Für Güter die Bahn? Inhalt
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September 2014 Herausgeberin: Erdöl-Vereinigung Nr. 3 Aktuelle Informationen rund um das Erdöl. www.erdoel.ch 99,9% der importierten Fertigprodukte stammten 2013 aus der EU-28. Illustration: EV Für Güter die Bahn? Inhalt Mit dem Ja zur FABI-Vorlage (Finanzierung und Exportverkehr, für den es keinen verfassungs- Ausbau der Bahninfrastruktur) hat die Bevölke- mässigen Verlagerungsauftrag gibt, ging hin- 1 Für Güter die Bahn? rung ihre Unterstützung für die Bahn und den gegen leer aus. Verlader im Inland profitierten 2 Persönlich öffentlichen Verkehr dieses Jahr einmal mehr wenig von den Milliarden der FinöV. Nutznies- bekräftigt. Dies sichert den weiteren Ausbau ser waren neben dem Personenverkehr vorab 4 Vom Wohlstand zum Stillstand vorab des Personenverkehrs, allerdings mit Verlader in den Nachbarländern, deren Güter 5 Neue Vorstandsmitglieder nicht beabsichtigten Auswirkungen auf den die Alpen queren. bei der EV Güterverkehr. Jahresbericht 2013 Was bringt FABI? D der Erdöl-Vereinigung er alpenquerende Gütertransitverkehr ist FABI löst nun also FinöV ab. Das mit der Bahn 6 Vom Multi BP zum Schweizer von der Strasse auf die Schiene zu ver- 2000 eingeführte Knotensystem soll vervollstän- Ölunternehmen lagern, so will es der Alpenschutzartikel. digt werden, mehr und längere Züge sollen im 8 Spots Ironischerweise war es vor allem der Slogan Halb- und Viertelstundentakt fahren, und auf «Für Güter die Bahn», der 1998 zur Annahme ausgewählten Strecken sollen höhere Geschwin- der FinöV-Vorlage an der Urne führte. Das Pro- digkeiten möglich sein. Die ganze Schweiz wird jekt sah den Bau der neuen Alpentransversale zunehmend zu einem einzigen verbundenen NEAT vor und wurde später noch durch den S-Bahnnetz, befahren mit stark subventionierten Ceneritunnel und den 4-Meter-Korridor auf Regionalzügen. der Gotthardachse erweitert. Dazu wurden die Dem Schienengüterverkehr bringt FABI da- Bahn 2000, weitere Ausbauten im Personen- gegen wenig. Im Gegenteil: Der Ausbau der Per- fernverkehr und zusätzliche Güterverkehrs- sonenbahn wird ihn noch zusätzlich einschrän- kapazitäten auf der Gotthardachse, die Hoch- ken. So sollen beispielsweise Überholgleise geschwindigkeitsanschlüsse und die Lärmsa- für den Güterverkehr gebaut werden, damit die- nierung finanziert. Der Binnen-, Import- und ser kein Hindernis mehr für den verdichteten 1
Petrosphäre Nr. 3 / September 2014 Petrosphäre Nr. 3 / September 2014 Terminals und Mineralöllager berücksichtigt und geschützt wer- den. Negativ würde sich der nun vorgeschlagene Wegfall der Erneuerungsbeihilfen für Anschlussgleise auswirken. Diese Un- terstützung wurde seinerzeit unter anderem als Kompensation für die auf dem Diesel für Rangierlokomotiven erhobene Mine- ralölsteuer eingeführt. Sicher kann nicht die hinterste und letzte Umschlagplatt- form oder Verladerampe beibehalten werden. Aber die Frage stellt sich, auf welchen Wegen grosse Agglomerationen zukünf- tig versorgt werden können. Soll etwa der Grossraum Zürich nur noch ab Basel oder aus Süddeutschland auf der Strasse ver- sorgt werden? Soll die Schienenversorgung der Flughäfen mit Treibstoff auch künftig gewährleistet sein? Solche Fragen rufen nach einem langfristigen Konzept mit einer Prioritätenliste der Persönlich Versorgungsinfrastruktur. Es geht nicht um das Ausspielen von Personen- gegen Güterverkehr, die Bedeutung der Logistik muss jedoch nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei Die Öffentlichkeit nimmt kaum Notiz davon, doch die den Kantonen in der Raumplanung aufgezeigt werden. Auswirkungen werden langfristig zu spüren sein: Dieses häufig in der Klimawandel-Diskussion gebrauchte Bild trifft für einmal zu, wenn man sich die Entwicklung des globalen Erdölverbrauchs vor Augen führt. Im Jahr 2013 Der Güterverkehr darf nicht auf dem Abstellgleis landen. Bild: EV war erstmals die Nachfrage der Nicht-OECD-Staaten, also der Entwicklungs- und Schwellenländer, höher als diejenige der Industriestaaten (siehe auch Seite 3). 