Weißenburger Blätter Geschichte . Heimatkunde . Kultur Januar 2015
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villa nostra – Weißenburger Blätter Impressum: Geschichte. Heimatkunde. Kultur Herausgeber: Große Kreisstadt Weißenburg i. Bay., 1/2015 Neues Rathaus, 91780 Weißenburg i. Bay., Tel.: 09141/907102, Fax: 09141/907138 (Büro des Oberbürgermeisters) E-Mail: Stadt@Weissenburg.de Internet: http://www.weissenburg.de Inhalt: Erscheinungsweise: dreimal jährlich (Januar, Mai, September) Auflage: 3000 Reiner Kammerl: Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Schriftleitung v.i.S.d.P.: Dipl.-Archivar (FH) Reiner Kammerl, Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme, Stadtarchiv, Neues Rathaus, Tel.: 09141/907222, Fax: 09141/907227, E-Mail: stadtarchiv@weissenburg.de S. 5 Redaktion und Konzeption: Reiner Kammerl, Jürgen Schröppel Beiträge: Reiner Kammerl Fotos und Zeichnungen: Stadtarchiv Weißenburg i. Bay. Titelbild: Satz und Druck: Buch- und Offsetdruckerei Braun & Elbel, Entwurf zu einem Monumentalbrunnen Weißenburg i. Bay. in Weissenburg a. Sand Die „villa nostra – Weißenburger Blätter“ sind kostenlos erhält- lich in den bekannten Verteilerstellen der Stadtverwaltung (u. a. Die Zeichnung des Nürnberger Bildhauers Fritz Zadow (1862- Neues Rathaus, Amt für Kultur und Touristik im Römermuseum, 1926) gibt dessen Brunnenentwurf vom Herbst 1895 wieder, Stadtbibliothek), im Weißenburger Museumsshop, im Kunden- das die Stadt zunächst umsetzen wollte. Nachdem man dafür in zentrum der Stadtwerke GmbH, in den Weißenburger Geschäfts- München keine Zuschüsse, sondern einen Wettbewerb aufs stellen der Sparkasse sowie den örtlichen Buchhandlungen und Auge gedrückt bekam, wurde es verworfen bzw. das Preisge- Banken. richt kürte einen anderen Vorschlag. Links oben ist eine Fotomontage eingeklebt. In das aus identi- Bei Bedarf, soweit von Institutionen oder Gewerbebetrieben schem Blickwinkel wie die Zeichnung aufgenommene Foto ist Exemplare zur Auslage in Wartezimmern o. ä. gewünscht, oder das von dem Bildhauer Balthasar Schmitt (1858-1942) gefer- auch falls frühere Ausgaben ganz oder teilweise benötigt wer- tigte Brunnenmodell montiert. den, wenden Sie sich bitte an das Stadtarchiv oder das OB-Büro. (Foto: Stadtarchiv Weißenburg i. Bay.) © Stadt Weißenburg bzw. Verfasser der Beiträge 2
Brunnen - Denkmäler - Skulpturen Bis zur Einführung der öffentlichen Wasserversorgung wir das im Lauf der Zeit noch nachholen. Eine ausführ- waren Brunnen neben der notwendigen Trinkwasser- liche Beschreibung der Entstehungszusammenhänge quelle auch ein öffentlicher Treffpunkt. Planmäßig wur- musste ebenso unterbleiben wie eine umfangreiche den am Ende des 19. Jahrhunderts die Haupt- und Ne- künstlerische Würdigung. Auch die Angaben zu den benleitungen in der Stadt ausgebaut, und bis zum Beginn Künstlern selbst sind kurzgefasst und dem zur Verfü- des 20. Jahrhunderts waren von den 870 Häusern der gung stehenden Platz geschuldet. Gerade bei Künstlern, Stadt immerhin schon rund 370 an die öffentliche die auf ein langes Schaffen zurückblicken können, Wasserversorgung angeschlossen. Zum Vergleich: 1810 würde das alleine schon mindestens eine Seite füllen. hatten von 500 Hausbesitzern immerhin 155 eigene Dankbar nehmen wir Details und Hintergrund- Brunnen. Der Rest der Einwohnerschaft war auf die 22 informationen auf oder auch Hinweise zu Objekten, die öffentlichen Brunnen angewiesen, die strategisch über wir in dieser Bestandsaufnahme möglicherweise überse- die Altstadt verteilt waren. hen haben. In der Auflistung haben wir nicht unterschieden zwischen Brunnen und Wasserspielen. Diese Feinheiten Wir wünschen Ihnen zum Jahreswechsel alles Gute für sind bei der Frage um die Anlage eines Wasserspiels auf das Jahr 2015 dem neu gestalteten Marktplatz vor wenigen Jahren aus- giebig diskutiert worden. Ihr Ihr Denkmäler sind künstlerisch gestaltete Objek- te, die an ein Ereignis, eine Person oder Gruppe erinnern sollen. Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass man Jürgen Schröppel Reiner Kammerl gerade bei eher traurigen Anlässen dem Vergessen ent- Oberbürgermeister Stadtarchivar gegenwirken will, und deshalb sind die Denkmäler im Stadtgebiet Mahnmale. Unter dem Begriff Skulpturen sind alle diejni- gen Kunstwerke aus unterschiedlichsten Materialien zusammengefasst, die im öffentlichen Raum, also auf Straßen, Plätzen oder Anlagen stehen bzw. allgemein zugänglich sind. Hier fehlte bislang etwas zur römischen Geschichte. Dem wird durch die römische Maske (vgl. S. 34) abgeholfen werden. Es bleibt aber festzuhalten, dass sich noch kaum ein Weißenburger Künstler mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Das wäre vielleicht ein Anstoß, gerade jetzt, wo sich das Römermuseum bzw. die Präsentation des Römerschatzes im Umbau befindet. Zu jedem einzelnen Objekt ließe sich eine aus- führlichere Geschichte schreiben und vielleicht werden 3
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme Reiner Kammerl Vor Einführung der öffentlichen Wasserversorgung Weißenburg typischen kritischen Aufmerksamkeit be- bezogen die Bürger der Stadt ihr Trink- und Brauch- äugt, dann in das Stadtbild integriert und ihr Entste- wasser aus öffentlichen und privaten Brunnen (ein hungszusammenhang bald wieder vergessen. Die zu- Verzeichnis von 1810 nennt 22 öffentliche und 155 fällige Frage eines Touristen oder eine Diskussion am private Brunnen), dem Stadtbach und fünf in und um Stammtisch rücken die Brunnen und Denkmäler dann die Altstadt angelegten Weihern (Schottel- und gelegentlich wieder in den Blickpunkt. Die so auftau- Wäschgraben, Spital-, Kipferlings- und Seeweiher). chenden Fragen nach Künstler, Zeit oder Hintergrün- Hinzu kamen zwei hölzerne Wasserleitungen vom den, gerade zu den weniger im Mittelpunkt stehenden Wülzburghang (Birkhof) und von der Schönau. 1 Objekten, soll der folgende Überblick beantworten. Die zunehmende Vergrößerung der Stadt mit Nicht bedacht sind die reichsstädtischen Reprä- neuen Bau- und Industriegebieten außerhalb der Alt- sentationsbauten mit ihrem reichen Figurenschmuck stadt machte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts einen (insbesondere St.