Energiegemeinschaften als Bestandteil smarter und nachhaltiger Stadtquartiere
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Energiegemeinschaften | Inhalt Energiegemeinschaften | Inhalt Inhalt 04 Key Findings 36 Herausforderungen und Erfolgsfaktoren 06 Einleitung, Hintergrund und Methodik Agenda für eine erfolgreiche 42 Umsetzung von Energiegemein- schaften und Plusenergiequartieren 14 Erfahrungen aus der Praxis Die wichtigsten Ergebnisse Literatur- und Quellenverzeichnis 46 22 der Untersuchung Organisatorischer Rahmen Smarte Energieversorgung Infrastruktur (Anlagen & IT) Impressum 47 Sozialwissenschaftliche Perspektive 2 3
Energiegemeinschaften | Key Findings Energiegemeinschaften | Key Findings Smarte Energieversorgung Ziel ist es, lokal verfügbare erneuerbare Energien vor Ort zu er- Organisatorischer Rahmen Key Findings zeugen und zu verbrauchen. Die Gründung und Teilnahme an einer Energiegemeinschaft ist so einfach Energiegemeinschaften tragen zur Effizienzsteigerung und Ver- wie möglich zu gestalten. meidung von CO2-Emissionen bei. Die Rechtsform soll frei wählbar sein (jedenfalls möglich: Verein, Genossen- Dezentrale Erzeugungsanlagen spielen eine zentrale Rolle schaft, GmbH). zur Gewährleistung einer flexiblen Versorgung sowie der Opti- Die Verwaltung der Energiegemeinschaft soll zentral über einen Betreiber mierung des Eigenverbrauchs. organisiert werden. Eine intelligente Vernetzung der Infrastrukturanlagen ist er- Wesentlich für die Umsetzung ist ein zentraler Akteur / eine zentrale Ak- forderlich, um die Daten von unterschiedlichen AkteurInnen teurin („Kümmerer“), der/die die Initiative übernimmt, potenzielle Teilneh- flexibel und nahezu in Echtzeit miteinander zu verknüpfen, mende mobilisiert und Partner einbindet. damit der Energiebedarf aller VerbraucherInnen intelligent abge- schätzt und auf dieser Basis die Energieerzeugung und Bereit- Für Erneuerbare Energiegemeinschaften ist eine gewisse Mindestanzahl an stellung dynamisch angepasst werden kann. Teilnehmenden notwendig, um zu gewährleisten, dass dadurch keine finan- ziellen Nachteile entstehen. Durch den Anschluss an ein öffentliches Netz können Bedarfs- spitzen ausgeglichen und Engpässe abgefedert werden, wodurch Energiegemeinschaften zur Netzstabilität beitragen und die Versorgungssicherheit vor Ort stärken können. Mögliche Energiedienstleistungen in der Gemeinschaft sind: Strom, Wärme und Elektromobilität bzw. als Gesamtpaket. Energiegemeinschaften können neue Tarif- und Geschäftsmo- delle entwickeln, wobei diese nicht gewinnorientiert, sondern gemeinwohlorientiert auszurichten sind. Infrastruktur (Anlagen & IT) Bei den Eigentumsverhältnissen werden unterschiedli- che Modelle verfolgt. In der Praxis hat sich gezeigt, dass sich die Energieinfrastruktur großteils im Besitz der Ge- bäudeeigentümerInnen befindet. Ein weiteres Mod- ell, in dem die Anlagen im Eigentum eines Contrac- tors oder Leasingunternehmers z.B. eines Energiever- sorgungsunternehmens (EVUs) verbleiben, verringert das wirtschaftliche Risiko für die Teilnehmenden. Die Möglichkeiten zur Durchführung der notwendigen In- Motive für die Gründung von standhaltungsmaßnahmen (Service, Wartung) und auch der Energieabrechnung sind: organisationsintern oder Ver- Renewable Energy Communities gabe an einen externen Dienstleister. Die Community-Gründung & Entwicklung erfolgt größtenteils ausgehend von Organisationen (Forschung, Wirtschaft), nicht durch Individuen. Digitale Applikationen/Web-Dashboards werden zur Visualisierung der Energieverbräuche und/oder zur Ver- Die Motivationen für die Teilnahme sind unterschiedliche: wendung als Handelsplattform in der Energiegemeinschaft • Umweltgründe gerne verwendet und von den Teilnehmenden positiv ange- nommen. • Early-Adopter, First Mover, Interesse an Innovation Blockchain-basierter Stromhandel ist bei Peer-to-Peer • Kosten nicht entscheidend (solange kein Nachteil) Lösungen möglich. • Energie/Community-Thematik als ‘nettes’ Zusatzfeature In der Analyse wurde eine eher traditionelle Kommunikationsstruk- tur festgestellt ausgehend vom Anbieter/Communityträger zum Kun- den / zur Kundin. Kommunikation unter den Teilnehmenden wurde weniger beobachtet. 4 5
Energiegemeinschaften | Hintergrund und Methodik Energiegemeinschaften | Hintergrund und Methodik Einleitung,hintergrund und methodik Das zentrale Ziel der österreichischen Bundesregierung, Österreich bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu machen, erfordert de facto die vollständige Dekarbonisierung des Energiesystems. Ein ambitionierter Meilenstein auf diesem Weg ist die Umstellung der Stromversorgung bis 2030 aus 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen (bilanziell) [1]. Diese Studie gibt einen Überblick über den Stand des Wissens und der Technik im Hinblick auf die Planung und Umsetzung von innovativen (Stadt-)Quartieren im europäischen Raum, die im Quartier gesamtheitliche energieeffiziente Lösungen umsetzen. Diese Lösungen sind beispielsweise Energiegemeinschaften, in denen gemeinschaftlich und proaktiv erneuerbare Energie produziert, verbraucht, gespeichert und innerhalb eines lokalen Marktes untereinander verkauft wird. (Stadt-) Quartiere, die mehr Energie lokal erzeugen, als sie ver- brauchen, so genannte Plusenergiequartiere, gelten ebenfalls als wichtiger Bestandteil zukünftiger Pla- nungen, um einerseits lokale verfügbare Energieträger bestmöglich zu verwerten und andererseits eine un- abhängige Energieversorgung zu gewährleisten. © Liviu C. 6 7
Energiegemeinschaften | Hintergrund und Methodik Energiegemeinschaften | Hintergrund und Methodik Hintergrund Energiegemeinschaften ... Plusenergiequartiere Die Europäische Union hat im Rahmen des Clean Energy In der EE-RL ist die Möglichkeit vorgesehen, „Erneuer- ... revolutionieren den Energiemarkt: Die Plusenergiequartiere sind Stadtquartiere, die in der Package („Saubere Energie für alle Europäer“) die recht- bare Energiegemeinschaften“ zu gründen. In der EB- neuen europäischen Richtlinien schaffen Lage sind, ihren gesamten Energiebedarf aus erneuer- liche Grundlage für die Gründung von Energiegemein- RL gibt es eine ähnliche Regelung für die Etablierung einen Rahmen, in dem Teilnehmende proak- baren Quellen zu decken und ihren BewohnerInnen ein schaften geschaffen. Die darin beschlossene Richtlinie von sogenannten „Bürgerenergiegemeinschaften“. tiv gemeinschaftlich (erneuerbare) Energie Höchstmaß an Lebensqualität zu bieten. Ein möglichst für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare produzieren, verbrauchen, speichern und großer Teil der erneuerbaren Energie wird dabei im Energie-Richtlinie: EE-RL (RL (EU) 2018/2001)) und verkaufen können. Quartier selbst erzeugt. Durch Flexibilisierung des End- die Richtlinie mit gemeinsamen Vorschriften für den verbrauchs in Verbindung mit der Nutzung von Spei- Elektrizitätsbinnenmarkt (Elektrizitätsbinnenmarkt- chern und Synergieeffekten von