ENVIRONMENTS ACTIVISTS - Ältere Menschen als Fürsprecher*innen für eine altersfreundliche Lebenswelt - Ein Trainings-Handbuch - isis ...

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AGE-FRIENDLY
ENVIRONMENTS ACTIVISTS
Ältere Menschen als Fürsprecher*innen
für eine altersfreundliche Lebenswelt –
                Ein Trainings-Handbuch
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DIE PARTNER*INNENSCHAFT
Die folgenden Personen und Organisationen haben zu diesem
Trainings-Handbuch beigetragen:

 Europäische Koordination und Umsetzung in LITAUEN
              Asociacija “Senjorų iniciatyvų centras”.
                                        Edita Šatienė,
                              Marija Bagdanavičienė,
                                Nijolė Malaškevičienė
                            rasyk@senjoru-centras.lt
                              www.senjoru-centras.lt

                                        ÖSTERREICH
                queraum. kultur- und sozialforschung
                                     Anita Rappauer,
                                Michael Stadler-Vida,
                                    Susanne Dobner,
                             rappauer@queraum.org
                                   www.queraum.org

                                      DEUTSCHLAND
                                         ISIS GmbH –
      Sozialforschung, Sozialplanung, Politikberatung
                                          Karin Stiehr,
                                      Welela Samson
                      stiehr@isis-sozialforschung.de
                        www.isis-sozialforschung.de

                                             ITALIEN
                                              Lunaria
                                      Angela Pagano,
                                       Sergio Andreis
                                  andreis@lunaria.org
                                     www.lunaria.org

                                    DIE NIEDERLANDE
                                             AFEdemy
                              Willeke van Staalduinen,
                                      Javier Ganzarain
                                  willeke@afedemy.eu
                                   javier@afedemy.eu
                                      www.afedemy.eu

Impressum
Dieses AFE-Trainings-Handbuch ist ein Intellektueller Output des Erasmus+-Projekts „Age-friendly
Environments Activists“ (Schlüsselaktion 2: Zusammenarbeit für Innovation und den Austausch bewährter
Verfahren. Strategische Partner*innenschaften im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung und Jugend).
Projekt-ID: 2018-1-LT01-KA204-046947
Projekt-Website: www.afe-activists.eu
Herausgegeben von: Asociacija "Senjorų iniciatyvų centras", 2020
Design: Vaiva Valeikienė
Unser besonderer Dank und unsere Anerkennung gilt den Projekt-Teilnehmer*innen und Kooperations-Part-
ner*innen, die ihre Zeit und ihr Fachwissen eingebracht und mit ihrem Engagement einen wertvollen Beitrag zu
einer altersfreundlicheren Lebenswelt geleistet haben.

                                                   Die Unterstützung der Europäischen Kommission für die Erstellung die-
                                                   ser Veröffentlichung stellt keine Billigung der Inhalte dar, die nur die An-
                                                   sichten der Autoren widerspiegeln, und die Kommission kann nicht für
                                                   die Verwendung der darin enthaltenen Informationen verantwortlich ge-
                                                   macht werden.
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INHALTSVERZEICHNIS
Über dieses Handbuch                                                  4
Über das Projekt                                                      5
Das Konzept altersgerechter Lebenswelten                              6
Bewusstsein, Aktivismus, Interessenvertretung                         7
Wer sind AFE-Fürsprecher*innen?                                       9
   Wer waren die Teilnehmer*innen des AFE-Trainings?                  10
Das AFE-Fürsprecher*innen-Training                                    10
   Ausbildungsziele                                                   11
   Beispielhafte Struktur des Trainings                               11
   Grundlegender Zugang und Durchführung des Trainings                13
   Trainer*innen                                                      13
   Trainingsort                                                       14
   Zeitrahmen des Trainings                                           14
Erfahrungslernen durch Studienbesuche in altersfreundlichen Städten   15
Geplante und durchgeführte Pilotprojekte                              16
   Bereiche und Themen                                                16
   Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum                             16
   Körperliche Einschränkungen älterer Konsument*innen                17
                                                                                 3
   Barrieren für Ältere bei der Teilnahme an kulturellen
   Veranstaltungen                                                    17
   Begehungen                                                         17
   Sicherheit zu Hause, auf der Straße und in Geschäften              17
   Beobachtung und Berichterstattung über die Qualität
   kommunaler Dienstleistungen                                        18
   Verstärktes bürgerschaftliches Engagement älterer Menschen         18
   Nicht bekannte Rechte älterer Bürger*innen                         18
   Entwurf von Richtlinien zur Förderung der Teilhabe älterer
   Menschen an der Sozialpolitik des Stadtbezirks II                  19
   Kooperationen                                                      19
Schlussfolgerungen und Empfehlungen                                   20
Methodenbox                                                           21
Reflexions- und Evaluationsworkshop
Feedback-Formular                                                     35
Endnoten                                                              38
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ÜBER DIESES HANDBUCH

                Dieses Handbuch ist ein praktisches Hilfsmittel für Erwachsenenbildner*in-
            nen, die ältere Menschen in der nachberuflichen Lebensphase dabei unterstüt-
            zen möchten, sich als Fürsprecher*innen für eine altersfreundliche Lebenswelt
            (Age-friendly Environments – AFE) einzusetzen. Für eine altersfreundliche Le-
            benswelt ist es ganz wesentlich, dass die Infrastrukturen und Dienstleistungen in
            der Kommune an die unterschiedlichen Fähigkeiten, Lebenswelten und Bedürfnis-
            se aller Generationen angepasst sind. AFE-Fürsprecher*innen bringen daher ihre
            Ideen für eine altersgerechte Gestaltung des öffentlichen Raums und von Dienst-
            leitungen ein und setzen diese gemeinsam mit lokalen Akteur*innen um.
               Dieses Handbuch wurde im Erasmus+ Projekt Age-friendly Environments Acti-
            vists entwickelt und beinhaltet Lehrmethoden und -materialien, die von den Pro-
            jektpartner*innen entwickelt und in Pilottrainings in Den Haag (NL), Hanau (DE),
            Kaunas (LT), Rom (IT) und Wien (AT) verwendet wurden. Sie wurden an die Bedürf-
            nisse der Teilnehmer*innen und die jeweiligen lokalen Kontexte angepasst.
               Auf Basis der Erfahrungen in den Partnerländern wurde schließlich ein gemein-
            sames europäisches Konzept für die Fortbildung älterer Menschen zu AFE-Für-
            sprecher*innen entwickelt. Senior*innen werden befähigt, ihre eigene Umgebung
            unter dem Gesichtspunkt der Altersfreundlichkeit zu bewerten und ihre Ideen und
            Erfahrungen einzubringen, wie die Lebenswelt für alle Generationen attraktiver und
            zugänglicher gestaltet werden kann.
               Mit diesem Handbuch möchten wir Trainer*innen in der Erwachsenenbildung
            ein Instrument für die Arbeit mit älteren Menschen bieten, die mehr über alters-
            freundliche Lebenswelten und soziale Partizipation von älteren Menschen erfahren
            möchten. Wir laden die Benutzerinnen und Benutzer dieses Handbuchs ganz herz-
            lich dazu ein, die vorgestellte Struktur und die Materialien an ihre eigenen Bedürf-
4           nisse und Rahmenbedingungen anzupassen!
               Das Handbuch kann gemeinsam mit den anderen Produkten des AFE-Acti-
            vists-Projekts verwendet werden. Den AFE Erfahrungsbericht und das Compendi-
            um of Good Practices (auf Englisch) finden Sie auf der Projekt-Website:
            www.afe-activists.eu.
               Die Veröffentlichungen des WHO-Regionalbüros für die Europäische Region,
            Age-friendly environments in Europe. A handbook of domains for policy action,1
            Age-friendly Environments in Europe: Indicators, monitoring and assessments2 und
            Global Age-friendly Cities: A Guide3 , legen wir Ihnen zusammen mit den anderen in
            der Bibliografie angeführten Dokumenten zudem ganz besonders ans Herz.
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ÜBER DAS PROJEKT

