Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes - Stadt Gladbeck - In Zusammenarbeit mit

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Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes - Stadt Gladbeck - In Zusammenarbeit mit
Stadt Gladbeck

Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes

Januar 2022

In Zusammenarbeit mit
Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes - Stadt Gladbeck - In Zusammenarbeit mit
Bearbeitung durch:

Gertec GmbH Ingenieurgesellschaft
Martin-Kremmer-Str. 12
45327 Essen
Telefon: +49 [0]201 24 564-0

Auftraggeber:

Stadt Gladbeck
Willy-Brandt-Platz 2
45964 Gladbeck
Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes - Stadt Gladbeck - In Zusammenarbeit mit
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Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis                                                       7
Tabellenverzeichnis                                                         9
Abkürzungsverzeichnis                                                      11
Vorwort                                                                    12
1     Ausgangssituation                                                    13
2     Validierung der bisherigen Maßnahmen                                 16
2.1     Bisherige Aktivitäten der Stadt                                    16
2.2     Öffentlichkeitsarbeit                                              25
2.3     Fazit                                                              27
3     Ermittlung eines Zielkorridors                                       28
3.1     Entwicklung von Klimaschutzszenarien und Leitlinien                32
3.2     Entwicklung eines Fahrplans zur klimaneutralen Energieversorgung   39
3.3     Zwischenfazit                                                      44
4     Handlungsfelder und Leitprojekte                                     45
4.1     Handlungsfeld 1 – Gebäude und Quartiere                            45
4.2     Handlungsfeld 2 – Industrie und GHD                                47
4.3     Handlungsfeld 3 – Energieversorgung und erneuerbare Energien       49
4.4     Handlungsfeld 4 – Kommune als Vorbild                              49
4.5     Handlungsfeld 5 – Klimaschonende Mobilität                         51
4.6     Handlungsfeld 6 – Klimaschonender Lebensstil                       51
4.7     Themenspeicher                                                     53
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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1    RVR THG-Bilanz und Fortschreibung bis 2019 der Stadt Gladbeck .................................. 14
Abbildung 2    sektorale Aufteilung der RVR THG-Bilanz und Fortschreibung bis 2019 der Stadt
               Gladbeck ........................................................................................................................... 15
Abbildung 3    Bisherige und geplante Klimaschutzmaßnahmen in Gladbeck zum Thema Mobilität...... 17
Abbildung 4    Bisherige und geplante Klimaschutzmaßnahmen in Gladbeck zum Thema
               Quartierskonzepte ............................................................................................................ 21
Abbildung 5    prozentuale Einsparung der CO2-Emissionen durch Umsetzung der geförderten
               Sanierungsmaßnahmen in den Quartieren Stadtmitte und Rentfort-Nord....................... 22
Abbildung 6    Bisher durchgeführte Klimaschutzmaßnahmen in Gladbeck im Bereich kommunale
               Liegenschaften ................................................................................................................. 24
Abbildung 7    Logo der Dachmarke „Gladbeck. 78.000 Klimaretter! Wenn du mitmachst“ ................. 25
Abbildung 8    Paris-konformer Zielkorridor zur Senkung der CO2-Emissionen zwischen 2030 und 2036
               .......................................................................................................................................... 30
Abbildung 9    Die THG-Emissionen in den Sektoren (Quelle: Klimaschutzplaner 2019) ........................ 31
Abbildung 10   Endenergiebedarf in den Anwendungssektoren .............................................................. 34
Abbildung 11   Treibhausgasentwicklung in den Anwendungssektoren .................................................. 35
Abbildung 12   Endenergie nach Verbrauchssektoren .............................................................................. 36
Abbildung 13   Treibhausgasemissionen nach Verbrauchssektoren ........................................................ 37
Abbildung 14   Budgetbetrachtung des Szenarios anhand des 1,5 Grad- und 1,75 Grad-Ziels ................ 38
Abbildung 15   Strombedarfsentwicklung nach Anwendungssektor ....................................................... 40
Abbildung 16   Energieträger im Wärmemix ............................................................................................ 40
Abbildung 17   Anteile der Energieträger im Wärmemix .......................................................................... 41
Abbildung 18   Energieträger im Fernwärmemix ...................................................................................... 42
Abbildung 19   Entwicklung des Fernwärmeabsatzes und der Kundenanzahl ......................................... 42
Abbildung 20   Ausbaupfad der erneuerbaren Stromerzeugung .............................................................. 43
Abbildung 21   Strombedarf nach Quelle (regional / importiert) ............................................................... 43
Abbildung 22   Fortschritt der Sektorenkopplung über den gesamten Endenergiebedarf Gladbecks ..... 44
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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1   Endenergiebedarf nach Anwendungssektoren            34
Tabelle 2   Treibhausgasentwicklung in den Anwendungssektoren   35
Tabelle 3   Endenergiebedarf nach Verbrauchssektoren            36
Tabelle 4   Treibhausgasemissionen nach Verbrauchssektor        37
Tabelle 5   Leitlinien des Transformationsprozesses             38
Tabelle 6   Themenspeicher                                      56
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Abkürzungsverzeichnis

a        Jahr
BHKW     Blockheizkraftwerk
BISKO    Bilanzierungs-Systematik Kommunal
ca.      circa
CO2      Kohlenstoffdioxid
d.h.     das heißt
EnEV     Energie-Einsparverordnung
EW       Einwohner
ggf.     gegebenenfalls
GHD      Gewerbe/Handel/Dienstleistung
GWh      Gigawattstunde
ha       Hektar
inkl.    inklusive
IPCC     Intergouvernemental Panel on Climate Change
IT.NRW   Information und Technik Nordrhein-Westfalen
IWU      Institut Wohnen und Umwelt
KfW      Kreditanstalt für Wiederaufbau
KMU      kleine und mittlere Unternehmen
kWel     Kilowatt elektrisch
kWh      Kilowattstunde
KWK      Kraft-Wärme-Kopplung
LANUV    Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW
LED      Light Emitting Diode
MIV      Motorisierter Individualverkehr
MWh      Megawattstunde
PV       Photovoltaik
rd.      Rund
RVR      Regionalverband Ruhr
SRU      Sachverständigenrats für Umweltfragen
t        Tonne
THG      Treibhausgas
Tsd.     Tausend
u.a.     unter anderem
WKA      Windkraftanlage
z.B.     zum Beispiel
z.T.     zum Teil
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Vorwort

Die Folgen des Klimawandels und die damit verbundenen Veränderungen unseres Lebensraumes
zählen zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Trockene und heiße Sommer,
niederschlagsreiche Winter und Extremwetterereignisse werden das Klima auch hier in Gladbeck
deutlich verändern. Klimaschutz ist nunmehr ein Thema, das uns alle angeht. Das Bewusstsein hierfür
wächst in globalen Dimensionen, gehandelt werden muss aber insbesondere auch vor Ort im Rahmen
unseres kommunalen Handlungsspielraums. Dabei kommt den Kommunen eine wichtige Vorbild- und
Leitfunktion zu, denn Entscheidungen auf höherer Ebene sind ohne engagierte Basis nicht umsetzbar.

Daher hat Gladbeck bereits im Jahr 2010 ein integriertes, kommunales Klimaschutzkonzept erstellt und
seitdem eine Vielzahl an Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt. Die Fortschreibung des
Klimaschutzkonzeptes wurde im Rahmen des Beschlusses zum Klimanotstand beschlossen, um den
Notwendigkeiten bzw. Anforderungen der letztjährigen und gegenwärtigen klimatischen
Veränderungen sowie den Anforderungen des Klimanotstand-Beschlusses Rechnung zu tragen. Mit
dem vorliegenden Bericht und der Ausweitung des Instrumentes „Klimaschutzkonzept“ ist eine gute
Basis erarbeitet worden, um in Gladbeck die internationalen und nationalen Klimaschutzziele zu
erreichen!

