Himmelblau - kirchenkreis-niederlausitz.de
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Himmelblau 1 Evangelisch in der Niederlausitz – 2020 WASSER BAUSTEIN DES LEBENS IHR MÜSST EINFACH MEHR TUN! KLIMASCHUTZ – EIN SCHNELLES ANGST UND HOFFNUNG AUF DEM Landwirte klagen gegen die HANDELN IST NOTWENDIG MITTELMEER Bundesregierung Zwei Schülerinnen organisieren die Eine Flucht aus Afrika Week-for-future
2 INHALT INHALT THEMA VOR ORT (Lausitzer Rundschau) Foto: Franziska Dorn Foto: Dirk Roßbach Foto: epd-Bild 4 IHR MÜSST EINFACH MEHR 12 WO WALD IST, IST AUCH 22 NOTIZEN AUS DEN REGIONEN TUN! WASSER Landwirte klagen gegen die Unterwegs mit Oberförster Bundesregierung Jörg Dunger aus Lübben 6 KLIMASCHUTZ – 14 ANGST UND HOFFNUNG AUF EIN SCHNELLES HANDELN IST DEM MITTELMEER NOTWENDIG Eine Flucht aus Afrika Zwei Schülerinnen organisieren die Week-for-future 15 MAN LÄSST KEINE MENSCHEN ADRESSEN ERTRINKEN. PUNKT. 8 WASSER IN DER BIBEL Ein Kommentar von 30 REGION ALTDÖBERN, CALAU, Ohne Wasser kein Leben. Das Superintendent Thomas Köhler LÜBBENAU, VETSCHAU weiß jedes Kind. 16 KINDERTAUFE - PRO & CONTRA 30 REGION DOBERLUG Buchtipp 18 FRAGEN AN PRÖPSTIN 31 REGION FINSTERWALDE 9 WIR HABEN NACHGEFRAGT: CHRISTINA-MARIA BAMMEL Wo sind Ihre Wasserlieblings- 32 REGION LÜBBEN plätze? 19 WAS GESCHIEHT MIT DER KOLLEKTE? 33 REGION LUCKAU 10 NAH AM WASSER! Was des Einen Gefahr, ist des 20 DER WEG DURCH DIE 34 REGION SENFTENBERG Anderen Rettung CORONA-KRISE von Superintendent Thomas Köhler Titelfoto: Die Kinder Maximilian, Isabella und Lorelay werden im Juni 2019 von Pfarrerin Astrid Schlüter am Gräbendorfer See getauft.
EDITORIAL 3 EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, Foto: Dietmar Seidel „Es wird die Zeit kommen, in der Trinkwasser teurer sein wird als Gold und Erdöl“, schreibt der Illustrator Frank Dommenz. Fast könnte man nach den letzten zwei Sommern und diesem Frühjahr meinen, diese Zeit sei bereits da. Bei einer Radtour durch das Tal der Unstrut im Sommer 2019 habe ich große Waldflächen gesehen, die vertrocknet waren. Wir Menschen brauchen Wasser, um Leben zu können, aber auch die Bäume, die Pflanzen und die Tiere. Und zugleich können wir nicht leben, wenn Wasser im Überfluss da ist. Die Folgen des Klimawandels zeigen sich neben der Trockenheit in immer neuen Über- schwemmungen. Wie gehen Menschen mit Wasser um? Diesem Thema widmet sich das dies- jährige Heft Himmelblau. Wie geht die Landwirtschaft mit den Veränderungen des Klimas um, wie die Förster? Wasser ist aber auch Gefahr beim Baden und Rettung, wenn es brennt. Ein Rettungsschwimmer und ein Feuerwehrmann berichten von ihrer Arbeit. Ein Geflüchteter erzählt davon, wie er dem Wasser mit großer Angst begegnet ist. Und schließlich fragen wir, wo Ihre Wasserlieb- lingsplätze sind. Ein Buch wird vorgestellt werden. Von manchen interessanten Begebenheiten in den Gemeinden des Kirchenkreises wird berichtet. Ich hoffe, dass Sie dieses Heft mit viel Freude und Gewinn lesen. Ich wünsche uns und Ihnen, dass der kommende Sommer mehr Wasser mit sich bringt und Sie so diesen Sommer genießen können und das trotz der Einschränkungen, IMPRESSUM die die COVID 19-Epidemie mit sich bringt. Herausgeber Seien Sie herzlich gegrüßt Ihr Ev. Kirchenkreis Niederlausitz Paul-Gerhardt-Str. 2, 15907 Lübben (Spreewald) Tel.: 03546 / 3122 suptur@kirchenkreis-niederlausitz.de Redaktion Thomas Köhler, Superintendent Superintendent Thomas Köhler, superintendent@kirchenkreis-niederlausitz.de Marlies Siegert, Daniel Friedrich, Franziska Dorn Erscheinungsweise einmal jährlich Auflage 23.000 Layout & Satz mapvertise agentur Fotografien & Grafiken siehe Angaben Druck Druckerei Wilkniß, Massen/Niederlausitz
4 WASSER | Ihr müsst einfach mehr tun! IHR MÜSST EINFACH MEHR TUN! Heiner Lütke Schwien- horst kam vor fast 30 Jahren aus dem Münsterland nach Brandenburg. Gemein- sam mit seinem Sohn führt er einen Biohof in Ogrosen (Oberspree- wald-Lausitz). Auf 400 Hektar Nutzfläche hält er unter anderem 120 Milchkühe. Im Hofladen gibt es Milchprodukte, Fleisch und andere Waren aus eigener Produktion. H einer Lütke Schwienhorst (63) ist seit 29 Jahren Landwirt auf Gut Ogrosen, einer ökologischen In der diesjährigen Ausgabe von Himmelblau beschäftigen wir uns mit dem Thema „Wasser“. Woran eins. Das heißt, jeder Tropfen Wasser weniger verringert direkt den Ertrag. Selbst unsere bescheidenen Ernte- Höfegemeinschaft zwischen Calau denken Sie bei dem Begriff? ziele konnten wir in den vergangenen und Altdöbern. Vor zwei Jahren Ich als Landwirt denke daran, beiden Jahren nicht erreichen. Statt- reichte er gemeinsam mit anderen das Wasser leider in den vergangen dessen hatten wir rund 30 Prozent Landwirten und unterstützt von Jahren immer mehr zu einem knappen Ertragseinbußen. Neben der wirt- Greenpeace Klage gegen die Bun- Gut geworden ist. Noch vor 10 Jahren schaftlichen Ebene hat das auch eine desregierung ein. Ihr Vorwurf: Die hatten wir damit kein Problem. Aber emotionale Ebene: Denn wenn die Politik handle zu lasch gegen den die zuletzt sehr niederschlagsarmen Natur rings um uns nicht gut gedeiht, Klimawandel. Zwar wurde die Klage Sommer bekommen wir als erstes zu ist das auch für die Seele bedrückend zurückgewiesen, doch die Familie spüren. und sorgt für schlechte Stimmung. um Heiner Lütke Schwienhorst will weiter kämpfen. Daniel Friedrich hat Wie abhängig sind Sie vom Wasser? Wieviel Wasser brauchen Sie denn mit ihm gesprochen. Total abhängig. Da wir als Bio- als Landwirt? betrieb nur wenig über die Düngung 500 bis 600 Liter pro Quadrat- steuern können, ist Wasser unser meter im Jahr wären gut, und das ertragsbegrenzender Faktor Nummer möglichst gleichmäßig verteilt. Vier
