ZWISCHENBERICHT Evaluation des Projektes "SATURN"
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Verfasst von Galina Suppes, Wissenschaftlicher Mitarbeiterin im Sonderforschungsbereich 600 an der Universität Trier Evaluation des Projektes „SATURN“ ZWISCHENBERICHT 1. Zum Inhalt des Projektes Die Europäische Union unterstützt eine Migrationspolitik, die den Vorrang freiwilliger Rückkehr vor Abschiebungen durchsetzten will. In diesem Sinne wird auch das Projekt „Saturn“ von dem Europäischen Flüchtlingsfonds zugebilligt und zu 90 % der geforderten Summe finanziert. Die Laufzeit des Pilotprojektes beträgt 18 Monate und beginnt im Dezember 2007. Die Realisierung des Projektes erfolgt in Zusammenarbeit mit der Ukraine und vier EU-Partnerländern: Deutschland, Polen, Rumänien und Bulgarien. Der Name „SATURN“ fügt sich aus Bestandteilen „Social Advise, Return and Support Networking Project for the Ukraine“ zusammen, wovon Ziele und Aufgaben des Projekts abzuleiten sind. Das „Saturn“ - Projekt richtet sich auf alle ukrainischen Zuwanderer, die sich in oben genannten vier westeuropäischen Ländern legal und illegal aufhalten und in ihre Heimat - die Ukraine - auf eigenen Wunsch zurückkehren möchten. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Opfer des internationalen Kinder- und Frauenhandels, Arbeits- und Armutsmigranten, Personen mit den abgelaufenen oder fehlenden (Besucher-) Visa, alte und kranke Menschen, unbegleitete Minderjährige. Außerdem gehören zur Projektzielgruppe illegal lebende Migranten in der Ukraine, insbesondere Transit-Flüchtlinge und aufgegriffene Flüchtlinge an den Außengrenzen der EU, Binnenmigranten aus den GUS-Ländern und Migrationswillige aus der Ukraine. Gefördert durch die EU Return
Der Hauptfokus des Projektes ist auf die Vorbereitung und Durchführung der freiwilligen Rückreise sowie auf die Unterstützung der ukrainischen Remigranten bei ihrer sozialen und wirtschaftlichen Reintegration im Heimatland ausgerichtet. Deswegen sind im Programm neben der individuellen und vertraulichen Beratung in allen lebenswichtigen Fragen auch finanzielle Starthilfen, Mittel für berufliche Qualifizierung bzw. Umschulung und Existenzgründung vorgesehen. Für eine koordinierte und erfolgreiche Abwicklung des Rückkehrprozesses sowie für das Reintegrationsmanagement ist ebenso eine internationale und regionale Netzwerkbildung vonnöten. Deswegen wird im Rahmen des Projektes auch auf die Entwicklung eines internationalen Netzwerkes zwischen diversen staatlichen Strukturen, praktizierenden NGO’s und Forschungsinstitutionen in allen Partnerländern abgezielt. Um den Kenntnisstand aller Interessierenden für die Probleme und Möglichkeiten der Remigration zu erhöhen, wird eine breite Öffentlichkeitsarbeit in Form von laufenden Berichten, Newsletters, Artikeln in Printmedien sowie einer Internetpräsenz angelegt. Überdies werden weiterbildende Seminare und Round Table Meetings zum Thema „Migration“ für Sozialarbeiter und Stakeholder organisiert. Damit ist dieses Projekt ebenfalls als ein dringend notwendiges Lernfeld für differenzierte und lösungsorientierte humanitäre Prozesse angedacht. 2. Vorgehen im Rahmen der Evaluation Projektevaluationen dienen im Allgemeinen deren Wirkungsüberprüfung und stellen ein wichtiges Instrument zur Optimierung von geplanten Vorhaben, Prozessen, Maßnahmen und Herangehensweisen dar. Die Evaluation des „Saturn“ – Projektes hatte demzufolge die Beschreibung, Analyse und Bewertung der durchgeführten Aktivitäten, indirekte Kontrolle der Mittelverwendung und Einschätzung aktueller Lebenslage der Rückkehrer zum Ziel. Im Hauptaugenmerk der Evaluation standen folgende Fragen: • Welche Aktivitäten sind im Rahmen des Projektes durchgeführt worden? • Welche Ergebnisse sind erreicht worden? • Wie viele Personen sind zurückgekehrt? • Aus welchen Ländern? • Welche Gründe treiben die ukrainischen Bürger, in fremde Länder zu gehen? • Wie und warum hat die Rückkehr stattgefunden? • Wo und von wem haben die Migranten über das Projekt „Saturn“ erfahren? Gefördert durch die EU Return
• In Genuss welcher Hilfeleistungen sind sie gekommen? • Wie hilfsreich war die Unterstützung des Projektes? • Wie kann man die Arbeit der Projektmitarbeiter einschätzen? Da zur Hauptmethoden des Evaluationsverfahrens die Gewinnung der Information über Nutzen sowie Effektivität und Effizienz des Projektes gehörte, wurde eine neuntägige Reise durch die südwestlichen Gebiete der Ukraine organisiert. Im Verlauf dieser Evaluationsreise wurden 20 vom Projekt unterstützten Rückkehrer besucht und befragt sowie mehrfache Expertengespräche mit den zuständigen Projektmitarbeitern durchgeführt. Die Zeit vor der Reise wurde für ein gründliches Studium aller vorhandenen schriftlichen Primärmaterialien genutzt: Protokolle der Arbeitskreise und Konferenzen im Rahmen des „Saturn“ - Projekts, laufende Berichte über begünstigte Heimkehrer, Fragebögen mit Angaben über soziale Lage, Wohnverhältnisse, Gesundheitszustand, Probleme und Ziele der Rückkehrer, Zeitungsartikel und andere Infomaterialien zur einschlägigen Thematik. Die gesammelten Informationen wurden ausgewertet und die Ergebnisse im Hinblick auf die angestrebten Ziele beschrieben. 