Mit dem Konzept liegt nun ein Bericht zum Klimaschutz der Stadt Gladbeck vor. Er dokumentiert und
bewertet den bisherigen Einsatz der vielen kommunalen Akteurinnen und Akteure und bringt sie
zusammen. Für das Erreichen der Klimaneutralität bis zum Jahr 2042 unter Einhaltung des 1,75-Grad-
Ziels wurden ein Zielszenario und daraus ableitend Leitprojekte entwickelt, um den Energieverbrauch
und den CO2- Ausstoß der Stadt Gladbeck weiter zu reduzieren.

Klimaschutz ist aber keine Aufgabe, die Politik und Verwaltung alleine bewältigen können. Die
erfolgreiche Umsetzung ist eine Gemeinschaftsaufgabe vor Ort und kann nur im Einklang mit der
Stärkung des Klimabewusstseins und einem Umdenken in der persönlichen Alltagsgestaltung jedes
Einzelnen gelingen. Wir sind deshalb alle gefordert, sorgsam und ressourcenschonend mit unserer
Umwelt umzugehen. Mit dem hier vorliegenden Klimaschutzkonzept haben wir eine Basis geschaffen,
diese Ziele gemeinsam zu erreichen.

Gemeinsam können wir im Verbund mit Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft, Vereinen und
Verbänden den Klimaschutzgedanken weiter verbreiten, effektive Maßnahmen initiieren und umsetzen,
um unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Bettina Weist                                                Dr. Volker Kreuzer
Bürgermeisterin                                              Stadtbaurat
Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes - Stadt Gladbeck - In Zusammenarbeit mit
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1        Ausgangssituation

Der anthropogene Klimawandel stellt eine Herausforderung für Kommunen dar. Der Handlungsbedarf
hat vor allem im letzten Jahrhundert zugenommen, sodass die Umsetzung entsprechender
Maßnahmen auf globaler und lokaler Ebene erforderlich ist. Dies wird auch durch die Einführung neuer
Gesetze und Abkommen auf allen Ebenen deutlich. Dazu gehört das Pariser Klimaabkommen der
Vereinten Nationen von 2015, in dem 195 Staaten vereinbart haben, den globalen Temperaturanstieg
auf unter 2,0 Grad, besser noch 1,5 Grad, bis zum Ende des Jahrhunderts zu begrenzen, sowie
zusätzliche kontinentale (europäische), nationale und landesspezifische Ziele einzuhalten.

Die globalen Durchschnittstemperaturen haben sich seit der industriellen Revolution stetig erhöht. Der
Temperaturanstieg wird durch einen großen Ressourcenverbrauch und damit einhergehende
Treibhausgasemissionen, für die die industrialisierten Staaten in besonderem Maße verantwortlich sind,
verursacht.1 Die Auswirkungen bzw. die Folgen des Klimawandels sind heute auch schon in der Stadt
Gladbeck zu spüren. Hierzu zählen bereits häufigere und längere Hitzeperioden, Starkregenereignisse
und Stürme, vor allem in den Jahren 2017 und 2018. Global ist kurz- bis mittelfristig auch mit einer
Zunahme von Dürreereignissen sowie einer grundsätzlichen Destabilisierung der Wettersituation zu
rechnen.

Die Stadt Gladbeck ist sich ihrer Rolle im Spannungsfeld zwischen lokaler und globaler Verantwortung
bewusst. Daher hat Gladbeck bereits im Jahr 2010 ein integriertes, kommunales Klimaschutzkonzept
erstellt. Die Fortschreibung des Klimaschutz-Konzeptes wurde im Rahmen des Beschlusses zum
Klimanotstand beschlossen, um den Notwendigkeiten bzw. Anforderungen der letztjährigen und
gegenwärtigen klimatischen Veränderungen sowie den Anforderungen des Klimanotstand-Beschlusses
Rechnung zu tragen. Mit der Erarbeitung des vorliegenden Konzeptes wurde im August 2020
begonnen. Dabei kann die Stadt auf ihrem bisherigen Engagement aufbauen, etwa die energetische
Quartierssanierung durch beispielsweise die Erstellung des energetischen Quartierskonzepts Brauck-
West / Butendorf und die Etablierung eines Sanierungsmanagement sowie der Teilnahme am
„Innovation City roll out“. Bereits 1978 wurde ein städtisches Energiemanagement eingeführt, welches
durch Energiecontrolling und Sanierungsmaßnahmen den Energieverbrauch kontinuierlich senkt. Die
Stadt Gladbeck hat zudem bereits auf 20 kommunalen Gebäuden Photovoltaikanlagen installiert. Dies
soll in Zukunft weiter ausgebaut werden. Die im letzten Jahr beschlossene Gründachstrategie schafft
zum einen Anreize über Förderung, sein Dach in ein Gründach umzuwandeln, zum anderen soll die
Dachbegrünung bei geeigneten Dächern in zukünftigen Bebauungsplänen festgesetzt werden. Darüber
hinaus ist Gladbeck Mitglied im Zukunftsnetz Mobilität NRW und verfügt über einen separaten
Arbeitskreis „Nachhaltige Mobilität“. Die Kampagne STADTRADELN wird seit langem in der Stadt
Gladbeck jährlich erfolgreich durchgeführt und motiviert spielerisch die Bevölkerung ihre Alltagswege,
wenn möglich, umweltfreundlich mit dem Fahrrad zurückzulegen.

Mit dem Instrument Klimaschutzkonzept ist die Stadt Gladbeck in der Lage, Klimaschutz-,
Energieeffizienz- und Nachhaltigkeitsaktivitäten anzustoßen, die auf kommunaler Ebene flächenhaft
Wirkung entfalten können. Drei wesentliche Ziele verfolgt das Konzept:

     Als strategische Entscheidungsgrundlage und Planungshilfe dienen,
     Akzeptanz und Umsetzung durch Partizipation vorbereiten,
     durch Umsetzung des Konzepts auf lokaler Ebene einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

1
        Siehe auch http://report.ipcc.ch/sr15/pdf/sr15_spm_final.pdf
Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes - Stadt Gladbeck - In Zusammenarbeit mit
14

Aus dem Inhalt ergeben sich weitreichende Zukunftsaufgaben.

Die Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes bietet für die Stadt Gladbeck eine weitere Möglichkeit, das
Thema Klimaschutz in der Stadtgesellschaft zu verankern, die Bevölkerung diesbezüglich zu
sensibilisieren und anknüpfend an bisherige Aktivitäten weitere Leitprojekte zu ergreifen. Das
partizipativ erarbeitete Programm der Leitprojekte dieses Klimaschutzkonzeptes, welches die
spezifische Ausgangssituation der Stadt Gladbeck ihre Möglichkeiten und Beschränkungen
berücksichtigt, soll zum einen die Einwohnerschaft erreichen und motivieren und somit eine breite
Flächenwirkung erzielen. Zum anderen sind Projekte enthalten, die in enger Abstimmung mit der
Stadtverwaltung entwickelt wurden. Diese überzeugen die Fachbereichsleitenden und können von der
Mitarbeiterschaft verstanden, gutgeheißen und möglichst selbstständig umgesetzt werden, um somit
einen starken Rückhalt in der Verwaltung zu erreichen.

Für das im Jahr 2010 für die Stadt erstellte integrierte Klimaschutzkonzept wurde ein
Maßnahmenprogramm entwickelt, mit welchem eine Gesamtminderung der CO 2-Emissionen von
ca. 85.500 t ermittelt wurde. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen wurden teilweise in abgeänderter
Form umgesetzt (siehe Kapitel 2).

Die Bilanz mit dem Bilanzierungsjahr 2007 wurde nicht kontinuierlich weitergeführt. Daher wurde auf
die Bilanz des Regionalverband Ruhr (RVR) für Gladbeck zurückgegriffen ( Fehler! Verweisquelle konnte
icht gefunden werden.). Dabei ist gegenüber der Bilanz im vorherigen Klimaschutzkonzept im
Wirtschaftssektor eine methodische Änderung durchgeführt worden, da die Betriebe, welche am
Emissionshandel teilnehmen, nicht herausgerechnet wurden. Ebenso ist die Datenqualität für den
Wirtschaftssektor ausbaufähig und der Anteil des Sektors höher einzuschätzen. An der Grundaussage,
dass zur Erreichung der Klimaschutzziele auch weiterhin große Anstrengungen unternommen werden
müssen, ändert sich nichts. Die RVR-Bilanz wurde zudem bis zum Jahr 2012 zurückgeschrieben und
wird zukünftig weiter fortgeschrieben, sodass die Bilanz als Monitoring-Instrument genutzt werden
kann.