51% Personenverkehr darstellt. Damit verlängern sich die Fahrzeiten Überraschend ist diese Entwicklung nicht. Während die der Güterzüge, der Einsatz der Lokomotiven und Lokomotiv- saturierten Länder des Nordens ihren Wohlstand (mal Konsum Primärenergie führer wird noch ineffizienter, die Transportkosten steigen. besser, mal schlechter) verwalten denn vermehren, haben in Mio. t Öläquivalenten der Süden und der Osten schon lange zur wirtschaftlichen «Für Güter die Bahn» bald Geschichte? 14 000 Aufholjagd angesetzt. Investitionen in industrielle Es ist eine politische Frage, welche Verkehre man künftig auf und städtische Infrastrukturen für eine wachsende und der Schiene will. Favorisiert die Raum- und Verkehrsplanung 12 000 jüngere Bevölkerung, zunehmende Mobilität und höhere weiterhin den Personenverkehr, wird der Güterverkehr auf der Komfortansprüche als Folge von mehr Wohlstand sind Schiene längerfristig nicht nur teuer und ineffizient, sondern 10 000 die wichtigsten Treiber für die Energienachfrage – und sogar unmöglich. Im Pariser Metronetz findet ja auch kein Güter- speziell des Erdöls. Der Erdölverbrauch der Welt steigt, transport statt. Unser Bahnnetz in der Schweiz bewegt sich 8000 obwohl die OECD-Staaten insgesamt weniger Erdöl aber mit dem Halb- und Viertelstundentakt genau in diese Rich- D konsumieren, im Jahresvergleich um rund 1 Million Fass/ tung. «Für Güter die Bahn» wäre dann weitgehend Geschichte, er globale Konsum von Primär- 6000 Tag. Wirkungsvolle Bemühungen zur Reduktion der mit Ausnahme des alpenquerenden Nord-Süd-Verkehrs. energie nahm 2013 weiter zu und CO2-Emissionen oder Versorgungsschwierigkeiten sähen Die Mineralölbranche sieht sich zudem bei den Lagerstand- betrug 12 730,4 Millionen Tonnen 4000 anders aus. orten vor grossen Herausforderungen. So reklamieren etwa Öläquivalente; er lag somit rund 2% Einwohner von neu erstellten Siedlungen wegen des Lärms der über dem Vorjahreswert. Beim Energie- 2000 Die Folgen dieser neuen Situation sind mannigfaltig. Kesselwagen. Oder ein Lager kann wegen des kürzlich erfolgten träger Erdöl überstieg der Ölkonsum Es verändern sich die Transportwege, was neue Heraus- Ausbaus des Personenbahnhofs nicht mehr mit Ganzzügen be- der Nicht-OECD-Länder im vergangenen 0 forderungen an die Versorgungssicherheit stellt. Die dient werden. Andere Lager erhalten nur noch zeitlich ungüns- Jahr denjenigen der OECD-Länder erst- 1985 1990 1995 2000 2005 2010 «neuen» Konsumenten ihrerseits beteiligen sich deshalb tige Trassen, da dort der Personenverkehr ausgebaut wurde. mals: Er betrug 51%. Es sind denn auch Quelle: BP Statistical Review of World Energy, June 2014 aktiv an der Erdölförderung rund um den Globus. Sie Einzelne Strecken – selbst in ländlichen Gegenden – können die Nicht-OECD Länder, welche im Ver- stossen dabei auch auf «neue» Produzenten wie die USA überhaupt nicht mehr befahren werden, Umwege sind die Folge. gleich zu den Vorjahreswerten für den mit ihren reichen Schieferöl-Vorkommen, die Ölprodukte Zusammen mit der zur Diskussion stehenden Streichung Anstieg des globalen Erdölkonsums Der Anteil der drei fossilen Energie- 2013 durch eine wachsende Vielfalt vermehrt exportieren und so das Öl aus dem Mittleren der Erneuerungsbeihilfen für Anschlussgleise und dem unge- von 1,4% auf gesamthaft 4185,1 Millio- träger (Erdöl, Kohle und Erdgas) lag wie der Energiequellen geprägt: Der Anteil Osten konkurrieren – wer hätte das noch vor Kurzem rechtfertigten Gefahrgutzuschlag werden solche Beschränkun- nen Tonnen verantwortlich waren. Die- 2012 bei knapp 87%. Der Kohleanteil der erneuerbaren Energiequellen – so- geglaubt? Immer mehr Erdölunternehmen verschieben gen den Güterverkehr zunehmend auf die Strasse verlagern. ser Entwicklung stand unter anderem am Primärenergiekonsum betrug 2013 wohl in der Stromerzeugung wie auch ihren Fokus nach Süden und Osten. Europa verliert Nicht zuletzt deshalb müssen die noch verbleibenden Verlade- der weiterhin rückläufige Konsum der knapp 24%. Auf der Nachfrageseite ver- im Transportbereich – nahm 2013 wei- deshalb sowohl als Raffineriestandort als auch im End- kapazitäten vom Schiff auf die Strasse für Mineralölprodukte in EU-Staaten gegenüber. Gründe dafür zeichnete Kohle immer noch die stärks- terhin zu und trug mit 279,3 Millionen konsumentengeschäft zunehmend an Attraktivität; trotz den Basler Rheinhäfen unbedingt erhalten bleiben. Sie könnten waren unter anderem die Finanz- und te Zunahme unter den fossilen Energie- Tonnen Öläquivalenten 2,2% zum glo- tieferen Verbrauchs wird aber die Importabhängigkeit für die Versorgung der Schweiz mit Mineralöl zukünftig wieder Wirtschaftskrise sowie die europäische trägern. Diese Entwicklung steht den balen Primärenergiekonsum bei. des Alten Kontinents zunehmen. Die Karten im Öl- und eine grössere Bedeutung erlangen. Energiepolitik, welche zu einer Re- klimapolitischen Forderungen nach Energiebereich werden neu verteilt. duktion des Verbrauchs fossiler Ener- einer CO2-Reduktion diametral gegen- Hoffen auf die nächste Vorlage gie führte. In China verzeichnete der über. Die Schweizer Verlader hoffen nun auf die Vorlage im Parlament, Konsum gegenüber dem Vorjahr zwar Die BP Statistical Review of World welche die Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche weiterhin eine Zunahme; sie fiel mit Energy von Juni 2014 1 liefert einen behandelt. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) schlägt erfreulicher- 3,8% allerdings schwächer aus, dies kompakten Überblick über Fakten und weise vor, ein Netznutzungskonzept und einen Netznutzungsplan als Folge der verminderten wirtschaft- Entwicklungen in der globalen Energie- Dr. Rolf Hartl, Präsident Erdöl-Vereinigung zu schaffen, um dem bedrängten Schienengüterverkehr Trassen lichen Entwicklung. landschaft. Die Angebotsseite war auch zu sichern. Auch die Raumplanung der Kantone soll ergänzt wer- 1 www.bp.com/content/dam/bp/pdf/Energy-economics/statistical-review-2014/BP-statistical-review-of-world-energy-2014-full-report.pdf den. Dabei sollen die Logistikstandorte, Umschlagplattformen, 2 3
Petrosphäre Nr. 3 / September 2014 Petrosphäre Nr. 3 / September 2014 Vom Wohlstand zum Stillstand Neue Vorstandsmitglieder bei der EV In der Schweiz sind Liberalisierungsvorlagen an der Urne meistens chancenlos. sich bei diesem Systemwandel nicht ver- Thomas Held sprach in seiner Rede anlässlich der diesjährigen Mitgliederversamm- meiden. So sollen die Treibstoffe zur Fi- lung der Erdöl-Vereinigung am 27. Juni 2014 von einer schleichenden Beschränkung nanzierung des Strassenverkehrs mittels In den Vorstand der Erdöl-Vereinigung wurden folgende Mitglieder neu gewählt: unserer freiheitlichen Wirtschaftsordnung. Immer stärker rücken Verteilungskämpfe Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags die Bemühungen um Wachstum und Produktivität in den Hintergrund. zusätzlich belastet werden. Der Präsident der Erdöl-Vereinigung wies darauf hin, Lorenz Burkart ist seit März Ramon Werner ist seit Septem- F ür Held ist es in der Schweiz