3. Im Rahmen des Projektes durchgeführte Maßnahmen und Aktivitäten 3.1 Bekanntmachung des Projektes und Versuche, die Zielgruppe zu erreichen Um die Zielgruppe in Deutschland anzusprechen sowie die im Rückkehrprozess agierenden Netzwerkteilnehmer über das Leistungsangebot des Projektes zu informieren, haben alle Heimatgartenbüros an einer intensiven Informationskampagne aktiv teilgenommen. Es wurden Briefe mit Flyern und Visitenkarten an Ausländerbehörden und Flüchtlingsbüros, Arbeitsvermittlungsagenturen und deren Abteilungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, Sozial- und Ordnungsämtern, diverse NGO’s und Integrationsdienste verschickt. Eine weitere Maßnahme zur Projektkundgebung war eine Infoveranstaltungskette fast in jedem Bundesland für insgesamt hunderte Mitarbeiter verschiedener Wohlfahrtsverbände wie Malteser- und Raphaelswerke, Caritas, DRK und Diakonie sowie für Vertreter der Bezirksregierungen und Stadtverwaltungen. Intensivierung der persönlichen Kontakte zu den Flüchtlingen, Verteilung von Prospekten und Flyers bei den russischsprachigen Ärzten, in „russischen“ Geschäften und Reisebüros sowie Anschreiben einiger Substrukturen wie Strafanstalten, Frauenhäuser, interkulturelle Begegnungsstätten und Ämter für interkulturelle Beziehungen sollten weiterhin zur Verbreitung der Information innerhalb der Zielgruppe beitragen. Weiterhin wurden Anzeigen und mehrere Artikel zum Projektinhalt sowohl in deutschen als auch in russischen und ukrainischen Massenmedien veröffentlicht. Allein in der Ukraine sind über 50 Gefördert durch die EU Return
Zeitungsartikel publiziert worden, die auch im Internet in drei Sprachen vorhanden sind. Mehrfache Auftritte des Projektteams im deutschen und ukrainischen Fernsehen und Radio sind ebenso als wichtige Komponenten der durchgeführten Öffentlichkeitsarbeit zu nennen. Überdies wurden über 25 ukrainische katholische Kirchen bundesweit angeschrieben sowie persönliche Gespräche mit Kirchenvorstehern der russisch-orthodoxen und katholischen Kirchen in Bremen, Frankfurt am Main, Stuttgart und Baden-Baden durchgeführt. Das Ergebnis dieser Treffen war die Bereitschaft der Kirchen ihre Gemeindemitglieder über das Programm des Projektes zu informieren, einige wollten sogar eine Verlinkung zum Projekt auf ihren Websites einrichten. 3.2 Ergebnisse der Informationskampagne und Öffentlichkeitsarbeit Trotz breit angelegter Informationskampagne wurde die Zielgruppe in Deutschland nur bedingt erreicht. Dies ist wohl durch folgende Gründe zu erklären: • Einerseits haben die Einrichtungen wie Ausländerbehörden, Beratungsstellen, Integrationsdienste und andere Organisationen, die man als Hauptvermittler der Illegalen für das Projekt gewinnen wollte, mit diesem Personenkreis sehr wenig zu tun und können ihn kaum direkt erreichen. • Andererseits schirmen sich auch Illegale von der Öffentlichkeit ab. Sie führen oft ein einsames, unauffälliges Leben, kommen alleine zu Recht, wohnen zur Untermiete und gehen ihrer Arbeit diszipliniert nach, versuchen ihre Aktivitäten nach den gesetzlichen Vorschriften zu richten und jegliche Kontakte mit entsprechenden Institutionen zu meiden. • Außerdem sind sie oft gut strukturiert und haben ihre strategischen Netzwerke, sind mit ihrem Leben hierzulande zufrieden, verdienen genügend Geld und interessieren sich für das Projektangebot nicht. • Wenn sie sich direkt beim Heimatgarten melden, dann lediglich mit der Bitte um Legalisierung. • Bulgarien und Rumänien lieferten nur einzelne Rückkehrwilligen. • Das ist eventuell auf einen geringen Anteil der ukrainischen Migranten in diesen beiden Ländern zurückzuführen. • Vermutlich gibt es mehr UkrainerInnen im Süd- und/oder Westeuropa, wo sie bessere rechtliche und arbeitspolitische Bedingungen vorfinden als beispielsweise in Deutschland. Diese Vermutung hat sich während des Befragungsprozesses bestätigt: Gefördert durch die EU Return
viele ukrainische Arbeitsmigranten bevorzugen der Bundesrepublik bzw. den benachbarten Transferländern eher Italien, Griechenland, Spanien oder Portugal, wo eine vergleichsweise wenig regulierte Zuwanderung herrscht. • Noch ein Grund dafür ist wahrscheinlich ein zu kurzer Zeitraum für den Aufbau entsprechender Strukturen und für die Erreichung der Zielgruppe in diesen Ländern. Der Zulauf der Klientel ist deswegen erst zum Auslauf des Projekts festzustellen. • Zudem konnte die AWO Bulgarien noch keine ausreichende Dynamik entwickeln. • Auch in Rumänien werden grundlegende Beziehungen zu den Behörden erst jetzt gebildet und ein Netzwerk aufgebaut, um auf die Zielgruppe überhaupt eingehen zu können. Die rumänischen Projektpartner sind deswegen an dem Erfahrungsaustausch auf der Praxisebene sehr interessiert. 