-Andreaskirche und Altes Rathaus); Ausbau der Wasserversorgung notwendig: das würde den hier vorgegebenen Rahmen sprengen. 1865 Einspeisung der Willibaldsquelle, 2 Auch der private Gebäudeschmuck fehlt, also alles, 1887 Erster Hochbehälter am Rohrberg mit 2 km was an Hausfassaden fest vermauert oder fixiert ist. langer Gussleitung in die Stadt, 3 Eine Bearbeitung der Ortsteile wird ebenfalls viel- 1893 Zweiter Hochbehälter am Wülzburghang, 4 leicht zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. 1906 Fassung der Steinriegelquelle bei Suffersheim Das erwähnte Vergessen hat sich in der z. T. mühe- mit 12 km langer Zuleitung zur Stadt (1907), 5 vollen Suche nach Quellen bewiesen, v. a. wenn keine 1925 Anlage der Tiefbrunnen I und II bei der Letten- städtischen Akten vorliegen. Allen Informanten, die mühle (Betrieb ab 1931), 6 mitgeholfen haben, sei an dieser Stelle gedankt. 1954/1956 Bohrung der Brunnen III, IV und V an der Lettenmühle, 7 1 Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1232/6. 1973 Anschluss an die Fernwasserleitung des Zweck- 2 Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1728/1. verbands Fränkischer Wirtschaftsraum, 8 3 Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1715. 1997 Betriebsbeginn des Tiefbrunnens am „Kühle- 4 Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1712. 5 Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1720. bachfeld“ südlich der Stadt. 9 6 Stadtarchiv Weißenburg, Stadtwerke 3. Heute dienen Brunnen mehr zur Verschönerung 7 Stadtarchiv Weißenburg, Stadtwerke 54. des Orts- und Straßenbildes und werden daher auch 8 Stadtarchiv Weißenburg, Stadtwerke 59. 9 „Weißenburger Tagblatt“ vom 31.12.1997. neu angelegt. Anfänglich werden sie mit der für 5
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Schöner Brunnen“ / „Schweppermannsbrunnen“ werden musste. Jedenfalls beauftragte unser Rat im Vor der Südseite des Alten Rathauses, Marktplatz 1 August 1685 den Oettinger Steinmetzen Hans Georg Schwickard, einen neuen, sechseckigen Brunnen zu gestalten. Immerhin ließ man sich vom Meister zu einer achteckigen Brunnenschale überreden. 3 Den quadratischen Brunnenpfeiler gestaltete er in Form von vier Fratzenmasken, aus deren Mündern vier Wasserröhren kommen. Die Wiederverwendung der renovierten Figur stand nie zur Diskussion. 4 In den alten Rechnungen wird die Figur immer als „der kupffern man“ bezeichnet. Die Verbindung zu dem legendären Feldhauptmann Seyfried Schwep- permann ist relativ modern und ohne näheren Bezug. Sie kam Ende des 19. Jahrhunderts auf und hat sich inzwischen fest etabliert. Die Originalfigur – sie steht heute im Foyer des Reichsstadtmuseums – hat ur- sprünglich mit der linken Hand den zwischenzeitlich verlorenen Schild gehalten. Die 1967 von dem Unter- nehmer Hermann Gutmann gestiftete Nachbildung 5 hält die Handfläche nach oben, wohl um damit der Sage von den zwei Eiern, die Ludwig der Bayer sei- nem tapferen Feldherrn in die Hand gelegt haben soll, Erst Jahrzehnte nach dem provisorischen Ab- gerecht zu werden. schluss des Rathausbaus (1480) wurde dessen südli- Im Zuge einer Sanierung (1964) wurde die irrepa- che Schauseite durch den Anbau des sog. „Archiv- rabel beschädigte, ca. 4 m hohe Brunnensäule durch turms“ (1567/1569) aufgewertet. 1 Kurz zuvor, in den eine Sandsteinsäule ersetzt, die das Stadtbauamt beim Jahren 1548/1549 ließ der Rat von örtlichen Hand- Abbruch der Tröltsch-Villa (Westliche Ringstraße 2) werkern den „Schönen Brunnen“ errichten. Die 98 von dem dortigen Eingangsportal gesichert hatte. 6 (damalige) Pfund schwere Ritterfigur fertigte der 1 Gotthard Kießling, Stadt Weißenburg i. Bay. (Denkmäler in Bayern Weißenburger Kupferschmied Michael Steuerlein, der V.70/2), München 2000, S. 126 ff. dafür einen Lohn von 25 Gulden erhielt. 2 2 Stadtarchiv Weißenburg B 38/22 (Stadtrechnung 1549-1552). Rückschlüsse auf Form bzw. Gestaltung des Brun- 3 Ein ursprünglich umlaufendes Ziergitter wurde 1866 ersatzlos entfernt. 4 Vgl. Helmuth Richter, Die Restaurierung der Ritterfigur des sog. Schwep- nens lassen sich aus den fragmentarischen Rech- permannsbrunnens, in: „villa nostra“ 3/1996, S. 20-22. nungsnotizen leider nicht ziehen. Unklar ist auch, 5 Es wird behauptet, die neue Figur trage die Gesichtszüge des Stifters. warum er erneuert bzw. repräsentativer ausgebaut 6 Vgl. Bericht im „Weißenburger Tagblatt“ vom 20.07.1964. 6
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Kaiser-Ludwig-Brunnen“ Am östl. Ende des ehem. Holzmarkts (Luitpoldstraße) Am Anfang stand eine Entschließung des Bayer. Kul- tusministeriums vom 19. August 1873, das eine finan- zielle Förderung von „monumentalen“ Kunstobjek- ten in Aussicht stellte. Sofort dachte unser Magistrat an den Stifter des Stadtwaldes. Aber weil das Geld knapp war, beschloss man vorsichtig, jährlich einen Betrag für einen „Monumentalbrunnen“ anzusparen. Zwanzig Jahre später erlaubten es die angesparten Gelder, das Projekt anzugehen. Längst war man sich einig, statt dem zuerst angedachten Standort in der Spitalanlage den städtebaulich attraktiveren Holzmarkt zu wählen. Mit dem Entwurf des Nürnberger Bild- hauers Fritz Zadow (1862-1926) und des Architekten Josef Schmitz (1860-1936) im Gepäck sprach Bür- Basis eine Rundschale und den Pfeiler mit der bron- germeister August Fleischmann (1826-1887) im zenen Kaiserfigur trägt. Der Mittelteil mit den Januar 1896 persönlich beim Innenminister vor. Der ‚Fratzenköpfen‘, aus deren Rachen das Wasser in das schmetterte seinen Zuschussantrag mit dem Hinweis Hauptbassin abfließt, besteht ebenso wie der Figuren- ab, dass zuvor eine landesweite Ausschreibung und pfeiler aus leicht rötlichem Untersberger Marmor. Ein eine Bewertung durch eine „Jury von Künstlern“ er- Eber- und ein Hirschkopf dienen als Wasserspeier. folgen muss. Notgedrungen fügte man sich. Neben Das bayerische und das Weißenburger Stadtwappen, zwei Weißenburger Repräsentanten bestand das Preis- die Widmung und ein Porträt des Prinzregenten zieren gericht aus fünf angesehenen Bildhauern und Profes- den ca. 3 m hohen Pfeiler. Sein Kapitell lässt „in kräf- soren. 16 Modelle waren zu bewerten und „trotz eif- tigen Reliefdarstellungen drei Tritonen und eine Nixe rigsten Eintretens der beiden städtischen Preisrich- in lebhafter Aktion“ erkennen. 1 ter“ erhielt am 7. Juni 1898 nicht deren Favorit den Kurz vor der Fertigstellung verstarb Dittler, und ersten Preis, sondern – gegen die Stimmen der Wei- die Vollendung wurde seinem Künstlerkollegen Au- ßenburger – der Entwurf des Münchner Bildhauers gust Drumm (*1862 Ulmet, †1904 München) übertra- Emil Dittler (*1868 Pforzheim, †1902 München) mit gen. Am 5. Juli 1903 konnte das ca. 7,60 m hohe seinem Modell „Dürer“. Die Preisrichter setzten klei- Denkmal in Anwesenheit von Prinz Alfons von nere Änderungen durch. Bayern feierlich enthüllt werden. 2 Aus der Mitte eines achteckigen Bassins aus Mu- 1 Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1250. schelkalk erhebt sich mittig ein ‚Unterbau‘, der als 2 Kießling, Stadt Weißenburg i. Bay., a. a. O., S. 125. 7
