GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel

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GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel
GABRIELA LÖFFEL
             dokumentation
                              (auswahl)

                 g_loeffel@bluemail.ch
       http://vimeo.com/gabrielaloeffel
              http://loeffelgabriela.com

                                           Videostills „Offscreen“
GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel
Inhaltsverzeichnis

S 03   [performance]         Videoinstallation 2017

S 05   unseen				Fotoserie Leuchtkasten 2016
S 07   the case 			          Videoinstallation 2015

S 10   fassung #1 			        Videoinstallation 2015

S 12   offscreen			          Videoinstallation 2013 (DE 2014)

S 16   embedded language     Videoinstallation 2013

S 18   ohne titel 			        Fotoserie 2012

S 20   setting 				Videoinstallation 2011
S 23   the easy way out 		   Videoinstallation 2010

S 25   un temps			           Videoinstallation 2010

S 27   fallbeispiel			       Videoinstallation 2006

S 29   angle vide			         Videoinstallation 2005

S 31   fokus 				Videoinstallation 2002-2003
S 33   cv
S 35   texte
GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel
[performance]
                         Installation / 2 Kanal Videoprojektion / Lautsprecher / 25’15’’ / 2017

Mit der Beteiligung von
Amy Carroll - Sprech Coach
Rudi van der Merwe - Sprecher

Ausgangslage dieser Videoinstallation ist eine Audioaufzeichnung einer Präsentations-Rede des CTO einer
Homeland-Security Firma. Diese Audioaufzeichnung machte ich während einer internationalen Fachmesse der
Sicherheits-Industrie.
Während den letzten 15Jahre wurde die Sicherheits-Industrie global grossflächig ausgebaut und gefördert, diese
Entwicklung von Industrie und Dienstleistung im Bereich der „Homeland-Security“ könnte möglicherweise
als ein ökonomisches Abbild von Politiken gelesen werden. In Staatsbudgets wie auch an der Börse erzeugt die
Sicherheits-Industrie stetig grösste Aufmerksamkeit, und Umsatz-Performance. Der Begriff „Sicherheit“ wird
politisiert zum Diskurs gemacht und erzielt einen expandierenden Einzug ins alltägliche öffentliche und private
Geschehen, oft jedoch ohne eine konsequente und höchst notwendige Definitions-Diskussion diesbezüglich
stattfinden zu lassen.
In der aufgezeichneten Präsentations-Rede stellen sich inhaltlich mehrere Fragen zu wirtschaftlichen- sowie
politischen Interessen, und zugleich tritt die Anwendung von Sprache und Rhetorik in den Fokus.
Um nun diese Rede genauer zu betrachten, um mit dem „was und wie gesagt wird“ zu operieren, habe ich
deren Aufzeichnung einer Sprech-Trainerin für öffentliche Reden zur Optimierung in Auftrag gegeben. Die           Videostills [Performance] 2017
Sprech-Coach Amy Carroll bearbeitet diese Rede zusammen mit der zu coachenden Person Rudi van der
Merwe neu, auf der Bühne in einem leeren Konferenzsaal und vor der Kamera. Die Sprech-Coach setzt die
Redeaufzeichnung einer Perfektionierung aus in der die Körpersprache sowie die gesprochene Sprache spezifisch
für deren Funktion angepasst werden. Dieser Prozess der Optimierung und Aneignung durch eine Fachperson
des öffentlichen Redens, ermöglicht mir einen anhaltenden Blick in die hier gesprochene Sprache und auf den
Inhalt der Rede zu produzieren. Die Herstellung von Sprach-Effizienz um, wie in dieser Rede, dem Transport
von ökonomischen, politischen Interessen dienend, soll hier sichtbar werden.
Dieses performative Moment der Sprech-Coach Amy Carroll und dem Sprecher Rudi van der Merwe habe ich
aus unterschiedlichen Perspektiven gefilmt.
Der Drehort, das Konferenz Zentrum der EPFL dient als ein ästhetisch symbolischer Rahmen und Raum um
ebenfalls die Fragen zu Sprache und Re-Präsentation zu stellen.
Die Installation besteht aus 2 Videoprojektionen und dem Stereo Ton auf Lautsprechern.

Gefilmt im Swiss Tech Convention Center der EPFL Lausanne.

Unterstützt von der Abteilung Kulturelles Stadt Bern, dem Amt für Kultur Kanton Bern, dem Masé Studio Genève
und dem Swiss Tech Convention Center Lausanne.

Link video-auszug als splitscreen :
https://vimeo.com/270951304

                                                                                                                                                   3
GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel
Videostills [Performance] 2017

AUSZUG AUS DER AUDIOAUFZEICHNUNG
„The market size last year is about three-hundred-ninety billion Dollars. One example of our findings is that the dominance
of the USA in this market will continue. The second one will be China, which is today the second one. () What are the
fastest-growing markets - this is very important, because you want to go to a market which grows very fast, because you
can then catch a market share - it is big data, video analytics, cybersecurity and video surveillance. And then border and
perimeter barriers due to, mainly to Europe, is the second-fastest market“

                                                                                                   Installations-Situation

                                     2 Videoprojektionen

        2 Lautsprecher

                                                                                                                                                               4
GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel
unseen
                  Installation / Fotoserie / Lambda Print / 39cmx26cm / Leuchtkasten / 2016