3.3 Aktivitäten zum Netzwerkausbau Während der achtzehnmonatigen Projektlaufzeit sind viele Aktivitäten zur Intensivierung der Zusammenarbeit im vorhandenen Netzwerk und zur Entwicklung neuer strategischen Partnerschaften auf der internationalen Ebene durchgeführt worden. Neben den zahlreichen Seminaren, Round Table Meetings, Workshops und Netzwerktreffen für Stakeholders, Multiplikatoren und Akteure in den Projektmitgliedsländern, auf deren Agenda Erfahrungsaustausch, Optimierung der Arbeitsprozesse und Entwicklung von Best Practice Modellen für ein koordiniertes Rückkehr- und Integrationsmanagement standen, sind auch drei internationale Konferenzen organisiert worden. An diesen Konferenzen haben mehrere Vertreter von diversen Migrationsämtern, staatlichen Behörden, praktizierenden NGO’s und Forschungsinstituten aus Deutschland, Polen, Rumänien, Bulgarien, der Ukraine und aus anderen postsowjetischen Republiken teilgenommen. Während der Konferenzen konnten sich die TeilnehmerInnen über die Fortschritte oder auch spezifischen Probleme beispielsweise mit den illegalen MigrantenInnen in den einzelnen Ländern austauschen, gemeinsam Lösungen erarbeiten und Arbeitsweisen diskutieren. Diese Treffen dienten auch der Erstellung neuer Kontakte mit unterschiedlichen Organisationen und Einrichtungen aus dem Bereich der Migration und Sozialarbeit, dem Wissenstransfer und der Analyse existierender Rechtspraktiken und Folgen der Remigration zwischen den staatlichen Strukturen, Forschungszentren und NGO’s mit praktischer Migrationserfahrung. Es wurden einige Kooperationsverträge mit den Ämtern für Migration in Odessa und Uzhgorod, in der Stadt der westlichen Ukraine an der EU-Außengrenze, wo es viele Transitflüchtlinge aus unterschiedlichen Herkunftsländern sowie unbegleitete minderjährige Gefördert durch die EU Return
Flüchtlinge gibt, unterschrieben. Die Unterzeichnung eines Vertrages mit dem staatlichen Komitee für Fragen der Nationalitäten und Religion in Kiew setzte ein weiteres positives Zeichen für eine erfolgreiche Projektarbeit. Das „Saturn“ - Projekt hat mittlerweile das höchste Ministerium erreicht und wird von den hochrangigen Beamten der Ukraine stark unterstützt. Zu den neuen Partnern vom „Saturn“ zählt auch das Zentrum für soziale Integration in Lemberg, dessen Aufgabe ist, die Opfer des Frauenhandels im Ausland aufzusuchen, sie zu befreien und ins Heimatland zu bringen sowie ihnen nach der Rückkehr bei der Reintegration, Qualifikation und Arbeitssuche zu helfen. Die Gewinnung der neuen wichtigen Partner für langfristige Zusammenarbeit ermöglichte es, ein soziales Stützpunktsystem aufzubauen, innerhalb dessen das Zentrum in Odessa mit regionalen Anlaufstellen bei verschiedenen NGO’s und zwei Außenstellen in Lemberg und Uzhgorod vernetzt wurde. Unter dem Zentrum in Odessa ist ein Migrations-Kompetenz- Zentrum zu verstehen, das als eine „multifunktionale Support-Einrichtung“, ausgestattet mit Übergangswohnungen, Medizin- und Sozialstationen, Rechtsberatung, Arbeits- und Bildungsagentur und mit der direkten Anbindung an diverse regionale und interregionale Migrationshelfer wie NGO’s, entsprechende Verwaltungen und Behörden innerhalb dieser einheitlichen Stützpunktsystems entwickelt wurde. Ein wichtiges Element des Projektvorhabens war auch dessen Ausbildungsarbeit, die Qualifizierungsmodule für die Mitarbeiter aus dem Sozialbereich und Weiterbildung in Migrationskompetenz für Beamten und Angestellten von Behörden beinhaltete. Das erste Modul in Form vom komplexen Schulungsprogramm mit den anerkannten Standards aus der Arbeit mit Menschen, die eine freiwillige oder erzwungene Migrationserfahrung haben, ist auf den September 2009 geplant. Ungefähr zu dieser Zeit findet auch eine Schulung zur Migrationskunde und zu den praktischen Verfahren und Methoden auf diesem Gebiet statt. Die beiden Ausbildungsangebote werden in Kooperation und mit Unterstützung von der Nationalen Juristischen Akademie Odessa ausgearbeitet und durchgeführt. Zu den künftigen Plänen der AWO Heimatgarten und der Nationalen Juristischen Akademie Odessa gehört die Einrichtung eines Zentrums für Migrationspolitik und –recht als ein Strukturteil der Akademie mit dem Ziel, verschiedene Forschungsprojekte gemeinsam zu realisieren und somit die internationale Zusammenarbeit auch im wissenschaftlichem Sektor auszubauen. Gefördert durch die EU Return
