Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen

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Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

Erdwärmenutzung
in Hessen

Leitfaden für Erdwärme-
sondenanlagen zum
Heizen und Kühlen
4., überarbeitete Auflage
Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
Erdwärmenutzung in Hessen
Leitfaden für Erdwärmesondenanlagen
zum Heizen und Kühlen

4., überarbeitete Auflage

Wiesbaden, 2011
Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
Impressum

ISBN       978-3-89026-366-3

Erdwärmenutzung in Hessen
Leitfaden für Erdwärmesondenanlagen zum Heizen und Kühlen

4., überarbeitete Auflage

Fachliche Bearbeitung:          Dr. Sven Rumohr
GIS:                            Michaela Hoffmann
Layout:                         Nadine Monika Lockwald

Bildnachweis:         Titelbild:   rechts: Bundesverband WärmePumpe (BWP) e. V.
                      links unten: Viessmann Werke GmbH & Co KG, Allendorf (Eder)

                      Abb. 2:        Bundesverband WärmePumpe (BWP) e. V.
                      Abb. 3:        Frank GmbH, Mörfelden-Walldorf
                      Abb. 4:        Bundesverband WärmePumpe (BWP) e. V.
                      Abb. 5:        Bundesverband WärmePumpe (BWP) e. V.

Herausgeber, © und Vertrieb:
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie
Rheingaustraße 186
65203 Wiesbaden

Telefon:         0611 69 39-111
Telefax:         0611 69 39-555
E-Mail:          vertrieb@hlug.hessen.de

www.hlug.de

Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben sowie für die Beachtung privater
Rechte Dritter. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.
Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
Inhalt

Vorwort.............................................................................................................................................................5
Einleitung..........................................................................................................................................................6
1. Erdwärme......................................................................................................................................................7
2. Erschließung und Nutzung der oberflächennahen Erdwärme..........................................................................8
3. Dimensionierung und Abstände von Erdwärmesonden.................................................................................12
4. Grundlagen und Ablauf des Erlaubnisverfahrens...........................................................................................14
5. Standortbeurteilung.....................................................................................................................................17
6. Technische Anforderungen an Bauausführung und Betrieb...........................................................................25
7. Erlaubnisverfahren.......................................................................................................................................29
8. Literatur...................................................................................................................................................... 31
Formulare: Antrag auf Erlaubnis einer Erdwärmenutzung mittels Erdwärmesonden.........................................33
           Anzeige von Bohrung(en)..............................................................................................................35
Zurzeit gängige Wärmeträgermittel, die ohne zusätzlichen Nachweis verwendet werden dürfen.......................36
Ansprechpartner..............................................................................................................................................37
Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
Erdwärmenutzung in Hessen

Vorwort

                              Die Wärmepumpe hat         tigen Schutz und zur Erhaltung dieses wertvollen
                              sich zu einem auf          Reservoirs sind daher vorsorgliche Regelungen für
                              breiter Basis aner-        die Erschließung und Gewinnung der Erdwärme
                              kannten Heizsystem         notwendig. Das Hessische Landesamt für Umwelt
                              entwickelt. Sie ist        und Geologie, zu dessen Aufgaben seit Jahrzehnten
                              heute das in Hessen        die Erschließung und der Schutz des Grund- und
                              im Neubau nach der         Trinkwassers zählen, ist somit auch die zentrale
                              Erdgasheizung am           Anlaufstelle für Fragen zur Erdwärmenutzung in
                              zweithäufigsten ein-       Hessen geworden.
                              gesetzte Heizsystem.
                              Die interessanteste         Die vierte Auflage dieses Leitfadens berücksichtigt
                              Wärmequelle für die         neben geänderten rechtlichen Grundlagen auch die
                              Wärmepumpe ist die          in den vergangenen Jahren gesammelten Erfah-
                              Erdwärme. Sie steht         rungen der Wasser- und Bergbehörden und neue
überall und jederzeit, unabhängig von Wind, Wetter        Erkenntnisse aus der Forschung. Ich freue mich
und Sonneneinstrahlung zur Verfügung. Ihre Er-            daher, Ihnen einen vollständig überarbeiteten und
schließung ist grundsätzlich auf jedem Grundstück         aktualisierten Leitfaden vorlegen zu können.
möglich und sie kann zur Beheizung und zur
Kühlung von kleinen Einfamilienhäusern bis hin zu
großen Bürogebäuden genutzt werden.

Erdwärmenutzungen sind regelmäßig mit einem
Eingriff in das Grundwasser verbunden, aus dem in         Dr. Thomas Schmid
Hessen über 90 Prozent des Trinkwassers der öffent-       Präsident des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie
lichen Versorgung gewonnen wird. Zum nachhal-

                                                                                                                    5
Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

Einleitung

Der vorliegende Leitfaden richtet sich an Bauherren,       Gebiete bedeutet allerdings nicht, dass in diesen Ge-
Planungsbüros, Fachfirmen und Behörden. Er erläu-          bieten die Erdwärmenutzung besonders einfach und
tert die fachlichen Grundlagen des vom Hessischen          wirtschaftlich ist.
Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz herausgegebenen Erlasses „Anforde-          Die dem Leitfaden beigefügten Vordrucke unterstüt-
rungen des Gewässerschutzes an Erdwärmesonden“             zen den Antragsteller / die Antragstellerin bei der Zu-
vom 25. August 2011. Es werden Gebiete benannt,            sammenstellung der erforderlichen Unterlagen für
die bei Einhaltung bestimmter Auflagen an Bauaus-          das wasserrechtliche Genehmigungsverfahren. Der
führung und Betrieb von Erdwärmesonden als                 Leitfaden, dazugehörige Detailkarten und Vordrucke
hydrogeologisch und wasserwirtschaftlich günstig zu        können im Internet unter http:\www.hlug.de 
beurteilen sind. In diesen günstigen Gebieten sind         Geologie  Erdwärme eingesehen und herunter-
für die wasserrechtliche Erlaubnis lediglich ver­          geladen werden.
einfachte Antragsunterlagen erforderlich. Günstige

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Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
Erdwärmenutzung in Hessen

1. Erdwärme

Als Erdwärme wird die unterhalb der Oberfläche der
festen Erde vorhandene thermische Wärmeenergie
bezeichnet. Diese beruht im Wesentlichen auf der
von der Sonne eingestrahlten Wärmeenergie und
dem vom Erdinneren zur Erdoberfläche gerichteten
terrestrischen Wärmestrom. Die von der Sonne ein-
gestrahlte und die von der Erdoberfläche an die
Atmosphäre abgegebene Wärmeenergie sind hierbei
maßgebend für die Temperaturen in den ober­
flächennahen Schichten bis zu einer Tiefe von etwa
10–20 m. In den tieferen Schichten ist zunehmend
der terrestrische Wärmestrom maßgebend. Die Quel-
len des terrestrischen Wärmestroms sind u. a. die bei        20 m
der Erdentstehung frei gewordene Energie und die            10 °C
durch den Zerfall radioaktiver Isotope frei gesetzte
Energie.

Unterhalb des Einflussbereichs der Sonneneinstrah-
lung, d. h. unterhalb etwa 10–20 m, steigt die Tem-
peratur in der Regel kontinuierlich an. Die auf eine
lotrechte Strecke (z. B. 100 m) bezogene mittlere
Temperaturzunahme wird hierbei als geothermischer
Gradient bezeichnet. In Deutschland beträgt der
durchschnittliche geothermische Gradient 3 °C pro
100 m (Abb. 1).
                                                            120 m
                                                            13 °C
Bis zu einer Tiefe von 400 m spricht man von ober-
flächennaher Erdwärme. Da die Tem­peratur bis
zu dieser Tiefe in der Regel auf nicht mehr als rd.
20 °C ansteigt, ist die Nutzung der oberflächennahen
Erdwärme zu Heizzwecken grundsätzlich nur durch
den Einsatz einer Wärmepumpe möglich.
                                                            220 m

Beispiel:                                                   16 °C

Unter der Annahme einer mittleren Untergrund-
temperatur von 10 °C in 20 m Tiefe ist bei einem
geothermischen Gradienten von 3 °C pro 100 m                350 m
eine Untergrundtemperatur von 13 °C in ca. 120 m            20 °C
Tiefe, von 16 °C in ca. 220 m Tiefe und von 20 °C
in ca. 350 m Tiefe zu erwarten.
                                                          Abb. 1: Einflussbereiche des solaren und terrestrischen
                                                                    Wärmestroms. Im Einflussbereich des terrestrischen
                                                                    Wärmestroms steigt die Temperatur im Schnitt um
                                                                    3 °C pro 100 m Tiefe. Hier ist die Temperatur keinen
                                                                    jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen.