   Das Projekt Age-friendly Environments Activists         Senior Initiatives Centre, Kaunas, Litauen (Projekt-
wurde durch das Erasmus+-Programm der Europäi-           koordinator) ist ein Verband älterer Menschen, der
schen Kommission finanziert und von 2018 bis 2020        in Kaunas, Litauen, tätig ist. Der Verband organisiert
von Partnerorganisationen in Österreich, Deutschland,    soziale Aktivitäten für seine Mitglieder und entwickelt
Italien, Litauen und den Niederlanden umgesetzt.         und implementiert Angebote für lebenslanges Lernen
   Das Konzept der altersfreundlichen Lebenswelten       für ältere Menschen durch Partnerschaften mit inter-
gewinnt in Europa und weltweit zunehmend an Sicht-       nationalen, nationalen und lokalen Institutionen.
barkeit. Generationenfreundliche Umgebungen sind            AFEdemy, eine Akademie für altersfreundliche Um-
eines der wirksamsten Mittel zur Förderung eines         gebungen in Europa, ist eine Gesellschaft mit be-
gesunden und aktiven Alterns. Eine Stadt generatio-      schränkter Haftung mit Sitz in Gouda, Niederlande.
nenfreundlich zu machen ist ein zweiseitiger Prozess.    Ihre Aufgabe besteht darin, lokalen, regionalen und
Nicht nur Kommunen, Stadtplaner*innen sowie öf-          nationalen Akteur*innen Möglichkeiten zum Kompe-
fentliche und private Einrichtungen müssen die altern-   tenzerwerb in der Gestaltung generationenfreund-
de Bevölkerung in ihren politischen Strategien, Maß-     licher Lebenswelten zu bieten. Zu den Akteur*innen
nahmen und Programmen berücksichtigen. Sondern           gehören auch ältere Erwachsene. Die Methoden um-
auch die Betroffenen selbst müssen Initiativen zu al-    fassen Schulungen, Workshops, Austauschprogram-
tersfreundlichen Lebenswelten starten und umsetzen.      me und Studienbesuche.
Ältere Menschen, die aktiv werden wollen, brauchen          ISIS ist ein privates sozialwissenschaftliches For-
dafür spezifisches Know-how.                             schungs-, Ausbildungs- und Beratungsinstitut. Es
   Dieses Know-how kann ohne Lernen und Wissens-         wurde 1991 gegründet; der Hauptsitz befindet sich
erwerb nicht aufgebaut werden. Verständnis und Wis-      in Frankfurt am Main, Deutschland. Das Institut ist in
sen ermutigen die Menschen dazu, Verantwortung für       den Bereichen Sozialgerontologie, Gender, Migration,
lokale Themen zu übernehmen und sich „ihre“ Orte an-     Zivilgesellschaft, Bildung und Gesundheit tätig. Die
zueignen.                                                Zielgruppen sind sozial benachteiligte oder margina-
Die Hauptziele unseres Projekts waren daher:             lisierte Personen, die von sozialer Ausgrenzung be-
                                                         troffen oder bedroht sind.                                5
••Sensibilisierung von älteren und hochaltrigen Men-
  schen, öffentlich Bediensteten, lokalen Entschei-         Lunaria hat den Hauptsitz in Rom, Italien. Diese ge-
  dungsträger*innen und lokalen und nationalen           meinnützige NGO wurde 1992 gegründet und ist Mit-
  Interessenvertreter*innen für generationenfreund-      glied der Allianz der Organisationen des Europäischen
  liche Lebenswelten                                     Freiwilligendienstes. Sie ist im Bereich der interna-
••Ältere  Menschen dazu anzuregen, sich zu informie-     tionalen Freiwilligentätigkeit und des internationalen
  ren und sich aktiv für ihre Interessen einzusetzen     Austauschs tätig, einschließlich – in den letzten zehn
••Ältere Lernende bei der Umsetzung konkreter Ak-        Jahren – der Freiwilligentätigkeit älterer Menschen
  tivitäten zur Mitgestaltung einer altersfreundlichen   und intergenerationeller Freiwilligenarbeit, der Aus-
  Lebensumwelt auf lokaler Ebene zu unterstützen         bildung und der Aktionsforschung.
Unsere Ziele wurden erreicht durch:                         queraum ist ein privates Forschungsbüro, das 2004
••Sammeln, Analysieren und Präsentieren inspirie-        in Wien, Österreich, gegründet wurde. Das Team von
  render Initiativen im Bereich generationenfreund-      queraum beschäftigt sich in europäischen und na-
  liche Lebenswelten                                     tionalen Projekten mit der Entwicklung altersfreund-
••Entwurf und Erprobung eines Lehrplans für              licher Umgebungen sowie den Themen Aktives Altern
  nicht-formales, erfahrungsorientiertes und projekt-    und Soziale Teilhabe älterer Menschen.
  basiertes Lernen
••Transnationale Lernmobilität, um ausgewählten
  Teilnehmer*innen die Möglichkeit zu geben, in Den
  Haag, einem Mitglied des WHO-Netzwerks alters-
  freundlicher Städte, aus erster Hand Erfahrungen
  mit einem generationenfreundlichen Umfeld zu
  sammeln
••Einbeziehung von Expert*innen, öffentlich Bediens-
  teten und verschiedenen anderen Akteur*innen in
  die Projektaktivitäten
••Verbreitung der Projektergebnisse auf Konferenzen
  und öffentlichen Veranstaltungen
  Die folgenden Organisationen haben dieses Projekt
durchgeführt:
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DAS KONZEPT ALTERSGERECHTER
    LEBENSWELTEN
               Anfang 2018 lebten 101,1 Millionen ältere Menschen (65 und älter) in der EU-28;
            dies entspricht fast einem Fünftel (19,7%) der Gesamtbevölkerung. Während der
            nächsten drei Jahrzehnte wird die Zahl der älteren Menschen in der Europäischen
            Union voraussichtlich steigen und 2050 mit 149,2 Millionen Menschen einen
            Höchststand erreichen; der relative Anteil älterer Menschen an der Gesamtbe-
            völkerung wird ebenfalls zunehmen und 2050 voraussichtlich 28,5% erreichen.4
               Einerseits wird vermutet, dass die Alterung der Bevölkerung einen Abwärts-
            druck auf das Wirtschaftswachstum ausüben, das Arbeitskräfteangebot verrin-
            gern, zu höheren (altersbedingten) Sozialkosten führen und sich auf die Nach-
            haltigkeit der Staatsfinanzen auswirken wird 5 . Andererseits wird argumentiert,
            dass die Alterung der Bevölkerung das Wirtschaftswachstum nicht behindern
            müsse und dass sie stattdessen einen Anreiz für die Entwicklung neuer Güter
            und Dienstleistungen bieten könne, z.B. Wohnungen oder Verkehrsmittel, die an
            die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung angepasst sind, oder auch neue So-
            zial- und Pflegedienstleistungen.6
               Aktives Altern ist eine Politik der Europäischen Kommission und darauf aus-
            gerichtet, den älteren Menschen dabei zu helfen, ihr Leben so lange wie möglich
            selbst in die Hand zu nehmen und, wenn möglich, einen Beitrag zu Wirtschaft und
            Gesellschaft zu leisten.
              Aktives und gesundes Altern ist ohne eine generationenfreundliche Lebens-
            welt jedoch nicht möglich.
               „Altersfreundliche Lebenswelten fördern Gesundheit und Wohlbefinden und
            die Teilhabe der Menschen im Alter. Sie sind zugänglich, gerecht, integrativ, sicher
            und unterstützend. Sie fördern die Gesundheit und verhindern oder verzögern Er-
            krankungen und Funktionseinbußen. Sie bieten personenzentrierte Dienste und
6           Unterstützung, um die Genesung zu ermöglichen oder den Funktionsverlust aus-
            zugleichen, damit die Menschen weiterhin die Dinge tun können, die ihnen wich-
            tig sind“.7 (WHO)
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BEWUSSTSEIN, AKTIVISMUS,
INTERESSENSVERTRETUNG
Nur eine Gruppe von Menschen weiß wirklich, worauf es ankommt, wenn es um Al-
tersfreundlichkeit geht: ältere Menschen. Die Gruppe älterer Menschen ist jedoch
sehr heterogen – nicht nur in Bezug auf ihren Gesundheitszustand, ihren sozialen
Status, ihren Bildungsstand und ihre Interessen. Die Älteren unterscheiden sich
auch darin, wie gut sie sich über soziale und politische Fragen informiert fühlen
oder wie gut sie in der Lage sind, einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft zu leisten. In
der Regel sind gut ausgebildete ältere Menschen, die in ihrem Leben höhere Posi-
tionen innegehabt haben, in der Lage, ihre Interessen zu äußern und sich für sie
einzusetzen, während andere, insbesondere Angehörige benachteiligter Gruppen,
sich nicht trauen, sich Gehör zu verschaffen oder ihre Sichtweisen einzubringen.
Daher nehmen Expert*innen, Fachleute und/oder Politiker*innen häufig eine für-
sorgliche Haltung „von oben“ ein und entscheiden, welche Politiken, Systeme und
Dienstleistungen gut für ältere Menschen sind.