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Koppbrunnen“ trog bestand. Der Trog klebte unmittelbar am Platzartige Erweiterung östl. der Straße Auf der Wied „Rosenbad“ im heutigen Gehsteigbereich. Sein Abwasser lief in die Pferdeschwemme, die „Wied“. Auf den Bau des neuen Wildbads 1869 folgte eine Neugestaltung des Umgriffs. Dabei wurde der frühere Stadtgraben einschließlich der längst bedeutungslos gewordenen Pferdeschwemme (an der Ecke zur Wild- badstraße) eingefüllt und die Wildbadstraße und die Wied gepflastert. In die neue Anlage wurde der neu gestaltete Koppbrunnen versetzt. Die Ausführung erfolgte nach Entwürfen des dama- ligen Stadtbaumeisters Carl Söldner (*1837 Nördlin- gen, † 1899 Erlangen). Er plante, „den Brunnentrog aus feinkörnigem Granit mit Nuth und Falz beidseitig bearbeitet, ... die Futtermauer rings um den Brunnen von Sandsteinquadern..., die Stufen von harten Stei- Im Jahr 1687 erhielt der Oettinger Steinmetz Hans nen vom Steinberg“, sowie Röhren aus Gusseisen. Georg Schwickard (vgl. den „Schönen Brunnen“) den Zunächst verschleppten die beauftragten örtlichen Auftrag, auch den 1541 gefassten „Koppbrunnen“ – Handwerker die Ausführung um ein Jahr. Die als die Quellen bezeichnen ihn regelmäßig auch als Brunnenfigur schon in Auftrag gegebene Metallfigur „Kochbrunnen“ – zu richten. Eine neue Brunnenstu- des Wassergotts Neptun wurde in letzter Minute stor- be wurde in der Straße beim „Rosenbad“ (Rosenbühl niert. Euphorisiert vom Sieg über Frankreich und der 2) angelegt. Dort findet sich noch eine kreuzförmige Reichsgründung beschloss der Stadtmagistrat näm- Markierung mit der Jahresangabe 1541 und gegen- lich im Herbst 1871, als die Arbeiten endlich anliefen, über, am Neuen Rathaus, korrespondiert die Jahres- stattdessen eine Figur Kaiser Wilhelms I. auf den angabe 1687. 1 Brunnen zu setzen. Er kam aber nicht zur Ausführung In der Brunnenstube laufen nicht nur mehrere – über die Gründe schweigen die Akten. 3 Quellflüsse zusammen, auch die bierbrauenden Nach- Nach mehreren Typhusfällen in unmittelbarer Um- barn im „Schwarzen Bären“ (Marktplatz 13 und die gebung wurde der Brunnen 1926 als Trinkwasser- Metzger im Schlachthaus in der nahen Höllgasse leg- quelle gesperrt – und trotzdem holten sich einge- ten Leitungen für ihre Zwecke. Über einen steinernen schworene Liebhaber noch Jahrzehnte später dort Kanal wird auch Wasser zum Rosenbad in den Keller Wasser. der Badestube abgezweigt. 2 1 Kießling, Stadt Weißenburg i. Bay., a. a. O., S. 41. Für die Öffentlichkeit speisten die Quellen den al- 2 Stadtarchiv Weißenburg B 75/2, pag. 18 ff. ten Koppbrunnen, der eigentlich nur aus einem Tränk- 3 Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1248. 8
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Milleniumsbrunnen“ Nordwestecke des Platzes Auf der Kapelle Der Kapellenplatz nahe dem Ellinger Tor ist in eigent- lich drei Etappen entstanden. In einer ersten Maß- nahme fielen im Jahr 1520 die Synagoge der aus der Stadt vertriebenen jüdischen Gemeinde sowie zwei angrenzende Bürgerhäuser, um Platz für eine Wall- fahrtskirche zu bekommen. Das bis auf die Weihe fer- tiggestellte Projekt scheiterte letztendlich mit der Ein- führung der Reformation; die Baulücke füllte ein 1542 von der Reichstadt errichtetes frei stehendes Fachwerkhaus (Auf der Kapelle 16). 1 Sein heutiges Aussehen ist im Wesentlichen ein Ergebnis der ‚Altstadtsanierung‘ ab 1974. Entlang der bis dahin verwinkelten Altstadtgasse wurden im Vor- griff auf die wenige Monate später erstellte Denk- malliste 2 vier Gebäude, darunter eine imposante Fach- werkscheune von 1540 und zwei wuchtige Fachwerk- stadel, abgebrochen. Die Öffentlichkeit bejubelte den von städtischen Mitarbeitern „ohne großen Papier- krieg“, wenn auch ohne Konzept für eine Neugestal- tung bzw. Neubebauung, Ende Februar 1974 durchge- führten Abbruch der „Bruchbuden“. Im Zusammenhang mit einer überfälligen Neuge- ergießt. Das Gebäude im Zentrum steht für die drei staltung der als Parkplatz genutzten Brache fiel 1999 Weißenburger Stadttore, und durch sie verrinnt die auch das äußerlich unscheinbare Fachwerkhaus Auf Zeit stufenweise über wichtige Jahreszahlen aus der der Kapelle 16. Seinen Standort markiert der am 12. Weißenburger Geschichte von der Römerzeit bis zum September 2000 in Betrieb genommene Brunnen. Jahr 2000. 3 Der Eichstätter Steinbildhauer Günter Lang 1 Reiner Kammerl, Die ehemalige Marienkapelle in Weißenburg, in: „villa (*1941 Eichstätt) hat die achteckige Brunnenschale nostra“ 1/1994, S. 15-18. aus heimischem Jura-Marmor „aus der Quadratur 2 Am 1. Oktober 1973 war das Bayerische Denkmalschutzgesetz in Kraft getreten, der erste Entwurf einer Weißenburger Denkmalliste datiert vom 2. des Kreises entwickelt“. Die aufragende Bronzestele Juli 1974 (Reiner Kammerl, Weißenburg ab 1945, Vortragsmanuskript im markiert das neue Jahrtausend, von der aus sich das Stadtarchiv, 2012). Wasser in das Becken der Weißenburger Geschichte 3 Bericht zur Inbetriebnahme im „Weißenburger Tagblatt“ vom 13.09.2000. 9