                                                                                                                           7
Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
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2. Erschließung und Nutzung der oberflächennahen
   Erdwärme

Erschließung                                                Seltener sind die aus nur einer Rohschleife bestehen-
                                                            den Einfach-U-Sonden und die aus Innen- und Au-
Zur Erschließung der oberflächennahen Erdwärme              ßenrohr bestehenden Koaxialsonden. Als Rohrmate-
stehen die nachfolgend beschriebenen Systeme (Wär-          rial kommen fast ausschließlich die Kunststoffe
meübertrager) zur Verfügung. Welches System für             PE-HD, PE-RC und PE-X (PE = Polyethylen) zum
ein Vorhaben die beste Eignung aufweist, muss in je-        Einsatz.
dem Einzelfall unter Berücksichtigung der standört-
lichen und haustechnischen Gegebenheiten geprüft            Die Erdwärmesonden enthalten eine Wärmeträger-
und entschieden werden.                                     flüssigkeit, die Wärme aus dem Untergrund auf-
                                                            nimmt und zu der im Gebäude stehenden Wärme-
Erdwärmesonden werden in Bohrungen mit Tiefen               pumpe transportiert (Abb. 2). Im Kühlfall gibt die
von meist weniger als 100 m, teils aber auch von            Erdwärmesonde Wärme an den Untergrund ab.
über 200 m Tiefe eingebaut. Der häufigste Sonden-
typ, die Doppel-U-Sonde, besteht aus paarweise ge-          Bisher nur selten werden die aus flexiblem Kupfer-
bündelten U-förmigen Rohrschleifen (Abb. 2 und 3).          oder Edelstahlrohr bestehenden Verdampfer-
                                                                               sonden bzw. Wärmerohre
                                                                               errichtet, in denen der Wärme-
                                                                               transport durch verdampfendes
                                                                               CO2 oder Propan erfolgt.

                                                                                  Der nach Einbau der Erdwär-
                                                                                  mesonden im Bohrloch zwi-
                                                                                  schen Sonde und der Bohrloch-
                                                                                  wand verbleibende Hohlraum
                                                                                  (Ringraum) wird mit einer
                                                                                  speziellen Zement-Bentonit-
                                                                                  Suspension hohlraumfrei ver-
                                                                                  füllt. Diese wasserundurchläs-
                                                                                  sige Verfüllung ist unabdingbar
                                                                                  zur Verhinderung einer hydrau-
                                                                                  lischen Verbindung zweier oder
                                                                                  mehrerer Grundwasserstock-
                                                                                  werke sowie eines Eintrags von
                                                                                  Oberflächenwasser in den Un-
                                                                                  tergrund. Gleichzeitig wird
                                                                                  durch die Verfüllung eine gute
                                                                                  thermische Anbindung der Son-
                                                                                  den an den Untergrund erreicht.

                                                                                  Ein Spezialfall der Erdwärme-
                                                                                  sonden stellen die sog. Ener-
                                                                                  giepfähle dar. Es handelt sich
                                                                                  hierbei um Gründungspfähle
                                                        Abb. 3: Sondenfuß einer
                                                                 Erdwärme­        (Bohr- oder Rammpfähle), die
                                                                 sonde.           mit innen liegenden Kunststoff-
Abb. 2: Erdwärmesonden.
                                                                                  rohren als Wärmetauscher aus-

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Erdwärmenutzung in Hessen - Leitfaden für Erdwärme-sondenanlagen zum Heizen und Kühlen
Erdwärmenutzung in Hessen

gestattet sind. Energiepfähle kommen i. d. R. nur         Der Anschluss der vorgenannten Wärmeübertrager
beim Bau von großen Gebäuden zum Einsatz, die             an die im Haus befindliche Wärmepumpe erfolgt
eine Pfahlgründung erfordern.                             über frostfrei verlegte Sammelleitungen.

Bei Erdwärmekollektoren werden die Wärme­                 Weitere erd- oder grundwassergekoppelte Wärme-
übertragerrohre in einer Tiefe von max. 2 m unter         pumpen-Systeme sind solche mit Direktverdamp-
Gelände horizontal verlegt (Abb. 4). Sie funktionie-      fung und Geothermische Brunnenanlagen. Diese
ren nach dem gleichen Prinzip wie Erdwärmesonden,         Systeme bedürfen ebenfalls einer wasserrechtlichen
werden jedoch aufgrund ihres großen Flächenbedarfs        Erlaubnis. Für das Erlaubnisverfahren kann der Erlass
von bis zur zweifachen Größe der zu beheizenden          „Anforderungen des Gewässerschutzes an Erdwärme-
Fläche seltener eingesetzt. Erdwärmekollektoren           sonden“ sinngemäß herangezogen werden.
nutzen die von der Sonne überwiegend im Sommer
eingestrahlte Wärmeenergie.                              Bei der Direktverdampfung, die nur bei Erdwärme-
                                                         kollektoren eingesetzt wird, sind Kollektor- und
Spiralsonden, Schneckensonden und Erdwärme­              Wärmepumpenkreislauf nicht voneinander getrennt,
körbe sind Mischformen von Sonden und Kollek-            sondern vereint.
toren mit geringeren Einbautiefen als übliche Sonden
(meist < 6 m) und einem gegenüber Kollektoren             Bei Geothermischen Brunnenanlagen wird
etwas kleineren Flächenbedarf.                            Grundwasser, das über einen oder mehrere eigens
                                                                 hierzu errichtete Brunnen gefördert wird,
                                                                 der Wärmepumpe zugeführt und die Wär-
                                                                 meenergie des Wassers über einen Wärme-
                                                                 tauscher auf den Arbeitsmittelkreislauf der
                                                                 Wärmepumpe übertragen. Anschließend
                                                                 wird das thermisch genutzte Wasser über
                                                                 einen zweiten oder mehrere Brunnen in
                                                                 das Grundwasserstockwerk zurückgeführt,
                                                                 aus dem es entnommen wurde. Bei Nut-
                                                                 zung des obersten Grundwasserstock-
                                                                 werkes kann die Rückführung des Wassers
                                                                 auch mittels Sickerschacht erfolgen.

                                                                      Gebäudekühlung
                                                                      Mit Ausnahme der auf Verdampfung bzw.
                                                                      Direktverdampfung basierenden Wärme­
                                                                      übertrager-Typen können alle Systeme
                                                                      auch zum Eintrag von Wärme in den Un-
                                                                      tergrund und damit zur Gebäudekühlung
                                                                      genutzt werden. Unterschieden wird hier-
                                                                      bei die aktive Kühlung unter Zuhilfenahme
                                                                      der Wärmepumpe von der passiven bzw.
                                                                      freien Kühlung ohne Einsatz der Wärme-
                                                                      pumpe.

Abb. 4: Erdwärmekollektoren.

                                                                                                             9
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

Funktionsweise und Effizienz der                                       flüssiger einströmende Kältemitteldampf verflüssigt
Wärmepumpenanlage                                                      sich unter Abgabe von Wärme an das Heizungs­
                                                                       system. Noch immer unter hohem Druck stehend,
Die Wärmepumpe ermöglicht es, Umweltwärme aus                          wird das flüssige Kältemittel im Entspannungsventil
Luft, Wasser oder Erdreich durch den Einsatz mecha-                    entspannt, wodurch es wieder abkühlt. Anschlie-
nischer oder thermischer Antriebsenergie von einem                     ßend wird es wieder dem Verdampfer zugeleitet, so
niedrigen Temperaturniveau (z. B. 0–10 °C) auf ein                     dass der Kreislauf von neuem beginnt.
zum Heizen und zur Warmwasserbereitung nutz-
bares Temperaturniveau (z. B. 35–55 °C) anzuheben.                     Auch der in jedem Haushalt vorhandene Kühlschrank
                                                                       basiert auf diesem Prinzip: Dem Innenraum des
Die Hauptkomponenten einer Wärmepumpe sind                             Kühlschranks (= Erdreich) wird Wärme entzogen,
Verdampfer, Verdichter, Verflüssiger und Entspan-                      die dann auf ein höheres Temperaturniveau an­
nungsventil (Abb. 5). Sie werden in einem stetigen                     gehoben und an der Rückseite des Kühlschranks
Kreislauf von einem Kältemittel durchströmt: Flüs-                     (= Heizungssystem) an die Umgebungsluft abge­
siges, kaltes Kältemittel strömt in den Verdampfer,                    geben wird.
wo es bei niedrigem Druck unter Aufnahme von
Umweltwärme (z. B. aus der Erdwärmesonde) ver-                         Die von der Wärmepumpe abgegebene Heizwärme
dampft. Der Kältemitteldampf wird vom Verdichter                       setzt sich somit aus der aufgenommenen Umwelt-
angesaugt und unter Zuführung mechanischer                             wärme (z. B. aus der Erdwärmesonde) und der zum
Antriebsenergie komprimiert. Druck und Temperatur                      Antrieb des Wärmepumpen-Verdichters benötigten
des gasförmigen Kältemittels steigen bei diesem Vor-                   Energie zusammen, die ebenfalls in Wärme umge-
gang an. Der dann unter hohem Druck in den Ver-                        wandelt wird. Als Verdampferleistung wird dabei die

                                            2
                                            Der Verdichter komprimiert das dampfförmige
                                            Arbeitsmittel unter Verbrauch mechanischer
                                            oder elektrischer Energie (W), wobei sich
                                            dieses weiter erwärmt.