                            Altersdiskriminierung ist die am häufigsten
                            erlebte Form der Diskriminierung.

  Ältere Menschen leisten u.a. als Konsument*innen, pflegende Angehörige und
Freiwillige wichtige Beiträge für unsere Gemeinschaften. Trotzdem werden die de-
mografischen Veränderungen, d.h. die wachsende ältere Bevölkerung, oft als ein
soziales Problem mit globalen Auswirkungen gesehen. Das Alter gilt vielen als In-
dikator für Fähigkeiten, Kompetenzen, Fertigkeiten, Erfahrungen und den Gesund-
                                                                                        7
heitszustand8 .
  Es gibt Hinweise darauf, dass Altersdiskriminierung die am häufigsten erlebte
Form der Diskriminierung ist.9 Während es als inakzeptabel gilt, jemanden auf-
grund von Geschlecht oder Hautfarbe zu diskriminieren, führen Altersgrenzen, die
alle über 65-Jährige in politischen Programmen als „Ältere“ konzeptualisieren,
zu Problemen bei der Arbeitssuche und legen Obergrenzen fest, um sich z.B. für
bestimmte Positionen zu qualifizieren, Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch zu
nehmen und Versicherungen abschließen zu können. Ziel ist es, stereotype Vor-
stellungen vom Alter mit neuen Ansätzen wie dem des positiven und erfolgreichen
Alterns zu kontrastieren. Alle Menschen haben die Fähigkeit und das Potenzial, un-
abhängig vom Alter einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Aber oft schränken
altersdiskriminierende Einstellungen ihre Möglichkeiten ein.

                            Immer mehr Menschen leben mit verschiedenen
                            Arten von altersbedingten Krankheiten und
                            Einschränkungen, einschließlich Demenz.

  Da die Zahl der älteren Erwachsenen steigt, gibt es immer mehr Menschen mit al-
tersbedingten Krankheiten und Einschränkungen, darunter auch Demenz. Demenz
ist nach den Daten des WHO-Regionalbüros für Europa die Hauptursache für Ab-
hängigkeit und Behinderung bei älteren Menschen in der Europäischen Region der
WHO.10 Gegenwärtig sind rund zehn Millionen Menschen in Europa von Demenz
betroffen; das Auftreten der Krankheit wird sich bis 2030 voraussichtlich verdop-
peln. Alters- und demenzfreundliche Gemeinschaften sind die Antwort auf diese
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                  neue Realität weltweit. Die Autor*innen der Vergleichenden Analyse von alters- und
                  demenzfreundlichen Gemeinschaften kommen zum Schluss, dass Kommunen von
                  Anfang an die beiden Ansätze integrieren sollten.11 Die Anwaltschaft für Demenz-
                  kranke wird als vierte wichtige Etappe des in der WHO-Publikation Demenz: Eine
                  Priorität für die öffentliche Gesundheit12 vorgestellten Demenz-Akzeptanzmodells
                  hervorgehoben.

    Barrieren im Lebensumfeld und Einsamkeit gehören
    für ältere Menschen zu den größten Herausforderungen.

                    Barrieren im Lebensumfeld und Einsamkeit gehören für ältere Menschen und
                  deren Familien oft zu den größten Herausforderungen. Sie können mit mehr Be-
                  wusstsein, Verantwortung und Aktivismus angegangen werden, um unsere Städte,
                  Gemeinden und Nachbarschaften generationenfreundlicher zu gestalten. Ältere
                  Menschen haben viel zu geben und können wertvolle Ideen und Erfahrungen ein-
                  bringen, wie das soziale Leben und öffentliche Räume für alle Altersgruppen at-
                  traktiver und zugänglicher gestaltet werden können. Der Trainingsansatz und die
                  Materialien in diesem Handbuch zielen darauf ab, ältere Menschen dabei zu unter-
                  stützen, sich in verschiedenen altersbezogenen Bereichen zu engagieren. Mit Be-
                  wusstseinsbildung und Schulungen können Kompetenzen aufgebaut werden, die
                  notwendig sind, damit Menschen sich organisieren, ihren eigenen Bedürfnissen
                  folgen und sich bei anderen Gehör verschaffen.
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WER SIND AFE-FÜRSPRECHER*INNEN?
     "Wir können Politiker*innen überzeugen,
     wenn wir deutlich machen, dass auch sie,
           wenn sie Glück haben, alt werden."
                                Teilnehmer aus Rom

   AFE-Fürsprecher*innen sind ältere Menschen, die             Kove. Kilburn Older Voices Exchange ist eine kom-
sich für altersgerechte Lebenswelten interessieren und       munale Aktionsgruppe älterer Menschen in Kilburn,
als Fürsprecher*innen für andere ältere Menschen auf-        Großbritannien, die das Ziel verfolgt, die Lebensquali-
treten wollen. Sie starten Initiativen an der Basis, um zu   tät älterer Menschen zu verbessern, indem sie sowohl
einer Sensibilisierung beizutragen und das Thema der         Aktivitäten organisiert als auch Kampagnen zu The-
generationenfreundlichen Lebenswelt voranzubringen.          men durchführt, die ältere Menschen betreffen. Kove
   Das Training spricht Einzelpersonen an, die dar-          möchte ihre soziale Isolation überwinden und den
an interessiert sind, zu lernen und/oder ihr Wissen          Einfluss älterer Menschen auf lokal relevante Themen
über generationenfreundliche Lebenswelten und bür-           erhöhen.
gerschaftliches Engagement weiterzuentwickeln.                  OMAS GEGEN RECHTS wurde von österreichischen
AFE-Fürsprecher*innen sind daran interessiert, ihre          Großmüttern gegründet, um die jüngeren Genera-
Initiativen allein oder in Teams umzusetzen.                 tionen die Gefahren rechtsextremer Ideologien nicht
   Zu den Fähigkeiten und Kompetenzen von AFE-Für-           vergessen zu lassen. Da sich der Rechtspopulismus
sprecher*innen gehören persönliche Fähigkeiten, so-          in ganz Europa ausbreitet, sind für sie ihre Warnun-
ziale Kompetenzen und berufliche Fertigkeiten.               gen heute dringender denn je. Sie gehen mit jungen
   AFE-Fürsprecher*innen sind oder werden in ver-            Menschen zu Demonstrationen gegen Extremismus
schiedenen Bereichen und auf verschiedenen Ebenen            und beteiligen sich an verschiedenen Aktionen für ein
aktiv – je nach ihren Fähigkeiten und Interessen sowie       solidarisches Miteinander. Die OMAS GEGEN RECHTS
den Bedürfnissen ihres Lebensumfelds und ihrer Ge-           wollen verhindern, dass sich die Geschichte wieder-
meinschaften. Zahlreiche Beispiele für mögliche Tätig-       holt. Inzwischen hat die Bewegung auch in Deutsch-
keitsbereiche werden im Compendium of Good Prac-             land Fuß gefasst.
tices of Advocacy in Age-friendly Environments (auf
Englisch) vorgestellt. Dieses Kompendium zeigt ein               "Wir wissen über den Zweiten Weltkrieg                9
breites Spektrum an inspirierenden Möglichkeiten auf,        Bescheid; wir wissen, was mit unseren Groß-
das Bewusstsein für generationenfreundliche Lebens-           eltern passiert ist, und wir erzählen jungen
welten zu schärfen und in relevanten Bereichen aktiv                                     Menschen davon."
zu werden. Einige Beispiele finden Sie auch hier:                                          Monika Salzer,
    Die Bürgerinitiative Age Friendly Wonen (Alters-                   Gründerin von OMAS GEGEN RECHTS
freundliches Wohnen), eine von drei älteren Menschen
in Amsterdam gegründete Stiftung, hat zum Ziel, ältere          The Curtain Up Players ist eine Amateurtheatergrup-
Menschen dabei zu unterstützen, in ihren eigenen vier        pe von über 50 Personen unter der Leitung von Ron
Wänden zu leben. Altersfreundliches Wohnen bedeutet,         Wiener in Huddersfield (England). Die Gruppe führt in
Bedingungen zu schaffen, die es physisch möglich ma-         Gemeindezentren, Pflegeheimen, und Mittagsclubs
chen, so lange wie möglich unabhängig an dem Ort zu          soziale Improvisationstheaterstücke über Demenz
leben, an dem man sozial verankert ist. Barrierefreiheit     und andere altersbedingte Probleme auf. Die Gruppe
ist für die Stiftung das Schlüsselwort für das Alter(n) in   verwendet dabei die Soziodrama-Methode. Diese hilft
der Gemeinschaft: Ohne physische Zugänglichkeit gibt         den Menschen, ihre Situation besser zu verstehen und
es keine soziale Zugänglichkeit. Die Stiftung entwickelt     – bei Bedarf – auch zu verändern. Die Gruppenmit-
Pilotprojekte zur Adaption bestehender Wohnungen für         glieder schreiben die Theaterstücke selbst. Diese Stü-
ältere Menschen und macht Kommunen, Wohnbauge-               cke beziehen sich auf reale Aspekte des Umgangs mit
sellschaften, Immobilienentwickler und den Gesund-           Demenz, wie sie reale Menschen erleben. Mitreißende
heitssektor auf diese Projekte aufmerksam, um den            Aufführungen lösen sinnvolle Diskussionen aus. Ähn-
Amsterdamer Altbaubestand dauerhaft für ältere Be-           liche Gruppen wurden in weiteren öffentlichen Biblio-
wohner*innen besser zugänglich zu machen.                    theken in England und den USA gegründet.