Ihr müsst einfach mehr tun! | WASSER 5 Alle Fotos dieser Doppelseite: Daniel Friedrich Wochen Trockenheit machen den Pflanzen schon ordent- Welche Rolle spielt für Sie in dieser Frage Ihr christli- lich zu schaffen. cher Glaube? Ich sehe mich als konservativen Menschen, der die Wie hat sich die Trockenheit für Sie bemerkbar ge- Welt – so wie sie ist – bewahren möchte. Ich habe Res- macht? pekt vor dem, was wir vorfinden. Wir greifen schon viel Vor allem die Getreideernte ging zurück: Weizen, Rog- zu sehr in die Natur ein. Ich kann die Risiken des Klima- gen, Hafer, Hirse – alles wuchs deutlich schlechter. Auch wandels nicht einschätzen, aber ich fürchte, dass es nicht das Feldfutter für unsere Kühe, also Klee zum Füttern, gut enden wird. Und deshalb möchte ich nicht nur reden, war weniger. Deshalb mussten wir welches dazukaufen. sondern etwas tun. Die Wasservorräte gingen insgesamt zuneige, das Grund- wasser hat sich so tief in die Erde zurückgezogen, wie Was wünschen Sie sich für die Zukunft? noch nie. Wir haben gesehen, dass der juristische Weg mittelmä- ßig erfolgreich ist. Die Klage wurde zwar abgewiesen, aber Ist das Ihrer Meinung nach nur eine Wetterkapriole ist grundsätzlich bedeutsam. Mein Sohn Lucas beteiligt gewesen oder schon Klimawandel? sich deshalb nun an einer Verfassungsbeschwerde, bei der Ich bin kein Wissenschaftler, aber sehe natürlich die die deutsche Klimapolitik vom Bundesverfassungsgericht Veränderungen. Die Vegetation setzt seit Jahren um Wo- überprüft wird. Ich hoffe, dass die politischen Vertreter chen früher ein und endet im Herbst später. Temperaturen die Courage haben, künftig noch mehr gegen den Klima- von über 35 Grad im Sommer gehörten in meiner Kindheit wandel zu unternehmen. Das geht natürlich nur, wenn die zur Ausnahme. Heute ist das normal. Deshalb glaube ich Bevölkerung das auch mitträgt. Aber wenn ich die vielen nicht, dass es nur mal eine Laune des Wetters ist. (jungen) Menschen bei den Demonstrationen von „Fridays for future“ sehe, bin ich optimistisch, dass es klappt! Und deshalb haben Sie gegen die Bundesregierung geklagt… Ich bin der Meinung, dass die Menschheit zurzeit für eine dramatische Verschlechterung ihrer Lebensumstände sorgt. Das macht sich insbesondere in der Landwirtschaft bemerkbar. Die Klage war der Versuch, etwas juristisch da- gegen zu unternehmen. Und weil die Gesellschaft selbst zu wenig tut, ist es notwendig, dass von der Politik Klima- schutz-Maßnahmen festgeschrieben werden. Die Bundes- regierung wollte bis 2020 ihren Kohlendioxid-Ausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Das hat sie nicht geschafft, aber das blieb vollkommen folgenlos. Unsere Klage sollte ein Zeichen sein: Ihr MÜSST einfach Grafik: Lydia Prien mehr tun!
6 WASSER | Klimaschutz – ein schnelles Handeln ist notwendig Foto: Daniel Roßbach (Lausitzer Rundschau) KLIMASCHUTZ – EIN SCHNELLES HANDELN IST NOTWENDIG W enn Anna-Dorothea Zug künftig in der Mensa ihrer Schule den Joghurt aus einem Glas löffelt, hat sie eins ihrer Ziele erreicht. Die Schülerin am evangelischen ture“. Inspiriert durch die Teilnahmen an Fridays-for-fu- ture-Demonstrationen, organisierten sie an ihrer Schule eine Klimaschutzwoche. Gymnasium in Doberlug-Kirchhain setzt sich für klima- freundliches Handeln ein. Sie und Rayén Clare Laferte Das Gespräch mit Anna-Dorothea Zug führte Franziska sind Köpfe eines Organisationsteams der „Week for Fu- Dorn.
Klimaschutz – ein schnelles Handeln ist notwendig | WASSER 7 Die Week-for-Future war wichtig, weil … … der Geist von Fri- days-for-Future in Dober- lug-Kirchhain einfach noch nicht angekommen war. * Viele meiner Mitschülerin- nen und Mitschüler wussten sehr wenig über die Klima- bewegung. Ich bin wie viele andere und im Übrigen auch die Wissenschaft überzeugt davon, dass ein schnelles Grafik: Lydia Prien Handeln notwendig ist, * wenn wir die Klimaerwär- mung aufhalten wollen. Bei unseren Mitschülerinnen und Mitschülern sind wir * Wasserfußabdruck = die in dem Produkt verarbeitete Wassermenge auf offene Ohren gestoßen. Die Lehrerschaft war etwas verhaltener. Es stand ein und in das Wasserwerk in brauch der Fahrzeugflotte Unsere Arbeit ist großer Organisationsauf- Doberlug-Kirchhain. Ver- kommt auf den Prüfstand. manchmal schwer, wand dahinter. Am Ende zo- packungsmüll war ein Ein neues logistisches weil … gen alle mit. Rückblickend Thema, genauso wie Konzept soll den Verbrauch war die Woche ein Erfolg. vegane und vegetarische verringern. … die Auswirkungen Ernährung. Themen waren unseres Handelns nicht Einkaufen, Kleidung und direkt spürbar sind. Was wir Die Week-for-Future ist Mode. Wir machen weiter, heute bewirken, kommt den mehr als Klimaprotest, weil … nachfolgenden Generatio- weil … nen zugute. Oft fühlen wir Das Projekt war ein … das Thema Klima- uns nicht ernst genommen. … für uns von Beginn Erfolg, weil … schutz keine Eintagsfliege Für unsere Week-for-Future an klar war, dass wir nicht ist. Wir müssen noch haben wir viel Lob bekom- nur protestieren wollen, … ich spüre, dass wir deutlicher zeigen, dass men. Schöner wären aber sondern uns mit konkreten, viele Jugendliche sensibili- jeder mit kleinen Schritten Gesprächsangebote von sofort umsetzbaren Maß- sieren konnten. Mitschüler und kleinen Maßnahmen der Politik und anderen nahmen beschäftigen wol- kommen auf mich zu und den Klimawandel aufhalten gesellschaftlichen Akteuren len. Auch Umweltthemen berichten, dass sie die- kann. Wir wünschen uns, gewesen. Ich ärgere mich sollten eine Rolle spielen. ses oder jenes an ihrem dass die Politik mehr Maß- über die Menschen, die Wir haben Bäume gepflanzt Lebensstil geändert haben. nahmen ergreift. Greta Thunberg als Person und Schulhofmöbel aus Ich denke, wir haben viele verhöhnen. Sie hat so viel Paletten gebaut. Es ist ein aufrütteln können. Es gibt angestoßen. Konzept für ein grünes außerdem ganz konkrete Klassenzimmer entstanden. Pläne für unsere Schule. An einer Station konnte Zum Beispiel soll es in der Anna-Dorothea Zug besucht die zwölfte Klasse am Kosmetik nach Mikroplastik Mensa Joghurt ausschließ- evangelischen Gymnasium in Doberlug-Kirchhain. Nach untersucht und eigene Kos- lich aus Gläsern geben. Wir dem Abitur will die 17-Jährige ein freiwilliges Ökologi- metik hergestellt werden. sind mit dem Schulträger sches Jahr machen. Sie ist bei Bündnis90/Die Grünen Es gab Exkursionen in das über Solarpaneels im aktiv. Kraftwerk Schwarze Pumpe Gespräch. Der Benzinver- www.week-for-future.com »
8 WASSER | Wasser in der Bibel WASSER IN DER BIBEL Ohne Wasser kein Leben. Stein zu schlagen, aus dem daraufhin Wasser herausläuft (2. Mose 17). Das weiß jedes Kind. Eben weil Wasser kostbar und lebensspendend war und ist, nutzt die Bibel dieses Element als Vergleich, um Was erzählt die Bibel über Wasser? Sie stammt aus das Leben mit Gott, die Sehnsucht nach Gott mit Bildern einem Land, das Trockenheit, Dürre und Wüste kennt. auszudrücken: Und doch oder gerade deswegen erzählt die Bibel Was- „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so sergeschichten. schreit meine Seele, Gott, zu dir.