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Sparkassenbrunnen“ Die zunächst angeregte Integration des „Träu- „Spitalanlage“ gegenüber der Sparkasse menden Knaben“ (vgl. S. 27), des letzten Werks von Bildhauer Karl Hemmeter (*1904 Weißenburg i. Bay., †1986 München), scheiterte, nachdem die Skulptur bereits angekauft war, weil im Kulturausschuss Kritik geäußert wurde und der Sparkassen-Vorstand nicht an einer wie auch immer umstrittenen Aufstellung der Plastik interessiert war. 1 Eine Neuplanung war nötig, und den Auftrag für den Brunnen aus Bronze mit zwei Lampen und Was- serqualler innerhalb eines Bronzerings mit umlaufen- dem Pflasterring erhielt der Münchner Maler und Bildhauer Erich W. Torsten. 2 Der Guss des rund 1 Tonne schweren Blocks, der auch im Winter als offene Plastik stehen bleiben kann, erfolgte in Neuötting. Der Termin für die Inbetriebnahme am 19. Juli 1986 wurde bewusst in Anlehnung an das 50-jährige Jubiläum des Zweckverbands ‚Vereinigte Sparkassen Weißenburg i. Bay.‘ gewählt (Gründung am 1. Juli 1936 durch die Städte Weißenburg, Treuchtlingen, Pappenheim und Ellingen). Eine vertragliche Vereinbarung regelt Aufstellung, Betrieb und Unterhalt des Brunnens, der als Eigentum der Sparkasse auf städtischer Fläche steht. 3 Entstanden ist der Brunnen aus einem Gespräch des 1 Ausschuss für Bauwesen, Stadtentwicklung und Stadtplanung am 16.06. und 12.11.1985. damaligen Oberbürgermeisters Reinhard Schwirzer 2 Daten zum Künstler waren im Zeitungsbericht zur Einweihung („Weißen- mit Sparkassen-Vorstand Claus Rüdinger. Schwirzer burger Tagblatt“ vom 22.07.1986) nicht genannt; im ansonsten so informa- regte dabei an, dass die Sparkasse im Zuge der Fertig- tiven Internet konnten ebenfalls keine Angaben zum Künstler gefunden werden. stellung des „kostspieligen Erweiterungsbaues an der Torsten hat 1969 auch die Entwürfe für die Farbgestaltung der Sparkassen- Wildbadstraße einen Brunnen für den Vorplatz vor Hochhauses an der Rothenburger Straße geliefert. dem kleinen Spittel stiften sollte“. 3 Stadtarchiv Weißenburg, Archiv 457. 10
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 Brunnen vor der Brauerei Schneider Brunnen in der Bachgasse Platzartige Erweiterung der Bachgasse Westlich der Straße vor Bachgasse 8. Beim Ausbau der Bach- gasse stieß man auf den erhaltenen Schacht ei- nes alten Ziehbrunnens, der bei seiner Aufgabe um 1900 nur abgedeckt worden war. Der Stadt- rat beschloss am 3. De- zember 1992, den Brun- nen wieder aufzubauen und beauftragte das Im Zuge des 1988 erfolgten Ausbaus der Bachgasse Stadtbauamt mit der erfolgte auch die Gestaltung der platzartigen Erwei- weiteren Planung und terung vor der „Kanne“ als Ruhezone. Als belebendes Umsetzung. Element für die keinesfalls als Parkplatz gedachte Als Vorlage für den neuen Brunnenkörper diente Fläche entschied man sich für die Aufstellung eines ein Kupferstich aus dem 18. Jahrhundert, der einen Brunnens mit Bänken. Ziehbrunnen in der unteren Marktplatzhälfte zeigt. Die Pläne von Stadtbaumeister Eckhard Loock Kaum war der von der Dettenheimer Firma Stet- (*1941 Berlin) basieren auf einer historischen Vorlage tinger gefertigte Brunnen fertig, hagelte es heftige im Stadtarchiv. 1 Es wurde es auch kein Kunstbrunnen Ablehnung, weil er nach Ansicht vieler nicht in die mit Figur 2, sondern ein relativ zurückhaltend gestal- Enge der Altstadtgasse passen würde. Der ehemalige teter, traditionell achteckiger Brunnentrog aus Jura- Kreisheimatpfleger Gustav Mödl bezeichnete den kalkstein mit einer ebenfalls achteckigen Mittelsäule, Brunnen öffentlich als „historischen Kitsch“ und aus dem über vier Rohre Wasser sprudelt. 3 „viel zu groß geratenes Monstrum“. 4 Bereits bei den Pflasterarbeiten war die Brunnen- Die Kritik prallte an der überdimensionierten Fas- stube mit den notwendigen Anschlussleitungen ange- sung und dem aus Kalkstein aufgesetzten „Querbal- legt worden. Dabei wurde auch ein Leerrohr verlegt, ken“ bislang ohne erkennbare Wirkung ab. über das Bier aus dem Keller der Brauerei in einen separaten Anschluss in der Brunnensäule gepumpt 1 Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1251/5. 2 Vorgesehen war die Figur des Weißenburger Originals Karl Jähring (1869- werden kann. 1 „Weißenburger 1945), genannt „ZaddernTagblatt“ Karl“. vom 27.05.1994. Ausführung und Aufstellung folgten im Jahr 1989 3 „Weißenburger Tagblatt“ vom 17.02.1989. durch die Firma Marmor Stettinger in Dettenheim. 4 „Weißenburger Tagblatt“ vom 27.05.1994. 11
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 Brunnen im Klostergarten Brunnen im Kulturzentrum Klostergarten Innenhof des Kulturzentrums Die Übernahme des Ostflügels des ehemaligen Kar- Seit der Eröffnung des Kulturzentrums im Oktober meliterklosters samt Betriebshof der Brauerei Mack 1983 war die Stadt bestrebt, den gepflasterten Innen- & Michel machte für die Stadt Weißenburg den Weg hof mit einem Brunnen zu schmücken. Erfüllt wurde frei, um den historischen Garten des einstigen der Wunsch in Form einer Spende des Lions-Club Klosters zu reaktivieren. Weißenburg aus Anlass zu dessen 20-jährigem Beste- Auf die Bestandssicherung des Klosterflügels hen. Die Übergabe der Brunnenplastik erfolgte im folge in den Jahren 1999/2000 die Neuanlage des Rahmen einer Feierstunde am 21. September 1985. Klostergartens durch Stadtgärtnerei bzw. Tiefbauver- Über bronzene Blätter schießt Wasser in kleinen waltung. Über Zugänge von der Kloster- und der Hei- Kaskaden hinab und erfüllt den Hof mit lebhaftem gertgasse ist der Garten zu einer gerade im Sommer Geplätscher – wenn er im Rahmen von Festlichkeiten gerne aufgesuchten Oase in der Altstadt geworden. in Betrieb ist. Gerne drängen sich dann in den Pausen Mittelpunkt der Anlage ist ein Schalenbrunnen aus v. a. Raucher und erhitzte Veranstaltungsgäste um den heimischem Jurastein, aus dessen Mitte sich ein Was- kunstvollen Brunnen. 2 serstrahl auf vier kleinere Becken verteilt. Vorbild war Schöpfer des Brunnens ist der Schwandorfer Bild- ein (kleinerer) mittelalterlicher Schalenstein, der sich hauer Peter Mayer (1938-2009). Nach dem Besuch in den musealen Sammlungen der Stadt erhalten hat der Staatl. Fachschule für Keramik (1953-1958) und und im Reichsstadtmuseum zu besichtigen ist. Er einem Studium an der Akademie der Bildenden wurde als Vorlage gewählt, weil er im kirchlichen Künste (1958-1964) lebte und arbeitete Mayer als Bereich verwendet wurde und außerdem aus der Bau- freischaffender Bildhauer in seiner Heimatstadt. 3 zeit der Klosteranlage stammt. 1 „Weißenburger Tagblatt“ vom 17.03. und 25.05.2000. Umsetzung und Ausführung erfolgten durch die 2 „Weißenburger Tagblatt“ vom 23.09.1985. Firma Stettinger in Dettenheim. 1 3 www.kunst-in-ostbayern.de (Aufruf vom 03.11.2014). 12