  "Die (...) Stadträtin war von unseren Ideen so                   "Ich mag es, mit anderen zusammen zu
    begeistert, dass wir durch ihre Vermittlung               sein und gemeinsam zu lachen. Ich weiß die
bald ein Gespräch mit einem Abgeordneten der                      Unterstützung zu schätzen. Wir sind ein
konservativ-liberalen Partei VVD aus der Zwei-                          bisschen wie eine Familie. Wir sind
  ten Kammer des Parlaments haben werden."                                                füreinander da."
   Dick van Alphen, Mitbegründer von Stichting                    Kath Ogden, ein langjähriges Mitglied der
                          Age Friendly Wonen                                            Curtain Up Players
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WER WAREN DIE TEILNEHMER*INNEN
     DES AFE-TRAININGS?
       "Wir Senior*innen müssen aktiv bleiben und                   In Kaunas, Litauen, gehörten zu den Teilnehmer*innen
     uns engagieren. Wenn wir es nicht tun, wird es               Mitglieder des Senior Initiatives Centre, Mitglieder eines
                            niemand für uns tun."                 Seniorenclubs der Gemeinde, ein Mitglied des Senioren-
                                Teilnehmerin aus Hanau            rats und eine Person im Ruhestand auf der Suche nach
                                                                  sinnvollen Aktivitäten.
        In der Pilotphase wurden 75 AFE-Fürsprecher*innen           In Rom, Italien, waren die Teilnehmer*innen des Pilot-
     in fünf Ländern ausgebildet.                                 trainings Mitglieder zweier Senioren-Sozialzentren des
                                                                  Stadtbezirks II, in denen ältere Freiwillige und Mitarbei-
       In Hanau, Deutschland, waren die meisten Trainings-
                                                                  ter*innen des Stadtbezirks II die Aktivitäten der Sozial-
     teilnehmer*innen erfahrene Freiwillige im sozialen oder
                                                                  zentren unterstützen.
     politischen Bereich, darunter ein Mitglied des Stadtrats
     und fünf Mitglieder des Seniorenrats. Eine Teilnehmerin        In Wien, Österreich, hatten die Teilnehmenden unter-
     schult ältere Menschen in Mobilitätsfragen, wie z.B. in      schiedliche berufliche Hintergründe. Einige waren be-
     Sturzprävention, zwei weitere Teilnehmer sind Mobili-        reits erfahrene Freiwillige oder engagierten sich auf
     täts-Scouts, die sich für eine verbesserte Verkehrssi-       lokal-politischer Ebene. Manche Teilnehmerinnen und
     cherheit engagieren. Zwei Teilnehmerinnen waren neu          Teilnehmer waren noch erwerbstätig und betrachteten
     in der Stadt und an Lobbyarbeit für die Belange älterer      die Ausbildung als wertvollen Input und Impuls für ihre
     Menschen interessiert.                                       Arbeit (z.B. Besuchsdienst für ältere Erwachsene). An-
                                                                  dere hatten aufgrund ihrer Erfahrungen mit Mobilitäts-
       In Den Haag, Niederlande, fand die Schulung für äl-
                                                                  barrieren und/oder dem Wunsch, ihre Zeit für wertvolle
     tere Menschen niederländischer und hindustanischer
                                                                  Tätigkeiten zu nutzen, Interesse an den Workshops.
     Herkunft statt, die in der Nachbarschaft von Transvaal
     wohnen und an den Aktivitäten des Gemeindezentrums
     Mandelaplein teilnehmen. Das Pilottraining unterstützte
                                                                      "Ältere Menschen brauchen eine Stimme. Sie
     die Initiative des Den Haager Seniorenrats, Dialoge mit
                                                                                     werden oft missverstanden."
     Bewohner*innen in verschiedenen Stadtvierteln aufzu-                                     Teilnehmerin aus Hanau
     nehmen.
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     DAS AFE-FÜRSPRECHER*INNEN-TRAINING
        Das Fürsprecher*innen-Training kann auf viele Ar-         te zwischen den Workshops. Die thematischen Work-
     ten und für verschiedene Gruppen durchgeführt wer-           shops bestanden aus Informationsvermittlung und
     den, z.B. für Mitglieder von Seniorenräten, öffentliche      praxisorientierten Einheiten. In diesen Treffen wurden
     Bedienstete, lokale Projektgruppen, Freiwillige oder         die Teilnehmer*innen dabei unterstützt, ihre individuel-
     Migrant*innen.                                               le Rolle und ihre Teamrolle als AFE-Fürsprecher*innen
        Das im Rahmen des AFE Activists-Projekts getes-           zu finden. In diesen Rollen setzten die Fürsprecher*in-
     tete Pilottraining umfasste eine Einführungsveranstal-       nen Pilotprojekte in die Praxis um.
     tung, drei thematische Workshops und einen Refle-               Das Training endete mit einer Reflexionssitzung, in
     xions-Workshop. Verfolgt wurde dabei der Ansatz des          der die Teilnehmer*innen den Kurs und ihre eigenen
     erfahrungs- und projektbasierten Lernens. Die „Feld-         Leistungen bewerteten.
     forschung“ und die Arbeit an den Pilotprojekten erfolg-          Eine schematische Darstellung des Trainings:

      Eifüh-        WS1        Pilot-         WS2         Pilot-                   Pilot-    Reflexion       Weiterführung
     rungs-                                                             WS3
                   3–4 h     Aktivitäten     3–4 h      Aktivitäten    3–4 h     Aktivitäten - Sitzung         der Pilot-
     Sitzung                                                                                                  Aktivitäten
Ausbildungsziele
••Sensibilisierung  von älteren und hochaltrigen Men-         Nach dem Training sollen die Teilnehmer*innen:
  schen, öffentlich Bediensteten, lokalen Entscheidungs-       ••das Wesen und die wichtigsten Aspekte einer alters-
  träger*innen und lokalen und nationalen Interessenver-         gerechten Lebenswelt kennen
  treter*innen für generationenfreundliche Lebenswelten        ••Werkzeuge kennen und anwenden, um die Bedürf-
••Entwicklung   von Kompetenzen für den Umgang mit re-           nisse älterer Menschen hinsichtlich ihres Lebens-
  levanten Interessensgruppen                                    umfeldes zu identifizieren
••Aneignung von Fähigkeiten zur Entwicklung und Um-            ••die Fähigkeit besitzen, identifizierte Bedürfnisse zu
  setzung von Initiativen für eine generationenfreundliche       kommunizieren und Erkenntnisse an wichtige Inte-
  Lebenswelt                                                     ressenvertreter*innen und Entscheidungsträger*in-
••Wissensvermittlung zu Beispielen einer guten Praxis,           nen weiterzugeben
  wie man die Entscheidungsfindung von oben nach un-           ••Pilotprojekte zur generationenfreundlicheren Ge-
  ten und die Anwaltschaft von unten nach oben verbindet         staltung der Umwelt in ihrer Kommune entwickeln

  Beispielhafte Struktur des Trainings
  Einführungsworkshop: Einführung in das Konzept der altersgerechten Lebenswelten (3–4 Std.)
  Ziel des Einführungsworkshops ist es, einen allgemeinen Überblick über das Konzept altersgerechter Lebenswel-
  ten zu geben.
  Themen des Workshops:
  ••Das Konzept einer generationenfreundlichen Umgebung (Aktivität 1 in der Methodenbox weiter hinten in diesem Hand-
     buch)
  ••Bedürfnisse älterer Menschen in ihrem Lebensumfeld (Aktivitäten 2, 3 und 4 in der Methodenbox)
  ••Lokalpolitik und Entscheidungsfindung: gesetzliche Befugnisse und Pflichten der lokalen Behörden und kommunalen
     Einrichtungen, Entscheidungsträger*innen und lokalen Unternehmen

     Am Ende dieses Workshops sind die Teilnehmer*innen dazu in der Lage,                                                11
  ••die wichtigsten AFE-Bereiche in ihrer Nachbarschaft zu identifizieren,
  ••ihre Nachbarschaft auf ihre Altersfreundlichkeit hin zu überprüfen,
  ••die Bedürfnisse älterer Menschen zu erheben und
  ••mögliche Kooperationspartner*innen zu identifizieren.
  Der Workshop endet mit einer Reflexions- und Feedback-Übung und gibt dem Trainer bzw. der Trainerin Hinweise
  für die Planung der folgenden Workshops.

