ERFOLGREICHE IOT-GESCHÄFTSMODELLE - CHANCEN IM INTERNET DER DINGE UND DER INDUSTRIE 4.0 NUTZEN

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ERFOLGREICHE IOT-GESCHÄFTSMODELLE - CHANCEN IM INTERNET DER DINGE UND DER INDUSTRIE 4.0 NUTZEN
White Paper

     Erfolgreiche
     IoT-Geschäftsmodelle
     Chancen im Internet der Dinge und
     der Industrie 4.0 nutzen

© 2017 tresmo GmbH. All rights reserved.
ERFOLGREICHE IOT-GESCHÄFTSMODELLE - CHANCEN IM INTERNET DER DINGE UND DER INDUSTRIE 4.0 NUTZEN
Autor
Jan Rodig

tresmo GmbH
Bahnhofstraße 5
86150 Augsburg

mit freundlicher Unterstützung durch

Thilo Wolter, tresmo GmbH
Jan Kotzorek, IoT Analytics GmbH
Knud Lasse Lueth, IoT Analytics GmbH

Der Text dieses Whitepapers ist in
ähnlicher Form auch als Beitrag
„Erfolgreiche IoT-Geschäftsmodelle in
der Industrie“ des Autors im Fachbuch
„Industrie 4.0 – Potenziale erkennen
und umsetzen“ enthalten.

(Vogel Business Media, Hrsg. Thomas
Schulz, ISBN: 978-3-8343-3394-0)
ERFOLGREICHE IOT-GESCHÄFTSMODELLE - CHANCEN IM INTERNET DER DINGE UND DER INDUSTRIE 4.0 NUTZEN
Inhalt

1. Kontext: Wellen der Digitalisierung                                           4

   1.1 Rückblick: Die ersten zwei Wellen der Digitalisierung                     4

   1.2 IoT als dritte Welle der Digitalisierung                                  5

2. Geschäftsmodell: Verwendete Definition                                        7

3. Gestaltungsmöglichkeiten: Auswirkungen des IoT auf Geschäftsmodelle           9

   3.1 Angebots- und Marktpositionierung:
        Bislang vor allem bestehende Kundengruppen im Fokus                      9

   3.2 Wertschöpfungskette: Vom Produkt zum Service                             11

        3.2.1    Einfluss auf primäre Unternehmensaktivitäten                   11

        3.2.2    Einfluss auf sekundäre Unternehmensaktivitäten                 13

   3.3 Erlösmodell: Vom einmaligen zum nutzungs- und zeitabhängigen Erlös       13

        3.3.1    Gegenstand der Monetarisierung                                 14

        3.3.2    Erlösstrom                                                     15

        3.3.3    Erlösbeziehung                                                 16

        3.3.4    Dynamische und personalisierte Preismechanismen                16

   3.4 Fazit & Ausblick                                                         16

4. Anhang: Branchenbeispiele                                                    17

   4.1 Maschinen- und Anlagenbau: thyssenkrupp MAX                              19

   4.2 Langlebige Konsumgüter: Oral-B Genius Zahnbürste                         21

   4.3 Handel: Amazon Dash Button                                               23

   4.4 Energiebranche: FreeWire Technologies Ladestationen                      25

   4.5 Versicherungsbranche: Progressive Snapshot Programm                      27

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1. Kontext: Wellen                                                                 1.1 Rückblick: Die ersten zwei
der Digitalisierung                                                                Wellen der Digitalisierung
                                                                                   Die erste digitale Welle setzte in den 1970er Jahren durch die
                                                                                   zunehmende Verbreitung von Computern in der Berufswelt ein,

I nformationstechnologie hat in den vergangenen fünfzig
  Jahren die Geschäftswelt massiv transformiert – zunächst
einzelne Funktionsbereiche innerhalb von Unternehmen
                                                                                   welche die Teil- oder Vollautomatisierung bislang manueller
                                                                                   Unternehmensaktivitäten ermöglichte, beispielsweise beim
                                                                                   Auftragseingang, in der industriellen Ressourcenplanung oder
(„erste Welle“), später zunehmend auch bereichs- und unter-                        beim Produktdesign. Dadurch entstanden neue Märkte und
nehmensübergreifende Wertschöpfungsprozesse sowie den                              globale Konzerne, unter anderem in den Bereichen Standard-
Handel („zweite Welle“). Diejenigen Unternehmen, die das                           software (z.B. SAP, Gründung 1972 und Microsoft, Gründung
gewaltige ökonomische Potenzial dieser Umbrüche erkannten                          1975) und Computerherstellung (z.B. Apple, Gründung 1976
und sich konsequent anpassten, profitierten enorm –                                und Dell, Gründung 1984).
viele andere hingegen gingen dramatisch unter. Zugleich
entstanden innovative Startups, die erfolgreich neue Märkte
schufen und besetzten.                                                             Das Internet vernetzt PCs und Laptops
Mit dem Internet der Dinge (nachfolgend: IoT) rollt gegenwärtig                    In den 1990er Jahren begann mit der Verbreitung des
die dritte digitale Welle heran. Ihre Auswirkungen werden                          Internets die zweite Welle der Digitalisierung. Der Informati-
gewaltig sein – sowohl für unseren Alltag als auch für                             onsaustausch zwischen Mitarbeitern und Unternehmensbe-
zahlreiche Branchen, die von der disruptiven Kraft der                             reichen sowie mit Zulieferern und Kunden wurde beschleunigt
digitalen Transformation bislang weitgehend verschont                              und damit die betriebliche Koordination erleichtert.
wurden. Dementsprechend groß sind die Herausforderungen,
vor denen die meisten größeren Unternehmen aktuell                                 Auch der Vertrieb, von der „ersten Welle“ noch kaum
stehen: den komplexer werdenden Wettbewerb verstehen,                              betroffen, wurde nun zunehmend digitalisiert. Der damit
neue digitale Technologien aneignen, bestehende Angebote                           beginnende Siegeszug des eCommerce, geprägt z.B. durch
„smart“ machen sowie neue Leistungen entwickeln, die                               den Online-Riesen Amazon (Gründung 1994), dauert noch
Produktion vernetzen, riesige Datenmengen effizient                                heute an und ist längst nicht abgeschlossen. Auch andere
analysieren und funktionsfähige Organisationen aufbauen,                           mittlerweile milliardenschwere Geschäftsmodelle wie der
die all das vorantreiben.                                                          Marktplatz eBay (Gründung 1995), digitale Services wie
                                                                                   Skype (Gründung 2003) oder soziale Netzwerke wie Facebook
Eine der schwierigsten Fragestellungen in diesem Kontext                           (Gründung 2004) wurden zu dieser Zeit etabliert.
ist jedoch für viele Unternehmen, wie sie ihr bestehendes
Geschäftsmodell weiterentwickeln bzw. erfolgreiche neue
Geschäftsmodelle etablieren können. Im vorliegenden                                Das Smartphone verändert die Internetnutzung
Whitepaper haben wir unsere langjährigen Projekter-
fahrungen in diesem Bereich zusammengefasst und mit zahl-                          Die durch Apples iPhone im Jahr 2007 geschaffene neue
reichen Praxisbeispielen ergänzt. Im Anhang werden zudem                           Geräteklasse des Smartphones macht digitale Dienste orts-
fünf Fallstudien noch einmal detaillierter betrachtet.                             unabhängig nutzbar und erweitert damit massiv die Anwen-
                                                                                   dungsmöglichkeiten des Internets. Neue, vornehmlich mobil
                                                                                   basierte App-Geschäftsmodelle wie beispielsweise WhatsApp
                                                                                   (Gründung 2009) entstanden. Die Internetnutzung nahm
    Begriffsbestimmung:                                                            explosionsartig zu und wird inzwischen von mobilen Geräten
                                                                                   wie Smartphones und Tablets dominiert, welche zunehmend
    Internet der Dinge                                                             PCs und Notebooks verdrängen.1 Dementsprechend verfolgen
    (Englisch: Internet of Things, Kurzform: IoT)                                  viele Unternehmen wie z.B. Microsoft,2 Google oder Facebook
    Das Internet der Dinge beschreibt die Einbettung von                           mittlerweile eine “Mobile First”-Strategie, d.h. ihre Produkte
    Sensoren (z.B. GPS-Sensor), Prozessorleistung (z.B.                            und Services werden zunächst mit ausschließlichem Fokus
    Raspberry Pi) und Konnektivität (z.B. WLAN) in physische                       auf mobile Endgeräte entwickelt.
    Objekte (“Dinge”), so dass diese über das Internet Daten mit
    ihrer Umwelt – z.B. einem Smartphone, einem Datacenter
    oder mit anderen smarten Objekten – austauschen können.