“ (Psalm 42) oder „Bei dir Es gibt Geschichten, die zeigen wie bedrohlich und ist die Quelle des Lebens“ (Psalm 36,10). gefährlich Wasser sein kann: Die Sintflut, die die Erde be- Für Christ*innen hat Wasser noch eine wichtige Rolle deckt und alles Leben zerstört. Nur Noah, der auf Geheiß in der Taufe. Wir taufen mit Wasser auf den Namen des Gottes ein Schiff baute, überlebt mit seiner Familie und Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes (Mt 28). Die den Tieren (1. Mose 6). Taufe ist das sichtbare Zeichen der Zugehörigkeit zur Oder bei der Flucht der Israeliten aus Ägypten: Mose Kirche. Das Wasser ist das sichtbare Element. Jesus sagt teilt das Schilfmeer und das Volk Israel kann trockenen von sich selbst, dass er die Quelle ist, die den Lebensdurst Fußes hindurchziehen – die ägyptische Armee hingegen, stillt (Joh 4). Ohne Wasser kein Leben. Das weiß die Bibel die die Fliehenden verfolgt, wird von den wieder zusam- wohl und erzählt Wassergeschichten und malt Wasser- menschlagenden Wellen ergriffen und ertrinkt (2. Mose bilder in Verbindung mit Gott. Die Bibel erzählt von Erleb- 14). nissen, die Gott und Wasser ganz eng miteinander verbin- Und Wasser rettet Leben: das Volk Israel irrt nach der den. Menschen haben erfahren, dass es genauso wenig ein geglückten Flucht vor den Ägyptern durch die Wüste und Leben ohne Gott geben kann wie ein Leben ohne Wasser. hat Durst. Gott befiehlt Mose, mit seinem Stab an einen Ulrike Garve, Pfarrerin in Lübbenau BUCHTIPP VON UTE KÖHLER Der lange Weg zum Wasser von Linda Sue Park Wie selbstverständlich ist es für uns, sen, um sich in der Nähe einer größeren den Wasserhahn aufzudrehen. Wasser – Wasserstelle niederzulassen, die noch nicht so viel wir wollen. Sauber und keimfrei. versiegt ist, so wie jetzt der Tümpel. Wir denken nicht darüber nach. Salvas Situation ist furchtbar. Seine Geschichte im Buch beginnt im Jahr 1985. Afrika. Südsudan. Die 11-jährige Nya Durch den Krieg im Sudan ist er jahrelang ist dafür verantwortlich, für ihre Familie auf der Flucht. Ohne Familie. Er weiß Wasser zu holen. Den ganzen Tag ist sie nicht, ob seine Eltern und Geschwister den dafür unterwegs. Sie läuft zu einem weit Überfall auf ihr Dorf überlebt haben. Auch entfernten Tümpel und schöpft es in einen wenn er bald seinen Onkel trifft, der sich Kanister. „Nachdem sie gerade lange genug seiner annimmt, bleiben seine Ängste und zu Hause gewesen war, um etwas zu essen, Sorgen. würde Nya nun ihren zweiten Gang zur Linda Sue Park erzählt die Geschichte Wasserstelle unternehmen. Zum Tümpel zweier Kinder. Sie beschreibt diese ein- Der lange Weg zum Wasser und wieder zurück – zum Tümpel und drücklich und klar. Die beiden Erzählsträn- von Linda Sue Park wieder zurück; insgesamt war sie fast den ge heben sich durch ein unterschiedliches Taschenbuch: 128 Seiten ganzen Tag auf den Beinen. Es war Nyas Schriftbild und klare Zeitangaben gut von- arsEdition fester Ablauf, sieben Monate im Jahr. An einander ab. Die Autorin erzählt eine wahre 4. Auflage Januar 2016 jedem einzelnen Tag.“ In den restlichen Geschichte, die berührt. Sie ist spannend ISBN: 978-3845812373 fünf Monaten des Jahres – in der Trocken- und leicht zu lesen und sowohl für Jugend- zeit – muss Nyas Familie das Dorf verlas- liche als auch für Erwachsene geeignet.
Wir haben nachgefragt: Wo sind Ihre Wasserlieblingsplätze? | WASSER 9 Wir haben nachgefragt: WO SIND IHRE WASSERLIEBLINGS- Foto: Marlies Siegert PLÄTZE? Als Spreewälderin verbringe ich meine Freizeit sehr gern am Wasser. Mein Lieblingsplatz am Wasser ist am Meine Wasserlieblings- An der Spree, inmitten der Natur, Eierpieler. Das kleine Moor liegt am Rande plätze sind ganz ein- fühle ich mich Gott ganz nah. Hier der Bürgerheide zwischen Eichholz und deutig der Strand von genieße ich die Ruhe fernab vom Finsterwalde. Dort herrscht eine ganz Hiddensee und das hektischen Alltag. Ich erfreue mich besondere Atmosphäre. Am und im Heide- Außenbecken vom Mine- daran, wie die Sonne auf der Was- moor wachsen Pflanzen wie Wollgras, ralforum im Wonnemar seroberfläche glitzert. Ich beobach- Glockenheide, verschiedene Moose und (Bad Liebenwerda). te die Fischschwärme, die im Wasser Seerosen. Der Blick über das Gewässer in schwimmen oder Libellen, die dicht Angelika Kupsch, Richtung Stadt ist einmalig. über der Wasseroberfläche fliegen. Rückersdorf Die Natur ist wahrlich ein Zeugnis Dieter Babbe, Finsterwalde für die Schönheit der Schöpfung. Diese gilt es zu bewahren. Maria Lehmann, Lübbenau Ich fühle mich im Lausitzer Seenland sehr wohl. Wenn man in Großräschen oder in Senftenberg am Hafen steht, fühlt man Wenn es um Lieblingsplätze in meiner Heimat geht, dann sich wie im Urlaub. Es hat sich dort in den ist der Blaue See einer meiner Favoriten. Hier finde ich letzten Jahren sehr viel getan. alles, was zum Ausspannen und Durchatmen dazugehört: Ruhe, Natur und Abgeschiedenheit. Ein gemütlicher Wan- Gabriele Heinrich, Welzow derweg führt rund um den See und lädt zum Verweilen und Entspannen ein. Da fällt mir nur noch Goethes Zitat aus dem Osterspaziergang ein: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“ Der Blaue See liegt am nördlichen Rand des Naturparks Niederlausitzer Heidelandschaft südlich Mein Lieblingswasserplatz ist der von Doberlug. Dort wurde bis 1907 Braunkohle abgebaut. Stechlinsee. Dort herrscht „Natur Die entstandenen Tagebaurestlöcher wurden mit Wasser pur“. Es gibt keine Badeinfrastruktur. geflutet. Mehrere Teiche entstanden, darunter auch der Uralte Eichen und Buchen säumen die wunderbare Uferlandschaft. sogenannte Blaue See. Christian Heinrich-Jaschinski, Elsterwerda Kathrin Hülle, Doberlug-Kirchhain
10 WASSER | Nah am Wasser! Foto: Franziska Dorn NAH AM WASSER! L isa Wildemann aus Senftenberg, Uwe Schwarze aus Doberlug- Kirchhain und Dirk Langheinrich aus dort anzutreffen. Das Freibad gibt es schon lange nicht mehr. Uwe Schwar- zes Leidenschaft für das Wasser ist bildung, Tauchunterricht. Im Sommer bleiben die Türen der Schwimmhalle geschlossen. Dann ist der vierfache Schönborn helfen Menschen. Ein geblieben. Heute ist er die Instanz Ironman-Teilnehmer als Rettungs- Leben ohne ihr Engagement nah am in Sachen Wassersport in und um schwimmer in Bad Erna anzutreffen. Wasser kann sich keiner von ihnen Doberlug-Kirchhain. In den Winter- Dort sorgt er dafür, dass am Ende des vorstellen. monaten ist der 58-Jährige täglich in Badetages alle unbeschadet aus dem der kleinen Schwimmhalle in Dober- Wasser kommen. Der Badesee in Bad Er behauptet von sich, im lug-Kirchhain anzutreffen. Dort bringt Erna ist ein malerisches Fleckchen Schwimmbad groß geworden zu sein. er Kindern das Schwimmen bei. Mehr Erde mit Seebadflair: Weißer Strand Mit fünf Jahren hat er im Freibad als 1000-mal hat er seine Unterschrift mit Spielplatz, Gartenlokal mit See- der Stadt Doberlug-Kirchhain das auf die ersehnte Seepferdchen-Urkun- blick, am gegenüberliegenden Ufer Schwimmen gelernt. Ab da war er, de gesetzt. Dazu kommen Senioren- reihen sich kleine Häuschen aneinan- wenn es das Wetter zuließ, täglich schwimmen, Rettungsschwimmeraus- der: idyllisch und friedlich.