                                                          Verdichter

                             Verdampfer               W                                     Verflüssiger
     1                                                                                                     3
     Im Verdampfer nimmt                                                                          Q ab     Im Verflüssiger gibt das
     das kalte flüssige                                                                                    erwärmte dampfförmige
     Arbeitsmittel Energie                                                                                 Arbeitsmittel thermische
     (Qzu) aus der Erd-                                                                                    Energie (Qab) an das Heiz-
     wärmesonde auf und                                   verdichten                                       system ab und kondensiert
     verdampft.                                                                                            (d. h. es wird wieder
                                              verdampfen                                                   flüssig), wodurch seine
                                                                                                           Temperatur abnimmt.
                                                                      verflüssigen
                                 Q zu

                                                          entspannen

                                                     Entspannungsventil

                                            4
                                            Am Entspannungsventil dehnt sich das flüssige Arbeits-
                                            mittel aus, seine Temperatur nimmt weiter ab. Im
                                            Verdampfer beginnt der Kreislauf von neuem.

Abb. 5: Funktionsschema einer Wärmepumpe.

10
Erdwärmenutzung in Hessen

Leistung bezeichnet, mit welcher der Verdampfer der                 pflichtiger elektrischer Energie (Strom) aufzuwenden,
Wärmepumpe Umweltwärme aufnehmen kann. Die                          die restlichen 3/4 werden mit kostenfreier Umwelt-
Summe aus Verdampferleistung und Antriebsleistung                   wärme (z. B. Erdwärme) bereitgestellt.
(= Stromaufnahme) entspricht hierbei der Heizleis­
tung der Wärmepumpe.                                                Durch verschiedene Maßnahmen kann die Jahres­
                                                                    arbeitszahl bzw. Effizienz einer Wärmepumpen-
Das Verhältnis aus bereitgestellter Heizwärme und                   Anlage positiv beeinflusst werden:
Antriebsenergie des Wärmepumpen-Verdichters be-
schreibt die Effizienz einer Wärmepumpe. Das für                    Senkung der Vorlauftemperatur des Heiz­
einen definierten Betriebspunkt bestimmte Verhältnis                systems
wird als Leistungszahl bzw. COP (= Coefficient of                   Die Vorlauftemperatur des Heizsystems sollte 35 °C
Performance) bezeichnet1. Die Leistungszahl ist ver-                möglichst nicht überschreiten. Dies erfordert in der
gleichbar mit dem Wirkungsgrad eines Heizkessels.                   Regel den Einsatz von Fußboden- oder Wandflächen-
Anhand der Leistungszahl lassen sich Wärmepumpen                    heizungen. Bodenfliesen ermöglichen bei Fußboden-
vergleichen: je höher desto besser! Moderne Wärme-                  heizung geringere Vorlauftemperaturen als Teppich-
pumpen erreichen bei optimalen Bedingungen                          boden.
Leistungszahlen bis zu 6.
                                                                    Erhöhung der Temperatur der Wärmequelle
Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Heiz-                  Durch den Entzug von Wärme aus dem Erdreich,
und Nutzwärmebereitstellung mittels Wärmepum-                       z. B. mittels Erdwärmesonden, kühlt sich dieses wäh-
penanlage ist die Leistungszahl jedoch kein geeig-                  rend der Heizperiode zunehmend ab, wodurch auch
netes Maß, da die Temperatur der Wärmequelle (z. B.                 die Temperatur der in den Sonden zirkulierenden
der Erdwärmesonde) und die Vorlauftemperatur des                    Wärmeträgerflüssigkeit und letztlich die Leistung der
Heizungssystems variieren. Zudem wird neben der                     Sonden sinkt. Durch Erhöhung der Gesamtlänge
Antriebsenergie für den Wärmepumpenverdichter                       aller Erdwärmesonden einer Anlage reduziert sich
auch Antriebsenergie für z. B. das Umwälzen der                     die Abkühlung, was – relativ betrachtet – einer Erhö-
Sole in der Erdwärmesonde und des Wassers in der                    hung der Temperatur der Wärmequelle entspricht.
Heizungsanlage benötigt.
                                                                    Einsatz von Wärmepumpen mit hoher
Ein geeignetes Maß für die Wirtschaftlichkeit des Be-               Leistungszahl
triebs einer Wärmepumpenanlage ist die Jahresar-                    Da die Jahresarbeitszahl einer Wärmepumpenanlage
beitszahl (JAZ), die dem Verhältnis der über ein                    stets kleiner als die Leistungszahl der Wärmepumpe
Jahr bereitgestellten Heizwärme inkl. Warmwasser                    ist, sollte bereits bei der Wahl der Wärmepumpe auf
zu sämtlichen für die Bereitstellung aufgewendeten                  eine möglichst hohe Leistungszahl geachtet werden.
Energien innerhalb dieses Jahres (Antriebsenergie
Wärmepumpe, Umwälzpumpen, evtl. Heizstab) ent-                      Hersteller-unabhängige Informationen zu Wärme-
spricht. Die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpen­                     pumpen-Leistungszahlen stellt das akkreditierte
anlage ist stets kleiner als die Leistungszahl der                  Wärmepumpenzentrum Buchs (Schweiz) auf seiner
Wärmepumpe. Moderne Wärmepumpenanlagen                              Homepage www.ntb.ch/ies/waermepumpen-
können im gut gedämmten Neubau bei einer auf den                    testzentrum-wpz.html zur Verfügung.
Heizwärmebedarf und die geothermische Standort­
situation optimal angepassten Wärmequellenanlage                    Elektroheizstab / Brauchwassererwärmung
Jahresarbeitszahlen ≥ 4 erreichen.                                  In Wärmepumpen sind teilweise Elektroheizstäbe
                                                                    integriert, die im Falle zu geringer Wärmequellen-
Bei einer Jahresarbeitszahl von 4 ist lediglich ein 1/4             temperaturen unterstützen sollen. Dies erhöht den
der benötigten Heizenergie in Form von kosten-                      Stromverbrauch der Anlage. Wärmequellen (Erdwär-

1   Für die in Kombination mit Erdwärmesonden eingesetzten Sole/Wasser-Wärmepumpen wird der COP in der Regel für eine Quelltem-
    peratur von 0 °C und eine Heiztemperatur von 35 °C bzw. 55 °C angegeben.