    Hinweis: Der vor allem in Deutschland gebräuchliche Begriff                    Vgl.1   Searchengineland.com (2015): It’s official: Google says more
    Industrie 4.0 bezeichnet nach gängigen Definitionen die                                searches now on mobile than on desktop,
                                                                                           http://searchengineland.com/its-official-google-says-more-sear-
    Anwendung des IoT auf die betrieblichen Funktionsbereiche                              ches-now-on-mobile-than-on-desktop-220369
    Produktion und Supply Chain, ist also ein Teilbereich des IoT.                 Vgl.2   Tecchannel.de (2015): Microsoft Strategie:
                                                                                           Mobile First, Cloud First, http://www.tecchannel.de/a/
                                                                                           microsofts-strategie-mobile-first-cloud-first,2062722

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ERFOLGREICHE IOT-GESCHÄFTSMODELLE - CHANCEN IM INTERNET DER DINGE UND DER INDUSTRIE 4.0 NUTZEN
Anzahl internetfähiger
Geräte und Wellen der Digitalisierung
(vernetzte PCs, Smartphones, Tablets und andere Objekte in Milliarden)

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                                                                                                                             Smarte, vernetzte Produkte
                                                                                                                            und Wertschöpfungsprozesse
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15

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                                                                                   Zweite digitale Welle
                                                                             Digitale Integration der Wertschöpfungskette
                                                                                  durch das Internet und E-Commerce
  5                    Erste digitale Welle
                        Digitalisierung einzelner
                        Unternehmensfunktionen

  1970                          1980                           1990                           2000                               2010                     2020

                                                                                      Jahre
Grafik 1: Wellen der Digitalisierung und Anzahl weltweit vernetzter Objekte (Quelle: Adaptiert von BI Intelligence 3)

1.2 IoT als dritte Welle                                                                  Gegenstände – vom Apfelbaum oder T-Shirt über die Bohr-
der Digitalisierung                                                                       maschine und Heizung bis hin zum Auto und kompletten
                                                                                          Produktionsanlagen. IT wird somit integraler Bestandteil aller
                                                                                          „Dinge“, bei denen das sinnvoll erscheint.
Gegenwärtig stehen wir nun am Anfang der dritten großen
Digitalisierungswelle, dem sogenannten Internet der Dinge                                 Die grundlegende Funktionsweise ist dabei wie folgt:
(IoT). Es wird in einigen Studien sogar als die potenziell                                Sensoren an und in den physischen „Dingen“ erfassen Daten,
einflussreichste Entwicklung für die Menschheit bezeichnet                                die über das Internet transportiert und dann – häufig in
und auf ein aggregiertes Wertschöpfungspotenzial von bis                                  der Cloud – analysiert, weiterverarbeitet und gespeichert
zu 11 Billionen US-Dollar über die nächsten zehn bis fünfzehn                             werden. Auch eine Steuerung oder sonstige Beeinflussung
Jahre taxiert. 4                                                                          der „Dinge“ über das Internet ist möglich, ebenso die
                                                                                          Vernetzung mehrerer „Dinge“. Vorher nicht vernetzte
Dabei sind die meisten Technologien für das IoT im                                        Gegenstände können somit durch IoT-Technologien viel-
Wesentlichen schon lange bekannt. Doch erst massiv gefallene                              fältige neue Funktionen erhalten – dementsprechend groß
Preise der immer leistungsfähiger werdenden Sensoren,                                     ist die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten des IoT. Diese
Prozessoren und sonstiger Informationstechnologie sowie                                   umfassen beispielsweise:
die zunehmende kostengünstige Verfügbarkeit des Internets
ermöglichen mittlerweile die Vernetzung fast aller physischen                             • mit Sensoren ausgestattete Mandelbäume in
                                                                                            der Landwirtschaft, die den Wasserbedarf der
Vgl.3   BI Intelligence (2014): The Internet of Everything 2014,                            Pflanzen in Echtzeit ermitteln, über eine vernetzte
        http://www.businessinsider.com/
        the-internet-of-everything-2014-slide-deck-sai-2014-2?IR=T                          Bewässerungsanlage automatisch eine optimale
Vgl.4   McKinsey (2015): The internet of things - Mapping the value beyond                  Wasserzufuhr sicherstellen und damit gegenüber
        the hype, https://mckinsey.de/internet-der-dinge-kann-2025-welt-
        weit-bis-zu-11-billionen-dollar-mehrwert-schaffen

                                                                                  5
                                                               © 2017 tresmo GmbH. All rights reserved.
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herkömmlichen Bewässerungssystemen den
   Wasserverbrauch um ca. 20% senken 5

• T-Shirts, welche mittels integrierten EKG-Elektroden
  und weiteren Sensoren (bspw. zur Erfassung der
  Körpertemperatur) vor einem möglichen Herzinfarkt des
  Trägers warnen

• „Smart Home“-Lösungen, welche im Zusammenspiel
  verschiedener Datenquellen (bspw. Wetter, Entfernung des
  Bewohners von seinem Haus) und Geräte (bspw. Heizung,
  Lampen) jederzeit eine optimale und energieeffiziente
  Beheizung und Beleuchtung sicherstellen

• Industrieroboter, die aufgrund der permanenten
  Erfassung und Auswertung von Daten zum Zustand ihrer
  Elektromotoren (bspw. Laufwiderstand und Feuchtigkeit)
  bereits vor einem drohenden Ausfall gewartet werden
  können, so dass teure Produktionsstillstände
  vermieden werden

• komplett autonom gesteuerte Produktionsanlagen,
  welche eine Fertigung in Losgröße 1 ermöglichen

• selbstfahrende Autos und LKWs.

Eine in 2016 durchgeführte Befragung von 1096 Managern
aus 17 Ländern ergab, dass 76% der Unternehmen aus
den Branchen Handel, Industrie, Energie, Medizintechnik,
Transport und Logistik sowie Automotive das Internet der
Dinge als kritisch für ihren Erfolg betrachten und 89% in
den letzten zwölf Monaten ihr IoT-Budget erhöht haben.6
41% gaben an, neue smarte und vernetzte Produkte oder
Services entwickeln zu wollen. Bis 2020 sollen laut Gartner
25 Milliarden Gegenstände mit dem Internet verbunden sein,
was etwa sechs bis sieben vernetzten Objekten pro Person in
der industriellen Welt entspricht.7

Bevor wir uns in Kapitel 3 nun der Frage widmen, was all das
für die Geschäftsmodelle von Unternehmen bedeutet, wird im
nächsten Kapitel zunächst kurz die nachfolgend verwendete
Geschäftsmodelldefinition vorgestellt.

Vgl.5   Economist.com (2016): Technology Quarterly: The future of
        agriculture – Factory Fresh, http://www.economist.com/
        technology-quarterly/2016-06-09/factory-fresh
Vgl.6   Vodafone (2016): Vodafone IoT Barometer 2016,
        http://www.internet-of-things-research.eu/pdf/Vodafone%20IoT%20
        Barometer%202016.pdf
Vgl.7   Gartner (2014): In 2020, 25 Billion Connected „Things“ Will Be in Use,
        http://www.gartner.com/newsroom/id/2905717

                                                                                  6
                                                                © 2017 tresmo GmbH. All rights reserved.
ERFOLGREICHE IOT-GESCHÄFTSMODELLE - CHANCEN IM INTERNET DER DINGE UND DER INDUSTRIE 4.0 NUTZEN
2. Geschäftsmodell:                                                                         Ziele des Zusammenwirkens der oben genannten drei
                                                                                            Elemente eines Geschäftsmodells sind die Schaffung von
Verwendete Definition                                                                       Kundennutzen und Wettbewerbsvorteilen.12

                                                                                            Eine echte Geschäftsmodellinnovation liegt erst dann vor,
                                                                                            wenn sich die Angebots- und Marktpositionierung zusammen

O    bwohl der Begriff des Geschäftsmodells bereits vor rund
     20 Jahren geprägt wurde,8 hat sich aus der Vielzahl der
teilweise sehr unterschiedlichen Definitionen in der Fachli-
                                                                                            mit mindestens einem der beiden anderen Elemente (also
                                                                                            Konfiguration der Wertschöpfungskette oder Erlösmodell)
                                                                                            verändert. Das vorliegende Whitepaper betrachtet übrigens
teratur bislang kein einheitlicher Ansatz herausgebildet.9 Wir                              keine reinen internen Effizienzprojekte mittels IoT-Tech-
lehnen uns im Folgenden an die Definition von Zollenkop an,                                 nologien (obwohl diese gegenwärtig mit rund 60% noch den
nach der das Geschäftsmodell eines Unternehmens aus drei                                    überwiegenden Anteil aller IoT-Projekte ausmachen).13
Elementen besteht:10