heute Welt ohne Öl, Gas und Kohle hinzuarbei- dass es in höchstem Masse widersprüch- 2014 Country Chair der Shell- ber 2013 CEO der Oel-Pool AG. schwieriger geworden, Deregulie- ten, Rahmenbedingungen zu schaffen, lich sei, wenn das gleiche Steuersubstrat Gesellschaften in der Schweiz. Der gelernte Betriebsökonom rungs- und Wachstumsprogramme um die Versorgungssicherheit bei den auch noch mittels Lenkungsabgaben ver- Der eidg. dipl. Experte in Rech- stieg 1998 ins Mineralölge- durchzusetzen. Verteilungsfragen lösen klassischen Energieträgern, insbesondere mindert und so letztlich gar vernichtet nungswesen und Controlling schäft ein. Von 2000 bis 2013 Fragen des Wachstums und der Produkti- den fossilen, zu erhöhen. Versorgungssi- werden solle. Zudem würden die Strassen- arbeitet seit 1996 für Shell und war er für BP tätig, unter ande- vität ab. Daraus resultieren Reformun- cherheit ist kein Selbstläufer und darf bauprojekte fehlen, so dass die geplante ist weiterhin als Shell Brand rem als CEO BP (Switzerland). fähigkeit und Stillstand – wenn auch auf nicht stiefmütterlich behandelt werden. massive Erhöhung des Benzinpreises Finance Manager und Country Im Vorstand ersetzt er hohem Niveau. Das Wirtschaftswachs- Für ein Binnenland wie die Schweiz, die eine Steuer auf Vorrat darstellen und den Controller tätig. Er hat zudem Nicolas Joerin. tum steht nicht mehr an oberster Stelle, bei Importen auf den Goodwill ihrer Nach- Anreiz für die ausländische Betankung in mehrere Stiftungsrats- und Ver- Ramon Werner nimmt Stel- Lorenz Burkart Ramon Werner barn angewiesen ist, ist ein robuster Be- der Schweiz massiv mindern würde. waltungsratsmandate inne. lung zu den Entwicklungen und schaffungsrahmen essenziell. Die man- Die mit dem Brennstoffverbrauch ver- Er tritt die Nachfolge von Herausforderungen im Mine- gelnde Eigenversorgung darf zudem nicht bundenen CO2-Emissionen sind im Ver- Felix Meier an. ralölgeschäft, siehe Seite 6. noch dadurch akzentuiert werden, dass lauf der letzten 25 Jahre auch ohne Len- den beiden Schweizer Raffinerien Son- kungsabgabe nachweisbar gesunken. deropfer auferlegt werden, die ihnen im Trotz dieser Entwicklung verfügte der Daniel Hofer, Direktor Migrol AG, wurde anlässlich der Mitgliederversammlung vom 27. Juni 2014 als neuer Vergleich zu europäischen Raffinerien Bundesrat per 1. Januar 2014 die Erhö- Vizepräsident gewählt. Die Verdienste des langjährigen Vizepräsidenten, Nicolas Joerin, Suter Joerin AG, und einen Wettbewerbsnachteil bescheren. hung der CO2-Abgabe auf Brennstoffen das Engagement der beiden zurückgetretenen Vorstandsmitglieder wurden verdankt. von 36 auf 60 Franken pro Tonne CO2. Sägen am Ast, auf dem man sitzt Mehrere Mineralölfirmen haben dagegen Held zeigte weiter auf, dass sich die kri- Einsprache erhoben, weil sich der Bund tische und liberale Sicht Fragen der An- auf Emissions- und Verbrauchsstatisti- Für Thomas Held, Gastreferent an der Mitglieder- gemessenheit gefallen lassen müsse. ken beruft, die im besten Fall Schätzun- versammlung 2014, entwickelt sich die Schweiz von Der Liberalismus stecke auch in der Wirt- gen darstellen. Die Einnahmen aus der einer freien Marktwirtschaft in eine staatsmono- polistische Richtung. Bild: EV schaft in der Defensive: So seien denn CO2-Abgabe haben zudem nicht nur den und die Grenzen des Wachstums werden heute auch nicht mehr der Markt oder einzelne Firmen die dominanten Akteure, Charakter einer Lenkungsabgabe. Nein, sie werden als Füllhorn für die Finanzie- Jahresbericht 2013 der Erdöl-Vereinigung zum Thema. Die im November 2012 ein- sondern vermehrt politische oder der rung des Gebäudeprogramms von Bund gereichte Ecopop-Initiative «Stopp der Politik