Fachtagung des Verbandes für Grabungstechnik und Feldarchäologie Bremen 22.-25. April 2020 - Verband für Grabungstechnik und ...

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Fachtagung des Verbandes für Grabungstechnik und Feldarchäologie Bremen 22.-25. April 2020 - Verband für Grabungstechnik und ...
© Landesarchäologie Bremen

                                2. Fachtagung des
                      Verbandes für Grabungstechnik und
                               Feldarchäologie
                             Bremen 22.–25. April 2020

                                                            Ausgabe 1.2
                                                          Stand 04/12/2019
Eine Veranstaltung des Verbandes für Grabungstechnik und Feldarchäologie (VGFA)
                 in Kooperation mit der Landesarchäologie Bremen.

Impressum

Herausgeger:           Verband für Grabungstechnik und Feldarchäologie e.V.
Geschäftsstelle:       Auf Feiser 1, D-54292 Trier
Vertreten durch:       Prof. Dr. Thomas Schenk
Abstracts:             die jeweiligen Autoren
Redaktion / Layout:    Tilman Wanke, Matthias Paulke
Kontakt:               http://feldarchaeologie.de/vgfa/impressum/kontakt/ oder bremen2020@feldarchaeologie.de

Trotz sorgfältiger Prüfung können wir keinerlei Haftung für die Inhalte der von uns verlinkten externen Internetseiten übernehmen. Für die Inhalte sind
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Teilnehmer nicht widerspricht.

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Inhalt

Impressum............................................................................................................................................................................................................................................2

Vorwort.................................................................................................................................................................................................................................................... 4

Programmübersicht....................................................................................................................................................................................................................5

        Mittwoch 22.04.2020...........................................................................................................................................................................................................5

        Donnerstag 23.04.2020.....................................................................................................................................................................................................6

        Freitag 24.04.2020..................................................................................................................................................................................................................7

        Samstag 25.04.2020..............................................................................................................................................................................................................8

Abstracts................................................................................................................................................................................................................................................. 9

Kontaktadressen der Referenten..............................................................................................................................................................................28

Informationen................................................................................................................................................................................................................................31

        Tagungsort................................................................................................................................................................................................................................31

        Abendempfang der Stadt Bremen........................................................................................................................................................................31

        Abendvortrag...........................................................................................................................................................................................................................31

        Exkursion.................................................................................................................................................................................................................................... 31

        Tagungskneipen...................................................................................................................................................................................................................31

        Mitgliederversammlung.................................................................................................................................................................................................31

Karte........................................................................................................................................................................................................................................................ 32

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Vorwort

Die zweite Fachtagung des Verbandes für Grabungstechnik und Feldarchäologie e.V. veranstalten wir in
Zusammenarbeit mit der Landesarchäologie Bremen. Vom 22.-25. April 2020 werden wir im
“Haus der Wissenschaft” im Zentrum der Freien Hansestadt Bremen zu Gast sein, wo neben Führungen
und Vorträgen aus dem Gastgeberland Bremen wieder aktuelle Themen mit feldarchäologischem
Schwerpunkt ausführlich präsentiert werden sollen.

Diese internationale Tagung richtet sich vorwiegend an Fachleute, wird jedoch stets um öffentliche
Veranstaltungen ergänzt. In diesem Jahr konnten wir die Landesarchäologin von Bremen,
Frau Prof. Dr. Uta Halle, dazu gewinnen, einen öffentlichen Abendvortrag über die Erforschung des
KZ-Außenlagers „Schützenhof“ zu halten. Die Erschließung historischer Quellen der jüngeren
Geschichte mit archäologischen Methoden ist ein Thema, dass in den letzten Jahren an Bedeutung stark
zugenommen hat: Archäologie und Denkmalpflege – also die Erforschung und Bewahrung unseres
Kulturerbes sowie auch die Vermittlung der gewonnenen Erkenntnisse – sind Aufgaben, die im
Interesse der Öffentlichkeit erfolgen. Auch und gerade weil es sich um einen Blick auf unangenehme
Wahrheiten handelt, die manche gerne ignorieren wollen.

In den dreieinhalb vollgepackten Tagen präsentieren rund 40 Referenten Projekte aus dem In- und dem
Ausland. Dabei werden Methoden, Konzepte und Anwendungen aus der Feldarchäologie, der
Denkmalpflege, der Restaurierung und Konservierung von archäologischem Kulturerbe und dem
Bereich der Dokumentation vorgestellt und diskutiert. Unternehmen und Studierenden archäologischer
Fächer wird die Möglichkeit eröffnet, ihre wissenschaftlichen Arbeiten und Produktlösungen zu
präsentieren. Daneben sind am Samstag abschließend Führungen und Exkursionen in der Stadt geplant.
Am Rande der Tagung wird es wieder ausreichend Gelegenheit zum gegenseitigen fachlichen Austausch
geben. So hoffen wir, dass am Ende alle Besucher wertvolle Ideen und Impulse für ihre Arbeit mit nach
Hause nehmen können.

Und wir hoffen, dass wir mit dieser Tagung wieder die Arbeit der verschiedenen grabungstechnischen
Fachgruppen der vergangenen über 62 Jahre erfolgreich und zukunftsweisend fortsetzen können.

Wir freuen uns, Sie in Bremen begrüßen zu dürfen!

Prof. Dr. Thomas Schenk,
Erster Vorsitzender des Verbandes für Grabungstechnik und Feldarchäologie

Wenn Sie sich für die Tagung auf dem Laufenden halten wollen und sich für die Arbeit unseres Verbandes
interessieren, empfehlen wir Ihnen gelegentlich hier vorbei zu schauen:

                                      http://feldarchaeologie.de/

Dieses PDF-Programm wird spätestens kurz vor der Tagung noch einmal überarbeitet. Zudem finden Sie auf
unserer Homepage die aktuelle und Smartphone-optimierte Programmübersicht.

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Programmübersicht

Mittwoch 22.04.2020

10.00   Öffnung des Tagungsbüros

11.00   Begrüßung und Grußworte

        Prof. Dr. Uta Halle
        Leiterin der Landesarchäologie Bremen

        Prof. Dr. Thomas Schenk
        Vorsitzender des VGFA und Professor an der HTW Berlin, Studiengang
        Restaurierung/Grabungstechnik

11.30   Dr. Dieter Bischop
        Neue Ergebnisse der Stadtarchäologie in Bremen

12.00   Jan Geidner
        Die Ausgrabungen an der Harburger Schloßstraße in Hamburg-Harburg

12.30   Mittagspause

14.00   Swantje Krause
        Commingled human remains – Fundsituationen in Bremen aus Sicht der Anthropologie

14.30   Karsten Klenke / Toralf Kahl
        Wasser, Wasser, Wasser - Widrigkeiten bei der Spurensuche und -Sicherung im nassen Element

15.00   Andreas Rippert
        Kampfmittelräumung und Archäologie – so verschieden und doch so ähnlich

15.30   Kaffeepause

16.00   Prof. Dr. Thomas Schenk
        Feldarchäologische Projekte der HTW Berlin – Ein Rückblick auf 2018-2019

16.30   Arie Kai-Browne
        Zur Dokumentation von stratigraphischen Einheiten – Die Ausgrabungen der endbronzezeitlichen
        Siedlung Los Castillejos de Alcorrín

17.00   Bernhard Ludwig
        Vom Feldbuchrahmen zum Tablet: Digitale Survey-Dokumentation in Pergamon (Türkei)

17.30   Katharina Schaller
        Die nie gebaute Burg – eine Baustelle aus dem 13. Jahrhundert als interdisziplinäres
        Anwendungsbeispiel minimaler Eingriffmethoden

20.00   Abendempfang (Haus Atlantis)

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Donnerstag 23.04.2020
8.00    Öffnung des Tagungsbüros