Diese Fotoserie ist während der Sibos (Swift International Banking Operations Seminar) 2016 in Genf entstanden.
Sibos ist die bedeutendste globale Fachmesse der Finanz Branche, und findet jährlich in einer anderen Stadt statt.
Es werden dazu bis zu 8000 Konzernleiter, Entscheidungsträger und Experten der Finanzinstitutionen weltweit
erwartet. Fachleute aus Infrastrukturen des Finanzmarktes, aus globalen Unternehmen sowie Partner aus der
Technologie treffen sich hier in einem exklusiven Rahmen um zu Verhandeln, Geschäfts - und finanzpolitische
Strategien zu entwickeln, Netzwerke zu spannen und Zukunftsfragen für die Finanzindustrie zu klären.
An diesem Anlass konnte ich die Präsentation und Repräsentation der Welt der Finanzen aus der Nähe
beobachten, und die von ihnen produzierten Codes erkunden. Ich habe mich in diese Veranstaltung eingeschleust
um mit dem Fotoapparat einen beobachtenden jedoch distanzierten Blick zu ermitteln. Spuren wie die der
globalen Finanz Politik traten hier, an diesem ausschliesslich an ein integriertes Fachpublikum adressierten
Anlass, an die sichtbare Oberfläche. Ein mögliches öffentliches Publikum wurde durch den Tageseintrittspreis
von 1000 chf effektiv ausgeschlossen.
Meine Blick – und Bildwahl habe ich auf die Architektur der Messestände gerichtet. Das Design dieser
Installationen die den Blick von Aussen steuern; verglaste Räume die die Sichtbarkeit und das Sehen
kontrollieren und eine mögliche Identifikation der sich im Innern befindenden Personen unterbinden.
Dieser fragmentierenden Architektur die jeden Blick von Aussen organisiert galt mein Hauptinteresse für
diese Fotoserie, die Nicht-Sichtbarkeit tritt in den Mittelpunkt und bildet den Rahmen von „Unseen“. Die
abwesende Erkennbarkeit der teilnehmenden Akteure wird hier zum Gegenstand und steht bezeichnend für ein
politisches Terrain das oft in konstruierten Unsichtbarkeiten handelt.
Die Fotografien werden als Leuchtkasten installiert, eine Form die es mir erlaubt die inhaltliche Perspektive
des geschlossenen Raumes mit auf zu nehmen. Der Leuchtkasten ist ein Objekt das die Trennung vom Inneren
zum Äusseren produziert und somit die Fragen und Thematiken der Fotografien nochmals als Gegenstand
übersetzen und verlängern kann.

Leuchtkasten                                                                                                         Sibos, Fachmesse der Finanzdienstleistungsbranche 2016 Fotografie : Gabriela Löffel   5
GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel
Sibos, Fachmesse der Finanzdienstleistungsbranche 2016
Fotografie : Gabriela Löffel

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GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel
the case
                           Installation / 2 Kanal Video / Kopfhörer / HD / Stereo / 34’ / 2015

Der 2014 in der WTO Genf stattfindende „ELSA Moot Court Competition on WTO Law“, ein internationaler
Plädoyer-Wettbewerb im Welthandelsrecht, war Ausgangslage der Videoinstallation „The Case“.
Die Welthandelsorganisation WTO (World Trade Organization) ist eine der einzigen internationalen
Organisationen, deren Handels - und Wirtschaftspolitik globale Reichweite hat. 1995 ersetzte sie das 1947
geschaffene GATT (General Agreement on Tariffs and Trade). Wesentliches Ziel der WTO ist der Ausbau des
Wirtschaftsliberalismus vor allem durch Förderung des Freihandels, die Regulierung von Rechtsstreitigkeiten
und die Aufsicht über nationale Politiken.
Im „ELSA Moot Court Competition on WTO Law“ debattieren Juristinnen und Juristen jeweils einen fiktiven
Rechtsfall. Es handelt sich um einen „Entstehungs-Moment“, in welchem Sprache zu Rhetorik und somit
zu einem gezielten Instrument von Diskurs und Politik wird. Dieser Vorgang, in dem Gesetze in Rhetorik
vorgetragen und verhandelt werden, ist auch und vor allem ein politischer Momente, in dem die Macht der
Sprache sichtbar wird.
Während des Halbfinales und des Finales dieses Plädoyer Wettbewerbs habe ich zwei verschiedene Juristenteams
gefilmt. Einerseits das Team aus der renommierten Privatuniversität Harvard Law School von Cambridge, das
als Kläger-Team im Finale auftrat, andrerseits das Team aus der National and Kapodistrian University von
Athen, das im Halbfinale als Kläger auftrat und kurz danach im Finale zum gleichen Rechtsfall als Verteidiger.
In diesem Rechtsfall der „ELSA Moot Court Competition on WTO Law“ wurde der fiktive afrikanische Staat
„the Federal Republic of Aquitania“ von einem anderen fiktiven afrikanischen Staat „the United Kingdom of
Commercia“ am WTO-Handelsgericht angeklagt.                                                                      Swiss Art Awards, Messe Basel 2016
Der Rechtsfall lässt sich folgendermassen zusammenfassen:                                                        Foto : Guadalupe Ruiz, Bundesamt für Kultur
2005 wurde die Wasserversorgung und -verarbeitung von Nova Tertia, einer Provinz der Federal Republic of
Aquitania, an die private Firma Avanti SA verkauft und ein zwanzigjähriger Vertrag unterzeichnet.
2007 erhöhte die Avanti SA den Preis ihrer Dienstleitung um 70% und lehnte gleichzeitig die von der Regierung
mehrmals geforderten Erweiterungen und Reparaturen des Wasservertriebsnetzes ab. Hierauf kam es in der
Bevölkerung zu einem Aufstand.
2009 wurde der Vertrag mit der Avanti SA schliesslich vorzeitig durch Nova Tertia gekündigt.
Die Avanti SA beantragte daraufhin beim Handelsministerium von United Kingdom of Commercia, dem Staat,
in dem sich der Hauptsitz der Firma befindet, am WTO Gerichtshof Klage gegen die Federal Republic of
Aquitania zu erheben.
Dieser fiktive Rechtsfall mit seinen überaus realistischen und aktuellen Thematiken bewirkt Fragen zur
Herstellung von Rhetorik, Sprache und deren juristischen Anwendungen im Rahmen von wirtschaftlichen und
politischen Apparaturen.
Den inhaltlichen Fragestellungen stelle ich eine Bildsprache gegenüber, die fiktionale Vermutungen erzeugen
kann und somit die Abgrenzung von dokumentarischem und fiktivem Inhalt nochmals stört.
Die Videos werden auf zwei synchronisierten, nebeneinander hängenden Bildschirmen gezeigt. Der Ton wird
über Kopfhörer vermittelt.