• Angebots-/ Marktpositionierung
  Sie definiert den Umfang und die Art des
  erbrachten Leistungsangebots (Produkte und/
  oder Dienstleistungen), die bedienten Zielgruppen
  (z.B. Landwirte in der DACH-Region) und die Art der
  Transaktionsbeziehung mit dem Kunden (z.B. B2B, B2C,                                                                 1. Angebots- /
  B2B2C oder öffentliche Verwaltung).                                                                                Marktpositionierung

• Konfiguration der Wertschöpfungskette
  Sie beschreibt die Eigenleistungs- und Fremdbezugsanteile                                                            A                   B
  in den einzelnen Wertschöpfungsschritten des                                                                                   C
  Unternehmens sowie die Anordnung der wertschöpfenden
  Aktivitäten innerhalb und zwischen den verschiedenen                                               2. Konfiguration der
                                                                                                                                         3. Erlösmodell
  Standorten eines Unternehmens.11                                                                   Wertschöpfungskette

• Erlösmodell
  Es erläutert die unterschiedlichen Ertragsquellen, aus
  denen der Umsatz eines Unternehmens gebildet wird und
  lässt sich anhand der drei Dimensionen a) Gegenstand
  der Monetarisierung, b) Erlösbeziehung und c) Erlösstrom
  differenzierter analysieren.

                                                                                                     Veränderung von 1. und 2.

                                                                                                     Veränderung von 1. und 3.

                                                                                                     Veränderung von 1., 2. und 3.

                                                                                            Grafik 2: Die drei Geschäftsmodellelemente nach Zollenkop
Vgl.8    Eine der ersten Definitionen eines Geschäftsmodelles findet sich
         in: Timmers, Paul (1998): Business Models for Electronic Markets,                  (Quelle: Adaptiert von Zollenkop, M.10)
         European Commission, Directorate General III, Vol. 8, Nr. 2, S. 3-8.

Vgl.9    Der Business Model Canvas erfreut sich großer Beliebtheit in der
         Praxis. Obwohl die Autoren des vorliegenden Whitepapers diesen
         Ansatz sehr schätzen, haben sie u.a. aus Gründen einer besseren
         Übersichtlichkeit - das Business Model Canvas besteht aus neun
         Geschäftsmodellelementen - für eine deutlich einfacher strukturierte
         Geschäftsmodelldefinition entschieden: Osterwalder, Alexander;
         Pigneur, Yves (2010): Business Model Generation: A Handbook for
         Visionaries, Game Changers and Challengers. Hoboken, New Jersey:
         John Wiley and Sons Inc.                                                           Vgl.12   Knyphausen-Aufseß, Dodo zu; Meinhardt, Yves (2002): Revisiting
                                                                                                     Strategy: Ein Ansatz zur Systematisierung von Geschäftsmodellen, in:
Vgl.10   Zollenkop, Michael (2006): Geschäftsmodellinnovation: Initiierung                           Bieger, Thomas; Bickhoff, Nils; Caspers, Rolf; Knyphausen-Aufseß,
         eines systematischen Innovationsmanagements für Geschäftsmodelle                            Dodo zu; Reding, Kurt (Hrsg.): Zukünftige Geschäftsmodelle. Konzept
         auf Basis lebenszyklusorientierter Frühaufklärung, Springer Verlag,                         und Anwendung in der Netzökonomie. S. 63-89
         S.48ff                                                                             Vgl.13   Vodafone (2016): Vodafone IoT Barometer 2016,
Vgl.11   Porter, Michael E. (2000): Wettbewerbsvorteile. Spitzenleistungen                           http://www.internet-of-things-research.eu/pdf/Vodafone%20IoT%20
         erreichen und behaupten, campus Verlag, 6. Auflage 2010, S. 61ff                            Barometer%202016.pdf

                                                                                     7
                                                                  © 2017 tresmo GmbH. All rights reserved.
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Beispiel für eine
   IoT-Geschäftsmodellinnovation:
   Das klassische Modell: Daimler produziert PKWs für eine
   spezifische Zielgruppe, die den Individualverkehr bevorzugt.

   Einfluss des IoT: Daimler bietet mit dem Carsharing-Service
   Car2Go grundsätzlich fast allen Stadtbewohnern solche
   Dienstleistungen im Nahverkehrsmarkt an (Veränderung
   sowohl des Angebots als auch der Zielgruppe), wird damit
   vom reinen Hersteller nun auch zum Betreiber (neue
   Positionierung in der Wertschöpfungskette) und verändert
   das Erlösmodell hin zu nutzungsabhängiger Bezahlung pro
   gefahrener Minute.

Im folgenden Kapitel wird nun ausführlich der Einfluss des IoT
auf die drei Elemente von Geschäftsmodellen betrachtet und
typische Ausprägungen vorgestellt.

                                                                         8
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3. Gestaltungsmöglichkeiten:                                                          3.1 Angebots- und
Auswirkungen des IoT                                                                  Marktpositionierung:
                                                                                      Bislang vor allem bestehende
auf Geschäftsmodelle
                                                                                      Kundengruppen im Fokus

N   achdem wir in den vergangenen zwei Kapiteln die
    Bedeutung des IoT sowie die für dieses Dokument
verwendete Geschäftsmodelldefinition kennen gelernt
                                                                                      Anhand der Angebots- und Markt-Matrix14 können die gene-
                                                                                      rischen IoT-Wachstumsstrategien von Unternehmen katego-
                                                                                      risiert werden.15 Wir haben auf Basis einer Datenbank von über
haben, sollen nachfolgend die Gestaltungsmöglichkeiten                                600 bereits realisierten IoT-Projekten weltweit untersucht,
von Geschäftsmodellen vor dem Hintergrund des IoT                                     welche Ansätze dabei jeweils verfolgt werden.
aufgezeigt werden. Dabei untersuchen wir nacheinander
die drei Elemente von Geschäftsmodellen – die Angebots-                               Marktdurchdringung: Bei 31% der analysierten IoT-Projekte
und Marktpositionierung, die Wertschöpfungskette und                                  werten Unternehmen ihre bestehenden Produkte durch
das Erlösmodell.                                                                      zusätzliche digitale Services auf (bspw. durch Bereitstellung
                                                                                      einer Anwendung zur Überwachung der Maschinennut-
                                                                                      zungsdaten von einem PC, Laptop, Tablet oder Smartphone
              Markt                                                                   aus), monetarisieren diese jedoch nicht.

                                                                                      Ein wesentliches Ziel ist dabei häufig primär die bessere
     Neuer
     Markt
               Marktentwicklung           Diversifikation                             Vermarktung der bestehenden Angebote (bspw. Maschine
                                                                                      oder Anlage) durch die Schaffung zusätzlicher Differenzie-
Bestehender
                                                                                      rungsmerkmale gegenüber dem Wettbewerb. Da sich die
              Marktdurchdringung       Angebotsentwicklung
      Markt                                                                           „Hardware“ vieler Hersteller zunehmend angleicht und somit
                                                                                      die Differenzierung im angestammten Geschäft schwieriger
                Bestehendes Produkt         Neues Angebot
                                                               Angebot                wird, werden solche ergänzenden digitalen Angebote rund
                                                                                      um das physische Kernprodukt zukünftig stark an Bedeutung
Grafik 3: Angebots-Markt-Matrix (Quelle: Adaptiert von Ansoff, H.I.14)                gewinnen. Die typischen Stoßrichtungen solcher Inno-
                                                                                      vationen sind im B2B-Bereich beispielsweise eine größere
                                                                                      Transparenz (z.B. Condition Monitoring), eine höhere Effizienz
                                                                                      (z.B. Predictive Maintenance) oder eine einfachere Integration
                                                                                      des Geräts bzw. der Anlage oder Maschine in die Arbeits- bzw.
    Erklärung:
                                                                                      Produktionsumgebung des Kunden. Gerade letzteres schafft
    Marktdurchdringung: Mit einem bestehenden Angebot im                              für die Anbieter oft attraktive Möglichkeiten, um sich bei ihren
    bestehenden Markt wachsen (z.B. durch Absatzförderung                             Kunden tiefer in den Wertschöpfungsprozessen zu verankern,
    oder ein neues Erlösmodell).                                                      als dies mit bloßer „Hardware“ möglich wäre.
    Marktentwicklung: Mit einem bestehenden Angebot in neuen
    Märkten wachsen (z.B. durch Erschließung neuer Zielgruppen                        Häufig sind solche kostenlosen Angebote jedoch auch
    in bestehenden Regionen oder Adressierung neuer geogra-                           lediglich ein „trojanisches Pferd“ für traditionelle Industrieun-
    phischer Regionen).                                                               ternehmen, um Zugriff auf die Betriebsdaten ihrer Produkte
                                                                                      bei ihren Kunden zu erlangen. Eine Bedingung für die Nutzung
    Angebotsentwicklung: Mit einem neuem Angebot im
    bestehenden Markt wachsen (z.B. mit neuen Produkten oder                          der digitalen Dienste durch den Kunden ist daher in der Regel
    neuen Services, welche – im Gegensatz zur Marktdurch-                             die Zustimmung zur Datennutzung auch durch den Anbieter.
    dringung – zusätzliche Erlöse generieren).
                                                                                      Weiterhin sind IoT-Services im Bereich der Marktdurchdringung
    Diversifikation: Mit einem neuen Angebot in einem neuen
                                                                                      häufig auch ein erster Schritt auf dem Weg zur Angebotsent-
    Markt wachsen (z.B. mit neuen Produkten in einem bisher
                                                                                      wicklung, bei dem später neue monetarisierbare IoT-Produkte
    nicht adressierten Marktsegment – grundsätzlich der
    riskanteste Ansatz).                                                              oder -Services geschaffen werden. Als „Testballon“ können so
                                                                                      bereits erste Erfahrungen mit digitalen Angeboten gesammelt,
                                                                                      die Kundenbedürfnisse besser verstanden und die technischen
                                                                                      Voraussetzungen für die spätere Abrechnung geschaffen werden.