Abbildung 1    RVR THG-Bilanz und Fortschreibung bis 2019 der Stadt Gladbeck
15

Aus der Bilanz wird deutlich, dass insgesamt bislang nur geringe Einsparerfolge (ca. 5.710 t, entspricht
ca. 1 %) gegenüber 2012 erreicht wurden. Dabei ist jedoch in Abbildung 2 zu beachten, dass der
Wirtschaftssektor, welcher in Gladbeck einen großen Anteil (50 %) ausmacht, massiv konjunkturell
geprägt ist und über einen längeren Zeitraum betrachtet werden muss. Jedoch können die
Einsparungen im Sektor der privaten Haushalte genutzt werden, um den Erfolg zu messen. In diesem
Fall ist die Unsicherheit der konjunkturellen Schwankung nicht vorhanden. Es wird ersichtlich, dass in
dem Sektor Einsparungen von 41,2 Tsd. t CO 2eq/a erreicht wurden, was ca. 21 % entspricht und
hinsichtlich des Bevölkerungswachstums der Stadt Gladbeck positiv zu bewerten ist.

Abbildung 2     sektorale Aufteilung der RVR THG-Bilanz und Fortschreibung bis 2019 der Stadt
                Gladbeck

Die Anforderungen an die Klimaschutzziele haben sich seit 2010 deutlich erhöht und somit auch der
Druck, wirksame Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Die Leitprojekte sollen der Stadt Gladbeck
einen möglichst großen Handlungsspielraum einräumen, die aktuellen Klimaschutzziele zu erreichen.
16

2      Validierung der bisherigen Maßnahmen

2.1     Bisherige Aktivitäten der Stadt

Die Stadt Gladbeck hat bereits mit großem Engagement Klimaschutzmaßnahmen erfolgreich
angestoßen und umgesetzt. Grundlage der zahlreichen Klimaschutzmaßnahmen waren unter anderem
die im kommunalen Klimaschutzkonzept von 2010 vorgeschlagenen Maßnahmen. Viele der dort
aufgeführten Maßnahmen befinden sich bereits in Umsetzung und wurden im Laufe der Zeit verstetigt
und den aktuellen Bedürfnissen angepasst.

Um eine Übersicht dieser Klimaschutzmaßnahmen zu erhalten, wurden sie im Vorfeld erfasst und
anschließend in themenbezogenen Gesprächsrunden vervollständigt und diskutiert.

Aufgrund der anhaltenden Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie wurde überwiegend
auf die Durchführung von Workshops in Präsenz verzichtet. Stattdessen wurden die Besprechungen
per Videokonferenz durchgeführt.

Die nachfolgenden Mind-Maps zeigen die bisherigen und geplanten Klimaschutzmaßnahmen der Stadt
Gladbeck der folgenden Themengebiete:

       Mobilität
       Quartierskonzepte
       Kommunale Liegenschaften
17

Abbildung 3   Bisherige und geplante Klimaschutzmaßnahmen in Gladbeck zum Thema Mobilität
Mobilität

Die Stadt Gladbeck hat bereits sehr viele Klimaschutzmaßnahmen im Bereich Mobilität ergriffen und
plant mit dem Forschungsprojekt „Gladbecker Mobilität für alle (GlaMoBi)“ nachhaltige individuelle
Mobilität auf gerechte Weise zu schaffen und zu fördern.

Grundsätzlich ist vor dem Hintergrund des Klimaschutzes der Modal Split2 entscheidend. Alle
Maßnahmen mit Bezug zum Bereich der Mobilität haben somit immer eine Verschiebung des Modal
Split hin zu den Verkehrsträgern des Umweltverbundes, Fahrrad- und Fußverkehr und ÖPNV als Ziel. So
zielt zum Beispiel der Ausbau von Mobilstation insbesondere an den Haltepunkten des SPNV
(Schienengebundener Personennahverkehr) auf eine komfortable Verknüpfung umweltfreundlicher
Verkehrsmittel als Alternative zum privaten Kfz ab.

Die Einheimischen sollen durch zahlreiche Aktionen rund um das Rad zum Fahrradfahren motiviert
werden. So wird die jährliche Teilnahme der Stadt Gladbeck am STADTRADELN beispielsweise durch
Aktionstage, eine Fahrradwaschstraße und weitere Aktionen flankiert. Der Radverkehr wird durch die
Planung und den Bau von Rad- und Schnellradwegen verstärkt berücksichtigt. So genannte „Runde
Tische“ zum Thema Radverkehr und Nahverkehr bringen neue Ideen und Transparenz in das Thema.
Mit dem Runden Tisch „Nachhaltige Mobilität“ hat die Stadt Gladbeck eine Dialogplattform für alle
Akteure aus dem Bereich der Mobilität geschaffen. Hier treffen regelmäßig Vertreter:innen aus
Zivilgesellschaft, Politik, Sicherheitsbehörden, Nahverkehrsunternehmen und Verwaltung zusammen,
um Projekte und Planungen frühzeitig zu besprechen.

Mit dem Beschluss des Radverkehrskonzeptes 2025 im September 2019 ist ein wichtiger Grundstein
für die systematische Förderung des Radverkehrs in den Bereichen Infrastruktur, Kommunikation,
Service und Öffentlichkeitsarbeit gelegt worden. Daraus hat sich zwischenzeitlich zudem ein eigenes
Fahrradstraßenkonzept entwickelt. Die Berücksichtigung des Radverkehrs bei allen städtischen
Planungen ist damit fest verankert Daneben konnten auch zahlreiche Maßnahmen erarbeitet werden,
die ausschließlich auf einen höheren Radverkehrsanteil zielen.

Die Erfahrungen der Stadt Gladbeck im Bereich Mobilität zeigen, dass die Projekte und Aktionen auf
großen Zuspruch bei der Bürgerschaft stoßen und Aktionen wie das STADTRADELN ein fester Termin
im Kalender der Gladbecker Bevölkerung sind. Auch die Förderung von Lastenrädern und die Schaffung
von Fahrradabstellmöglichkeiten, auch für Lastenräder, sorgen dafür, dass das Fahrrad als
umweltschonendes Transportmittel in Gladbeck immer mehr an Attraktivität gewinnt.

Ende 2020 wurde für die Stadt Gladbeck ein städtisches Elektromobilitätskonzept erstellt, welches sich
aktuell in der Umsetzung befindet. Schwerpunkt des Konzeptes ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur für
die Bürger:innen und Besucher:innen der Stadt Gladbeck. So soll beispielsweise auch eine
Ladeinfrastruktur für die Einwohnerschaft ohne eigenes Grundstück zur Verfügung gestellt werden. Die
Schaffung von Lademöglichkeiten, unabhängig vom eigenen Grundstück, ist eine Grundvoraussetzung,
um den Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge zu erhöhen. Auch die Beratung von
Wohnungsbaugenossenschaften bezüglich der Bereitstellung von Ladeinfrastruktur ist eine gute
Möglichkeit, die Entscheidung der Bevölkerung auf ein elektrisch betriebenes Fahrzeug umzusteigen,
zu erleichtern.

Die Stadt Gladbeck hat beim Thema Mobilität nicht nur die Erwachsenen im Blick. Im kontinuierlichen
Austausch mit den Schulen sollen Schulwege sicherer und umweltfreundlicher gestaltet werden. Auch
die Einrichtung temporärer Spielstraßen soll zeigen, dass mit einer Reduktion des Autoverkehrs nicht
nur Umwelt- und Klimaschutz betrieben werden kann, sondern auch die Lebensqualität aller

2
  Als Modal Split wird die Verteilung des Verkehrsaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel bezeichnet. Er beschreibt das Mobilitätsverhalten,
also die Wahl des jeweiligen Verkehrsmittels durch die Bürger:innen für die Wege zur Arbeit, Ausbildung, zum Einkaufen und in der Freizeit.
19

Bürger:innen gesteigert werden kann. Wenn diese Kampagnen dauerhaft betrieben werden und
Schulen und Kitas auf diesem Weg Elterntaxis weitestgehend abschaffen können, gewinnen alle,
indem Emissionen reduziert werden, Unfälle beim Bringen und Abholen vermieden werden und den
Kindern eine nachhaltige und eigenständige Mobilität möglich gemacht wird.