9.00    Rudi Dortangs
        Grabungsrichtlinien … Na und!? Erfahrungsbericht zur Erstellung und
        Einhaltung von Grabungsrichtlinien

9.30    Anja Sbrzesny
        Daten ante portas – Archäologische Informations- und Dokumentationsverwaltung im
        Brandenburgischen Landesdenkmalamt (BLDAM)

10.00   Matthias Paulke
        Die Schusterlinie – Denkmalschutz von Relikten des 2. Weltkrieges in Luxemburg

10.30   Kaffeepause

11.00   Rolf Skrypzak
        Einfach mal in die Röhre schauen: Der Aluminium-Röhren-Verbau als Alternative in der
        archäologischen Grabungstechnik

11.30   Bastian Lischewsky
        Die Forschungsgrabung „Dinotheriensande von Eppelsheim“ – Grabungstechnik im Kontext der
        Paläontologie

12.00   Dr. Tim Schüler
        Abenteuer Paläolithgrabung – Die Herausforderungen der Grabung Ilsenhöhle in Ranis, Thüringen

12.30   Mittagspause

14.00   Margit Dauner
        Zwei komplexe Stadtkerngrabungen im mittelalterlichen Basel aus grabungstechnischer Perspektive

14.30   Andreas König
        Das mittelalterliche Büches

15.00   Riza Smani
        Erkenntnisgewinn contra Aufwand: Vor und Nachteile einer Reliefgrabung am Beispiel
        hochmittelalterlicher Erdkeller in der rheinischen Lössbörde

15.30   Kaffeepause

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16.00   Dr. Philip Lüth
        Neue Perspektiven auf die Privatwirtschaftliche Archäologie

16.30   H. Bernd Fischer
        Firmenarchäologie in Baden-Württemberg – ein erster Erfahrungsbericht

17.00   Karin Felke
        Profession Feldarchäologie –
        Arbeitsverhältnisse in der Grabungstechnik anno 2019

17.30   Agnes Rahm
        Tarifvertrag - Eingruppierung – Gewerkschaft

17.45   Mitgliederversammlung des VGFA mit Vorstandswahl

20.00   Abendvortrag
        Prof. Dr. Uta Halle
        Mit Spaten, Pinsel und Georadar: Die neuen Forschungen zum Schützenhof in Gröpelingen

Freitag 24.04.2020

8.00    Öffnung des Tagungsbüros

9.00    Prof. Clemens Eibner
        Hat die alte Grabungsmethode ausgedient?

9.30    Dr. Jan Schneider / Patrick Mertl
        Geomagnetische Prospektion: Eine archäologische Grauzone

10.00   Frauke Kreienbrink/
        Christoph Steinmann
        Befunderkennung und Befunderhaltung auf Ausgrabungen in Sachsen und Bayern

10.30   Kaffeepause

11.00   Dr. Regine Müller
        Wie ich das Pferd von hinten aufzäumte… ohne zu wissen, dass es ein Pferd ist

11.30   Jürgen Tzschoppe-Komainda
        Pfusch am Bau – bei den Römern? Beobachtungen an Relikten einer antiken Großbaustelle

12.00   Roman Scholz
        Keramik, Feuer, Lehm
        Rekonstruktion eines Töpferofens der Tripolje-Kultur

12.30   Mittagspause

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14.00   Hajo Höhler-Brockmann
        Digitaler Brandlehm
        mit 3D-Daten frühneolithischen Baustrukturen auf der Spur

14.30   Karina Länger
        Von Einhörnern und bösen Wölfen –
        Systematischer Umgang mit Fundmassen von parallel laufenden Großgrabungen
        (in der Firmenarchäologie)

15.00   Pière Leon Frederiks
        Rekonstruktion einer übermoorten prähistorischen Landschaft bei Wanna, Ldkr. Cuxhaven
        Ein Anwendungsbeispiel der Interpolation von räumlich verteilten Punktinformationen

15.30   Kaffeepause

16.00   Achim Schmidt
        Arbeitstitel: QGis – vom Elektrokringel zum GIS

16.30   Christof Schubert / Daniel Timmel / Thomas Linsener
        Tachymetrische Grabungsdokumentation mit Tachy2GIS und QGIS – Funktionen und erste
        Erfahrungen

17.00   Dominik Westermann
        tGIS - Echtzeitvisualisierung und Attributierung von tachymetrischen Messdaten

17.30   Cornelia Zühlsdorff
        Gewerbegebiet Kölleda / Kiebitzhöhe – eine Großgrabung im Thüringer Becken und ihre
        Dokumentation

Samstag 25.04.2020

9.00    Exkursion

ca. 14.00 Ende der Tagung

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Abstracts

Neue Ergebnisse der Stadtarchäologie                Die Ausgrabungen an der Harburger
in Bremen                                           Schloßstraße
                                                    Herausforderungen an die Grabungstechnik
Dr. Dieter Bischop                                  einer Großgrabung im Stadtkern Hamburg-
Landesarchäologie Bremen                            Harburgs
Bis auf wenige Baubeobachtungen bei den Ent-
                                                    Jan Geidner
trümmerungsarbeiten des im 2. Weltkrieg weitge-
                                                    Landesarchäologie Bremen
hend zerstörten Bremer Stadtkerns blieben ar-
chäologisch dokumentierte Altstadtgrabungen bis
                                                    Zehntausende Befunde und Funde erzählen die
in die neunziger Jahre die große Ausnahme. Frühe
                                                    Geschichte einer mittelalterlichen und neuzeit-
Highlights waren immerhin die Entdeckung und
                                                    lichen Stadtentwicklung im ehemaligen Stadtkern
anschließende Bergung der berühmten Bremer
                                                    von Hamburg-Harburg. Die in den Jahren 2012
Kogge 1962 und die Ausgrabungen im Bremer
                                                    bis 2014 durchgeführten archäologischen Aus-
Dom 1973-76, die neben Spuren der Vorgänger-
                                                    grabungen in der Harburger Schloßstraße stellten
bauten gute erhaltene Bischofsgräber zu Tage er-
                                                    die Grabungsmannschaft des Archäologischen
brachten.
                                                    Museums Hamburg vor ganz besondere Heraus-
                                                    forderungen. Viel Geld vs. wenig Zeit. Welche gra-
Eigentliche Stadtkernarchäologie ist erst mit Be-
                                                    bungstechnischen Methoden wurden angewandt,
ginn der 90er Jahre in Bremen präsent. Seit den
                                                    um ganzjährige Ausgrabungen zu gewährleisten?
letzten 20 Jahren konnten vermehrt umfangreiche
                                                    Wasser von oben und Wasser von unten… Wie
archäologische Stadtkerngrabungen vorgenom-
                                                    schafft man langfristig Flächen zur Dokumentati-
men werden, die dazu beitragen, ein immer detail-
                                                    on im Feuchtbodenmilieu? Was ist mit Arbeits-
reicheres Bild der Siedlungsgeschichte Bremens
                                                    schutz auf der Grabung? Welche Dokumentati-
zu erhalten. Sie erbrachten besonders über die
                                                    onsmethoden wurden eingesetzt um umfassende
Gestalt des mittelalterlichen Hafens an Balge und
                                                    und moderne Datenerhebung zu schaffen? Apro-
Weser zahlreiche Informationen. Sowohl Binnen-
                                                    pos Umgang mit Grabungsdaten: Welche Anfor-
schiffe, als auch hochseetüchtige Schiffe konnten
                                                    derungen wurden an die Aufbereitung, Weiterver-
an verschiedenen Stellen der Weser entdeckt
                                                    arbeitung und Archivierung der Dokumentation
werden und sind mit immer wieder auftau-
                                                    gesetzt? Und was ist mit all den Funden? Proble-
chenden Importfunden Zeugnis für die weit-
                                                    me, Lösungen, Kompromisse und viele offene
reichenden Verbindungen der Hansestadt.
                                                    Fragen. Der Vortrag soll anschaulich den Alltag ei-
                                                    ner Großgrabung im Umgang mit Funden und
Erstmalig nach dem Krieg wurde 2001 wieder die
                                                    Daten während und nach der Ausgrabung veran-
frühmittelalterliche Domburgbefestigung mit ih-
                                                    schaulichen.
rem Spitzgraben nachgewiesen. Mittelalterliche
und frühneuzeitliche Stadtmauerreste und Türme
bzw. Bastionen konnten in den letzten Jahren
ebenso dokumentiert werden, wie schlaglichtartig
die verschiedenen Altstadtfriedhöfe.