                                                                                      Vgl.14   In Anlehnung an Ansoff, H.I. (1965): Checklist for Competitive and
                                                                                               Competence Profiles, Corporate Strategy, Seiten 98-99.
                                                                                               New York: McGraw-Hill
                                                                                      Vgl.15   Bei Interesse finden Sie eine kurze generelle Erläuterung der Ange-
                                                                                               bots- und Markt-Matrix in der Infobox auf dieser Seite.

                                                                               9
                                                            © 2017 tresmo GmbH. All rights reserved.
ERFOLGREICHE IOT-GESCHÄFTSMODELLE - CHANCEN IM INTERNET DER DINGE UND DER INDUSTRIE 4.0 NUTZEN
Beispiel:    Kone, ein finnischer Anbieter von Kran- und                               Beispiel:     Das Werbeunternehmen Midamerica
     Hebesystemen, bietet Kunden die kostenlose Nutzung des                                 Advertising bietet beleuchtete Outdoor-Werbeflächen an,
     eigenen webbasierten Serviceportals YourKoneCranes und                                 die z.B. an Autobahnen aufgestellt werden. Die Wartung (v.a.
     des Zusatzservices TrueConnect an, um damit Service- und                               die regelmäßige Überprüfung defekter Glühbirnen/ LEDs)
     Nutzungsdaten seiner Kunden gebündelt einsehen zu können.16                            setzte bislang voraus, dass die Werbeflächen regelmäßig
                                                                                            von Servicemitarbeitern überprüft werden können – somit
                                                                                            konnten viele entlegene oder schwer zugängliche Regionen
                                                                                            aus wirtschaftlichen Gründen nicht bedient werden. Seit
                                                                                            Ende 2015 kann das Unternehmen die Glühbirnen/ LEDs
Angebotsentwicklung: Der mit 51% größte Anteil der unter-                                   in seinen Werbeflächen mit Hilfe von IoT-Technologien
suchten IoT-Projekte zielt auf die Schaffung neuer mone-                                    online überwachen und somit auch in den bislang nicht
tarisierbarer Services oder Produkte für die bisher bereits                                 erschließbaren Regionen aktiv werden.18
adressierten Zielgruppen, um zusätzliche Erlösquellen zu
erschließen. Dabei wird entweder das bestehende Produkt
zusammen mit den smarten Services insgesamt teurer
verkauft (Paketangebot) oder die ergänzenden Dienst-                                   Diversifikation: Der aus unternehmerischer Sicht riskanteste
leistungen (z.B. ein Ferndiagnose-Service) werden zusätzlich                           Wachstumsansatz, die Adressierung neuer Märkte mit
optional angeboten.                                                                    neuen Produkten oder Services, wird bislang lediglich
                                                                                       von 11% der untersuchten IoT-Projekte angewendet.
Während diese Angebotsentwicklung oft erst nach der                                    In diesem Segment sind gegenwärtig insbesondere
Einführung kostenloser digitaler Zusatzleistungen (Markt-                              High-Tech-Unternehmen aktiv.
durchdringung) erfolgt, lässt sich auch der umgekehrte Weg
beobachten: Zunächst als Premium-Services angebotene
digitale Services werden durch zunehmenden Wettbe-
werbsdruck mehr und mehr zu Standard-Funktionen, die                                        Beispiel:     Ein Beispiel liefert der Suchmaschinen-Gigant
vom Kunden kostenfrei erwartet werden. Nicht jeder neu                                      Google mit der Einführung des TV-Sticks Chromecast. Das
geschaffene digitale Service wird also zu einem nachhaltigen,                               für Preise von 39 € bzw. 79 € angebotene Produkt ermöglicht
                                                                                            dem Nutzer, Inhalte per WLAN vom Laptop auf den Fernseher
monetarisierbaren Wettbewerbsvorteil führen – der Innova-
                                                                                            zu übertragen. Damit schafft Google ein Angebot nicht nur
tionswettlauf findet nun lediglich zusätzlich noch auf einer
                                                                                            für bestehende Nutzer der Google-Services, sondern für
weiteren Ebene des Angebotes (Software) statt.                                              praktisch jeden, der einen Fernseher und Laptop besitzt.

     Beispiel:     Der Kaffeemaschinenhersteller Bunn
     vernetzt bestehende und neue Kaffeemaschinen mit der
                                                                                                   11 %
     sogenannten Solaire Cloud. Damit erzielt er Zusatzerlöse
     über einen Fernüberwachungs- bzw. Fernwartungsservice
                                                                                       7%                                      31 %
     (Remote Monitoring und Maintenance Service) und senkt die
     Prozesskosten um ca. 15%.17                                                                                                              Marktdurchdringung

17                                                                                                                                            Angebotsentwicklung

                                                                                                                                              Marktentwicklung
Marktentwicklung: Mit einem Anteil von nur 7% an den
betrachteten IoT-Projekten ist die Marktentwicklung, also                                                                                     Diversifikation
die Erschließung neuer Zielgruppen durch IoT-Innovationen,
bislang der am wenigsten verbreitete Wachstumsansatz. Dies
überrascht kaum, schließlich möchten die meisten traditi-                                       51 %
onellen Unternehmen zunächst einmal erste Erfahrungen mit
den neuen Möglichkeiten und Technologien des IoT sammeln                               Grafik 4: IoT-Projekte nach Wachstumsstrategien – mehr als die
                                                                                       Hälfte sind Angebotsentwicklungen (Quelle: Eigene Darstellung)
– dabei liegt der Fokus üblicherweise auf bestehenden Ziel-
gruppen, da im Gegensatz dazu das wirtschaftliche Risiko der
Erschließung neuer Märkte deutlich höher ist.

