustes innerstädtischer Kauf- und Warenhäuser, zum Beispiel Schließung
zahlreicher Karstadt- Filialen in deutschen Mittelstädten, können Shopping-Center als
Magneten und Frequenzbringer einen wichtigen Beitrag zur einzelhandelsspezifischen
Aufwertung der Innenstadt leisten (vgl. ebd.: 76). So kann die an den konkurrierenden
Einzelhandel in nicht-integrierten Lagen abgeflossene Kaufkraft zurückgewonnen, der
Einzugsbereich ausgedehnt und die Kaufkraftbindung im Einzelhandel erhöht werden.
Als Vorteil erweist sich in diesem Kontext auch die mit der Ansiedlung verbundene
Schaffung neuer Arbeitsplätze sowie ein Anstieg der Steuereinnahmen der Kommune.
(vgl. Falk et al. 2006)

Flächenrecycling. Mit der Errichtung von Einzelhandelsbetrieben in nicht-integrierten
Lagen sind häufig die Ausweisung neuen Baulandes sowie die kostenaufwändige
Schaffung neuer technischer Infrastruktur verbunden. Darüber hinaus findet eine aus
ökologischer Sicht kritische Versiegelung von Flächen statt, die dem Leitbild der
Innenentwicklung respektive dem 30-Hektar-Ziel der Bunderegierung grundsätzlich
entgegensteht. Durch den Bau von Shopping-Centern in integrierten Lagen hingegen
wird häufig ein Beitrag zum Flächenrecycling geleistet, da insbesondere Baulücken oder
zusammenhängende Brachflächen genutzt werden. Durch das Flächenrecycling werden
Impulse für die Revitalisierung der Innenstadt gesetzt. (vgl. Mayer-Dukart 2010: 77; vgl.
Walther 2006: 19)

Zunehmende Präferenz für den Standort Innenstadt von Seiten der Investoren. Für
Investoren von Shopping-Centern in der Innenstadt, gilt die hohe Besucherfrequenz als
wichtiger Erfolgsfaktor. Sichere Erträge sind somit trotz häufig hoher Bau- und
Planungskosten garantiert. Darüber hinaus besteht in Deutschland eine restriktive
Genehmigungspraxis bezogen auf die Errichtung von Einzelhandelsansiedlungen mit
zentrenrelevanten Sortimenten in nicht-integrierten Lagen. Eine Ansiedlung „auf der
grünen Wiese“ ist, da sie den Zielen der Raumordnung entgegensteht, häufig kompliziert
und langwierig und somit für den Projektentwickler zunehmend uninteressanter. (vgl.
ebd.; vgl. ebd.)

3      Integration innerstädtischer Einkaufszentren als
       Aufgabe der Stadtplanung

                                                                                      10
3.1    Städtebauliche        Typologie    und    Lagemerkmale         innerstädtischer
       Einkaufszentren

In der Fachliteratur existieren eine Reihe verschiedener Abgrenzungsmerkmale
hinsichtlich   städtebaulicher   Typologien     und    Lagemerkmale      innerstädtischer
Einkaufszentren. Im nachfolgenden Abschnitt wurde vor allem auf die Publikation von
Anne Mayer-Dukart Bezug genommen, in der, zum Bereich städtebauliche Typologie,
zunächst zwischen zwei grundlegenden Organisationsprinzipien unterschieden wird
(vgl. Mayer-Dukart 2010: 20):

Eine Form innerstädtischer Einkaufszentren bilden die sogenannten offenen/
extrovertierten Einzelhandelseinrichtungen. Hierbei handelt es sich um einen Typus, der
sowohl nach innen als auch nach außen orientiert ist und aktiv Bezug zur unmittelbaren
Umgebung nimmt. Es findet eine Interaktion zwischen öffentlichem und privatem Raum
statt. Bei jenen extrovertierten Einzelhandelseinrichtungen kann es sich um
Einkaufspassagen, Einkaufshöfe oder geplante offene Einzelhandels-anordnungen
handeln. Dem entgegen stehen die geschlossenen/ introvertierten Typen, die sich
ausschließlich nach innen orientieren und keinen Bezug zur unmittelbaren Umgebung
nehmen. Es findet demnach keine Interaktion zwischen privatem und öffentlichem Raum
statt. Der introvertierten Einzelhandelseinrichtung wird klassischer Weise die
städtebauliche Typologie der Shopping- Mall zugeordnet. (vgl. ebd.)