Gefilmt in der WTO, Genève.

Unterstützt vom Amt für Kultur Kanton Bern, Stipendium für Bildende Kunst 2015.

Link video-auszug als splitscreen :
https://vimeo.com/171408018                                                                                      Ausstellung „The Case“ Dazibao Montréal, CA 2015
                                                                                                                 Foto : Marilou Crispin                             7
GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel
Videostills „The Case“ 2015

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Videostills „The Case“ 2015

                              9
GABRIELA LÖFFEL dokumentation (auswahl)- Gabriela Löffel
fassung #1
                                  Installation / 1 Kanal Video / Kopfhörer / HD / Stereo / 24’20
                                                         Fotografie 17cm x 13cm Diasec / 2015

Mit der Beteiligung von
Benedikt Greiner - Schauspieler

An der 100 Jahr Feier der Schweizer Luftwaffe „Air14“ habe ich ein Interview mit einem Mitarbeiter der
Pilatus Flugzeugwerke geführt, der mir, in gegenseitigem Einverständnis, einige seiner persönlichen
Standpunkte unterbreitete. Die Pilatus Flugzeugwerke kann man als ein „Symbol“ der Schweizer Politik von
Kriegsmaterialexport und deren Anwendung bezeichnen. Eine Politik, die ab den 70er Jahren regelmässig für
nationale und internationale Kritik sorgt.
Nach dem gefilmten Interview, das mir wie erwartet keine neuen Informationen zu der Exportpolitik der Firma
lieferte, erhielt ich eine SMS vom Pilatus-Interviewpartner:
„Grüezi Frau Loeffel. Ich bitte sie, die heute von mir gemachten Aufnahmen vertraulich zu behandeln und zähle
auf ihre Diskretion. Beste Grüsse“
Diese Nachricht gründet die Ausgangslage von „Fassung #1“.
Nach verschiedenen Quellen aus dem Schweizer Wirtschaftsjournalismus ist zu vermuten, dass solch ein
Auftrag an das Schweigen, an Zensur, nicht zufällig ist sondern vielmehr eine im Wirtschaftsbereich zum
Teil verinnerlichte Methode frei legt, die vor allem gegenüber dem kritischen Journalismus angewendet wird
(oftmals entwickelt und fundiert auf das „Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb / UWG“). Diese
Kurznachricht stellt mir somit auch eine sprachliche Zusammenfassung der aktiven Machtverhältnisse im
Informationsraum dar.                                                                                            Videostills „Fassung #1“ 2015
Die Weiterverarbeitung des gefilmten Interviews setze ich im Theaterraum, auf der leeren Theaterbühne
mit fehlendem Publikum, fort. Auf dieser Bühne, auch ein Raum der Rhetorik, sitzt ein Schauspieler dem
Originalinterview auf Bildschirm gegenüber, und stellt sich dem Versuch, diesen gefilmten Pilatus-Mitarbeiter
direkt und genauestens wieder zu verkörpern. Der Auftrag an den Schauspieler ist es, die Sprache der gefilmten
Person direkt in die Hochdeutsche Sprache zu übertragen und die Körpersprache und Gestik zeitgleich zu
übermitteln, so zu sagen die Kopie des Pilatus-Mitarbeiters zu werden. Dieser Prozess des direkten Verdoppelns
erzeugt beim Schauspieler verschiedene Stresssituationen, Momente der Störungen in denen das Scheitern der
Sprache, der Übersetzung sichtbar und hörbar wird.
Somit dient mir diese Technik der „Imitation“, die zu einer Grundlage der Schauspielerei zählt, dazu
Sprachgebrauch durch das Verfahren des Kopierens und Simulierens frei zu legen. Mithilfe dieser Über-und
Versetzung des gefilmten Interviews in verfremdende Sprachräume, sollte nun eine Distanz zum Inhalt erzeugt
werden, die Fragen über Bedingungen von Sprache und Machtverhältnissen ermöglichen kann.
Das Video wird auf einem Bildschirm und mit Kopfhörern präsentiert. Neben dem Bildschirm ist die Fotografie
der SMS gehängt.

Gefilmt im Stadttheater Bern, Vidmarhalle.

Unterstützt von Pro Helvetia und Konzert Theater Bern.

Link video-auszug :
https://vimeo.com/167124085

                                                                                                                 „Fassung #1“ Cantonale Berne Jura, Kunsthalle Bern 2015
                                                                                                                 Foto : David Aebi                                         10
Videostills „Fassung #1“ 2015

                                11
offscreen
   Installation / 3 Kanal Videoprojektion / 2 gerahmte Leinwände / Kabellose Kopfhörer
                              Lautsprecher / HD / 28’ / 2012-2013 (deutsche Version 2014)

Mit der Beteiligung von
Alister Mazzotti - Stunt Choreograf
Tolga Degirmen, Sascha Girndt, Ralph Güthler, Anja Sauermann, Vanessa Wieduwilt - StuntperformerInnen
Benedikt Greiner - Erzählerstimme deutsche Version
Paulo Dos Santos - Erzählerstimme französische Version
Julien Tsongas - Erzählerstimme englische Version

