Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel

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Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
Elsass-Gazette
         Nr. 146 Oktober 2019
               Mitteilungsblatt
      Kulturverein Elsass-Freunde Basel
Association culturelle les amis de l’Alsace Bâle
Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
Impressum                                                      Inhaltsverzeichnis
               Mitteilungsblatt Elsass-Gazette                     2 Impressum
Postadresse:     Kulturverein Elsass-Freunde Basel,                3 Inhaltsverzeichnis
                 Postfach 3405, CH 4002 Basel
Internet:        www.elsass-freunde-basel.ch                     4–5 Leitartikel                             Peter Obrist
Sekretariat:     Sibyll Holinger
                 Aeschenvorstadt 48, CH-4051 Basel                 6 Gedicht „Gang im Spöötlig“              Markus Manfred Jung
                 Mobile: +41 (0)79 461 72 28
                 E-Mail: sekretariat@elsass-freunde-basel.ch     7–9 Ausschreibung Literarischer Abend       7. November 2019
Redaktion:       redaktion@elsass-freunde-basel.ch             10–12 Ausschreibung Süsser Adventszauber      5. Dezember 2019
                 Irma Brantschen (Leitung)
                 Rudolfstrasse 22, CH-4054 Basel               13–16 Bericht über den Ausflug ins Mittlere
                 Tel: +41 (0)61 273 64 21                            Wiesental                               Irma Brantschen
                 E-Mail: ibrantschen@bluewin.ch
                 Peter Obrist (Leitung)                        17–20 Ausstellung: Menschen und Flugzeuge –
                 Aeschenvorstadt 48, CH-4051 Basel                   Destination EuroAirport                 Peter Peyer
                 Tel: +41 (0)61 261 54 31
                 E-Mail: tsirbo@bluewin.ch                     21–23 Der Staatsvertrag vom 4. Juli 1949      Hans-Jörg Renk
                 Serge Iseli
                 Lenzgasse 31, CH-4056 Basel                   24–27 Der EuroAirport im Zwiespalt zwischen
                 Tel: +41 (0)79 416 75 00                            Wachstum und Umwelt                     Peter Peyer
                 E-mail: serge.iseli@iselioptik.ch
                                                               28–31 Portrait Marianne von Grünigen          Serge Iseli
                 Hans-Jörg Renk
                 Niederholzstrasse 45, CH-4125 Riehen          32–33 „Leben im Umbruch“, Weil in
                 Tel: +41 (0)76 459 94 40
                 E-Mail: hj.renk@sunrise.ch                          den 1920er Jahren                       Serge Iseli
                 Ursula Schmitt                                   34 Geschichte „De Schwämmlichrieg“         Markus Manfred Jung
                 Schützenmattstrassse 35, CH-4051 Basel
                 Tel. +41 (0)61 274 02 47                         35 Verleihung „Beatus-Rhenanus-Preis“ an
                 E-Mail: uschmitt@bluewin.ch                         Dominik Wunderlin                       Hans-Jörg Renk
Gestaltung:      Peter Birbaumer
                 Fuchshagweg 22, CH-4103 Bottmingen               36 Nachruf Karl-Heinz Matthes              Robert Heuss
                 Tel: +41 (0)61 422 06 30
                 E-Mail: peter@birbaumer.ch                    37–38 Buchbesprechung: „Verlorene Leben“
Druck:           Dietrich AG                                         von Pierre Kretz                        Hans-Jörg Renk
                 Pfarrgasse 11, CH-4019 Basel
                                                               39–40 Leserbriefe/In eigener Sache
Auflage:         500 Exemplare
                                                                  41 Veranstaltungen
                 Die nächste Ausgabe erscheint
                 am 21. Januar 2020                               42 Bildernachweis
                 Redaktionsschluss: 27. Dezember 2019
                                                                  43 Adressliste

2                                                                                                                               3
Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
Leitartikel

Meine Eltern hatten kein eigenes            die „Aviatik“ gegründet, die zu einem     Geburt problemloser. Die entschlos-       Gleichzeitig werden die Auflagen
Auto, längere Ausflüge fanden mit           der grössten Flugzeugwerke der Welt       sen auftretenden Basler Vertreter         der Behörden strenger und die For-
der Eisenbahn, kürzere mit dem Tram         werden sollte.                            wurden nämlich immer wieder durch         derungen der Umweltschützer zu-
statt. Zum ersten Mal in einem Flug-                                                  die Berner und Pariser Administration     nehmend radikaler. Klima-Aktivisten
                                            1920 nahm das Sternenfeld seinen
zeug sass ich erst mit 20. Greta Thun-                                                gebremst. Dass sie ihr Ziel nach drei     möchten das Fliegen gleich gänzlich
                                            Betrieb als ziviler Flugplatz auf und
berg hätte ihre helle Freude an mir                                                   nervenaufreibenden Jahren dennoch         verbieten und übersehen, dass der
                                            wurde zu einer ersten Drehscheibe
gehabt.                                                                               erreichten, verdankten sie ihrem poli-    EuroAirport als grösster Arbeitge-
                                            des europäischen Luftverkehrs. Den
                                                                                      tischen Ungehorsam und grossem di-        ber im Südelsass auch eine soziale
In jener Zeit gab es Familien, die am       letzten Höhepunkt seiner kurzen Ge-
                                                                                      plomatischem Geschick. Mit der Ver-       Verpflichtung hat. Im Spannungs-
Sonntag von der Zuschauerterrasse           schichte erlebte das Sternenfeld am
                                                                                      tragsunterzeichnung vom 4. Juli 1949      feld zwischen volkswirtschaftlichem
ankommenden und abfliegenden                12. Oktober 1930, als rund 30‘000
                                                                                      begann eine Erfolgsgeschichte, die al-    Nutzen und ökologischer Nachhal-
Passagieren zuwinkten – wir gehör-          Menschen die Landung des Luft-
                                                                                      lerdings auch vor Rückschlägen nicht      tigkeit die richtigen Entscheidungen
ten nicht zu diesen. Dafür fuhr ich als     schiffs „Graf Zeppelin“ miterlebten.
                                                                                      gefeit war: der Konkurs der Charter-      zu treffen, erinnert an die Quadra-
Junge mit dem Fahrrad nach Blotz-           Das Sternenfeld war nämlich von
                                                                                      gesellschaft Globe-Air, die Übernah-      tur des Kreises.
heim, als das erste Okapi für den Bas-      Anfang an ein Flugplatz auf Zeit, auf
                                                                                      me der Crossair durch die Swissair, das
ler Zolli aus Afrika eintraf. Weil es gut   dessen Gelände dereinst das Kraft-                                                  Im Rahmen von Anlässen mit den
                                                                                      Grounding der Muttergesellschaft
verpackt in einer Holzkiste anreiste,       werk und der Hafen Birsfelden ge-                                                   Elsass-Freunden hatte ich zweimal
                                                                                      oder der Rückzug der Swiss aus Basel.
sah ich vom Okapi zwar nichts, aber         baut werden sollten. So begann denn                                                 das Vergnügen, Paul Rhinow über
ich lernte die damals noch recht be-        ab 1930 die Suche nach einem neuen        Aktuell verzeichnet der EuroAirport       seine Zeit als Flughafendirektor
scheidenen Gebäude des Flugplatzes          Standort für den Basler Flugplatz.        Basel – Mulhouse – Freiburg jährlich      plaudern zu hören. Seine herrlichen
kennen.                                     Fündig wurde man schliesslich auf         gegen 100‘000 Starts und Landun-          Anekdoten, als man Probleme noch
                                            französischem Boden, in einem Ge-         gen, transportiert fast 9 Millionen       unter vier Augen bei einem Feier-
Erst viel, viel später – dank den Elsass-
                                            biet zwischen Allschwil und Hegen-        Passagiere und beschäftigt rund           abend-Bier löste, stammen aus ei-
Freunden, notabene1 – wurde mir be-
                                            heim. Über die frühen Jahre unseres       6‘000 Arbeitskräfte.                      ner Zeit, die leider vorbei ist. Heute
wusst, welch bedeutende Rolle unsere
                                            Flugplatzes – das Wort geht mir auch                                                heisst „bilateral“ Diskussionen am
Region in der Geschichte der Luftfahrt                                                Mit dem Anwachsen der Passagier-
                                            heute noch leichter über die Lippen                                                 Verhandlungstisch in paritätischen
spielte. Sie begann schon im frühen 18.                                               zahlen wachsen aber auch die Auf-
                                            als „EuroAirport“ – gibt der Artikel                                                Kommissionen mit allen Interes-
Jahrhundert, als der Basler Daniel Ber-                                               gaben und Herausforderungen. Der
                                            von Hans-Jörg Renk Auskunft. Anlass                                                 sensvertretern beider Länder. Unse-
noulli wegweisende Entdeckungen im                                                    Terminal mit seinem Y-förmigen
                                            ist das 70-jährige Jubiläum des Staats-                                             re Welt ist zweifellos komplizierter
Bereich der Hydrodynamik machte. Das                                                  Dock genügt den Anforderungen der
                                            vertrags zwischen den Flughafenbe-                                                  geworden, und kühne Ideen lassen
ging weiter mit dem Franzosen Jean-                                                   heutigen Flugzeug-Generation nicht
                                            treibern Schweiz und Frankreich.                                                    sich nicht mehr so leicht realisieren.
Pierre Blanchard, der 1788 mit seinem                                                 mehr. Der dringend notwendige
                                                                                                                                Trotzdem wünschte ich mir, dass der
Gasballon über die Stadt Basel flog.        Dass ich am Tag vor der Vertragsunter-    Bahnanschluss steckt noch in der Pla-
                                                                                                                                Pioniergeist der „Gründerjahre” die
1919 startete Oskar Bider aus Langen-       zeichnung zur Welt kam, ist wohl ein      nungsphase – und die Finanzierung
                                                                                                                                heutigen und künftigen Verant-
bruck in der Ebene von St. Jakob mit        Zufall. Bestimmt verlief aber meine       dieses Grossprojekts erst recht. Der
                                                                                                                                wortlichen des EuroAirports inspi-
zwei Passagieren zu einem siebenstün-       1 Siehe Elsass-Gazette Nr. 140, Aus-      bedeutende Frachtverkehr möchte
                                                                                                                                rieren möge.
digen Flug rund um die Schweiz. Und            schreibung „Historisches, Kulinari-    seine Flüge morgens lieber noch frü-
im benachbarten Mülhausen wurde                sches und Natur im nahen Elsass“       her und abends später abwickeln.                                   Peter Obrist