4. Gründe für Arbeitsmigration Das stete ukrainische Wirtschaftswachstum der vergangenen fünf Jahre mit jeweils sieben bis acht Prozent kommt durch Reformstau aufgrund politischer Instabilität, fallende Metallpreise und unsichere Rohstoffpreise wegen der internationalen Finanzkrise zu einer sehr deutlichen Verlangsamung. Laut Prognosen der IWF wird es von den derzeitigen 7,5% auf nur noch 2,5% stagnieren, während die Inflation auf 20% steigen wird. Wirtschaftlich wichtige Auslandsmärkte sind verloren gegangen genau wie 60% des ukrainischen Exports. Wegen des plötzlichen Versiegens der Kreditzuschüsse wurde die Bautätigkeit in Kiew und anderen großen Städten schon weitgehend und deutlich sichtbar eingestellt und es wird einen weiteren Rückgang befürchtet. In jeder Industriebranche sind Massenkündigungen zu beobachten. Rund 3 Millionen UkrainerInnen sind heute offiziell arbeitslos. Die tatsächlichen Arbeitslosenzahlen sind jedoch viel höher. Denn etwa zwei Millionen befinden sich im erzwungenen Urlaub und jeder fünfte arbeitet nur Teilzeit. Außerdem melden sich viele Arbeitslose bei den Arbeitsagenturen nicht, weil die Arbeitslosenhilfe zu gering ist. Und Landeinwohner, die Grundstücke von 25 Ha besitzen, werden als Arbeitslose überhaupt nicht eingesehen. Im Sommer versuchen die UkrainerInnen durch ihre privaten Gärten und Viehzucht, Saisonarbeit und Tourismus in ihren Wohnregionen über die Runden zu kommen. Zum Herbst 2009 riskieren 5 bis 7 Mio. von 21 Mio. ukrainischer Erwerbstätigen ohne Arbeit zu bleiben, was einen Konkurrenzkampf um die Vakanzen verstärkt und Arbeitsmigration stark aktiviert. Obwohl der rechtsmäßige Weg ins Ausland den meisten Arbeitsmigranten aus der Ukraine bald wohl versperrt werden wird. Denn immer mehr EU-Staaten führen das Verbot auf die Ausstellung der Arbeitsvisen für Bürger der Ukraine und anderer Länder ein. Nach Angaben der ukrainischen Föderation der Gewerkschaften arbeiten heute etwa 5 bis 7 Mio. ukrainische Migranten in europäischen Mitgliedsstaaten. Entweder bleiben sie demnächst ohne verlängerte Visa und offizielle Arbeitserlaubnis im Ausland illegal oder kehren in ihre Heimat zurück und erhöhen somit den Druck auf den rasant schrumpfenden Arbeitsmarkt. [Überblick der ukrainischen Presse für den März 2009] Gefördert durch die EU Return
5. Leistungsangebot des Projekts In solcher wirtschaftlichen Situation sind die Leistungen des „Saturn“ – Projekts nahezu lebenswichtig, insbesondere, wenn es sich um die Landbevölkerung handelt – die Hauptklientel des Projektes. Die Existenz der ländlichen Bevölkerung basiert zum großen Teil auf Subsistenzwirtschaft, da Löhne und Rente verspätet und unvollständig ausbezahlt werden und das Lohniveau mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht mithalten kann. Heute liegt der offizielle Durchschnittslohn eines Landarbeiters, falls er überhaupt einen Job hat, um etwa 50 % unter dem Landesdurchschnitt, so dass trotz niedrigerer Lebenshaltungskosten auf dem Land sind viele Familien auf Unterstützung von Familienmitgliedern angewiesen, die in größeren Städten bzw. im Ausland arbeiten. Aufgrund der wirtschaftlichen Transformation nach dem Zerfall der Sowjetunion und der damit einhergehenden Verschlechterung der ökonomischen Lage verstärkte sich der Druck zur Arbeits- und Armutsmigration. Die Abwicklung des Wanderungsprozesses insbesondere nach Polen ist für manche ukrainischen Mitbürger zu einem alltäglichen Geschäft geworden. Für eine bestimmte Geldsumme wird ein Arbeitsvisum auf Einladung eines polnischen Arbeitgebers auf dem legalen Wege ausgestellt. Die Arbeitsmigranten werden dann mit einem Minibus nach Polen gebracht und da an einem Marktplatz oder einem Bahnhof abgesetzt. Wenn sie Glück haben, kommt der angekündigte Auftraggeber. In der Regel sind die in den Arbeitsvisen eingetragenen Namen der polnischen Arbeitgeber jedoch fiktiv oder sie brauchen weniger Arbeitskräfte als angegeben bzw. keine, weil sie sich keine Aushilfe wegen der Wirtschaftskrise leisten können. Diejenigen, die einen Job dennoch bekommen, werden oft schlechter bezahlt als versprochen, sodass der Arbeitslohn geradezu für die Deckung der Lebenskosten während des Auslandaufenthalts ausreicht. Um ein Arbeitsvisum samt nötigen Unterlagen zu besorgen und die Fahrt ins Ausland zu organisieren, verschulden sich viele Arbeitsmigranten schon vor der Abreise in der Hoffnung, die geliehenen Summen von dem verdienten Geld zurückzubezahlen. Im Endeffekt bleiben diese Arbeitsmigranten auf der Straße mit (beinahe) abgelaufenen Visa ohne jegliche Mittel zur Rückreise und mit einem Schuldenberg. Aus solcher oder ähnlicher Notlage sind bisher 73 UkrainerInnen aus Polen, 30 aus Deutschland, 11 aus Rumänien und 2 aus Bulgarien [Stand: März 2009] mit Hilfe des „Saturn“ – Projektes ins Heimatland zurückgekehrt und bei ihrer sozialen und professionellen Reintegration im Heimatland unterstützt worden. 83 Personen konnten sich durch gültige Papiere ausweisen, 33 aus 116 ukrainische Migranten haben sich im Ausland illegal aufgehalten. Gefördert durch die EU Return