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 Brunnen Am Hof Westliche Platzhälfte Am Hof Die Brunnenliste von 1810 nennt unter den öffentli- chen Brunnen auf dem Platz Am Hof nur einen mit einem hölzernen Trog. Erst im Jahr 1881 wurde auf Anregung von Stadtbaumeister Sebastian Eckart (*1846 Ipsheim, †1915 Weißenburg) ein Steinbrun- nen auf dem Platz aufgestellt. Der Magistrat rang sich in seiner Sitzung am 3. März 1881 dazu durch, ob- wohl er mehrheitlich einen eisernen Brunnen bevor- zugt hätte, und gab damit dem Wunsch der Gemein- debevollmächtigten nach. Eckart lieferte auch die Planvorlage zu dem Pro- jekt, der ähnlich dem Brunnen auf dem Saumarkt kon- zipiert war, also mit achteckiger Brunnenschale und einer zentralen Säule. Den Auftrag erhielt der Weißenburger Maurer und Steinhauer Wilhelm Rosa (1828-1885). 1 Rosa hatte 1877 bereits den Saumarktbrunnen aus- geführt, der vom früheren Stadtbaumeister Eugen Waidenschlager (*1844 Aura bei Gemünden, 1876 Wechsel nach Nördlingen) entworfen worden war. 1971 musste der Saumarktbrunnen „aus Verkehrs- gründen“ weichen. Er wurde eingelagert und kam 1986 nach Abschluss der mit dem Bereich Am Hof begonnenen Altstadtsanierung dorthin und ersetzte seinen 1881 entstandenen Vorgänger. 2 Der erste Brunnen Am Hof von 1881 in einer Aufnahme um 1 Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1249/3. 1900. Er verschwand zu einem nicht nachvollziehbaren Datum 2 Reiner Kammerl, Der Saumarkt und seine Brunnen, in: „villa nostra“ vor dem Zweiten Weltkrieg. 2/2005, S. 20-23. 13
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 Trinkwasserbrunnen am „Neuen Rathaus“ „Franziskusbrunnen“ Marktplatz 19 (Westseite) Südlich vor der Hl.-Kreuz-Kirche Das schöne Wasserspiel wurde durch eine Spende des Weißenburger Rotary-Clubs angeregt und finanziert. Innerhalb eines Jahres war er fertiggestellt und erhielt Mit dem Bau des „Neuen Rathauses“ hat die Stadt am 16. Mai 1993 seine kirchliche Weihe. einen Meilenstein in der Geschichte ihrer Verwaltung Den Brunnen selbst bilden mehrere Naturstein- gesetzt. Der 2. Bauabschnitt (1996/1997) betraf dabei quader, die in Kreuzform angeordnet und durch einen die Sanierung und den Umbau des „alten Rentamts“. Ring zusammengehalten sind. Die erkennbaren Aus- Dabei wurde auch der alte, an der Westseite über eine buchtungen verweisen auf die Wundmale Christi. Eingangstreppe erreichbare Haupteingang behinder- Der Legende nach war der Hl. Franziskus sehr tengerecht und repräsentativ an die Nordseite verlegt. tierliebend. Wohl deshalb schmücken zahlreiche Tau- Die Stelle des früheren Eingangs versiegelt seit ben das in der Bevölkerung auch als „Vogelbrunnen“ Juni 1999 ein Trinkwasserbrunnen aus heimischem bezeichnete Kunstwerk. Jurastein, der mit bronzenen Kugeln verziert ist. Über Gestaltet hat auch ihn der Untersteinbacher Stein- einem dreieckigen Wasserbecken erhebt sich an der metz und Bildhauer Künstler Reinhart Fuchs (1933- Hausfassade eine Stele, die von einem Pinienzapfen 2011), der selbst Rotary-Mitglied gewesen ist. 2 als Hinweis auf die römische Vergangenheit bekrönt Fuchs zeichnete sich u. a. durch seine Vielseitig- ist. Auf Knopfdruck fließt Trinkwasser. Damit, so keit aus. Nach einer Lehre als Holzbildhauer, Stein- argumentierte der Untersteinbacher Künstler Rein- metz und Steinbildhauer und dem Besuch einer Fach- hart Fuchs (*1933 Auhof bei Hilpoltstein, †2011 schule für Keramik studierte er ab 1954 an der Untersteinbach), habe der Brunnen einen direkten Münchner Kunstakademie bei Prof. Hiller. 2 Nutzen für die Bürger. Sie können das frische Wasser 1 „Weißenburger Tagblatt“ vom 16.06.1999. einfach trinken oder auch auf dem Markt gekauftes 2 „Weißenburger Tagblatt“ vom 18.05.1993. Obst waschen, erläuterte der Künstler. 1 3 Vgl. „villa nostra“ 3/1999, S. 2. 14
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 Springbrunnen in der „Spitalanlage“ „Energiebrunnen“ Westhälfte nördlich der Unteren Stadtmühlgasse Schlachthofstraße 19 (Stadtwerke Weißenburg GmbH) Der im Frühjahr 1995 fertiggestellte moder- ne Brunnen steht auf dem Betriebsgelände der Stadtwerke und symbolisiert Strom (angedeutet durch die Isolatoren), Wasser- kraft (dafür steht das große Rohr) und Gas Im Jahr 1962 beschloss der Stadtrat, an der Unteren (markiert durch die Stadtmühlgasse neue Parkplätze zu schaffen und die kleineren Rohre), also seit der Einfüllung des Spitalweihers (1858/1897) die drei Kernbereiche bestehende Grünanlage neu anzulegen. 1 Im Zuge die- der Stadtwerke. ser Umgestaltung wurde im westlichen Anlagenbe- Energiegewinnung aus Fotovoltaik- und Wind- reich ein neuer Springbrunnen aufgestellt. kraftanlagen war 1995 für die Stadtwerke noch kein Aus einer Kupferschale sprüht ein glockenförmiger Thema. Inzwischen wird die Umwälzpumpe für den Wasserstrahl, der in einem runden Becken aufgefan- Brunnen mithilfe von Solarzellen angetrieben. 4 gen und mit einer Pumpe neu hochgepumpt wird. 2 Die Installation ist ein Werk des in Weißenburg Den Auftrag erhielt im Mai 1964 die ‚Firma Kett- durch sein vielseitiges Schaffen bekannten Künstlers ner KG. Apparatebau, Münchingen bei Stuttgart‘. und Architekten Reiner Joppien (*1928 Königsberg, Vorausgegangen war ein Gestaltungsvorschlag der †2002 Weißenburg i. Bay.). Der aus Ostpreußen stam- ‚Fonta-Wasserspiele, Stuttgart‘, der die Zustimmung mende Künstler studierte ab 1944 Bildhauerei in Kö- des Stadtrats gefunden hatte. Die Idee zur Unter- nigsberg und ab 1948 Malerei in Augsburg und Mün- wasserbeleuchtung der kleinen Fontäne steuerte der chen sowie ab 1955 Architektur an der Akademie der Stadtbaumeister bei. Daran stießen sich einige Bildenden Künste in München. Ab 1961 wirkte er als Stadträte, die der Meinung waren, dass statt drei auch freischaffender Architekt, Maler und Bildhauer in ein Leuchter ausgereicht hätte. Die Inbetriebnahme Weißenburg und Ellingen. erfolge zum Kirchweihbeginn am 14. August 1964. 3 1 Stadtarchiv Weißenburg, Stadtratsprotokoll vom 30. 05. und 22.06.1962. Schon bald war der Brunnen Ziel nächtlicher Un- 2 Aus den vorhandenen Protokollen und Zeitungsberichten geht nicht hervor, wer den Anstoß für den Brunnen gegeben hat. ruhestifter, welche die Anlage verwüsteten oder mit 3 „Weißenburger Tagblatt“ vom 15./16.08.1964. Waschmittel verunreinigten. 4 Auskunft Stadtwerke Weißenburg (Peter Lang) vom 04.10.2014. 15