  Schwerpunkt Interessenvertretung: 3 Workshops (3–4 Std.) uur)

  Workshop 1
   Thematische Sitzung                                        Praxisübungen

   Wie man auf dem Gebiet der altersfreundlichen               ••„Eisbrecher“-Übungen
   Lebenswelt aktiv werden kann                                ••Brainstorming zu lokalen   Pilotprojekten oder Prä-
                                                                 sentation von innovativen Beispielen (z.B. aus dem
    ••Altersdiskriminierung und Stereotypen im Zu-               Kompendium)
      sammenhang mit dem Alter (Aktivitäten 4, 5 und
      6 in der Methodenbox)                                    ••Projektgruppen bilden
    ••Einführung in Möglichkeiten der Fürsprache (Ak-          ••Verbindung von Projektideen und möglichen Rollen
      tivität 7 in der Methodenbox)                              in der Interessenvertretung: Wie würde ich gerne ak-
                                                                 tiv werden und meine Stimme zu Fragen bezüglich
    ••Persönliches Engagement (Aktivitäten 8 und 9 in            AFE erheben? (Aktivität 10 in der Methodenbox)
      der Methodenbox – Linse Bürgerbeteiligung)

   Am Ende des Workshops werden die Teilnehmer*innen
    ••die Rolle von Vertreter*innen (Advocacy) und Fürsprecher*innen verstehen,
    ••wissen, wie das öffentliche Bewusstsein für ein Thema geschärft werden kann und
    ••sich stärker für bürgerschaftliches Engagement interessieren.
   Feldforschung und Pilotaktivitäten zwischen den Workshops (Aktivität 11 in der Methodenbox)
Workshop 2
     Thematische Einheit                                        Praxisübungen

     Wie man unterschiedliche Bedürfnisse älterer Men-         ••Teilnahme an einer Umfrage (Aktivität 12 in der Me-
     schen erkennt                                               thodenbox
     ••Überblick über die verschiedenen Erhebungsmethoden      ••Interessengruppen identifizieren (Aktivität 13 in der
     ••Ausführlicher Input zu einer Methode                      Methodenbox)
     ••Präsentation von praktischen Beispielen                 ••Ausarbeitung eines Aktionsplans (Aktivität 14 in der
                                                                 Methodenbox)

     Am Ende des Workshops werden die Teilnehmer*innen
     ••verschiedene Erhebungsinstrumente kennen,
     ••den Wert der in Umfragen gesammelten Daten verstehen,
     ••wissen, wie man Interessenvertreter*innen identifiziert und
     ••n der Lage sein, einen Aktionsplan vorzubereiten.
     Feldforschung und Pilotprojekte (Aktivität 15 in der Methodenbox)

     Workshop 3
     Thematische Einheit                                        Praxisübungen

     Wie man Informationen von älteren Menschen an              Wie schaffe ich öffentliches Bewusstsein?
     Interessensgruppen weitergibt                              ••Überblick über die verschiedenen Kommunika-
     ••Überblick über Kommunikationsformate und Kom-              tionsmedien und ihre Verwendung (Aktivität 16 in
        munikationsbarrieren                                      der Methodenbox)
     ••Ausführlicher Input zu einem Format                      ••Erreichung der Zielgruppen (online, offline, etc.)
     ••Präsentation von praktischen Beispielen                  ••Abschließende Vorbereitung zur Durchführung der
                                                                  Aktivität (z.B. Öffentlichkeitsarbeit/Werbung)
     Am Ende des Workshops werden die Teilnehmer*innen
     ••grundlegende Kommunikationsarten und Medien kennen,
12   ••Kommunikationsbarrieren und ihren eigenen Kommunikationsstil verstehen und
     ••in der Lage sein, geeignete Medien und Kommunikationsmethoden zur Übermittlung ihrer eigenen Botschaft
       zu wählen.