Nah am Wasser! | WASSER 11 DIE WASSER- Wenn ich was zu sagen hätte: Natur. „Gut ist es, wenn uns das rettende LIEBINGSPLÄTZE Badekappe auf! Wasser ausreichend zur Verfügung steht, UNSERER HELFER anders zum Beispiel als in Australien oder Wie jedes Wasser birgt aber auch Bad manchen anderen Teilen der Welt“, sagt Erna Gefahren. Das haben dort in den Langheinrich. Was die beiden Freunde eint, „Im Sommer ist der vergangenen drei Jahren mindestens acht ist das Engagement für andere. „Helfen ist Senftenberger See Menschen zu spüren bekommen. „Wenn ich eine tolle, aber auch verantwortungsvolle morgens und abends die Personen nicht gerettet hätte, wären Aufgabe“, sagen sie. am schönsten. Wenn sie mit Sicherheit nicht lebend aus dem das Wasser ruhig ist Wasser gekommen“, erinnert sich Schwar- und wenig Betrieb ze. Panik- und Angstattacken seien der Ehrenamt in einer wachsenden herrscht. Auch im Hauptgrund dafür, dass die Menschen sich Seenlandschaft Winter habe ich schon plötzlich nicht mehr über Wasser halten tolle Momente am See könnten. Ein bisschen mehr Respekt vor Genauso sieht es Lisa Wildemann aus erlebt.“ dem Wasser wünsche er sich insbesondere Senftenberg. Die 28-Jährige leitet das Team Lisa Wildemann von einer Personengruppe, nämlich den Se- der Senftenberger Wasserwacht des DRK. niorinnen und Senioren. „Einige von ihnen Ihre Leidenschaft für das Wasser verbindet „Der See in Bad Erna neigen zu Selbstüberschätzung“, formuliert sie mit der Arbeit bei der Wasserwacht. ist am Abend am es Schwarze vorsichtig. Er selbst hat alle Auch sie hat als Kind die Leidenschaft fürs schönsten. Wenn die Ausbildungsstufen eines Rettungsschwim- Schwimmen gepackt. Im Leistungssport Badegäste nach und mers, dennoch würde er niemals quer hat sie keine Perspektive für sich gesehen. nach den Strand ver- durch die Mitte eines Sees schwimmen. Es war der soziale Aspekt, der sie schließ- lassen und alles ruhig „Es gibt keinen Grund dazu. In Ufernähe lich zur Wasserwacht führte. Im Sommer und still wird.“ schwimmt es sich ganz genauso gut“, sagt ist sie an den Wochenenden mit ihren Uwe Schwarze er. Und allen Seeschwimmern gibt er auf Kolleginnen und Kollegen von der Wach- den Weg: Badekappe auf, am besten in station in Großkoschen im Einsatz. Bei einer Neonfarbe! So einfach das Mittel, ihren Patrouillen auf dem See helfen sie so groß die Wirkung, wenn man auf dem erschöpften Schwimmern und Paddlern. Wasser in Gefahr gerät. Ab und an müssen sie Segler abschleppen. Natürlich bleiben die Badenden im Blick. Denen, die weite Strecken schwimmen Was des Einen Gefahr, ist des wollen, rät Wildemann dringend, so nah Anderen Rettung wie möglich am Ufer zu schwimmen. In den Ferienzeiten decken sie und ihr Team Feuerwehrmann Dirk Langheinrich täglich die Wacht am Wasser ab. Wenn die aus Schönborn kommt regelmäßig zu Saison vorbei ist, leitet sie mit ihrem Team Schwarze in die Schwimmhalle oder den Schwimmkurse für Kinder und die Trai- See, um sich als Rettungsschwimmer fit ningseinheiten der Rettungsschwimmer. zu halten. Die beiden sind gute Freunde. Mit ihrem im vergangenen Jahr abge- Natürlich drehen sich ihre Gespräche schlossenen Master für Wasserwirtschaft immer mal auch um das Thema Wasser. bleibt Lisa Wildemann dem Element sogar Für Langheinrich als Feuerwehrmann gibt beruflich treu. Das Arbeiten im Lausitzer es da noch die rettende Dimension des Seenland ist eine große Erfüllung für Wil- Wassers. Immer dann, wenn er zu einem demann. „Ich sehe das Seenland wachsen Wohnungsbrand gerufen wird, werde das und sich entwickeln und war bei der Eröff- besonders deutlich, sagt er. Oder wenn er nung des Koschener Kanals dabei. Das war an den vergangenen Sommer denkt, als für mich sehr beeindruckend. Das Seenland er und seine Kameraden die Ausbreitung wird eine einmalig schöne Wasserland- der verheerenden Waldbrände verhin- schaft werden.“ derten. Wasser rettet Menschen und die
12 WASSER | Wo Wald ist, ist auch Wasser WO WALD IST, IST AUCH WASSER Unterwegs mit Oberförster Wir müssen die Jörg Dunger aus Lübben Wälder so entwickeln, dass sie der ursprünglichen W enn Jörg Dunger durch die Wälder zwischen Groß Wasserburg und Fürstlich Drehna streift, dann stehen ihm Sorgenfalten ins Gesicht geschrieben. „Un- natürlichen Vegetation serem Wald geht es nach zwei extrem trockenen Jahren nahekommen. sehr schlecht“, sagt er und deutet beispielhaft auf die Solche Wälder Fichten hin: „Sie sterben fast alle ab, die Schädlinge tun kommen auch mit ihr Übriges.“ Die milden Winter und trockenen Sommer haben die Zahl der Schadinsekten kräftig steigen lassen. den neuen Sie fühlen sich in den zusätzlich durch Sturm gebeutel- Bedingungen besser ten Wäldern wohl und sorgen durch ihren Fraß auch für klar. hohe wirtschaftliche Schäden: „Weil viel Schadholz auf dem Markt ist, sinkt überall in Europa der Holzpreis“, Jörg Dunger erklärt Jörg Dunger die weitreichenden Folgen. Dabei sind Wälder viel mehr als nur eine nachwachsen- de Rohstoffquelle: Der Wald sorgt für saubere Luft, dient Menschen zur Erholung und unzähligen Tier- und Pflanzen- arten als Lebensraum. Vor allem für den Wasserhaushalt ist der Wald von großer Bedeutung. „Eine alte Eiche am Waldrand besteht etwa zur Hälfte aus Wasser“, sagt Jörg Dunger. Das Wasser werde nicht nur in den Zellwänden und Leitungsbahnen des Baumes gespeichert, sondern auch im dichten Wurzelgeflecht unter der Erde. Selbst Totholz am Waldboden halte jede Menge Feuchtigkeit. Bei Trockenheit schützt das Laub der Baumkronen den Boden vor Verdunstung. Zudem werde Regenwasser im Waldbo- den gefiltert und so zu frischem, sauberen Grundwasser. Oberförster Jörg Dunger ist für rund 15.000 Hektar er: „Wir müssen die Wälder so entwickeln, dass sie der ur- Wald rund um Lübben verantwortlich. Rund 2.500 Hektar sprünglichen natürlichen Vegetation nahekommen. Solche davon befinden sich im Spreewald. Während dieses Gebiet Wälder kommen auch mit den neuen Bedingungen besser in den vergangenen Dürre-Sommern dank seiner unzähli- klar“, ist er überzeugt. Traubeneichen, Birken, Buchen und gen Fließe noch glimpflich davon gekommen ist, sieht es Ebereschen könnten den so wichtigen Wandel in den schon ein Stückchen außerhalb der Lagunenlandschaft Wäldern voranbringen, für mehr Vielfalt sorgen und die weniger erfreulich aus. Und da Jörg Dunger für die Zu- Bäume damit widerstandsfähiger gegen den Klimawandel kunft immer häufiger niederschlagsarme, lange Sommer und seine Folgen machen. Doch bis in der Niederlausitz – erwartet, müsse sich grundsätzlich etwas ändern, meint wie schon vor Jahrhunderten einmal – wieder große Laub-