Im Focus von Bauinvestoren steht seit geraumer
Zeit das Stephaniviertel im Westen der Altstadt.
Seine siedlungsgeschichtliche Entwicklung, be-
ginnend mit der älteren vorrömischen Eisenzeit,
wird mittlerweile durch die Ergebnisse sowohl
von bauvorgreifenden, als auch baubegleitenden
archäologischen Ausgrabungen immer klarer.

                                                                                          9
Commingled human remains                             Wasser, Wasser, Wasser
Fundsituationen in Bremen aus Sicht der              Widrigkeiten bei der Spurensuche und
Anthropologie                                        -sicherung im nassen Element

Swantje Krause                                       Karsten Klenke / Toralf Kahl
Freiberufliche Osteoanthropologin                    Bundeskriminalamt

Die Landesarchäologie Bremen sieht sich bei          Im Rahmen der Aufarbeitung eines „Cold Case“
Ausgrabungen in der Bremer Altstadt im Bereich       (seit 1993 vermisste Frau) der Bremer Mord-
der ehemaligen Stadtfriedhöfe häufig mit sekun-      kommission unterstützte die Tatortgruppe des
där verlagertem Skelettmaterial konfrontiert. Auch   BKA bei der Suche nach einer Leiche bzw. einer
wenn die individuelle Zusammengehörigkeit der        Tatwaffe. Das Suchgebiet, grundsätzlich geprägt
oft aus Langknochen und Schädeln bestehenden         von Wiesen, Deichen und Schafen, befand sich
Knochenansammlungen begrenzt ist, sind derarti-      nördlich von Bremen in einem künstlich angeleg-
ge Funde interessant und liefern Informationen       ten „See“ (260m x 80m). Auch der unter dem Was-
und Erkenntnisse über die Lebensumstände der         ser befindliche Schlamm/Schlick sollte das Auf-
Menschen des Bremer Mittelalters und der Frü-        finden der gesuchten Gegenstände nicht unwe-
hen Neuzeit. Neben der Osteometrie stellt auch       sentlich beeinflussen.
die Erfassung krankhafter Veränderungen und
Verletzungen an den Knochenfunden einen Aus-
wertungsweg dar, anhand dessen sich Basisdaten
erheben und bestimmte Belastungsmuster inner-
halb der Populationen erkennen lassen. Werden
diese biologischen Daten anschließend mit histo-
rischen Aufzeichnungen und Ereignissen in Rela-
tion gesetzt, erschließt sich der Archäologie ein
Teil der Bremer Bevölkerungsgeschichte. Im Vor-
trag werden hierzu Ergebnisse aus den Stadt-
grabungen um die innerstädtischen Kirchen vor-
gestellt.

                                                                                       10
Kampfmittelräumung und Archäologie                  Feldarchäologische Projekte der HTW
– so verschieden und doch so ähnlich                Berlin: Ein Rückblick auf 2018-2019

Andreas Rippert                                     Prof. Dr. Thomas Schenk
Polizei Bremen, Leiter Kampfmittelräumdienst        Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

Archäologische Grabungen in kampfmittelbelas-       Der Studienschwerpunkt Grabungstechnik-Feld-
teten Gebieten können zu Funden von Bomben,         archäologie in Berlin führt regelmäßig im Rahmen
Granaten, Panzerfäusten und anderen Kampf-          der Lehre kleinere Grabungs- und Prospektions-
mitteln führen. Genauso gut können archäolo-        projekte durch. Der Vortrag will einen Überblick
gische Artefakte bei der Suche nach Kampfmitteln    geben zu den Aktivitäten der letzten zwei Jahre.
gefunden werden. Im Vortrag wird Ihnen die Ar-      Hierzu zählen beispielsweise verschiedene Maß-
beit des Kampfmittelräumdienstes Bremen näher       nahmen in Brandenburg, wie die Grabungen auf
gebracht, es werden die am häufigsten anzutref-     dem mittelsteinzeitlichen Bestattungsplatz bei
fenden Kampfmittel gezeigt und es wird dargelegt,   Groß Fredenwalde, oder weitere Untersuchungen
wie Archäologie und Kampfmittelräumung in Bre-      auf dem mehrphasigen Siedlungsplatz Gortz im
men Hand in Hand arbeiten.                          Havelland. Darüber hinaus ist unser Studiengang
                                                    an internationalen Forschungsvorhaben und Ko-
                                                    operationen beteiligt. Ein kurzer Einblick zeigt
                                                    den Fortgang der Arbeiten auf der antiken Stadt-
                                                    anlage Seleukeia Sidera in der Türkei. Doch auch
                                                    auf dem afrikanischen Kontinent, genauer gesagt
                                                    in Äthiopien, bieten sich für die Zukunft ver-
                                                    schiedene Möglichkeiten sich feldarchäologisch
                                                    zu engagieren. Ein erster Survey in der Region Ti-
                                                    grai lässt das archäologische Potenzial in der
                                                    noch wenig erforschten Gegend erahnen.

                                                                                        11
Zur Dokumentation von stratigraphi-                   Vom Feldbuchrahmen zum Tablet
schen Einheiten                                       Digitale Survey-Dokumentation in Perga-
Die Ausgrabungen der endbronzezeit-                   mon (Türkei)
lichen Siedlung Los Castillejos de Al-
corrín                                                Bernhard Ludwig
                                                      Deutsches Archäologisches Institut
Arie Kai-Browne
                                                      Die archäologischen Befunde im Umland der an-
Deutsches Archäologisches Institut
                                                      tiken Metropole Pergamon geraten durch den ra-
                                                      piden Flächenverbrauch von Bergbau sowie
Seit 2006 untersucht die Abteilung Madrid des
                                                      Bahntrassen- und Autobahnbau in der Region zu-
Deutschen Archäologischen Instituts den end-
                                                      nehmend in Gefahr. In einem 2019 gestarteten
bronzezeitlichen Fundplatz Los Castillejos de Al-
                                                      und DFG-geförderten Forschungsprojekt zur
corrín in der Provinz Málaga, Spanien. Im Rahmen
                                                      „Transformation der Mikroregion Pergamon zwi-
der archäologischen Ausgrabungen sind sämtli-
                                                      schen Hellenismus und römischer Kaiserzeit“ liegt
che Befunde entsprechend ihrer stratigraphi-
                                                      ein besonderer Fokus daher auch auf der Doku-
schen Einheiten freigelegt worden. Die fachge-
                                                      mentation und Erforschung archäologischer Plät-
rechte Freilegung der Befunde stellte dabei in
                                                      ze im Umland Pergamons.
mehrfacher Hinsicht eine besondere methodische
Herausforderung dar. Oftmals war eine klare Ab-
                                                      Hierzu müssen einerseits bereits bekannte Fund-
grenzung archäologischer Schichten nur bedingt
                                                      plätze detailliert dokumentiert werden und ande-
möglich, wobei zahlreiche Faktoren wie Farbe,
                                                      rerseits muss die Landschaft auf der Suche nach
Konsistenz, Einschlüsse usw. zur Definition der
                                                      noch unbekannten Plätzen systematisch began-
jeweiligen Schichtgrenzen herangezogen wurden.
                                                      gen werden. Die Herausforderung der ersten Ge-
Zusätzlich waren gängige Formen der archäologi-
                                                      ländekampagne 2019 bestand also darin, mit ei-
schen Dokumentation, wie die Verwendung der
                                                      nem großen Team in relativ kurzer Zeit möglichst
tachymetrischen Einzelpunktmessung, nur be-
                                                      viele archäologische Fund- bzw. Fundplatzinfor-
dingt geeignet, um die eigentliche Form der je-
                                                      mationen systematisiert zu sammeln und zu ver-
weiligen Schichten zu repräsentieren.
                                                      arbeiten. Als Lösung bot sich dafür die kostenfreie
Im Laufe der Forschungsaktivitäten in Los Castil-     Android-App „ODK Collect“ an. Sie erlaubt die Er-
lejos de Alcorrín sind hunderte Freilegungs-          stellung frei definierbarer Formblätter mit deren
zustände mittels der bildbasierten 3D-Model-          Hilfe man auf mehreren Android-Geräten gleich-
lierung (Structure-from-Motion/ Multi-View Ste-       zeitig Informationen sammeln und anschließend
reo) erfasst und ausgewertet worden. In diesem        synchronisieren kann.
Vortrag soll einerseits die Integration der dreidi-
mensionalen Dokumentation in den Grabungsall-         Im Rahmen des Vortrages wird der Arbeitsablauf
tag vorgestellt und kritisch betrachtet werden. Da-   von der Definition der Formblätter über die Date-
bei soll der verwendete Arbeitsablauf, von der        nerhebung im Gelände bis hin zur Auswertung
Aufnahme bis hin zum finalen Grabungsplan, auf-       präsentiert. Außerdem werden der Einsatz zusätz-
gezeigt und mögliche Probleme erläutert werden.       licher Geräte (z.B. Handheld-GPS, DGPS, Drohne)
Abschließend soll das Potential sowie die me-         beschrieben sowie die Rollen weiterer Disziplinen
thodische Herangehensweise aufgezeigt werden,         (z.B. Geophysik, Physische Geographie, Alte Ge-
virtuelle Schichtmodelle aus den Aufnahmen ab-        schichte) innerhalb des Surveys beleuchtet.
zuleiten, um diese für die weitere wissenschaftli-
che Auswertung heranzuziehen.