5.1 Monetäre Leistungen 5.1.1 Starthilfe Das Leistungsangebot des „Saturn“ - Projektes ist vielfältig und umfasst alle wichtigen Lebensbereiche. Nach der Aufnahme ins Projekt bekommt jeder Rückkehrer eine Starthilfe in Höhe von 450 Euro. Nach den Berechnungen der Projektmitarbeiter soll diese Summe für ein bescheidenes Leben in den ersten drei Monaten nach der Rückkehr sowie für die Ausstellung fehlender Papiere und für die Rückerstattung von Schulden ausreichen, die sie für die Besorgung der Reisedokumente im Ausland oder noch vor der Ausreise gemacht haben. Frau J. gestand bei der Befragung, dieses Geld habe sie für ihre Zahnbehandlung aufbewahrt. Da medizinische Leistungen kostenpflichtig sind, wäre für eine allein erziehende junge Mutter ohne Beruf unmöglich, ohne Hilfe des Projekts diesen Wunsch jemals zu verwirklichen. Frau B. habe einen großen Teil dieses Geldbetrages für die Installation der Gasleitung ausbezahlt, wofür die Mittel immer fehlten. Frau G. würde davon ein paar Hühner kaufen, um dann die Eier und das Fleisch auf dem Markt zu verkaufen und auf diese Weise für ihre Familie zu sorgen. Eine „Start-“ oder „Lebenshilfe“ haben alle ins Projekt aufgenommenen Rückkehrer bekommen, 13% von denen wurden zusätzlich durch weitere Leistungen begünstigt. 5.1.2 Hilfe zur Existenzgründung In 40 Fällen wurde ein Wunsch zur Existenzgründung geäußert. Nach der Analyse der eingereichten Businesspläne und durchgeführten Gespräche mit den potentiellen Unternehmern wurde ein Drittel (13) der Businessideen bewilligt und finanziell unterstützt. Entscheidend für die Zustimmung und Mittelvergabe war das Vorhandensein entsprechender fachlicher Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten bei jedem Antragsteller sowie ihre Motivation und Durchhaltevermögen. Darüber hinaus wurden ebenfalls die Aktualität der Idee, die Möglichkeiten deren erfolgreichen Umsetzung, realistische Kostenaufstellung sowie Entwicklungs- und Wachstumsperspektiven des Unternehmens geprüft. Die Existenzgründer haben von 500,- bis 3000,- Euro je nach Bedarf und Umfang des Geschäftes bekommen. Die Summe ist so berechnet worden, dass Gebühren für die Anmeldung als Privatunternehmer, notwendige Anschaffungen für den Start sowie laufende und fixe Kosten gedeckt werden könnten, bis die ersten Einnahmen kommen. Unten sind einige Beispiele der Existenzgründungen dargestellt. Der Inhalt der Tabelle ist auf Basis der Interviews mit den Unternehmern während der Evaluationsreise zusammengefasst. Gefördert durch die EU Return
Tabelle 1: Existenzgründungen Begünstigter/ Förderungssatz/ Vorteile Aktualität Foto Geschäftsidee Förderungsobjekt Familie K. / 3000,- Euro - Schweinestall ist Nachfrage Fleischgeschäft Anschaffung von vorhanden; nach Fleisch 13 Ferkeln - Mietkosten werden ist immer m. d. Verwandtschaft hoch geteilt, - Schweinefutter bekommt Herr K. als ehemaliger Kolchosmitarbeiter kostenfrei = Kostenersparnisse Herr Ch./ 3000,- Euro - sehr gute Kenntnisse Neues und Künstlerische Für den der Elektronik trendiges Arbeiten auf Selbstaufbau e. (Hochschulausbildung Geschäft, Stein, Holz, elektronischen mit Auszeichnung + hochwertige Metall Meißelgerätes Arbeitserfahrung) Arbeit, (Malerei, (neues Gerät würde - malerisches Talent Nachfrage in Schnitzerei, das Dreifache der Stadt ist Meißnerei) kosten) groß Herr F./ 3000,- Euro - große - Großer Gewächshäuser Anschaffung: Arbeitserfahrung in Absatzmarkt, - Gemüseaufbau Wagen, Setzlinge, Gärtnerei im Ausland - GH-Gemüse Materialien für - hohe Motivation und reift 1 bis 2 Gewächshaus Engagement Monate eher - Kooperation mit = noch keine Bruder Konkurrenz in = Kostenteilung der Region - 2-3 Ernten pro Saison - Schaffung weiterer Arbeitsplätze im Dorf Herr A./ 2000,- Euro - Arbeitserfahrung - Nachfrage Autowerkstatt Anschaffung: - Teilhaberschaft nach den Reparaturarbeiten Werkzeug, = Kostenteilung Reparatur- Tischlerei Räumlichkeit für arbeiten jeder die Werkstatt Art ist sehr groß - es gibt immer viel Arbeit Wie schon erwähnt, wohnen die meisten Rückkehrer auf dem Lande und sind mit den landwirtschaftlichen Arbeiten vertraut. Die meisten Geschäftsideen stammen deswegen aus dem primären Sektor und beinhalten Viehzucht und Verkauf von Lebensmitteln tierischer Erzeugung: Milchprodukte, Eier, Speck, Fleisch. Hinzu gehört ebenso der Imkereibetrieb. Die Gefördert durch die EU Return
Grundstückinhaber bzw. –pächter betreiben Getreide- oder Gemüseanbau. Ein junger Mann aus Izmail stellt Getreidekörner her. Die weibliche Bevölkerung beschäftigt sich eher in der Dienstleistungsbranche beispielsweise als Schneiderinnen bzw. Näherinnen der Bettwäsche und Gardinen oder Friseurinnen. Es gab ein paar Fälle, wo sich Frauen als selbständige Buchhalterinnen angemeldet haben. Es ist noch zu früh über große Unternehmenserfolge zu berichten, weil viele der genannten Betriebe zum Zeitpunkt der Evaluationsreise erst in der Aufbauphase sich befanden. Nichtsdestotrotz berichteten die Begünstigten über ihre ersten kleinen Fortschritte und Zukunftspläne und waren sehr froh endlich die Möglichkeit bekommen zu haben, eine wirtschaftliche Basis zu schaffen und ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Von daher ist solche Unternehmensförderung im Rahmen des Projekts als eine erforderliche und gelungene Maßnahme zu sehen, die zur Nachhaltigkeit der Rückkehr wesentlich beiträgt. 