Infrastrukturen wird richtlinie: EB-RL (RL (EU)) 2019/944) sollen im Rahmen … tragen dazu bei, dass erneuerbare Ener- diese überwiegend lokal genutzt. Die Ausschöpfung der des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) umgesetzt gie regional erzeugt und direkt vor Ort ver- Möglichkeiten der Digitalisierung sowie der Einsatz von werden: braucht werden. Plusenergie-Gebäuden spielt bei der Entwicklung und Umsetzung eine wesentliche Rolle. Plusenergiequar- • EB-RL bis zum 31. Dezember 2020 tiere stellen eine wichtige Voraussetzung für CO2-neu- • EE-RL bis zum 30. Juni 2021 … fokussieren die Stärkung der lokalen und trale Städte dar. [5] regionalen Wertschöpfung und unterstützen den Zugang zu einer freien, gemeinschaft- Plusenergiequartiere [6]… Erneuerbare Energiegemeinschaften Bürgerenergiegemeinschaften lichen Energieversorgung. Der von der Ener- giegemeinschaft erzeugte Strom kann über ... zielen auf eine positive Jahres-Energiebi- Energieform 100% Erneuerbare Energien ausschließlich Strom, schließen nicht-erneuer- das öffentliche Netz unter den Teilnehmen- bare Technologien per se nicht aus lanz. den verteilt werden. Dieses neue Instrument fördert die Transformation in Richtung eines Lokalität räumliche Nähe zur Erneuerbaren-Produktion keine Einschränkung erneuerbaren klimaverträglichen Energie- ... nutzen erneuerbare Energie, Sektorkop- versorgungssystems. plung und sind energieflexibel. Natürliche Personen, lokale Behörden ein- Anteilseigner und Mitglieder schließlich Gemeinden, kleine und mittlere Un- keine Einschränkung ternehmen (KMU) ... sind netzverträglich, netzdienlich und … ermöglichen aktive Beteiligung und leisten einen essentiellen Beitrag für das er- Mitsprache der Bevölkerung bei Initiierung, Anteilseigner oder Mitglieder in der Nähe der Natürliche Personen, Gebietskörperschaften, ein- neuerbare Energiesystem. Entscheidungsträger Umsetzung und Betrieb von Projekten. Projekte schließlich Gemeinden und KMUs, die nicht primär im Energiesektor tätig sind ... umfassen mehrere Gebäude und nutzen … ermöglichen neue Energiekonzepte und Synergien der Nutzungsmischungen. Geschäftsmodelle. ... streben nach höchster Gebäudequalität … zielen darauf ab, ökologische, wirtschaft- im Neubau und Sanierung. liche oder gemeinschaftliche Vorteile für die Teilnehmenden sowie die Region zu schaffen ... erzielen einen hohen Eigennutzungsgrad und nicht darauf, betriebswirtschaftliche Ge- der vor Ort oder regional bereitgestellten winne zu erzielen. Energie. [2], [3], [4] ... verwenden nachhaltige Geschäftsmo- delle für Gebäude, Energieeffizienz und die Produktion von erneuerbarer Energie sowie deren Nutzung. 8 9
Energiegemeinschaften | Hintergrund und Methodik Energiegemeinschaften | Hintergrund und Methodik Clustering der Länder Methodik I SE, 6 AT, 5 NO, 9 IT, 8 DE, 12 DK, 2 FR, 2 In einem ersten Schritt wurden knapp 80 bestehende oder online recherchiert werden konnten, wie zum europäische Projekte im Themenfeld Energiegemein- Beispiel Größe der Stadt und des Areals, Neubau oder schaften und Plusenergiequartiere systematisch er- Bestandssanierung, Stand der Umsetzung, Energie- fasst. Um einen Überblick zu bekommen, erfolgte eine konzept und innovative Aspekte (Energietechnologien, BE, 1 RO, 1 HU, 1 Klassifizierung der Projekte anhand von ausgewählten Prozesse, Geschäftsmodelle). Kriterien, die in Projektdatenbanken hinterlegt sind CH, 9 FI, 8 NL, 6 ES, 5 EE, 1 GR, 1 IE, 1 Clustering des Projektstatus in Umsetzung, 28 in Planung, 19 umgesetzt, 19 NA, 12 Clustering der räumlichen Lage rural, 10 urban, 59 suburban, 9 © AIT 10 11
Energiegemeinschaften | Hintergrund und Methodik Energiegemeinschaften | Hintergrund und Methodik Methodik II Im zweiten Schritt wurden sieben bedeutende Pro- gieversorgung, Infrastruktur & Anlagen, Community Folgende Forschungsfragen wurden im Rahmen der In- jekte für eine vertiefende Analyse ausgewählt und leit- Management. Die Ergebnisse sind in den einzelnen Ab- terviews behandelt. fadengestützte ExpertInneninterviews mit Projekt- schnitten der Studie zusammengefasst. leiterInnen und ProjektmitarbeiterInnen zu folgenden • Wer sind die zentralen AkteurInnen und was sind Themenfeldern geführt: Organisation, Smarte Ener- ihre Rollen im Aufbau und Unterhalt der Energiege- meinschaften bzw. smarten (Stadt-)Quartiere? • Wie sind die Quartiere organisatorisch verankert (Gründung, Organisationsform, Rechtsform)? • Welche technischen Mittel zur Umsetzung kom- men zum Einsatz? (Anlagen- bzw. IT-Infrastruktur wie Software, Plattform, PV-Anlagen, Speicher etc.) • Welche Motivation steckt hinter der Beteiligung der NutzerInnen an diesen Gemeinschaften? Und wie funktionieren die Kooperationen soziopsycho- logisch, ökonomisch, politisch, etc.? • Wie wichtig ist der Community-Gedanke und wie intensiv wird er gefördert? Gibt es professionelle Community-Managementmaßnahmen, wie wirken sich diese aus und was sind die größten Heraus- Amsterdam forderungen? Landshut Steyr • Welche Erfolgsfaktoren und Hindernisse lassen Huttwil sich dabei identifizieren? Wien Walenstadt Évora © AIT 12 13
Energiegemeinschaften | Erfahrungen aus der Praxis Energiegemeinschaften | Erfahrungen aus der Praxis Erfahrungen aus der Praxis © Szabo Viktor 14 15
Wien, Österreich Projektlaufzeit: 2017 - offen Die Urban Pioneers Community ist ein gemeinsames eines der ersten Europas für Energiegemeinschaften. Innovations- und Forschungsprojekt von Wien Energie, Insgesamt nehmen etwa 100 Haushalte an diesem Pilot- Die Umsetzung war mit einigen Hürden verbunden. So dem größten regionalen Energieanbieter Österreichs, projekt Teil von denen 48 einen Forschungs-Stromtarif waren etwa Smart Meter derzeit noch nicht flächen- und dem Immobilienentwickler Value One bzw. der Vi- nutzen, während die anderen Testkunden Angebote, deckend ausgerollt, die eine mit ihren Messungen eine enna Contracting, deren Fokus auf Standortentwick- wie beispielsweise Internet oder Telekommunikations- grundlegende Voraussetzung moderner Stromtar- lung, Geschäftsentwicklung und Marketing liegt. Weit- dienstleistungen beziehen. if-Modelle darstellen. Auch schränken die bestehenden ere Partner aus Forschung und Industrie spielen in der rechtlichen Rahmenbedingungen die Möglichkeiten für Umsetzung spezialisiertere Rollen, insbesondere bei Energie und Technik innovative Entwicklungen oft ein, da das Projekt nicht Forschung und der technischen Umsetzung. Im Projekt wurden verschiedene, experimentelle mit den Freiheiten einer ‚Regulatory Sandbox‘ umge- Stromtarife entwickelt und getestet. Dazu gehören setzt werden konnte. Der Standort ist das Viertel Zwei, ein Stadterweiter- neben Tarifen, die von der Zeit der Nutzung oder dem ungsgebiet im zweiten Wiener Gemeindebezirk in di- Großmarktpreis abhängen, auch eine verbrauchsuna- Dennoch war über die gesamte bisherige Laufzeit das rekter Nachbarschaft zum Naherholungsgebiet Grüner bhängige Flatrate sowie Tarife, die eine Nutzung