nahestehende Entscheidungs- und Kantonen missbraucht. Im Namen der Die umfassende Zusammenstellung mit Zahlen Überbevölkerung – zur Sicherung der na- träger. Liberalisierungsvorlagen seien an und Fakten zur schweizerischen und inter- türlichen Lebensgrundlagen» ist nur ein der Urne heute meistens chancenlos. nationalen Erdölwirtschaft erscheint in neuem Beleg für diesen Sinneswandel. Mittler- Eine Ausnahme war die im Herbst 2013 Kleid. Der Fokus liegt auf der grafischen Illu- weile sind gar Klagen über ein zu starkes deutlich angenommene Revision des stration der Zusammenhänge. Wachstum zu hören. Anhand von Beispie- Arbeitsgesetzes. Die Erdöl-Vereinigung D len aus dem Bau- und Verkehrsrecht illus- hatte die Tankstellenshops im Abstim- ie Energiepolitik als Spiel mit dem Feuer? trierte Held, wie sich die Schweiz hin zum mungskampf um eine sinnvolle Ergän- Viele Energieunternehmen werden auf- Verschönerungsverein entwickelt: Parks zung des Arbeitsgesetzes unterstützt und grund sich verändernder Rahmenbedin- entstehen, Verkehrsspuren und Park- wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass gungen mit grossen Herausforderungen konfron- plätze verschwinden. konsumentenfreundliche – das heisst tiert. Gleichzeitig verliert sich unsere Energie- Für Rolf Hartl, Präsident der Erdöl- liberale – Rahmenbedingungen in der politik in Zielkonflikten sowie selbst auferlegten Vereinigung, stehen die hehren Ansprü- Praxis auch durchgesetzt werden. Zwängen und verunsichert dadurch Bevölkerung che einer Wachstumsbeschränkung je- Rolf Hartl, Präsident Erdöl-Vereinigung, fordert und Wirtschaft. Der Jahresbericht der EV ist ein doch nicht im Einklang mit der Entwicklung Kritisches zur «Energiewende» stabile Rahmenbedingungen, um die Versorgungs- Plädoyer für mehr energiepolitische Nüchtern- des globalen Energieverbrauchs. Allen und zu neuen Abgaben sicherheit weiterhin gewährleisten zu können. Bild: EV heit. Die Antwort auf die Frage nach der «richti- Unkenrufen von Peak Oil und den Sorgen Selbst wenn die Monstranz der bundes- gen» Versorgung unserer Volkswirtschaft mit um den CO2-Ausstoss zum Trotz steigt rätlichen «Energiewende» mittlerweile Energiewende die Brennstoffe (Heizöl und Energie ist eigentlich schon lange gegeben: Eine der globale Ölverbrauch nach wie vor von ihrer Strahlkraft verloren habe, zeich- Erdgas) stetig zu verteuern, ist politisch hohe Diversifizierung steigert die Versorgungs- und ist mittlerweile bei 92 Millionen Fass ne sich, so Hartl, bereits neues Unge- verlockend. Thomas Held wies im Zu- sicherheit, technologischer Fortschritt erhöht die pro Tag angelangt. Angesichts des unge- mach ab: Im Jahr 2022 sollen Energielen- sammenhang mit der Schweizer Energie- Effizienz und somit die Wirtschaftlichkeit. brochenen Trends hin zur Nutzung von kungsabgaben die heutigen Förderab- politik auf die Ironie hin, dass die sonst Nationalrat Martin Bäumle (GLP) und Rolf konventionellen Energien und der für gaben ablösen. Durch die künstliche Ver- so weltoffene Schweiz, welche wirtschaft- Hartl, Präsident der EV, diskutieren über die Ener- noch sehr lange Zeit dominierenden Stel- teuerung der Energieträger (gemeint seien lich ihre Fühler bis nach Asien ausstrecke, giewende. Zwischen den beiden Gesprächsteil- lung der Erdölprodukte im Transport- wohl die nicht erneuerbaren) solle das im Energiebereich gleichzeitig so nach nehmern besteht Einigkeit über das grosse Po- bereich sind Westeuropa (und auch die Verhalten der Energiekonsumenten dahin innen gerichtet sei. Auch er stellt im Ener- tenzial der Energieeffizienz bei Gebäuden. Auch Schweiz) gut beraten, statt einseitig und gehend gelenkt werden, dass der Ener- giebereich ein schleichendes Ausschal- die zentrale Rolle von Erdöl – hauptsächlich im Noch ist die Versorgungssicherheit gewährleistet: Illustration: EV faktenwidrig auf die politisch gewollte gieverbrauch sinke. Zielkonflikte liessen ten des Marktes fest. Treibstoffbereich – wird anerkannt. Wir leben in einer ziemlich heilen (Energie-)Welt und haben viel zu verlieren. 4 5