     Feldforschung und Pilotprojekte

     Reflexion und Bewertung (3–4 Std.)
     Der abschließende Workshop zielt darauf ab, über das gesamte Training nachzudenken, Lernziele und Ergebnisse
     zusammenzufassen und das Erreichte zu feiern. Das Feedback der Teilnehmenden zum Training und die Ein-
     schätzung der neuen bzw. weiterentwickelten Kompetenzen werden mithilfe eines Evaluationsbogens oder eines
     halbstrukturierten Interviews (siehe Methodenbox) gesammelt. Das AFE-Fürsprecher*innen-Training richtet sich
     an Lernende in der nachberuflichen Phase; eine formale Bewertung der erworbenen Kompetenzen wird daher
     nicht vorgenommen. Die Teilnehmenden können jedoch auf dem Evaluationsbogen ihre Leistungen bewerten und
     ihre Wissenslücken oder ihren Weiterbildungsbedarf benennen.
     Am Ende des Workshops werden die Teilnehmer*innen
      ••über ihre eigenen Lernerfahrungen reflektieren können,
      ••die eigenen Kompetenzen und Leistungen kennen und
      ••in der Lage sein, ihre Wissenslücken und Weiterbildungsbedürfnisse zu artikulieren.
Grundlegender Zugang und                                 Die Trainer*innen
Durchführung des Trainings                                  Die Trainer*innen unterstützen und coachen die älte-
   Die Grundlage des Trainings, das im Projekt AFE-Ac-   ren Lernenden, indem sie auf ihre eigenen Erfahrungen
tivists entwickelt und getestet wurde, ist das Konzept   zurückgreifen und so die praktische Anwendung des Ge-
des erfahrungs- und projektbasierten Lernens. Die        lernten ermöglichen. Die Teilnehmer*innen steigen im
Lernmotivation älterer Erwachsener ergibt sich haupt-    Verlauf des Trainings in die Vermittlung der Inhalte mit
sächlich aus der praktischen Anwendung und den           ein und werden so zu Ko-Produzent*innen des Trainings.
konkreten Wirkungen des Gelernten. Der persönliche       Idealerweise leiten zwei Trainer*innen den Kurs – eine
Bezug ist wesentlich für ihre Motivation und ihr Enga-   Person, die mit den Inhalten vertraut ist, und eine andere
gement im lebenslangen Lernen. Die Lernumgebung          Person, die über gute Moderationsfähigkeiten verfügt.
sollte eine Mischung aus Expert*inneninputs, Aus-        Gastvortragende mit Fachkenntnissen zu bestimmten
tausch vorhandenen Wissens und Diskussionen zwi-         AFE-Themen, z.B. Zuständige in Behörden, Expert*innen
schen Trainer*innen und Teilnehmer*innen darstellen.     für Barrierefreiheit, Bürgermeister*innen, Interessenver-
                                                         treter*innen, werden eingeladen, um über relevante The-
    "Man sollte genau zuhören, wenn ältere               men, Prozesse und Methoden zu informieren.
  Menschen ihre Lebensgeschichte erzählen.
                 Sie haben so viel zu sagen."
                            Teilnehmer aus Hanau
                                                             ANPASSUNG AN LOKALE GEGEBENHEITEN
  Folgende Methoden wurden bei der Durchführung                In Hanau hielt Lothar Hain aus dem Amt für
des AFE-Fürsprecher*innen-Trainings angewandt, um            Stadtentwicklung einen Vortrag über Lobby-
die spezifischen Ziele zu erreichen:                         und Öffentlichkeitsarbeit für die Belange älte-
••„Eisbrecher“-Übungen zur Förderung des Kennenler-          rer Menschen. In diesem Bereich sind vertiefte
  nens und der Kommunikation                                 Kenntnisse der Entscheidungsprozesse und
••InteraktiveVorträge für die Vermittlung von Infor-         Methoden zur Präsentation eines Falles erfor-
  mationen. Die Inputs sollen in kurzen Einheiten ver-       derlich.
  mittelt werden, um zwischendurch die Möglichkeit             Von der Universität Wien stellten Viktoria
  zu geben, Fragen zu stellen bzw. zu diskutieren und        Parisot und Vera Gallistl, Forscherinnen der
  Erfahrungen zu teilen.                                     Sozialgerontologie, ihr Forschungsprojekt                13
••Praktische Fallstudien, gefolgt von halbstrukturier-       über Barrieren für ältere Erwachsene beim Be-
  ten Diskussionen mit Leitfragen, zur Inspiration und       such kultureller Veranstaltungen, z.B. Theater
  Förderung der Ideenentwicklung.                            oder Konzerte, und unterschiedliche kulturelle
••Gruppenarbeit und Plenumsdiskussion für das ge-            Lebensstile von älteren Erwachsenen in Wien,
  meinsame Verständnis und zur Zusammenfassung               vor.
  der Ergebnisse.                                              In Kaunas, Litauen, referierten der Architekt
••Projektarbeit zur Förderung von Zusammenarbeit,            Linas Tuleikis, Kristina Visagurskienė, Leiterin
  Vernetzung und Entscheidungsfindung.                       der Nationalen Gesundheitsvereinigung, und
••Reflexionsübungen, um Feedback geben und Leis-             Danutė Čibirauskaitė, Spezialistin für Soziale
  tungen würdigen zu können.                                 Arbeit, zu den Themen altersfreundlicher Le-
                                                             benswelten: Universal Design, gesundes Al-
                                                             tern und soziale Pflegedienste für ältere Men-
                                                             schen.
                                                               In Rom bezogen sich die Themen auf ein al-
                                                             tersfreundliches Umfeld zum guten Umgang
                                                             mit Alzheimer (durch den Experten Marco
                                                             Zummo, Präsident von Karol Health Structu-
                                                             res) sowie auf gesundes Altern und Bewegung
                                                             im späteren Leben (durch die Expert*innen
                                                             Salvatore Grammatico, Caritas; Giulia Vettori,
                                                             Universität La Sapienza und Francesca Brian-
                                                             za, UISP Sports for All). Weitere Themen waren
                                                             Dienstleistungen für ältere Menschen, unaus-
                                                             gesprochene Rechte und die Vermeidung von
                                                             kostspieligen Krediten (Expert*innen: Gabriel-
                                                             la Venezia, SPI CGIL Rentnergewerkschaft,
                                                             Rechtsanwalt Luigi Ciatti, Ambulatorio Anti-
                                                             usura und Notar Antonella Caridi) sowie Inter-
                                                             netsicherheit und Datenschutz (Experte: Mar-
                                                             cello Pistilli, Digital World Foundation).
Trainingsort                                                Zeitrahmen des Trainings
        Der Trainingsraum sollte groß genug sein, um Grup-          Das in diesem Handbuch vorgestellte Trainings-
     penarbeiten in einem angemessenen Abstand zu er-            konzept wurde für die Pilottrainings verwendet. Va-
     möglichen. Flipcharts für Gruppensitzungen und Platz        riationen des in diesem Handbuch beschriebenen
     zum Aufhängen der Plakate müssen vorhanden sein.            Ansatzes sind – je nach Themen, Vorkenntnissen
     Obst, Nüsse und Gemüse eignen sich besser als zucker-       der Teilnehmer*innen, lokalem Umfeld und den von
     haltige Snacks.                                             den Teilnehmer*innen geplanten Initiativen – natür-
        Der Schulungsort kann gleichbleiben oder für je-         lich möglich.
     den Workshop wechseln. Ein permanenter Schulungs-
     ort hat gewisse Vorteile: Ältere Menschen bevorzugen
     vertraute Orte, die leicht zu finden sind. Sie kennen den
     Weg und die Zeit, die sie dafür benötigen. Sie können
     auf dem gleichen Sitzplatz Platz nehmen und wissen
     zum Beispiel, wo die Kaffeetassen aufbewahrt werden.
     Ein Workshop in einem spezifischen Rahmen kann hin-
     gegen unmittelbare praktische Erfahrungen vermitteln
     und zu neuen Ideen inspirieren.                                  ANPASSUNG AN LOKALE GEGEBENHEITEN
                                                                        In Hanau fand der Einführungsworkshop
                                                                      in Form einer Informationsveranstaltung
                                                                      statt und zog eine breite Öffentlichkeit an.
                                                                      Es folgten drei thematische Workshops mit
                                                                      einer Dauer von je vier Stunden.
                                                                        In Den Haag entsprach die Struktur des
                                                                      Trainings dem modellhaft entworfenen
          ANPASSUNG AN LOKALE GEGEBENHEITEN                           Ausbildungskonzept. Für die Mitglieder des
             In Den Haag, Kaunas, Rom und Wien fanden                 Gemeindezentrums Mandelaplein wurden
          alle Workshops an den gleichen Orten statt:                 vier Workshops von je drei Stunden Dauer
          im Sitzungssaal des Gemeindezentrums                        angeboten.
14
          Mandelaplein, in einem modernen Klassen-
                                                                        In Litauen bestand die Einführungs-
          zimmer der Litauischen Sportuniversität, im
                                                                      sitzung aus vier einstündigen Expert*in-
          Gemeinde-II-Tagungszentrum und im Be-
                                                                      nen-Vorträgen über spezifische Aspekte
          sprechungsraum des Forschungsbüros que-
                                                                      generationenfreundlicher Lebenswelten.
          raum. In Kaunas mischten sich die Teilneh-
                                                                      Auf die Einführungssitzung folgten drei
          mer*innen vor dem Training besonders gerne
                                                                      thematische Workshops von je drei Stun-
          unter die Universitätsstudent*innen.
                                                                      den, einschließlich Kaffeepausen. Die drei-
            In Hanau fand die Einführungsveranstaltung                stündigen Workshops fanden jeden zwei-
          im Rathaus statt, um eine breite Öffentlichkeit             ten Montag am Nachmittag statt.
          anzusprechen, während die thematischen
                                                                        In Rom wurden nach sechs Arbeitssit-
          Workshops in Sitzungsräumen in unter-
                                                                      zungen von fünf ehrenamtlichen AFE-Für-
          schiedlichen Nachbarschaften stattfanden.
                                                                      sprecher*innen – zwei aus der Verwaltung
            In Wien wurde zu Beginn der Workshop-Rei-                 des Stadtbezirks II und drei aus den Senio-
          he eine gemeinsame Exkursion zu einer Aus-                  ren-Sozialzentren des Stadtbezirks II – drei
          stellung zur Geschichte der Mobilität und                   Workshops abgehalten, die zur Steuerung
          Stadtentwicklung durchgeführt. Dieser ge-                   des gesamten Ausbildungsprozesses bei-
          meinsame Ausflug bot einen passenden Rah-                   trugen.
          men für das gegenseitige Kennenlernen und
                                                                         In Wien wurden – im Abstand von 5-6
          den informellen Austausch.
                                                                      Wochen – jeweils vormittags fünf themati-
            In Kaunas fand die Sitzung zur Interessen-                sche Workshops von je drei Stunden Dauer
          vertretung in der Gemäldegalerie des M. K.                  abgehalten. Die Teilnehmer*innen waren
          Čiurlionis Museums statt, genauer gesagt in                 bereits mit dem Konzept der alternsfreund-
          einer Ausstellungshalle, die den Gemeinden                  lichen Lebenswelt vertraut.
          gewidmet ist.
ERFAHRUNGSLERNEN DURCH STUDIEN-
BESUCHE IN ALTERSFREUNDLICHE STÄDTEN
   Die Trainings im Rahmen des Projekts wurden durch     ••Verbesserte Motivation der Mitarbeiter*innen
Studienbesuche in altersfreundliche Städte ergänzt.      ••Knüpfung internationaler Beziehungen
Diese Studienbesuche waren als transnationale Lehr-      ••Schärfung des Profils in der Kommune
veranstaltungen geplant mit dem Ziel, Beispiele guter    ••Möglichkeit der Präsentation ihrer Tätigkeiten
Praxis in Den Haag und Udine kennenzulernen.               Der für Anfang März 2020 geplante Studienauf-
   Am Studienbesuch in Den Haag nahmen zwei ausge-       enthalt in Udine wurde eine Woche vor der Abreise
wählte Lernende pro Partnerland (drei aus Deutschland)   aufgrund von Covid-19 abgesagt. Altersfreundliche
teil. Die Teilnehmer*innen hatten folgende Aufgaben:     Initiativen in Udine wurden jedoch in den AFE-Erfah-
ihre Aktivitäten im Themenbereich altersfreundliche      rungsbericht aufgenommen, der von der Projektweb-
Lebensumgebung zu präsentieren, bewährte Initiati-       site heruntergeladen werden kann.
ven und Projekte in den Städten zu besuchen, über das      Im Projekt ermöglichten Studienbesuche den Blick
Gelernte zu reflektieren und ihre Erfahrungen mit den    über den nationalen Tellerrand. Falls es in Ihren Trai-
Kolleg*innen „zu Hause“ zu teilen.                       nings nicht möglich ist, internationale Studienbesu-
   Studienbesuche haben eine positive Wirkung so-        che anzubieten, empfehlen wir, interessante Initiati-
wohl für die Teilnehmer*innen als auch auf die betei-    ven in der Umgebung zu besuchen.
ligten Organisationen. Lernergebnisse für die Teilneh-
mer*innen waren zum Beispiel:
                                                          "Ich fand die Ergebnisse und Erfahrungen auf
••Verbesserte   Team- und Kommunikationsfähigkei-
                                                          unserer Studienreise sehr beeindruckend. Das
  ten
                                                              möchte ich in meinem Umfeld fortsetzen."
••Verbesserte interkulturelle Kompetenzen
••Verbessertes Einfühlungsvermögen und Verständ-                                   Teilnehmerin aus Hanau
  nis für neue Perspektiven
••Mehr Motivation                                            "Ich fand die Vielfalt der Diskussionen auf
••Ein breiteres Verständnis   der Gesellschaft(en) der        unserer Studienreise beeindruckend. Wir
  Europäischen Union                                         haben eine Menge Ideen für unsere Arbeit
  Als Vorteile für Organisationen wurden genannt:                                           bekommen."             15
••Möglichkeit zum Aufbau von Netzwerken                                            Teilnehmerin aus Hanau
GEPLANTE UND DURCHGEFÜHRTE
     PILOTPROJEKTE