Hinsichtlich der städtebaulichen Typologien wird zwischen den vier Grundarten
„Passage“, „Einkaufshöfe“, „Geplante offene Anordnungen“ und „Shopping- Mall“
unterschieden (vgl. ebd.):

1) Passage. Bei der Passage handelt es sich um „einen zwischen den Straßen
hindurchgeführten, glasüberdachten Verbindungsgang, der auf beiden Seiten gesäumt
ist von Reihen einzelner Läden“ (Geist 1982: 12). Wesentliche Charakteristika dieses
städtebaulichen Typus sind die Anordnung zwischen zwei hochfrequentierten Straßen,
eine Erreichbarkeit ausschließlich zu Fuß, kleinteilige Nutzungsstrukturen sowie das
Fehlen eines Magnets/ Ankermieters. Letzteres ist, anders als beim Großteil der
restlichen Einzelhandelseinrichtungen, nicht zwingend notwendig, da die Passage von
den starken Kundenströmen der angrenzenden Straße profitiert. Die direkte
Abhängigkeit von belebten Fußgängerbereichen führt dazu, dass dieser Typus fast
ausschließlich in sehr zentralen Lagen der Stadt/ Innenstadt zu finden ist. Eine Passage
kann entweder in einen Block integriert sein, sie ist dann lediglich über einen Mittelgang
erschlossen, oder einen Block ausfüllen. (vgl. Mayer-Dukart 2010: 21)

                                                                                       11
2) Einkaufshöfe. Von Gebäuden und/ oder Gebäudeteilen umschlossene öffentliche
Räume. Die Erschließung der Einkaufshöfe erfolgt in der Regel von innen, weshalb diese
als Gegenstück zum klassischen Block angesehen werden. Die Vorteile dieses Typus
bestehen        in    seiner      hohen       Durchlässigkeit,     der   guten   Erschließung   aller
Einzelhandelsflächen und teils geschützten, weniger stark frequentierten Hofbereichen,
sodass sich dieser Typus auch für Wohn- und Dienstleistungszwecke eignet. Da der
Einkaufshof sowohl von innen als auch von außen von öffentlichem Raum umgeben
wird, verfügt er über große, für den Einzelhandel wichtige, Fassadenflächen. Allen
Vorteilen entgegen steht die Problematik, dass Einkaufshöfe nur über geringe
Gebäudetiefen verfügen. Da die geringe Größe der Raumeinheiten nur kleinteiligen
Einzelhandel zulässt, lassen sich Magnetbetriebe wie H&M oder C&A nur bedingt/ nicht
integrieren. (vgl. ebd.: 21f.)

Abb. 2: Lagemerkmale und ihre Bedeutung für die Stadtentwicklung
Quelle: Mayer- Dukart 2010: 27

Geplante offene Anordnungen. Der städtebauliche Typus der geplanten offenen
Anordnungen folgt „den traditionellen Raumfolgen der europäischen Stadt“ (ebd.: 23).
Das Grundprinzip beruht auf der Anordnung von Bausteinen verschiedener Höhe und
Größe, die einzeln angeordnet, miteinander verbunden oder additiv aneinander gereiht

                                                                                                  12
werden. Der Vorteil dieser Einzelhandelskonzeption liegt in eben jener Verschiedenheit
der einzelnen Baukörper, wodurch eine hohe Mischung aus kleinteiligem und
großflächigem Einzelhandel erreicht werden kann. Durch die offene Anordnung der
Baukörper findet darüber hinaus ein Zusammenspiel mit dem öffentlichen Raum, also
eine Belebung der Umgebung, statt. (vgl. ebd.)