Petrosphäre Nr. 3 / September 2014 Petrosphäre Nr. 3 / September 2014 Absatzzahlen, Angaben zur Herkunftsstatistik der Mineralölprodukte, die Zusammen- stellung der importierten Rohöle oder die Übersicht über die öffentlich zugänglichen Markentankstellen finden sich wie gewohnt im Tabellenteil. Europia wird zu FuelsEurope Europia, der Interessenverband der europäischen Raffinerien, wurde am 1. Juni 2014 in Fuels- Europe umbenannt. FuelsEurope trägt durch fachkundige Beglei- tung und Beratung zur sicheren und umweltverträglichen Her- stellung, Lieferung und Verwen- dung von Erdölprodukten bei. Mineralölgesellschaften im euro- päischen Wirtschaftsraum, die über Raffineriekapazitäten ver- fügen oder im Einzelhandel tätig sind, steht die Mitgliedschaft offen. Die Mitglieder von Fuels- Europe decken die gesamte Roh- ölkapazität in der EU ab. Die EV Nachgewiesene Erdölreserven weltweit und deren Reichweite (von 1970 bis heute) Illustration: EV steht in engem Austausch mit FuelsEurope. Der Jahresbericht 2013 kann in deutscher und französischer Sprache auf www.erdoel.ch als PDF-Dokument heruntergeladen oder als gedruckte Ausgabe bei der Erdöl-Vereini- www.fuelseurope.eu gung (info@erdoel.ch) bestellt werden. Vom Multi BP zum Schweizer Ölunternehmen – Ramon Werner, CEO Oel-Pool AG und neues Vorstandsmitglied der EV Ramon Werner, CEO der Oel-Pool AG, vor dem neuen Hauptsitz im Spittel in Suhr. Bild: Oel-Pool AG Ramon Werner, seit September 2013 CEO der Oel-Pool AG, ist neues Mitglied den letzten sechs Jahren und war nur Bei Ruedi Rüssel bzw. Miniprix fällt der R.W.: Heute haben immer noch rund 50% dierung mit sich bringen. Das gibt aber des EV-Vorstandes, dem er schon früher als Vertreter von BP angehört hatte. durch den Zukauf von kleineren Ketten geringe Anteil von Tankstellen mit aller Gebäude in der Schweiz eine Öl- gerade KMUs die Chance, sich zusam- Der Betriebsökonom kennt die vielen Facetten der Mineralölbranche. So war möglich. Wie sieht die Strategie der Shops auf. Was ist in diesem Bereich heizung. Wichtig ist hier, dass wir neue menzuschliessen. Wichtig dabei ist, die er unter anderem bei BP (Switzerland) für den Aufbau des neuen Schmier- Oel-Pool AG im Treibstoffgeschäft aus? (von der Oel-Pool AG) zu erwarten? und innovative Produkte anbieten. Zum örtliche Verbundenheit nicht zu verlieren stoffteams sowie für die Führung der Hauptgeschäftseinheit Fuels Marketing Beispiel das Öko-Heizöl, welches die und flexibel zu bleiben. Convenience Retail zuständig. Der ehemalige CEO von BP (Switzerland) kennt R.W.: Wir wollen weiter wachsen, weil R.W.: Das Shopgeschäft ist nach wie vor Umwelt weniger belastet. Oder das Spit- Im Tankstellenbereich erwarte ich die Herausforderungen, denen sich die Mineralölgesellschaften in der Schweiz wir unseren Kunden noch breiter unseren interessant, auch wenn in den letzten zenprodukt Heizöl-Ultra. Wir tun somit weniger kleine Tankstellen und auch hier stellen müssen. Qualitätstreibstoff zu günstigen Preisen Jahren die Convenience Shops nur so aus etwas für die Umwelt und helfen unseren eine Konsolidierung. Die Anbieter wer- anbieten möchten. Eine Möglichkeit be- dem Boden geschossen sind und starker Kunden, den Verbrauch zu senken. Es be- den nach weiteren Effizienzmöglichkei- P etrosphäre: Die Oel-Pool AG mit Ich denke aber auch, dass der Verbrauch steht darin, dies