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 Brunnen am Kreiskrankenhaus „Hans-im-Glück-Brunnen“ Krankenhausstraße 1 Mittelschule am Seeweiher, Römerbrunnenweg 6 Die Planungen zum Der am 18. Mai 1956 Neubau des Kreis- eingeweihte Bronze- krankenhauses be- brunnen schließt den trieb ab 1974 noch die platzartigen Schulhof Stadt Weißenburg. ab. Das vorgegebene Als 1978 die Zustän- Motto war ein Appell digkeit auf den Land- an die Jugend, sich kreis überging, zog „vor dem Leben nicht sich die Stadt zurück, zu fürchten“. 3 erklärte sich aber be- Aus dem runden reit, das Städtische Wasserbassin erhebt Krankenhaus bis zur sich ein quadratischer Bezugsfertigkeit des Sockel. Die vier Tier- Neubaus (1. Juli 1985) figuren des Märchens tragen eine große Kugel, die weiterzubetreiben. den kopfgroßen Goldklumpen symbolisieren soll, den Für die Gestaltung der Krankenhauskapelle und Hans als Lohn erhalten hat und den er dann immer des Brunnens vor dem Haupteingang war ein künstle- weiter vertauscht. Auf der Kugel steht Hans letztlich rischer Wettbewerb durchgeführt worden. Den Auf- mit leeren Händen, aber sichtlich glücklich da, weil er trag für den Brunnen vor dem Haupteingang erhielt glaubt, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. am 18. Juli 1984 der Emetzheimer Künstler Georg Karl Hemmeter (*1904 Weißenburg i. Bay., †1986 Karl Pfahler (*1926 Emetzheim, †2002 Emetzheim). 1 München) absolvierte zunächst eine Drechslerlehre, Seit seinem Studium an der Kunstakademie Stutt- ab 1924 besuchte er die Nürnberger Kunstakademie gart (1950-1954) lag der Schwerpunkt von Pfahlers (Holzstich und Plastik) und ab 1926 studierte er an der Schaffen in Baden-Württemberg. Über die informelle Münchner Kunstakademie. Sein bekanntestes Werk ist Malerei und das Formativ fand er zu geschlossenen wohl der 1962 entstandene „Segnende Christus“ in Farbfeldern und zuletzt zu einer freieren, gleichwohl der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin. geometrisch bestimmten Formensprache. Neben sei- Der Brunnen soll auch nach dem Neubau im Um- ner Lehrtätigkeit bestritt der vielfach ausgezeichnete feld der Schule nahe dem Seeweiher erhalten bleiben. Künstler zahlreiche Ausstellungen. Höhepunkte für 1 Gustav Mödl [Hrsg.], Kreiskrankenhaus Weißenburg. 500 Jahre Kranken- pflege. Vom Bürgerspital zur modernen Klinik, Weißenburg 195, S. 53. Pfahler waren es, als er die Bundesrepublik wieder- 2 Dr. Karl Friedrich Zink, Nachruf Georg Karl Pfahler, in: „villa nostra“ holt auf internationaler Ebene vertreten durfte: bei der 2/2002, S. 18. Biennale 1970 in Venedig und 1981 in São Paulo. 2 3 „Weißenburger Tagblatt“ vom 19.05.1956. 16
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Römerbrunnen“ „Friedhofsbrunnen“ zu Wülzburg Stadtwald südöstlich des Stadtzentrums Östlich vor Dorf und Festung Wülzburg Der „Römerbrunnen“ ist eine Quellfassung, die als Der Wülzburger Friedhof wurde im Zusammenhang beliebtes Ausflugsziel mit Kochgelegenheit und zahl- mit der Installation eines Wülzburger Pfarrers (1685) reichen Bänken und Tischen ausgestattet ist. angelegt und im 19. Jahrhundert erweitert. 4 In der Stadtkarte des Veit Biber von 1726 ist die Er teilt sich in einen historischen und einen moder- Quelle als „Römleins-Brunnen“ bezeichnet und ein- nen Teil, in dem seit 1954 nur noch Mitglieder der deutig mit einer gemauerten Quellfassung dargestellt, Kirchengemeinde bestattet werden dürfen. 5 Stadtchronist Georg Adam Voltz bezeichnet ihn 1835 Den neuen, am 11. Juni 2012 offiziell in Betrieb als „Römer- oder Riemleinsbrunnen“. 1 genommenen Steinbrunnen hat die Weißenburger Fir- Sagen berichten von Römern und ersten Christen, ma ‚Naturstein Kittsteiner‘ gefertigt. Er wird über die dort getauft wurden. 2 Ein Bürger „Riemlein“, der eine 290 m lange Leitung aus einem rund 15 m höher die Quelle 1763 neu gefasst haben soll, ist auch nicht gelegenen Regenwassersammler im Dorf Wülzburg nachweisbar. 3 Dafür ist die Quellfassung durch die gespeist. Das Wasser dient in erster Linie zur Grab- Jahresangabe „1763“ und die Namen „I. I. ROTH pflege. 6 FB“ für den Ratsherrn und Forstbeamten Johann Jakob Roth (1717-1785), und „G. L. RAAB StBM“ für 1 Stadtarchiv Weißenburg, PlS 28; Georg Voltz, Chronik der Stadt Weissen- den Ratsherrn und Stadtbaumeister Georg Leonhard burg im Nordgau und des Klosters Wülzburg, Weißenburg 1835, S. 23. 2 Weißenburger Heimatblätter 1942, S. 83 und 87. Raab (1705-1768) bezeichnet. 3 Ulf Beier, Von der Höll- zur Paradeisgasse. Straßen und Wohnstättennamen Es gibt keinen Hinweis zu dieser Maßnahme in in Weißenburg (Weißenburger Heimatbücher Bd. 2), 2., erw. u. akt. Aufl., den Archivunterlagen jener Zeit. Das bedeutet, dass Weißenburg i. Bay. 2000, S. 109. 4 Daniel Burger, Die Schloß-Kapelle der Festung Wülzburg, in: „villa keine öffentlichen Gelder ausgegeben wurden und nostra“ 2/1996. man deshalb von einer persönlich motivierten Stif- 5 Stadtarchiv Weißenburg Rep III 1059/2 und Rep. IV 115/17. tung dieser beiden Räte ausgehen muss. 6 „Weißenburger Tagblatt“ vom 13.06.2012. 17
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 Lagerbrunnen im Römerkastell Brunnen im römischen Lagerdorf Römerkastell Parkplatz Römische Thermen Der einzige nachweisbare Brunnen im Weißenburger Im Bereich der Zivilsiedlung (Vicus) stieß man bei Römerkastell befand sich im Innenhof der „Princi- der Anlage eines Parkplatzes an den Römischen Ther- pia“, dem zentralen Stabsgebäude am Schnittpunkt men 1987/1988 auf insgesamt fünf Brunnen mit ver- der Hauptachsen des Lagers. Der Bereich markiert schiedenen Konstruktionsmerkmalen. Zwei von ihnen den verwaltungsmäßigen und religiösen Mittelpunkt. wurden rekonstruiert: ein eher seltener Steinbrunnen Der Brunnen mit einem Durchmesser von 1,88 m (im Bildvordergrund) mit einem Durchmesser von ca. wurde wohl schon bei der Erstanlage gegraben. Die 1 m und einer Tiefe von ca. 6 m sowie einer der gän- verwendeten Jurabruchsteine in dem 6,5 m tiefen gigen Holzbrunnen (Bildhintergrund). Bei Letzterem Schacht wurden ohne Mörtelbindung in blaugrauen bestand der Brunnenschacht aus