                                                                                           12
Die nie gebaute Burg                                   Grabungsrichtlinien … Na und!?
Eine Baustelle aus dem 13. Jahrhundert                 Erfahrungsbericht zur Erstellung und
als interdisziplinäres Anwendungsbeispiel              Einhaltung von Grabungsrichtlinien
minimaler Eingriffmethoden
                                                       Rudi Dortangs
Katharina Schaller                                     LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland

Die Im frühen 13. Jahrhundert kam es zu einem          Die Grabungsrichtlinien des LVR-ABR wurden im
Konflikt zwischen dem amtierenden Bischof Kon-         großen Stil überarbeitet. Hierbei mussten diverse
rad von Regensburg und dem weltlichen Herr-            in- und externe Wünsche und Vorgaben beachtet
scher Herzog Ludwig. Letzterer beschloss darauf-       werden, was sehr viel Aufwand und Abwägung
hin, an einem strategisch wichtigen Punkt eine ei-     bedeutete. Grabungsrichtlinien haben einerseits
gene Burg errichten zu lassen. Kurz nach dem           zum Ziel, dass in guter Qualität und einheitlich
Baubeginn führte jedoch eine Vereinbarung aus          gearbeitet wird. Andererseits sollen die erhobe-
dem Jahre 1213 zur Beilegung des Konflikts und         nen Daten in eine standardisierte Form gebracht
hatte die sofortige Einstellung der Bauarbeiten an     und abgegeben werden, um eine Kontrolle und
der Burg Neuhaus zur Folge. In den Jahren              weitere Verarbeitung mit möglichst geringem
2017/18 konnte an den Überresten der Baustelle         Aufwand durchführen zu können. Bei den Digital-
eine bauforscherische Untersuchung durchge-            daten sind Importformate wichtig, damit diese
führt werden.                                          schnell in eine zentrale Datenbank überführt wer-
                                                       den können.
Die gewonnenen Erkenntnisse sind das Ergebnis
einer Symbiose aus verschiedensten fachlichen          Die Überprüfung und Verarbeitung diverser Daten
Methoden. Zum Einsatz kamen neben der Bau-             der vergangenen Jahrzehnte haben gezeigt, wie
forschung und -dokumentation gleichsam die             wichtig es ist, auf die Einhaltung der Grabungs-
Methoden der Metallprospektion, Oberflächen-           richtlinien zu achten. Generell begrüßen vor allem
surveys und Mikro-Sondagen ebenso wie die ge-          Grabungsfirmen eine Standardisierung. Einerseits
zielte Fundauswertung sowie historische Recher-        um klar zu wissen, was verlangt wird, wodurch
chen. Das Resultat gibt Aufschluss über mögliche       Nachbearbeitungen vermieden werden können.
Grundrissplanungen und teilrealisierte Bestand-        Andererseits führen vergleichbare Leistungen bei
teile der Burg.                                        Angebotskalkulationen zu einer ehrlicheren Kon-
                                                       kurrenz. Richtlinien bedeuten aber teilweise auch
Darüber hinaus bietet die seltene Gelegenheit zur      mehr Arbeit beim Graben und Dokumentieren, als
Untersuchung einer unangetasteten mittelalter-         man eventuell zunächst durchführen möchte. Der
lichen Baustelle die einzigartige Chance, die Ver-     Aufwand eines solchen Arbeitsprozesses lohnt
fahrensabläufe einer solchen Baustelle näher zu        sich aber nicht nur im Hinblick auf der Qualität,
beleuchten. Dabei wurden diverse Aspekte be-           die heutigen Datenmengen sind sonst nicht mehr
rücksichtigt: die Vorbereitung des Terrains, die Si-   zu bewältigen.
cherung des Ortes, die Anlage von Werkstätten
und Zugängen ebenso wie Fragen der Material-           Die Durchsetzung von Grabungsrichtlinien kostet
beschaffung und des finanziellen und physischen        viel Mühe. Gewohnte Arbeitsabläufe und Struktu-
Aufwandes. Befunde am Mauerwerk konnten zur            ren müssen teilweise geändert werden. Dabei ist
Verdeutlichung konstruktiver und fortifikato-          es über die Jahre immer mehr zu einer konstrukti-
rischer Aspekte herangezogen werden während            ven Zusammenarbeit aller Beteiligten mit Nach-
einige Bauteile und auch Fundgegenstände zu            frage und Beratung gekommen. Dieser Beitrag
weiterführenden Fragestellungen anregen.               berichtet, anhand konkreter Beispiele, über die
                                                       gesammelten Erfahrungen beim Prozess der Er-
                                                       stellung der Grabungsrichtlinien und zur Einhal-
                                                       tung dieser.