von Interesse und Engagement der teilnehmenden Pilot- Bewohnerin im Viertel Zwei Prater und dem Campus der Wirtschaftsuniversität Sonnenenergie ermöglichen. Dazu wurde eine lokale kundInnen ungebrochen hoch. Das zeigt das laufende © Wien Energie/Hofer Wien. Das Projekt wurde gleichzeitig mit dem Erstbe- PV-Anlage in das Projekt eingebunden und deren Pro- Feedback im Projekt ebenso wie die anhaltende Teil- zug der neuen Wohnungen gestartet und war damit von duktion anteilig auf alle KundInnen mit diesem Tarif nahmebereitschaft für die regelmäßig stattfindenden Anfang an ein Teil dieses Stadtquartiers. aufgeteilt. Workshops. In diesem längerfristig angelegten Vorhaben liegt der Um den Anteil der Eigennutzung des Sonnenstroms Fokus von Anfang an auf einem innovativen Zugang, bei zu erhöhen, wurde dieses Modell in einem Peer-to- dem die Expertise von Fachleuten aus verschiedenen Peer-Forschungsprojekt weiterentwickelt. Ein eigens beteiligten Organisationen genauso berücksichtigt entwickelter Algorithmus optimiert dabei die Energief- wird, wie das Wissen und die Bedürfnisse der teilneh- lüsse und sorgt dafür, dass ungenutzte Stromkontin- menden ‚Pioneers‘. In dieser praxisnahen Arbeitsweise gente innerhalb der Gemeinschaft gehandelt werden werden neben dem Thema Energie auch andere Bere- können. Dabei kommt auch ein im Viertel errichteter iche, wie Mobilität und Smart Living bearbeitet und Quartierspeicher zum Einsatz, der die Möglichkeiten Geschäftsmodelle, Services und Produkte entwickelt. der lokalen Nutzung des Solarstroms noch erweitert. In dieser gesamtheitlichen Betrachtung ist das Projekt Die vorgenommenen Transaktionen werden mittels Blockchain-Technologie gespeichert, um diese trans- parent und nachvollziehbar zu gestalten. Umsetzung und Rahmenbedingungen Für eine optimale Usability kommt ein eigenes User Interface zum Einsatz. Dieses bildet die Schnittstelle zwischen allen Beteiligten. Es ermöglicht den Nutze- rInnen Zugriff auf die verschiedenen Angebote, wie Veranstaltungen und das Bonuspunkteprogramm, In- formationen und Verbrauchsdaten in Echtzeit, ist aber gleichzeitig auch ein wichtiger Kommunikationskanal. Die Plattform wird in Abstimmung mit den NutzerInnen sowie den aktuellen Anforderungen im Projekt laufend weiterentwickelt und um Funktionalitäten ergänzt. Viertel Zwei PV Anlage Viertel Zwei Wohngebäude © Wien Energie © Wien Energie/Hofer 16 17
Energiegemeinschaften | Erfahrungen aus der Praxis Energiegemeinschaften | Erfahrungen aus der Praxis Walenstadt, Schweiz Steyr, Österreich Projektlaufzeit: 01.09.2017 - 31.03.2020 Projektlaufzeit: 01.04.2019 - 31.03.2022 (Pilotbetrieb von Januar 2019 bis Februar 2020) Das Demonstrationsprojekt „LEC Steyr - Entwicklung entwickelt. Durch den Betrieb der Energiegemeinschaft Im Quartier Schwemmiweg in Walenstadt haben sich Haushalt wurden 1-3 „SmartPIs“ (Smart Meter) ver- & Erprobung von Finanzierungs- und Geschäftsmo- soll sichergestellt werden, dass für alle beteiligten Mit- im Zuge des Forschungsprojektes „Quartierstrom“ 37 baut (ein Gerät zur Messung des Verbrauchs, bei Prosu- dellen einer Local Energy Community in der Stadtge- glieder ein wirtschaftlicher Vorteil resultiert. Parteien zu einem lokalen Strommarkt zusammenge- menten ein weiteres für die PV-Produktion und ggf. ein meinde Steyr” wird im Rahmen des Smart Cities Demo schlossen. Lokal produzierter Solarstrom soll drittes Gerät, wenn der Haushalt über eine Batterie ver- Förderprogramms durch den Klima- und Energiefonds Die Energiegemeinschaften sollen dazu beitragen, dass nicht mehr dem Stromversorgungsunterneh- fügt). Diese Geräte messen Stromverbrauch und -pro- gefördert. Das Projekt zielt darauf ab, Betreiber-, Finan- der Ausbau der Erneuerbaren in Steyr vorangetrieben men verkauft werden, sondern direkt im duktion und agieren als Schnittstelle zur Blockchain. zierungs- und Geschäftsmodelle für den Betrieb einer wird. Im Rahmen des Projektes ist es daher geplant, Quartier, zu einem Preis, der von Angebot und Über den SmartPI können die Haushalte miteinander erneuerbaren Energiegemeinschaft in der Industrie- mindestens 2.000 kWp an Photovoltaik in der Stadt zu Nachfrage bestimmt wird. Der Handel wird automatisch kommunizieren und Transaktionen ausführen. Im Pro- stadt Steyr zu entwickeln und im Realbetrieb zu errichten und mindestens zehn Mitglieder für die Ener- über eine Blockchain abgewickelt. 28 Teilnehmende jekt wird analysiert, welche Art von Blockchain sich für demonstrieren. Das Konzept wird für drei Anwendungs- giegemeinschaft zu lukrieren. haben eine eigene Solarstromanlage, neun sind reine einen lokalen Strommarkt eignet. felder entwickelt und in weiterer Folge erprobt: Konsumenten, darunter ein Alters- und Pflegeheim. Die Bewertung der entwickelten Tarif- und Betriebs- Über eine Web-Plattform können die teilnehmenden Verhalten und NutzerInnenakzeptanz • Stadtgut Steyr: Industrie- und Gewerbepark modelle für die erneuerbaren Energiegemeinschaften Haushalte ihre individuellen Kaufs- und Verkaufspreise Neben den technischen Aspekten beschäftigt sich das • Kommunale Gebäude (Kindergarten, Senioren- wird mittels techno-ökonomischer Simulationsmo- angeben: Betreiber von Solaranlagen bestimmen ihren Projektteam u.a. mit sozialwissenschaftlichen Fra- heim) delle durchgeführt. Für den Realbetrieb wird ein Monitor- minimalen Verkaufspreis, also zu welchen Bedingungen gestellungen zum Verhalten der Mitglieder und deren • Private Haushalte ing-Konzept entwickelt, welches ein begleitendes Mo- sie den überschüssigen Solarstrom im Quartier abge- Akzeptanz gegenüber dem innovativen Konzept: nitoring des Betriebs der Energiegemeinschaften er- ben wollen. Die Stromkonsumenten legen umgekehrt Welche Bedürfnisse an einen lokalen Strommarkt ha- In der Entwicklung spielt die Einbindung der potenziel- möglichen wird. Das begleitende Monitoring soll die den maximalen Einkaufspreis fest, also bis zu welchem ben die BesitzerInnen von Photovoltaikanlagen, und len zukünftigen Mitglieder der Energiegemeinschaft technischen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf- Preis sie Strom aus dem Quartier beziehen wollen. welche die StromkäuferInnen? Mit welchen Argument- eine wesentliche Rolle, da sie die Energiegemeinschaft zeigen (für NutzerInnen, Netz, Energiesystem etc.). en lassen sich potenzielle Marktteilnehmende überzeu- ausmachen und eine steuernde Funktion innehaben Außerdem werden die verschiedenen Betriebsar- Das Projekt wird im Rahmen des Pilot-, Demonstra- gen mitzumachen? Wie muss die Nutzeroberfläche der werden. Ausgehend von den bekannten rechtlichen ten und Zielgruppen (z. B. Gewerbe/Industrie, Ge- tions- und Leuchtturmprogramms vom Bundesamt für Handelsplattform konzipiert sein? Wie intensiv setzen Rahmenbedingungen werden die Bedürfnisse, An- meinde, Haushalte) wissenschaftlich analysiert sowie Energie BFE unterstützt und vom „Bits to Energy Lab sich die Teilnehmenden mit den dargestellten