Vgl.16   Konekranes (2016): Konecranes launcht webbasiertes Serviceportal
         Yourkonecranes, http://www.konecranes.de/resources/media/
         releases/2016/industrie-40-ganz-praktisch-konecranes-launcht-web-
         basiertes-serviceportal-yourkonecranes
Vgl.17   Solaircorporate (2016): Case Study Rancilio Group,
         https://www.solaircorporate.com/wp-content/uploads/2016/03/                   Vgl.18   Mid-America Advertising (2015): SmartLink Technology, http://mida-
         Case-Study-Rancilio-Group-full.pdf                                                     mericaadvertising.com/ma-news-1.html

                                                                               10
                                                             © 2017 tresmo GmbH. All rights reserved.
Unternehmensinfrastruktur
Sekundäre Aktivitäten

                                                                                             Personalwirtschaft

                                                                                       Forschung & Entwicklung

                                                                                                Beschaffung

                                                                                                                           Marketing
                           Eingangslogistik                    Produktion                     Ausgangslogistik                                         Service
                                                                                                                           / Vertrieb

                                                                                            Primäre Aktivitäten

 Grafik 5: Anpassung der relativen Wertschöpfung – IoT führt häufig zu mehr Wertschöpfung im Service (Quelle: Adaptiert von Porter, M.19)

 3.2 Wertschöpfungskette:                                                                                Produktion

 Vom Produkt zum Service                                                                                 Unter dem Stichwort „Industrie 4.0“ steht die Produktion
                                                                                                         neben der Logistik am Industriestandort Deutschland
 IoT wird auf fast alle Aktivitäten der Wertschöpfungskette                                              besonders im Fokus des IoT-Interesses. Selbst wenn die voll-
 mittelfristig enormen Einfluss haben. Auch wenn eine                                                    automatisierte Produktion bislang nur in wenigen Fabriken
 detaillierte Betrachtung jedes betrieblichen Funktions-                                                 Einzug gehalten hat, ist das Interesse an relativ einfachen
 bereichs den Umfang dieses Whitepapers sprengen würde,                                                  IoT-Anwendungsszenarien wie beispielsweise Condition
 wollen wir nachfolgend exemplarisch einige der Gestaltungs-                                             Monitoring (d.h. permanente bzw. regelmäßige Erfassung
 optionen in den einzelnen Bereichen aufzeigen.19                                                        physikalischer Daten zum Zustand einer Maschine oder
                                                                                                         Anlage) oder Predictive Maintenance (d.h. vorausschauende
                                                                                                         Wartung von Maschinen oder Anlagen auf Basis laufend
                                                                                                         erfasster Daten) mittlerweile branchenübergreifend hoch.
 3.2.1 Einfluss auf primäre                                                                              In letzter Konsequenz führt IoT zur selbstorganisierten
 Unternehmensaktivitäten                                                                                 Produktion, d.h. das cyberphysische Produktionssystem trifft
                                                                                                         eigenständig Entscheidungen und erledigt seine Aufgaben
                                                                                                         weitestgehend autonom – menschliche Eingriffe sind nur
 Eingangs- und Ausgangslogistik                                                                          noch bei Wartungen, Störungen oder Neukonfigurationen
                                                                                                         erforderlich. „Mass Customization“, d.h. die kundenindi-
 Durch die übergreifende Vernetzung der gesamten                                                         viduelle Produktion von Gütern bis hin zur Losgröße 1, wird
 Lieferkette, also auch bisher nicht „smarter“ Güter und                                                 durch IoT-Technologien wesentlich effizienter und damit in
 Transportvehikel, kann die Logistik leichter und kostenef-                                              vielen Einsatzbereichen wirtschaftlich sinnvoll. Insgesamt
 fizienter als früher koordiniert, überwacht und optimiert                                               lässt sich jedoch festhalten, dass der Anteil der Produktion an
 werden. Das Spektrum der Anwendungsfälle reicht von                                                     der Gesamtwertschöpfung in den meisten Industriebranchen
 virtuellen Dashboards zur datengestützten Optimierung                                                   sinken wird – zu Gunsten softwarebasierter Dienstleistungen
 der Routenplanung mit Echtzeit-Informationen an jedem                                                   rund um das Kernprodukt.
 beliebigen Ort über die smarte Lagerbestandsverwaltung bis
 hin zu (teil-)autonom fahrenden LKWs und Lieferdrohnen.
 Industrieunternehmen werden zukünftig immer stärker in                                                  Marketing & Vertrieb
 die entsprechenden neuen Technologien investieren oder
 prüfen müssen, ob es ggf. sinnvoller sein kann, bestimmte                                               Ein Kernaspekt des IoT ist die Gewinnung und Auswertung von
 Logistikfunktionen an spezialisierte externe Dienstleister                                              Daten – insbesondere auch zum Produktnutzungsverhalten
 auzulagern. Die Logistikbranche ist dementsprechend auch                                                der Kunden. Dieser „Datenrückfluss“ von vernetzten
 eine der am stärksten vom IoT betroffenen Branchen.                                                     Produkten stellt die Hersteller einerseits vor enorme Heraus-
                                                                                                         forderungen bzgl. Datenverarbeitung sowie -analyse. Er bietet
                                                                                                         ihnen andererseits jedoch auch bislang ungeahnt detaillierte
                                                                                                         (Echtzeit-)Einblicke in den Alltag und die Bedürfnisse ihrer
                                                                                                         Kunden sowie den Einsatz ihrer Produkte. Somit können
                                                                                                         deutlich schneller und differenzierter als bisher Kunden-
 Vgl.19                 Porter, Michael E. (2000): Wettbewerbsvorteile. Spitzenleistungen                segmente identifiziert und Kunden gezielt auf Basis konkreter
                        erreichen und behaupten, campus Verlag, 6. Auflage 2010, S. 61ff

                                                                                                   11
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Daten angesprochen werden. Zusatzverkäufe, Querverkäufe                                   Die schon seit längerem stattfindende Transformation zahl-
sowie Möglichkeiten für Neugeschäft werden unterstützt                                    reicher Produkthersteller zu Lösungsanbietern und Dienst-
und die Kundenbindung gestärkt. Am Beispiel des Amazon                                    leistungsunternehmen beschleunigt sich durch das IoT.
Dash wird deutlich, dass mit Hilfe intelligenter IoT-Ansätze                              Viele Unternehmen gehen jedoch noch weit darüber hinaus
auch Kaufentscheidungsprozesse vollständig transformiert                                  und schaffen digitale Plattformen bzw. Ökosysteme: Um ihre
werden können. Aus organisatorischer Sicht birgt das IoT                                  Kunden während des gesamten Kundenlebenszyklus optimal
für den Marketing- und Vertriebsbereich insbesondere die                                  begleiten und sie umfassend bei deren Wertschöpfung unter-
Herausforderung, die Mitarbeiter auf den zunehmenden                                      stützen zu können, verzahnen sie alle ihre Produkte und
Vertrieb von Software und Serviceleistungen einzustellen und                              Dienstleistungen so tief miteinander, dass der Kunde ihre
die Inzentivierungssysteme an die entsprechend veränderten                                „Welt“ im Idealfall nicht mehr verlassen muss. Die Öffnung
Zahlungsströme anzupassen.                                                                des Ökosystems für die Produkte und Anwendungen externer
                                                                                          Wertschöpfungspartner (bspw. anderer Hersteller oder auch
                                                                                          freier App-Programmierer) schafft weiteren signifikanten
Service                                                                                   Mehrwert für die Kunden. Solche integrierten „Systeme von
                                                                                          Systemen“ machen branchenübergreifende Kooperationen
Den mit Abstand tiefgreifendsten Wandel und eine signi-                                   und strategische Allianzen erforderlich, in welchen die indivi-
fikante Aufwertung bringt das IoT für die Servicefunktion                                 duellen Fähigkeiten der Partner intelligent zu ganzheitlichen
mit sich. Während die Möglichkeiten der Differenzierung für                               Lösungen kombiniert werden.
Hersteller bei physischen Gütern immer weiter schwinden
und die entsprechenden Margen sinken, eröffnen sich                                       Ein Beispiel dafür ist ein Agrar-Ökosystem eines Landwirt-
durch IoT-Technologien vielfältige neue Differenzierungs-                                 schaftsmaschinen-Herstellers: Bislang verkaufte er seinen
möglichkeiten durch softwarebasierte Dienstleistungen.                                    Kunden (Landwirte) Traktoren, Mähdrescher und Pflanz-
Beispiele dafür sind datengetriebene Wartungs- und Instand-                               maschinen. Durch die Vernetzung der Maschinen und die
haltungsservices, Online-Dashboards zur Optimierung der                                   Einführung einer übergreifenden, cloudbasierten Service-
Maschineneffizienz, Apps zur Steuerung des Smart Home                                     plattform können die Maschinen vorausschauend gewartet
und Plattformen zur übergreifenden Vernetzung der Geräte                                  und Aussaat- sowie Ernteprozesse aufeinander abgestimmt
des Herstellers mit Geräten von Drittanbietern. In besonderen                             und optimiert werden – ein enormer zusätzlicher Mehrwert
Fällen kann sogar das gesamte Produkt selbst als Service-                                 für den Landwirt. Indem der Hersteller die Plattform für
leistung angeboten werden: Es wird dann nicht mehr verkauft,                              Drittanbieter öffnet und Schnittstellen zu Produkten und
sondern die Abrechnung erfolgt auf Basis der Nutzungsdauer                                Anwendungen wie Bewässerungssystemen (z.B. Feuch-
oder ähnlichen Parametern (Product-as-a-Service). Es                                      tigkeits- und Temperatursensoren im Boden) sowie Wetterda-
entstehen somit zunehmend „hybride Produkte“, in denen                                    tensystemen (z.B. Wind- und Niederschlagssensoren) schafft,
das physische Produkt und die Dienstleistung untrennbar                                   kann der Mehrwert für den Landwirt noch einmal erheblich
miteinander verbunden sind. Die relative Wertschöpfung                                    gesteigert werden, da er damit die Gesamtperformance seines
von Industrieunternehmen verschiebt sich – weg von der                                    landwirtschaftlichen Betriebs ganzheitlich optimieren kann.
Produktion hin zum Service. Dies impliziert auch, dass fast
jedes größere Unternehmen, egal in welcher Branche, mittel-
fristig zu einem Softwareanbieter wird – oder untergeht.
Einige führende Produzenten erzielen bereits 50% ihrer
Gewinne mit nachgelagerten Kundenservices.20