Auch im Rahmen von InnovationCity ist die Förderung nachhaltiger Mobilität ein wichtiger Aspekt.
Schwerpunkte sind hier die Förderung von Lastenrädern und ebenfalls die Beratung zum Thema
Elektromobilität.
Quartierskonzepte

Im Rahmen des InnovationCity roll out werden die Quartiere Stadtmitte und Rentfort-Nord in Gladbeck
verstärkt in den Fokus genommen. Nachfolgende Mindmap zeigt einen Ausschnitt der umgesetzten
Maßnahmen der Quartierskonzepte.

Die Stadt Gladbeck unterstützt die energetische Quartierssanierung. innerhalb des InnovationCity roll
out   über    das   Förderprogramm      „InnovationCity   Sanierungszuschuss“      unter   anderem
Sanierungsmaßnahmen von privaten Wohngebäuden in den Quartieren Rentfort-Nord und Stadtmitte.

Die kommunale Förderrichtlinie soll Hauseigentümerschaft durch einen nicht rückzahlbaren Zuschuss
einen Anreiz bieten, energetische Sanierungsmaßnahmen umzusetzen oder den Einbau effizienter
Heizungsanlagen vorzunehmen.

Aktuell ist geplant, auch im Quartier Brauck-West/Butendorf ein Sanierungsmanagement und
entsprechende Fördermittel zu etablieren, im Frühjahr 2022 soll das Quartiersmanagement starten.
21

Abbildung 4   Bisherige und geplante Klimaschutzmaßnahmen in Gladbeck zum Thema Quartierskonzepte
Im Rahmen der Konzepterstellung hat die InnovationCity Management GmbH ein Excel basiertes
Berechnungstool entwickelt, welches die eingereichten Förder- bzw. Modernisierungsanträge der
Antragstellenden für den Wohngebäudebereich hinsichtlich einer CO2-Einsparung und Energieeffizienz
bewertet.

Für folgende Maßnahmen(-kategorien) werden die CO 2-Einsparungen in Kilogramm pro Jahr berechnet:

    Dämmung der Außenwände
    Austausch der Fenster
    Dämmung der Dach- oder Geschossdecke
    Dämmung der Kellerdecke
    Austausch der Heizungsanlage
    Hydraulischer Abgleich
    Errichtung einer Photovoltaikanlage
    Errichtung einer Solarthermieanlage

Bis zum Zeitpunkt der Berichterstellung konnten insgesamt 415,8 t CO 2-Emissionen durch die
Umsetzung der geförderten Sanierungsmaßnahmen in den Stadtteilen Rentfort-Nord und Stadtmitte
eingespart werden, wobei davon etwa 32 % auf die Dachdämmung (Stadtmitte), etwa 24 % auf die
Heizungserneuerung (Stadtmitte) und 12 % auf die Außenwanddämmung (Stadtmitte) fallen. Etwa
18,5 % fallen auf die gesamten Sanierungsmaßnahmen im Quartier Rentford-Nord.

Abbildung 5    prozentuale Einsparung der CO2-Emissionen durch Umsetzung der geförderten
               Sanierungsmaßnahmen in den Quartieren Stadtmitte und Rentfort-Nord
23

Kommunale Liegenschaften

Die Stadt Gladbeck erstellt seit 1978 jährlich einen Energiebericht, welcher die Verbrauchswerte und
Kosten für Heizung, Strom und Wasser der städtischen Gebäude dokumentiert und bezüglich der CO 2-
Emissionen bewertet sowie einen Überblick über die durchgeführten energetischen
Sanierungsmaßnahmen an den städtischen Liegenschaften schafft.

Nachfolgende Mindmap zeigt eine Übersicht der bisher durchgeführten Sanierungsmaßnahmen der
kommunalen Liegenschaften.
Abbildung 6   Bisher durchgeführte Klimaschutzmaßnahmen in Gladbeck im Bereich kommunale Liegenschaften
Validierung der bisherigen Maßnahmen                                                                25

Die langjährige Dokumentation der Energieverbräuche der Stadt Gladbeck zeigt eine
(witterungsbereinigte) Reduktion des Heizenergieverbrauchs von fast 57 % innerhalb der letzten
42 Jahre. Auch die CO2-Emissionen konnten durch Umstellung der Strom-Nachtspeicherheizungen und
den Verzicht auf Koks- und Kohleheizungen um fast 64 % innerhalb der letzten 42 Jahre reduziert
werden. Die zahlreichen energetischen Sanierungsmaßnahmen sorgen in Kombination mit der
Umstellung auf effiziente und erneuerbare Wärmeerzeugung für eine kontinuierliche CO 2-Minderung im
Bereich der kommunalen Liegenschaften.

Der Bezug von Ökostrom seit 2015 für die Gladbecker Liegenschaften hat nicht nur Vorbildcharakter,
sondern sorgt auch dafür, dass der Anteil erneuerbarer Energien im Strommix gesteigert wird.

Mit     Erstellung    des   Energieberichts     inklusive   der    Darstellung     der    durchgeführten
Sanierungsmaßnahmen zeigt die Stadt Gladbeck, wie wichtig ihr der effiziente und nachhaltige
Unterhalt ihrer Immobilien ist. Potenzial besteht in diesem Sektor noch in der Priorisierung und Planung
der Sanierungsmaßnahmen. Laut Aussage der Stadt werden die Sanierungsmaßnahmen nach
Dringlichkeit durchgeführt und es besteht keine Möglichkeit zur langfristigen Planung, sodass die
anfallenden Sanierungsmaßnahmen meist gemäß den gesetzlichen Vorgaben durchgeführt wurden, um
die Anforderungen der EnEV (Energieeinsparverordnung), bzw. des GEG (Gebäudeenergiegesetzes) zu
erfüllen. Wirtschaftliche Gründe verhinderten oftmals eine über den gesetzlich vorgeschriebenen
Standard hinausgehende Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen.

2.2       Öffentlichkeitsarbeit

Die Stadt Gladbeck hat bereits ein großes Portfolio aus Klimaschutzprojekten und
Motivationskampagnen für die Einwohnerschaft ihrer Stadt. Die Dachmarke „Gladbeck. 78.000
Klimaretter! Wenn du mitmachst“3 bündelt die Klimaschutzaktivitäten der Stadt Gladbeck. Die
Internetseite der Stadt informiert über aktuelle Meldungen, Projekte und Veranstaltungen. Unter
verschiedenen Themenschwerpunkten bietet die Stadt Gladbeck regelmäßig Veranstaltungen (unter
anderem in Kooperation mit der VHS Gladbeck) an. Bei diesen Veranstaltungen können Interessierte
mit Expert:innen ins Gespräch kommen.

Abbildung 7        Logo der Dachmarke „Gladbeck. 78.000 Klimaretter! Wenn du mitmachst“

Die Stadt Gladbeck bietet neben einer Sanierungsberatung auch Fördermittel für alle Bürger:innen
Gladbecks an. Kommunale Zuschüsse gibt es für Sanierungsvorhaben nicht nur für
energieeffizienzsteigernde Maßnahmen und den Einsatz erneuerbarer Energien, sondern auch für
Klimafolgenanpassung. Das Programm zur umfassenden Verbesserung des Stadtgrüns heißt
„Gladbeck goes green“ und beinhaltet finanzielle Förderung für eine naturnahe Gestaltung von
Vorgärten. Ein Teilprojekt von „Gladbeck goes green“ ist „Wunschgrün“. Hierbei werden von der Stadt

3
         Quelle: https://www.gladbeck.de/Leben_Wohnen/Klima_in_Gladbeck/ (Stand Dezember 2021)
26

Gladbeck mobile Bäume zur Verfügung gestellt, die auf Wunsch von Anwohner:innen platziert werden.
Bei entsprechender Akzeptanz wird eine dauerhafte Realisierung geprüft.