     Bereiche und Themen
       Die Pilotprojekte, die von den Teilnehmer*innen geplant bzw. durchgeführt wurden, sind thematisch sehr vielseitig
     und umfassen folgende Bereiche altersfreundlicher Lebenswelten:

         AFE-Bereiche                                            Themen

       ••Bürgerschaftliches Engagement                           ••Zu wenig Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum
       ••Öffentlicher Raum und Gebäude                           ••Fehlende Räume für gemeinschaftliche Ver-
       ••Soziale Inklusion                                          anstaltungen
       ••Soziale Teilhabe                                        ••Barrieren für Ältere bei der Teilnahme an
       ••Kommunikation und Information                              kulturellen Veranstaltungen
                                                                 ••Mangelndes Bewusstsein im Einzelhandel für kör-
                                                                    perliche Einschränkungen von älteren Kund*innen
                                                                 ••Wenig    bürgerschaftliches Engagement älterer
                                                                    Menschen

       Im Folgenden werden ausgewählte Pilotprojekte vorgestellt:

16

     Sitzgelegenheiten im
     öffentlichen Raum
        Für mehr Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum          AFE-Fürsprecher*innen in Zukunft vermehrt aktiv in
     setzten sich AFE-Fürsprecher*innen in Den Haag,             Neugestaltungs- und Planungsprozesse einbringen.
     Kaunas und Wien ein: Die Teilnehmer*innen des Ge-              Auch die AFE-Initiative „Nimm Platz“ (ähnlich wie
     meindezentrums Mandelaplein erkannten den Bedarf            die Initiative „Take a Seat“ in Nottingham, Großbri-
     an mehr Bänken auf der Straße und in Mehrparteien-          tannien) in Wien zielt darauf ab, das Bewusstsein
     häusern, um etwa gut auf das Taxi oder den Fahrten-         für mehr öffentliche Sitzgelegenheiten zu schärfen.
     dienst warten zu können. Sie wandten sich direkt an         Um mehr Sitzgelegenheiten zu schaffen, nahmen die
     Geschäfte und fragten nach, ob deren Sitzgelegen-           AFE-Fürsprecher*innen aus Wien Kontakt mit einer
     heiten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wer-       großen Supermarktkette sowie den öffentlichen Ver-
     den könnten. Zudem regten sie eine Wohnungsbau-             kehrsbetrieben auf und machten konkrete Vorschläge
     genossenschaft an, Sitzgelegenheiten in der Halle           für zusätzliche Sitzgelegenheiten. Die Teilnehmer*in-
     des Hauptgebäudes aufzustellen.                             nen schickten Briefe mit detaillierten Beschreibun-
        Die Teilnehmer*innen in Kaunas brachten ihre Ent-        gen, Fotos und Ideen für zusätzliche Sitzplätze. Ein
     täuschung über die renovierten städtischen Parks            persönliches Treffen zwischen der AFE-Fürspre-
     zum Ausdruck. Keiner der drei kürzlich renovierten          cher*innengruppe und einem Vertreter von SPAR
     Parks in den am dichtesten besiedelten Stadtvierteln        Wien hat bereits stattgefunden. Die diskutierten Vor-
     mit den meisten älteren Einwohner*innen verfügt über        schläge werden nun konzernintern besprochen.
     eine Freiluftbühne mit Sitzbänken für das Publikum.
     Dennoch gibt es bei vielen Gemeindeveranstaltungen           "Früher dachte ich, dass altersbedingte körper-
     zahlreiche Open-Air-Aufführungen. Leider waren die          liche Einschränkungen mein Problem sind. Jetzt
     Bewohner*innen nicht in die Renovierungsprojekte                sehe ich, dass das Problem in einer altersun-
     einbezogen, und Sitzplätze waren bisher kein Thema.              freundlichen Umgebung liegt, nicht in mir."
     Sensibilisiert durch das Training, möchten sich die                                     Teilnehmer aus Kaunas
Museen. Die Teilnehmerin kontaktierte verantwortli-
                                                          che Personen und arrangierte persönliche Treffen mit
                                                          dem Museumspersonal. Sie entwarf zudem ein Vor-
                                                          trags- und Workshop-Konzept für eine Veranstaltung
                                                          von ICOM (International Council of Museums).
                                                            Neben Gesprächen und einer gemeinsamen Bege-
                                                          hung mit Museums- und Sicherheitspersonal ist ein
                                                          Workshop über barrierefreie Museen im Rahmen ei-
                                                          ner Veranstaltung des ICOM im Herbst 2020 in Wien
                                                          geplant.
                                                             Eine weitere Projektidee in Wien dreht sich um
                                                          einen Freiwilligendienst bzw. eine Freiwilligenplatt-
                                                          form, um Ältere mit Mobilitätseinschränkungen
                                                          bei der Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen
                                                          (wie Museen, Konzerte, Oper) zu unterstützen. Die
                                                          AFE-Fürsprecher*innen kooperieren dabei mit dem
                                                          Wiener Hilfswerk, das über langjährige Erfahrungen
                                                          in der Freiwilligenarbeit verfügt. Ein erstes Konzept
                                                          für das Projekt ist entworfen und der Kontakt zu Kul-
                                                          tureinrichtungen wurde bereits aufgenommen. Zu-
                                                          dem wurden mögliche Finanzierungsmöglichkeiten
                                                          diskutiert.