Informa- forderungen und Erwartungen der Stakeholder erar- Verbesserungs- bzw. Adaptierungsmaßnahmen erar- ETH Zürich“ geleitet. tionen auseinander? beitet und gemeinsam mit ihnen ein oder mehrere beitet. geeignete/s Modell/e für eine Energiegemeinschaft Blockchain und Technik Markt und Preisgestaltung Die Blockchain verbindet alle Teilnehmenden im loka- Die Mitglieder haben durch den direkten Handel len Strommarkt miteinander. In jedem teilnehmenden über die Blockchain die Möglichkeit, die Preise inner- halb des lokalen Marktes zu beeinflussen. Im Rahmen des Forschungsprojekts wird analysiert, in welchem Schwerpunkte LEC Steyr Ausmaß diese Einflussnahme sinnvoll ist und wie die Preisfindung mittels Algorithmen gelöst werden kann. Open Local Energy rations- Rechtliches und Rahmenbedingungen Innovation Communities Demonst betrieb Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Gründung einer Energiegemeinschaft ermöglichen, wird auch analysiert, wie die Marktverhältnisse ge- staltet sein müssen, damit sowohl Teilnehmende als auch externe Dienstleister einer Energiegemeinschaft Vorteile daraus ziehen können. Dementsprechend Co Creation Betriebs- + Testphase von Local werden Businesspläne erarbeitet und untersucht, unter + Partizipation Tarifmodelle Energy Communities welchen Bedingungen lokale Strommärkte aufgebaut Industrie- und Gewerbepark Stadtgut Steyr © eigene Darstellung nach [7] Quartier Schwemmiweg © [8] und betrieben werden können. © Maximilan Ehrengruber 18 19
Energiegemeinschaften | Erfahrungen aus der Praxis Energiegemeinschaften | Erfahrungen aus der Praxis Huttwil, Schweiz Projektlaufzeit: Start 2016 landshut, Deutschland (Baustart der Wohngebäude: Sommer/Herbst 2020) Projektlaufzeit: 2010 - 2014 Im Quartier Hohlen in Huttwil soll das erste eigen- Zur Deckung des Wärmebedarfs werden mit Hilfe Im Forschungsvorhaben „+Eins“ (Plusenergiesiedlung Zur Energieerzeugung wurden Photovoltaikanlagen auf ständige Energiequartier der Schweiz entstehen. Das von elektrischer Energie Wärmepumpen angetrie- Ludmilla-Wohnpark Landshut), das vom Bundesmi- den Dächern des Wohnparks, ein Blockheizkraftwerk Energiequartier wird als Eigenverbrauchsgemein- ben. Ein erweiterbarer 112-kWh-Batteriespeicher nisterium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert (BHKW), Wärmepumpen und eine Brennwerttherme schaft realisiert, die das Ziel verfolgt, den Strom- bzw. sorgt dafür, dass ein möglichst hoher Anteil der selbst wurde, entstand auf einer Industriebrache eine Wohn- als Spitzenlastkessel eingesetzt. Als Wärmespeicher Wärmebedarf durch die Eigenerzeugung im Quartier zu produzierten Energie im Quartier verbraucht werden siedlung (Ludmilla-Wohnpark-Landshut) mit mehr als dient ein 10.000 Liter Wasser-Pufferspeicher. Der nicht decken. kann und Bezugsspitzen aus dem Netz ausgeglichen 180 Wohneinheiten in Plusenergie-Bauweise. Dabei im Wohnpark verbrauchte Strom aus den PV-Anlagen werden. Außerdem wird ein E-Carsharing System wurde das primäre Ziel verfolgt, neue Erkenntnisse über und dem BHKW wird in das öffentliche Stromnetz ge- Das Energiequartier Hohlen umfasst 7 Mehrfamilien- etabliert, das den BewohnerInnen des Quartiers die Plusenergiesiedlungen in der realen Umsetzung zu ge- speist. häuser mit 76 Eigentumswohnungen, 12 Einfamilien- Nutzung von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln winnen und Aussagen zum effizienten Betrieb bzw. zum häuser und 6 Doppeleinfamilienhäuser. Hierbei sollen ermöglicht. Die noch benötigte bzw. überschüssige NutzerInnenverhalten treffen zu können. Durch inten- Im Rahmen des Projekts und den gewonnen Erkennt- alle Gebäude im Quartier mittels Photovoltaikmodulen Energie wird letztendlich über einen Anschluss der sives Monitoring wurde festgestellt, dass die NutzerIn- nissen hat sich gezeigt, dass eine positive Energiebi- elektrische Energie erzeugen, welche mit Hilfe eines Energiegemeinschaft an das öffentliche Netz bezogen nen einen erheblichen Einfluss auf den Nutzenergiebe- lanz für Siedlungen und Quartiere aus ökologischer, elektrischen Netzes innerhalb der Energiegemeinschaft bzw. abgegeben. darf haben. ökonomischer und technischer Sicht nicht zwingend verteilt und genutzt werden soll. 22 individuell auf den einzig zielführenden Weg darstellt. Essentiell die einzelnen Dachflächen ausgelegte Photovoltaik- ist die Ermittlung von Eigenversorgungspotentialen Systeme und dazu 580 Meter SOLEa-Balkongeländer sowie die Abstimmung erforderlicher Maßnahmen in produzieren jährlich 464.000 kWh Solarstrom. einer frühen Projektphase. [10] Energieverbund des Ludmilla-Wohnparks © Dr. Volker Stockinger Energiequartier Hohlen © [9] Luftaufnahme © Ludmilla Wohnbau GmbH Lageplan © Ludmilla Wohnbau GmbH 20 21
Energiegemeinschaften | Erfahrungen aus der Praxis Energiegemeinschaften | Erfahrungen aus der Praxis Amsterdam, Die Niederlande Évora, Portugal Projektlaufzeit: 01.11.2019 - 31.10.2024 Projektlaufzeit: 01.10.2019 - 30.09.2024 Amsterdam, die größte Stadt der Niederlande, setzt Beteiligten, dass die beiden Baublöcke des Plusener- Évora ist eine in der portugiesischen Region Energias de Portugal (EDP), Portugals größtes Ener- im Rahmen des europäischen Smart City Lighthouse giequartiers zu wenig TeilnehmerInnen für eine funk- Alentejo gelegene Stadt mit rund 57.000 EinwohnerIn- gieversorgungsunternehmen, sowie die Stadt Évora. Projekts ATELIER ein Plusenergiequartier und eine tionsfähige Erneuerbare Energiegemeinschaft auf- nen, deren historisches Zentrum zum Weltkulturerbe Außerdem sind verschiedene lokale Industriepartner Erneuerbare Energiegemeinschaft im Norden des weisen. Derzeit wird diskutiert, ob die Erneuerbare En- gehört. Die Stadt arbeitet seit vielen Jahren an inno- in das Projekt eingebunden. Am Ende des Projekts soll Stadtgebiets um. Dieses umfasst zwei Baublöcke mit ergiegemeinschaft auf der Stadtteil- oder einer anderen vativen Energielösungen und war der erste Smart Grid ein tragfähiges Geschäftsmodell für Plusenergiequar- insgesamt 22.000m² Geschossfläche. Die Baublöcke großräumigen Ebenen organisiert wird. Auch die zu- Demonstrator auf der iberischen Halbinsel. Die Stadt tiere vorliegen. Aus Verteilnetzbetreibersicht können sollen zwischen den Jahren 2020 und 2022 realisiert künftige Rechtsform ist noch unklar. Da es in den Nied- ist Partner im europäischen Smart City Lighthouse Pro- durch die neu geschaffene Flexibilität beim zukünftigen werden. erlanden noch keine Rechtsgrundlage gibt, wird derzeit jekt POCITYF und entwickelt im Rahmen dieses Pro- Netzausbau Kosten vermieden werden. Aus Energie- eine Sonderregulierungszone geplant, die den Handel jekts drei Plusenergiequartiere. Darüber hinaus ist der dienstleistersicht wird eine Optimierung des Portfoli- Wesentliche Komponenten des Plusenergiequar- von Energie zwischen den verschiedenen Beteiligten Aufbau einer Erneuerbaren Energiegemeinschaft in os ermöglicht. Kosten lassen sich dadurch einsparen, tiers