4) Die Shopping-Mall. Die Shopping- Mall ist häufig gekennzeichnet durch einen
geplanten Mix aus kleinflächigen Einzelhandels- und großen Magnetbetrieben. Der
Aufbau zahlreicher Shopping- Mall- Typen entspricht dem Prinzip einer Hantel; an den
Enden (den Gewichten einer Hantel) befinden sich große Magnetbetriebe als
Ankermieter, die über eine überdachte Mall mit sehr kleinteiligen Geschäften
miteinander verbunden sind. Die Orientierung der Shopping- Mall erfolgt nach innen, es
handelt sich demnach um einen introvertierten nach außen hin geschlossenen
Gebäudetyp. Wurde bis in die 1990er Jahre der Gestaltung der Außenfassade nur wenig
Beachtung geschenkt, zeichnet sich seit einigen Jahren ein verstärkter Trend zur
dekorativen Ausgestaltung der Fassaden ab. Der Vorteil der Shopping- Mall als
Einzelhandelseinrichtung     besteht     in der    Möglichkeit   der Integration      größerer
Magnetbetriebe sowie in deren Zusammenspiel mit kleinteiligen Einzelhandelsbetrieben.
Als wesentlicher Nachteil wird in der Fachliteratur die mangelnde Interaktion mit dem
öffentlichen Raum, also die fehlende Integration der Shopping- Mall in das städtische
Gesamtgefüge, angeführt. (vgl. ebd.: 23f.)

Neben der Abgrenzung hinsichtlich des städtebaulichen Typus lässt sich eine
Unterscheidung nach Lagemerkmalen vornehmen. Mayer-Dukart unterscheidet im
innerstädtischen   Kontext      zwischen    „Standorte[n]    innerhalb    der    bestehenden
Geschäftslage in der City“ (ebd.: 26), „Standorte[n] am Rand der Geschäftslage in der
City“ (ebd.) und „Standorte[n] in einem Nebenzentrum“ (ebd.):

„Standorte innerhalb der bestehenden Geschäftslage in der City“ (ebd.). Eine
Einzelhandelseinrichtung innerhalb einer bestehenden Geschäftslage in der Innenstadt
kann zu einer Stärkung der City durch eine Verdichtung des Zentrensystems führen. Aus
städtebaulicher und stadtfunktionaler Sicht ist die Ansiedlung eines Shopping- Centers
an jenem Standort daher zu begrüßen. (vgl. ebd.)

„Standorte am Rand der Geschäftslage in der City“ (ebd.). Insbesondere in den Neuen
Bundesländer sind seit den Jahren der politischen Wende 1989/ 90 und den damit
einhergegangenen Transformationsprozessen zahlreiche innenstadtnahe Flächen
brachgefallen. Die Errichtung eines Einkaufscenters an jenem Standort trägt zur
Flächenrevitalisierung   bei.   Grenzt     die    Fläche   unmittelbar   an     den   zentralen

                                                                                            13
Einzelhandelsbereich einer City an, kann durch die Neuansiedlung außerdem eine
Erweiterung zentraler Lagen erreicht werden. Die Gefahr bei der Entscheidung für jenen
Standorttyp besteht in der möglichen Verlagerung von Schwerpunkten im Einzelhandel
und der damit verbundenen Abwertung anderer Lagen. (vgl. ebd.)

„Standorte            in      einem   Nebenzentrum“                  (ebd.).   Durch   die   Ansiedlung          einer
Einzelhandelseinrichtung an jenem Standort kann eine Stärkung des Nebenzentrums
erreicht werden. Die Gefahr besteht jedoch darin, dass der zentrale Geschäftsbereich
bei zu geringer räumlicher Distanz in seiner Funktion geschwächt werden kann. (vgl.
ebd.)