                                                                                                                            11
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

mesonden) sollten daher so bemessen werden, dass                Stromverbrauch. Dies sollte daher bereits bei der
der Einsatz von Heizstäben nicht erforderlich ist.              Wahl von Sonden- und Heizleitungsrohren sowie
                                                                auch Umwälzpumpen beachtet werden.
Die Erwärmung von Brauchwasser sollte mittels
Wärmepumpe und nicht ausschließlich mittels Heiz-               Tipps zum richtigen Einsatz von Wärmepumpen
stab erfolgen.                                                  geben die Broschüre Energie sparen durch Wärme-
                                                                pumpenanlagen vom Informationszentrum Energie
Senkung des Strombedarfs der Hilfsantriebe                      des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg2
(Umwälzpumpen)                                                  sowie die Checkliste Wärmepumpe von der Verbrau-
Überdimensionierte Umwälzpumpen oder Druckver-                  cherzentrale Energieberatung3. Eine gute Darstel-
luste in den Erdwärmesonden oder der Heizungsan-                lung, wie sich verschiedene Randbedingungen auf
lage, z. B. durch zu kleine Rohrquerschnitte oder               die Jahresarbeitszahl auswirken gibt Hönig (2008).
zahlreiche Rohrbögen führen zu einem höheren

3. Dimensionierung und Abstände von Erdwärmesonden

Bei der Dimensionierung wird die Anzahl und                     mit 25–30 Jahren angesetzt wird, soll die technische
Tiefe der Erdwärmesonden einer Anlage unter                     Funktionsfähigkeit der Wärmepumpenanlage und die
Berücksichtigung des Bedarfs an Heizwärme und                   langfristig wirtschaftliche Wärmeversorgung aus dem
Heizleistung, der (hydro-) geologischen und geother-            Untergrund sicherstellen.
mischen Gegebenheiten sowie weiterer Rand­
bedingungen (geothermische Kühlung, Abstände der                Bei den vorgenannten Temperaturgrenzen wird von
Sonden untereinander, wasserwirtschaftliche Vor­                einer mittleren Untergrundtemperatur von 11 °C
gaben etc.) ermittelt.                                          ausgegangen. Im Heizfall soll die Temperatur des aus
                                                                der Wärmepumpe in die Sonde strömenden Wärme-
In Deutschland erfolgt die Dimensionierung von Erd-             trägermittels im Wochenmittel somit eine Tempera-
wärmesonden überwiegend nach der VDI-Richtlinie                 tur von 0 °C nicht unterschreiten. Im Einzelwert (bei
4640-2, nach der das wesentliche Kriterium der                  Spitzenlast) soll die Temperatur des in die Sonde
Dimensionierung die Einhaltung bestimmter Tempe-                strömenden Wärmeträgermittels -6 °C nicht unter-
raturgrenzen für das in den Erdwärmesonden zirku-               schreiten.
lierende Wärmeträgermittel ist: „Die Temperatur des
zu der/den Erdwärmesonde(n) zurückkehrenden                     Da die Leistung einer erdgekoppelten Wärmepum-
Wärmeträgermediums soll im Dauerbetrieb                         penanlage wesentlich vom spezifischen Heizwärme-
(Wochenmittel) den Grenzbereich von ± 11 K Tem-                 und Heizleistungsbedarf des zu beheizenden Gebäu-
peraturänderung gegenüber der ungestörten Erd-                  des sowie der jeweiligen hydrogeologischen und
reichtemperatur nicht überschreiten; bei Spitzenlast            geothermischen Situation abhängt, muss die Dimen-
soll ± 17 K Temperaturänderung nicht überschritten              sionierung stets auf den Einzelfall abgestimmt wer-
werden“. Die Einhaltung dieser Grenzen während                  den. Nur bei guter Kenntnis aller Randbedingungen
der gesamten Betriebsdauer, die in der Planung meist            sind die vorgenannten Ziele – die technische Funk­

2   Download: www.wm.baden-wuerttemberg.de
3   Download: www.verbraucherzentrale-energieberatung.de

12
Erdwärmenutzung in Hessen

tionsfähigkeit und die langfristige wirtschaftliche        Bohrtiefen ≤ 50 m bzw. mindestens 6 m für Bohrtie-
Wärmeversorgung – zu erreichen.                            fen > 50 m haben. Größere Abstände wirken sich
                                                           dabei positiv auf die Leistung der Sonden aus.
Für Erdwärmesondenanlagen mit einer Heizleistung
bis zu 30 kW kann die Bemessung gemäß VDI 4640-            Erdwärmesonden benachbarter Anlagen können sich
2 bei Einhaltung der o. g. Temperaturgrenzen anhand        bei zu geringem Abstand gegenseitig thermisch be-
sog. spezifischer Entzugsleistungen erfolgen, die für      einflussen, wodurch sich z. B. im Heizfall niedrigere
unterschiedliche Gesteine vorliegen. Die spezifischen      Untergrundtemperaturen sowie niedrigere Wärme-
Entzugsleistungen und die für deren Anwendung              trägermittel-Temperaturen in den Sonden einstellen
erforderlichen Voraussetzungen können der VDI              als dies bei einer Anlage ohne Nachbaranlage der Fall
4640-2 entnommen werden.                                   wäre. Daher sollte der Abstand von Erdwärme­sonden
                                                           zu Nachbargrundstücken gemäß VDI 4640-1 so groß
Für Erdwärmesondenanlagen mit einer Heizleistung           wie möglich gewählt und zur Vermeidung negativer
größer 30 kW oder solchen, bei denen die Vorausset-        Einflüsse ein Mindestabstand von 10 m zwischen
zungen für eine Anwendung der spezifischen Ent-            Erdwärmesonden benachbarter Anlagen eingehalten
zugsleistungen nicht gegeben sind, muss die korrekte       werden.
Dimensionierung der Erdwärmesonden gemäß VDI
4640-2 durch Berechnungen nachgewiesen werden.             Zur Abschätzung einer möglichen ein- oder gegensei-
Dies erfolgt üblicherweise durch die Bestimmung der        tigen thermischen Beeinflussung zweier benachbar-
effektiven Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes mit-        ter Erdwärmesonden sollte die Fließrichtung und
tels Thermischen Response Test (TRT) und der               Fließgeschwindigkeit des Grundwassers berücksich-
Simulation des Betriebs der geplanten Erdwärmeson-         tigt werden.
denanlage mittels Spezialsoftware.
                                                           Da bei einem zu geringen Abstand von benachbarten
Nicht anwendbar sind die spezifischen Entzugs­             Erdwärmesondenanlagen zudem von einer Aufsum-
leistungen gemäß VDI 4640-2 bei einer größeren             mierung der thermischen Auswirkungen auf das
Anzahl kleiner Anlagen auf einem begrenzten Are-           Grundwasser auszugehen ist, sollte auch aus Sicht
al, z. B. in Neubaugebieten. Auch für einen frost-         des Grundwasserschutzes ein Abstand zwischen
freien Betrieb von Erdwärmesonden, wie er in Hes-          Sonden benachbarter Anlagen von 10 m eingehalten
sen für bestimmte Gebiete gefordert wird, sind die         werden (vgl. Abschnitt 4).
Voraussetzungen für eine Dimensionierung anhand
der spezifischen Entzugsleistungen der VDI 4640-2          Neben dem Abstand zwischen Erdwärmesonden ist
nicht gegeben.                                             auch der Abstand der Sonden zur Grundstücksgren-
                                                           ze zu beachten. Beträgt dieser weniger als 5 m, muss
                                                           durch die Bergaufsicht geprüft werden, ob eine ther-
Aufgrund einer gegenseitigen thermischen Beeinflus-        mische Beeinflussung von Nachbargrundstücken
sung ist der Abstand zwischen Erdwärmesonden               vorliegt. Ist dies der Fall, ist eine bergrechtliche Ge-
eine wichtige Planungsgröße. Hierbei muss zwischen         winnungsberechtigung erforderlich (vgl. Abschnitt 4).
dem Abstand der Sonden innerhalb einer Anlage und
der Sonden zweier oder mehrerer benachbarter An-
lagen unterschieden werden.                                Bis zu einer Heizleistung von 30 kW sollte der Min-
                                                           destabstand von Erdwärmesonden daher 5 m zur
Die Erdwärmesonden einer Anlage sollten gemäß              Grundstücksgrenze bzw. 10 m zur nächstgelegenen
VDI 4640-2 einen Abstand von mindestens 5 m für            Anlage betragen.