sind sehr ambitionierte Energiestandards, ge- ermöglichen soll. Vorschläge für die Ausgestaltung der Vorbereitung. Die drei geplanten Plusenergiequartiere dass der Zukauf von Energie bei Lastspitzen vermieden bäudeintegrierte PV-Anlagen, Batteriespeichersy- Erneuerbaren Energiegemeinschaft sollen im Rahmen weisen unterschiedliche Strukturen auf: werden kann. Die gesammelten Daten auf der digitalen steme, Wärmegewinnung aus Abwasser und Elektro- des Smart City Lighthouse Projekts ATELIER erarbeitet Plattform sollen es erleichtern, Ausschreibungen für mobilität. Derzeit wird geprüft, ob zusätzlich Klein- werden. • Das Stadtzentrum, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. bestimmte Anlagen wie z.B. die oben erwähnte Frei- • Valverde ist ein kleines Dorf auf dem Land: etwa 450 EinwohnerIn- windkraftanlagen realisiert werden können. flächensolaranlage vorzubereiten und InvestoreInnen nen und 200 Gebäude, die alle an das öffentliche Stromnetz ange- Die Infrastruktur für die Erzeugung und Speicherung von schlossen sind. zu gewinnen. Die Energiedienstleistungen der Erneuerbaren Ener- erneuerbarer Energie wird sich nach gegenwärtigemWis- • Industrie- und Gewerbegebiet: ausgestattet mit den mo- giegemeinschaft sollen die Bereitstellung von Strom senstand im Eigentum der GebäudeeigentümerInnen dernsten IKT-Infrastrukturen (z.B. Datenzentren) mit einer In Portugal gibt es bereits eine Rechtsgrundlage für Er- und Wärme, Energiemanagement, Energiespeicherung befinden. Für das Energiemanagement wird es eine di- Fläche von 8.900 m² (Science- und Technology Park als Demo- neuerbare Energiegemeinschaften, allerdings sind nach Gebäude); und ein Gewerbegebiet mit 3.833m² und Elektromobilität umfassen. gitale Plattform geben, die von verschiedenen lokalen Aussage von EDP noch manche für die Umsetzung re- IT-Firmen entwickelt wird. Für den Energiehandel soll Die Energieerzeugung beruht auf mehreren Photo- levante Fragen offen, weshalb die Rechtsform Das Projekt wurde von der Stadt Amsterdam initiiert, auch die Blockchain-Technologie zum Einsatz kommen. voltaik-Anlagen unterschiedlicher Größe. Eine Frei- und die mögichen Beteiligten erst im Rahmen die in diesem Projekt beispielhaft demonstrieren will, Das künftige Geschäftsmodell soll ebenfalls im Rahmen flächensolaranlage mit einer Kapazität von 5MW soll des laufenden Projekts bestimmt werden. wie ambitionierte städtische Klimaschutzziele erre- des Projekts entwickelt werden. Derzeit agiert das Pro- auf einem stadtnahgelegenen öffentlichen Grundstück Bereits klar ist, dass die Infrastrukturen unter- icht werden können. Die Einbindung eines Energiever- jekt gemeinwohl- und nicht gewinnorientiert. errichtet und Teil einer virtuellen Energiegemein- schiedlichen EigentümerInnen gehören werden. sorgungsunternehmens und ggf. eines Netzbetreibers schaft werden. Die BewohnerInnen Évoras werden die Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Umset- soll im Laufe des Projekts erfolgen. Amsterdam-Nord ist ein Stadtteil mit einer wohlhaben- Möglichkeit haben, Anteile an der Freiflächensolaran- zung der Plusenergiequartiere sehr herausfordernd ist, den und gut ausgebildeten Bewohnerschaft. Dies er- lage zu erwerben. Darüber hinaus sollen verschiedene weil neben technischen und ökonomischen Themen Das Plusenergiequartier soll Teil einer Erneuerbaren leichtert es aus Sicht der Projektleitung, die Bewohner- gebäudeintegrierte Solaranlagen errichtet werden auch Fragestellungen der Energiemarktregulierung, Energiegemeinschaft werden, wobei derzeit nicht klar Innen aktiv in das Projekt einzubinden. Diese frühzeitige sowie Batteriespeicher und mehrere Ladestationen für der Interoperabilität und des Denkmalschutzes gelöst ist, wie diese genau abgegrenzt werden soll. Klar ist den Einbindung wird als Grundvoraussetzung für den Pro- Elektrofahrzeuge, die auch bidirektionales Laden er- werden müssen. Die frühzeitige Einbindung aller re- jekterfolg angesehen. möglichen. Ziel des Projektes ist es, den Energiehandel levantenAkteurInnen sind aus Sicht von EDP erforderlich, (Peer-to-Peer) zwischen den beteiligten Haushalten, um Erneuerbare Energiegemeinschaften und Plusener- GebäudeeigentümerInnen und Unternehmen er- giequartiere erfolgreich zu realisieren. möglichen und zu erreichen, dass die drei Plusener- giequartiere über das Jahr betrachtet im Durchschnitt mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. Zentral- er Bestandteil ist daher die Entwicklung einer digi- talen Energiehandelsplattform, um mithilfe eines to- ken-basierten Anreizsystems zur aktiven Beteiligung am Energiehandel zu motivieren. Haushalte, die sich besonders intensiv beteiligen, werden Preise gewin- Plusenergiequartier Amsterdam © www.smartcity-atelier.eu Panorama von Evora © www.wikipedia.org nen können. Die treibende Kraft hinter dem Projekt ist 22 23
Energiegemeinschaften | Ergebnisse Energiegemeinschaften | Ergebnisse Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung In diesem Kapitel werden die wichtigsten Ergebnisse aus den Fallstudien überblicksartig zusammengefasst. Es gliedert sich in die Punkte: • Organisatorischer Rahmen • Smarte Energieversorgung • Infrastruktur • Sozialwissenschaftliche Perspektive © Diego PH 24 25
Energiegemeinschaften | Ergebnisse Energiegemeinschaften | Ergebnisse Organisatorischer Rahmen für Erneuerbare Energiegemeinschaften Die Umsetzung einer Energiegemeinschaft erfordert Gründung Rechtsform Letztendlich wird die Rechtsform von der innerstaat- umfangreiche Vorarbeiten und bedarf einer langfristi- Damit eine koordinierte Vorgehensweise gewährleistet Erneuerbare Energiegemeinschaften können unter- lichen Umsetzung der europäischen bzw. nationalen gen Planung. Neben der Definition der Ziele bzw. der werden kann, braucht es einen „Kümmerer“, der von schiedliche Rechtsformen haben. Sie können beispiels- Richtlinien abhängen bzw. von den jeweiligen loka- Art der Energiegemeinschaft (Erneuerbare Energiege- Beginn an involviert ist, die Schritte koordiniert und weise als Verein, als Genossenschaft oder als GmbH or- len Bedürfnissen, Haftungsfragen sowie Rechten und meinschaft, Bürgerenergiegemeinschaft) ist ein erster mögliche Teilnehmende aktiv mobilisiert. ganisiert sein. Pflichten der Teilnehmenden. Insbesondere sollten sich wichtiger Meilenstein die Mobilisierung der Teilneh- Energiegemeinschaften als Verein oder Genossenschaft menden und Klärung deren Konstellation (Produzent- Die organisatorischen Ausgestaltungen von Ener- organisieren können, aber auch als GmbH. en, Konsumenten, Prosumer). Darauf aufbauend folgt Gemeinsamkeit aller Projekte: giegemeinschaften können aufgrund unterschiedlicher die Wahl bzw. Gründung einer geeigneten Rechtsform innovative Kümmerer wie z.B. Rechtsformen, Zusammensetzung der Mitglieder und Verwaltung und mögliche Mitglieder und die Vertragserstellung zwischen den Teilnehmen- damit einhergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen An einer Energiegemeinschaft können natürliche Per- den. • (Forschungs-)ProjektleiterIn sehr unterschiedlich sein. sonen, lokale Behörden einschließlich Gemeinden oder • Bauträger KMU teilnehmen. Die Teilnahme ist offen und basiert • städtische Verwaltung In der Schweiz gibt es ebenfalls die Möglichkeit selbst auf freiwilliger Beteiligung. Innerhalb einer Energiege- • BürgerInnen produzierten Strom lokal zu verbrauchen über einen meinschaft sollen die Mitglieder über einen Betreiber • EVUs vertraglichen Zusammenschluss mehrerer Endver- verwaltet werden. braucher, den sog. „Zusammenschluss zum Eigenver- Damit InitiatorInnen und Teilnehmende vor Gründung brauch (ZEV)“. Energiegemeinschaften sind nach dem Grundsatz der einer Energiegemeinschaft nicht durch einen hohen Gemeinnützigkeit ausgelegt, ihr Ziel besteht darin, Mit den ab 1.1.2018 gültigen Regelungen im Energiege- ihren Mitgliedern ökologische, wirtschaftliche oder so- bürokratischen Aufwand abgeschreckt werden, sollten setz (EnG) bzw. der Energieverordnung (EnV), Art. 16 zialgemeinschaftliche Vorteile zu bringen [13]. die Gründung sowie die Teilnahme an einer Energiege- ff. EnG und Art. 14 ff. EnV wurde das neue Instrument meinschaft so einfach wie möglich gestaltet und kom- eingeführt, durch das der gemeinsame Eigenverbrauch EVUs können für Energiegemeinschaften als Dienst- plexe Einstiegshürden vermieden werden. von Solarstrom explizit geregelt wird [11]. Damit wird leister tätig werden, indem sie beispielsweise im ermöglicht, dass sich nicht nur Mehrfamilienhäuser, Gründungsprozess unterstützen, Systeme zur Visual- Die praktische Umsetzung eines als Forschungsvor- sondern auch mehrere aneinandergrenzende Grund- isierung von Energieverbräuchen entwickeln, PV-An- haben gestarteten Projektes wurde bei einigen Pra- stücke zusammenschließen und gegenüber dem En- lagen-Konzepte aufsetzen und die Infrastruktur instal- xis-Beispielen als besondere Herausforderung her- ergieversorgungsunternehmen als ein einziger Kunde/ lieren oder die Abrechnungsprozesse übernehmen. Als vorgehoben, da es speziell bei der Umsetzung in eine Endverbraucher auftreten können. Für die Gründung Abnehmer von Überschussstrom, der nicht innerhalb wirtschaftlich verwertbare Gemeinschaft engagierte eines ZEV muss die Solarproduktion der PV-Anlage der Gemeinschaft verbraucht werden kann, spielen AkteurInnen braucht, die die Initiative übernehmen, mind. 10% der maximalen Netzanschlusskapazität EVUs ebenfalls eine große Rolle. um ein langwährendes Bestehen der Gemeinschaft zu betragen. Wenn die EVG mehr als 100.000 Kilowatt- gewährleisten. stunden pro Jahr verbraucht, kann die Gemeinschaft den Reststrom am freien Strommarkt einkaufen. So profitieren MieterInnen sowohl beim Solarstrom als auch beim Strom aus dem Netz von günstigen Preisen. In Gesetz und Verordnung wird die Wahl der Rechtsform für den ZEV offengelassen. Am häufig- sten ist jedoch die „einfache Gesellschaft“ verbrei- tet [12]. Im Leitfaden Eigenverbrauch [11] wird für den Zusammenschluss von GrundeigentümerInnen die Lösung über einen Dienstbarkeitsvertrag mit entspre- chendem Reglement und für den Zusammenschluss von GrundeigentümerInnen und MieterInnen eine miet- vertragliche Lösung vorgeschlagen. 26 27
Energiegemeinschaften | Ergebnisse Energiegemeinschaften | Ergebnisse Smarte Energiever- sorgung für Erneuerbare Energiegemeinschaften Zukunftsträchtige Energiekonzepte verfolgen das Ziel, Energieinfrastruktur Energiedienstleistungen Flexibilisierung durch Lastmanagement lokal Energie zu erzeugen und zu verbrauchen, um die Als Energieerzeugungssysteme der Energiegemein- Als Hauptservice für jedes Mitglied einer Energiege- Der Einsatz von Lastausgleichsspeichern in Form von Effizienz zu erhöhen und Abhängigkeiten von fossilen schaften werden bei den betrachteten Beispielen aus meinschaft gilt der Energieaustausch bzw. Peer-to- Akkumulatoren beziehungsweise die Ein- und Aus- Brennstoffen aus externen Quellen zu minimieren und der Praxis hauptsächlich dezentrale Photovoltaikanla- Peer Handel von Strom, was z.B. über einen Energie- schaltung von Verbrauchern (Demand Side Manage- somit CO2-Emissionen zu vermeiden. Die Eigenver- gen zur Gewinnung von Strom, welcher innerhalb der contractor oder über den direkten aktiven Handel der ment) ist Teil des Lastmanagements der untersuchten sorgung von Quartieren aus lokal verfügbaren Ener- Energiegemeinschaft verteilt und gehandelt wird, ver- Teilnehmenden untereinander erfolgen kann. Außer- Energiequartiere. Das Ziel des Lastmanagements sind gieressourcen kann aber in der Regel nicht aus- wendet. PV-Anlagen haben den großen Vorteil, dass die dem gibt es Energiequartiere, in denen im Sinne eines tiefe elektrische Monatsspitzen und niedrige netz- schließlich durch mit auf Dächern installierten So- Sonne als Energiequelle keine Kosten verursacht und „Gesamtpakets“ den Mitgliedern zusätzlich Wärme und seitige Energiekosten. Als Beispiel des Demand Side laranlagen gewährleistet werden. Zusätzliche Ener- während ihres Betriebs keine Treibhausgase, kein Lärm Kälte durch den Contractor angeboten und verrechnet Managements können Wärmepumpen, die zur Deckung giequellen und eine intelligente Vernetzung der An- und keine Schadstoffe emittiert werden. Der Haupt- wird. Eine weitere Möglichkeit, die zur Erhöhung des des Wärmebedarfs vom Contractor installiert wurden, lagen sind erforderlich, um den Bedarf auch in Zeiten nachteil dieser Art des Systems ist die Volatilität der Energieeigenverbrauchs beiträgt, ist die Einbindung in gestaffelter Reihenfolge eingesetzt werden. Die geringer Produktion in der Nacht oder bei schlechtem Energiequelle an bewölkten Tagen sowie in der Nacht, von E-Mobilitätskonzepten im Quartier/in der Gemein- Staffelung des Einsatzes der Wärmepumpen verringert Wetter abzudecken. Dezentrale Erzeugungsanlagen was dazu führt, dass sich die Zeiten hoher Energie- schaft in Form von Elektroautos, die im Zuge eines Car- durch das nicht gleichzeitige Auftreten der elektrischen spielen dabei eine sehr wichtige Rolle. Durch die Er- nachfrage nicht mit jenen decken, an denen viel Energie Sharing-Systems miteinander genutzt werden können Anlaufspitzen die Belastung des elektrischen Netzes. richtung zusammenhängender kleiner und mittlerer produziert wird. Aus diesem Grund ist bei der Nutzung und zumeist im Eigentum des Contractors sind. Als weitere Flexibilität des Demand Side Managements Erzeugungsanlagen sowie Speichersysteme kann eine einer PV-Anlage ein Anschluss einer Energiegemein- werden in Energiequartieren E-Ladestationen je nach flexible Versorgung gewährleistet und der Eigenver- schaft beziehungsweise eines Quartiers an das öffent- Beim europäischen „Smart City Lighthouse“-Pro- Netzzustand ein- beziehungsweise ausgeschalten. brauch optimiert werden. liche Stromnetz notwendig, was auch in den meisten jekt in Évora wird im Zuge des Projekts POCITYF das Bei einem Energiequartier