                                                                                           13
Daten ante portas
Archäologische Informations- und Doku-
mentationsverwaltung im Brandenburgi-
schen Landesdenkmalamt (BLDAM)

Anja Sbrzesny
Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpfle-
ge und Archäologisches Landesmuseum

Das Archäologischen Informations- und Doku-           Fund- und Befundebene. Diese Bestände werde
mentationszentrum (AIDZ) des brandenburgi-            über BLDAM-kvwmap vielmehr verwaltet, können
schen Landesdenkmalamtes (BLDAM) erfasst, be-         darüber zeitnah lokalisiert und zusätzlich bereit-
arbeitet und verwahrt in mehr als 2600 Ortsakten      gestellt werden.
sowie knapp 135000 Ausgrabungsdokumen-
tationen das „archäologische Gedächtnis“ Bran-        In Zeiten einer zunehmend digital arbeitenden
denburgs. Einer der wichtigsten Aufgabe des           Archäologie und Grabungstechnik sieht sich auch
AIDZ ist es, die in den Unterlagen enthaltenen In-    das AIDZ immer mehr mit neuen Datenmedien
formationen in analoger, aber auch in digitaler       konfrontiert, die es gilt den Nutzern nicht nur zu-
Form den Mitarbeitern des Denkmalamtes sowie          gänglich zu machen, sondern auch über einen
externen Nutzern, wie Grabungsfirmen und For-         längeren Zeitraum überhaupt lesbar zu erhalten.
schern für die alltägliche Sach- bzw. Recherchear-    Die Vielzahl an verschiedenen Programmanwen-
beit zur Verfügung zu stellen. Die digitalen Daten-   dungen, Dateiformaten und anwachsende Datei-
bestände werden dabei in der Oberfläche eines         größen bedürfen dabei einer fortwährenden und
eigens dafür im Intranet eingerichteten Fachin-       vor allem kritischen Auseinandersetzung sowie –
formationssystems verwaltet, der WebGIS –An-          notwendigerweise – der Anpassung von Ausgra-
wendung „BLDAM-kvwmap“ von der Firma GDI-             bungsrichtlinien.
Geodatenservice (www.gdi-service.de). Teilauszü-
ge dieser Daten sind im Internet über den Infra-
strukturknoten des Landesdenkmalamtes sowie
über das BLDAM-Geoportal öffentlich zugänglich.

Bei der BLDAM-kvwmap-Anwendung der Firma
GDI-Geodatenservice handelt es sich um ein
WebGIS-Framework das sich aus verschiedenen
Open-Source-Komponenten wie PostgreSQL,
MySQL, UMN-MapServer, PostGIS und OGR zu-
sammensetzt. Es vereint digitale Kartenwerke mit
einer netzwerkbasierten Sach- und Geodaten-
bank in einer anwenderfreundlichen GIS-Ober-
fläche. Es wurde im Rahmen des durch den Eu-
ropäischen Fonds für Regionale Entwicklungen
(EFRE) geförderten Infrastrukturknoten des
BLDAM von der Firma GDI-Geodatenservice (Ro-
stock) nach facharchäologischen Vorgaben modi-
fiziert und verknüpft alle vorliegenden Informatio-
nen des AIDZ. Nicht alle verfügbaren Datenbe-
stände werden dabei vollständig in die Datenbank
eingespeist, wie z.B. Ausgrabungsdaten bis in die

                                                                                          14
Die Schusterlinie                                    Einfach mal in die Röhre schauen
Denkmalschutz von Relikten des 2. Welt-              Der Aluminium-Röhren-Verbau als Alter-
krieges in Luxemburg                                 native in der archäologischen Grabungs-
                                                     technik
Matthias Paulke
Centre national de recherche archéologique,          Rolf Skrypzak
Luxembourg                                           Denkmalamt der Stadt Frankfurt

Der Westwall oder die Maginotlinie dürften auch      Brunnen und vergleichbar tiefe Befunde stellen
über 80 Jahre nach Beginn des 2. Weltkrieges ei-     die Archäologie immer wieder vor grabungs-
nem großen Teil der Bevölkerung ein Begriff sein.    technische Herausforderungen. Vor allem in den
Doch wie sieht es mit der K-W-Linie in Belgien       beengten Verhältnissen von Innenstädten kann
oder der Schusterlinie in Luxemburg aus? Bereits     das Anlegen der vorschriftsmäßigen Böschungen
seit einigen Jahren beschäftigt man sich in zahl-    schwierig sein. Übliche Verbautechniken, die dem
reichen europäischen Ländern vermehrt mit den        Kanal- oder Tiefbau entlehnt sind, sind meist
Relikten unserer jüngsten Vergangenheit. Die un-     schwer, unhandlich und insbesondere der foto-
heilvolle Zeit des „Dritten Reichs“ und des Zwei-    grafischen Dokumentation im Weg.
ten Weltkriegs gilt als abgeschlossene historische
Epoche, die daher auch mit archäologischen Me-       Eine wenig bekannte Technik, die bei der Kampf-
thoden dokumentiert muss, um so unser Wissen         mittelbergung in Innenstädten eingesetzt wird
zu erweitern.                                        und von der Bodendenkmalpflege der Stadt
                                                     Frankfurt am Main auf einer ihrer Ausgrabungen
Auch im neutralen Großherzogtum Luxemburg            getestet wurde, soll in diesem Vortrag näher vor-
bereitete man sich nach der Kriegserklärung an       gestellt werden.
Frankreich und Großbritannien im September
1939 auf eine deutsche Invasion vor. Hierzu ließ
die Regierung ab Februar 1940 eine Verteidi-
gungslinie entlang der deutschen und der franzö-
sischen Grenze errichten. Diese sog. Schusterlinie
bestand aus 41 Betonsperren und Eisentoren,
hierzu zählten Brücken- und Straßensperren ent-
lang der deutschen und französischen Grenze. Die
Straßensperren befanden sich rund einen Kilo-
meter im Landesinneren.

Bis zum Sommer 2019 herrschte im Nationalen
Forschungszentrum für Archäologie die Meinung
vor, dass die Überreste der Schusterlinie z.T.
schon zu Beginn des Krieges durch die deutschen
Invasionstruppen oder unmittelbar danach, in den
Nachkriegsjahren zerstört und entfernt wurden.
Durch den Hinweis eines Kollegen konnte im
Zuge der Denkmalinventarisierung unweit der
Gemeinde Hosingen der Überrest einer Straßen-
blockade der sog. Schusterlinie wiederentdeckt
und archäologisch dokumentiert werden. Zusam-
men mit den spärlichen und z.T. widersprüchli-
chen Schriftquellen liegt damit erstmals eine wis-
senschaftliche Dokumentation dieses für Luxem-
burg singulären Denkmals vor.

                                                                                        15
Die Forschungsgrabung „Dinotherien-
sande von Eppelsheim“ – Grabungs-
technik im Kontext der Paläontologie

Bastian Lischewsky
Naturhistorisches Museum Mainz / Landes-
sammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz

Bereits im späten 18. aber insbesondere zu Be-       Die Dokumentation der Grabungsstelle hat sich in
ginn des 19. Jahrhunderts wurden in Eppelsheim       den Vergangenen hundert Jahren stetig weiter-
die ersten aufsehenerregenden Fossilfunde ge-        entwickelt. Stets mit dem Anspruch der jeweiligen
macht. Die Fossilentdeckungen wurden in vielen       „Epoche“ ein Optimum an Daten aus dem abge-
Gemeinden in Rheinhessen in den unmittelbar          bauten Sediment zu gewinnen. An dieser Stelle
angrenzenden Sandgruben gemacht. Dem Ep-             möchte ich auf die Grabungsdokumentation ein-
pelsheimer Pfarrer Pauli ist es zu verdanken, dass   gehen und das Projekt an Beispielen der letzten
einige Stücke nach Darmstadt an das Groß-            Grabungssaison noch einmal vorstellen. Dabei
herzogliche Naturalienkabinett und damit in die      gehe ich auf die Primatenzähne und sonstige
Hände von Johann Jakob Kaup gelangten. Kaup          Fauna bzw. das Fundspektrum ein. Es folgt ein
beschrieb zusammen mit seinem Gießener Kolle-        Überblick über den Grabungsablauf:
gen August von Klipstein viele der in Eppelsheim
gefundenen Fossilien. Besondere Aufmerk-                 •   Metashape: Was, wofür, Objekte und
samkeit erregte der Fund eines Dinotheri-                    Grabung
en-Schädels im Jahr 1835.                                •   Luftbild-Cloudcompare: Dokumentation
                                                             der Geländeveränderung (Erosion und
Für eine wissenschaftliche Bearbeitung wurde                 Grabungseingriffe)
1996 eine neue Eppelsheimer Sandgrube durch              •   Zeichnen
Dr. Jens Lorenz Franzen und Dr. Gerhard Storch           •   Beschreiben
vom Frankfurter Forschungsinstitut Senckenberg           •   Fotodokumentation
erschlossen. Seit 1999 unterstützt das Natur-
                                                         •   Vermessung, Messnetz, System etc.
historische Museum Mainz sowie die Landes-
                                                         •   Quadrantensystem
sammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz, unter
Leitung von Dr. Herbert Lutz, diese Grabung fi-          •   Wasserhaltung
nanziell und führt diese seit 2001 autark fort.
Nachdem 2016 zwei „interessante“ Zahnfunde           Ein Ausblick auf geplante Arbeiten und ein Re-
das Fundspektrum bereicherten, gibt es seit 2017     sumé bzw. Vergleich zur archäologischen Arbeit
zudem einen Kooperationsvertrag zwischen der         beenden den Vortrag dann..
„Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-
Pfalz“. Ziel ist und war, neben der Bergung von
Fossilien, einen kompletten Transekt durch das
an dieser Stelle verortete ehemalige Flussbett an-
zulegen und zu dokumentieren.