4                                                                                                                                                                   5
Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
Gang im Spöötlig                                                                 Literarischer Abend
Von Markus Manfred Jung                                                            Ausschreibung von Markus Manfred Jung

                                         Spöötlig                                  Datum                Donnerstag, 07. November 2019
                                         so klaris Liecht                          Ort                  Zunftsaal des Schmiedenhofs,
                                         ass i mi wend                                                  Eingang Rümelinsplatz 4, Basel
                                         De Blick zruck
                                                                                   Beginn               18:30 Uhr, Saalöffnung 18:00 Uhr
                                         e heisse Summer
                                         in dim goldige Hoor                       Ende                 21:00 Uhr
                                                                                   Verantwortlich       Markus Manfred Jung, Ursula Schmitt, Hans-Jörg Renk,
                                         Erinnrig                                                       Werner Schwarzwälder
                                         an d Chindheit
                                                                                   Teilnehmer:          Bis 100 Personen, offen gerne auch für Nichtmitglieder
                                         wie ne Gwitter im riife Chorn
                                         Un alli Weg                               Eintrittspreis       CHF 30.– inklusive Apéro mit Gugelhopf in der Pause
                                         führe zruck
                                         un jede Schritt wird tausigmool gange           Das geit uf ke Chuehut – vier grosse Mundart-Künstler
                                                                                                           aus dem Dreyland
                                         Spöötlig
                                         e Pfad dur langi Schatte                  Unter diesem Motto soll der Litera-      Wir freuen uns auf Sie und vor allem
                                         im Gruch vo überriifem Obscht             rische Abend das fachkundige Pu-         auf die Künstler. Uf Widerluegen un
                                         De Blick suecht                           blikum wiederum überraschen und          -loose am sibte November.
                                         ruehjg über d Vogese                      erfreuen. Alle vier Vertreter der
                                         en Ahnig vom erschte Schnee               Mund-Art sind ausgewiesene Könner        Aus der Schweiz
                                                                                   ihres Fachs und weit über die Gren-      „Das geit uf ke Chuehut, itz isch
                                         S Wisse vom Winter                        zen der Dreilandregion hinaus be-        gnue Höi dunger, blaas mer i d Schue,
                                         streut wiissi Äsche in di Hoor            kannt. Ein unterhaltsamer, witziger      vom Pontius zum Pilatus schicke, für
                                         De Weg verlirt sich zmool im Wald         und tiefsinniger Abend ist garantiert.   öpper d Cheschtene us em Füür hole,
                                         D Nacht                                                                            das cha me nid eifach us em Eermel
                                                                                   Während der Pause können Sie sich
                                         keit in d Matte                                                                    schüttle“ – woher stammen diese
                                                                                   von Conny und Urs Rinklin vom
                                                                                                                            und andere Redensarten? Christian
                                                                                   „Wyyguet Rinklin z Rieche im Schlipf“
                                         Un de Heimweg                                                                      Schmid führt uns mit seinen Büchern
                                                                                   mit einem Apéro verwöhnen lassen.
                                         goht im Chreis                                                                     „Blas mer i d Schue“ und „Mir stinkts“
                                                                                   Zudem haben Sie Gelegenheit zum
                                                                                                                            in die faszinierende Bildergalerie der
                                                                                   persönlichen Kontakt mit den Inter-
Gang im Spätjahr// Spätjahr/ so klares   lange Schatten/ im Geruch von über-                                                Sprache. Er erläutert, erklärend und
                                                                                   preten, deren Bücher und CDs zum
Licht/ dass ich mich wende/ der Blick    reifem Obst/ Der Blick sucht/ ruhig                                                unterhaltend, Herkunft und Bedeu-
                                                                                   Verkauf aufliegen.
zurück/ ein heisser Sommer/ in deinem    über die Vogesen/ eine Ahnung vom                                                  tung mundartlicher Redensarten. Er
goldenen Haar// Erinnerung/ an die       ersten Schnee// Das Wissen vom Win-       Eine Anmeldung ist nicht notwen-         räumt auch auf mit falschen Behaup-
Kindheit/ wie ein Gewitter im reifen     ter/ streut weisse Asche in dein Haar/    dig, der Eintrittspreis wird direkt an   tungen und Herkunftsmärchen. Im
Korn/ Und alle Wege/ führen zurück/      der Weg verliert auf einmal sich im       der Abendkasse bezahlt. Auch Ihre        anregenden Gespräch beim Apéro
und jeder Schritt wird tausendmal        Wald// Die Nacht/ fällt in die Wiesen//   Freunde und Bekannten sind herzlich      beantwortet er auf Wunsch gerne
gegangen// Spätjahr/ ein Pfad durch      Und der Heimweg/ geht im Kreis            willkommen.                              Fragen aus dem Publikum.

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Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
Auf die Welt gekommen ist Christian       ter“ sowie mehrere Bände mit launig       steller und arbeitet jetzt als selbstän-    „L’Alsace“ in Saint-Louis, wo er auch
Schmid 1947 in Rocourt (heute Kan-        geschriebenen Glossen zu Schweizer        diger Medien-Designer zusammen              Beiträge auf Elsässerdeutsch verfasst.
ton Jura), Er ist Dr. phil., begann mit   Spezialwörtern. 2018 erhielt er in        mit Jeannot im „Chäfi“, im früheren
                                                                                                                                Er ist aber insbesondere ein, inzwi-
Lehre und Arbeit als Chemielaborant       Deutschland den Friedestrompreis für      Schopfheimer Gefängnis, also „dem
                                                                                                                                schen auch preisgekrönter, Dichter.
(1963-1974), dann Matura, Studium         sein Lebenswerk. Mehr kann man er-        Knascht“. Ihre „selbergschtrickti“
                                                                                                                                Nach einigen Gedichtbänden in fran-
der Germanistik und Anglistik in Ba-      fahren über Wikipedia.                    Musik geht unter die Haut und ans
                                                                                                                                zösischer Sprache (darunter einer,
sel und New York, Lizentiat und Pro-                                                Herz. Man kennt sie von zahlreichen
                                          Aus dem Badischen                                                                     der in Québec, Kanada, veröffent-
                                                                                    Auftritten her, von Funk und Fernse-
                                                                                                                                licht wurde) hat er 2015 „Liechtùnge/
                                          „Mir singe un texte uf Alemannisch,       hen, auch im Elsass und der Schweiz,
                                                                                                                                Clairières“ herausgebracht, seinen
                                          well des jede Tag un jedi Nacht unsi      und durch ihre CDs „Doppelherz“,
                                                                                                                                ersten zweisprachigen Gedichtband,
                                          Sproch isch. Mer bruuche si un mer        „Chäfi Musigg“, „Hart an de Gränze“
                                                                                                                                auf Elsässisch und Französisch.
                                          pflege si, un wenn mer mit unse Lie-      und „Alles in de Finke“. Man kann sie
                                          der e paar alti Usdrück rette, soll is    auf youtube finden und unter www.           Im Dreiländereck, wo er lebt, nimmt
                                          des recht sii.“ Jeannot & Christian       knaschtbrueder.de.                          er am grenzüberschreitenden kultu-
                                          (d‘Knaschtbrüeder)                                                                    rellen Leben teil. Mit der Veröffent-
                                                                                    Aus dem Elsass                              lichung einer Anthologie, zusammen
                                          Jeannot Weissenberger, die eine
motion in Basel. Tätig gewesen ist er                                               Ich bì ìm Elsassische edder Elsasserdit-    mit Louis Perin, hat er zwischen den
                                          Hälfte des alemannischen Liederma-
als Assistent am Deutschen Seminar                                                  sche ùffgewàchse. Eerscht vor e pààr        Dichtern aus dem Dreiländereck Brü-
                                          cherduos „D’Knaschtbrüeder“, wurde
der Universität Basel (1980-1988), als                                              Johr, sitter àss ìch bi Bàsel wohn, hàwi    cken geschlagen.
                                          1951 in Lörrach-Stetten geboren, ging
wissenschaftlicher Mitarbeiter beim                                                 verstànde wìe wìchtig es ìsch, s Elsassi-
                                          dort und anschliessend in Wieslet,                                                    Seine neuen Gedichtbände sind wie-
Sprachatlas der deutschen Schweiz                                                   sche àls Àlemànnische ze betrààchte.
                                          Kleines Wiesental, auf die Grundschu-                                                 derum in französischer Sprache: “Les
(1983-1996) und als Lehrbeauftragter                                                Will s Àlemànnische ùns verënt, ùns
                                          le. Von Beruf ist er Schriftsetzer und                                                aigrettes des cirses dans le jour qui
an der Universität Zürich (1997-2003).                                              verbìndt, ìm Drèilandereck ùn noch
                                          seit 1974 arbeitet er als Grafiker, wo-                                               naît“ (2016) und „Dans la paume
                                                                                    viel widderscht ìwwer d'Granze, ùn
Von 1988 bis zur Pensionierung 2012       bei er sich 1982 selbständig machte.                                                  d'une feuille d'érable“ (2017, mit Al-
                                                                                    ìwwer d'Johrhùnderte. Un àss i mìch
war er Redaktor bei Schweizer Radio       Viele seiner gnitzigen Zeichnungen                                                    bert Strickler und Delphine Gutron).
                                                                                    ùm mini Kìnder bekìmmer, àss dìe äu
DRS1, „Land und Leute“, „Siesta“,         und Karikaturen sind veröffentlicht in                                                Er hat 2010 in Blienschwiller mit der
                                                                                    Elsassisch bzw. Àlemànnisch redde
„Reisen Freizeit Kultur“ und zuletzt in   dem Buch „Mol mer mol e Männli“.                                                      Unterstützung der Einwohner einen
                                                                                    känne!
der Literaturredaktion der Abteilung                                                                                            Dichterweg gegründet, ist seit 2015
Kultur SRF. Er ist Mitbegründer der                                                 Jean-Christophe       Meyer                            Schriftführer des Vereins
Mundartsendung „Schnabelweid“,                                                      (1978) ist in Blienschwiller                           AGATE (Académie pour
arbeitete als Mundartspezialist (kurze                                              aufgewachsen, einem klei-                              une Graphie Alsacienne
Worterklärungen) mit bei allen Staf-                                                nen Dorf von 300 Seelen                                Transfrontalière – Akade-
feln „Heimspiel“ und als Sagenerzäh-                                                an der elsässischen Wein-                              mie für eine grenzüber-
ler bei SRF bi de Lüt „Sagen und My-                                                strasse. Er stammt aus ei-                             schreitende      elsässische
then aus der Schweiz“. Er lebt heute                                                ner alten Winzerfamilie.                               Schreibweise) und Mit-
als Autor und Publizist in Schaffhau-                                               Die Eltern haben ihm das                               glied mehrerer anderer
sen. Neben Gedichtbänden im Ber-                                                    Elsässische, seine Mutter-                             Vereinigungen, die sich für
ner Dialekt und auf Schriftdeutsch                                                  sprache, übertragen. Seine                             den Schutz und die Erhal-
veröffentlichte er den autobiogra-        Sein 22 Jahre jüngerer Bruder und         erste literarische Sprache                             tung der elsässischen Spra-
fischen Roman „Nebenaussen“ und           Duopartner Christian Weissenberger        ist jedoch Französisch, die Unterrichts-    che und Kultur einsetzen. 2020 soll
den Essayband „Durchs wilde Wortis-       (1973), absolvierte nach der Realschu-    sprache. Er ist Politikwissenschaftler      seine nächste poetische Sammlung
tan – Unterwegs in der Welt der Wör-      le eine Lehre als Druckvorlagenher-       und Journalist an der Tageszeitung          auf Elsässisch erscheinen.