Die Stadt Gladbeck bezuschusst außerdem Dach- und Fassadenbegrünung in Gladbeck.

Weitere finanzielle Zuschüsse hält die Stadt Gladbeck außerdem für klimafreundliche Mobilität bereit,
wie z.B. die Bezuschussung von Lastenrädern.

Die Vorschläge zur Kommunikation und Information, welche im Elektromobilitätskonzept und im
Radverkehrskonzept enthalten sind, werden derzeit im Rahmen der Umsetzung der Konzepte ebenfalls
berücksichtigt.

Die Stadt Gladbeck beteiligt sich seit mehreren Jahren als Pilotkommune an der Ausbau-Initiative
„Solarmetropole Ruhr“ des Regionalverbandes Ruhr. Ziel der Kampagne ist, das Solarpotenzial von
Dächern und Fassaden auszuschöpfen. Im Rahmen der Kampagne wird die Installation von PV-Anlagen
gefördert.

Um Umweltschutz bei den Bürger:innen der Stadt Gladbeck möglichst früh zu verankern und den
Multiplikatoreffekt durch die Kinder und Jugendlichen zu nutzen, unterstützt die Stadt Gladbeck mit
vielfältigen Angeboten Umweltbildung, wie beispielsweise durch die finanzierten Umweltstunden der
Deutschen Umwelt-Aktion oder durch die Leihmöglichkeit von Energiesparkisten an Schulen und Kitas.
Validierung der bisherigen Maßnahmen                                                          27

2.3       Fazit

Das Kapitel 2 zeigt, dass die Stadt Gladbeck bereits seit Jahren zahlreiche Maßnahmen zum Thema
Klimaschutz und Klimaanpassung durchführt, verstetigt und kontinuierlich weiter ausbaut. Um CO 2-
Emissionen zu reduzieren und das Stadtbild „grüner“ zu gestalten, nutzt die Stadt Gladbeck
hauptsächlich Motivationskampagnen im Rahmen von Sensibilisierungskampagnen, Information über
verschiedene Kanäle und finanzielle Anreize und Förderung. Auf kommunale Vorgaben, welche über die
gesetzlichen hinausgehen (beispielsweise eine Effizienzvorgabe bezüglich Neubauten), wird bis dato
noch nicht zurückgegriffen.
28

3      Ermittlung eines Zielkorridors

Mit der Ratifizierung des Klimaabkommens von Paris hat sich die Bundesrepublik Deutschland völker-
rechtlich bindend zu den darin festgelegten Klimazielen bekannt. Danach soll die Erderwärmung im
Vergleich zum vorindustriellen Niveau deutlich unter 2,0 Grad begrenzt werden. Die Empfehlung lautet,
den Anstieg möglichst nicht über 1,5 Grad steigen zu lassen. Aus Sicht des Sachverständigenrats für
Umweltfragen (SRU) sollte die Grenze des 1,75 Grad-Ziels als Paris konform nicht überschritten
werden.

Auch wenn es für Deutschland und demzufolge für die kommunale Ebene keinen verbindlichen und
kompatiblen Transformationspfad gibt, wird es deutlich, dass die Frage der Klimaschutzziele neu
verhandelt und ausgerichtet werden muss. Das Bundesverfassungsgericht hat am 24. März 2021 sinn-
gemäß klargestellt: Entscheidungen, die Auswirkungen auf die Entstehung von CO 2 haben, sind so
auszugestalten, dass so wenig wie möglich CO 2 entsteht. Dies kann einer gerichtlichen Überprüfung
zugeführt werden.

Für die Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts für die Stadt Gladbeck wird daher das Restbudget
definiert, dessen Einhaltung im Rahmen des Controllings zukünftig zu überwachen ist. Folgende
Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden:

Die Grundlagen der CO 2-Budgetierung

Während das globale CO2-Budget im Bericht des IPCC (Intergouvernemental Panel on Climate Change)
im Jahr 2018 für unterschiedliche Temperaturanstiege und Wahrscheinlichkeiten vorgelegt wurde, ist
die nationale Budgetverteilung zwischen den Ländern bislang nicht verbindlich geklärt. Die Länder
haben demnach freie Hand bei der Interpretation. Diskutiert werden unterschiedliche Ansätze, wie mit
der Budgetbetrachtung in Bezug auf die eigene Zielformulierung umzugehen ist, bei der es vor allem
um die Frage der gerechten Verteilung des verbleibenden Budgets geht.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) empfiehlt für Deutschland ab 2020 ein Budget in
Höhe von rd. 6,7 Gigatonnen CO2 nach dem Einwohnerprinzip. Dem Prinzip liegen die Annahmen
zugrunde, dass die zurückliegenden Emissionen nicht berücksichtigt werden, jedoch ein möglichst
ambitioniertes Budget angenommen wird. Weiterhin wird ein gleiches Pro-Kopf-Emissionsrecht für jede
Person der Erde angenommen. Bei einer Zunahme der Bevölkerung würde sich das Budget
entsprechend erhöhen, bei einem Schrumpfungsprozess abnehmen.

Für Kommunen gibt es noch keine verbindlichen methodischen Vorgaben zur Behandlung des CO 2-
Budgets. Das SRU berechnet Paris-konforme Pro-Kopf Emissionsbudgets für das 1,75 Grad-Ziel und
das 1,5 Grad-Ziel. Wird das oben beschriebene Prinzip der Verteilung innerhalb Deutschlands auf
Gladbeck übertragen, ergibt sich ein Paris-konformer Korridor des Restbudgets zwischen dem 1,5 Grad
und dem 1,75 Grad-Ziel.

Die fachliche Diskussion ist damit jedoch noch nicht abgeschlossen. Sofern in Zukunft einheitlichere
Regeln zur Methodik der Budgetberechnung für Kommunen festgelegt werden, wird empfohlen, die
vorliegende Betrachtung dementsprechend zu überprüfen und ggf. anzupassen.

Ein CO2-Budget für Gladbeck beschreiben

Das vom SRU beschriebene Budget bezieht sich auf die energetischen und die nicht energetischen
CO₂-Emissionen. Das CO2-Budget berücksichtigt zudem nur CO2 als Treibhausgas. Methan und
Distickstoffoxid/Lachgas werden nicht berücksichtigt.
Ermittlung eines Zielkorridors                                                                                                          29

Der in Gladbeck eingesetzte BISKO-Standard4 bezieht sich ausschließlich auf die energetischen
Emissionen und die nicht energetischen Emissionen, berücksichtigt dabei jedoch zusätzlich
treibhausrelevante Gase (Methan und Distickstoffoxid/Lachgas) als CO2-Äquivalente.

Zur Übertragung des CO 2-Budgets auf die Bilanzgrenzen von Gladbeck sollen daher folgende
Annahmen getroffen werden:

     Aus dem Nationalen Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar geht hervor, dass
      ca. 93 % der Emissionen (CO2, Methan und Lachgas) energiebedingt sind.
     Als Grundlage für die Budgetbetrachtung werden von den oben genannten Budgets 93 % als
      energetische angenommen. Der nicht energetische Anteil wird mit 7 % angenommen.
     Zur Prüfung der Einhaltung des Restbudgets werden im Sinne einer Restbudgetbilanz die
      jährlichen Emissionen der Stadt Gladbeck vom Budget abgezogen.
     Sobald die Summe negativ wird, ist das Budget der Stadt Gladbeck verbraucht und das jeweilige
      Temperaturbegrenzungsziel aus kommunaler Perspektive verfehlt.
     Da in der BISKO Bilanz jedoch nicht nur CO2, sondern CO2-Äquvalente enthalten sind, handelt es
      sich hier um eine konservative Betrachtung, indem mehr Emissionen vom Budget abgezogen
      werden als laut Budgetdefinition erforderlich.
Auf bundesdeutscher Ebene liegt das CO2-Restbudget nach dem Personenprinzip bei:

     51,0 Tonnen CO₂ pro Person für das 1,5 Grad-Ziel bei 50 % Wahrscheinlichkeit der
      Zielerreichung5
     79,5 Tonnen CO₂ pro Person für das 1,75 Grad-Ziel bei 50 % Wahrscheinlichkeit der
      Zielerreichung
Das Budget für Gladbeck liegt demnach bei:

     51 Tonnen CO₂ pro Person x 75.610 Personen = 3,9 Mio. Tonnen CO₂
     Davon können ca. 93 % des obigen CO 2-Budgets für energiebedingte Emissionen angerechnet
      werden
     3,9 Mio. Tonnen CO2 x 93 % = 3,6 Mio. Tonnen (1,5 Grad-Ziel, 50 % Wahrscheinlichkeit)
     Emissionsbudget für das 1,75 Grad-Ziel: 5,6 Mio. Tonnen CO2
Unter Berücksichtigung eines vereinfachten linearen Entwicklungspfades ergeben sich die in Abbildung
8 folgenden Verläufe für die Einschätzung eines mit dem Pariser Klimaschutzabkommen konformen
Reduktionspfads. Diese entsprechen nicht den entwickelten Szenarien, bieten aber einen ersten
Einblick über den Zeithorizont, der zur Erfüllung des Abkommens übrig bleibt. Da die im Folgenden
berechneten Szenarien ein realistischeres Bild zeichnen und Effekte auf unterschiedlichen Zeitskalen
betrachten, bleibt für die Erfüllung des 1,75 Grad-Ziels mehr Zeit.

4
 Bilanzierungs-Systematik Kommunal: „Für eine Vereinheitlichung der Bilanzierungsmethoden entwickelte das ifeu 2014 im Auftrag des
Bundesumweltministeriums zusammen mit dem Klima-Bündnis und dem Institut für dezentrale Energiesysteme im Projekt „Klimaschutz-Planer -
Die Gestaltung der Energiewende in Kommunen: Entwicklung eines standardisierten Instrumentenansatzes zu Bilanzierung, Potenzialermittlung und
Szenarienentwicklung“ eine Empfehlung. Auf diese Weise konnten die recht allgemein gehaltenen Vorgaben auf internationale Ebene (z. B.
Greenhouse Gas Protocol [GPC]) konkret für deutsche Belange zugeschnitten werden. So entstand auf Basis von mehreren Workshops mit
Expert*innen, Wissenschaftler*innen, kommunalen Anwender*innen sowie einem Review durch fünf wissenschaftliche Institute die
Bilanzierungssystematik Kommunal (BISKO)“ (Quelle: Gugel, Hertle, Dünnebeil, Herhoffer (2020) Weiterentwicklung des kommunalen
Bilanzierungsstandards für THG-Emissionen. Bilanzierungssystematik kommunal – BISKO Abschlussbericht. Dessau-Roßlau: Institut für Energie-
und Umweltforschung Heidelberg gGmbH. Hrsg.: Umweltbundesamt)
5
  Vgl. Sachverständigenrat für Umweltfragen (Hrsg.): „Pariser Klimaziele erreichen mit dem CO2-Budget“ S. 45 – Punkt 17
https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/01_Umweltgutachten/2016_2020/2020_Umweltgutachten_Kap_02_Pariser_Klimaziele.pdf?_
_blob=publicationFile&v=31,
30

Abbildung 8    Paris-konformer Zielkorridor zur Senkung der CO2-Emissionen zwischen 2030 und 2036

Die Berechnung macht deutlich, dass die Stadt Gladbeck erhebliche Anstrengungen unternehmen
muss, um die Anforderung des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen. Weiterhin wird die Annahme
getroffen, dass unvermeidbare Emissionen durch Kompensationsmaßnahmen aufgefangen werden
müssen. Als Höhe der Kompensation werden 0,36 t CO2 Kompensation angenommen. Das entspricht
dem von der Bundesregierung avisierten Ziel die Treibhausgase auf 95 % im Vergleich zum Jahr 1990
zu reduzieren. Die in Abbildung 9 dargestellte Bilanz der Stadt Gladbeck verdeutlicht, welche Sektoren
dabei besonders wichtig sind:
Ermittlung eines Zielkorridors                                                                  31

Abbildung 9         Die THG-Emissionen in den Sektoren (Quelle: Klimaschutzplaner 2019)

Aus der Abbildung geht hervor, dass die privaten Haushalte für rund 23 % der Treibhausgasemissionen
verantwortlich sind. Der Mobilitätssektor hat mit ca. 26 % ebenfalls einen großen Anteil an den
gesamten Treibhausgasemissionen. Dennoch wird durch den Wirtschaftssektor (GHD und Industrie) im
Jahr 2019 mit rund 50 % der Gesamtemissionen der Großteil der Treibhausgase emittiert. Im Sektor
Wirtschaft ist anzumerken, dass sich gegenüber der Bilanz für das Jahr 2007 die Datengüte wesentlich
verbessert und sich ebenfalls die Bilanz-Methodik geändert hat. So sind in den Daten des
Netzbetreibers auch Daten von Unternehmen die am Emissionshandel teilnehmen enthalten. Zur
Zielerreichung bedarf es hier somit besonderer Anstrengungen, wobei dabei im Bereich des
kommunalen Klimaschutzes jene Unternehmen anzusprechen sind, die nicht am Emissionshandel
teilnehmen, da der Einflussbereich der Kommune in den Fällen wesentlich höher ist. Zusammengefasst
sind die Treibhausgasemissionen der Sektoren „Private Haushalte“ und „Mobilität“ höher als die
Treibhausgasemissionen verursacht durch die Wirtschaft. Dies zeigt, dass auch in diesen beiden
Sektoren ein hohes Einsparpotenzial bezüglich Treibhausgasemissionen besteht.
32

Wie ein möglicher Weg zur Klimaneutralität aussehen kann, beschreibt das folgende Kapitel am
Beispiel eines Zielszenarios. Dabei wird die Einhaltung des 1,75 Grad-Ziels bis zum Jahr 2042
angestrebt. Möglich wird diese Verzögerung im Vergleich zu den vorgestellten linearen Pfaden in
Abbildung 8 durch effektive Maßnahmen, die schon deutlich vor 2042 eingeführt werden könnten. Die
zwei Maßnahmen, die diese Verlängerung ermöglichen, sind zum einen die bereits vorgestellte
Kompensation der nicht vermeidbaren Emissionen in Höhe von 0,36 t pro Einwohner:in und Jahr ab
2030 und zum anderen die Umstellung des gesamten Strombedarfs auf Ökostrom bis 2030. Dabei soll
jeglicher Strombedarf in sämtlichen Sektoren, der nicht aus lokalen Quellen stammt, aus Ökostrom
gedeckt werden. Diese Annahme erfordert in der Umsetzung ein großes gesamtgesellschaftliches
Engagement, dem die Kommune nur über Verpflichtungen der lokalen Energieversorger Nachdruck
verleihen kann. Der Ökostrombedarf kann auch aus überregionalen Quellen gedeckt werden.

3.1     Entwicklung von Klimaschutzszenarien und Leitlinien

Das folgende Szenario stellt einen möglichen Pfad zum Erreichen der Klimaneutralität bis zum Jahr
2042 unter Einhaltung des 1,75 Grad-Ziels dar. Wichtig ist: Das Szenario ist keine Prognose, es
beschreibt vielmehr eine mögliche Entwicklung unter Berücksichtigung spezifischer Annahmen. Die
Szenariomethodik ist daher insofern gut geeignet, um daraus Leitlinien für die Klimaschutzarbeit in
Gladbeck abzuleiten. Die daraus abgeleiteten Leitplanken geben Hinweise darauf, was in den einzelnen
Bereichen passieren müsste, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.