                                                                                                               13
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

4. Grundlagen und Ablauf des Erlaubnisverfahrens

Wasserrecht                                                      Anforderungen des Gewässer­
                                                                 schutzes an Erdwärmesonden
Zum Schutz der Gewässer als Bestandteil des Natur-
haushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als                 In Hessen wird das für Erdwärmesonden erforder-
Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutz-                liche Erlaubnisverfahren durch den Erlass Anforde-
bares Gut, fordert das Wasserhaushaltsgesetz (WHG)               rungen des Gewässerschutzes an Erdwärmesonden
die nachhaltige Bewirtschaftung der Gewässer. Zu                 vom 25. August 2011 (StAnz. 40/2011, S. 1228)
diesen Gewässern zählt auch das Grundwasser, aus                 geregelt4.Dieser fasst die sich aus den vorgenannten
dem in Hessen über 90 % des Trinkwassers der                     Gesetzen und anderen Regelungen, z. B. zum Um-
öffentlichen Versorgung gewonnen wird.                           gang mit wassergefährdenden Stoffen ergebenden
                                                                 Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb
Das WHG verpflichtet jede Person, bei Maßnah-                    von Erdwärmesonden zusammen und regelt den
men, mit denen Einwirkungen auf das Grundwasser                  Ablauf des Genehmigungsverfahrens. Im Hinblick auf
verbunden sein können, die nach den Umständen                    die Neuregelung des Bundesrechtes ist die Geltungs-
erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um u.a. eine                  dauer des Erlasses bis zum 31. Dezember 2011
nachteilige Veränderung der Grundwassereigenschaf-               befris­tet. Die Verlängerung der Regelung in weitge-
ten zu vermeiden.                                                hend unveränderter Form bis zum 31. Dezember ist
                                                                 vorgesehen. Änderungen gegenüber der bisherigen
Für Erdwärmesonden stellt z.B. die Bohrtätigkeit und             Regelung vom 8. Juni 2004 (StAnz. 26/2004,
das Einbringen von Stoffen bei der Bohrlochverfül-               S. 2159) beruhen auf Änderungen der gesetzlichen
lung eine Benutzung dar (§ 9 Abs. 1 Nr. WHG). Die                Vorgaben, z. B. des WHG sowie auf Erfahrungen und
Verwendung von Bohrspülzusätzen, das Verbinden                   neuen Erkenntnissen, z. B. zum Verhalten von Ver-
verschiedener Grundwasserstockwerke und das                      füllbaustoffen bei Frost-Tauwechseln.
Durchbohren von schützenden Grundwasserdeck-
schichten stellen Maßnahmen dar, die geeignet sind,              Die Anforderungen des Gewässerschutzes an Erd-
dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Aus-               wärmesonden gelten für Erdwärmesonden-Anlagen
maß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaf-                 mit einer Wärmepumpenheizleistung bis 30 kW und
fenheit herbeizuführen und stellen eine Benutzung                für solche, die zur Gebäudekühlung genutzt werden.
dar (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG). Alle diese Maßnahmen                 Sie gelten nicht für Erdwärmekollektoren, bei denen
bedürfen einer Erlaubnis oder Bewilligung (§ 8                   dem Erdreich Wärme entzogen oder zugeführt wird
WHG). Beim Betrieb einer Erdwärmesonde kann der                  und bei denen die Kollektoren mindestens 1 m über
Wärmeentzug oder -eintrag oder das Auslaufen eines               dem höchsten Grundwasserstand liegen. Weiter gel-
wassergefährdenden Wärmeträgermittels aus der                    ten sie nicht für sog. Erdwärmekörbe, Spiral- oder
Erdwärmesonde im Falle von Undichtigkeiten zu                    Schneckensonden, sofern eine maximale Einbautiefe
einer nachteiligen Veränderung der Beschaffenheit                von 3 m nicht überschritten wird. Es wird davon aus-
des Grundwasser führen. Bei der Bohrtätigkeit ist                gegangen, dass diese Anlagen nur geringe Auswir-
§ 49 WHG als Spezialnorm zu beachten.                            kungen auf das Grundwasser haben und demnach
                                                                 keine Benutzung nach § 9 WHG vorliegt. Bei größe-
Die Errichtung und der Betrieb von Erdwärmeson-                  ren Einbautiefen oder bei einem Abstand von weni-
den sind nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG)                    ger als 1 m zum höchsten Grundwasserstand werden
grundsätzlich erlaubnispflichtig.                                diese Anlagen wie Erdwärmesonden behandelt.

4   auch als Download unter: www.hmuelv.hessen.de > Umwelt > Gewässerschutz > Anlagen- und stoffbezogener Gewässerschutz
    > Erdwärmesonden oder www.hlug.de > Geologie > Erdwärme

14
Erdwärmenutzung in Hessen

Mit der Festlegung des Gültigkeitsbereichs der Anfor-      werden könnten, sind Erdwärmesonden nur frostfrei
derungen auf Anlagen mit einer Heizleistung bis 30         zu betreiben. Ein frostfreier Betrieb ist gewährleistet,
kW wird der Unterscheidung der VDI-Richtlinie              wenn die Erdwärmesonden mit Wasser als Wärme-
4640 zwischen „kleinen Anlagen“ mit einer Heiz­            trägermittel betrieben werden. Bei der Verwendung
leistung bis 30 kW und „großen Anlagen“ mit einer          von zulässigen wassergefährdenden Wärmeträger-
Heizleistung über 30 kW gefolgt. Kleine Anlagen            flüssigkeiten (WGK 1) muss der frostfreie Betrieb der
zeichnen sich nach der VDI-Richtlinie zudem durch          Erdwärmesonde(n) in vorgenannten Gebieten durch
in der Regel max. 2 400 Jahresbetriebsstunden aus.         einen nicht manipulierbaren „Frostwächter“ nach-
Als weiteres Kennzeichen kleiner Anlagen im Sinne          weislich sichergestellt werden.
der VDI 4640 eignet sich daher auch die im Laufe
eines Betriebsjahres von der Wärmepumpe bereit­
gestellte Wärmemenge, die 72 MWh/a nicht über-             Bergrecht
schreiten sollte.
                                                           Erdwärme ist gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2b des Bundes-
                                                           berggesetzes (BBergG) ein „bergfreier Bodenschatz“.
Kennzeichen „kleiner Anlagen“ im Sinne der VDI-
                                                           Dies bedeutet, dass Grundstückseigentum nicht zur
Richtlinie 4640:
                                                           Erdwärmegewinnung berechtigt. Vielmehr ist für die
> Heizleistung:           max. 30 kW
                                                           Erdwärmegewinnung grundsätzlich eine bergrecht-
> Jahresbetriebsstunden:  max. 2 400 h
                                                           liche Gewinnungsberechtigung (Bewilligung gemäß
> Heiz- und Brauchwärme: max. 72 MWh/a
                                                           § 8 BBergG) erforderlich. Keine Erdwärmegewin-
                                                           nung ist aber nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG die Erd-
Zudem wird aufgrund des umfangreichen Eingriffs
                                                           wärmeentnahme in einem Grundstück aus Anlass
in den Untergrund seitens des HLUG ab einer Ge-
                                                           oder im Zusammenhang mit dessen baulicher oder
samtlänge aller Erdwärmesonden einer Anlage
                                                           sonstiger städtebaulicher Nutzung. Bei einer Erdwär-
≥ 750 m von einer großen Anlage ausgegangen.
                                                           meentnahme im Rahmen dieser Ausnahmeregelung
                                                           darf benachbarten Grundstücken keine Erdwärme
 Bei Einhaltung der in den Anforderungen des Ge-           entzogen werden (Abb. 6).
wässerschutzes an Erdwärmesonden genannten
 Voraussetzungen kann das Erlaubnisverfahren bei           Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Beeinflussung
 Erdwärmesondenanlagen bis 30 kW Heizleistung in           von Nachbargrundstücken vorliegt, wird fachlich
„günstigen Gebieten“ mit vereinfachten Antragsun-          davon ausgegangen, dass die Erdwärmeentnahme
 terlagen durchgeführt werden (Abschnitt 7).               dann in einem Grundstück im Zusammenhang mit
                                                           dessen baulicher Nutzung erfolgt, wenn die Heiz­
Für große Erdwärmesondenanlagen mit einer Heiz-            leistung der Geothermieanlage 30 kW nicht über-
leistung von mehr als 30 kW sind die An­forderungen        schreitet sowie zwischen Erdwärmebohrung und
des Gewässerschutzes an Erdwärmesonden als                 den Grundstücksgrenzen jeweils ein Abstand von
Mindestanforderungen zu berücksichtigen. Die               5 m eingehalten wird. Davon abweichende Fälle
Standortbeurteilung (Abschnitt 5) ist aufgrund des         erfordern eine genauere Betrachtung. Entweder kann
umfangreicheren Eingriffs in das Grundwasser und           auf Grund von Projektbesonderheiten, wie Erdwär-
den Boden auf diese Anlagen nicht übertragbar.             menutzung im geringen Umfang, geringfügige Unter-
                                                           schreitung des Abstands von 5 m oder Entzug von
In wasserwirtschaftlich ungünstigen Gebieten und in        Erdwärme über einen großen Tiefenbereich ange-
hydrogeologisch ungünstigen Gebieten (Abschnitt 5),        nommen werden, dass lediglich das Grundstück des
wenn bei letzteren durch Bohrungen die Grundwas-           Bauherrn betroffen ist. Oder aber es handelt sich um
serüberdeckung durchbohrt und Grundwasserleiter            Erdwärmegewinnung, die nur nach Erteilung einer
mit unterschiedlichen Druckniveaus oder unter-             bergrechtlichen Gewinnungsberechtigung zulässig
schiedlicher Beschaffenheit miteinander verbunden          ist. Der Inhaber einer bergrechtlichen Gewinnungs-