Wo Wald ist, ist auch Wasser | WASSER 13 Foto: Marlies Siegert Mischwälder vorkommen, wird es noch Jahrzehnte dauern. Eine Aufgabe, die Jörg Dunger eines Tages an seine jungen Kolleg*innen weitergeben wird. „Wir werden schließlich daran gemessen, was für einen Wald wir nachfolgenden Generationen hinterlassen“, ist sein Credo. Autor: Daniel Friedrich Grafik: Lydia Prien
14 WASSER | Angst und Hoffnung lagen auf dem Mittelmeer ANGST UND HOFFNUNG AUF DEM MITTELMEER Einsatz der 13. Crew der „Sea- Watch 2 “ am 27. Oktober 2016 im Mittelmeer. Am Morgen wurde ein Schlauchboot mit ca. 130 Menschen an Bord gemeldet. sechs langen Stunden werden sie von einem Schiff unter italienischer Flag- ge aufgenommen. Das kreuzt weiter über das Meer und nimmt Geflüchte- te von anderen Booten auf. Bis sie in Sizilien an Land gehen dürfen, dauert es drei weitere Tage. Zermürbende Tage mit wenig Schlaf und wenig Essen. Das Warten wird unerträglich. Die Stimmung ist gereizt. Dann das Ankommen in Sizilien. Die Menschen sind freundlich und herzlich. „Ganz anders als in Libyen“, sagt Rehase. 5.000 Dollar hat seine Familie für N ein, Angst vor Wasser habe durch den Sudan nach Libyen, wo in seine Flucht an eine Schleuseror- Foto: epd-Bild er nicht. Einige Male sei er am diesem Winter viele Hundert Men- ganisation gezahlt. Warum fliehen Rückersdorfer See gewesen, einmal schen mit ihm auf die ersehnte Über- Männer wie Rehase aus einem Land, im Finsterwalder Schwimmbad mit fahrt nach Europa warten. Dann geht in dem Frieden herrscht? Der Staat Freunden. Rehase aus Eritrea gehört es los. Alle sind froh. Endlich weg ist militarisiert. Alle Einwohner wer- nicht zu den vielen traumatisierten aus Libyen! 300 Menschen werden in den zu unbefristetem Nationaldienst, Flüchtlingen, die ihre Angst vor Ge- ein Boot gepfercht, das für etwa 150 der in den meisten Fällen viele Jahre wässern kaum überwinden können. ausgelegt war. Darunter sind Frauen dauert, verpflichtet. Bezahlt wird ein Er hat Glück. Trotzdem: Wenn der und Kinder. Mobiltelefone sind streng Taschengeld. Vor allem junge Eritreer, 32-Jährige von seiner Flucht über das verboten. Persönliche Dinge müssen wie Rehase, wollen diesem Zwangs- Mittelmeer spricht, erstickt seine zurückbleiben. Schwimmwesten arbeitssystem entkommen. Rehase Stimme. „Angst, Angst, Angst. Wir gibt es nicht, nicht einmal für die spricht ungern über seine Flucht. Zu hatten so große Angst“, sagt er. Kinder. Es wird zur Ruhe gemahnt. stark sind die Erinnerungen. Eins wird Wer ängstlich oder nervös wirkt, aber deutlich: Die größte Hoffnung, Winter 2014: Ein libyscher Küs- muss wieder aussteigen. Das über- aber auch die größte Gefahr lagen tenort, an dessen Namen Rehase sich füllte Boot wird auf das Mittelmeer auf dem Wasser. Nach Stationen in nicht mehr erinnert. Tagelang schon getrieben. Die See meint es gut mit Eisenhüttenstadt und Finsterwalde, harrt er mit vielen anderen in einem den Menschen. Diesmal kommt kein wo er einen Beruf gelernt hat, lebt Camp aus. Die Bedingungen sind Sturm auf. Sie müssen nicht, wie viele Rehase inzwischen in Solingen. Er ist unmenschlich. Die „Aufseher“, wie er andere vor und nach ihnen, wieder zu- berufstätig und gilt als integriert. Seit sie nennt, sind grob und unfreundlich. rück und auf einen erneuten Versuch 2015 versucht er, seine Frau und seine Ein beschwerlicher Weg liegt hinter warten. Auf dem Wasser verharren Tochter, die noch in Äthiopien leben, ihm. Zu Fuß floh er aus Eritrea nach alle in schweigender Angst, mit dem nach Deutschland zu holen. Äthiopien. Dort holten ihn die Schleu- Wissen: Das Mittelmeer ist ein großes ser mit einem LKW ab. Die Fahrt ging Grab für Menschen wie sie. Nach Autorin: Franziska Dorn
Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt. | WASSER 15 D ie Synode der Evan- gelischen Kirche in Deutschland hat im letzten Jahr beschlossen, ein Schiff zu kaufen, um die Seenotrettung im Mittel- meer zu unterstützen. Im Dezember 2019 begann die Spendensammlung unter dem Motto „Wir schicken ein Schiff“. Zahlreiche Institutionen haben sich angeschlossen. Auf ihrer Herbsttagung hat auch die Kreissynode unseres Kir- chenkreises beschlossen, die am 5. Juli 2020 in unse- ren Kirchen gesammelten Kollekten in das Projekt fließen zu lassen. Kommentar von Abkommen Pflicht für alle Menschen, die in Not sind. hat. Sie hat die Kollekte, Superintendent Küstenstaaten. Wenn es Die Frage der Rettung aus die in den Gottesdiensten Thomas Köhler: um ein beliebiges Schiff Not und die Frage des Blei- am 5. Juli gesammelt wird, in Seenot ginge, würde berechtes dürfen nicht mit- für die Flüchtlingshilfe im Ist es Aufgabe der das auch niemand infrage einander verknüpft werden. Mittelmeer bestimmt. Da- Kirche, Flüchtlinge auf stellen. Für die Schiffe im Auch die Diskussion, ob die mit wird mit Leben erfüllt, dem Mittelmeer zu retten? Mittelmeer jedoch wird Retter nicht die Sache der was Pfarrerin Sandra Bils, So fragen immer wieder diese Frage diskutiert, weil Schlepper betreiben, weil Hannover, während des Menschen. Die Landessyn- es sich dort um Menschen sich die Schlepper auf die Abschlussgottesdienstes ode unserer Kirche hat im handelt, die als Migrantin- Retter verlassen, ist schein- des Kirchentages von November dieses Ansinnen nen und Migranten nach heilig. Als könnten wir Dortmund im letzten Juni unterstützt. Dabei sollen Europa kommen wollen. Sie Menschen ertrinken lassen, gepredigt hat: „Man lässt keine Kirchensteuermit- werden in Nordafrika, oft in damit Schlepper weniger keine Menschen ertrinken. tel Verwendung finden, Libyen, von Schleppern auf verdienen. Menschen in Not Punkt.“ sondern nur Spenden und nicht seetauglichen Booten muss geholfen werden. Kollekten. Das Schiff wird auf das Meer geschickt und Dafür stehen wir Christen dabei nicht von der Kirche geraten häufig sehr bald ein. Wer diese Menschen betrieben, sondern von in Seenot. Diese Menschen sind und was sie sonst einem Verein. wollen oder können aus noch wollen, das ist eine verschiedensten Gründen Frage, die sich erst nach Aber ist das Aufgabe nicht mehr in ihrer Heimat der Rettung stellt. Ich bin der Kirche? Die Menschen, leben. Nicht für alle wird es froh und dankbar, dass sich die in Seenot sind, zu ret- ein Bleiberecht in Europa unsere Kreissynode dieser ten, ist nach internationalen geben. Und doch sind es Meinung angeschlossen