  Standort innerhalb der                         Standort am Rand der                        Standort in einem
  bestehenden Geschäftslage                      Geschäftslage                               Nebenzentrum

                                                  Verlagerung bzw.                           Stärkung eines
  Stärkung der City
                                                  Erweiterung der City                       Nebenzentrums

3.2        Raumstrukturelle und städtebauliche Einbindung innerstädtischer
           Einkaufszentren
Abb. 3: Städtebauliche Typologien innerstädtischer Einkaufszentren
Quelle: Eigene Bearbeitung, nach: Mayer- Dukart 2010: 21

                                                                                                                   14
Bei der Entscheidung eines Projektentwicklers für die Errichtung eines Shopping-
Centers sind raumstrukturelle und städtebauliche Faktoren maßgeblich für den Erfolg
des Vorhabens. In Bezug auf jene Faktoren spielen die Wahl des richtigen Makro- und
Mikrostandortes, die Einbindung in Wegenetz und Bebauungsstruktur sowie die
Gewährleistung einer optimalen Verkehrsanbindung und Bereitstellung von Pkw-
Stellflächen eine wichtige Rolle. (vgl. Mayer-Dukart 2010: 81)

Makro- und Mikrostandort. Während unter Makrostandort eine bestimmte Stadt, als
übergeordnete Raumeinheit, verstanden wird, meint Mikrostandort einen Bereich
innerhalb der Stadt, wie zum Beispiel eine ungenutzte Fläche in der City. Bei der Wahl
des Makrostandortes sind zunächst bestimmte rechtliche und raumordnerische
Bedingungen     zu      erfüllen.   Fällt   die   Entscheidung   auf   die   Errichtung   eines
Einkaufscenters in der Innenstadt eines Ober-, Mittel- oder Unterzentrum, so gilt es, die
Gebote der Konzentration und Integration zu beachten (vgl. ebd.)

•   Konzentrationsgebot: meint, dass großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit
    nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten nur in zentralen Orten
    entwickelt werden dürfen/ sollten (vgl. ebd.: 77)

•   Integrationsgebot: meint, dass großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit
    zentrenrelevanten Sortimenten ausschließlich in integrierten bzw. mit dem Zentrum
    in Verbindung stehenden Lagen realisiert werden sollen. Dadurch soll einer
    Entstehung von Shopping-Centers „auf der Grünen“ Wiese Einhalt geboten werden.
    (vgl. ebd.: 77f.)

Hinsichtlich der Wahl eines geeigneten Mikrostandortes gilt es, einen möglichst
zentralen Raum für die Realisierung des Vorhabens zu wählen, da die Chancen einer
erfolgreichen Integration in die bestehende Einzelhandelsstruktur dann am größten sind.
Mögliche Standorte (siehe Kapitel 3.1) sind dabei auf ihre Vor- und Nachteile zu
überprüfen. Da Standorte innerhalb der bestehenden Geschäftslage in der City nur
begrenzt vorhanden beziehungsweise eine Umsetzung von Vorhabens dort mit hohen
Kosten verbunden sind, wird ein großer Teil innerstädtischer Einkaufzentren an den
Rändern zentralen Einzelhandelsbereiche realisiert. In diesem Fall ist zu prüfen,
inwiefern negative Auswirkungen von dem Vorhaben auf die restliche Innenstadt
ausgehen können. (vgl. ebd.: 81f.)

Einbindung in Wegenetz und Bebauungsstruktur. Eine erfolgreiche Integration
innerstädtischer Einkaufszentren gilt dann als erreicht, wenn von diesen positive Impulse
auf die nähere Umgebung in Bezug auf das Wegenetz und die Bebauungsstruktur
ausgehen. Im Optimalfall findet durch die richtige Integration eines Shopping-Centers
                                                                                            15
eine Aufwertung, Ergänzung und Verdichtung bestehender Wegebeziehungen statt.
Konfliktpotentiale    gehen      unter   anderem   von   einer    Überdimensionierung   der
Verkaufsflächen beziehungsweise Gesamtfläche des Shopping- Centers aus. Durch
geschlossene         Fassaden,      große    Baukörper     oder     Beeinträchtigung    von
Wegebeziehungen durch Überbauung kann es zu einer Schädigung des Stadtbildes
kommen. Darüber hinaus können jene Vorhaben vor allem in durch kleinteiligen
Einzelhandel geprägten Städten die Einzelhandelsstruktur der Innenstadt massiv
beeinträchtigen. (vgl. ebd.: 83) Im Falle der Ansiedlung einer Einzelhandelseinrichtung
am Rand einer zentralen Geschäftslage nennt die Fachliteratur eine Entfernung von
maximal 200 Metern, die nicht überschritten werden sollte, um Synergieeffekte mit dem
Zentrum zu gewährleisten (vgl. Heinritz et al. 2003: 72; vgl. ebd.: 83).