5.4 Medizinische Betreuung Etwa 7% aller Begünstigten sind neben der Starthilfe noch in Genuss von medizinischen Leistungen gekommen. Die Medizin ist in der Ukraine heutzutage ein Luxusgut, das sich nicht jeder leisten kann. In den Kliniken muss man nicht nur für die ärztliche Behandlung selbst sondern auch für Medikamente, Spritzen und sogar für Bettwäsche zahlen. Von daher ist die Entscheidung, eine medizinische Beraterin für das Projekt zu engagieren sowie die medizinischen Leistungen für Bedürftigen zu finanzieren, absolut sinnvoll. Mit Hilfe der Beraterin konnten die Patienten an verschiedene Fachärzte vermittelt werden, wo sie nach der sorgfältigen Untersuchung richtige Diagnosen erstellt bekamen. Das allein war schon ein großer Fortschritt, da bei den einigen Projektteilnehmern vorher falsche Erkrankungen festgestellt worden waren, die auch demzufolge falsch behandelt wurden. So galt beispielsweise Frau Zh. nach einer misslungenen Operation als unfruchtbar. Nach dem Beratungsgespräch mit der Projektassistentin stellte es sich heraus, dass diese junge Frau jahrelang falsch behandelt wurde, obwohl eine andere Behandlungsmethode ihr Gesundheitsproblem eventuell abmildern oder sogar beseitigen könnte. Zurzeit befindet sie sich in einer Therapie für Befruchtung und hofft zusammen mit der Frauenärztin auf positive Ergebnisse. Ähnlich ist die Geschichte des Herrn Ch. aus einer kinderreichen Familie (18 Kinder), der auf ein Auge fast blind ist, da er seit zehn Jahren anscheinend ein Glaukom hätte. Die richtige Diagnose hieß Katarakt, die sich durch einen operativen Eingriff entfernen ließ. Mit Unterstützung des Projekts wurde eine entsprechende Operation und nachfolgende Behandlung in einer renommierten Augenklinik durchgeführt. Für den jungen Mann aus sehr Gefördert durch die EU Return
armen Verhältnissen war es eine wahre Chance, seine Seekraft wiederherstellen bzw. verbessern zu lassen. Die Rückkehrerin M. hat in der Gefrierabteilung einer Fleischfabrik in Polen gearbeitet. Die Arbeitsbedingungen waren so schlecht, dass ihre Gelenke und Knochen sich vom Frost und Durchzug entzündeten und im Endeffekt konnte sie kaum laufen. Etwa zwei Monate waren ihre Bein und Handgelenk vergipst und sie brauchte regelmäßige Injektionen. Ein Teil der Kosten für ihre Behandlung wurde vom „Saturn“ - Projekt übernommen. Frau Zh. Herr Ch. Frau M. Unfrucht- Katarakt Entzündung barkeit der Gelenke 5.2 Sonstige Hilfen In Kooperation mit dem Migrations-Kompetenz-Zentrum in Odessa werden im Rahmen des Projekts neben der Beratung für die Rückkehrer noch solche Leistungen wie Unterstützung bei der Lösung verschiedener sozialen Probleme, psychotherapeutische Hilfe, Konsultation in Rechtsfragen, provisorische Unterkunft oder Jobvermittlung angeboten. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass es kaum Nachfrage nach den Notwohnungen gab. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass die meisten Remigranten in die Familie oder zu sich nach Hause zurückkehren. Es handelt sich dabei um eine Arbeitsmigration von kurzer Dauer für den Zeitraum der gültigen Arbeitserlaubnis. Auch wenn die Migranten länger im Ausland legal oder illegal arbeiten, kehren sie nach Hause zurück, wo ihre Familien auf sie warten. Der Bedarf für Qualifizierungsmaßnahmen wurde ebenso nur in Einzelfällen angemeldet, es sind keine Gruppen für Weiterbildungen zustande gekommen. Nichtsdestotrotz haben etwa 15% aller Rückkehrer an verschiedenen Lehrgängen teilgenommen. Darunter sind ein Computerkurs sowie Ausbildungen zur Friseurin, Masseurin und Buchhalterin zu nennen. Was die Jobvermittlung betrifft, so wurden auch in diesem Punkt nur für einzelne Rückkehrer trotz wirtschaftlicher Rezession und Massenkündigungen in allen Industriebranchen in der Ukraine Arbeitsplätze in der Gastronomie und Hotellerie sowie in den Lebensmittel herstellenden Fabriken gesichert. Gefördert durch die EU Return
6. Demographische Daten der Rückkehrer 6.1 Geographische Verteilung Die ukrainischen Migranten, die vom „Saturn“ - Projekt begünstigt worden sind, stammen meistens aus den Gebieten der westlichen und südlichen Ukraine, überwiegend aus den ländlichen Gegenden. Sehr stark sind Gebiete Ternopil, Ivano-Frankivsk und Chernivtsi vertreten, etwa ein viertel der Rückkehrer kommt aus der Odessa – Region, insbesondere aus dem Ort Izmail an der moldauischen Grenze, Einzelfälle gibt es in Lemberg und Kiew. 6.2 Altersstruktur Die Altersspanne erstreckt sich auf nahezu 70 Jahre, wobei die jüngste Rückkehrerin 20 und der älteste 89 Jahre alt sind. Die Altersstruktur verteilt sich wie folgt: die größte Gruppe mit 64 Personen (55%) sind junge Leute im Alter von 20 bis 39 Jahre. Die Gruppe der Erwerbstätigen mit dem Altersintervall 40 bis 59 beträgt 37% der gesamten Rückkehrerzahl und zählt 43 Personen. Es gibt auch fünf Personen im (Vor)rentneralter von 60 bis 79 Jahre und sogar vier Überachtzigjährige. 6.3 Marital Status Die meisten ukrainischen Migranten sind verheiratet, das sind 71 Personen oder 61% der erhobenen Gesamtheit. 