Ausgangspunkt von „Offscreen“ ist die Erzählung eines jungen Mannes von seinem vierwöchigen Pauschalurlaub
2011 in Afghanistan und im Iran. Urlaub in Krisengebieten wie Afghanistan, Irak, Nordkorea und Somalia
sind die neusten Abenteuerversprechen der Tourismusbranche, die mit Schlagworten wie „Dabeisein“ oder
„wirkliches Verstehen der Konflikte“ wirbt und auch das Mithelfen bei Aufbauarbeiten oder einen Einsatz bei
Hilfswerken vor Ort in Aussicht stellt. Minenfelder räumen ist eines der Angebote „sinnvoller Arbeit“, die auf
den mutigen Touristen warten. Diese neuere Tourismusbranche zeigt in extremer und beängstigender Form, wie
Kriegsrealitäten verhandelt und nun auch im Tourismus als Konsumgut eingesetzt werden.
Der montierte Erzähltext wird von einem Schauspieler gesprochen und dabei neu interpretiert, um eine
Verschiebung zu erzeugen. Die Offstimme bildet den Mittelpunkt der Arbeit, sie begleitet die BesucherInnen
über Kopfhörer durch die gesamte Installation. Der Text wird durch Videobilder ergänzt die - in der visuellen
Sprache des Kinofilms gehalten - eine zusätzliche Ebene erzeugen, um Freiraum zur Reflexion zu schaffen.            Videostills „Offscreen“ 2012-2013, Filmstudios Babelsberg, DE
Gedreht wurde in den Filmstudios in Potsdam-Babelsberg. Die gleichen Apparaturen und Installationen
allerdings, die normalerweise dazu dienen, die grossen Gefühle und Schauplätze der historisch-fiktiven Kriege
im Grossformat zu liefern, wurden jetzt selbst thematisiert. Ich habe das Flugzeugset und die Aussenkulisse
der „Berlinerstrasse“ mit der Kamera beobachtet, habe die Studio-Bauten gefilmt, die durch Kinofilme wie
„Der Pianist“ zur visuellen Referenz des Kriegsfilmes wurden. Weiter habe ich im Spezialeffekte-Studio                                                                                      Installations-Situation
Übungsszenen von StuntperformerInnen, die sogenannten Videopreviews, aufgezeichnet, die üblicherweise
in simulierten Kulissen den Hauptdreh vorbereiten sollen. Als inhaltliche Ausgangslage für die Stuntszenen
diente die Urlaubserzählung des jungen Mannes. StuntperformerInnen stehen für Widerstand und Action
gegenüber Gefahr. Sie leihen ihre Körper den Originalen, den SchauspielerInnen. Sie sind Körper-Kopien und
sie symbolisieren das Perfekte, das sich (fast) allen Gefahren stellen kann. Diese Aspekte verbinde ich mit dem                                              Videoprojektion auf die Wand
Kriegsurlauber.
Die Aufnahmen der Studios werden auf zwei Projektionswände projiziert, die nun Kulissen im Raum gleichen.
Die Aufnahmen der Stuntleute werden direkt auf die Wand projiziert.

Von der Installation sind drei Versionen vorhanden, in englischer, deutscher und französischer Sprache.

Realisiert mit der Hilfe der Studio Babelsberg AG, Potsdam DE
                                                                                                                                             Videoprojektion auf gerahmte Leinwände
                                                                                                                                             Auf dem Boden stehend
Unterstützt von der Abteilung Kulturelles Stadt Bern, dem Amt für Kultur Kanton Bern, der Bourse 2012 Société des
Arts Genève, dem Fonds d’art contemporain de la ville de Genève (FMAC), dem Fonds cantonal d’art contemporain
(FCAC) Genève, dem Masé Studio Genève

Link video-auszug als splitscreen, deutsche version :
https://vimeo.com/125989014
https://vimeo.com/125988895
                                                                                                                                                                                                                      12
Videostills „Offscreen“ 2012-2013, Filmstudios Babelsberg, DE

                                                                13
AUSZUG AUS DER ERZÄHLUNG

„Das Inserat für diesen Urlaub sah ich in der Zeitung, vor ungefähr einem Jahr. „Abenteuertrip“. Ich wurde
darauf aufmerksam weil hauptsächlich auch Reisen in den Irak angeboten wurden. Ich hatte damals gerade
mein Studium abgeschlossen, und dies war dann sozusagen meine Belohnung. Ich war einen ganzen Monat
dort, zuerst im Iran und danach in Afghanistan. In den Irak wäre ich auch gerne gereist, dies lag aber von den
Zeiten her nicht drin, mit den Prüfungen ging das Zeitlich nicht. Dann bin ich halt in den Iran, wenn ich
schon mal da unten bin, dann wollt ich doch gleich ein bisschen bleiben!
Wenn du in Kabul ankommst, das erste was du da am Flughafen siehst sind Soldaten, und viele Cheaps wo
hintendran die bewaffneten Soldaten sitzen, aber man gewöhnt sich so schnell daran, auch an die Polizei und
Armee, nach 2 Tagen hast du dich daran gewöhnt.

Es war noch lustig in der einen Nacht da waren wir in der nähe von Bagram, das ist der grösste US
Stützpunkt den sie haben, da fliegen die Flugzeuge noch und nöcher, da haben wir draussen geschlafen,
und die Anflugschneise war genau über uns. In dieser Nacht sind dann extrem viele Flugzeuge geflogen, wir
dachten uns noch, irgendwas ist da vielleicht am laufen. Am nächsten Tag haben wir dann eine sms aus der
Schweiz bekommen: „Bin Laden ist getötet worden“. Und erst danach haben wir dann begriffen das die ganze
Operation von Bagram aus gestartet wurde, und das in einem dieser Flugzeuge die wir gehört und gesehen
haben wahrscheinlich die Leute drinnen sassen die dann eben Bin Ladens Haus gestürmt haben und dann
wieder zurück geflogen sind. Also, wir waren da wo er getötet wurde genau in der Nähe vom Flughafen, und
das war schon irgendwie... beeindruckend wenn man so ein Teil der Weltgeschichte ist,, quasi!                    Videostills „Offscreen“ 2012-2013, Filmstudios Babelsberg, DE

Bei uns war es dann so dass der Bodyguard immer ein paar Schritte hinter uns war, das hatte er uns auch
erklärt: Wir wollen euch laufen lassen, ihr könnt selber schauen und gehen wie ihr wollt, wir sind einfach
immer ein paar Schritte hinter euch und halten so ein Auge auf euch. Es war nicht so dass er immer gleich
2 Meter...ehh ich meine 2cm neben mir stand und so bewacht, also man hat viel Freiraum, auch im Bazar,
und ehh ja, also im Bazar braucht man es dann vielleicht auch ein bisschen dass er gleich hinter einem steht.
Aber so wie in Bamiyan, wenn man irgendwo durchkommt wo ehh kein Mensch ist, dann, ja, ehh lässt er
manchmal sein Gewehr auch im Auto, oder ja..irgendwann hat er dann auch seinen Kampfanzug abgezogen
und zivile Kleider angezogen zum Beispiel...