Verkehrsanbindung und Bereitstellung von Pkw-Stellflächen. Ein wesentlicher Faktor für
den Erfolg innerstädtischer Einkaufszentren sind aus Investorensicht die Anzahl
vorhandener Stellplätze sowie die verkehrliche Anbindung. In diesem Zusammenhang
besteht ein Zielkonflikt, da innerstädtische Einkaufscenter zwar weniger Verkehr
verursachen als jene „auf der Grünen Wiese“, trotzdem aber für den Anstieg
innerstädtischer Verkehrs- und Umweltbelastungen verantwortlich sind. Für die Planer
der Stadt gilt es daher Auswirkungen und Nutzen, die mit der Entstehung eines
innerstädtischen Shopping-Centers verbunden sind, sinnvoll abzuwägen. Als Instrument
zur Reduzierung des Pkw-Verkehrs besitzt die Stadt die Möglichkeit, die Anzahl der
zulässigen Stellplätze zu begrenzen. (vgl. Mayer-Dukart 2010: 83) Für den Pkw-
Stellplatzbedarf bei innerstädtischen Shopping-Centern wird in der Wissenschaft von der
Formel „37 Parkplätze je 1000m2 Geschäftsfläche“ (IFG 2007: 26) ausgegangen (vgl.
ebd.).

                                                                                         16
4         Analyse des Einzelhandels in der Altstadt von Greiz

4.1       Rahmenbedingungen des Einzelhandels in der Altstadt

Greiz ist im LEP 2025 als Mittelzentrum ausgewiesen. Die Stadt sollte dementsprechend
„über ein breites Spektrum von Einrichtungen mit regionaler Bedeutung sowie
umfassende Angebote an Gütern und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfes“ (ROP
2012: 9) verfügen und als Versorgungsschwerpunkt für den umliegenden ländlichen
Raum fungieren. Dieser ist überwiegend von kleineren und mittleren Ortschaften
geprägt, die als Einzelhandelsstandorte keine überörtliche Bedeutung besitzen. Der
mittelzentrale Funktionsraum von Greiz umfasst knapp 33.500 Einwohner (vgl. LEP
2025: 32). Das Marktgebiet ist allerdings nicht statisch, sondern wird vor allem durch die
räumliche Nähe zu den Städten Gera, Zwickau, Reichenbach, Plauen und Zeulenroda-
Triebes beeinflusst.

Abb. 4: Verflechtungsraum des Mittelzentrums Greiz
Quelle: Eigene Darstellung 2015

Vor allem die Oberzentren Gera, Zwickau und Plauen ziehen aufgrund ihrer höheren
zentralörtlichen Bedeutung einzelhandelsrelevante Kaufkraft aus Greiz ab, die im Jahre
2008 83,6 % betrug. Im Vergleich zum Freistaat Thüringen, zum gesamten Landkreis
Greiz und zu den soeben angeführten thüringischen und sächsischen Ober- und
Mittelzentren fällt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft der Kreisstadt um bis zu
4,7 Prozentpunkte geringer aus. (vgl. BBE Handelsberatung 2009: 12) Werden
zusätzlich zur Kaufkraft auch die einzelhandelshandelsrelevanten Umsätze betrachtet,
lässt sich die Bindungsquote beziehungsweise Zentralität der Stadt ermitteln. Für Greiz

                                                                                       17
und die Städte innerhalb des Verflechtungsbereiches ergeben sich folgende
Bindungsquoten:

Stadt                              Bindungsquote 2008               Bindungsquote 2013                        Differenz

Oberzentren

Gera                                               136,9 %                          128,4 %                       -8,5 pp

Zwickau                                            129,4 %                          135,6 %                      +6,2 pp

Plauen                                             135,4 %                          142,8 %                      +7,4 pp

Mittelzentren

Zeulenroda-Triebes                                 107,6 %                            95,7 %                    -11,9 pp

Reichenbach                                        102,7 %                            98,6 %                      -4,1 pp

Greiz                                              114,9 %                          105,6 %                       -9,3 pp

Abb. 5: Bindungsquoten im Greizer Verflechtungsraum
Quelle: Eigene Berechnung und eigene Darstellung, nach BBE Handelberatung 2009: 36; BBE Handelsberatung, 13.10.2014

Mit Ausnahme der sächsischen Oberzentren Zwickau und Plauen besitzen alle Städte
des Greizer Verflechtungsraumes eine vergleichbar schwache und darüber hinaus
rückläufige Bindungsquote. Die Zentralität von Greiz ist von 114,9 % im Jahre 2008 auf
105,6 % im Jahre 2013 um 9,3 Prozentpunkte gesunken. Vor allem im lang- (59 %) und
mittelfristigen (53 %) Bedarfsbereich fallen die Bindungsquoten für die Stadt und ihr
Einzugsgebiet unterdurchschnittlich aus (vgl. BBE Handelsberatung 2009: 36). Diese
Werte werden der Stadt in ihrer Funktion eines Mittelzentrums nicht gerecht.
Erfahrungswerten zufolge sollte ein vitales Mittelzentrum, welches einen mit Greiz
vergleichbaren Funktionsraum besitzt, einen Zentralitätswert von etwa 150 % aufweisen
(vgl. BBE Handelsberatung, 13.10.2014). Um die Kaufkraft und Umsätze an den Greizer
Einzelhandel zu binden, müssen folglich zielgerichtete Strategien entwickelt werden, die
das Leistungs- und Qualitätsniveau der Stadt langfristig aufrechterhalten. Die
Entwicklung der Marstallfläche erscheint vor diesem Hintergrund als zielführende
Maßnahme, durch die der Anteil der Stadt an dem Einzelhandelsmarktvolumen im
Einzugsgebiet erhöht werden könnte, das 2008 auf 194 % geschätzt wurde (vgl. BBE
Handelsberatung 2009: 12).

4.2       Struktur des Einzelhandels in der Altstadt

                                                                                                                       18
Um Erkenntnisse zu der Einzelhandelsstruktur der Greizer Altstadt zu gewinnen, wurden
im November 2014 die dort ansässigen einzelhandelsrelevanten Betriebe kartiert und
gemäß ihrer Umsatzschwerpunkte einer Branche nach Heineberg und Tappe
zugeordnet (vgl. Heineberg et al. 2014: 66). Die Ausstattung der Altstadt, die im
Wesentlichen die Funktion des Einzelhandelszentrums von Greiz erfüllt, kann der
nachfolgenden Bestandkarte entnommen werden.

Abb. 6: Einzelhandelsstruktur in der Greizer Altstadt
Quelle: Eigene Daten und eigene Berechnung, nach Open Street Maps 2014

Mit insgesamt 27 Betrieben wird die Altstadt von der Bekleidungsbranche dominiert, die
weiterhin die Bedarfsgruppen Textilien, Schuhe und Lederwaren umfasst. Die Branchen
rund um Körperpflege- und Heilbedarf, Lebens- und Genussmittel, Schmuck- und
Zierbedarf, Unterhaltungsbedarf sowie Haushaltsartikel und -geräte umfassen im
Durchschnitt 7,6 Betriebe. Der Modesektor der Altstadt stellt einen wesentlichen
Attraktivitätsfaktor und Frequenzbringer für Greiz dar. Es gilt allerdings anzumerken,
dass einige der Bekleidungsgeschäfte allgemein anerkannte und zeitgemäße
Qualitätsstandards des Einzelhandels nicht einhalten. (vgl. BBE Handelsberatung 2009:
22)