Körperliche Einschränkungen                               Begehungen
älterer Konsument*innen                                   Zwei Teilnehmer*innen des AFE-Fürsprecher*in-
                                                          nen-Trainings in Kaunas entwickelten die Ideen, Nor-
   Eine weitere Initiative, ebenfalls in Zusammen-        dic-Walking-Aktivitäten mit Begehungen zur Über-
                                                                                                                    17
arbeit mit SPAR Wien, befasst sich mit den körper-        prüfung der Altersfreundlichkeit von Stadtvierteln
lichen Einschränkungen von älteren Konsument*in-          zu verbinden: Eine Gruppe älterer Frauen aus der Ge-
nen. Um das Bewusstsein für die Herausforderungen,        meinde Petrašiūnai trainiert seit 15 Jahren im örtli-
denen sich ältere Besucher*innen von Supermärkten         chen Gemeindezentrum. Als das Gemeindezentrum
gegenübersehen, zu steigern, haben drei AFE-Für-          jedoch geschlossen wurde, entschlossen sich die
sprecher*innen eine Kooperation zwischen der              Frauen, sich regelmäßig zum Nordic Walking zu tref-
SPAR-Akademie (Ausbildungsinstitut für künftige           fen. Gemeinsam mit einer bestehenden Nordic Wal-
Mitarbeiter*innen der Supermarktkette) und Privat-        king Gruppe aus einem anderen Bezirk kamen sie auf
personen, die einen gerontologischen Alterungs-           die Idee, ihre Sporteinheiten zu nutzen, um die Barrie-
simulationsanzug (GERT) zur Verfügung stellen,            refreiheit des öffentlichen Raums entlang ihrer Wal-
ins Leben gerufen. Aufgrund des Engagements der           king-Strecke zu erheben.
AFE-Fürsprecher*innen wird die Supermarktkette
ab Herbst 2020 eine Trainingsreihe mit dem GERT
Anzug für zukünftige Mitarbeiter*innen der Super-
marktkette anbieten.                                      Sicherheit zu Hause,
                                                          auf der Straße und in
                                                          Geschäften
Barrieren für Ältere bei der
Teilnahme an kulturellen                                     Während des AFE-Fürsprecher*innen-Trainings in
                                                          den Niederlanden machten die Teilnehmer*innen re-
Veranstaltungen                                           gelmäßig auf das Thema Sicherheit (zu Hause, auf der
                                                          Straße und in den Geschäften) aufmerksam. Die Lei-
   Eine Teilnehmerin des AFE-Fürsprecher*in-              terin, Marije Talstra, des Gemeindezentrums Mande-
nen-Trainings in Wien arbeitet als Freiwillige für das    laplein versprach der Gruppe, ein thematisches Tref-
Museum im Belvedere. Angeregt durch das AFE-Acti-         fen zum Thema Sicherheit zu organisieren. Aufgrund
vists-Projekt startete sie verschiedene Initiativen zur   der Covid-19-Situation musste das Treffen jedoch auf
Sensibilisierung für Fragen der Barrierefreiheit von      Herbst 2020 verschoben werden.
darüber geben, welche Themen und Rahmenbedin-
     Beobachtung und                                        gungen das bürgerschaftliche Engagement älterer
     Berichterstattung über                                 Menschen fördern könnten.
     die Qualität kommunaler                                   Die Umfrage wurde auf städtischer Ebene durch-
                                                            geführt. 150 ältere Menschen nahmen an der Umfra-
     Dienstleistungen                                       ge teil. Die Ergebnisse wurden analysiert und bei der
                                                            öffentlichen Abschlussveranstaltung des AFE-Acti-
        Die Teilnehmer*innen aus Den Haag identifizierten   vists-Projekts den Zuständigen auf politischer und
     ein weiteres herausforderndes Problem: die schlech-    administrativer Ebene präsentiert. Der Projektpartner,
     te Qualität der lokalen Taxidienste für Menschen mit   ein Sozialforschungsinstitut, half bei der Gestaltung
     Behinderungen. Die Taxis bringen die Menschen zu       der Umfrage, die von zwölf älteren Freiwilligen mit
     Arzt- oder Krankenhausterminen und bietet die Mög-     Hilfe von zwei Beamt*innen über einen Zeitraum von
     lichkeit, Freund*innen, Verwandte oder kulturelle      sechs Monaten durchgeführt wurde.
     Veranstaltungen zu besuchen. Die Gemeinde vergibt
     nach einer Ausschreibung einen 5-Jahres-Vertrag
     an ein Unternehmen. Der gegenwärtige Taxidienst ist                "Es ist mir wichtig, dass unsere
     seit einem Jahr aktiv. Viele Menschen beschweren       Umfrage analysiert wird und dass die Ergeb-
     sich jedoch über seinen schlechten Service: Warte-       nisse den Ausschüssen berichtet werden."
     zeiten von über 60 Minuten, Verspätungen bei Spi-
     talsterminen oder kulturellen Veranstaltungen und
                                                                                         Teilnehmer aus Hanau
     unfreundliches Personal. Die Stadtverwaltung bietet
     den Benutzer*innen die Möglichkeit, sich online zu
     beschweren. Menschen, die über keinen Internet-
     zugang verfügen, können im Rathaus Beschwerde-
     formulare in Papierform erhalten. Die Gruppe der
     AFE-Fürsprecher*innen sammelte im ersten Quartal
     2020 Beschwerden von Nutzer*innen und reichte
     diese gesammelt ein.

18
     Verstärktes
     bürgerschaftliches
     Engagement älterer Menschen
       In Hanau bestand das Ziel, dass ältere Bürgerinnen
     und Bürger in der Koproduktion altersgerechter Le-
     benswelten aktiver werden. AFE-Fürsprecher*innen
     entwarfen dazu eine Umfrage. Sie sollte Aufschluss

                                                            Nicht bekannte Rechte älterer
                                                            Bürger*innen
                                                               Hier geht es um bestehende Rechte, die viele Bür-
                                                            ger*innen aber nicht kennen. Insbesondere benachtei-
                                                            ligte ältere Bürger*innen fordern ihre Rechte auf Renten
und spezifische Leistungen nicht ein, weil sie kein Wis-     Kooperationen
sen darüber haben.
  Während eines AFE-Fürsprecher*innen Workshops                 Durch die intensive Lobby- und Vernetzungsarbeit
in Rom wurde die Idee entwickelt, einen Informati-           der AFE-Fürsprecher*innen in den Partnerregionen
ons- und Beratungsschalter speziell für die Anliegen         war bzw. ist eine Reihe von Personen, Organisationen
und Fragen von älteren Menschen einzurichten. Die            und Institutionen an den Pilotprojekten beteiligt. Unter
Verantwortlichen im Stadtbezirk II unterstützen diese        anderem konnten die AFE-Fürsprecher*innen Koope-
Idee und möchten im Herbst 2020 mit der Umsetzung            rationen mit folgenden Akteur*innen aufbauen bzw.
starten. Der Informations- und Beratungsschalter wird        intensivieren:
••zweimal wöchentlich zwei Stunden geöffnet sein, um           Seniorenbeirat; Seniorenbüro; Freiwilligenagentur;
  ältere Bürger*innen über ihre Rechte, insbesondere         Abteilung für Demografie der Stadtverwaltung;
  im Zusammenhang mit Rentenleistungen, zu infor-               SPAR Supermarkt; Wiener Linien, ein Anbieter öf-
  mieren und sie bei den Formalitäten zu unterstützen        fentlicher Verkehrsmittel in Wien; Museum Belvedere;
  und                                                        ICOM, Hilfswerk Wien; Museen, Theater und Oper; So-
••von drei Mitgliedern der SPI – CGIL, Italiens größter      zialpolitische Abteilung des Stadtbezirks Rom II; Cari-
  Gewerkschaft der Pensionist*innen, und von Mit-            tas; UISP Sport für alle; Italiens SPI - CGIL, die Gewerk-
  arbeiter*innen der Sozialzentren für ältere Menschen       schaft der Rentner*innen; die Anti-Wucher-Koalition
  des Stadtbezirks II betreut werden. Die Personalkos-       und die Digital World Foundation, Polizei, Rotes Kreuz,
  ten und andere anfallende Kosten werden von der            Geschäfte und Wohnungsgenossenschaften, Abtei-
  Gewerkschaft und von den Seniorenzentren über-             lung für Stadtentwicklung.
  nommen.

     "Ich habe von unbekannten Rechten er-
   fahren und werde auch meine Rente noch
                       einmal überprüfen".
                                Teilnehmer aus Rom
                                                                                                                          19

Entwurf von Richtlinien zur
Förderung der Teilhabe älterer
Menschen an der Sozialpolitik
des Stadtbezirks II
  Angeregt vom AFE-Activists-Projekt kündigte der Rat
für Sozialpolitik in Rom an, gemeinsam mit älteren Bür-
ger*innen Richtlinien für die Festlegung sozialpolitischer
Prioritäten zu erarbeiten.
   In einem ersten Schritt werden die Bedürfnisse und
Anregungen älterer Menschen gesammelt. Auf Basis
dieser Sammlung werden – in einem direkten Austausch
mit älteren Menschen und Interessensvertretungen (u.a.
Mitglieder des Sozialzentrums für Senior*innen des Be-
zirks sowie Vertreter*innen des Dienstleistungssektors
und der Gewerkschaften der Rentner*innen) – konkrete
Richtlinien für einen altersfreundlicheren Stadtbezirk II
erarbeitet.

         "Im Rat werde ich vorschlagen, mehr
  Fahrradwege einzurichten, sogar Bereiche
nur für Fahrräder: Radfahren ist gut für mei-
 ne Gesundheit, nicht nur wegen der geringe-
                    ren Luftverschmutzung."
                                Teilnehmer aus Rom
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