     Beispiel:     Kärcher, Hersteller von Reinigungsgeräten,
     verkauft mittlerweile nicht mehr nur seine Produkte als
     solche, sondern vernetzt diese gleichzeitig mit einer
     Servicecloud.21 Käufer der Reinigungsgeräte und Fahrzeug-
     flotten können damit ihre Produkte in einem übersichtlichen
     Dashboard verorten, Unterauslastung vermeiden und über
     den Batteriestatus die Laderhythmen besser steuern. Nur
     Basisfunktionen sind dabei kostenlos, Premiumfunktionen
     hingegen in der Serviceplattform zubuchbar.
21

Vgl.20 IDC (2014): The rise of product-as-a-service in manufacturing and
       some other technology impacts, https://idc-community.com/manu-
       facturing/manufacturing-value-chain/the_rise_of_product_as_a_ser-
       vice_in_manufacturing_and_some_of_the_te
Vgl.21   Kärcher (2016): Kärcher Fleet - Die innovative Flottenmanagementlö-
         sung, https://www.kaercher.com/de/professional/connected-clea-
         ning/kaercher-fleet.html

                                                                                  12
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3.2.2 Einfluss auf sekundäre                                                    traditionell langen Produktlebenszyklen erfordert dies auch
Unternehmensaktivitäten                                                         einen grundlegenden Mentalitätswandel, um den Perfek-
                                                                                tionismus in der „Hardware“-Entwicklung durch schnelle,
Wenngleich Geschäftsmodellinnovationen insbesondere                             agile Innovations- und Entwicklungsmethoden für die
die primären Unternehmensaktivitäten transformieren,                            Software zu ergänzen.
werden der Vollständigkeit halber nachfolgend auch kurz
ausgewählte IoT-Anwendungsfälle in zwei sekundären Funk-
tionsbereichen vorgestellt.

                                                                                3.3 Erlösmodell: Vom
Unternehmensinfrastruktur                                                       einmaligen zum nutzungs-
Zwei typische IoT-Anwendungsfälle in diesem Bereich sind                        und zeitabhängigen Erlös
smarte Betriebsgebäude und vernetzte Dienstwagenflotten.
In smarten Bürogebäuden und -Produktionshallen erfassen
zahlreiche Sensoren Daten zu Temperatur, Luftqualität,                          Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen ist
Lärm oder Licht und steuern auf dieser Basis die Heizung,                       nach unserer Erfahrung die Anpassung ihres Erlösmodells
Klimaanlage, Beleuchtung, Jalousien usw. Somit kann die                         an die Besonderheiten des IoT. Welche Stellhebel gibt es
Qualität des Arbeitsumfelds für die Mitarbeiter deutlich                        in diesem Bereich und welche Ausprägungen sind möglich?
verbessert und der Energieverbrauch gesenkt werden.                             In unserer Beratungspraxis haben wir einen einfachen
Mit Hilfe einer vernetzten Dienstwagenflotte kann deren                         „Baukasten“ zur Gestaltung von Erlösmodellen anhand von
Auslastung optimiert und die Kontrolle sowie Wartung                            drei Dimensionen entwickelt:
vereinfacht werden.
                                                                                • Gegenstand der Monetarisierung
                                                                                  (Welche Leistung wird vergütet?)
Forschung- und Entwicklung
                                                                                • Erlösstrom
Für den F&E-Bereich ergeben sich durch das IoT gravierende                        (Woran bemessen sich die Zahlungen im Zeitablauf?)
Veränderungen. Zum einen können nun auf Basis von
(Echtzeit-)Daten enorm detaillierte Erkenntnisse zum                            • Erlösbeziehung
realen Produktnutzungsverhalten der Kunden gewonnen                               (Wer bezahlt die Leistung?).
werden. Damit eröffnen sich für Ingenieure und Produktent-
wickler vielfältige neue Möglichkeiten für die Optimierung                      Im Folgenden betrachten wir diese drei Dimensionen mit ihren
bestehender sowie die Entwicklung neuer Produkte. Zum                           jeweiligen Ausprägungen im Detail.
anderen beschleunigen sich durch die Software-Kom-
ponente cyberphysischer Systeme die Produktlebenszyklen
„hybrider Produkte“ enorm, da sich die softwarebasierten
Features deutlich schneller entwickeln und über das Internet
zur Verfügung stellen lassen. Gerade im B2B-Umfeld mit

               Gegenstand der
               Monetarisierung                                     Erlösstrom                                    Erlösbeziehung

   Physisches Produkt                              einmalig                                        direkt

   Traditioneller Service                          pro Zeit                                        indirekt

   Digitaler Service                               pro Nutzung

                                                                                                                      zukünftig deutlich wichtiger
   Kundenzugang                                    pro Erfolg
                                                                                                                      zukünftig deutlich weniger wichtig

                                                                                                                      unverändert
   Daten

Grafik 6: Erlösmodellveränderungen durch das IoT am Beispiel von Industrieunternehmen (Quelle: Eigene Darstellung)

                                                                        13
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3.3.1 Gegenstand der Monetarisierung                                                   einer großen und attraktiven Nutzerbasis einer IoT-Lösung
                                                                                       – auch über Werbemodelle Erlöse generieren, indem die
Es gibt grundsätzlich fünf verschiedene Leistungen, welche                             Werbung beispielsweise direkt auf das Display oder die
monetarisiert werden können. In der Regel bestehen                                     zugehörige App gespielt wird. Besonders interessant für
IoT-Angebote aus einer Kombination mehrerer dieser                                     Werbetreibende ist dabei die reichhaltige Basis an Nutzer-
Leistungen. So wird beispielsweise der smarte Tennisschläger                           und Nutzungsdaten (bspw. Location, Nutzungskontext etc.),
von Babolat zusammen mit einer App zur Analyse des Spiels                              welche ein genaues Targeting erlaubt. Ein Beispiel für eine
(Kraft, Ausdauer, Technik) und einem Trainerservice aus der                            solche Monetarisierung des Kundenzugangs ist das Google
Ferne vertrieben.22                                                                    Car: Dieses gegenwärtig entwickelte autonom fahrende
                                                                                       „Taxi“ soll seine Fahrgäste kostenlos befördern. Werbeein-
Physisches Produkt: Die traditionelle Leistung von Indust-                             spielungen, die während der Fahrt auf Displays im Wagen
rieunternehmen, welche auch bei IoT-Lösungen in der Regel                              gezeigt werden, sollen den Service komplett finanzieren.23
den Kern des „smarten“ Gesamtangebots bildet. Ganz über-
wiegend wird das physische Produkt (bspw. ein Gerät, eine
Maschine oder Anlage) weiterhin per Verkauf monetarisiert,                                                4%
                                                                                                 8%
jedoch durch zusätzliche Erlösquellen ergänzt.