                                                                                                               15
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

        Grundstück A                        Grundstück B

                                                                                 Keine Gewinnung gemäß § 4 BBergG

                                                                                 Keine bergrechtliche Bewilligung erforderlich
                        Einflussbereich
                        Einfl
                           fluussb
                                 bereich

        Grundstück A                        Grundstück B

                                                                                 Gewinnung gemäß § 4 BBergG

                                                                                 Bergrechtliche Bewilligung erforderlich
                              Einflussbereich
                              Ein
                                nfl
                                 fluussb
                                       bere
                                       be eich

Abb. 6: Abhängigkeit der bergrechtlichen Genehmigungsvoraussetzung vom Einflussbereich.

berechtigung kann Erdwärme aus allen Grund­                        Bergaufsicht ist auch der Bohrunternehmer gegen-
stücken entziehen, die innerhalb des zur Berechti-                 über der Bergbehörde direkt verantwortlich und wird
gung gehörenden Feldes liegen.                                     aufgrund seiner Fachkunde auch erster Ansprech-
                                                                   partner sein. Bei Bohrungen bis 100 m Tiefe verblei-
Unabhängig hiervon unterliegen nach § 127 BBergG                   ben die Pflichten allein bei den Bauherren.
alle Bohrungen, die mehr als 100 m in den Boden
eindringen sollen, der Bergaufsicht. Nach § 127
BBergG sind Beginn und Einstellung der Bohr­                       Lagerstättengesetz
arbeiten mindestens zwei Wochen vorher der Berg-
behörde anzuzeigen. Im Regelfall wird für diese Boh-               Gemäß § 4 des Lagerstättengesetzes, zuletzt ge­ändert
rungen kein Betriebsplan gefordert. Bei allen                      am 10.11.2001, sind alle Bohrungen vom Bohrun-
Bohrungen über 100 m ist die „Bergverordnung für                   ternehmen zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten
Tiefbohrungen, Tiefspeicher und für die Gewinnung                  dem Hessischen Landesamt für Umwelt und Geolo-
von Bodenschätzen durch Bohrungen (Tiefbohrver-                    gie anzuzeigen (Vordruck siehe Anlage 2). Nach Ab-
ordnung)“ zu beachten. Nur für die Bohrungen unter                 schluss der Bohrung ist das Bohrergebnis mitzuteilen.

16
Erdwärmenutzung in Hessen

5. Standortbeurteilung

In Abhängigkeit von der hydrogeologischen Situation       Die Standortbeurteilung erfolgt ausschließlich im
eines Standortes können Eingriffe in den Untergrund,      Hinblick auf eine mögliche Grundwassergefähr-
z. B. Bohrungen für Erdwärmesonden, unterschied-          dung. Sie ist keine Beurteilung der technischen
liche und auch nachteilige Auswirkungen auf das           Durchführbarkeit eines Vorhabens oder des geo-
Grundwasser haben. Daher können in Gebieten, die          thermischen Potenzials.
zum Wohl der Allgemeinheit als Wasser- oder Heil-
quellenschutzgebiete festgesetzt oder vorgesehen         Das Ergebnis der hydrogeologischen und wasserwirt-
sind, bestimmte Handlungen, wie z. B. Bohrungen,         schaftlichen Beurteilung ist beispielhaft in Abb. 10,
verboten oder nur eingeschränkt zulässig sein            das der wasserwirtschaftlichen Beurteilung in
(§§ 50 bis 53 WHG i. V. m. Wasser- und Heilquellen-      Abb. 11 wiedergegeben. Die jeweils aktuelle Abgren-
schutzgebietsverordnungen, Verordnung über Anla-         zung dieser Gebiete ist in Kartenform unter www.
gen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen            hlug.de für alle hessischen Landkreise und kreis-
und über Fachbetriebe (VAwS)). Daneben können            freien Städte veröffentlicht. Diese Karten sind für die
auch spezielle hydrogeologische Untergrundgege-          Zuordnung eines Standortes zu verwenden. Ist eine
benheiten Verbote und Einschränkungen erforderlich       sichere Zuordnung eines Standortes nicht möglich,
machen.                                                  gibt die zuständige Wasserbehörde oder das HLUG
                                                         auf An­frage Hilfestellung.
Diese standörtlichen Randbedingungen werden im
Genehmigungsverfahren für Erdwärmesonden durch
eine vom HLUG für Hessen fortlaufend aktuali­sierte       5.1 Hydrogeologische Standort­
hydrogeologische und wasserwirtschaftliche Stand-             beurteilung Grundlagen
ortbeurteilung berücksichtigt. Die Standortbeur­
teilung unterscheidet zwischen hydrogeologisch           Die thermische Beanspruchung des Untergrundes
günstigen und ungünstigen Gebieten sowie wasser-         und des Grundwassers durch einzelne Erdwärme-
wirtschaftlich günstigen, ungünstigen und unzu­          sondenanlagen mit einer Heizleistung bis 30 kW ist
lässigen Gebieten. Die Grundlagen für diese Beurtei-     aus hydrochemischer Sicht als unerheblich zu be­
lung werden in den folgenden Abschnitten erläutert.      trachten. Auswirkungen auf die Grundwasserfauna
                                                         sind bei diesen Anlagen nach heutigem Kenntnis-
Durch die Verschneidung dieser Gebiete ergibt sich       stand vernachlässigbar. Die hydrogeologische Be­
die für das Genehmigungsverfahren maßgebende             urteilung kleiner Erdwärmesondenanlagen erfolgt
Unterteilung der Landesfläche Hessens in drei Ge-        daher im Hinblick auf eine mögliche Beeinflussung
bietstypen (siehe Kasten).                               des Grundwassers durch die Bohrarbeiten und durch
                                                         den Ausbau der Bohrung. Aufgrund des umfang­
                                                                          reicheren Eingriffs in den Unter-
                                                                          grund ist diese Beurteilung nur
günstige Gebiete:                                                         bedingt auf große Anlagen mit
Hydrogeologische und wasserwirtschaftliche Situation günstig.             einer Heizleistung über 30 kW
Keine gesonderte Beurteilung des Vorhabens erforderlich.                  übertragbar.

ungünstige Gebiete:                                                        Abhängig von der jeweiligen
Hydrogeologische und/oder wasserwirtschaftliche Situation ungünstig.       geologisch/hydrogeologischen
Gesonderte Beurteilung des Vorhabens erforderlich.                         Situation ergeben sich in diesem
                                                                           Zusammenhang folgende hydro­
unzulässige Gebiete:                                                       geo­logische Beurteilungen:
Die Errichtung von Erdwärmesonden ist aufgrund der wasserwirt-
schaftlichen Situation unzulässig.

                                                                                                            17
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

Hydrogeologisch günstig sind – bei Einhaltung                       Hohe Wasserdurchlässigkeit:
der in Abschnitt 6 formulierten Anforderungen –                     Insbesondere in hoch durchlässigen Kluft- und Karst-
Gebiete mit mittlerer bis geringer Wasserdurchlässig-               grundwasserleitern mit in der Regel sehr hohen
keit der Gesteine und keiner wesentlichen Grund-                    Fließgeschwindigkeiten weist die durch eine Boh-
wasserstockwerkstrennung. Unter einer wesent-                       rung verursachte Trübung des Grundwassers eine
lichen Stockwerkstrennung ist gemäß LAWA (2002)                     hohe Reichweite auf. Erreicht die Trübung eine Was-
eine weiträumig wirksame Stockwerkstrennung zu                      sergewinnungsanlage oder ein Oberflächengewässer,
verstehen, die zu deutlich unterschiedlichen Grund-                 so können diese zeitweilig beeinträchtigt werden.
wasserständen bzw. hydraulischen Druckhöhen oder                    Eine Gegenmaßnahme kann hier z. B. das Mitführen
Grundwasserbeschaffenheiten der einzelnen Stock-                    einer Hilfsverrohrung beim Bohren sein.
werke führt (Abb. 7).
                                                                    Darüber hinaus sind Probleme mit der Verpressung
Hydrogeologisch ungünstig sind Gebiete mit                          der Bohrlöcher beim Antreffen großer Klüfte bzw.
nennenswerten Grundwasser-, Mineralwasser- oder                     Karsthohlräume möglich. Es ist deshalb nicht sicher-
Heilwasservorkommen, die durch eine Grundwasser­                    gestellt, dass eine Bohrung in diesem Fall überhaupt
überdeckung geschützt werden. Ungünstig sind auch                   ordnungsgemäß vollständig und dauerhaft wasser-
Gebiete mit hoher Wasserdurchlässigkeit der Ge-                     dicht verpresst werden kann.
steine, einer wesentlichen, d. h. weiträumigen Stock-
werkstrennung, mit Aufstiegszonen von CO2 oder                      Eine Besonderheit sind in diesem Zusammenhang
hoch mineralisierten Wässer oder mit artesisch                      Gebiete des Altbergbaus. Fährt eine Erdwärmeboh-
gespannten Grundwasservorkommen sowie mit Tie-                      rung einen Hohlraum eines untertägigen Grubenge-
fengrundwasserleitern (insbesondere im Festgestein),                bäudes an, kann eine solche Bohrung nicht mit ver-
die nicht angefahren oder durchteuft werden sollten.                tretbarem Aufwand gegen die häufig wassergefüllten
Ungünstig sind zudem Gebiete mit quellfähigen                       Hohlräume zuverlässig und dauerhaft abgedichtet
Gesteinen, wie Anhydrit und bestimmten Tonen.                       werden. In solchen Gebieten ist daher eine Voran­