Das Szenario geht von folgenden Annahmen aus:

Endenergieverbrauch im Gebäudebestand
Für die Stadt Gladbeck ist die energetische Erneuerung des Gebäudebestandes eine der großen
Herausforderungen der Energiewende und ein wesentlicher Baustein, um die gesteckten
Klimaschutzziele zu erreichen. Das Szenario geht davon aus, dass der Endenergieverbrauch im
Gebäudebestand bis 2042 um 64 % sinkt. Hierfür wäre es erforderlich, dass 80 % der Gebäude ihren
Wärmeverbrauch um 80 % reduzieren.

Die Betrachtung richtet sich dabei nicht allein auf einzelne Gebäude, sondern vielmehr auf den
energetischen Sanierungsprozess von ganzen Quartieren (Beispiel InnovationCity roll out). Das
klimaneutrale Quartier im Bestand ist eine besondere Herausforderung und bietet noch erhebliches
Potenzial für Forschungsfragen und die Entwicklung Gladbecks.

Endenergieverbrauch durch klimaschonendes Verhalten reduzieren
Da auf den Sektor der privaten Haushalte und die Wirtschaftssektoren in der Stadt Gladbeck insgesamt
fast 3/4 der gesamtstädtischen Energieverbräuche entfallen, ist die Entwicklung von Leitlinien, welche
die Sensibilisierung und Mitwirkung der Zivilgesellschaft sowie die Umweltbildung umfassen, für eine
wirkungsvolle kommunale Klimaschutzpolitik von hoher Bedeutung. Die Bevölkerung kann durch private
Konsum- und Verhaltensentscheidungen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Darüber hinaus
unterstützt das Bewusstsein über die eigenen Handlungsmöglichkeiten die Akzeptanz für die
Umsetzung der Maßnahmen auf gesamtstädtischer Ebene. Die Verantwortung liegt aber nicht allein bei
den Bürger:innen als Konsument:innen. Für die Akzeptanz in der Gesamtgesellschaft ist die
„Gerechtigkeitsfrage“ von großer Bedeutung. Hier besteht ein erhebliches Akzeptanzrisiko. Die breite
Verankerung klimaschonender Lebensstile ist daher auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe:
Anbietende und Unternehmen müssen ihren Beitrag durch nutzenbringende und erschwingliche
Angebote und Dienstleistungen leisten, die Stadt hat die Verantwortung, gute Rahmenbedingungen
Ermittlung eines Zielkorridors                                                                    33

auch für Menschen mit geringem Einkommen zu schaffen. In der Szenarienbetrachtung wird ein
Suffizienzpotenzial von 10 % bei den Energieverbräuchen im Bereich der privaten Haushalte im Sektor
Wärme sowie Licht und Kraft unterstellt.

Endenergieverbrauch im Wirtschaftssektor reduzieren
Ein bedeutsamer Teil der Treibhausgasemissionen wird durch produzierende Betriebe
(Produktionsprozesse), aber auch durch Büro- und Verwaltungsgebäude erzeugt. Dazu gehören neben
Gebäuden aus dem Dienstleistungsbereich auch Gebäude aus dem öffentlichen Sektor. Strategisch
bedeutend sind neben der Förderung der Energieeinsparung im Prozess- und Gebäudebereich auch
effiziente, branchenspezifische Energieversorgungsangebote. Klimaschonendes Arbeiten und
Wirtschaften ist in Gladbeck daher nicht allein eine technisch zu lösende Aufgabe. Es gilt
Klimaneutralität als Ziel der Wirtschaft zusammen mit der Sicherung von Arbeitsplätzen zu verankern.
Hierzu bedarf es Strategien, die Transformationsprozesse in den Unternehmen hin zur Klimaneutralität
zu beschleunigen, Anreize für die Ansiedlung klimaneutraler Unternehmen zu schaffen und eine
Steigerung der Innovationskraft für die Entwicklung klimaschonender und nachhaltiger Produkte und
Dienstleistungen zu unterstützen. In den Wirtschaftssektoren wird im Bereich Licht und Kraft sowie der
Prozesswärme eine Einsparung bis zum Zieljahr von 48 % unterstellt. Diese Annahme setzt sich aus
einer Sanierungsquote von 80 % (wie im Raumwärmebereich) sowie einer Endenergiereduzierung von
60 % je saniertem Verbraucher.

Klimaschonende Mobilität ausbauen
Zur Erreichung der Klimaneutralität muss der Endenergieverbrauch im Verkehrssektor möglichst ohne
große Einschränkung der Mobilität sinken. Zentrale Fragestellungen stellen sich hierbei sowohl in
Bezug auf die Fortführung bzw. Erweiterung technologischer Entwicklungen sowie die Erleichterung
eines multimodalen Verkehrsverhaltens. In Hinblick auf das Verkehrsverhalten sollte sich der Modal
Split in Richtung Rad- und Fußverkehr sowie ÖPNV verschieben. Durch die Förderung von Home Office
und der Digitalisierung ist es möglich, Verkehrswege einzusparen und damit den gesamten
Personenverkehr zu reduzieren. Die drei Grundsäulen der Dekarbonisierung des Mobilitätssektors sind
die Verlagerung des Individualverkehrs auf den öffentlichen Nahverkehr, die Umrüstung der
Antriebstechnologie auf klimaschonendere Antriebe sowie die generelle Einsparung von Endenergie
bspw. durch Effizienz- und Suffizienz-Maßnahmen. Im Vergleich zum Elektromobilitätskonzept der Stadt
Gladbeck setzt das Zielszenario auf eine 100 % Umrüstung aller PKW auf Elektromobilität. Unter diesen
Annahmen müssten bis 2030 nicht rund 5.700 ePKW auf Gladbecker Straßen unterwegs sein, sondern
eher rund 20.000 ePKW. Weiterhin unterstellen die Szenarien einen Ausbau der Fahrzeugkilometer des
öffentlichen Personennahverkehrs um 20 %, sowie die vollständige Umrüstung der Fahrzeugflotte des
öffentlichen Personennahverkehrs auf elektrische und wasserstoffbetriebene Antriebe.

Aus der Detailbetrachtung ergeben sich aus dem vorgestellten Szenario Leitplanken, die im Folgenden
herausgearbeitet werden. Um den Gesamtüberblick herzustellen, ist in Abbildung 10 der gesamte
Endenergiebedarf bis 2050 dargestellt.
34

                          2.500.000
     Endenergie [MWh/a]

                          2.000.000

                          1.500.000

                          1.000.000

                           500.000

                                  0
                                        2021          2025        2030         2035         2040          2045         2050

                                                      Licht und Kraft     Wärme        Mobilität

Abbildung 10                       Endenergiebedarf in den Anwendungssektoren

Die Abbildung macht deutlich, dass die Endenergie bis 2042 stetig sinkt. Nach 2042 stagniert die
Reduktion und es ist ein leichter Aufwärtstrend durch das Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum
erkennbar. Die meiste Endenergie wird im Wärmesektor eingespart. Aus der folgenden Tabelle geht
hervor, dass im Mobilitätssektor jedoch prozentual noch mehr Endenergie eingespart werden müsste.

                            Licht und Kraft          Wärme                     Mobilität                  gesamt
                              absolut                  absolut                   absolut                    absolut
                                              in %                      in %                       in %                       in %
                             [GWh/a]                  [GWh/a]                   [GWh/a]                    [GWh/a]
2019                             336          100       1.293           100           546          100       2.174            100
2030                             274           81         916            71           288           53       1.478             68
2040                             215           64         620            48           160           29           995           46
2050                             215           64         602            47           145           27           962           44

Tabelle 1                          Endenergiebedarf nach Anwendungssektoren

Aus der Tabelle ergibt sich zudem, dass im Sektor Licht und Kraft bis 2050 ca. 125 GWh/a reduziert
werden müssten. Im Wärmesektor beträgt die Einsparung rund 691 GWh/a. Für den Mobilitätsbereich
wird der Endenergiebedarf um 73 % reduziert, was einer Einsparung von 401 GWh/a entspricht.
Insgesamt verringert sich der Gladbecker Endenergiebedarf um 54 % bis 2050.