mit unterschiedlichen untersuchten Beispielen realisiert wurde. Zur Erhöhung Modell Vehicle-to-Grid getestet. Vehicle-to-Grid er- Nutzungsstrukturen (Haushalte, Industrie, Gew- Durch die Unterstützung des jeweils regionalen En- des Eigenverbrauchsanteils eines Quartiers können möglicht, dass ein Elektroauto als elektrischer Speicher erbe, etc.) ist es möglich, dass Flexibilitäten beim ergieversorgungsunternehmens an ein öffentliches Lastausgleichspeicher in Form von beispielsweise Ak- dient, der bei Engpässen im Stromnetz als Einspeiser Lastmanagement bei Bereitschaft bei Industrien bezie- Netz, um Bedarfsspitzen auszugleichen und Eng- kumulatoren oder andere nicht volatile Erzeugungssys- dient. Hierzu wird in Évora eine intelligente E-Lade- hungsweise Gewerbebetrieben abrufbar sind. Diese pässe abzufedern, können Energiegemeinschaften teme, wie zum Beispiel ein Blockheizkraftwerk (BHKW), station installiert, die im Ladezustand die elektrischen Flexibilisierung kann beispielsweise im Industriesektor zur Netzstabilität beitragen und die Energiesicher- eingesetzt werden. Die Energieverbrauchsmessung Fahrzeuge mit Strom aus PV- Anlagen versorgt und bi- bei einem Überschuss an elektrischer Energie im Netz heit vor Ort stärken. Die notwendigen Investitionen für beziehungsweise die Messung der Energieerzeugung direktional, je nach Netzzustand, E-Autos mit Strom zu einer höheren Produktion führen. weitere Anlagen zum Aufbau eines smarten Energiever- wird in allen untersuchten Beispielen über Smart Me- auflädt oder den Strom aus den Fahrzeugen in das elek- sorgungssystems können in einer Energiegemeinschaft ter realisiert. Zur Deckung des Wärmebedarfs werden trische Netz speist. Dies stellt auch einen Teil des Last- auf die Teilnehmenden aufgeteilt werden. oftmals strombetriebene Anlagen wie Wärmepumpen managements dar, da Leistungsspitzen im elektrischen eingesetzt. Dies hat den Vorteil, dass bei einem Über- Netz dadurch verringert werden. Über eine Energiema- schuss an elektrischem Strom im lokalen Netz die elek- nagement-Plattform wird die Steuerung der E-Ladesta- trische Energie genutzt werden kann und somit der tion durchgeführt [14]. Eigenverbrauchsanteil steigt. 28 29
Energiegemeinschaften | Ergebnisse Energiegemeinschaften | Ergebnisse Tarif- und Geschäftsmodelle Das Binnenverhältnis der erneuerbaren Energiege- meinschaft (betrifft auch die Tarif- und Geschäftsmo- delle) kann in den untersuchten Beispielen weitgehend frei gestaltet werden. Die Gemeinsamkeit aller unter- suchten Energiegemeinschaften ist, dass die Tarif- und } Einspraung Mitglieder Geschäftsmodelle nicht gewinnorientiert, sondern ge- meinwohlorientiert gestaltet sind. Ziel ist es, die Strom- tarife innerhalb eines Energiequartiers geringer als den Energie + Grundgebühr Markttarif des lokalen Energieversorgungsunterneh- mens zu gestalten. Spielraum e-Ge Arbeitspreis Einer der untersuchten Erneuerbaren Energiegemein- schaften verfolgt den Delta-Tarif-Ansatz [15]. Die Mitglieder bekommen den Strom aus der Energiege- meinschaft um einen gewissen Betrag (Delta-Tarif) E-Ge Arbeitspreis günstiger als von ihrem regulär bestehenden Energie- lieferanten. Dieser Energietarif enthält, wie der Benchmark-Tarif des lokalen Energieversorgungs- 0 - 12,87 cent/kWh unternehmens, Netzgebühren, Abgaben und Steuern. 23,4 cent/kWh Wenn die Mitglieder als Energieerzeuger agieren, er- halten diese einen Stromtarif, der um einen gewissen Netz Betrag (Delta-Tarif) höher ist als der Tarif des regulären Abnehmers ihres Überschusses. Die Energiegemein- schaft generiert Einnahmen durch den Verkauf der Ener- gie an die Mitglieder. Bei Abnahme eines Überschusses von Mitgliedern, sind die Kosten dafür den Einnahmen Netz Netz gegenüberzustellen. In der folgenden Abbildung ist das Tarifmodell im Vergleich zum Benchmark-Tarif des En- Steuern und Abgaben ergieversorgungsunternehmens dargestellt. Steuern und Steuern und Abgaben Abgaben Bedarfstarif inkl. Möglichkeiten der Delta-Tarif = 4 cent/kWh aller Fixkosten etc. Tarifgestaltung in bezogen auf den einer e-Ge Verbrauch © eigene Darstellung nach [13] 30 31
Energiegemeinschaften | Ergebnisse Energiegemeinschaften | Ergebnisse Ein weiteres Tarifmodell ist das Contracting. Der Con- Bei einem weiteren Tarifmodell (Bottom-up-Netztarif) Kritische Größe tractor einer Energiegemeinschaft bietet den Mit- der Energiequartiere zahlen die Prosumer als Teilneh- Wie im Fallbeispiel Amsterdam erwähnt, scheint es gliedern die Dienstleistungen Strom und Wärme als mende der Energiegemeinschaft einen ermäßigten für Erneuerbare Energiegemeinschaften eine kritische Gesamtpaket an und verrechnet einen Gesamtpreis je Tarif für die Netznutzung, wenn der erzeugte Strom Mindestgröße zu geben. Hierauf deutet auch eine wis- nach Energieverbrauch und Zusatzverträgen, wo unter an andere Teilnehmende verkauft wird, die sich auf der senschaftliche Studie hin: anderem zusätzliche Dienstleistungen wie E-Mobilität gleichen Netz-Spannungsebene befinden. Bei diesem verrechnet werden. In der Abbildung unten sind die Be- Tarifmodell konnte der minimale Verkaufspreis und der Ein bereits in Simulationen untersuchtes Beispiel stellt standteile des Contracting-Modells dargestellt. maximale Einkaufspreis von den Teilnehmenden selbst eine erneuerbare Energiegemeinschaft, die als Verein festgelegt werden. Aus dem Mittelwert dieser Preise gegründet ist, dar. Dabei wurden laufende Kosten für Das Preismodell Contracting setzt sich aus Fixkosten und ergibt sich der tatsächliche Stromtarif der Energiege- Kontoführung und Haftpflichtversicherung zugrunde variablen Kosten wie dem Energiepreis und den Kosten meinschaft. Die Grundidee dieses Modells ist, dass die gelegt. Diese wurden in Summe mit 180 € festgelegt. für Zusatzverträge zusammen. Die Fixkosten werden Käufer beziehungsweise Verkäufer Mitspracherecht bei Für die Mitglieder der Energiegemeinschaft wurde allen Mitgliedern zum gleichen Preis verrechnet und der Stromtarifgestaltung haben sollen. Eine Analyse angenommen, dass 0,5 € pro Monat an Kosten für die beinhalten unter anderem die Kapitalkosten mit Ver- der Preisgestaltung eines Beispiels aus der Praxis hat Messung und Verrechnung durch den Netzbetreiber zinsung und die Kosten fürs Risiko (=Grundpreis für die ergeben, dass durch dieses Tarifmodell weniger als 10% anfallen. Die Berechnungen ergaben, dass für die Finanzierung), den Grundpreis für die Betriebsführung der Stromangebote über dem Benchmark-Stromtarif Schaffung einer Energiegemeinschaft von 10 Mitglie- und die Gestehungskosten der Energieanlagen. Der lagen, obwohl viele in vorangegangenen Befragungen dern (100% Haushalte) kaum wirtschaftliche Anreize Energiepreis ist je nach Verbrauch der Mitglieder der ihre Bereitschaft angegeben hatten, mehr für lokalen bestehen, da nur bei wenigen Teilnehmern die Be- Energiegemeinschaft variabel. Die Kosten für Zusatz- Solarstrom zu zahlen [16]. triebskosten (Aufwand) geringer als der wirtschaftliche verträge sind je nach Bedürfnis der Teilnehmenden (z.B. Nutzen (Gewinn) sind. Anders verhält sich die Situation Nutzung einer E- Ladestation) optional und müssen bei gemischten Energiegemeinschaften mit höheren nicht angenommen werden. innergemeinschaftlichen Verbräuchen, hier gibt es sehr wohl wirtschaftliche Anreize, jedoch verteilen sich diese aufgrund der heterogenen Verbrauchsstruktur sehr un- gleich auf die Energiegemeinschaftsmitglieder [15]. Grundpreis für Grundpreis für Gestehungs- die Finanzierung + die Betriebsführung + Energiepreis (variabel) + kosten Energieanlage + Kosten für Zusatzverträge (variabel) = GESAMTPREIS (fix) (fix) (fix) © AIT 32 33