                                                                                                                                               einmalig
Traditioneller Service: Viele herkömmliche Dienstleistungen                            11 %

werden durch das IoT nicht obsolet, sondern verändern                                                                                          einmalig + pro Zeit
sich lediglich. So findet beispielsweise die Inspektion einer
                                                                                                                                               pro Nutzung
Maschine durch einen Techniker dank vorausschauender                                                                     54 %
Wartung (Predictive Maintenance) nicht mehr regelmäßig nach                                                                                    pro Zeit
einer festgelegten Anzahl Betriebsstunden statt, sondern nur
                                                                                                                                               einmalig + pro Nutzung
noch, wenn die Algorithmen einen entsprechenden Bedarf                                   23 %
ermitteln (beispielsweise wenn durch die Sensoren unge-
wöhnliche Vibrationen oder Laufwiderstände erfasst werden).
                                                                                       Grafik 7: Anteile von Erlösmodellen in IoT Projekten – mehr als die
Digitaler Service: Softwarebasierte digitale Dienstleistungen                          Hälfte sind einmalige Erlöse, ungefähr ein Viertel Erlöskombinationen
bieten für klassische Unternehmen in der Regel das höchste                             (Quelle: Eigene Darstellung)
zusätzliche Erlöspotenzial im Rahmen von IoT-Angeboten,
zum Beispiel in Form von kostenpflichtigen Predictive
Maintenance-Anwendungen. Dies erfordert auch neue
Kompetenzen hinsichtlich der Monetarisierung, da Software                              Daten: Schließlich können auch die Daten selbst monetarisiert
im Gegensatz zu den meisten traditionellen Leistungen über-                            werden, wenngleich eine Abgrenzung zu den zwei letztge-
wiegend als Lizenz veräußert wird. Dabei sind vielfältige                              nannten Leistungen oft nicht einfach ist. Grundsätzlich geht es
Ausgestaltungsvarianten möglich, angefangen von unbe-                                  dabei um den direkten Verkauf der Daten an Dritte, d.h. keine
fristeten, benutzer- oder rechnergebundenen Lizenzen über                              mittelbare Nutzung für die Ausspielung von Werbung oder
Abonnement- und nutzungsbasierte Abrechnungsansätze bis                                in verarbeiteter Form in bestimmten Softwareanwendungen
hin zu komplexen Modellen für zahlreiche Nutzer(gruppen)                               im Rahmen der IoT-Lösung. Eng begrenzt wird das Potenzial
mit optionalen Features und differenzierten Laufzeiten. Die                            solcher Ansätze natürlich einerseits durch den Datenschutz
Herausforderungen in der Umsetzung liegen vor allem in der                             und andererseits vor allem im B2B-Bereich durch die Verhand-
Schaffung einer kundenfreundlichen, optimal in das Produkt                             lungsmacht der Unternehmenskunden, welche mittlerweile
integrierten Lösung, die mit wachsenden Nutzerzahlen und                               größtenteils den Wert und die strategische Bedeutung ihrer
einer komplexer werdenden Software skaliert und zugleich                               Daten erkannt haben. So kauft beispielsweise McDonalds
bestmöglich gegen Hacking abgesichert ist.                                             von einem Frittierautomatenhersteller IoT-Daten. Diese geben
                                                                                       der Schnellrestaurantkette Einblicke darüber, welche Frit-
Kundenzugang: Dabei gibt es zwei wesentliche Ansätze:                                  tierölmengen und welche Frittierölqualität einzelne Franchi-
Erstens – analog zum Apple App Store – durch Umsatzpro-                                senehmer einsetzen. McDonalds kontrolliert damit einzelne
visionen auf den Verkauf komplementärer Software-An-                                   Restaurant bezüglich deren Einhaltung von Qualitätstandards
wendungen an die Nutzer der IoT-Lösung durch unabhängige                               und vorgeschriebenen Prozessen.24
Softwareentwickler und Partnerunternehmen über einen
digitalen „Marktplatz“ (wie bspw. der Predix Industrial App
Marketplace von General Electric). Ein positiver Nebeneffekt
davon sind die oben schon beschriebenen Vorteile eines                                 Vgl.23   Onlinemarketing.de (2015): Google präsentiert Geschäftsmodell –
solchen „Ökosystems“ für die Kunden der IoT-Lösung.                                             Selbstfahrende Autos gratis?,
                                                                                                http://onlinemarketing.de/news/google-geschaeftsmodell-selbstfah-
Zweitens lassen sich bei entsprechender Reichweite – d.h.                                       rende-autos-gratis (abgerufen am 15.09.2016)
                                                                                       Vgl.24 Telit (2016): Telit‘s Remote Monitoring IoT Solution for Restaurant
                                                                                              Technologies, ab 1:20 Minute,
Vgl.22 Babolat (2016): Babolat Play, http://en.babolatplay.com                                https://www.youtube.com/watch?v=utqSvJ4L-4M

                                                                               14
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3.3.2 Erlösstrom                                                               Erlöshöhe

Die Ausgestaltung des Erlösstroms determiniert, woran
sich die Vergütung im Zeitablauf bemisst. Dabei gibt es
vier wesentliche Ausprägungen, die – im Einklang mit den
verschiedenen möglichen Bestandteilen eines IoT-Leistungs-
bündels – auch in Kombination verwendet können.

Einmalige Erlösströme: Dies ist die „klassische“ Variante
des Erlösstroms, bspw. bei einem Verkauf eines physischen
Produktes. Unter den von uns untersuchten IoT-Projekten liegt
bei 54% ein rein einmaliger Erlösstrom zugrunde.                                    Beginn der                 Zeit                     Ende der
                                                                                 Kundenbeziehung                                    Kundenbeziehung
Pro Zeit: Zeitabhängige Erlösströme gibt es im Zusam-
menhang mit Lizenz-, Abonnement- und Leasingmodellen
schon seit langem. Das IoT macht es jedoch nun zunehmend
                                                                               Erlösmodelle
einfacher, die zeitliche Bereitstellung physischer Produkte
zu kontrollieren und abzurechnen. So kann beispielsweise                               Einmaliger Erlös
das Leasing einer vernetzten Maschine per Klick ausgesetzt
werden, indem Funktionen abgestellt oder wichtige Updates                              Nutzungsabhängiger Erlös
über das Internet eingestellt werden. Weiterhin gewinnt die
zeitabhängige Abrechnung im Zusammenhang mit soft-                             Grafik 8: Einmaliger vs. nutzungsabhängiger Erlös – statt sofortiger
warebasierten IoT-Services an Bedeutung, zum Beispiel beim                     Einmaleinnahme unregelmäßige Erlöse über den gesamten Zeitraum
Abonnement einer Plattform zur Einsicht der Maschinennut-                      der Kundenbeziehung (Quelle: Eigene Darstellung)
zungsdaten oder einer Musik-App für das Auto.

Pro Nutzung: Eine nutzungsabhängige Vergütung hat für den                      Pro Erfolg: Im B2B-Umfeld beginnen erste Unternehmen,
Kunden viele Vorteile – sie ist flexibel, erfordert keine Erstin-              die Vergütungshöhe für ihre Produkte variabel an vorher
vestition, vermeidet das Auslastungsrisiko, bietet Transparenz                 vereinbarte Kennzahlen zu knüpfen, welche direkt mit
und wird daher häufig als besonders fair empfunden. Bezahlt                    dem Mehrwert für den Kunden korrelieren. Beispielsweise
wird nur in dem Umfang, in dem das Produkt oder der                            bepreisen einige Maschinen- und Anlagenbauer ihre IoT-ba-
Service tatsächlich verwendet wird. Die Nutzung kann dabei                     sierten Services zur vorausschauenden Wartung anhand der
an bestimmten Mengeneinheiten (bspw. Datenvolumen,                             jeweiligen Anlagenverfügbarkeit. Eine Vergütung ist dabei
gefahrene Kilometer oder Produktionsvolumen einer Maschine)                    nur fällig, wenn ein bestimmter Mindestwert erreicht wird. Es
oder auch der Nutzungsdauer (Sonderfall der vorgenannten                       wird also dabei letztendlich weder ein Produkt noch dessen
Abrechnungsvariante) bemessen werden. Während dieses                           Nutzung verkauft, sondern ein klar quantifizierbarer Beitrag
Abrechnungsmodell besonders durch cloud-basierte Soft-                         zum Unternehmensergebnis des Kunden. Das kann für alle
wareangebote populär wurde, kommt es durch das IoT auch                        Parteien von Vorteil sein, da das Risiko gestreut wird und der
zunehmend bei physischen Gütern zur Anwendung, da dabei                        Lösungsanbieter bei Erfolg überdurchschnittlich mitverdient
Produktnutzungsdaten in Echtzeit erfasst werden können                         (zum Beispiel 20% an den erreichten Einsparungen). Die
und die Kosten für die entsprechenden Technologien massiv                      Herausforderungen hinsichtlich des Qualitätsmanagements,
gefallen sind. Beispiele dafür sind Car-Sharing-Angebote (kilo-                der Transparenz der Geschäftspartner, der Kalkulation des
metergenaue Abrechnung), das „Air-as-a-Service“-Angebot des                    Business Case und der Definition der Messgröße sind jedoch
Kompressorenherstellers Käser (Abrechnung pro Kubikmeter                       hoch. Dementsprechend verlaufen die ersten Implemen-
Luft) oder auch das schon lange existierende „Power-by-                        tierungen nicht ohne Probleme – so musste ein Anbieter einer
the-Hour“-Modell des Flugzeugtriebwerkbauers Rolls-Royce                       smarten Paket-Tracking Lösung feststellen, dass es schlicht zu
(Abrechnung pro Betriebsstunde).                                               viele Einflussfaktoren gab, um den Effizienzgewinn zweifellos
                                                                               auf den Einsatz seiner IoT-Lösung zurückzuführen.
Besonders herausfordernd für industrielle Anbieter nutzungs-
basierter Abrechnungsmodelle ist deren veränderte Cash
Flow-Struktur: Während beim klassischen Verkauf ein
einmaliger (und seiner Höhe nach fest determinierter) Erlös
erzielt wurde, finanzieren die Hersteller nun faktisch ihre
Produkte für ihre Kunden über deren Nutzungszeitraum,
wobei sich die Höhe der Einnahmen im Zeitablauf ändern
kann. Der Hersteller wird somit teilweise zur Bank – er stellt
die Finanzierung und muss die Geschäftsmodelle und Risiken
seiner Kunden genau verstehen.