16 WASSER | Kindertaufe – Pro & Contra KINDERTAUFE PRO & CONTRA lichen Wert, den wir für Gott haben. lange taufen lassen, bis er nimmermehr Gott sagt „Ja“ zu uns, so wie wir sind. fallen oder ohne Glauben sein kann.“ Und so taufen wir Kinder. Das ist gut. Luther deckt hierdurch die heimliche Denn Gottes Liebe zu uns hängt nicht „Werkerei“ auf, die hinter den Einwän- von unserem Alter, unserer Einsicht, un- den gegen die Kindertaufe steckt: Ich serer Mühe und unserem Glauben ab.“ muss durch meinen Glauben die Taufe gültig machen. Damit ist der Mensch Auch im neuen Testament finden auf sich selbst und seine Glaubens- Foto: Franziska Dorn sich Hinweise, dass auch Kinder getauft leistung zurückgeworfen. wurden: Da gibt es die sogenannten „Hausformeln“ in der Apostelgeschich- Wieder Luther: „Es ist ein völlig te, in denen es heißt: „Er/sie ließ sich ander Ding, den Glauben haben und taufen mit seinem ganzen Hause.“ sich auf den Glauben verlassen und so sich darauf taufen lassen.“ Modern aus- Pro Taufe ist Zeichen der Begleitung gedrückt: Die Taufe trägt den Glauben, Gottes am Beginn eines Weges hin zu aber nicht der Glaube die Taufe. Luther ihm! Wie ein Wegzeichen, das Richtung sagt: „An der Taufe fehlet nichts, am J a, ich freue mich über jedes kleine Kind im Taufgottesdienst, das manchmal lautstark die Taufe und Ziel angibt. Ja, ich bin beeindruckt, wenn ein Glauben fehlt es immerdar!“ Ich lebe fröhlich und gewiss, kommentiert. Ich freue mich über erwachsener Mensch aus eigener denn vor vielen Jahren bin ich getauft Eltern und Paten, die vor Gott und Entscheidung heraus seinen Glauben worden, sicher ohne mein Zutun. Das der Gemeinde versprechen, diesem bekennt und um die Taufe bittet. Aber braucht‘s auch nicht, denn Gott hat „Ja“ Kind den Glauben an Jesus Christus wann habe ich genug Glauben, dass zu mir gesagt, und „Fürchte dich nicht, nahezubringen. es für die Taufe reicht? Ich selbst bin ich habe dich bei deinem Namen geru- manchmal doch näher am Ruf der ak- fen, du bist mein!“ (Jesaja 43,1) – diese Ich freue mich auch über Erwachse- tuellen Jahreslosung: „Herr, ich glaube, großartige Zusage Gottes trägt mich. ne, die sich etwa in unserer Osternacht hilf meinem Unglauben.“ Für mich ist Gut, dass diese Zusage an den Anfang taufen lassen – die nach eigenen Er- Glaube nicht etwas, was ich irgendwann meines Lebens gestellt war. Das kann fahrungen und Taufunterricht bewusst erreichen kann und dann fest in der mir niemand nehmen. Und zu meiner sagen: Jetzt ist es soweit, jetzt will ich Hand habe. Da gibt es dürre Zeiten, Taufe habe ich bei der Konfirmation getauft werden! Zeiten der Suche, des Zweifelns, auch bewusst und frei „Ja“ sagen können. der Gleichgültigkeit. Und dann wird Aber mein Herz ist doch bei Kinder- Glaube mir wieder neu geschenkt. Muss Markus Herrbruck, Finsterwalde taufe. Hier zeigt sich am Beginn eines ich mich dann auch wieder neu taufen Gemeindepfarrer Lebens etwas Grundlegendes unseres lassen? Wohl nicht. Schon Luther be- Glaubens: Gott nimmt jeden Menschen schreibt dieses Dilemma: voraussetzungslos an. Und so sage ich Wer die Taufe so vom Glauben ab- das dann: „Die Taufe zeigt den unend- hängig macht, der „muss sich kurzum so
Kindertaufe – Pro & Contra | WASSER 17 Die Kindertaufe ist vorherrschende Praxis in den gro- die Säuglings- oder Kleinkindertaufe aus. Etwa zwölf ßen christlichen Kirchen. Immer gibt es auch junge Men- Prozent der Evangelischen befürworten eine Taufe der schen und Erwachsene, die um Aufnahme in die Gemein- Kinder erst in einem Alter, in dem diese selbst entschei- den bitten und dann getauft werden. Aber grundsätzlich den können. Zwei Meinungen aus dem Kirchenkreis. sprechen sich unter den Protestanten 88 Prozent für dass für die Kindertaufe kein direkter Wir ließen alle drei unserer Kinder stringenter Schriftbeweis zu erbrin- in der Luckauer Kirchengemeinde seg- gen ist. nen. Das war uns wichtig als Zeichen, dass Gott Kinder besonders liebhat, Vielmehr geht die Bibeltheologie und als Zeichen der Verbundenheit davon aus, dass ein gläubig gewor- mit unserer Kirchengemeinde. Die dener Mensch zur Sichtbarmachung Taufe soll aber erst zu einem späte- seines Glaubens die Taufe empfangen ren Zeitpunkt stattfinden, nämlich Foto: Franziska Dorn möchte (z. B. der Kämmerer von Äthi- dann, wenn die Kinder sie vom Grun- opien). Das Wort „taufen“ bedeutet de her verstehen und bejahen sowie im griechischen „untertauchen“ (das diese selbst mit ihren Sinnen und Wort wurde beim Färben von Klei- ihrem Körper wahrnehmen können, dungsstücken benutzt). Im Römer- damit dieses wichtige Sakrament für brief Kapitel 6 beschreibt der Apostel sie in bleibender Erinnerung bleibt. Contra Paulus, dass in der Taufe sichtbar, erfahrbar und zugleich bezeugt wird, Marco Bräunig, Luckau dass der gläubig gewordene Mensch Kreisjugendwart im Kirchenkreis E ines vorab: ich bin nicht gegen die Kindertaufe! Ich möchte hier nur eine andere Sichtweise auf die mit Christus gestorben (untertau- chen) und mit Christus auferstanden (auftauchen) ist. Das sündige Innere Niederlausitz Taufe darlegen. wurde im Wasser ersäuft, der neue Mensch aus dem Wasser heraus Die ersten Christen kannten die geboren. Kindertaufe noch nicht. Diese Praxis hat sich erst viele Jahrzehnte später Als unsere Familie vor einigen Jah- entwickelt und durchgesetzt. In der ren bei einem Taufgottesdienst dabei Bibel finden sich daher auch keine war, sagte die zuständige Pfarrerin Anhaltspunkte für die Kindertaufe, zum Täufling und dessen Eltern, dass geschweige denn ein Auftrag, Kinder man mit der Taufe zu Gott gehört. zu taufen. Karl Barth, einer der wich- Daraufhin fragte uns unser noch nicht tigsten Theologen im 20. Jahrhundert, getaufter Sohn: „Gehöre ich denn schreibt, dass es für die Kindertaufe nicht zu Gott?“ Was hätten Sie Ihrem (er nennt es Unmündigentaufe) keine Kind darauf geantwortet? Und wie ist exegetischen und sachlichen Anhalts- das Schriftwort von Jesus zu verste- punkte in der Bibel gibt. In einem hen: „Lasset die Kinder zu mir kom- Gutachten für die Lutherische Lan- men und wehret ihnen nicht.“? Nach deskirche Württemberg kommt die dieser Aussage von Jesus steht im Theologische Fakultät der Universität Übrigen, dass er die Kinder segnete. Tübingen um 1950 zu dem Schluss,