mit Partnerschaften zu Wettbewerb herrscht. Dieses Geschäft steht zudem die Möglichkeit, den Heiz- ten suchen. Die Tankstellen werden aber Hauptsitz im aargauischen Suhr ist von Brenn- und Treibstoffen weiter sin- erreichen. Gerade in sinkenden Märkten selber zu betreiben, ist aber nicht unsere ölpreis für bis zu zehn Jahre zu fixieren, weiterhin Benzin und Diesel verkaufen ein schweizweit tätiges KMU mit ken wird. Deshalb ist es tatsächlich so, macht es oftmals Sinn, wenn sich Anbie- Kompetenz. Wir haben weder die Erfah- damit der Kunde bei der Sanierung sei- und nicht etwa Strom oder Batterien. breiter Ausrichtung. Neben dem Trading dass wir nebst dem Handel mit Brenn- ter zusammenschliessen, um gemeinsam rung noch die Marke dazu. Deshalb sind ner Heizung mit stabilen Energiekosten sowie dem Tankstellen- und Heizöl- und Treibstoffen als stärkstem Standbein verstärkt auftreten zu können. Günstigere wir eine Partnerschaft mit der Alimen- rechnen kann und sich auch zukünftig Vielen Dank für das Gespräch. geschäft gehört auch das Modelabel noch weitere Geschäftsbereiche aufbau- Einkaufsmöglichkeiten oder bessere Nut- tana, welche die Aperto-Shops betreibt, für Öl entscheiden wird. Zimtstern zum Unternehmensportefeuille. en. Zimtstern mit tollen Skianzügen oder zung bestehender Strukturen erlauben eingegangen. Gemeinsam werden wir Was ich damit sagen will: Es gibt Deutet diese Diversifizierung auf einen funktionalen Mountainbike-Kleidern ist es dann, den Kunden ein noch attraktive- unsere Stärken – Alimentana im Shop- Möglichkeiten zu wachsen, aber wir müs- langen Abschied vom Ölgeschäft hin? hierfür nur ein Beispiel. Ein anderes ist res Angebot präsentieren zu können, um geschäft und wir im Treibstoffgeschäft – sen innovativ sein und nicht einfach das unser Holzgeschäft, wo wir Holz verarbei- so längerfristig gut aufgestellt zu sein. voll zum Vorteil unserer Kunden ausspie- Standardöl zum billigsten Preis verteilen. Ramon Werner: Ich bin überzeugt, dass ten und mit Holz handeln. Wichtig ist dabei aber gerade im Heizöl- len können. Ich erwarte, dass wir in den Das hilft niemandem, weder unseren in der Schweiz auch in zehn Jahren noch geschäft, die örtlichen Kundenbeziehun- kommenden Jahren weitere Tankstellen Kunden noch unserer Branche. viel Benzin, Diesel und Heizöl benötigt Ihre Tankstellen laufen in der Deutsch- gen nicht zu verlieren. Einkäufe, Trans- mit Shops betreiben werden. wird und wir dann mit Oel-Pool AG unsere schweiz unter dem Namen Ruedi porte oder die Administration kann man Wie sieht die Mineralölbranche der Kunden weiterhin bedienen werden. Rüssel und in der Westschweiz unter gut optimieren, Kundenbeziehungen so- Der Wärmemarkt ist aus verschiedenen Schweiz in fünf Jahren aus? Deshalb investieren wir nach wie vor in Miniprix. Im Sommer 2014 gehörten wie lokale Marken und Namen sollten Gründen gesättigt. Wo sehen Sie im den Ölbereich und werden diesen sogar 343 Tankstellen zu Ihrem Netz. Das ent- hingegen mit den entsprechenden Perso- Heizölgeschäft bzw. generell für ein R.W.: Es wird weniger Anbieter geben, weiter ausbauen. spricht einer Zunahme von rund 70% in nen bestehen bleiben. Ölunternehmen Wachstumschancen? weil die sinkenden Mengen eine Konsoli- 6 7