19 Personen sind ledig, 13 sind geschieden und 4 leben getrennt. Sieben verwitwete Arbeitsmigranten schließen die Familienstandstatistik. Interessant ist, dass in der Kategorie der Geschiedenen und Witwen eine weibliche Dominanz mit 10 von 13 und 5 von 7 Frauen jeweils festzustellen ist. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass diese Frauen ihren Lebensunterhalt alleine bestreiten müssen und mit keiner anderen Unterstützung wegen des Wegfalls des Ehepartners rechnen können. Andererseits bieten sich im Ausland typisch weibliche Beschäftigungsmöglichkeiten im Haushalt, im Pflegebereich oder in der Landwirtschaft, über die später noch zu erzählen gilt. 6.4 Bildungsniveau Erwähnungswert ist auch das Bildungsniveau der ukrainischen Migranten. Wie schon oben erwähnt, wohnen die meisten Projektteilnehmer in den ländlichen Regionen, wo landwirtschaftliche Arbeiten vor der Ausbildung den Vorrang haben. Außerdem ist nicht in jedem Dorf eine Schule vorhanden. Eine Hauptschule befindet sich normalerweise in einer größeren Siedlung – eine Art administratives Zentrum, das viele kleinere Dörfer verwaltet und oft von denen relativ weit entfernt ist. Wegen des nicht ausreichend ausgebauten Gefördert durch die EU Return
Straßennetzes und weniger Verkehrsmöglichkeiten ist es nicht immer möglich, die Schule regelmäßig zu besuchen. Um einen Beruf zu erlernen oder eine Hochschulausbildung zu bekommen, muss man in eine größere Stadt umziehen, wo neben den hohen Lebenshaltungskosten noch teure Studiumsgebühren zu begleichen sind. Einen solchen Schritt wagen nur die einzelnen, die über ein sicheres und vernünftiges Einkommen verfügen und / oder nahe Verwandtschaft oder Bekanntschaft in diesen Städten haben. Aus diesen Gründen haben 15 Rückkehrer überhaupt keinen Schulabschluss. Das sind vorwiegend Vertreter der älteren Generationen oder aber junge Frauen, die ziemlich früh geheiratet und Kinder gekriegt haben. 16 Personen haben eine Haupt- und 14 – eine Realschule absolviert. Eine Berufausbildung haben insgesamt 41 Frauen und Männer bekommen. An verschiedenen Hochschulen haben 30 registrierte Rückkehrer studiert. Das sind meistens Städter des mittleren Alters oder junge Leute von Mitte zwanzig bis knapp über dreißig, deren Eltern in der Suche nach besseren Arbeitsmöglichkeiten vor Jahren in die Gebietszentren umgezogen sind. 6.6 Erlernte und ausgeübte Berufe Es ist ein breites Berufsspektrum vorzufinden: von den handwerklichen und technischen bis zu den hoch qualifizierten Berufen. Die Männer haben eine Ausbildung und / oder eine Arbeitserfahrung als Kfz-Mechaniker, Elektromonteur, Schweißer, Schlosser, Tischler, Bauarbeiter, Fahrer, Traktorist oder Landwirt. Die weibliche Bevölkerung ist eher in der Dienstleistungsbranche als Friseurin, Verkäuferin, Barkeeperin, Köchin, Näherin oder Buchhalterin tätig. Unter den Akademikern beider Geschlechter gibt es verschiedene Lehrer, Ökonomen, Juristen und Ingeneure. Es ist jedoch zu erwähnen, dass erlernte Berufe nicht automatisch ausgeübte Berufe sind. Denn die meisten Rückkehrer waren zum Zeitpunkt der Aufnahme ins Projekt arbeitsuchend. Laut Befragung sind Arbeitslosigkeit und bessere Verdienstmöglichkeiten als im Heimatland Hauptmotive der Arbeitsmigration. 6.7 Auszuübende Tätigkeiten im Ausland Die Arbeits- und Armutsmigranten haben keine großen Ansprüche auf das Arbeitsangebot, Hauptsache – sie haben eine Verdienstmöglichkeit. Schon traditionell arbeiten die Männer auf diversen Baustellen, in den Gewächshäusern oder in den Gärtnereien. Die weibliche Bevölkerung erfüllt etwas leichtere Arbeiten bei den Landwirten wie Pflücken von Beeren und Früchten oder Sortieren von verschiedenen Gemüsearten. Außerdem werden die Frauen als Pflegepersonal für Alte und Kranke, als Babysitterinnen oder Haushälterin beschäftigt. Gefördert durch die EU Return
Junge Damen werden in der Suche nach den schnellen und relativ leichten Geldern oft durch die Anzeigen über den Job als Kellnerin oder Stripperin angelockt. Sie glauben fest, es würde ihnen nichts passieren und landen wie ihresgleichen Vorgeherinnen in Bordells, wo sie zur Prostitution genötigt werden. 7. Arbeit des Projektteams Kompetenz, Hilfsbereitschaft und Engagement der Mitarbeiter sind wichtige Komponenten des gemeinsamen Projekterfolges genauso wie ein reibungsloser Ablauf des Arbeitsprozesses, der dank einer schnellen und koordinierten Arbeit zwischen allen Büros der AWO Heimatgartens und der Partnerländer erreicht werden konnte. Ganz speziell ist die Arbeit des ukrainischen Projektteams zu erwähnen. Alle Befragten merkten eine schnelle Reaktion des ukrainischen Projektteams auf ihre Anrufe an. Innerhalb von höchstens zwei Wochen wurden die Rückkehrer von den Projektmitarbeitern persönlich in ihren Häusern besucht. Obwohl eine persönliche Überprüfung des Falls, Einschätzung der Lebenslage, Ermittlung der Defizite und Bedürfnisse des Rückkehrers unabdingbar sind, ist eine solche Reise sehr anstrengend. Denn die Qualität des Straßenbeleges in der Ukraine entspricht den westeuropäischen