mehreren übereinan- Ton gesetzt. Das Grundwasser stand wohl nur ca. 0,4 dergesetzten Weinfässern aus Eichenholz. m hoch und das Wasser reichte natürlich nicht für die Beide Brunnen wurden anhand der Fundergeb- Versorgung der ganzen Reitereinheit. Eine Zuleitung nisse originalgetreu nachgebaut. Hölzerne Schutz- von Frischwasser aus dem nördlich am Reiterkastell bauten schließen die Brunnen oberirdisch ab. 2 vorbeiführenden Brühlbach wird vermutet. Die erläuternden Infotafeln folgten erst 1992. Seit über 100 Jahren wird das Kastell intensiv er- 1 Eveline Grönke, Das römische Alenkastell Biricianae in Weißenburg i. Bay. forscht. Der bedeutende Garnisonsort (vgl. S. 28 Die Grabungen von 1890 bis 1990 (Limesforschungen Bd. 25), Mainz 1997, S. 60 f. Nordtor) wurde unter Kaiser Domitian (81-96 v. Chr.) 2 Vgl. Max Dinkelmeier/Michael Erdrich/Matthias Klein, Neue Ausgrabun- errichtet und wohl bei einem der Alamanneneinfälle gen im römischen Kastellvicus von Weißenburg i. Bay., in: „villa nostra“ um 251/253 zerstört. 1 1/1989, S. 237-242; „Weißenburger Tagblatt“ vom 25.10. und 19.11.1988. 18
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Tiefer Brunnen“ „Ludwigszisterne“ Festung Wülzburg, Schlossbau Festung Wülzburg, Innenhof Die Zisternenanlage markiert den Höhepunkt der In- standsetzungs- und Modernisierungsarbeiten des Kö- Als festungsinterne Trinkwasserquelle wurde ab Bau- nigreichs Bayern hinsichtlich des bis dahin ungenü- beginn 1588 der ‚Tiefe Brunnen‘ im Schlossbau ge- gend gelösten Problems der Wasserversorgung. graben. Eine Inschrift von 1592 belegt, dass man nach Nach Plänen des „Genie-Hauptmanns“ Franz von vier Jahren eine Tiefe von 136 m erreicht hatte. 1602 Hoermann entstanden zunächst fünf größere Zister- war der Brunnen so weit fertig, dass das Hebewerk nen im Bastionsbereich (1823-1828). Den Abschluss folgen konnte. Die heute sichtbare Holzkonstruktion bildete die Zisterne Nr. VI mit zwei parallel in den stammt noch aus dem 17. Jh. Fels eingehauenen Wasserspeichern und einem Das Tretrad mit einem Durchmesser von 4.50 m Fassungsvermögen von knapp 1,3 Millionen Litern. musste von zwei Wasserknechten bedient werden. Auf der rechteckigen Auffangfläche stehen an den Etwa 45 Minuten dauerte es, bis einer der zwei gegen- Längsseiten je zwei Pump- und zwei Ziehbrunnen, läufigen Holzeimer (70 Liter) gefördert war. über die das Wasser durch gusseiserne Löwenmasken In einer beispiellosen Aktion haben Mitglieder des gefördert werden konnte. Nach ihrer Fertigstellung Weißenburger Alpenvereins zwischen 2006 und 2009 1831 erhielt sie die königliche Ehrenbezeichnung den im Lauf der Zeit verschütteten, 2,25 m breiten „Ludwigszisterne“. Brunnenschacht freigelegt, bis sie in 143 m auf die Die technikgeschichtlich herausragende Anlage er- Brunnensohle stießen. 1 hielt in den Jahren 1994-1996 eine gründliche Im Anschluss daran folgte die Installation einer Sanierung. 2 Beleuchtung samt Videokamera und die touristische 1 „Weißenburger Tagblatt“ vom 28.02.2009. Ausgestaltung der Brunnenstube mit Infotafeln. 2 Kießling, Stadt Weißenburg i. Bay., a. a. O., S. 279 f. 19
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Bismarckturm“ Mahnmal „50 Jahre Flüchtlingslager Wülzburg“ Am Rohrberg nordöstlich der Stadt Festung Wülzburg Als „Zeichen gegen das Vergessen und Verdrän- gen einer leidvollen Vergangenheit“ soll es an die rund 10.000 Flüchtlinge und Hei- matvertriebenen erin- nern, die ab 3. Februar 1946 über das Flücht- lingslager Wülzburg in eine neue Heimat ge- Der beim 1899 von der deutschen Studenten- und schleust wurden. Mit Burschenschaft initiierte Wettbewerb preisgekrönte einer Feierstunde wurde Entwurf „Götterdämmerung“ des Architekten Wil- das Mahnmal am 15. helm Kreis (*1873 Eltville, †1955 Bad Honnef) dien- Februar 1997 geweiht. te auch für den Weißenburger Birsmarckturm als Vor- Mit hoher künstlerischer Gestaltungskraft hat der bild. Der damalige Kreisbaumeister Hans Etschel hat Eichstätter Steinmetz Günter Lang (vgl. S. 9) aus die Pläne für Weißenburger Verhältnisse modifiziert, Stein und Metall ein „Symbol gegen Gewalt“ ge- und ausgeführt hat ihn ein 1903 gegründeter Verein. schaffen. Grundform ist ein Kreuz, das im Querbal- Sein Standort liegt knapp außerhalb der Stadtgrenze ken die Inschrift trägt: „Sprengstoff sollten sie sein, zu im Gemeindegebiet von Höttingen (Gemarkung Wei- Bausteinen sind sie geworden“. Stahlplatten durch- boldshausen), nachdem eine Aufstellung bei der Fes- schneiden den Stein und sind als „Verdrängungspro- tung Wülzburg verworfen wurde. Am Tag der Son- fil“ gedacht. In die Steinplatten sind die Namen der nenwende (24. Juni 1911) konnte er eingeweiht und Herkunfstsgebiete eingemeißelt; anfangs sind sie der Allgemeinheit übergeben werden. noch hervorgehoben, dann verschwinden sie, um zu In dem von vier Ecksäulen eingefassten, 12,65 m zeigen, dass die Vertriebenen in die neue Heimat ein- hohen Turmbau mit Brüstung über hohem, wulstigen gebunden sind. 2 Zwischen den Platten sind bildhaft Gebälk führt eine Wendeltreppe hoch zur Aussichts- Steine hervorgehoben, in die Namen der Herkunfsts- plattform mit Feuerschale. Die Kalksteinfassade de- gebiete eingemeißelt sind. korieren das Weißenburger Stadtwappen und das von 1 Gotthard Kießling, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen (Denkmäler in Bayern V.70/1), München 2000, S. 316; Derselbe, Der Bismarckturm auf einem Reichsadler getragene Wappen des früheren dem Rohrberg bei Weißenburg, in: „villa nostra“ 3/1997. Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815-1898). 1 2 „Weißenburger Tagblatt“ vom 17.02.1997. 20