Also es fällt nicht auf, und man gewöhnt sich so schnell daran. Und ja... gut eben ich habe Militärdienst
gemacht und wir hatten sowieso immer auch ein Gewehr von meinem Vater Zuhause, in dem Sinn war es für
mich nichts aussergewöhnliches, und es ist nicht so, ehh dass es, so das Gefühl gab von, wie soll ich sagen,
von overprotected. Der Bodyguard war aufmerksam das schon, aber nicht im negativen Sinn, man wusste
einfach es sind noch 3 andere Leute da, die auf einem aufpassen, und man kann es dann wirklich geniessen,
kann in Ruhe rumschauen, man kann die Sachen anschauen und wenn etwas gefährlich wäre, sagen sie es
einem schon sofort. Man muss halt selber nicht aufpassen, kein Auge offen halten, es waren wirklich ganz
liebe Kerle“.

                                                                                                                 Ausstellung „Geschichte in Geschichten“ Helmhaus Zürich, 2015
                                                                                                                 Foto : FBM Studio

                                                                                                                                                                                 14
9’500 euros, c’est beaucoup et c’est peu d’argent. 9 500 euros pour des vacances, c’est toutefois un joli budget. Au choix,
vous pourriez aujourd’hui acheter une caravane tout confort et envisager de nombreux voyages avec, ou louer un domaine
d’exception en Bourgogne pouvant contenir jusqu’à 65 personnes pour 7 nuits. Tant qu’à faire, partir loin à ce prix, seul ou
en famille, est possible en louant, par exemple, une villa de luxe sur les hauteurs de Toiny à Saint-Barthélemy avec une vue
époustouflante sur l’océan, une piscine chauffée et un jaccuzzi à disposition, une semaine, vol compris. 9 500 euros, c’est
également le prix d’un séjour de deux semaines proposé par une agence ad hoc pour s’offrir des « vacances en zones de crises
», comme on l’apprend dans Offscreen de Gabriela Löffel. Un « voyage d’aventure », comme il a été entrepris par un jeune
Suisse souhaitant s’offrir « une récompense » à la fin de ses études. « Un voyage qui vaille le coup. » D’abord en Iran, puis en
Afghanistan.

Après s’être intéressée de très près ces dernières années à un camp d’entraînement militaire américain installé en Bavière
(Setting, 2011), Gabriela Löffel qui, en 2010, réalisait déjà The Easy Way Out en s’appuyant sur une discussion surprise au
bar d’un hôtel non loin de ce même camp américain, nous livre aujourd’hui Offscreen (2013). Dans la prolongation des autres
travaux, Offscreen dénonce une situation liée aux guerres du Moyen Orient et politiquement tolérée par notre société bien
pensante. L’artiste découvre ses sujets sur Internet, puis procède à un travail d’enquête. Elle réunit dans un premier temps une
solide documentation qu’elle déconstruit par la suite avant d’en recréer un scénario qui ne peut qu’éveiller l’esprit critique du
spectateur tout en évitant les terrains glissants du voyeurisme, du jugement facile ou de la synthèse trop rapide.

L’installation Offscreen présente trois écrans qui plongent le visiteur dans trois scénarios visuels projetés parallèlement tout
en étant accompagnés par un même récit en voix off : le récit d’un voyage « en zones de crises ». Passé le premier mouvement
de caméra balayant un rideau de scène, le théâtre peut commencer. Sur des fonds d’images de qualité, qui ne sont en rien
illustratives, la voix d’un homme raconte alors non sans fierté cette expérience qui l’a fait « participer à l’histoire ». Comme
dans The Easy Way Out, ou dans Setting, dans Offscreen Gabriela Löffel ne pointe pas sa caméra précisément sur le sujet dont
il est question. Elle trouve des moyens imagés de mettre en perspective les propos recueillis en insistant sur le décalage qui                Ausstellung „Offscreen“ Halle Nord, Genève 2013.
existe entre le réel et le vécu, la projection et l’expérience, la réalité et la mise en scène. Orchestrés par l’artiste, les constructions   Foto : Erika Irmler
de boîtes en carton, les travellings à l’intérieur et à l’extérieur d’un avion de ligne, les répétitions de cascadeurs professionnels
soulignent l’artifice, le décor, la rupture d’avec le vrai monde.

Le protagoniste d’Offscreen a donc trouvé sa destination, originale et atypique : une chose qu’il se doit d’expérimenter avant
d’avoir « un emploi fixe ou une famille… ». Et profiter également d’une destination « sans touristes ». Enfin, « ne pas perdre
son temps », comme tant d’autres le font « en lézardant sur une plage ». Son histoire – adaptée à partir d’une vraie interview,
puis retravaillée avant d’être lue par un comédien professionnel – capte l’attention du visiteur qui, affublé d’un casque audio
pour l’écouter, ne peut que difficilement couper court à la densité du contenu. Plus de 600 photographies ont été prises par le
jeune étudiant lors de ce voyage. Aucune de ces 600 images ne vient pourtant prendre place dans les vidéos de Gabriela Löffel.
Bien au contraire, sa caméra filme par exemple les rues désertes d’une ville européenne ou des immeubles ternes qui, dans la
mémoire collective de tout Occidental, lorsqu’elles sont accompagnées par un récit de guerre, font penser inévitablement à
la Seconde Guerre mondiale…plus loin, les plans révèlent finalement l’arrière d’immeubles …et surtout les échaffaudages de
décors. Ceux des studios cinématographiques de Babelsberg à Potsdam, là où a notamment été tourné Le Pianiste de Roman
Polanski.