     Humus

     Sand und Kies
                                                                              oberes Grundwasserstockwerk

     Grundwasser

     Ton und Lehm (Grundwassernichtleiter)

     Sand und Kies
                                                                              unteres Grundwasserstockwerk

     Grundwasser

     Ton und Lehm (Grundwassernichtleiter)

Abb. 7: Schematische Darstellung eines Grundwasserstockwerksbaus.

18
Erdwärmenutzung in Hessen

frage bei der Bergbehörde unabdingbar. Bei der
                                                                                                           oberes
hydrogeologischen Standortbeurteilung wurden die                                                     Grundwasser-
Gebiete des Altbergbaus nicht berücksichtigt.                                                           stockwerk

Grundwasserstockwerksbau und artesische
Druckverhältnisse:                                            Grundwasser

Wird durch eine Erdwärmebohrung eine hydrau-
lische Verbindung zweier ansonsten weiträumig                 Grundwassernichtleiter
getrennter Grundwasserstockwerke verursacht, so
kann dies bei unterschiedlichen hydraulischen                                                             unteres
Druckhöhen und einer unzureichenden Abdichtung                                                      Grundwasser-
                                                                                                       stockwerk
des Bohrlochs zu einem Übertritt von Wasser aus
einem in das andere Stockwerk führen (Abb. 8).

Bei unterschiedlichen Beschaffenheiten der Grund-
                                                              Grundwasser
wässer oder vorhandenen Grundwasserverun­
reinigungen ist eine solche Stockwerksverbindung
kritisch. Die Schaffung derartiger hydraulischer Ver-         Grundwassernichtleiter
bindungen kann zu Schädigungen führen, die eine
                                                           Abb. 8: Unzureichend abgedichtete Erdwärmebohrung.
spätere Nutzung der betroffenen Stockwerke, z. B.
                                                                   Grundwasser strömt in diesem Beispiel von einem
zur Trinkwassergewinnung, nicht mehr zulassen.                     höheren in ein tieferes Grundwasserstockwerk. Bei
                                                                   einem höheren Druckniveau im tieferen Stockwerk
Besonders kritisch ist das Erschließen von artesisch               (gespanntes Grundwasser) kann auch ein Aufstieg
gespanntem Grundwasser, das unter so hohem Druck                   des Grundwassers in das obere Stockwerk oder sogar
                                                                   bis zur Geländeoberfläche stattfinden.
steht, dass es frei aus dem Bohrloch zutage tritt.
Treten in einem solchen Fall große
Wassermengen zutage, kann es zu er-
heblichen Problemen bei der Abdich-
tung der Bohrung kommen.

Zeigen sich bereits bei den Bohrar-
beiten für eine Erdwärmesonde große
Druckunterschiede, muss das Bohrloch
daher bis zur Basis des oberen Grund-
wasserstockwerks wasserdicht rückver-
füllt und die Erdwärmenutzung auf das
obere Stockwerk beschränkt werden.
In diesen Fällen ist die Genehmigungs-
behörde zu informieren. Bohrfirmen
müssen aus diesem Grund stets ausrei-
chend Material und die erforderliche
Technik für eine Beherrschung hoher
Wasserdrücke im Bohrloch und für eine
vollständige Verpressung an der Bohr-
stelle vorhalten.

Durch eine ordnungsgemäße Abdich-
tung von Bohrungen können dauer-          Abb. 9: Verpresste Sondenbohrung.

                                                                                                                   19
Übersichtskarte

Hydrogeologische und wasserwirtschaftliche
Standortbeurteilung für die Errichtung von
Erdwärmesonden in Hessen

Bearbeitung:
S. RUMOHR

0              15            30 km
                                                                                                        Kassel

                                                                                        Korbach

Die vorliegende Karte dient nur der Übersicht; eine differenzierte
Standortbeurteilung ermöglichen die im Internet unter www.hlug.de                                                                   Eschwege
veröffentlichten Karten.

Die dargstellte Standortbeurteilung setzt die
Einhaltung der in diesem Leitfaden aufgeführten                                                          Homberg
technischen Anforderungen an Bauausführung
und Betrieb voraus.

Gebiete innerhalb kontaminierter Bereiche
von Altlasten, schädlichen Boden-
veränderungen oder Grundwasser-
veränderungen sowie mit Alt-                                                                                     Bad Hersfeld
bergbau sind in der vor-                                                      Marburg
liegenden Karte nicht
berücksichtigt.

                                                                                                  Lauterbach

                                                                     Gießen
                                                                                                                            Fulda
                                                           Wetzlar
Limburg

                                                                Friedberg

                                                             Bad Homburg

                     Bad Schwalbach
                                                             Frankfurt a.M.          Hanau
                                                   Hofheim
                                                                        Offenbach
                             Wiesbaden

                                                                                                     Standortbeurteilung
                                                                                                                    Wasserwirtschaftlich und hydrogeologisch günstig
                                                                                                                    Gebiete mit mittlerer bis geringer Wasserdurchlässigkeit ohne eine
                                                        Groß-Gerau
                                                                                                                    wesentliche Stockwerkstrennung und ohne Vorkommen von höher mine-
                                                                     Darmstadt                                      ralisierten Grundwässern bzw. CO2- Aufstiegszonen bei gleichzeitiger
                                                                                                                    Lage außerhalb von Wasser- und Heilquellenschutzgebieten oder in
Die dargestellten Trinkwasser- und Heil-                                                                            deren weiteren qualitativen Schutzzonen WSG IIIB und HQSG III/2
quellenschutzgebietszonen entsprechen einer
für diese Fragestellung interpretierten Form und                                                                    Wasserwirtschaftlich und/oder hydrogeologisch ungünstig
stellen den Bearbeitungsstand des Hessischen                                                                        Gebiete in den Zonen WSG III und IIIA sowie HQSG III, III/1 und B sowie
Landesamtes für Umwelt und Geologie                                                                                 Gebiete mit nennenswerten Grundwasser-, Mineralwasser- oder Heil-
(HLUG) vom 5.7.2011 dar.                                                            Erbach                          wasservorkommen, die durch eine Grundwasserüberdeckung geschützt
Es wird darauf hingewiesen, dass durch               Heppenheim                                                     werden. Ungünstig sind auch Gebiete mit hoher Wasserdurchlässigkeit
diese Interpretation einzelne Zonen nicht                                                                           der Gesteine, einer wesentlichen, d.h. weiträumigen Stockwerkstrennung,
dargestellt werden. Somit stellen diese                                                                             mit Aufstiegszonen von CO2 oder hoch mineralisierten Wässer oder mit
hier vorgelegten Abgrenzungen keine Über-                                                                           artesisch gespannten Grundwasservorkommen sowie Tiefengrundwasser-
sicht der Trinkwasser- und Heilquellenschutz-                                                                       leiter (insbesondere im Festgestein), die nicht angefahren oder durchteuft
gebiete dar.                                                                                                        werden sollten. Ungünstig sind zudem Gebiete mit quellfähigen Gesteinen,
                                                                                                                    wie Anhydrit und bestimmten Tonen.
Eine solche Übersicht kann im HLUG gesondert
angefordert werden.
                                                                                                                    Wasserwirtschaftlich unzulässig
                                                                                                                    Gebiete in den Zonen WSG I, II und HQSG I, II sowie HQSG A