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Kriegergedächtnisstätte“ Denkmal des Kriegsgefangenenlagers Wülzburg Stadtwald, Abteilung „Buchleite“ Festung Wülzburg Die Gedächtnisstätte wurde am 3. Juni 1923 geweiht. Den Standort im Stadtwald hatte Forstmeister Georg Im Ersten Weltkrieg stellte die Stadt Weißenburg ihre Krebs vorgeschlagen. Die Pläne lieferte der bekannte Festung erneut (nach 1870/71) als Kriegsgefangenen- Nürnberger Architekt Ludwig Ruff (*1878 Dolln- lager zur Verfügung. Anfang März 1915 kamen die stein, †1934 Nürnberg). Er gilt als Vertreter eines mo- ersten je 400 Franzosen und Russen auf die Wülzburg. numentalisierenden neobarocken Baustils. Im Innenhof, vor der Kurtine Krebs–Jungfrau, er- Die Soldatenköpfe über den Namenstafeln hat der richteten sie ein Denkmal aus Fundstücken. Den obe- in Nürnberg wirkende Bildhauer Konrad Roth (*1882 liskartigen Gedenkstein flankieren Steinbänke und Fürth, †1958 Weilheim/Obb.) gestaltet. Die Steine zwei mit Steinkugeln bekrönte Pfosten. Inschriften stifteten die ‚Marmorbrüche Weißenburg‘ und die erinnern an französische Kriegsgefangene und deut- Ausführung übernahm der Weißenburger Steinmetz sche Wachsoldaten. 2 Georg Grimm (1881-1965). Im September 1915 wurde die Wülzburg in ein Das Denkmal ist als offener, achteckiger Bruch- Offiziersgefangenenlager für rund 500 Insassen um- steinbau mit spitzbogigen Öffnungen gestaltet. An der funktioniert. Unter ihnen war ab Anfang Mai 1918 Innenseite der Mauerstücke sind vier Steintafeln mit auch der spätere französische General und Staatsprä- den Namen der Gefallenen aus Weißenburg im Ersten sident Charles de Gaulle. Weltkrieg angebracht. 1 Im Zentrum der Gedächtnis- 1 Kießling, Stadt Weißenburg i. Bay., a. a. O., S. 183; Die Einweihung des stätte steht ein ausbauchender, quadratischer Gedenk- Heldenhains und der Kriegergedächtnisstätte zu Weißenburg i. B. am stein mit Feuerschale und Widmung: „DIE STADT 3. Juni 1923, Weißenburg i. Bay. 1923. WEISSENBURG IHREN HELDEN 1914-18“. 2 Kießling, Stadt Weißenburg i. Bay., a. a. O., S. 281 21
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 „Kriegsopfer-Ehrenmal“ „Lutherdenkmal“ Am Seeweiher, ehemaliger Garten der „Stichvilla“ Martin-Luther-Platz Als Standort für das am Im Zuge der Feiern Volkstrauertag (18.11.) zum Reformationsju- 1962 geweihte Denk- biläum 1980 entstand mal war zu Beginn der die Idee eines Luther- Planungen (1953) die denkmals. Die finan- Westseite der St.-An- zielle Grundlage war dreaskirche vorgese- eine Stiftung des Un- hen. Die Pläne scheiter- ternehmers Hermann ten, und auch die Ent- Gutmann, der eigent- würfe der Bildhauer lich ein monumenta- Hemmeter und Mayer les Denkmal westlich wurden verworfen. der St.-Andreaskirche Schließlich entschied man sich für den Park an der gewünscht hatte. „Stichvilla“ und einen einfachen Gedenkstein aus Den Auftrag für die 2,40 m hohe Bronzefigur er- Jura-Marmor. hielt Martin Mayer. Dieser war von Anfang an auf den Die Rohblöcke stammen aus dem Steinbruch Martin-Luther-Platz fixiert, der aber damals noch ein Böswald bei Haardt, die Bearbeitung übertrug der öffentlicher Parkplatz war. Nur mit großer Mühe Stadtrat mit Beschluss vom 22. März 1962 an den konnte er zu einer Aufstellung vor dem Westportal der Münchner Bildhauer Martin Mayer.1 Kirche (Enthüllung am 10. November 1983) überre- Das 2,80 m hohe, leicht ausbauchende Denkmal det werden. 3 besteht aus drei zusammengefügten Blöcken. Die Seine nie aufgegebenen Bemühungen um eine gebeilten Seiten sind mit vier durchbrechenden Kreu- Versetzung auf den seiner Meinung nach einzig rich- zen versehen. Im Schnittpunkt der Kreuze entsteht tigen Standort fanden erst 30 Jahre später ihre Erfül- eine Lichtquelle, die an die Auferstehung der Toten lung. Die von einem Unternehmer bezahlte, im Eigen- erinnern soll. An der Schauseite, vom Seilergässchen tum der evang. Kirchengemeinde befindliche und auf her, sind als einzige Beschriftung die Jahreszahlen städtischem Boden stehende Statue wurde 2013 auf „1939“ und „1945“ eingemeißelt. den Martin-Luther-Platz versetzt und dort im Rahmen Martin Mayer (*1931 Berlin) hat nach dem Be- des Reformationsfestes (31. Oktober) enthüllt. such der Oberrealschule in Weißenburg (1943-1946) 1 Stadtarchiv Weißenburg, Bauamt 472. an der Akademie der Bildenden Künste in München 2 Reiner Kammerl, Ehemalige Schüler stellen aus. Eine Ausstellung der besonderen Art in der Weißenburger ‚Kunst-Schranne‘, in: „villa nostra“ unter Theodor Georgii studiert. Seit 1954 arbeitet er 1/2013, S. 16 ff. als freischaffender Bildhauer in München. 2 3 „Weißenburger Tagblatt“ vom 04.11.2013. 22
Reiner Kammerl – Brunnen, Denkmäler und Skulpturen in Weißenburg. Eine Bestandsaufnahme 1/2015 Ehrenmal für die Opfer der Gewalt 1933 – 1945 Gedenkstätte für die Toten aus dem Kreis Kaaden Westfriedhof, südlich der Aussegnungshalle Südfriedhof, westliche Friedhofsmauer Der 2 m hohe Kunststeinguss ist ein Werk von Karl Hemmeter (vgl. S. 16). Ein konischer Sockel trägt einen kreis- förmigen Rah- men mit einem Durchmesser von 1,32 m für die Inschrift „DEN OPFERN Der 1,50 m hohe, kegelförmige Gedenkstein aus grü- DER GEWALT nem Schweizer Granit wurde am 8. Augst 1970 im 1933 1945“ Park der „Stichvilla“ enthüllt. Er trägt die Inschrift: Georg Bach hatte als Vorsitzender des Kreisver- „DER TOTEN IN DER ALTEN HEIMAT bands Weißenburg des „Landesrats für Freiheit und GEDENKEN DIE VERTRIEBENEN AUS DEM Recht e. V.“ am 8. Dezember 1970 die Anregung dazu KREIS KAADEN AN DER EGER 1270 - 1970“ gegeben – gleich mit Entwurf, Standort und Kosten- Er erinnert in erster Linie an die 700-jährige Wie- zusage. „Durch die runde Form, welche den Frieden derkehr der Kaadener Stadterhebung, soll aber auch und das erfüllte Leben symbolisiert, entsteht ein Bild Mahnung sein, für das Selbstbestimmungsrecht der der Ruhe und des Vollendetseins, welches sich gerade Völker einzutreten. 2 auf einem Friedhof gut ausnimmt“. Der Entwurf stammt von Prof. Alfred Roth (*1903 Der Stadtrat nahm im Januar 1971 das Angebot Wangen an der Aare, †1998 Zürich), einem Schweizer gerne an, und das Ehrenmal wurde im Lauf des Jah- Architekten, Designer und Hochschullehrer. 3 res 1971 im Westfriedhof (eingeweiht am 18. Mai Im Einvernehmen mit dem Heimatkreis Kaaden/ 1968) aufgestellt. 1 Duppau erfolgte 1981 die Verlegung in den Südfriedhof. Nicht ausgeführt wurde im Bildfeld die von 1 Stadtarchiv Weißenburg, Bauamt 291. Hemmeter vorgeschlagene, mit einem Messer bewaff- 2 „Weißenburger Tagblatt“ vom 10.08.1970. 3 „Roth gilt als wichtiger Vertreter des „Neuen Bauens“ und als engagierter nete Hand, die von einer anderen Hand zurückgehal- Wortführer der Moderne. Darüber hinaus hatte er es sich zur Aufgabe ten wird. gemacht, die Farbkonzepte der Moderne zu systematisieren“ (www.wiki- pedia.org, Aufruf vom 25.11.2014). 23
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