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Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
Süsser Adventszauber

Ausschreibung von Irma Brantschen
Datum          Donnerstag, 5. Dezember 2019
08:15 Uhr      Besammlung Basel, Bahnhof Süd, Meret Oppenheim-Strasse
08:30 Uhr      Abfahrt
09:00 Uhr ca.  Kaffeehalt in Rixheim
10:30 Uhr ca.  Ankunft im Ecomusée, 1-stündige Führung
12:00 Uhr      Apéro und Mittagessen im Restaurant La Taverne im
               Ecomusée
14:15 Uhr      Weiterfahrt nach Gertwiller
15:00 Uhr      Führung durch das Musée „Pains d’Epices“
17:00 Uhr      Abfahrt Gertwiller
18:15 Uhr      Ankunft in Basel, Meret Oppenheim-Strasse
verantwortlich Irma Brantschen, Daniel Braun
Teilnehmerzahl maximal 50 Personen
Kosten         CHF 98.–
Anmeldeschluss Samstag, 16. November 2019

Noch geniessen wir nach einem wei-      Nach dem Kaffee in der Patisse-        Weihnachtszeit strahlt das festlich   ist auch die Hauptstadt des elsässi-
teren Rekordsommer die schönen          rie Muller in Rixheim, wo wir statt    geschmückte Museum einen mär-         schen Lebkuchens. Seit dem 18. Jahr-
Herbsttage und mögen nicht an           Gipfeli die traditionellen „Manela“    chenhaften Zauber aus. Nach einer     hundert wird das feine Gebäck dort
Winter, Glühwein und Adventszau-        serviert bekommen, geht die Fahrt      rund einstündigen Führung wird        hergestellt, um das Jahr 1900 gab es
ber denken. Die kürzer werdenden        nach Ungersheim ins Ecomusée. Für      uns in der Taverne des Museums        neun Lebkuchenhersteller.
Tage und die kühleren Temperaturen      die meisten ist dies nicht der erste   ein Apéro serviert und an-
sind aber untrügliche Zeichen für die   Besuch im grössten Freilichtmuse-      schliessend geniessen wir
näher kommende Adventszeit.             um Frankreichs. Doch gerade in der     ein feines Menu „Noël“.

Die Elsass-Freunde haben dieses Jahr                                           Nach dem Mittagessen
wieder zahlreiche interessante und                                             führt uns unser Bus nach
spannende Veranstaltungen und                                                  Gertwiller, einem sympa-
Ausflüge genossen. Den Abschluss                                               thischen Weindorf am Fuss
bildet ein gemütlicher Ausflug, der                                            des Mont Sainte-Odile.
die Adventszeit widerspiegelt und                                              Vor einem mit Lebkuchen
uns genügend Zeit lässt für Zusam-                                             dekorierten Haus steigen
mensein und Gedankenaustausch,                                                 wir aus. Aber nicht Hänsel
aber auch die Möglichkeit bietet zum                                           und Gretel erwarten uns,
Einkaufen von ersten Weihnachtsge-                                             sondern die Lebkuchenbä-
schenken.                                                                      ckerei Lips, denn Gertwiller

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Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
als 10‘000 Exponate bestaunt werden
                                        können, von Gugelhopf-Formen, Back-
                                                                                 Auf den Spuren von Hebel und Gerhard Jung
                                        formen, Töpferwaren, Geschirr bis zur              (13. September 2019)
                                        kompletten Stube eines elsässischen
                                        Hauses. Und über allem liegt der Duft
                                        von frischem Lebkuchen, es schmeckt
                                                                                              Ein Streifzug durchs Mittlere Wiesental
                                        nach Kindheit und guter alter Zeit!      Von Irma Brantschen
                                        Die reich bestückte und liebevoll de-    Blauer Himmel, Sonnenschein, an-        fred, der uns durch den heutigen
                                        korierte Boutique lässt die Herzen       genehme Temperaturen – ein wun-         Ausflug führt.
                                        der Einkaufswilligen höher schlagen.     derbarer Spätsommertag kündigt
                                        Die Gelegenheit, einen Bhaltis oder                                              Am Bahnhof Schopfheim erwartet
Heute sind noch zwei Unternehmen                                                 sich an! Kurz vor 8 Uhr treffen sich
                                        Weihnachtgeschenke zu erstehen.                                                  uns Markus Manfred und begrüsst
in Gertwiller tätig. In der familiär                                             knapp 30 Elsass-Freundinnen und
                                                                                                                         uns zur Einstimmung mit einem Ge-
geführten Lebkuchenbäckerei Lips,       Ebenfalls lohnt sich ein Spaziergang     -Freunde am Bahnhof SBB beim Gleis
                                                                                                                         dicht seines Vaters. Während des
die seit 200 Jahren ihre Lebkuchen      durch das Dorf Gertwiller, die ver-      2, denn dieses Mal wird uns kein Bus,
                                                                                                                         ganzen Tages werden unsere Pro-
in Handarbeit herstellt, erfahren wir   schiedenen Caveaux haben sicher          sondern die S6 auf unserem Ausflug
                                                                                                                         grammpunkte mit passenden Versen
Näheres über Geschichte und Produk-     passende Getränke für die kommen-        begleiten. Wir folgen heute den lite-
                                                                                                                         aus der Feder von Gerhard Jung, vor-
tion der Lebkuchen, können bei der      den Festtage im Angebot.                 rarischen Spuren der beiden aleman-
                                                                                                                         getragen von Markus Manfred, be-
Herstellung zuschauen und die Pro-                                               nischen Dichter Johann Peter Hebel
                                        Wir freuen uns auf einen vorweih-                                                gleitet und diese bereichern.
dukte selbstverständlich probieren.                                              und Gerhard A. Jung, dem Vater un-
                                        nachtlichen Ausflug, perfekt wär‘s,      seres Vizepräsidenten Markus Man-       Gemütlich spazieren wir durch die
Direkt über der Produktion befindet     wenn Frau Holle an diesem Tag ihre                                                               beschauliche Alt-
sich das „Musée du pain d’épices et     Decken ausschütteln würde. Doch dar-                                                             stadt von Schopf-
de l’art populaire alsacien“, wo mehr   auf hat das OK-Team keinen Einfluss ….                                                           heim und stossen
                                                                                                                                         beim Johann-Peter-
                                                                                                                                         Hebel-Haus (ehe-
                                                                                                                                         malige Lateinschu-
                                                                                                                                         le) bereits auf die
                                                                                                                                         Spuren des grossen
                                                                                                                                         Dichters, Theolo-
                                                                                                                                         gen und Pädago-
                                                                                                                                         gen (1760 – 1826).
                                                                                                                                         Hebel, in Basel ge-
                                                                                                                                         boren, verlebte die
                                                                                                                                         Hälfte seiner Kind-
                                                                                                                                         heit in der Stadt,
                                                                                                                                         wo seine Eltern im
                                                                                                                                         Sommer im Patrizi-
                                                                                                                                         er-Haus Iselin tätig
                                                                                                                                         waren. Die Winter-
                                                                                                                                         monate verbrachte
                                                                                                                                         die Familie in Hau-
                                                                                                                                         sen im Wiesental,