Les mises en relation avec l’histoire, l’actualité, les médias, mais également avec le cinéma, la narration s’imposent d’elles-
mêmes. Le travail de Gabriela Löffel n’est là ni pour documenter ni pour relater ni pour condamner, il permet au visiteur de
comprendre par lui-même, grâce à la construction du récit proposé, un état de fait pour le moins alarmant... quelle frontière
existe-t-il encore entre le quotidien et les lieux en guerre ? Adressé à une génération habituée au zapping, le dispositif présente
donc trois sources visuelles et deux sources sonores (l’histoire narrée dans le casque et un son de bruissement sourd emplissant
la salle d’exposition) qu’il s’agit de combiner entre elles afin de saisir le propos d’Offscreen. Le spectateur regarde, écoute et
est invité à se déplacer physiquement dans l’espace de l’exposition entre des écrans monumentaux. Des conditions propices au
déclenchement d’une réflexion qui s’impose devant cette nouvelle production, percutante, de l’artiste bernoise.

Karine Tissot
Kunsthistorikerin und Direktorin des Centre d’art contemporain in Yverdon-les-Bains                                                                                                              15
embedded language
                                          Installation / 2 Kanal Video / Kopfhörer / HD / 19’ / 2013

Mit der Beteiligung von
Jean-Luc Montminy - Synchronsprecher
Joey Galimi - Studioregisseur
Caroll Cafardy - Tontechniker

Während der „20th International Defence Industry Exhibition MSPO“ 2012 in Polen machte ich ein Interview
mit einem Kadermitglied einer polnischen Waffenfirma. Dieses gefilmte und Englisch gesprochene Interview
habe ich danach in Montréal in ein Filmsynchronisationsstudio transponiert.
In diesem Studio hat der Synchronsprecher und Schauspieler Jean-Luc Montminy (der unter anderem
die französisch-kanadische Stimme hauptsächlich von Bruce Willis und Denzel Washington ist) wie es für
Kinoproduktionen üblich ist das Interview, zusammen mit einem Studioregisseur und einem Tontechniker
Französisch synchronisiert.
Dieses Moment der Sprach - und Diskursdekonstruktion und Rekonstruktion habe ich mit der Filmkamera
festgehalten. Der Synchronsprecher, der in seiner Arbeit immer unsichtbar bleibt und auf der Leinwand die
Stimme eines anderen Körpers simuliert und ausschliesslich gehört wird, rückt hier vor die Kamera.
Das Verfahren, in dem ein Synchronsprecher und die technische Apparatur des Kinos eine andere Sprache,
andere Wörter in den Mund des Waffenherstellers entwickeln, wird somit sichtbar. Dieser Prozess kann nun
die Fragen zu Sprache und Macht und deren un/Sichtbarkeit weiter führen, und die Felder von bewaffneter
Politik in Zusammenhang mit Kino mit einbeziehen. Film und Krieg bilden seit Beginn des bewegten Bildes ein
                                                                                                                 Videostills „Embedded Language“ 2013
komplexes dialektisches Verhältnis, und stehen in der Produktion, der Technik wie auch in der Bildrezeption im
engen Zusammenhang, diese Verbindungen zu betrachten steht hier mit zur Diskussion.
Die Verschiebung der komplexen Materie über Waffenhandel von der Dokumentation hin zum Herstellungsort
von Fiktion, dem Filmstudio, soll somit Fragen zu politischen und wirtschaftlichen Bezügen ermöglichen.
In der Ausstellung wird das Video mit dem Synchronsprecher auf die Wand projiziert. Das Video mit dem
Interview wird auf selber Höhe und Grösse auf einem, in die Wand integrierten Flachbildschirm gezeigt.
Der Ton ist auf Kopfhörern zu hören.

Gefilmt in den Filmstudios Cinélume in Montréal.

In Koproduktion mit „Vidéographe“ Montréal und „La Bande Vidéo“ Québec.
Unterstützt vom Amt für Kultur Kanton Bern.

Link video-auszug als splitscreen :
https://vimeo.com/125994663

                                                                                                                                                        16
Videostills „Embedded Language“ 2013

                                                                                         Installations-Situation

                                                   Video des Synchronsprechers
                                                                 als Projektion

                                                                                          Video des Interviews
                                                                 auf in der Wand integriertem Flachbildschirm

                                       Kopfhörer

                                                                                                                   17
ohne titel
                                                                     Fotoserie / 23x34.5cm / Diasec / 2012

Diese Fotoserie ist ein Teil einer Recherche, im Rahmen welcher ich 2012 nach Polen an die „International
Defence Industry Exhibition“ fuhr. Während vier Tagen habe ich vor Ort recherchiert, fotografiert und gefilmt.
An dieser Messe stellen ungefähr 400 Firmen aus 29 Ländern ihre „Waren“ und „Dienstleistungen“ aus. Politik
und Wirtschaft stellen sich Hand in Hand vereint ins Rampenlicht, und ohne jegliche Sorge um mögliche
kritische Blicke werden eine Woche lang Verträge, Verbindungen und Geschäfte ausgehandelt. All dies
geschieht in einem messeüblichen, festlichen Rahmen, in dem rund um die Uhr kulinarische und musikalische
Unterhaltung geboten werden. Die meist weiblichen Messehostessen sorgen ebenfalls für eine „einladende“
Stimmung für die Geschäftsleute und Politiker.
Konstruktionen der Verzerrung von Realitäten wurden hier während dieser Messe direkt erkennbar. Diese
gesteigerte Form der Banalisierung der bewaffneten Politik und Armeegewalt, in der die Realität des Krieges
komplett ausgeblendet und stattdessen als Spektakel und Technologieshow vorgeführt wird, zeigt mir die sehr
aktuellen und komplexen Fragen der (un-)Sichtbarmachung auf.
Um diese Fragen weiter zu denken, greife ich hier unter anderem auch auf den Textauszug von Judith Butler
zurück, den ich als Text Tafel in der Fotoserie integriere :

„Efforts to control the visual and narrative dimensions of war delimit public discourse by establishing and disposing
the sensuous parameters of reality itself – including what can be seen and what can be heard. As a result, it makes sense
to ask, does regulating the limits of what is visible or audible serve as a precondition of war waging, one facilitated by
cameras and other technologies of communication?“
                                                                                                                             Foto : Gabriela Löffel
Judith Butler                                                                                                                International Defence Industry Exhibition Polen, 2012
In: “Frames of War: When Is Life Grievable?“ Brooklyn, NY: Verso, 2009