Beteiligt sind Wissenschaftler und Wissen-
schaftlerinnen aus dem In- und Ausland, sowie
Studierende, Präparatoren und Museumstech-
nische Assistent/innen, Bundesfreiwillige und
Teilnehmer des freiwilligen sozialen Jahres.

                                                                                        16
Abenteuer Paläolithgrabung                            Zwei komplexe Stadtkerngrabungen im
Die Herausforderungen der Grabung                     mittelalterlichen Basel aus grabungs-
Ilsenhöhle in Ranis, Thüringen                        technischer Perspektive

Dr. Tim Schüler                                       Margit Dauner
Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und         Archäologische Bodenforschung Basel Stadt
Archäologie Weimar
                                                      1937 wurde beim Bau des Verwaltungsgebäudes
Die Ilsenhöhle in Ranis ist bekannt für die Blatt-    für das Justizdepartement eine mittelalterliche
spitzen, die bei der Grabung von Werner Hülle         Handwerkersiedlung mit Feuchtbodenerhaltung
1932-38 geborgen wurden. Die mit diesem Stein-        (Holzbau) untersucht und dokumentiert. Seit 2017
geräte-Invertar verbundene Diskussion des Über-       wird dieses Gebäude umgebaut und saniert. Dabei
gangs vom Neandertaler zu anatomisch moder-           wird die Autoeinstellhalle abgetieft. Da diese Hori-
nen Menschen ist durch den Einsatz modernen           zonte damals nicht ergraben wurden, war eine
Technologien wieder intensiviert. Deshalb ent-        zwölfmonatige Ausgrabung von ca. 420m² mit ei-
stand die Idee der Nachuntersuchung in einem          nem Team von 15 Mitarbeitern erforderlich. Holz-
Kooperationsprojekt zwischen Max-Planck-Insti-        strukturen und Hölzer waren durch die 1937 er-
tut in Leipzig und dem TLDA in Weimar. Die erste      richtete Hangstützmauer und Entwässerung mit-
Herausforderung war dabei, noch intakte Fund-         tels permanent laufender Pumpe nur noch
schichten zu lokalisieren, da die Fundstelle 1939     schlecht erhalten. Dennoch konnten während der
komplett einplaniert und für den öffentlichen Be-     Rettungsgrabung Schichtabfolgen von neuzeitli-
such zugänglich gemacht wurde. Die nächste            chen Steinbauten bis auf römische Horizonte do-
Herausforderung war dann, ein Aushubregime zu         kumentiert werden. Die Abtiefung der Halle be-
finden, dass mit den stark begrenzten Platzbedin-     dingte verschiedene statische Maßnahmen von-
gungen zurechtkommt. Im Laufe der Grabung             seiten Bau und Archäologie.
stellte sich heraus, dass die interessanten Schich-
ten in über 5m Tiefe zu erwarten sind. Deshalb        Auf der gegenüberliegenden Strassenseite wurde
musste das Sicherungssystem der Grabung darauf        in direktem Anschluss an den Umbau des Justiz-
angepasst werden und auch die Vermessung be-          departements eine Baugrube mit ca. 150m² für
nötigte besondere Konstruktionen. Die hierbei         den Neubau des „Amtes für Umwelt- und Ener-
gefundenen Lösungen der großen und kleineren          gie“ in einem etwas kleineren Team von insge-
Herausforderungen sollen im Vortrag vorgestellt       samt 11 Mitarbeitern über 6.5 Monate untersucht.
werden.                                               Dort wurden auf engstem Raum neuzeitliche
                                                      Steinbauten und Horizonte mit Holzbebauung bis
                                                      ins 9. Jh. ergraben.

                                                      Eine Bossenquadermauer aus dem 13. Jh. wurde,
                                                      auf Vorschlag der Kommission für Bodenfunde,
                                                      parallel zu der Ausgrabung von dem Architektur-
                                                      büro und den Generalplanern in das Neubaupro-
                                                      jekt integriert. Bedingt durch die aufgehenden
                                                      Mauerwerke und die dazwischenliegenden kom-
                                                      plexen Befundsituationen, mussten die Mauern
                                                      von Hand abgetragen und aus der Baugrube ge-
                                                      bracht werden. Am Ende der Ausgrabung wies die
                                                      Sohle der Baugrube einen Niveau-Unterschied
                                                      von ca. 6.30m zum heutigen Strassenniveau auf.

                                                                                           17
Das mittelalterliche Büches                         Erkenntnisgewinn contra Aufwand: Vor
                                                    und Nachteile einer Reliefgrabung am
Andreas König                                       Beispiel hochmittelalterlicher Erdkeller
SPAU, Rockenberg
                                                    in der rheinischen Lössbörde
Der Vortrag stellt die Grabung im Bereich einer
                                                    Riza Smani
mittelalterlichen Siedlung bei Büches (Büdingen)
in Hessen vor. Im Rahmen der Grabung konnten        LVR Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
drei Hausstellen, einige Bestattungen und Uferbe-
                                                    Auf einem Grundstück in der zentralen Ortslage
festigungen erfasst werden. Bei den nachgewie-
                                                    von Erftstadt-Erp, Rhein-Erft-Kreis, wurden durch
senen Strukturen handelt es sich um Erdbefunde,
                                                    ein Grabungsteam der Außenstelle Nideggen im
Steinbauten und Holzkonstruktionen. Um diese
                                                    LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
vollständig erfassen zu können musste in mehre-
                                                    mehrere weitgehend ungestörte Erdkeller ermit-
ren Plana gearbeitet werden. Zudem wurden Be-
                                                    telt und mit unterschiedlichen Methoden unter-
funde je nach Sachlage in künstlichen oder natür-
                                                    sucht. Es bot sich die Möglichkeit, einen direkten
lichen Schichten gegraben. In Teilen musste zu-
                                                    Vergleich der Ergebnisse zwischen der Kastenme-
dem im Feuchtboden gegraben werden. Im Rah-
                                                    thode und Reliefmethode unter identischen Be-
men der Ausgrabung kamen diverse Grabungs-
                                                    dingungen zu ermöglichen.
technische Praktiken und Dokumentationsme-
thoden zum Einsatz.
                                                    In meinem Vortrag werde ich die Vor- und Nach-
                                                    teile beider Methoden kontrastieren. Dabei steht
                                                    nicht so sehr das wissenschaftliche Ergebnis der
                                                    Ausgrabung im Vordergrund, sondern nur die
                                                    Grabungstechnik. Ein ausgewählter Erdkeller-Be-
                                                    fund soll dabei exemplarisch mit dem Auditorium
                                                    diskutiert werden.