12                                                                                                                                                        13
Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
wo sein Vater als Weber arbeitete. Ab      Dachbalken Verse des alemanni-           ganze      Inventar
1769 besuchte Hebel in Schopfheim          schen Dichters Gerhard Jung und          der Fasnachtsge-
die Lateinschule, in den Sommermo-         laden zum Lesen, Nachdenken und          sellschaft von den
naten das Gymnasium am Münster-            Schmunzeln ein.                          einzelnen      Mit-
platz in Basel. Hebel gilt allgemein                                                gliedern irgend-
                                           Mit der S6 erreichen wir Zell, den Ge-
als Pionier der alemannischen Mund-                                                 wo und irgend-
                                           burtsort des Dichters Gerhard Jung
artliteratur, in seinen Versen stellt er                                            wie gelagert. Um
                                           (1926 – 1998). Nach seiner Pensio-
Lebensart, Landschaft und Dialekt                                                   alles an einem Ort
                                           nierung widmete er sich ganz seiner
seiner Heimat dar.                                                                  aufzubewahren,
                                           Leidenschaft, dem Schreiben. Stark
                                                                                    erfüllte sich die
Nicht zu übersehen ist nahe beim Rat-      von den Kriegsjahren geprägt, zähl-
                                                                                    Fastnachtsgesell-
haus die 2004 enthüllte monumen-           ten Frieden und Versöhnung zu den
                                                                                    schaft 2005 einen
tale Plastik von (Skandal-) Bildhauer      Schwerpunkten seiner Texte. Sein
                                                                                    alten Traum und
Peter Lenk mit dem Titel „Badische         umfangreiches Werk umfasst ca. 20
                                                                                    erwarb das Haus
Revolution“ zu den Ereignissen von         Bücher, über 60 Theaterstücke und
                                                                                    an der Schönauer-Strasse, um die        Führung erfahren wir vieles über die
1848. Damals waren die Bürgerinnen         Hörspiele, über 50 Lieder, von ihm
                                                                                    ereignisreiche Geschichte der Zeller    Einzigartigkeiten des fasnächtlichen
und Bürger für einige Tage selbst in       selbst und namhaften Komponisten
                                                                                    Fasnacht an einem einzigen Ort zu       Brauchtums in Zell.
das revolutionäre Geschehen verwi-         vertont, drei Bildbände, einige Fest-
                                                                                    präsentieren und zu erhalten. Das
ckelt. Lenk schlägt mit seinen Figuren     schriften und vieles mehr. Die Höhe-                                             Das feine Mittagessen im schön ge-
                                                                                    verwahrloste Haus konnte dank
den Bogen zur wirklich Badischen           punkte seines literarischen Schaffens                                            deckten Saal im Gasthaus Löwen
                                                                                    unzähliger ehrenamtlicher Arbeits-
Revolution und stellt den Bezug zur        erlebte Gerhard Jung zu Beginn der                                               wird musikalisch umrahmt von Sabi-
                                                                                    stunden und mit Unterstützung
Gegenwart dar.                             1970er Jahre, als er die Johann-Peter-                                           ne Ging (Gitarre) und Markus Man-
                                                                                    des 2012 gegründeten Förderver-
                                           Hebel-Plakette durch die Gemeinde                                                fred mit Liedern von Gerhard Jung,
Neben der ältesten Kirche Schopf-                                                   eins 2018 eingeweiht werden und
                                           Hausen im Wiesental 1973 und den                                                 und zum Abschluss singen auch die
heims, die Alte Stadtkirche St. Mi-                                                 ist heute ein Schmuckstück, das auf
                                           Johann-Peter-Hebel-Preis vom Land                                                Elsass-Freunde gerne mit.
chael, erwarten uns im gemütlichen                                                  vier Ebenen mit unzähligen Requisi-
                                           Baden-Württemberg 1974 verliehen
Gasthaus Sonne Kaffee und feiner                                                    ten und Unterlagen die spannende        Für den nächsten Programmpunkt
                                           bekam.
Russenzopf. Wir geniessen kulinari-                                                 Geschichte der Zeller Fasnacht zeigt.   geht es zu den Sheddachhallen, wo
schen und gleichzeitig literarischen       Das grösste Volksfest in Zell ist die    In einer lebendigen, engagierten        das 1996 eröffnete Wiesentäler Tex-
Genuss, finden sich doch auf den           Fasnacht, welche auf eine lange Ge-
                                                          schichte zurückbli-
                                                          cken kann. Seit 1927
                                                          obliegt die Organisa-
                                                          tion der Fastnachts-
                                                          gesellschaft, und im
                                                          Jahr 2012 wurde das
                                                          Fasnachtshus einge-
                                                          weiht, welches wir
                                                          mit Peter Zluhan,
                                                          Mitglied des För-
                                                          dervereins für das
                                                          Fasnachtshus,      be-
                                                          sichtigen. Jahrzehn-
                                                          telang wurde das
14                                                                                                                                                           15
Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
tilmuseum in einer ehemaligen We-
berei am Ufer des Flusses Wiese un-
                                         seiner Eröffnung dafür sorgt, dass
                                         die Erinnerung an diesen Teil der re-
                                                                                    „Menschen und Flugzeuge – Destination
tergebracht ist.                         gionalen Geschichte nicht verloren                    EuroAirport“
                                         geht. Ein lebendiges Museum, das
Über 200 Jahre lebte ein grosser Teil
                                         die Entwicklung und den Bestand der
der Talbevölkerung von der Textilin-
                                         einst wichtigen Textilindustrie erläu-           Eine Ausstellung zum Staatsvertrags von 1949
dustrie. In den besten Zeiten waren
                                         tert. Lebendig deshalb, weil Spulen,
über 20‘000 Menschen zwischen Ba-                                                 Von Peter F. Peyer
                                         Spinnen und Weben auf betriebsfä-
sel und Todtnau mit Spinnen, Weben,
                                         higen Maschinen und Einrichtungen
Bleichen und dazugehörigen Teilbe-                                                Auch Flughäfen haben ihre Geschichte – und der EuroAirport hat
                                         gezeigt werden. Beeindruckend, wie
reichen z.T. auch in Heimarbeit be-
                                         die Webstühle vorgeführt und die         eine ganz besondere. Er ist der einzige auf der ganzen Welt, der
schäftigt.                                                                        von zwei Nationen gemeinsam betrieben wird. Und er wurde schon
                                         Maschinen im laufenden Betrieb vor-
Das Wiesentäler Textilmuseum zeigt       gestellt werden. Ein spannender und      drei Jahre vor der Unterzeichnung eines Staatsvertrags zwischen der
den textilen Werdegang von 1750          lehrreicher Einblick in die Geschichte   Schweiz und Frankreich eröffnet! Bald gibt es also wieder Grund zum
bis zur Neuzeit auf. Vom Spinnrad        der Textilherstellung!                   Jubilieren – am 8. Mai 2021, wenn „unser“ Flugplatz 75 Jahre alt wird.

über hochmoderne Ringspinnanlage,        Bei einem reichhaltigen Vesperplättli
Handwebstuhl und Jaquardweben            im Gasthaus zum Wilden Mann lassen       Die Leserinnen und Leser unserer            Der ehemalige Crossair-Pilot in
                                                                                  Gazette erinnern sich sicher noch         seinem Element: André Goepfert
wird den Besuchern der Wandel der        wir einen erlebnisreichen, interessan-
                                                                                  an den Beitrag in der Ausgabe im           führt durch „seine“ Ausstellung
Textilindustrie an voll funktionstüch-   ten Tag ausklingen, bevor uns die S6
tigen Maschinen vermittelt.              wieder pünktlich zum Bahnhof SBB         Herbst letzten Jahres, wo die er-      Flughafens Basel-Mulhouse im Be-
                                         bringt. Dem Organisationsteam Bet-       wähnte Ausstellung in der Mairie       sonderen. In etwas verkleinerter
Andreas Müller, stellvertretender        tina Bohn und Markus Manfred Jung        der Flughafen-Standortgemeinde         Form – die grossen in St. Louis ge-
Vorstandsvorsitzender des Wiesen-        ein grosses Dankeschön für diesen        St. Louis vorgestellt wurde. Sie be-   zeigten Objekte wie Propeller und
täler Textilmuseums, führt uns kom-      Anlass, der durch die persönliche Prä-   handelte die Geschichte der Luft-      Flugzeugmotoren fehlten – präsen-
petent durch das Museum, das seit        gung eine besondere Note erhielt.        fahrt im Allgemeinen und jene des      tierte André Goepfert in Zusam-