18 WASSER | Fragen an Pröpstin Christina-Maria Bammel FRAGEN AN PRÖPSTIN CHRISTINA-MARIA BAMMEL Sie sind seit dem 1. Dezember 2019 Welche Begegnung in Ihrem neuen Pröpstin. Wovor in Ihrer neuen Aufgabe Umfeld war für Sie hilfreich? hatten Sie besonderen Respekt, worauf Hilfreich ist in allen Begegnungen, haben Sie sich besonders gefreut? wenn man sich gegenseitig beste Ab- Besondere Freude machen mir die sichten unterstellt. Das grenzt das Virus Gemeindemenschen, die sich nicht ent- namens Misstrauen enorm ein. Hilfreich mutigen lassen, alles, was gerade her- ist immer, wenn Klartext gesprochen wird, ausfordert, auch noch mit eigenen Ideen ohne dass man sich natürlich verletzt. für Neues zu verbinden. Die Besuche sind Als wir neulich mit vielen engagierten inspirierend und ich hoffe, alle Haupt- und Menschen im Kirchenkreis Uckermark, in Zwischentöne gut mitzubekommen, damit Angermünde, zusammengearbeitet haben, ich noch besser weiß, wie ich in meiner da hat mich gefreut, dass die Ältesten aus Dr. Christina-Maria Bammel jetzigen Aufgabe gut unterstützend sein den Gemeinden gesagt haben: Wir schaf- ist seit Dezember 2019 könnte. Respekt habe ich eigentlich vor fen dieses und jenes, aber nicht den ganzen Pröpstin der Evangelischen allen Aufgaben, aber wenn Sie „schwierige“ Rest. Sorgen Sie da – mit der Synode, der Kirche Berlin-Branden- Aufgaben meinen, denke ich am ehesten Kirchenleitung – für Veränderung. Oder burg-schlesische Ober- an solche Konflikte, bei deren Lösung der Menschen, die solche Initiativen wie die lausitz (EKBO). Sie folgte rechtliche Rahmen Grenzen steckt, etwa kommunale Ökumene in Treptow-Köpenick Dr. Christian Stäblein nach, bei Einstellungsfragen. Wenn dann eine für in Berlin aufbauen, steuern und darüber der im November 2019 sein alle Seiten konstruktive Lösung erreicht mit Leidenschaft berichten, das erlebe ich Amt als Bischof der EKBO wird, ist das natürlich auch was zum Freu- nicht nur als hilfreich, sondern als Segen antrat. en. für unsere Kirche! Christina-Maria Bammel Bei welcher Gelegenheit haben Sie Wie sieht für Sie eine moderne Kirche ist 1973 in Berlin geboren. gedacht: „Oh, ich wusste nicht, dass das aus? In Marburg, Berlin und auch zu meinen Aufgaben gehört.“ Ob es modern ist, weiß ich nicht, aber Philadelphia/USA studierte Ich will nicht sagen, dass mich nichts wenn wir insgesamt als Kirche etwas sie evangelische Theologie mehr überraschen kann – aber ich habe risikofreudiger, experimentierlustiger, und Religionswissenschaft in den vergangenen drei Jahren ganz gut fehlerfreundlicher, durchlässiger in unseren und wurde an der Hum- sehen können, was der Propst gemacht Gremien würden …, und wenn wir unsere boldt-Universität zu Berlin hat; ich kenne das Aufgabenspektrum ein Hoffnungen auf das Reich Gottes und das, im Fach Systematische wenig. Überrascht hat mich vor allem die was und wer uns trägt, etwas offener und Theologie promoviert. Sie wunderbare Resonanz zum Einführungs- beherzt ansprechen, gerade da, wo wir ist verheiratet und hat zwei gottesdienst; so viel geistliche Fürsorge, denken, hier müsste jetzt eigentlich nur Töchter. Frau Bammel ist die mich gerade durch den Alltag trägt. Tut Routine und Geschäftliches abgearbeitet als Pröpstin Mitglied der natürlich gut. werden, dann halte ich das für eine ganz Kirchenleitung. Sie gehört gute Wegweisung. zum engsten Leitungskreis unserer Kirche.
Was geschieht mit der Kollekte? | WASSER 19 WAS GESCHIEHT MIT DER KOLLEKTE? D ie Arbeit der Kirche wird hauptsäch- lich durch ihre Mitglieder getragen. So ist die Kirchensteuer die wichtigste Einnahmequelle. Weitere Mittel erhält die Kirche direkt von ihren Mitgliedern durch Kollekten. Foto: Franziska Dorn Kollekten sind die älteste Form der In den 103 Kirchengemeinden im Hilfe von Christen untereinander. Der Kirchenkreis Niederlausitz werden durch- Apostel Paulus rief zu einer Kollekte für schnittlich pro Jahr 300.000 Euro Kollek- die Gemeinde in Jerusalem auf. Er mahnte ten gesammelt. Das sind etwa 5 Euro pro dabei einen verantwortungsvollen Umgang Gottesdienstbesucher und Gottesdienst- mit dem Geld an. besuch. Dabei sind die Hauptkollekten und die Nebenkollekten etwa gleich hoch. In unserer Landeskirche gibt es in Zusätzlich spenden die Menschen zweck- jedem Gottesdienst zwei unterschiedliche bestimmt, zum Beispiel für Bau- und In- Kollekten. Da ist zum einen die Hauptkol- vestitionsprojekte ihrer Kirchengemeinde. lekte, deren Zweck wechselt. Sie wird für Kollekten werden mit einem Beutel, mit gesamtkirchliche Aufgaben, für Projekte einem Körbchen oder einem Opferstock der Landeskirche, der Kirchenkreise oder gesammelt. der Gemeinden gesammelt. Über einige der Kollekten können die Gemeinden und Im Sommer 2018 wurde in Berlin Kirchenkreise selbst entscheiden. Dabei erstmals ein digitaler Klingelbeutel zum sollte im Blick sein, dass die Hauptkollekte Patent angemeldet. Er ermöglicht neben nicht in erster Linie zur Finanzierung der dem traditionellen Bargeldeinwurf in den Arbeit in der eigenen Gemeinde dient, Stoffbeutel auch eine Kartenzahlung ohne sondern der Unterstützung für andere. Die PIN-Eingabe. In Planung befindet sich auch Nebenkollekte wird in der Regel am Aus- eine bundesweite App, mit der für eine gang eingesammelt. Sie ist für die Arbeit Kollekte mittels Smartphone gespendet der Gemeinde vor Ort bestimmt. Das Geld werden kann. fließt in Gemeindeprojekte.
20 20 Der Weg durch die Corona-Krise DER WEG DURCH DIE CORONA-KRISE Ein Kommentar von Superintendent Thomas Köhler D er Meraner Höhenweg ist ein Wanderweg im Hochgebirge. Er zieht sich in Südtirol um das Gebirgsmassiv der Texelgruppe. An einer Stelle gibt es die 1.000-Stufen-Schlucht. Erst geht es bergab, dann wieder hinauf. Zwischendurch geht es mal geradeaus, mal wieder etwas hinab. Insgesamt aber viele Stufen hi- nauf. Man kann nur jeweils 20 bis 30 Stufen weit sehen. Immer wieder geht es um Kurven. Selbst, wenn man die Stufen zählt, weiß man nicht wie weit man ist, weil es doch weit mehr als 1.000 Stufen sind. Erst wenn man um die letzte Kurve gelaufen ist, sieht man das Ende der Schlucht. Wenn man langsam geht, immer wieder Pau- sen macht, bedenkt, was man schon geschafft hat, dann kommt man durch die Schlucht und erreicht kurz danach den Pirchhof, wo es gut zu essen und zu trinken gibt. Dieser Weg ist für mich ein Bild für unseren Weg durch die Coronakrise. Die erste schwere Zeit haben wir geschafft. Jetzt, da ich diese Zeilen schriebe, werden erste Lockerungen der Kontaktsperre umgesetzt. Zugleich gibt es Warnungen, dass wir lange Zeit mit Einschränkungen leben müssen. Ich weiß nicht, ob das so kommen wird. Aber ich frage mich schon: Wann werden wieder Familien- feiern stattfinden können, runde Geburtstage, Hochzeiten, Taufen? Werden wir uns als Land abschotten und die Grenzen wieder hochziehen? Was ist mit den Grundrech- ten wie dem Demonstrationsrecht und dem Religions- recht? Und: Was wird das für unser kirchliches Leben bedeuten? Werden wir Freizeiten mit Kindern und Jugend- lichen durchführen können? Werden wir Weihnachten in gewohnter Form feiern können? Bei allen Fragen: Die COVID 19-Epidemie wird verge- hen. Es wird sicher noch manches schwere Stück Weg ge- ben, aber wir werden Leben und Zukunft haben. Jetzt wie in der 1.000-Stufen-Schlucht gilt: „Und wenn ich auch wan- derte im finsteren Tal, so fürchte ich kein Unglück. Denn du, Gott, bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich.“ Im Vertrauen auf die Wahrheit dieser Worte gehe ich den nächsten Schritt in den neuen Tag. Und ich bin gespannt, wie unser Pirchhof aussehen wird, also: an welchem Ort wir schließlich ankommen werden, um zu feiern.