Im Rahmen der Bestandsaufnahme war es nicht möglich, die Verkaufsflächen der
kartierten Betriebe zu ermitteln. Es wurde jedoch ersichtlich, dass die Altstadt von einer
äußerst kleinteiligen Ladenstruktur geprägt ist, die den derzeitigen Trend zu immer
größeren         Verkaufsflächen             nicht       widerspiegelt.    Als   Referenzwert     kann    die
durchschnittliche           Verkaufsfläche              von   77 m²   je   Ladeneinheit   im    Jahre    2008
herangezogen werden. In Bezug auf die Gesamtstadt besitzt die Altstadt eine um 104 m²
geringere durchschnittliche Verkaufsfläche je Ladeneinheit. Auch in Bezug auf die
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Innenstädte vergleichbarer Mittelzentren ist dieser Wert als unterdurchschnittlich
einzustufen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Trend zu größeren
Verkaufsflächen vor allem von dem Wunsch der Konsumenten nach einem breiteren und
tieferen Sortiment herrührt, ist dieser Umstand problematisch. (vgl. ebd.: 20; BBE
Handelsberatung, 13.10.2014) Es kann gefolgert werden, dass die Altstadt von Greiz
unter anderem aufgrund ihrer Kleinteiligkeit Kaufkraftabflüsse hinzunehmen hat, da eine
derartige Struktur von den Einwohnern der Stadt und des Einzugsgebietes als unattraktiv
bewertet wird.

Als unattraktiv kann auch die erhebliche Anzahl von Leerständen bewertet werden.
Insgesamt sind fast ein Drittel aller Betriebe der Altstadt ungenutzt. Angesichts dieser
hohen Leerstandsquote stellt sich die Frage, ob die Greizer Innenstadt ihrer
Versorgungs- und Aufenthaltsfunktion langfristig gerecht werden kann. Hinzu kommt,
dass   es   aufgrund   der   relativ   kleinen   Verkaufsflächen   schwierig   ist,   den
Gebäudeeinheiten eine Einzelhandelsnutzung zuzuführen. Viele Händler, vor allem
Filialisten, stellen konkrete Größenanforderungen an die Fläche eines potentiellen
Niederlassungsstandortes. Die leerstehenden Geschäfte in der Altstadt erfüllen diese
Anforderungen zumeist nicht. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, alternative
Nutzungskonzepte für die Leerstände des Greizer Zentrums zu entwickeln.

Abseits dessen weist die Altstadt von Greiz weitere Merkmale auf. Sie besitzt kein
innerstädtisches Warenhaus, in dem Güter verschiedener Branchen angeboten werden.
Dagegen befinden sich in der Altstadt eine Passage, die Kinopassage, sowie die
Altstadtgalerie, die beide jedoch keine zentralitätsrelevanten Einzelhandelsangebote
bereitstellen. Ferner verfügt der Stadtteil über keinen Lebensmitteldiscounter oder
Supermarkt, der ein breiteres Vollsortiment bereitstellt, wobei allerdings zahlreiche
Lebensmittelhandwerker ansässig sind, wie Bäcker und Fleischer.

Es wird deutlich, dass in Bezug auf den Einzelhandel der Altstadt eine komplexe
Problemlage vorherrscht. Diese kann auf lange Sicht die Leistungsfunktionen des
Greizer Zentrums erodieren. Deshalb ist es notwendig, Strategien und Instrumente zu
entwickeln, die das Leistungs- und Qualitätsniveau des Greizer Einzelhandels zunächst
stabilisieren und langfristig steigern. Wie in Teil A bereits dargelegt wurde, kann ein
innerstädtisches Einkaufscenter eine geeignete Möglichkeit darstellen, ein zusätzliches
und darüber hinaus attraktiveres Einzelhandelsangebot zu schaffen, welches die lokale
Kaufkraft bindet. Um weitere Basisdaten für die Entwicklung des Nutzungskonzeptes für
das Marstallcenter zu gewinnen, wurde neben der dargelegten Analyse der
Einzelhandelsstruktur in der Altstadt eine Befragung der Greizer Bürgerinnen und Bürger

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durchgeführt. Das Ziel, die Vorgehensweise und die Ergebnisse der empirischen
Untersuchung sollen im nachfolgenden Kapitel erörtert werden.