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Elsass-Gazette Nr. 146 Oktober 2019 - Mitteilungsblatt Kulturverein Elsass-Freunde Basel
menarbeit mit Werner von Arx und                                                    tige, erfahre ich, dass vielleicht be-    erteilt wöchentlich Kurse im Fach
Patrick Nobel diese statische „Flug-                                                reits im Jahr 1901 einem deutscher        Technik für angehende Privatpilo-
show“ nun während sechs Wochen                                                      Einwanderer mit Namen Gustav              ten. Zusammen mit André Goepfert
im EuroAirport selbst, und zwar                                                     Weisskopf (Gustave Whitehead) ein         hat er die Experimental Aircraft As-
im französischen Teil der Abflug-                                                   motorisierter Flug gelang. Wer sich       sociation Alsace gegründet, welche
halle.                                                                              für diese möglicherweise infame           auch über einen eigenen Hangar
                                                                                    Geschichtsklitterung      interessiert,   am Flughafen verfügt und dort ein
Erweitert wurde die Ausstellung
                                                                                    schaue sich auf auf youtube den fol-      selbst gebautes Flugzeug ihr Eigen
durch die sehr speziellen Objekte aus
                                                                                    genden Film an: www.youtube.com/          nennt.
der Sammlung von Patrick Nobel aus
                                                                                    watch?v=NTIZYGNS61A
Buckten. Zwar liegt Buckten nicht                                                                                             So erstaunt es wenig, dass in dieser
gerade am Ende der Landebahn ei-                                                    Zurück in die Ausstellung. Dort er-       Ausstellung ein geballtes Wissen
nes Interkontinentalflughafens, und                                                 klärte Wolfgang Neumann unter             über die Entstehung der Fliegerei
es ist deshalb umso erstaunlicher,                                                  anderem, weshalb ein Flugzeug             aus ihren Anfängen bis heute zusam-
dass der Oberbaselbieter Primarleh-                                                 überhaupt fliegt. Der ehemalige           menkommt. Mit den zeitweise sehr
rer sich der Frühzeit der Fliegerei                                                 Flugzeugmechaniker, Ausbildner und        rasch voranschreitenden Neuerun-
verschrieben hat. In akribischer Ar-                                                Cheftechniker gab dem interessier-        gen musste unser Flughafen Schritt
beit hat er über viele Jahre Gegen-                                                 ten Publikum sein immenses Wissen         halten. Nicht zuletzt die rasante Ent-
stände wie Instrumente, welche zum                                                  über die Funktionsweise der ausge-        wicklung der Fliegerei während des
                                            Dabei erinnere ich mich noch an mei-
Beispiel in Luftschiffen Verwendung                                                 stellten Instrumente weiter. Mit über     2. Weltkrieges machte es nach dem
                                            ne fliegerische Ausbildung, während
fanden, oder Uniformen und Flug-                                                    70 Lenzen arbeitet er noch heute          Krieg unumgänglich, das Sternen-
                                            der ich zeitweilig von Rudolf Klemm,
ausweise (Brevets) aus jener Zeit ge-                                               an der Restaurierung einer Vickers        feld bei Birsfelden aufzugeben und
                                            einem deutschen Fliegerass aus dem
sammelt, als die Fliegerei noch von                                                 Viking der ehemaligen Balair und          ein weitläufigeres Gelände für einen
                                            2. Weltkrieg, in die Geheimnisse des
den „tollkühnen Männern in ihren                                                                                              modernen Flughafen zu suchen. Die
                                            Motorflugs eingeweiht wurde. Dass
fliegenden Kisten“ betrieben wur-                                                                                             „Giganten der Lüfte“ waren nämlich
                                            „der Feind immer aus der Sonne
de. Bei genauerem Hinsehen und                                                                                                inzwischen ganz aus Metall gefer-
                                            kam“ und „wer oben war“ immer
nach den Ausführungen von Patrick                                                                                             tigt, verfügten oft über vier Motoren
                                            im Vorteil, sagte er mir eindringlich
Nobel wird bald klar, dass das Flie-                                                                                          und kamen auf hochbeinigen Fahr-
                                            und fuchtelte mit seinen Händen im
gen schon sehr früh in den Dienst                                                                                             werken daher.
                                            Cockpit herum. So war mit Fluglehrer
der Kriegsführung gestellt wurde.
                                            Klemm auch kein Start denkbar, be-                                                Die langwierige und mühsame Su-
So erklärte uns der passionierte
                                            vor nicht die von jeglichem Schmutz                                               che nach einem geeigneten Areal für
Sammler, wie schon im 1. Weltkrieg
                                            befreite Windschutzscheibe den                                                    eine betonierte Piste von mindestens
Grundlagen für den Luftkampf er-
                                            glasklaren Blick freigab, denn „der                                               2000 Metern Länge dokumentiert
stellt wurden, die auch heute noch
                                            Feind erschien zuallererst als Punkt                                              die Ausstellung mit einer Reihe von
Gültigkeit haben. Damals wurde ein
                                            irgendwo im Blau des Himmels“.                                                    heftig diskutierten Plänen auf an-
junger Pilot erst definitiv in eine Flie-
gerstaffel aufgenommen, wenn er             Für mich völlig neu waren die Aus-                                                schauliche Weise.
sich über Feindesgebiet mit einem           führungen von André Goepfert über                                                 Fotografisch sehr schön festgehal-
Abschuss hervorgetan hatte. Zur             den vermeintlich ersten motorge-                                                  ten ist auch die Entstehung des so-
Illustration hielt uns Patrick Nobel        triebenen Flug der Gebrüder Wright                                                genannten „Miracle de Blotzheim“,
eine Art Becher mit Gravur entge-           in Kitty Hawk, North Carolina, USA                                                jener rund sechs Wochen dauernden
gen, die ein erfolgreicher Pilot je-        im Dezember 1903. Erstmals seit                                                   Erstellung des ersten provisorischen
weils erhielt.                              ich mich mit der Fliegerei beschäf-                                               Flugplatzes, welcher am 8. Mai 1946

18                                                                                                                                                               19
in einem Staatsakt feierlich seiner
Bestimmung übergeben wurde. Die-
                                          des Flughafens befragt worden war,
                                          der definitive Terminal für Passagiere
                                                                                     Der Flughafen-Vertrag von 1949 – Erfolg
ser umfasste eine mit Hilfe deutscher     eröffnet werden. Einige Jahre zuvor                 dank Druck aus Basel
Kriegsgefangener in der Ebene zwi-        hatte man bereits eine Frachthalle
schen Blotzheim, Häsingen und St.         und Hangars für den Unterhalt von
Louis verlegte Piste aus gelochtem        Flugzeugen in Betrieb genommen.          Von Hans-Jörg Renk
Stahlblech (pierced steel plates), wel-                                            Rund 20 Elsass-Freunde besuchten        tigen Hafen und Kraftwerk weichen
                                          Alle diese Bauten sind heute aber
che aus amerikanischen Beständen                                                   am 18. Juli die Ausstellung im Eu-      musste und ein brauchbarer Ersatz
                                          entweder verschwunden oder so
stammten, und die barackenartigen                                                  roAirport. Höhepunkt im Rahmen-         nur im benachbarten Elsass möglich
                                          sehr umgebaut und erweitert wor-
Gebäude für die Abfertigung der                                                    programm jenes heissen Vormittags       war. Deshalb nahm der Bundesrat in
                                          den, dass ihre ursprüngliche Form
Passagiere. Ebenso dazu gehörten                                                   war ein spannendes Referat über         enger Abstimmung mit dem Regie-
                                          kaum noch erkennbar ist. Der heu-
die provisorischen Zufahrten – bis                                                 die Entstehung des Staatsvertrags       rungsrat Basel-Stadt Verhandlungen
                                          tige Flughof ummantelt so gewisser-
1952 war der Flughafen nur über                                                    von 1949 durch Thomas Minger, stv.      mit Frankreich auf, die 1939 zu einem
                                          massen den ersten Terminal aus der
Frankreich erreichbar – und der voll-                                              Generalsekretär der Konferenz der       Projekt auf der Grenze zwischen All-
                                          Hand der Architekten Suter & Suter.
ständig aus Holz gebaute fachwerk-                                                 Kantonsregierungen (KdK) in Bern,       schwil und Hégenheim führten. Da-
artige Kontrollturm.                   Eine Person auf französischer Seite         der 1997 an der Universität Bern eine   bei sollten das Aufnahmegebäude
                                               sollte dabei nicht vergessen        Lizentiatsarbeit zu diesem Thema        auf schweizerischem und die Pisten
                                               gehen: René Lemaire. René           verfasst hatte. Wir veröffentlichen     auf französischem Boden liegen.
                                               Lemaire war seines Zeichens         hier eine Zusammenfassung, die vor      Die Verhandlungen wurden durch
                                               vor und nach dem 2. Welt-           allem die zentrale Rolle hervorhebt,    den Ausbruch des Zweiten Welt-
                                               krieg bei allen Verhandlun-         welche der Kanton Basel-Stadt beim      kriegs unterbrochen. Aber die Bas-
                                               gen der Schweiz mit Frank-          Zustandekommen dieses Vertrags          ler Regierung wartete dessen Ende
                                               reich federführend auf der          spielte.                                nicht ab, sondern setzte bereits im
                                               Seite unseres Nachbarlandes.                                                Sommer 1944 alles daran, dass die
                                               Kaum eine andere Person             Bereits in den 1930er Jahren war
                                                                                                                           Gespräche an dem Punkt wieder
                                               auf französischer Seite hat         klar, dass der 1920 eröffnete Flug-
                                                                                                                           aufgenommen werden konnten, an
                                               sich vor und nach den Wirren        platz auf dem Sternenfeld dem heu-
                                                                                                                           welchem sie vor Kriegsbeginn ange-
                                               des Krieges so vehement für                                                 langt waren.
                                               das Zustandekommen des
                                               Flughafens eingesetzt wie                                                   Im März 1945, also noch vor Kriegs-
                                               er. Ich hatte das Vergnügen                                                 ende, reiste M. Hatt, der Direktor der
                                               René Lemaire im hohen Alter                                                 Danzas und Mitglied der Basler Han-
                                               von über 90 Jahren in seiner                                                delskammer, im Auftrag der Basler
                                               Pariser Wohnung zu besu-                                                    Regierung nach Paris, wo er im Luft-
                                               chen, um von ihm persönlich                                                 fahrtministerium mit René Lemaire
                                               wichtige Informationen und                                                  auf den gleichen Experten traf, der
                                               Dokumente über die Ent-                                                     bereits die Vorkriegsverhandlungen
                                               stehung des Flughafens zu                                                   geleitet hatte. Im August 1945 kam
  Ein Leben für die Luftfahrt: Der Flugpionier                                                                             Lemaire mit zwei weiteren Experten
                                               erhalten. Vielleicht wäre am
      Werner von Arx im angeregten Gespräch                                                                                nach Basel, um die flugtechnischen
                                               8. Mai 2021 der Zeitpunkt
Erst im April 1970 konnte nach diver- gekommen, ihn in geeigneter Weise                  Thomas Minger in angeregtem       Möglichkeiten vor Ort zu prüfen.
sen Abstimmungen, bei denen das für seine Verdienste für unseren Flug-                   Gespräch mit dem ehemaligen       Rasch stellte sich heraus, dass das
Basler Stimmvolk zur Ausgestaltung hafen zu ehren.                                     Flughafen-Direktor Paul Rhinow      Projekt von 1939 überholt war. Beide