Die Treibhausgasemissionsminderung kann in Abbildung 11 abgelesen werden.
Ermittlung eines Zielkorridors                                                                                           35

                700.000
                600.000
                500.000
   t CO2 eq/a

                400.000
                300.000
                200.000
                100.000
                      0
                              2021         2025         2030          2035            2040          2045          2050

                                            Licht und Kraft      Wärme        Mobilität

Abbildung 11              Treibhausgasentwicklung in den Anwendungssektoren

Im Kurvenverlauf „Licht und Kraft“ ist der Effekt des Ökostrombezugs bis 2030 deutlich zu sehen.
Insgesamt reduzieren sich die Treibhausgasemissionen bis 2050 von 661 Tt CO 2 eq/a um 95 % auf
34 Tt CO2 eq/a. Die weiteren Reduktionspfade sind in Tabelle 2 aufgeführt.

                  Licht und Kraft          Wärme                      Mobilität                     gesamt
                   absolut                  absolut                     absolut                       absolut
                                    in %                       in %                          in %                        in %
                     [Tt/a]                   [Tt/a]                      [Tt/a]                        [Tt/a]
 2019                  161           100          333          100           172             100           665           100
 2030                     9            6          145           43           54               32           208            31
 2040                     7            4           36           11            11               6             54               8
 2050                     7            4           20            6                7            4             34               5

Tabelle 2                 Treibhausgasentwicklung in den Anwendungssektoren

Die Aufschlüsselung der Verbrauchssektoren ist in der folgenden Abbildung 12 dargestellt und
ermöglicht eine detailliertere Betrachtung der Anstrengungen, welche die lokalen Beteiligten
unternehmen müssten.
36

                          2.500.000
     Endenergie [MWh/a]

                          2.000.000

                          1.500.000

                          1.000.000

                           500.000

                                 0
                                       2021          2025          2030        2035        2040        2045         2050

                             Private Haushalte       GHD + Industrie       Kommunale Einrichtungen            Mobilität

Abbildung 12                      Endenergie nach Verbrauchssektoren

Aus der Abbildung geht hervor, dass selbst nach dem Heben sämtlicher Potenziale der Wirtschafts-
sektor für den größten Teil des Endenergiebedarfs verantwortlich ist. Er macht mit 619 GWh/a rund
64 % des gesamten Endenergiebedarfs im Jahr 2050 aus. Eine detailliertere Darstellung bietet Tabelle
3.

                            Private                                 Kommunale
                                                 GHD + Industrie                           Mobilität          gesamt
                            Haushalte                               Einrichtungen
                             absolut              absolut            absolut                absolut             absolut
                                      in %                  in %                 in %                  in %                in %
                            [GWh/a]              [GWh/a]            [GWh/a]                [GWh/a]             [GWh/a]
2019                             495    100        1.102     100          31      100           546    100       2.174     100
2030                             335     68          835      76          20          66        288     53       1.478      68
2040                             206     42          617      56          12          40        160     29         995      46
2050                             186     38          619      56          11          36        145     27         962      44

Tabelle 3                         Endenergiebedarf nach Verbrauchssektoren

Die Treibhausgasemissionen nach Verbrauchssektoren sind in Abbildung 13 abgebildet.
Ermittlung eines Zielkorridors                                                                                   37

                800.000

                600.000
   t CO2 eq/a

                400.000

                200.000

                     0
                               2021       2025        2030           2035         2040        2045        2050

                   Private Haushalte        GHD + Industrie      Kommunale Einrichtungen             Mobilität

Abbildung 13              Treibhausgasemissionen nach Verbrauchssektoren

Es wird erkennbar, dass die Treibhausgase bis 2030 schnell sinken und im Anschluss langsamer bis
2042 absinken. Auch aus Sicht der Treibhausgasemissionen wird die große Verantwortung des
regionalen Wirtschaftssektors am Erreichen der Klimaneutralität deutlich, da rund 2/3 der Emissionen
auf     den     Wirtschaftssektor    zurückzuführen    sind.      Tabelle      4    schlüsselt    die
Treibhausgasemissionsentwicklung im Szenario genauer auf.

                  Private                                 Kommunale
                                       GHD + Industrie                            Mobilität          gesamt
                  Haushalte                               Einrichtungen
                   absolut              absolut            absolut                 absolut            absolut
                             in %                  in %                in %                   in %               in %
                      [Tt/a]              [Tt/a]              [Tt/a]                 [Tt/a]             [Tt/a]
 2019                 149       100        335     100          9           100        172    100         665    100
 2030                     43     29        108      32          3           32           54    32         208     31
 2040                     11      7          32     10          1             7          11     6          54         8
 2050                     6       4          21      6         0,4            4           7     4          34         5

Tabelle 4                 Treibhausgasemissionen nach Verbrauchssektor

Die Frage, ob das entwickelte Szenario mit dem Pariser-Klimaschutzabkommen konform ist,
beantwortet Abbildung 14. Zu beachten ist, dass die nachfolgende Berechnung der jährlichen
Emissionen nicht BISKO-konform ist, da die lokalen erneuerbaren Energiepotenziale sowie der
Ökostrombezug mit einberechnet wurden. Außerdem ist in der Abbildung der Kompensationsanteil ab
2030 inkludiert.
38

 Jährl. Emissionen – lokaler
 Strommix [Tt CO2 eq/a]                                                                                     Restbudget [Tt CO2]
   800                                                                                                                     8.000
     700                                                                                                                   7.000
     600                                                                                                                   6.000
     500                                                                                                                   5.000
     400                                                                                                                   4.000
     300                                                                                                                   3.000
     200                                                                                                                   2.000
     100                                                                                                                   1.000
       0                                                                                                                   0
     -100                                                                                                                  -1.000
     -200                                                                                                                  -2.000
            2020               2025           2030              2035              2040              2045            2050
            Jährliche Emissionen - lokaler Strommix abzgl. Kompensation ab 2030          Restbudget 1,75°       Restbudget 1,5°

Abbildung 14          Budgetbetrachtung des Szenarios anhand des 1,5 Grad- und 1,75 Grad-Ziels

Unter den gegebenen Rahmenbedingungen ist das vorgestellte Szenario mit dem Pariser-
Klimaschutzabkommen konform. Zwar würde das 1,5 Grad-Ziel bereits 2027 verfehlt werden, aber
unter der Prämisse, dass die Klimaerwärmung nicht mehr als 2 Grad betragen darf, reicht das
1,75 Grad-Ziel aus. Das Szenario erfordert jedoch trotzdem ein immenses gesamtgesellschaftliches
Engagement. Die Kennziffern des Prozesses hin zur Klimaneutralität sind in der folgenden Tabelle 5
festgehalten.

Rahmenbedingungen                                    von jetzt bis 2042, bezogen auf Endenergie
Private Haushalte - Wärme                            3,8 %/a der Wohngebäude mit 80 % Reduktion bis 2042
Private Haushalte - Licht und Kraft                  1,4 %/a Endenergieeinsparung bis 2042
Wirtschaft - Raumwärme                               3,8 %/a der Gebäude mit 80 % Reduktion
Wirtschaft - Prozesswärme                            2,3 %/a Einsparung Prozesswärme bis 2042
Wirtschaft - Licht und Kraft                         2,3 %/a Einsparung Licht + Kraft bis 2042
                                                      Ausbau E-Mobilität MIV 4,8 %/a bis 2042
                                                      2,4 %/a Ausbau Wasserstoff                     Linienbusse     und
Mobilität                                              Lastverkehr bis 2042
                                                      Fahrleistungsverringerung MIV 2,6 %/a bis 2042

                                                     5 % des Emissionsniveaus von 1990 werden ab 2030
Kompensation
                                                     kompensiert, 27 Tt/a

Tabelle 5             Leitlinien des Transformationsprozesses

Aus der Tabelle geht der Umfang der Transformation hervor. Beispielsweise beträgt die
Gebäudesanierungsrate in Deutschland in den letzten Jahren rund 1 %. Um das Klimaziel zu erreichen
wäre somit knapp eine Vervierfachung notwendig. Auch die Fahrleistung des Motorisierten-Individual-
Verkehrs (MIV) ist in Deutschland tendenziell steigend, wohingegen im Szenario eine Reduktion von
2,6 % pro Jahr bis 2042 hinterlegt ist.
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