Energiegemeinschaften | Ergebnisse Energiegemeinschaften | Ergebnisse Infrastruktur (Anlagen & IT) Eigenstumsverhältnisse Vergleich zur Vergabe an einen externen Dienstleister, Blockchain Zählerinfrastruktur installiert wurden. Trotz der fortge- Bei den Eigentumsverhältnissen werden in den unter- eine organisationsinterne Abrechnung kostengünstiger Die Energiewende erfordert Kommunikation – schrittenen Smart Meter Infrastruktur waren erhebliche suchten Energiequartieren unterschiedliche Modelle ist. Die Übermittlung der Abrechnung an die Mitglieder sowohl zwischen einzelnen AkteurInnen als auch aus Anstrengungen erforderlich, um die Fehleranfälligkeit verfolgt: erfolgte in den Beispielen per Post, E-Mail oder über technischer Perspektive, um die nötige Interaktion zu minimieren, die Datenbereitstellung zu gewährleis- eine digitale Applikation. zwischen Erzeugern, Konsumenten, Prosumern und ten und eine stabile Kommunikation zwischen den In einem Modell befindet sich die Energieinfrastruktur der technischen Anlageninfrastruktur zu gewährleisten. eingesetzten intelligenten Zählern aufrechtzuerhalten, im Besitz der GebäudeeigentümerInnen. Die Energiein- Digitale Plattformen Blockchain-basierte Systeme machen diese Interak- wodurch sich der Aufwand für die Wartung erheblich frastruktur beinhaltet ein Energiesystem, zumeist ther- In den meisten untersuchten Energieverbrauchs- tionen möglich mit dem Vorteil, dass Zwischenhändler höher gestaltete als erwartet [18]. mische beziehungsweise elektrische Energiespeicher gemeinschaften wird eine digitale Plattform verwen- wegfallen. Es muss keine dritte Partei involviert werden und Smart Meter zur Energieverbrauchsmessung. Die det. Diese dient in erster Linie zur Visualisierung der und Transaktionen können somit direkt abgehandelt Das Projekt zeigt die Machbarkeit einer block- Energiesysteme in den Energiequartieren bestehen aus Energieverbräuche der Mitglieder des Energiequartiers, werden. chain-basierten Lösung für lokale Energiemärkte, elektrischen Energieanlagen in Form von zum Beispiel wodurch einerseits eine bessere Nachvollziehbarkeit gleichzeitig muss aber auch der Nutzen dem hohen einer PV-Anlage und aus thermischen Energieanlagen in und Dokumentation gewährleistet wird, andererseits In Walenstadt hat das Projektteam von „Quar- Aufwand in der Entwicklung im Betrieb der Infrastruk- Form von zum Beispiel dezentralen Wärmepumpen. Des aber auch ein Anreiz zum Energiesparen geschaffen tierstrom“ gemeinsam mit dem lokalen Energiever- tur gegenübergestellt und abgewogen werden. Auch Weiteren bieten manche Energiequartiere als Energie- wird, in dem die NutzerInnen die (aggregierten und sorgungsunternehmen EW Walenstadt den ersten aufgrund der Tatsache, dass im Projektgebiet bezie- infrastruktur eine E-Ladestation für E-Mobilität an, die anonymisierten) Verbräuche ihrer Nachbarn einsehen Peer-to-Peer-Energiemarkt der Schweiz auf der Basis hungsweise allgemein in der Schweiz ein hohes Ver- im Eigentum des Energiecontractors ist. Bei den Mehr- können und somit eine gewisse Wettbewerbssituation der Blockchain-Technologie entwickelt. Da keine ge- trauen gegenüber dem Energieversorgungsunterneh- familienhäusern werden die Kosten der Energieinfras- entstehen kann. Neben den personalisierten Energie- eignete marktreife Hardware-Lösung für das Quar- men besteht und somit keine Bedenken bestehen, truktur anteilsmäßig auf die BewohnerInnen aufgeteilt. verbräuchen eines einzelnen Teilnehmenden, kann auch tierstrom-System verfügbar war, realisierte das Team wenn mehrere Parteien involviert sind, ist der Einsatz Die Kosten der Infrastruktur auf kommunalen Ge- der quartiersinterne Eigenverbrauchsanteil und der En- eine selbstentwickelte prototypische Hardwarelösung einer Blockchain zu überlegen. Auch in Amsterdam ist bäuden werden durch die Stadt beziehungsweise Ge- ergiebezug aus dem öffentlichen Stromnetz dargestellt und dafür geeignete Steuerung. Sie bestand aus in- ein Einsatz von Blockchain-Technologie geplant. meinde übernommen. Bei einem anderen Modell werden. Im Energiequartier Huttwil ist auch beispiels- telligenten Zählern, die zusätzlich zur bestehenden befindet sich die Energieinfrastruktur im Besitz des weise geplant, eine digitale Plattform, zum Beispiel Energiecontractors, der den TeilnehmerInnen der Ener- eine QR- App, zu nutzen, auf der die Teilnehmenden ihre giegemeinschaft somit ein Gesamtpaket an Dienstleis- Rechnungen abrufen können. Dies ist jedoch noch in tungen (Strom, Wärme und E-Mobilität) anbieten kann. der Erprobungsphase, da viele Teilnehmende aufgrund geringer Kenntnisse in der Bedienung von Online-Ap- Abrechnung plikationen Schwierigkeiten bei der Nutzung haben. Als Basis für die Abrechnung werden in den untersuch- ten Beispielen die gemessenen Energieflüsse (Ener- In jenen Energiegemeinschaften, die ihren Strom über gieverbrauch und Energieeinspeisung), die bei den un- Peer-to-Peer-Handel eigenständig verkaufen, ist eine tersuchten Energiegemeinschaften über Smart Meter digitale Plattform nicht nur zur Visualisierung der En- erfasst werden, herangezogen. Die Abrechnung erfolgt ergieflüsse, sondern insbesondere auch zur Festlegung entweder organisationsintern und wird innerhalb ein- der Ein- und Verkaufspreise notwendig. Als digitale er Energiegemeinschaft durch mehrere Teilnehmende Plattformen werden Online-Dashboards sowie andere (z.B. Verein/Genossenschaft/Personengesellschaft) Applikationen in Form von Apps, die über Smartphones beziehungsweise durch einen Teilnehmenden (z.B. und PCs aufgerufen werden können, genutzt. Die Apps Rechtsperson der EG) durchgeführt oder erfolgt über wurden in den untersuchten Energiegemeinschaften die Vergabe an einen externen Dienstleister. Im Ener- sowohl kostenpflichtig als auch kostenlos angeboten. giequartier Hohlen in Huttwil wird als externer Dienst- Eine Analyse der Nutzungsintensität der beiden Vari- leister der Energiecontractor beziehungsweise das lo- anten zeigte eine höhere Nutzung der kostenlosten kale Energieversorgungsunternehmen herangezogen. Apps im Vergleich zu den kostenpflichtigen. Die Untersuchung der Energiequartiere ergab, dass im Quartierstrom-App © Gian Vaitl [17] 34 35
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