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Seiten – für die Schweiz das Eidge-     erteilte der Bundesrat grünes Licht     wurden. So drängten sie darauf, dass    sel, der vorsah, dass Frankreich die
nössische Luftamt (heute: BAZL) – ka-   zur Aufnahme formeller Verhand-         die strittigen Punkte aus dem Ver-      Pisten im Kriegsfall zerstören wür-
men zum Schluss, dass der Flugplatz     lungen mit Paris, unter Einbezug des    trag ausgeklammert und in separa-       de. Die Schweiz hatte vor dem Hin-
weiter nördlich und ganz auf franzö-    Kantons Basel-Stadt.                    ten Abkommen geregelt wurden:           tergrund des beginnenden Kalten
sischem Territorium zu erstellen sei.                                           Die Besteuerungs- und Zahlungs-         Krieges darauf insistiert. Ob die
                                        Ein halbes Jahr nach der Inbetrieb-
Gestützt darauf richtete die Basler                                             modalitäten, das Polizeiregime und      dafür erforderlichen baulichen Vor-
                                        nahme des provisorischen Flugplat-
Regierung im Oktober 1945 eine de-                                              die Neutralisierung des Flughafens      kehrungen je getroffen wurden,
                                        zes legte Frankreich Ende 1946 einen
taillierte Eingabe an den Bundesrat                                             in Kriegszeiten. Dank diesem Kunst-     liess sich in den Akten nicht verifi-
                                        Vertragsentwurf vor, der die Schweiz
für einen binationalen Flughafen auf                                            griff lag nach nur zwei Tagen ein pa-   zieren. Der Vertrag legte fest, dass
                                        jedoch nicht überzeugte. Daraufhin
Elsässer Boden.                                                                 raphierter Vertrag vor, mit dem bei-    Frankreich das Land und die Ein-
                                        verfasste die Basler Regierung ei-
                                                                                de Seiten einverstanden waren. Aber     richtungen für den gemeinsamen
Nachdem Frankreich Ende 1945            nen Gegenentwurf, den der Bun-
                                                                                der Bundesrat wollte den Vertrag        Flughafen zur Verfügung stellt und
seine grundsätzliche Zustimmung         desrat im Dezember 1947 nach Paris
                                                                                erst unterzeichnen, wenn auch die-      die Schweiz die Kosten für dessen
zum neuen Standort erteilt hat-         übermittelte. Von dort kam im Mai
                                                                                se drei Punkte geregelt waren. Die      Bau vollumfänglich übernimmt. Er
te, nahm sich der Bundesrat dieser      1948 ein weiterer Gegenentwurf,
                                                                                finanziellen Angelegenheiten und        trat nach der Ratifikation durch die
Eingabe an. Regierungsrat Gustav        der die Grundlage für die formellen
                                                                                die Neutralitätsfrage konnten zwar      Parlamente der beiden Staaten am
Wenk, Vorsteher des Departements        Verhandlungen im Juli 1948 in Paris
                                                                                im März 1949 geregelt werden, doch      25. November 1950 in Kraft. Das
des Innern und treibende politische     bildete. Der fünfköpfigen schwei-
                                                                                die Lösung des Polizeiregimes blieb     Polizeiregime wurde erst ein gutes
Kraft in der ganzen Flugplatzfrage,     zerischen Verhandlungsdelegation
                                                                                weiterhin offen. Angesichts dieser      Jahrzehnt später geregelt.
wollte jedoch keine Zeit verlieren      gehörten auch zwei Basler Regie-
                                                                                neuerlichen Verzögerung
und suchte nach einer Lösung für        rungsräte an. Diese setzten alles da-
                                                                                riss in Basel der Gedulds-
einen raschen Anschluss Basels an       ran, dass handfeste Resultate erzielt
                                                                                faden: Der Regierungsrat
den internationalen
                                                                                insistierte im April 1949
Luftverkehr. Am 16.
                                                                                vehement und öffentlich
Januar 1946 reiste
                                                                                in Bern, nun endlich den
er ohne Wissen des
                                                                                Vertrag zu unterzeichnen
für die Aussenpoli-
                                                                                und das Polizeiregime erst
tik zuständigen Bun-
                                                                                später zu regeln. Grund
desrates nach Paris
                                                                                dieser Ungeduld war die
und traf sich dort mit
                                                                                Tatsache, dass zur gleichen
Jules Moch, damals
                                                                                Zeit Zürich und Genf ihre
französischer    Bau-
                                                                                Flughäfen in Kloten und
und Verkehrsminis-
                                                                                Cointrin ausbauten und Basel ris-       Man kann ohne Übertreibung fest-
ter. Vermittler dieses
                                                                                kierte, ins Hintertreffen zu geraten.   stellen, dass dieser Vertrag ohne den
Treffens war Charles
                                                                                Der Druck wirkte, stimmte doch der      Druck und die aktive Mitwirkung aus
Koepke, Direktor des
                                                                                Bundesrat der Vertragsunterzeich-       Basel nicht oder erst viel später zu-
Flugplatzes Sternen-
                                                                                nung zu. Diese fand am 4. Juli 1949     stande gekommen wäre. Wesentlich
feld. Moch stimmte
                                                                                in Bern statt; für den Bundesrat        dazu beigetragen haben drei Persön-
dem Basler Vorschlag
                                                                                unterschrieb Aussenminister Max         lichkeiten, die die Verhandlungen
zu, zunächst einen
                                                                                Petitpierre und für Frankreich Bot-     jahrelang vorantrieben: Die Basler
provisorischen Flug-
                                                                                schafter H. Hoppenot. Gleichzeitig      Gustav Wenk und Charles Koepke
platz zu erstellen.
                                                                                unterzeichneten sie einen separa-       und ihr französischer Verhandlungs-
Am 5. Februar 1946 Der undatierte „Plan de Masse“ war ein integrieren-
                                     der Bestandteil des Staatsvertrags         ten und vertraulichen Notenwech-        partner René Lemaire.
22                                                                                                                                                        23
Der EuroAirport im Zwiespalt zwischen                                      schäftsmodells werden die Flüge der
                                                                                Integrators an den äussersten Rand-
                                                                                                                          welche verschiedene Massnahmen
                                                                                                                          zur Lärmreduktion nicht nur der Flü-
            Wachstum und Umwelt                                                 stunden zwischen 23 und 24 Uhr            ge in den Randstunden präsentieren
                                                                                abends und 05 bis 06 Uhr morgens          soll.
                                                                                abgewickelt. Diese zunehmend mit
Von Peter F. Peyer                                                                                                        Mit der Annäherung an die 10-Mio.-
                                                                                grösseren und schwereren, oft aber
                                                                                                                          Grenze beim Fluggastaufkommen
                                                                                älteren Maschinen durchgeführten
Seit rund zehn Jahren steigen die        nannten Integrators, d.h. der Paket-                                             ist der Passagierterminal definitiv an
                                                                                Flüge bringen in letzter Zeit nicht nur
Passagierzahlen am EAP unent-            und Expressdienste – langfristig ein                                             seiner Kapazitätsgrenze angelangt.
                                                                                die Anwohner um ihren Schlaf, sie ru-
wegt und dürften Ende des Jahres         deutlicher Aufwärtstrend zu ver-                                                 Der heutige Terminal mit seinem
                                                                                fen vermehrt auch Politiker auf den
2019 einen neuen Rekord von etwas        zeichnen. Wurden 2009 insgesamt                                                  Y-förmigen Dock wurde anfangs der
                                                                                Plan, welche eine Einschränkung der
über 9 Mio. Passagieren erreichen.       erst 84'000 Tonnen Fracht umge-                                                  Nullerjahre nach den Bedürfnissen
                                                                                Betriebszeiten am EAP fordern.
Die überdurchschnittlichen Zuwachs-      schlagen, waren es letztes Jahr rund                                             der Crossair gebaut, welche den
raten verdankt der EAP vor allem den     110‘000 Tonnen.                        Der Flughafen reagierte darauf kürz-      EuroAirport zu einem Mini-Hub im
Aktivitäten von Billigfluglinien wie                                            lich mit einer in Auftrag gegebenen       europäischen Regionalluftverkehr
                                         Mit dem Anstieg der Passagierzahlen    Studie, welche nach EU-Richtlinien        machen wollte. Doch dazu kam es
EasyJet und Wizz Air, aber auch einer
                                         wuchs die Anzahl der Flugbewegun-      durchgeführt eine Verminderung            wegen des Untergangs der Crossair-
Vielzahl von Flügen nach beliebten
                                         gen jedoch nur unterproportional.      der Flugbewegungen in den frag-           Mutter Swissair jedoch nur für kur-
Feriendestinationen und sogenann-
                                         Zeitweise wurde sogar ein Rückgang     lichen Randstunden zum Ergebnis           ze Zeit. Von den heute gängigen
ten ethnischen Flügen1. Das Wachs-
                                         der Flugbewegungen verzeichnet,        haben soll. Federführend dabei ist        Flugzeugmustern Airbus A319 bis
tum hat sich aber in den letzten Mo-
                                         dies vor allem aufgrund des Wegfalls
naten etwas abgeschwächt.
                                         von vielen Schulungs- und Trainings-
Letztmals im Jahr 2009 verzeichne-       flügen der Allgemeinen Luftfahrt.
te der EAP einen Passagierrückgang       Aber auch der Einsatz von immer
von rund 10% und zählte damals           grösseren Maschinen mit mehr Sitz-
3,85 Mio. ankommende und abflie-         plätzen hat den Anstieg der Flugbe-
gende Passagiere. Ausschlaggebend        wegungen moderat ausfallen lassen.
für den damaligen Rückgang waren         Im vergangenen Jahr wurden so rund
die wirtschaftlichen Verwerfungen        97‘000 Starts und Landungen ver-
im Nachgang zur Bankenkrise im           zeichnet, vor zehn Jahren waren es
Jahr 2008.                               noch 75‘000.
Heute zeigt sich ein völlig anderes      Gerade die Flüge der Integrators wie
Bild. Im Jahr 2018 verzeichnete der      DHL, UPS und Fedex verursachen der
EAP ein Passagieraufkommen von           Flughafendirektion Kopfzerbrechen
rund 8,58 Mio., was einer Zunahme        und bei den Anwohnern je nach Sen-
gegenüber dem Vorjahr um 8,7%            sibilität Kopfschmerzen und schlaf-
entsprach. In den vergangenen Jah-       lose Nächte. Aufgrund ihres Ge-
ren waren zweistellige Zuwachsra-        1   Ethnische Flüge dienen praktisch
ten keine Seltenheit. Dies gilt aller-       ausschliesslich dem Bedürfnis
dings nicht für den Frachtverkehr,                                              die französische Zivilluftfahrtbehör-     A321 oder der Boeing B737-Serie
                                             von Migranten regelmässig in
welcher von einer hohen Volatilität          ihr Heimatland zurückkehren, so    de DGAC unter Beizug des schwei-          können jeweils nur wenige Flug-
gekennzeichnet ist. Doch ist auch            vor allem nach Algerien, in die    zerischen BAZL. Spätestens 2021 soll      zeuge angedockt werden. Meistens
hier – dank der Tätigkeit der soge-          ­Balkanländer und in die Türkei.   das Ergebnis dieser Studie vorliegen,     stehen die Maschinen von EasyJet