                                                                                                                                                                                     18
Foto : Gabriela Löffel
International Defence Industry Exhibition Polen, 2012

                                                        19
setting
                     Installation / 2 Kanal Videoprojektion / Lautsprecher / HDV / 33’ / 2011

Mit der Beteiligung von                                                                                                                                                            Installations-Situation
Daniel Hug - Sound Designer
Miruna Coca-Cozma - Erzählerstimme französische Version
Nadja Schulz-Berlinghoff - Erzählerstimme deutsche Version                                                                                   Videoprojektion

Grafenwöhr ist der grösste Truppenübungsplatz der US-amerikanischen Armee ausserhalb der Vereinigten
Staaten. Das 276 km2 weite Trainingslager wurde 1910 unter dem Königreich Bayern errichtet und gehört seit
1945 den Amerikanern. Es liegt in einem Naturschutzgebiet und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die
hier stationierten Soldaten und Soldatinnen kommen nach einer Übungszeit von durchschnittlich drei Wochen
im Irak oder in Afghanistan zum Einsatz. StudentInnen, Arbeitslose und andere deutsche Staatsangehörige
werden als StatistInnen auf diesem Truppenübungsplatz angestellt. Während drei Wochen sollen sie, zum
Training der SoldatInnen, arabische Zivilisten darstellen.
Die Erlebniserzählungen von zwei ehemaligen StatistInnen bilden den Kern von „Setting“.
Die Gesprächsaufzeichnungen, die ich mit den StatistInnnen machen konnte, werden von einer Schauspielerin
wiedergegeben. Somit wird eine weitere Verschiebung erzeugt, in welcher Realitäten, Inszenierung und
Tatsachen versetzt in unterschiedlichen Feldern auftauchen, um damit die eigentliche Ausgangslage des                                                                                    Videoprojektion
„inszenierten Krieges in Bayern“ zu thematisieren.
Diese Verschiebungen werden ebenfalls auf der Bild-Audio-Ebene angewendet. In Anlehnung an den Film/                                                       Lautsprecher
Kriegsfilm und dessen Geräuschevokabular habe ich mit dem Sound Designer Daniel Hug die Erzählungen der                                                     Raumton
StatistInnen vertont und die Hörlandschaft mit filmischen Referenzen bespielt. Diesen Tonherstellungsprozess
im Hörspielstudio habe ich mit fixer Videokamera gefilmt, um den Ton auch in visueller Form in den
Vordergrund zu stellen und somit Fragen zu Inszenierung und Realitäten zu ermöglichen.
Diese Videoaufnahmen sind als rhythmische Bildkomposition montiert und werden als Doppelprojektion
                                                                                                                                                                                         Lautsprecher
zusammen mit den Tonspuren im Raum installiert. Jedoch sind zu einem grossen Teil der Erzählung keine
                                                                                                                                                                                         Stereo rechts
Bilder sichtbar, der Ton nimmt den ganzen Raum ein und die Videobilder erscheinen unerwartet an bestimmten     Lautsprecher
dramaturgischen Momenten der Erzählung.                                                                        Stereo links                                        Lautsprecher
                                                                                                                                                                  Erzählerstimme
Von der Installation sind zwei Versionen vorhanden, in deutscher und französischer Sprache.

Gefilmt im Hörspielstudio Radio DRS 2, TPC - Technology and Production Center, Basel.

Unterstützt von der Abteilung Kulturelles Stadt Bern, dem Amt für Kultur Kanton Bern und dem Migros-
                                                                                                                              Lautsprecher
Kulturprozent. TPC - Technology and Production Center Switzerland AG Basel und dem Département Cinéma /                                                                                 Lautsprecher
                                                                                                                              Raumton
Cinéma du réel de la Head-Genève.                                                                                                                                                          Raumton

Link video-auszug als splitscreen, deutsche version :
https://vimeo.com/124518615
https://vimeo.com/84679209

                                                                                                                                                                                                             20
AUSZUG AUS DEN ERZÄHLUNGEN DER STATISTINNEN

„Die Übungs-Dörfer … haben keine Dörfer dargestellt, sondern teilweise richtig grosse Städte, also Tikrit ist eine grosse
Stadt oder Basrah. Aber in Ermangelung des Platzes auf dem Übungsplatz und wegen des Aufwandes haben die dann
einfach diese Dörfer als solches benannt und man sollte sich dann halt vorstellen dass das eine riesen Stadt ist. Also… es
ist halt alles sehr sehr... abgefahren eigentlich, wenn man sich das so überlegt! Also du hast da so ein paar Hütten, es gibt
diese Dörfer mit Steinhäusern, und dann gibt es die Mini Mounts, die haben, was weiß ich, 5 - 6 Blockhütten, also mini
Hütten, und das stellt dann eben teilweise, je nach Durchgang, Durchlauf auch eine Stadt dar. Ja, also, da muss man
schon viel Fantasie mitbringen und auch von Seiten… der Soldaten, sich dann da vorzustellen, dass das jetzt irgendwie
ein Stadtteil in… Irak ist, oder… ja.
Es gab ein ganz grosses Dorf, da passen richtig viele Leute rein... die haben auch mehrere Häuser. Die sind, na ja, die
haben die ursprünglich mit Spitzdächern gebaut und dann haben die nach und nach angefangen diese Spitzdächer
wieder abzutragen, um Flachdächer daraus zu machen, weil im Orient haben die nun mal Flachdächer. Ursprünglich
war das eher für den Kosovo gebaut worden. Und da hat es halt auch Spitzdächer. Und aber für diese Dachkämpfe
wie sie eben im Irak oder Afghanistan auch nicht unüblich sind, haben sie halt diese Dächer wieder abgetragen… und
dann so mit Balustraden drum rum gemacht. Es hatte auch immer eine Dorfstraße, dann da die Häuser die mehr oder
weiter weg von der Strasse waren, und jedes Dorf hatte halt so seine Charakteristik. Dadurch dass das in einem grossen
Naturschutzgelände ist, und auch ziemlich bergig ist, sah das dann zum Teil halt doch sehr unterschiedlich aus. Das
eine Dorf war dann in der Senke, das nächste so halb am Hang oder so. Ja, die Häuser hatten dann ihre Bestimmung;
das Bürgermeisterhaus halt und dann die Schule und Wohnhäuser, und der Mechaniker und ein Kaffee, ja und die                    Ausstellung „Setting“ Les Halles, Porrentruy 2012
Moschee...“                                                                                                                     Foto : Philippe Queloz