                                                                                        18
Neue Perspektiven auf die Privatwirt-               Firmenarchäologie in Baden-Würtem-
schaftliche Archäologie                             berg – ein erster Erfahrungsbericht

Dr. Philip Lüth                                     H. Bernd Fischer
Archäologie & Beratung, Molfsee                     Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württem-
                                                    berg
Seit etwa 30 Jahre kommen in Deutschland bei
der Sicherung von Bodendenkmalen vermehrt           Im Sommer 2016 öffnete sind der Markt in Ba-
Grabungsfirmen zum Einsatz. Im wissenschaft-        den-Württemberg für Grabungsfirmen. Mit dieser
lichen und denkmalfachlichen Dialog spiegelt        Neuausrichtung im Grabungswesen ging ein
sich die Tätigkeit dieser Unternehmen jedoch        enormer Umbruch in der Dokumentationsme-
kaum wider. Weder wird die Arbeit dieser Unter-     thodik und der Archivierung einher. Ein Hauptan-
nehmen diskutiert, noch finden die Grabungs-        liegen war, eine Vereinheitlichung und Normie-
ergebnisse einen Niederschlag in der wissen-        rung der erhobenen Daten bei hohem Qualitäts-
schaftlichen Diskussion. Wie steht es also um die   standard zu gewährleisten, wobei die digitale
private Archäologie im Jahr 2020? Welche Per-       Langzeitarchivierung im Vordergrund stand. Die
spektiven ergeben sich für die Unternehmen und      Abkehr von den herkömmlichen Dokumentati-
die dort Tätigen? Welchen Chancen und Risiken       onsmethoden hin zu GIS basierter graphischer
bieten sich und welches sind die aktuellen Ent-     Darstellung sowie standardisierten Textdateien
wicklungstendenzen?                                 lassen das Ausmaß dieser Neustrukturierung
                                                    erahnen.

                                                    Als Grundlage für die Dokumentationen dienen
                                                    die Richtlinien für Grabungsfirmen und Investo-
                                                    ren, die momentan in der 3. Fassung veröffent-
                                                    licht wurden. Diese bieten genaue Zielvorgaben,
                                                    wie und in welchem Format die Daten abzugeben
                                                    sind. Sie lassen dem Ausgräber dennoch genü-
                                                    gend Spielraum bei der Erhebung und Bearbei-
                                                    tung der archäologischen Informationen.

                                                    Der Beitrag soll einen kurzen Einblick in die neu-
                                                    en Dokumentationsvorgaben und deren Umset-
                                                    zung im Feld bieten.

                                                                                        19
Profession Feldarchäologie: Arbeits-                  Öffentlicher Abendvortrag:
verhältnisse in der Grabungstechnik
anno 2019                                             Mit Spaten, Pinsel und Georadar: Die
                                                      neuen Forschungen zum Schützenhof
Karin Felke                                           in Gröpelingen
Wir betreiben Archäologie leidenschaftlich und
                                                      Prof. Dr. Uta Halle
professionell. Unser Beruf fordert viel von uns,
                                                      Leiterin der Landesarchäologie Bremen
fachlich und persönlich. Dabei stellt sich die Fra-
ge: unter welchen Bedingungen arbeiten wir?
                                                      Im April 1945, d.h. genau vor 75 Jahren, entstand
Im Vortrag werden die derzeitigen Arbeitsverhält-
                                                      in Bremen-Gröpelingen, Bromberger Straße 117
nisse im Beruf Grabungstechnik untersucht. Dafür
                                                      das Außenlager „Schützenhof“ des KZs Neuen-
werden die Ergebnisse der Umfrage des Rund-
                                                      gamme mit mehreren Baracken. Rund 700 KZ-
briefs Grabungstechnik zur Situation der Techni-
                                                      Häftlingen mussten bei der A.G. Weser arbeiten
ker_innen sowie der DGUF-Umfrage zur Arbeits-
                                                      und durchquerten zweimal täglich den Stadtteil.
situation in der Archäologie ausgewertet.
                                                      Anfang April 1945 wurden die KZ-Häftlinge auf
                                                      den Todesmarsch zurück ins Stammlager Neuen-
                                                      gamme geschickt.

                                                      Das Gelände des Schützenhofs besitzt eine span-
                                                      nende Geschichte davor und danach. 1907 er-
                                                      richtete die Bremer Schützengilde von 1904 e.V.
                                                      dort eine Schießanlage und eine Gaststätte, der
                                                      „Schützenhof“ war fortan Ausflugsort. 1939/1940
                                                      diente er kurzzeitig als Internierungslager für in-
                                                      dische Seeleute, dann als Sammelort für Sinti-
                                                      und Romafamilien, anschließend als Lager für zi-
                                                      vile Zwangsarbeiter. Nach der Zerstörung der
                                                      Schützenhof-Gebäude im Oktober 1943 wurden
                                                      Ende 1944 Baracken für das KZ-Außenlager er-
                                                      richtet.

                                                      Nach 1945 zogen Mitarbeiter der A.G. Weser und
                                                      die Schützengilde in die Baracken; die Geschichte
                                                      der Lager geriet jedoch bis Anfang der 2000er
                                                      Jahre weitestgehend in Vergessenheit. Bürger-
                                                      schaftliches Engagement im Stadtteil verhinderte
                                                      aber das vollständige Vergessen dieses Ortes.
                                                      2018 setzten eine archäologische Lehrgrabung
                                                      und ein Geschichtsseminar an der Universität
                                                      Bremen neue Impulse für die Erforschung des
                                                      Ortes und förderten bislang unbekannte histori-
                                                      sche, archäologische und geophysikalische Er-
                                                      kenntnisse zutage.

                                                                                          20
Hat die die alte Grabungsmethode aus-                Geomagnetische Prospektion: Eine ar-
gedient?                                             chäologische Grauzone

Prof. em. Clemens Eibner                             Dr. Jan Schneider
Universität Heidelberg                               SPAU, Rockenberg

Die in der Lehre verankerte und für die Studie-      Patrick Mertl
renden der einschlägigen archäologischen Fächer      Universität des Saarlandes
verpflichtende Lehrgrabung soll die Grundkennt-
nisse des Ausgrabungswesens auch praktisch           Zur Festlegung archäologischer Beauflagungen
vermitteln. Als Gymnasiast und mit interessierten    werden in Hessen verstärkt geophysikalische Pro-
Laien bei Fundbergungen (die manchmal zu Ret-        spektionen gefordert, um über weitere Untersu-
tungsgrabungen führten) vor 60 Jahren eingesetzt,    chungen entscheiden zu können. Die Firma SPAU
wurde die Lehrgrabung zum zentralen Thema der        hat in Kooperation mit AEGIS seit 2016 über
Rettung und Sicherung unserer Quellen. Fund-         zwanzig geomagnetische Prospektionen durchge-
stellen im Hochgebirge aber auch in der Löss-        führt. Mehr als die Hälfte der Untersuchungsflä-
landschaft oder unter Feuchtbodenbedingungen         chen wurden im Anschluss durch SPAU ganz oder
führten zu einem Rüstzeug, das fernab von den        teilweise ergraben. Die seltene Chance nach einer
hervorragenden modernen dreidimensional do-          durchgeführten Prospektion zeitnah selbst die
kumentierenden Geräten noch immer die Grund-         Ausgrabungen durchführen zu können, bietet
lage der einfachsten Bergungen sein könnte.          eine dankbare Vergleichsgrundlage beider Unter-
                                                     suchungsmethoden. Auf dieser Datengrundbasis
Im Referat werden diese einfachen Hilfsmittel an-    haben die Vortragenden einen Vergleich ver-
gesprochen und vorgestellt angefangen von der        schiedener Prospektions- und Grabungsergeb-
Bierdosen-Schlauchwaage bis zum Archäologen-         nisse durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass
pythagoras mit dem Quadrate mit hoher Sicher-        die Verlässlichkeit der geophysikalischen Pros-
heit ausgesteckt werden können (Kathete 99, Hy-      pektion stark von den lokalen Gegebenheiten,
pothenuse 140). Der Vorzug der Dokumentation         insbesondere den Bodenverhältnissen, beein-
auf mm-Papier mit der Notwendigkeit die Schich-      flusst wird. Im Vortrag können zum einen statisti-
ten auch haptisch zu beschreiben und zu unter-       sche Auswertungen zur „Trefferquote“ und den
scheiden (z.B. solche, die mit dem Metalldedektor    Ursachen für starke Schwankungen der unter-
von gleichgefärbten Schichten unterschieden          suchten Projekte vorgestellt werden. Zum ande-
werden können) sollten auch in Zukunft zumin-        ren können einzelne Projekte mit ganz unter-
dest im Hinterkopf behalten werden, z.T. sogar als   schiedlichen Ergebnissen gegenübergestellt wer-
Korrektur für nur bildmäßig erfasste Strukturen.     den, um die grundsätzliche Problematik zu ver-
                                                     deutlichen.