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veranschlagte Bahnanschluss soll mit      Ein weiterer gewichtiger Wirt-
                                                                                 einer einfachen Abzweigung von der        schaftsfaktor ist der EAP auch als
                                                                                 bestehenden Hauptlinie Basel SNCF         Arbeitgeber. Mit weit über 6‘000
                                                                                 – Mulhouse abzweigen und unmit-           Arbeitsplätzen stellt er den gröss-
                                                                                 telbar östlich des Terminals einen        ten Stellen-Cluster im Südelsass dar.
                                                                                 Haltepunkt erhalten. Dabei soll der       Allein in der aufstrebenden Bran-
                                                                                 Flughafen von Basel im 10-Minuten-        che des Flugzeugumbaus und der
                                                                                 takt und von Mulhouse aus im 15-Mi-       Ausstattung von Grossflugzeugen
                                                                                 nutentakt bedient werden.                 zu fliegenden Luxuskarossen stel-
                                                                                                                           len Unternehmen wie Jet Aviation,
                                                                                 Widerstand erhält dieses Projekt
                                                                                                                           AMAC Aerospace, ASB Air Service
                                                                                 nun aber von den Umweltaktivis-
                                                                                                                           Basel AG und neuerdings Nomad
                                                                                 ten, welche diesen Bahnanschluss
                                                                                                                           Aviation über 2‘000 Arbeitsplätze
                                                                                 als zusätzlichen Wachstumsfaktor
                                                                                                                           zur Verfügung.
                                                                                 für den EAP fürchten. Den dadurch
                                                                                 generierten Mehrverkehr sähen sie         Den Spagat zwischen wirtschaft-
                                                                                 vermutlich lieber in Zürich, Paris oder   lichem Wachstum und ökologi-
                                                                                 Frankfurt als vor der eigenen Haus-       scher Nachhaltigkeit zu schaffen

südlich des Terminals und die Passa-     für eine Terminalerweiterung auf
giere werden per Bus gebracht und        der Nordseite zu gewinnen.
geholt.
                                         Für die Entwicklung unseres Flugha-
Somit ist der Flughafen nun auch ge-     fens wird sicher auch mitentschei-
fordert, seine landseitige Infrastruk-   dend sein, ob sich der projektierte
tur – d.h. ohne das bestehende und       Bahnanschluss wie geplant bis ins
kaum ausbaubare Pistensystem – zu        Jahr 2028 realisieren lässt. Hierfür
erweitern. In einem ersten Schritt       stehen die Zeichen inzwischen güns-
wurde dieses Jahr die Abstellfläche      tiger als auch schon. Zwar wurde der
nach Norden erweitert. Nördlich          Bahnanschluss vor Jahresfrist aus der
der bestehenden Terminalanlagen          Planung der französischen Grossregi-
stehen aber seit den Anfängen des        on Grand Est gestrichen, dafür wurde
Flughafens vor nunmehr über 70 Jah-      nach heftiger Intervention unserer
ren die Anlagen der General-Aviati-      Lokalpolitiker das Projekt nachträg-
on, also der Allgemeinen Luftfahrt,      lich in die Finanzierung der Bahninf-
welche vorwiegend den Aktivitäten        rastruktur des Bundes für das nächs-    tür. Der Flughafen selbst spricht von     ist sicher keine leichte Aufga-
der Privatfliegerei und der Piloten-     te Jahrzehnt aufgenommen. Auch          einer geringfügigen Zunahme des           be, um welche die Verantwort-
schulung dienen. Der Flughafen tut       in Paris wurde inzwischen ein Wie-      Passagierverkehrs von rund 4%; um-        lichen niemand beneidet und
sich bisher schwer, für diese Aktivi-    dererwägungsgesuch gestellt, wel-       gekehrt erwartet er, dass rund ein        welche letztlich auch durch die Bi­
täten ein Ersatzareal zu finden, um      ches hoffentlich positiv beantwor-      Drittel der PW-Kunden auf den öf-         nationalität des Flughafens nicht
den dadurch freiwerdenden Platz          tet wird. Der auf rund 280 Mio. CHF     fentlichen Verkehr umsteigen.             einfacher wird.