                                                                       15
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3.3.3 Erlösbeziehung                                                           3.4 Fazit & Ausblick
Als dritte Dimension eines Erlösmodells sollen nachfolgend
noch kurz die zwei Ausprägungen der Erlösbeziehung                             Das IoT ist ein entscheidender Treiber für Geschäftsmodel-
vorgestellt werden.                                                            linnovationen. Zahlreiche traditionelle Branchen können
                                                                               sich mit Hilfe des IoT neu erfinden – und einige müssen dies
Direkte Erlösbeziehungen: Diese allgemein vorherrschende                       auch unbedingt.
Ausprägung der Erlösbeziehung zeichnet sich dadurch aus,
dass der Anbieter für den Kunden eine Leistung erbringt                        Wie wir gesehen haben, bietet das IoT für alle der hier
(Lieferung eines Produktes oder Erbringung einer Dienst-                       betrachteten     Geschäftsmodellelemente      vielfältige
leistung) und der Kunde ihn im Gegenzug dafür vergütet.                        Gestaltungsmöglichkeiten:
Direkte Erlösbeziehungen bleiben auch in IoT-Projekten das
wichtigste Modell.                                                             • Die Angebots- und Marktpositionierung kann mit Hilfe
                                                                                 des IoT in jegliche Richtung verändert werden. Während
Indirekte Erlösbeziehungen: Sie sind dadurch gekenn-                             gegenwärtig der Schwerpunkt der Aktivitäten noch stark
zeichnet, dass der Empfänger der Hauptleistung („Kunde“)                         auf der Marktdurchdringung sowie der Entwicklung
entweder gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle für die                    neuer Angebote für bestehende Zielgruppen liegt, sind
Monetarisierung des Leistungsanbieters spielt. Stattdessen                       zukünftig deutlich stärker auch Marktentwicklungs- und
kommen dritte Parteien für die Vergütung der (subventio-                         Diversifikationstendenzen zu erwarten. Branchengrenzen
nierten) Hauptleistung auf. Beispiele dafür sind auf Werbefi-                    verschwimmen zusehends (Branchenkonvergenz),
nanzierung, Datenverkauf oder Provisionseinnahmen (bspw.                         Wettbewerb findet auf neuen Ebenen statt.
über den App-Store eines vernetzten Autos) beruhende
Geschäftsmodelle. Solche Erlösbeziehungen nehmen durch                         • Überall in der Wertschöpfungskette gibt es zahlreiche
das IoT stark zu, wenngleich mit höchst unterschiedlicher                        Ansatzpunkte für Effizienzsteigerungen. Bei den primären
Verbreitung in einzelnen Branchen.                                               Aktivitäten werden mittelfristig v.a. Produktion und
                                                                                 Logistik durch das IoT stark transformiert werden.
                                                                                 Die Servicefunktion wird branchenübergreifend eine
                                                                                 herausgehobene Bedeutung erhalten, da zunehmend
3.3.4 Dynamische und personalisierte                                             alle größeren Unternehmen auch zu Softwareanbietern
Preismechanismen                                                                 werden. Einige schaffen zudem digitale Plattformen und
                                                                                 offene Ökosysteme um ihre Produkte herum, welche
Hat man einmal anhand der oben erläuterten drei Dimensionen                      Drittanbieter integrieren.
ein für die spezifischen Charakteristika der jeweiligen Branche
sowie des Unternehmens geeignetes Erlösmodell entwickelt,                      • Mit Blick auf das Erlösmodell werden insbesondere
gibt es in manchen Fällen noch weitere Gestaltungsmög-                           die Monetarisierung von Daten und digitalen Services
lichkeiten durch das IoT.                                                        deutlich wichtiger, ebenso die Erschließung indirekter
                                                                                 Vergütungsformen über Dritte (beispielsweise
Einerseits ermöglicht das IoT eine dynamische Preisge-                           mit Werbung oder Umsatzprovisionen). Physische
staltung. Ein Beispiel dafür ist der digitale Taxi-Anbieter Uber,                Güter werden seltener klassisch verkauft, sondern
dessen Wagen per Smartphone geortet und gebucht werden                           zunehmend über nutzungs-, zeit- und erfolgsbasierte
können. Der Fahrpreis für eine Fahrt kann durch die Nachfrage                    Vergütungsmodelle abgerechnet. Darüber hinaus eröffnen
zu bestimmten Tageszeiten, Wetterlagen oder Großevents                           die reichhaltigen IoT-(Echtzeit-)Daten neue Möglichkeiten
bestimmt werden.                                                                 der dynamischen und individualisierten Preisgestaltung.

Andererseits ergibt sich auf Basis der genauen Nutzer- und                     Etablierte Marktteilnehmer und neue digitale Wettbewerber
Nutzungsdaten von IoT-Lösungen für die Anbieter auch die                       werden in allen Märkten versuchen, über Geschäftsmodel-
Möglichkeit einer kundenindividuellen Preisgestaltung,                         linnovationen Marktanteile zu gewinnen, sowie attraktive
wenngleich entsprechende Ansätze in der Praxis bislang erst                    neue Marktsegmente zu schaffen und zu besetzen. Jedes
sehr vorsichtig getestet werden.                                               Unternehmen sollte daher beizeiten eine Bestandsaufnahme
                                                                               machen, ob sein bestehendes Geschäftsmodell vor dem
                                                                               Hintergrund des IoT noch zukunftsfähig ist und welche
                                                                               Potenziale sich durch gezielte Anpassungen erschließen
                                                                               lassen. Die strategischen, technologischen und organisato-
                                                                               rischen Herausforderungen sind insbesondere für Industrie-
                                                                               unternehmen enorm – die Chancen jedoch ebenfalls.

                                                                       16
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4. Anhang:
Branchenbeispiele

D   ass sich die Transformation zu IoT-Geschäftsmodellen
    lohnt, zeigt das Vodafone IoT-Barometer 2016: Demnach
erzielen Unternehmen mit IoT-gestützten Angeboten durch-
schnittlich 20% höhere Umsätze als vergleichbare “tradi-
tionelle” Unternehmen.25 Auch wenn sich viele IoT-Initiativen
noch in einem frühen Stadium befinden,26 kristallisieren
sich bereits einige branchentypische Muster für erfolgver-
sprechende IoT-Geschäftsmodelle heraus. Um den Umfang
dieses Whitepapers nicht zu sprengen, wird im Folgenden aus
fünf Branchen jeweils ein interessantes Beispiel anhand des
oben eingeführten Untersuchungsrahmens vorgestellt.

Vgl.25   Vodafone (2016): Vodafone IoT Barometer 2016, https://www.vodafo-
         ne.de/business/firmenkunden/loesungen/iot-barometer.html
Vgl.26 IBM (2016): The Business of Things – Designing Business Models to                   Handel:
       win the cognitivie IoT, http://www-01.ibm.com/common/ssi/cgi-bin/
       ssialias?subtype=XB&infotype=PM&htmlfid=GBE03725USEN&at-                            Amazon Dash Button
       tachment=GBE03725USEN.PDF

                                                                                                                        Seite 22 - 23

   Maschinen- und Anlagenbau:                                                              Energiebranche: FreeWire
   thyssenkrupp MAX                                                                        Technologies Ladestationen

                                                        Seite 18 - 19                                                   Seite 24 - 25

   Langlebige Konsumgüter:                                                                 Versicherungsbranche:
   Oral-B Genius Zahnbürste                                                                Progressive Snapshot Programm

                                                        Seite 20 - 21                                                   Seite 26 - 27

                                                                               17
                                                             © 2076 tresmo GmbH. All rights reserved.
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