                                                     Es soll in dem Vortrag ausdrücklich nicht darum
                                                     gehen, den Sinn geophysikalischer Prospektion in
                                                     Zweifel zu ziehen. Im Gegenteil sollen die ge-
                                                     machten Erfahrungen im Vergleich von Prospek-
                                                     tionsergebnissen und der Befundlage in den an-
                                                     schließenden Ausgrabungen geteilt werden und
                                                     mögliche Gründe für die teils starken Abweichun-
                                                     gen vorgestellt werden.

                                                                                         21
Ten Years After                                      Wie ich das Pferd von hinten aufzäum-
Befunderkennung und Befunderhaltung                  te… ohne zu wissen, dass es ein Pferd
auf Ausgrabungen in Sachsen und Bay-                 ist
ern
                                                     Dr. Regine Müller
Frauke Kreienbrink                                   Archäologie im Gleiberger Land e.V. und
Landesamt für Archäologie Sachsen                    SPAU, Rockenberg

Dr. Christoph Steinmann                              Während der Jahre 2015-2018 fanden auf dem
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege              eisenzeitlichen Oppidum des Dünsbergs in Folge
                                                     forstwirtschaftlicher Aktivitäten archäologische
Nur selten bekommt man die Chance, Befund-           Untersuchungen statt.
erkennung und Befunderhaltung relativ zeitnah
zu überprüfen. Hat man Fundstellen und Befunde       Die angetroffene Befundsituation erwies sich als
(richtig) erkannt? Welche Rolle spielen Boden-       deutlich komplexer, als anhand vorangegangener
und Witterungsbedingungen? Ist jeweils richtig       Grabungskampagnen angenommen, so dass die
gebaggert worden? Welche Einflüsse hatten Vor-       Vorgehensweise, bzw. das Grabungssystem fast
gänge vor den eigentlichen archäologischen Ar-       täglich neu überdacht und angepasst werden
beiten? Was kann oder muss man in einem „ei-         musste.
gentlich bekannten Kontext“ erwarten? Einige ak-
tuelle Beispiele aus Sachsen und Bayern erwei-       Die Grabungen gestalteten sich nicht nur auf-
tern das Thema „konservatorische Überdeckung“        grund dieser Befundsituation als Heraus-
bekannter Befunde auf jenen Bereich noch unbe-       forderung, sondern auch dadurch, dass es sich
kannter Befunde. Was ist vor dem Hintergrund ei-     um eine rein ehrenamtliche, durch Spenden und
gentlich bekannter Fundumstände zu erwarten?         Sponsoren geförderte Maßnahme handelte, deren
Wie verlässlich sind Vorhersagen zu den zu er-       jeweilige Kampagnen einen Zeitraum von vier
wartenden Situationen? Was ist, wenn diese nicht     Wochen nie überschritten.
zutreffen, in den zehn Jahren – oder auch nur
zehn Tagen – zwischen zwei Untersuchungen
passiert?

Das Schicksal (einer Fundstelle) ist ein mieser
Verräter. Die präsentierten Grabungen sollen allen
in der in der Praxis Tätigen verdeutlichen, dass
manche Fallstricke vermeidbar sind. Auf bestimm-
te Faktoren rezenter Fundstellenmetamorphose
kann man aktiv Einfluss nehmen, auf andere muss
man durch angepasste Methoden reagieren. Der
Vortrag versucht, Praxistipps für die Grabungs-
technik zu geben, die von der Prognose im Vor-
feld über die Ausführung vor Ort bis hin zur Beur-
teilung der Fundstellen im Nachgang reichen.

                                                                                        22
Pfusch am Bau – bei den Römern?                       Keramik, Feuer, Lehm
Beobachtungen an Relikten einer antiken               Rekonstruktion eines Töpferofens der
Großbaustelle                                         Tripolje-Kultur

Jürgen Tzschoppe-Komainda                             Roman Scholz
Grabungstechniker des LVR a.D.                        Römisch Germanische Kommission

Die 94 km lange Frischwasserleitung aus der Eifel     Die Römisch-Germanische Kommission (RGK) er-
in das römische Köln (Colonia Claudia Ara Agrip-      forscht seit 2009 zusammen mit der Universität
pinensium) ist eine Meisterleistung der Planer, der   „High Anthropological School“ in Chișinău (Repu-
Vermesser und der Baumeister. An ca. zwölf Bau-       blik Moldau) und der Christian-Albrechts-Univer-
losen wurde überwiegend gleichzeitig gebaut. Die      sität Kiel die Großsiedlung am Fundplatz Stolnice-
Wasserleitung wurde als Freispiegelleitung dem        ni I (3900–3700 v. Chr.). Während der Voruntersu-
Gelände angepasst und Kunstbauten nur dort er-        chungen und den gemeinsam durchgeführten
reichtet, wo sie dem Leitungsverlauf dienlich wa-     Ausgrabungen konnten Hinweise auf 10–15 Töp-
ren. Etwa 190 Jahre war die Leitung in Funktion.      feröfen festgestellt werden, von denen bislang
Ein kürzlich ausgegrabenes Leitungsstück wirft in     drei durch Ausgrabungen nachgewiesen wurden.
Verbindung mit früheren Grabungsergebnissen           In Ergänzung zu den Feldforschungen begann di-
neue Fragen zum Bau und zum Betrieb der Lei-          rekt nach den Grabungen 2017 die Auseinander-
tung auf: Gab es Bauvorschriften für den Bau von      setzung mit dem Aufbau und der Funktionsweise
Wasserleitungen in römischer Zeit? Oder werden        derartiger Töpferöfen. In einem ersten Schritt
hier verschiedenen Bautechniken deutlich. Zeigt       sollte die Rekonstruktion der fehlenden Teile des
dies eine Anpassung an Baumaterial und Umge-          Ofentyps erfolgen. Anschließend bestand der
bung? Lässt sich der Baubetrieb ermitteln? Wurde      Wunsch, durch eine Nachbildung Feuerungs-
immer exakt nach den Vorgaben gearbeitet? Oder        und Brennversuche im Rahmen eines experimen-
dort, wo eine Kontrolle nicht mehr möglich war,       talarchäologischen Projektes durchzuführen, um
schludrig vorgegangen? Gab es schon Termin-           verschiedene Hypothesen zu überprüfen. Dafür
druck auf der Baustelle? Gab es Unterbrechungen       konnte die RGK den Verein „Die Milzener“ e. V.
in der Benutzungszeit?                                (Vierkirchen, Sachsen) und das Vorgeschichtliche
                                                      Seminar der Philipps-Universität Marburg als
Das Erfassen und die Auswertung der vielen be-        Partner gewinnen. Im Laufe von derzeit vier Ein-
obachteten Details ergibt in der Zusammenarbeit       zelprojekten konnte der Ofen rekonstruiert, ge-
von verschiedenen Fachleuten Antworten auf vie-       baut und mehrfach befeuert werden. Der Vortrag
le dieser Fragen.                                     wird den Verlauf und die Erkenntnisse dieses
                                                      Projektes vorstellen und einen Ausblick für die
                                                      Fortsetzung der Arbeiten geben.

                                                                                          23
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