                                                                                             Topographische Grundlage: ATKIS® DLM1000; © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, 2006
                             Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie

hafte hydraulische Verbindungen zweier oder mehre-          Die hydrogeologische Beurteilung wird wesentlich
rer Grundwasserstockwerke in der Regel mit hoher            durch die geologische und somit auch hydrogeolo-
Sicherheit ausgeschlossen werden. Die Erfahrung             gische Situation bestimmt. Im Einzelnen werden z. B.
zeigt jedoch, dass es insbesondere in Gebieten mit          die südlich von Korbach und Marburg vorkom-
deutlicher Verkarstung oder Zerklüftung des Unter-          menden Karbonatgesteine aufgrund ihrer hohen
grundes oder beim Vorkommen stark gespannter                Grundwasserdurchlässigkeiten oder die Sulfatge-
Grundwässer zu einer unzureichenden Verpressung             steine im Richelsdorfer Gebirge als hydrogeologisch
von Bohrlöchern kommen kann.                                ungünstig beurteilt. Die Bereiche von Bad Vilbel,
                                                            Friedberg, Bad Wildungen, Ebersburg, Bad Zwesten,
Aufgrund der vorgenannten Risiken sollte die Erd-           Selters u. a. werden aufgrund des Vorkommens von
wärmenutzung gemäß den Anforderungen des                    Mineralwasser und CO2-Aufstiegszonen als hydroge-
Gewässerschutzes an Erdwärmesonden auf den                  ologisch ungünstig beurteilt. Grundwasserstock-
obersten, ungespannten Grundwasserleiter be-                werksbau mit unterschiedlichen Druckpotenzialen
schränkt werden.                                            und Beschaffenheiten sowie das Vorhandensein arte-
                                                            sisch gespannter Wässer sind Gründe für die ungüns­
                                                            tige Beurteilung z. B. von Teilen des Stadtgebietes
                                                            von Frankfurt a. M.
Vorkommen von höher mineralisierten Grund­
wässern oder CO2:
Die Erfahrungen zeigen, dass Mineralwasser- und             Erdwärmekollektoren, Erdwärmekörbe
insbesondere die häufig damit verbundenen CO2-              Erdwärmekollektoren und Erdwärmekörbe erreichen
Vorkommen sensibel auf hydraulische Eingriffe wie           aufgrund der geringen Einbautiefe das Grundwasser
Bohrungen reagieren. Insbesondere in Fällen, bei            i. d. R. nicht. Der Bodeneingriff ist dann vergleichbar
denen die Grundwasserströmung durch Gaslift (Auf-           mit der Errichtung eines unterkellerten Gebäudes.
stieg des Grundwassers durch das Vorkommen von              Eine etwaige Reduzierung der Niederschlagsver­
gasförmigem CO2) beeinflusst ist, können auch kurz-         sickerung durch die Vereisung des Oberbodens im
fristige Eingriffe zu nachhaltigen Veränderungen der        Winter ist aufgrund der relativ kleinen Flächen im
Fließsysteme führen.                                        Hinblick auf die Grundwasserneubildung zu
                                                            vernachlässigen. Die horizontale Reichweite der
                                                            Temperaturveränderung ist geringer als bei Erdwär-
Ergebnis                                                    mesonden. Eine hydrogeologische Beurteilung sole-
                                                            betriebener Kollektoranlagen ist daher bei Beachtung
Vorhaben zur Erdwärmenutzung in ungünstigen                 der VDI-Richtlinie 4640 nicht erforderlich.
Gebieten mit den vorgenannten hydrogeologischen
Gegebenheiten sind erst nach einer Einzelfallprüfung
                                                             Die landesweite hydrogeologische Beurteilung
und teilweise nur mit weitergehenden Auflagen, z. B.
                                                             findet daher für Erdwärmekollektoren keine An-
der Beschränkung der Bohrtiefe oder Einbau einer
                                                             wendung.
Hilfsverrohrung möglich. Kann die hydrogeologische
Situation aufgrund fehlender Daten nicht ausrei-
chend beurteilt werden, ist gegebenenfalls eine
Erkundung der Situation vor Durchführung des Vor-
habens erforderlich.

22
Erdwärmenutzung in Hessen

5.2 Wasserwirtschaftliche Beur­                             schutzgebieten in den entsprechenden Zonen
    teilung                                                 (siehe unten),
                                                          • in Einzugsgebieten öffentlicher Trinkwasserge-
                                                            winnungen ohne festgesetzte Schutzzonen und
Grundlagen                                                • innerhalb des kontaminierten Bereichs einer Alt-
 In Einzugsgebieten von Trinkwassergewinnungs­              last, einer schädlichen Bodenverunreinigung oder
 anlagen und Heilquellen besteht eine Schutzbedürf-         einer Grundwasserverunreinigung.
 tigkeit des Grundwassers, die über den allgemeinen,
 flächendeckenden Grundwasserschutz hinausgeht.            Wasserwirtschaftlich unzulässig sind Gebiete
 Neben der hydrogeologischen Beurteilung einer Erd-       • in den Schutzzonen I und II von festgesetzten
 wärmenutzung erfolgt daher noch eine weitere               Trinkwasserschutzgebieten.
„wasserwirtschaftliche Beurteilung“.                      • in den Schutzzonen I und II (qualitativ) und
                                                            A (quantitativ) von Heilquellenschutzgebieten.
 Die wasserwirtschaftliche Beurteilung einer ge-
                                                              In diesen Gebieten sind Erdwärmesonden
 planten Erdwärmenutzung erfolgt anhand der
                                                              generell verboten.
 relativen Lage eines Vorhabensstandortes zu Was-
 sergewinnungsanlagen und deren festgesetzten
                                                          Die unabhängig vom Einzelfall durchgeführte was-
 oder im Festsetzungsverfahren befindlichen Schutz-
                                                          serwirtschaftliche Beurteilung ergibt sich somit auch
 gebieten oder deren Einzugsgebiet. Darüber hinaus
                                                          aus den unterschiedlichen Schutzzonen der festge-
 wird die Lage zu kontaminierten Bereichen von
                                                          setzten oder im Festsetzungsverfahren befindlichen
 Altlasten, schädlichen Bodenveränderungen oder
                                                          Trinkwasser- und Heilquellenschutzgebiete. Die Lage
 Grundwasserverunreinigungen berücksichtigt.
                                                          kontaminierter Bereiche von Altlasten, schädlichen
                                                          Bodenveränderungen oder Grundwasserverunreini-
Je nach Lage ergeben sich in diesem Zusammenhang          gungen kann hingegen nur im Einzelfall im Rahmen
folgende Beurteilungen gemäß den Anforderungen            der Antragstellung durch die Genehmigungsbehörde
des Gewässerschutzes an Erdwärmesonden:                   geprüft werden. Diese Bereiche, die den Wasserbe-
                                                          hörden in der Regel bekannt sind, sind daher nicht
Wasserwirtschaftlich günstig sind Gebiete                 auf der Karte der Standortbeurteilung dargestellt.
• außerhalb von Wasser- und Heilquellenschutz-
  gebieten oder in deren weiteren qualitativen            Abb. 11 zeigt beispielhaft das Ergebnis der wasser-
  Schutzzonen WSG IIIB oder HQSG III/2,                   wirtschaftlichen Beurteilung für die Umgebung der
• außerhalb der Einzugsgebiete öffentlicher Trink-        Stadt Idstein. Im Internet kann die Lage der Trink-
  wassergewinnungsanlagen oder staatlich aner-            wasser- und Heilquellenschutzgebiete bzw. der
  kannter Heilquellen ohne festgesetzte bzw. im           wasserwirtschaftlich günstigen, ungünstigen und un-
  Verfahren befindliche Schutzgebiete und                 zulässigen Gebiete unter www.hlug.de in hoher
• außerhalb des kontaminierten Bereichs einer Alt-        Auflösung für die Landkreise und kreisfreien Städte
  last, einer schädlichen Bodenverunreinigung oder        eingesehen werden, so dass die Zuordnung eines
  einer Grundwasserverunreinigung.                        Vorhabensstandortes zu den wasserwirtschaftlich un-
                                                          terschiedlich beurteilten Gebieten (bzw. Trink- und
Wasserwirtschaftlich ungünstig sind Gebiete               Heilquellenschutzzonen) relativ genau durchgeführt
• in den weiteren Schutzzonen III bzw. IIIA von           werden kann. Bestehen dennoch Schwierigkeiten bei
  Wasserschutzgebieten,                                   der Zuordnung, geben die jeweils zuständige Untere
• in den weiteren Schutzzonen III bzw. III/1              Wasserbehörde (Adressen siehe Anhang) oder das
  (qualitativ) und B (quantitativ) von Heilquellen­       HLUG Hilfestellung.
  schutzgebieten bzw. bei älteren Heilquellen-

                                                                                                           23
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