Petrosphäre Nr. 3 / September 2014 SPOTS Öltankermarkt D as Institute of Shipping Economics (ISL) weist in seiner Auch 2013 prägten Überkapazitäten den internationalen Tan- Statistik 1 per 1. Januar 2014 weltweit 5775 Öltanker mit kermarkt. Dies widerspiegelte sich in den Charterkosten für einer Ladekapazität von mehr als 10 000 dwt (dead- 12 Monate, welche sich gegen Ende 2013 zwar etwas erholten, weight tons) aus. Damit nahm die Zahl der immatrikulierten aber mit 25 750 Dollar pro Tag für einen Grosstanker (VLCC Schiffe dieser Grössenklassen gegenüber dem Vorjahr um 1% modern) nur knapp über dem Break-even lagen, der für die zu, während sich das Frachtvolumen um 1,7% auf 501 Millionen Reeder mit ca. 25 000 Dollar beziffert wird. dwt vergrösserte. Der Trend hin zu grösseren Tankern setzte sich somit auch 2013 fort. Vom Stapel liefen 176 neue Schiffe Öltankergrössenklassen und 122 wurden abgewrackt. Anfang Jahr lagen den Werften Nach Frachtvolumen in deadweight tons (dwt) weltweit Bestellungen für insgesamt 666 neue Öltanker (61 Mil- lionen dwt) vor. Davon werden etwa 90% in den drei Ländern Grössenklasse dwt Korea, China und Japan gebaut. Handysize 10 000 < 40 000 Das internationale Seehandelsvolumen erreichte 2013 rund 2,8 Milliarden Tonnen, wovon zwei Drittel auf Rohöl entfielen Handymax 40 000 < 60 000 und ein Drittel auf Erdölprodukte. Zwischen 2009 und 2013 Panmax 60 000 < 80 000 nahmen die Tankertransporte von Rohöl jährlich im Mittel um Aframax 80 000 < 120 000 0,7% ab, während die Seetransporte von Erdölprodukten durchschnittlich um 4% pro Jahr zulegten. In Konkurrenz zum Suezmax 120 000 < 200 000 Seehandel stehen u.a. Pipelines, welche Rohöl aus Förderge- VLCC (Very Large Crude Carrier) 200 000 < 325 000 bieten direkt zu Raffinerien liefern. ULCC (Ultra Large Crude Carrier) ≥ 325 000 1 ISL (2014) World Tanker Market. Shipping Statistics and Market Review. Vol. 58, No. 3; www.isl.org Quelle: ISL Schweizer Pioniergeist in der Erdölexploration Die Schweiz bringt man nicht in erster Linie mit der Erdölexploration in Verbindung. Dennoch ist die Suche nach Erdöl in den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts eng mit der Schweiz bzw. ihren Geologen verbunden. Die Historikerin Monika Gisler zeigt in ihrer Studie «Swiss Gang – Pioniere der Erdölexploration» auf, wie einheimische Geologen zu Beginn des letzten Jahrhunderts auszogen, um in der Fremde Erdöl zu fördern. D «Pioniere der Erdölexploration» ie Schweizer Geologen waren seit Beginn galten die Alpen als Modell der grossen Gebirge, Hrsg.: Verein für wirtschaftshistorische der Erdölforschung und -exploration im und die Schweizer Geologen mit ihrer guten Aus- Studien, Zürich, www.pioniere.ch Ausland beliebt. Dies kam nicht von unge- bildung, die grosses Gewicht auf eine gewisse fähr. «In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fachliche Breite und auf Feldarbeit legte, genos- sen einen ausgezeichneten Ruf.» Mangels beruf- licher Perspektiven im eigenen Land blieb der Weg ins Ausland oft die einzige Lösung für die Berufsausübung. Die Geologen aus dem Alpen- Impressum land waren aber auch für die Unternehmen im Auflage Ausland interessant: Neben den «genauen Kennt- Deutsch 37 900 nissen der räumlichen Anordnung geologischer Französisch 12 300 Strukturen im Untergrund» stellte auch die Her- Italienisch 3 200 kunft aus einem politisch neutralen Land in der Redaktion postkolonialen Zeit oftmals einen Vorteil dar. Francesca Romano Seismische Verfahren standen damals noch Roland Bilang nicht zur Verfügung. Monika Gisler sieht den Schlüssel zur Entdeckung von Erdöl-Lagerstätten Kontakt deshalb darin, «die Geometrie der erdölreichen Erdöl-Vereinigung Schichten im Untergrund aus einer detaillierten Spitalgasse 5, 8001 Zürich Tel. 044 218 50 10 Kartierung an der Erdoberfläche abzuleiten». Fax 044 218 50 11 Der 97. Band der Publikationsreihe über info@erdoel.ch Schweizer Pioniere der Wirtschaft und der Tech- www.erdoel.ch Erdölfeld in der Nähe von Baku, um 1890. Bild: Photographic Services, Shell International Ltd. nik ist auf Deutsch erhältlich. Twitter: @Erdoel_UP 8
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