Standards nicht, ganz zu schweigen über die ländlichen Straßen, die nach Regen und Schnee einfach nicht befahrbar sind, so dass für eine Strecke von 100 km mehrere Stunden erforderlich sind. Auf diesen Fahrten haben die Projektmitarbeiter das Förderungsgeld in großen Summen mit dabei. In einem Land mit Massenarbeitslosigkeit und hoher Kriminalität ist eine solche Reise riskant und gefährlich schlechthin. Deswegen ist hier einerseits Mut, positive Einstellung und großes Engagement der Projektmitarbeiter zu betonen. Andererseits sind in diesem Punkt verbesserungsfähige Maßnahmen anzutreffen. Ansonsten waren alle ins Projekt aufgenommenen ukrainischen Arbeitsmigranten von den Mitarbeitern und Leistungen des Projekts einfach begeistert, obwohl sie anfangs an die unentgeltlichen Hilfen nicht glauben konnten oder wollten. Opfer der Politik eigener Landesregierung wurden sie sehr angetan und positiv überrascht, dass jemand an ihren Schicksalen aktiv teilnimmt und ihre Probleme auf eine effektive Art und Weise zu lösen versucht. Gefördert durch die EU Return
8. Erkenntnisse aus der Projektarbeit, geplante und überraschende Ergebnisse Mit dem Projekt „Saturn“ hat Heimatgarten neue Erkenntnisse über die Zielgruppe gewonnen sowie viele interessante Ergebnisse erzielt: • Die Zusammenarbeit mit fünf Ländern hatte einen Ausbau und eine Verdichtung des Partnernetzwerkes auf der internationalen Ebene zur Folge. • Es entstanden neue Kooperationsbezüge, die eine langfristige Konsolidierung in der Ukraine zum Ziel haben. • Heimatgarten hat sich in der Ukraine als ein solider und zuverlässiger Partner etabliert, der eine hohe Arbeitsqualität gewährleistet und für positive Veränderungen sorgt. • Die Laufzeit des Projekts wurde um sechs Monate kostenneutral verlängert. • Das Tätigkeitsspektrum des Heimatgartens wurde durch eine neue Zielgruppe der illegalen Migranten erweitert, die hier in Deutschland ein rechtloses Schattendasein führen, und große Probleme haben, eine Rückkehr eigenständig umzusetzen. • Es stellte sich heraus, dass es kaum Verantwortliche für diese Migrantenkategorie gibt und kein Instrumentarium für die Bekämpfung dieses Problems entwickelt ist. • Da offizielle Behörden mit dieser Zielgruppe kaum Kontakt haben, war der Heimatgarten am engsten an den Illegalen aus der Ukraine dran, direkt nach den russischsprachigen Ärzten oder Gemeindemitgliedern aus den ukrainischen oder russisch-orthodoxen Kirchen. • Dieses Vertrauen ist unter anderem auch der Tatsache zu verdanken, dass fast in jedem Heimatgartenbüro zumindest ein russischsprachiger Mitarbeiter beschäftigt ist, was die Qualität der Beratung bedeutend erhöht. • Oft erfuhren die ukrainischen Migranten über das „Saturn“ - Projekt erst nach der Rückkehr in die Ukraine, wo der Bekanntheitsgrad des Projektes sehr hoch ist. Sie wendeten sich dann mit ihren Problemen an die Heimatgarten-Mitarbeiter vor Ort und wurden ins Projekt aufgenommen, falls sie dessen Voraussetzungen erfüllten. • Diese Herangehensweise – Hilfe nach der Rückkehr – war ebenso eine Neuerung in der Praxis des Heimatgartens. Auf diese Weise konnte man jedoch eine große Anzahl von den ukrainischen Rückkehrern erreichen und sie bei der sozialen und professionellen Reintegration in ihrem Heimatland zu unterstützen. • Weil die im Ausland lebenden UkrainerInnen enge Kontakte mit ihren Verwandten und Freunden aus dem Herkunftsland aufrechterhalten, wurden sie auch von ihnen über das Projekt informiert. Dieser verkehrte Informationsschluss - aus dem Zielland Gefördert durch die EU Return
ins Entsendungsland – war sehr effektiv und brachte ein weiteres Erkenntnis für künftige Projekte: Migranten reagieren unempfindlich auf inländische Massenmedien hauptsächlich wegen der Sprachdefizite und fehlender Vertrauensbasis. Dies muss bei der Gestaltung neuer Informationskampagnen für ähnliche Projekte berücksichtigt werden. • Im Laufe des Projekts hat sich eine neue Zielgruppe gebildet. Es haben sich vermehrt jüdische Emigranten gemeldet, die in die Ukraine zurückkehren möchten. • Außerdem gab es viele Anfragen von den Rückkehrwilligen nach Russland und von den ukrainischen Migranten aus anderen westeuropäischen Ländern, die im „Saturn“ - Projekt nicht inbegriffen sind. Wenn die jüdischen Immigranten aus der Ukraine in Genuss der Projektleistungen kommen konnten, hatten die oben genannten Migrantenkategorien laut Projektbedingungen keinen Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung vom „Saturn“. • Dies spricht dafür, dass es weitere Maßnahmen, Handlungsanweisungen und Prozesse vonnöten sind, um möglichst viele Kategorien der bedürftigen Migranten zu umfassen. • Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass aufgrund der durchgeführten gewaltigen Arbeit des Heimatgartens im Rahmen des „Saturn“ - Projekts in allen fünf Ländern eine gute und sichere Grundlage für weitere Projekte geschaffen ist. Gefördert durch die EU Return
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