5      Empirische Untersuchung-Konsumentenbefragung

5.1    Methodik

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Da das Ziel der vorliegenden Arbeit darin besteht, ein Nutzungskonzept unter
Berücksichtigung der Interessen und Bedarfe der Greizer Bürgerinnen und Bürger zu
entwerfen, kam der Konsumentenbefragung eine einschlägige Rolle zu. Hierzu wurde
ein Fragebogen konstruiert, dessen Fragen sich sowohl räumlich als auch inhaltlich auf
die Greizer Altstadt konzentrieren. Dadurch konnten im Umkehrschluss Erkenntnisse für
das spätere Nutzungskonzept abgeleitet werden. Der Entschluss, die Erkenntnisse
quantitativ und weitestgehend vollstandardisiert zu erheben, trug neben der Wahl
diversifizierter Befragungsformen wesentlich zu der abschließend hohen Fallzahl bei.
Bei der Konsumentenbefragung handelt es sich um eine Teilerhebung, die im Verlauf
methodisch offengelegt wird, damit sie intersubjektiv nachvollzogen werden kann (vgl.
Schnell, Hill, Esser 2005: 304).

Bei der Konstruktion des Fragebogens als Erhebungsinstrument (siehe Anhang) spielte
die genannte Standardisierung eine wesentliche Rolle, um die gängigen Gütekriterien
einer Messung zu erfüllen. So wurde bei jeder Befragungsform der gleiche Fragebogen
mit den gleichen Frage- und Antwortmöglichkeiten in derselben Reihenfolge benutzt.
Zum hohen Standardisierungsgrad trägt zusätzlich auch ein mehrheitlich geschlossenes
Fragesystem bei. (vgl. Seipel, Rieker 2003: 140) Da die Antwortmöglichkeiten innerhalb
des Fragebogens überwiegend durch Mehrfachvorgaben bereits angegeben wurden,
waren sie bei der Auswertung und der Analyse besser verwertbar. Für die Befragten
bedeutete dies darüber hinaus einen geringeren zeitlichen Aufwand sowie eine leichtere
Beantwortbarkeit der Fragen selbst. (vgl. Raithel 2006: 67f.) Durch die Wahl eines
mehrheitlich geschlossenen Fragesystems können jedoch schlechter Erkenntnisse
abseits der Antwortvorgaben generiert werden (vgl. Seipel, Rieker 2003: 140). Deshalb
wurde vor allem Frage 6 zu den gewünschten Angeboten in der Altstadt offen gestellt,
da hier eine individuelle Beantwortung für den Erkenntnisgewinn besonders wichtig war.
Weiterhin wurden bei den Fragen 1 und 4 mit der Antwortkategorie „Sonstiges“ eine
Möglichkeit für die Befragten geschaffen, für sich passende Antworten zu formulieren.
Abgeschlossen wurde der Fragebogen mit drei persönlichen, quantitativen Angaben
bezüglich Geschlecht, Alter und Postleitzahl, welche im Verlauf der Auswertung mit
anderen Fragen in Verbindung gebracht wurden. Auch die Formulierung der Fragen
unterlag wissenschaftlichen Kriterien. Sie wurden kurz, prägnant und einfach formuliert.
Die Fragen dürfen die Untersuchungspersonen bei der Beantwortung nicht von
vornherein in eine bestimmte Richtung lenken, also keine vorgeschalteten, falschen
Suggestionen auslösen. (vgl. Raithel 2006: 72)

Wie bereits erwähnt, wurde ein Mix bei den Befragungsarten angewandt, bei dem
insbesondere die Online-Befragung durch die Umfragesoftware UniPark von Questback
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