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Ein Besuch bei Marianne von Grünigen                                         Zum Apéro in der geräumigen Wohn-
                                                                                  stube mit klassizistischem Prachtofen
                                                                                                                              Vater führte sie früh in die bildende
                                                                                                                              Kunst und später in die Politik ein. Als
                                                                                  trinken wir einen Kluser Rosé. Zwar         Schülerin hat er sie bei jedem Urnen-
Von Serge Iseli                                                                   steht auf der Etikette noch Domaine         gang mitgenommen und ihr erklärt:
                                                                                  Nussbaumer, aber, so klärt mich Frau        „Eines Tages wirst auch Du die Geschi-
An einem Nachmittag im August bin        Benjamin der Runde begeistert den        von Grünigen auf, das bekannte Wein-        cke der Schweiz mit Deiner Stimme
ich zusammen mit Hans-Jörg Renk,         Geschichten dieser oberrheinischen       gut in Aesch trage nun den Namen            mitbestimmen können.“ Das sollte je-
dem elsässischen Schriftsteller Pierre   Runde zuhöre. Mit Anekdoten aus ih-      Klus177 und erzählt mir gleich auch         doch noch eine ganze Weile dauern.
Kretz und dessen Frau Astrid Ruff        rer langen Zeit als Diplomatin fesselt   noch die Geschichte, die sie damit          Zuerst bestimmte sie auf anderen Ebe-
bei Marianne von Grünigen zu einem       mich die Gastgeberin ganz beson-         verbindet. Einen Teil ihres Rotweins        nen die Geschicke der Schweiz mit.
Nachmittagstee eingeladen. Auf           ders. Und ich vergesse die Zeit. Ich     bestellt sie beim Bioweinhandel Deli-
                                                                                                                              Zuerst aber wurde sie oberrheinisch,
dem Weg dorthin muss ich mich ver-       sollte doch schon längst beim Zahn-      nat, und zwar seit Jahren den Château
                                                                                                                              was auf Französisch besser klingt:
gewissern, ob die Adresse wirklich an    arzt sein! Als wir herausfinden, dass    Duvivier aus der Provence. Dies erzählt
                                                                                                                              Devenir Rhénane. Dies beschreibt sie
der St. Alban-Vorstadt ist und nicht     wir beide zum gleichen Zahnarzt ge-      sie dem neuen Winzer Antoine Kauf-
                                                                                                                              in ihrem Aufsatz „Der Rhein als Ver-
an der St. Alban-Anlage mit ihren        hen, telefoniert Frau von Grünigen       mann aus der Klus, und als der den Na-
                                                                                                                              bindung im Dreiländereck“ von 2015
grossen Appartementhäusern. Denn         kurzerhand und kündigt meine Ver-        men hört, meint er ganz erstaunt, er
                                                                                                                              ausführlich. So scheint ihr eine prä-
ich stehe vor einem klassizistischen     spätung an. Das beeindruckt mich         habe 18 Jahre lang genau dieses Wein-
                                                                                                                              gende Erinnerung zu sein, dass sie als
Haus, das mir irgendwie bekannt vor-     doch gleich noch einmal. Von dieser      gut auf Biodynamik umgestellt und
                                                                                                                              Primarschülerin im Petersschulhaus
kommt. Ging ich nicht vor 45 Jahren      Frau möchte ich mehr erfahren. Also      habe jetzt dasselbe vor mit Klus177.
                                                                                                                              am Hebel-Tag jeweils mit ihren Mit-
in diesem Haus zum Schularzt? Am         verabreden wir uns zum Lunch ein
                                                                                  Die Familie von Grünigen stammt aus         schülerinnen und Lehrerinnen vor das
Durchgang zum Hinterhaus sind tat-       paar Tage später.
                                                                                  Saanen im Berner Oberland. Marian-          Hebel-Denkmal gezogen ist, um den
sächlich zwei Klingeln,
                                                                                  ne von Grünigen wächst als Einzelkind       Identität stiftenden Dichter zu wür-
die eine mit dem passen-
                                                                                  vorerst in Zürich auf und kommt 1944        digen. Natürlich wurde bei der Gele-
den Namen versehen.
                                                                                  mitten im Krieg nach Basel. Ihr Vater       genheit „Z Basel an mym Rhy“ ange-
Das Schularztamt ist in-
                                                                                  wurde als Direktor der Kunstgewerbe-        stimmt. Oder, dass sie gleich nach dem
zwischen ausgezogen,
                                                                                  schule und des dazugehörigen Muse-          Krieg an Sonntagen mit ihren Eltern
was Frau von Grünigen,
                                                                                  ums nach Basel berufen. Ihre Mutter         Ausflüge über die Grenze ins Elsass
wie sie mir bei einem
                                                                                  war Pianistin. Sie musste ihre eben be-     und ins Markgräflerland unternahm.
späteren Mittagessen er-
                                                                                  gonnene Karriere durch diesen Wech-         Auch hier zeigte sich die Weltoffen-
zählt, sehr bedauert. Ihr
                                                                                  sel ziemlich einschränken. Ihr Klavier-     heit der Eltern. So wurden auswärtige
würde der Betrieb der
                                                                                  trio in Zürich gab sie auf, gründete        Gäste nach Folgensbourg oder Haltin-
vielen Schulkinder feh-
                                                                                  aber bald ein neues in Basel, um der        gen in Stammlokale eingeladen, als
len. Es sei jetzt zu ruhig.
                                                                                  von ihr sehr geliebten Kammermusik          es noch Passierscheine brauchte. Und
Für den Nachmittagstee                                                            treu zu bleiben. Wie damals weit ver-       Marianne hatte ihren eigenen Kinder-
hatte ich eine Stunde ein-                                                        breitet, hat sie sich in erster Linie der   pass, ein doppeltes A4-Blatt mit Foto.
geplant. Es sollte ein ers-                                                       Familie gewidmet, jedoch der Musik          Dass mein Vater, der zur gleichen Zeit
tes Kennenlernen sein.                                                            samt Unterricht immer einen würdi-          in Basel aufwuchs, so ein Dokument
Doch das Gespräch wird                                                            gen Raum erhalten. Davon profitier-         besass, ist mir nicht bekannt. Auf den
lebhafter und lebhafter.                                                          te auch Marianne, lernte zuerst bei         sonntäglichen Ausflügen durchstreif-
Dreisprachig auf Ale-                                                             ihr Klavier, dann aber bald Querflöte,      te die Familie zusammen mit Freun-
mannisch, Deutsch und                                                             um mit einem eigenen Instrument mit         den zu Fuss das Basler Hinterland. Mit
Französisch, wobei ich als                                                        der Mutter musizieren zu dürfen. Der        dabei war ein elsässischer Chemiker

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namens Engel, den sie alle liebevoll        ten zuständig ist, gibt es schon den       Von einem Ereignis möchte ich je-         rung für eine gemeinsame Entwick-
„Angel“ nannten und der Ausflüge in         einen oder anderen Bezug zum Ober-         doch berichten. Anfang November           lungskonzeption Elsass-Südbaden-
Dörfer und natürlich auch zu den all-       rhein. So erzählt sie mir die Anekdo-      1989 kehrt Frau von Grünigen nach         Nordwestschweiz“         unterzeichnet
gegenwärtigen Kirchen organisierte.         te, dass Anfang der 1970er-Jahre von       Bern zurück und baut eine Abteilung       wurde, und am Abend gibt es mit Re-
Also scheine ich nicht der Einzige zu       deutscher Seite Druck auf die Schwei-      für Friedens-, Sicherheits- und Abrüs-    gierungspräsident Kurt Jenny einen
sein, der seine Liebe zu romanischen        zer gemacht wurde, endlich etwas ge-       tungspolitik des EDA auf, die auch        Empfang im Basler Rathaus. Vor allem
Kirchen als Kind auf Streifzügen durch      gen die Verschmutzung des Rheins zu        für die KSZE (heute OSZE) zuständig       die osteuropäischen Mitglieder des
das Elsass entdeckt hat. Oft war auch       unternehmen. Es war klar, dass damit       ist. Unter ihrer Leitung setzt sich der   Treffens sind zutiefst beeindruckt von
Rudolf „DingeDinge“ Riggenbach, der         neben dem elsässischen Kali-Abbau          schweizerische Vorschlag durch, 1991      dieser Zusammenarbeit dreier Länder
allseits bekannte und umtriebige Bas-       die Basler Chemie als Hauptverursa-        in Genf eine KSZE-Konferenz über          – und dem visafreien Grenzübergang.
ler Denkmalpfleger und Freund der           cherin gemeint war. So geht Frau von
Familie, auf diesen Exkursionen dabei.      Grünigen zum zuständigen Verant-
Zu seinen Erklärungen gehörten nicht        wortlichen in Basel und klopft auf
nur Kunsthistorisches und Geschicht-        den Tisch. Dieser meint anscheinend
liches, sondern auch Kulinarisches.         etwas verschüchtert: „Mr sin jo draa.“
So erzählte Marianne von Grünigen
                                            Zu der Zeit gilt im EDA noch der Grund-
von zahlreichen fröhlichen Abenden
                                            satz für eine Frau: entweder Familie
im „Aigle“ oder „Hirschen“, während
                                            oder Karriere. Eine Geisteshaltung, die
sie für sich und mich ein wunderbares
                                            schon der Mutter zu schaffen machte.
Dreigangmenü auftischte.
                                            Marianne von Grünigen entscheidet
Obwohl ihr von vielen Seiten geraten        sich schliesslich für die Karriere. Nach
wurde, wegen ihres familiären Hin-          Bonn kommt sie 1975 nach Bern, wo ihr
tergrundes Kunstgeschichte zu stu-          das UNO-Dossier, vorab die erste Bot-
dieren, wählt sie ein Jurastudium in        schaft zum UNO-Beitritt der Schweiz
Basel mit anschliessenden Aufenthal-        anvertraut wird. Anfang der 1980er-
ten in Paris und Berlin als Assistentin     Jahre geht sie als Stellvertreterin des
des Staatsrechtlers Professor Max Im-       Botschafters nach Moskau, wo sie den
boden. Mitte der 1960er-Jahre ist sie       Beginn von Glasnost und Perestroika
im Rechtsdienst der OECD in Paris und       hautnah miterlebt. Damit aber nicht                 v.l.n.r: Botschafter Franz Birrer (EDA), Regierungspräsident Kurt Jenny,
am Max-Planck-Institut für ausländi-        genug. Ab Mitte 1986 ernennt sie der       Botschafterin Marianne von Grünigen, Botschafter Kjartan Johannsson (Island),
sches öffentliches Recht und Völker-        Bundesrat zur Botschafterin in Helsin-     Hans-Peter Ryhiner, Direktor des Basler Verkehrsbüros (heute: Basel Tourismus)
recht in Heidelberg tätig und besteht       ki. Sie wird somit die zweite Schweizer
                                                                                       nationale Minderheiten abzuhalten.        2001 tritt Frau von Grünigen in den Ru-
an der Yale Law School/USA den LL.M.        Botschafterin, nach Francesca Pomet-
                                                                                       Zusammen mit unserem Präsidenten          hestand, lässt sich in Basel nieder und
1967 tritt sie in den diplomatischen        ta. Selbstverständlich gibt es auch aus
                                                                                       Robi Heuss, damals in seiner Funktion     wird Mitglied bei den Elsass-Freunden.
Dienst des EDA ein. Mit diesem Karrie-      dieser Zeit Unmengen von Geschich-
                                                                                       als Staatsschreiber, plant sie für die    Gerne hätte ich noch lange zugehört,
reverlauf, der sie in alle Teile der Welt   ten und Anekdoten. Die alle hier zu
                                                                                       Delegationen einen Tagesausflug von       aber ich muss schon wieder überstürzt
bringt, verlässt sie für vierzig Jahre      erzählen, würde den Rahmen dieses
                                                                                       Genf in die Regio. Zuerst besuchen sie    aufbrechen. Diesmal wegen einer
das Dreiland. Zuerst wird sie Stagiaire     Artikels vollkommen sprengen und
                                                                                       Mülhausen, wo die Delegierten er-         dringenden Bausitzung, denn aus der
an der Schweizer Botschaft in Kopen-        gehören vielleicht auch nicht in eine
                                                                                       staunt sind über die eidgenössischen      vorgesehenen 90-minütigen Mittags-
hagen, der dänischen Hauptstadt, die        Elsass-Gazette. Umso mehr fühle ich
                                                                                       Wappen am Rathaus. Das Mittages-          pause wurde eine 3½-stündige Unter-
sie liebevoll København ausspricht. In      mich geehrt, dass die Gastgeberin mir
                                                                                       sen findet auf Schloss Bürgeln statt,     haltung mit einem der spannendsten
Bonn, wo sie für Rechtsangelegenhei-        so viel historisch Wichtiges erzählt.
                                                                                       dem Ort, wo 1989 die „Willenserklä-       Mitglieder unseres Vereins.
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