Notizen aus den Regionen | VOR ORT 21 Notizen aus den Regionen Foto: Franziska Dorn 1 SENFTENBERG Offene Die Jugendlichen haben es sich Zikra, die in der Küche Karten spielen, Jugendarbeit im im Kuschelraum gemütlich gemacht. Sie spielen am Handy und quatschen. beginnen zu zählen: Deutschland, Afghanistan, Polen, Ukraine, Syrien, Jugendhaus Später gibt es noch eine Runde Tischkicker. Dann gehen sie wieder. Ungarn, Pakistan, Iran, Tschetscheni- en und Ukraine. „Wir verstehen uns Schalom „Hier herrscht ein reges Kommen und Gehen“, sagt Leiterin Kathrin Kählke. alle gut!“, sagen sie. „Schalom“ wird seinem Namen also gerecht. Schalom Zwischen acht und zehn, manchmal heißt Frieden. „Hier ist es warm und gemütlich 15 Kinder und Jugendliche finden sich und man trifft immer jemanden.“ täglich ein. Sie basteln, lesen, chil- jbsschalom.de » Yannik, Jasmin und Tim bringen es len, spielen Karten oder Tischkicker. auf den Punkt. Die drei 16-Jährigen Zusätzlich gibt es Angebote: Sport, sind regelmäßige Besucher im Zaubern und anderes. Immer wieder Jugendhaus „Schalom“ in Großrä- kommt Jugendwart Cord Heinemann schen. Das ist eine offene Jugendein- von der evangelischen Kirchenge- richtung für Kinder und Jugendliche meinde in das Haus. „Schalom“ ist für ab neun Jahren, getragen von dem Kinder und Jugendliche unterschied- Kirchenkreis Niederlausitz und dem licher Herkunft eine Zufluchtsstätte Landkreis Oberspreewald-Lausitz. vor Langeweile daheim. Fatima und
22 VOR ORT | Notizen aus den Regionen 2 Foto: Sebastian Krüger SENFTENBERG Sie möchte Menschen mitein- zusammen. Die Mitarbeiterinnen und ander und mit Gott ins Gespräch Mitarbeiter binden sich meist über Kirche Unterwegs bringen. Täglich bis zu vier Veran- mehrere Jahre an das Projekt. Das am See staltungen werden von Jugendli- schafft ein freundschaftliches Klima, chen verschiedener konfessioneller das die Gäste zu spüren bekommen. Gruppen angeboten. Legendär ist „Kirche Unterwegs“ wird gern ange- Hüpfburg und Halleluja, Sonne die Gute-Nacht-Geschichte, bei der nommen, nicht nur von kirchennahen und Segen, Baden und Beten. Im sich am frühen Abend mit anschlie- Menschen. Die Gründe sind vielfältig: Urlaub Kirche mal anders erleben – ßender Bastelstunde zwischen 30 Urlaub ist Entspannung, jeder hat das ist die Idee von „Kirche Unter- und 120 Kinder im Zelt vor der Zeit, zwischenmenschliche Nähe, das wegs“ am Senftenberger See. Der ist Bühne einfinden. Die „PrimeTime!“ Fehlen von Kirchenmauern und die mit seiner beachtlichen Größe von zieht Jugendliche und Erwachse an. damit verbundene Transparenz, nicht 13 Quadratkilometern beliebtes Ur- Tagsüber gibt es einen bunten Mix zuletzt die Stille der Abende, Däm- laubziel für Familien. Viele kommen verschiedener Angebote: Spielstraße, merung und Dunkelheit als Raum für gern immer wieder in den Ferienpark Sandburg, Kaffeetafel, Strandtheater persönliche Gespräche. Seit Januar Großkoschen. Und viele kennen und einiges mehr. „Kirche Unterwegs“ dieses Jahres gehören Gemeinden in schon „Kirche Unterwegs“. gestaltet seit 1979 das Leben auf und um Senftenberg und damit auch dem Campingplatz. Jedes Jahr wird der Ferienpark Großkoschen zum das Projekt wochenweise von sechs Kirchenkreis. Projektgruppen eigenständig ver- antwortet. Durchschnittlich arbeiten kirche-unterwegs-grosskoschen.de » 18 Personen in einer Projektgruppe
Notizen aus den Regionen | VOR ORT 23 3 LUCKAU Kirchenführerkurs Kennen Sie das auch? Sie betre- Bereits zum zweiten Mal hat die Möchten auch Sie ehrenamtliche ten erwartungsvoll eine Kirche, um Kunstgutbeauftragte Annegret Gehr- Kirchenführerin, ehrenamtlicher sich nicht nur an ihrer Schönheit zu mann aus Langengrassau gemeinsam Kirchenführer werden? erfreuen. Möglicherweise hoffen mit der Kirchenpädagogin Maria von Sie, etwas über die Erbauer und Fransecky, dem Kirchenkreis Nieder- Geplant ist ein weiterer Kurs im Jahr deren Motivation zu erfahren. Woran lausitz und dem Förderkreis Alte Kir- 2021. haben sie geglaubt, was waren ihre chen der Luckauer Niederlausitz einen Vorstellungen von Gott, der Welt solchen Kurs durchgeführt. Und das Wenden Sie sich dazu an: und der Vergänglichkeit? mit Erfolg. Die Teilnehmenden fühlen Annegret Gehrmann sich gerüstet und zugleich ermutigt, Langengrassau Aber: Egal, wie lange sie sich um- ihre Kirchen für Besucher und Gäste Telefon: 035454 393 schauen, der Erkenntnisgewinn hält zu öffnen. sich in Grenzen. Während die Symbo- le Kreuz und der Engel noch relativ unmissverständlich sind, tappen Sie bei Vielem einfach im Dunklen. Was haben ein Löwe, ein Stier und ein Ad- ler in der Kirche zu suchen? Warum trägt ausgerechnet Moses Hörner – ist das nicht Sache des Teufels? Warum so viele Palmen hier in Mittel- europa? Was macht die Schlange in einem Kelch und wer ist der Mann mit dem Schlüssel? Und überhaupt: Die Fenster sehen gotisch aus. Der Rest irgendwie nicht. Glück haben Sie, wenn Ihnen ein gut ausgebildeter Kirchenführer an die Seite gestellt wird. Sie werden über so manche Antwort staunen! Gut ist es also, dass es im Kirchen- kreis einen Kurs für ehrenamtliche Kirchenführerinnen und -führer und damit immer mehr Menschen mit den richtigen Antworten auf all die Fragen gibt. Foto: Franziska Dorn
24 VOR ORT | Notizen aus den Regionen 4 DOBERLUG-KIRCHHAIN Christen setzen proeuropäisches Zeichen Fast jede Kirchengemeinde in der DDR war durch eine Partnerschaft mit einer Kirchengemeinde in der Bundesre- publik verbunden. Die Menschen in den Kirchengemeinden Lugau, Eichholz und Fischwasser fanden ihre Partnergemeinde in Bergisch Gladbach in Nordrhein-West- falen. Nach der Wiedervereinigung gab es die berechtigte Sorge um den Bestand dieser wertvollen Beziehung. Eine kluge Idee war es also, die Part- nerschaft auf europäische Ebene zu brin- gen. Kontakte nach Frankreich und Italien erwiesen sich als fruchtbar und seit den 90er Jahren begegnen sich die Christen international. Erst im Juni des vergangenen Jahres waren Gäste aus Riesi auf Sizilien in Italien, Bourgoin Jallieu in Frankreich und aus Bergisch Gladbach im Rheinland in den Klosterkirchengemeinden zu Gast. Unter dem Motto „Gastfreundschaft schafft Engeln Raum“ haben sie ein deutliches proeuropäisches Zeichen gesetzt. „Uns be- drücken die wachsenden Bestrebungen in Europa, sich auseinander zu bewegen. Da- gegen möchten wir Christen den europä- ischen Weg gemeinsam weitergehen. Wir sehen hier vor Ort die Herausforderungen der weltweiten Migrationsbewegungen und den Einsatz einiger, um die Lebens- bedingungen für die heimatlosen Kinder, Frauen und Männer erträglich zu machen. Wir haben erlebt und erkannt, dass Gast- freundschaft eine Grundhaltung ist, in der Menschen zueinander finden und sich ge- genseitig reicher und glücklicher machen“, hieß es in der Abschlusserklärung.
Sie können auch lesen