„Wir haben einmal ein Bombenattentat ge…mm…gemacht… das war auch gruselig. Das war ein sehr grosser
Sanitätseinsatz, und wir sind auf eine Demonstration, fast alle Dörfer sind auf eine Demonstration gefahren, eh, für
bessere Bedingungen. Wir haben vor der Kaserne demonstriert, vor der… also vor den Sanitätern eigentlich, und haben
dagegen protestiert dass es eben eine grosse Unsicherheit gibt trotz der, eh, ausländischen Militärpräsenz. Und das eben
die Zivilbevölkerung permanent Gefahren ausgesetzt ist, von beiden Seiten eigentlich, und dann ging… Mitten… in der
Demonstration eine Bombe hoch, Selbstmordattentäter. Wir waren alle vorher präpariert worden, also wir waren schon
mit unseren Wunden präpariert worden und haben dann natürlich, eh, entsprechend… und hatten auch eine Karte. Ich
hatte eine ganz gruselige Wunde. Ich hatte eine Schratenelle im Kopf und… dann... ich … genau, und mein Mann war
unverletzt, und dann bin ich… also ganz viele lagen halt da rum, viele waren tot, viele waren verletzt es gab ein grosses
Stöhnen und ganz viel Blut überall, die hatten da halt Farbe verspritzt.
Und ich bin dann so rumgelaufen, ich hab dann auch so ein bisschen das wirklich gespielt. Und die amerikanischen
Soldaten hatten diese Demo halt eigentlich abge…e…sichert, was nichts genützt hatte, und die standen halt da. So. Und
dann waren die halt natürlich total nervös, weil es oft ja so ist das kurz hintereinander zwei Bomben, eh, explodieren
um möglichst viele Opfer zu verursachen. Und deswegen waren die entsprechend auch nervös. Und ich bin dann
halt rumgelaufen im Delirium, vollkommen blutüberströmt, mein Mann hat mich versucht zu stützen und mir zu
helfen und die Soldaten eben zu bitten dass mir geholfen wird. Und auf diesen Karten waren Prioritäten vermerkt, also
Kopfverletzung natürlich höchste Priorität im Gegensatz zu... was weiss ich, einen Kratzer am Arm sag ich jetzt mal.
Und es hat eine ganze Weile gedauert bis die Sanitäter eingetroffen sind, und ich bin dann immer zu diesen Soldaten die
da eben standen hingegangen so torkelnd und hab dann auch versucht also… mich festzuhalten an denen, weil ich ja
auch schwach auf den Beinen war, und der eine… der hat mir wirklich das Gewehr vor die Nase gehalten…so ! Das war
wirklich… also da hab ich auch wirklich, eh, also… als reale Person einen Schreck bekommen... weil…. na ja“

                                                                                                                                Ausstellung „Crosnier Extra Muros“ Bac, Genève 2011
                                                                                                                                Foto : Erika Irmler

                                                                                                                                                                                      21
Videostills „Setting“ 2011

                             22
the easy way out
                  Installation / 3 Kanal Videorückprojektion / Kopfhörer / Lautsprecher / Diaporama
                                                                         Zitat Karl Kraus / 20’ / 2010

     Mit der Beteiligung von                                                                                                                                                                     Installations-Situation
     Sophie Hengl, Benoît Kremer, Nathalie Loiseau - SimultandolmetscherInnen französische Version
     Carmen Delgado, Markus Mettler, Valeria Tschannen - SimultandolmetscherInnen deutsche Version

     In „The easy way out“ werden Dolmetscher und Dolmetscherinnen, die in ihrem Beruf alltäglich im Schatten                                                                                             Lautsprecher
     der zu übersetzenden DiplomatInnen und PolitikerInnen arbeiten, ins Rampenlicht vor die Videokamera
                                                                                                                                                           Lautsprecher
     gerückt und beobachtet. Am Ausgangspunkt des Projekts steht eine Audioaufnahme, die ich an der Grenze
     zum Truppenübungsplatz der amerikanischen Armee in Grafenwöhr, Bayern gemacht habe. Es handelt                                                                               3 Video
     sich um eine Diskussion zwischen einem amerikanischen Soldaten, der aus dem Irak zurückkommt, einer                                                                      Rückprojektionen
     deutschen Hotelbesitzerin aus Grafenwöhr, die SoldatInnen beherbergt und der benachbarten, zweisprachigen
     Autoverkäuferin. Die 3 DolmetscherInnen stellen sich dem Experiment, dieses Gespräch, in dem über den
     Alltag in Bayern und dem in Kriegsgebieten bis hin zu politischen Meinungen und Positionen diskutiert wird,
     synchron zu übersetzen.
     Dieses Moment der Suche nach Wort und Sprachverständigung, des Versuchs Information zu vermitteln und
     des simultanen Verstehens der in einer für die DolmetscherInnen anstrengenden Situation, halte ich auf 3
     separierten, synchron aufgezeichneten Videoaufnahmen fest.
     Im Ausstellungsraum sind über Kopfhörer die Übersetzungen zu dem entsprechenden Videobild des                                     Diaporama                                                        Diaporama
                                                                                                                                                                  Kopfhörer
     Dolmetschers bzw. der Dolmetscherin zu hören. Der Originalton des Gesprächs, in Bayern aufgezeichnet,
     ist per Lautsprecher im Raum zu hören. Die Gesamtinformation des Gesprächs wird fragmentiert und gibt
     somit Raum zur Prüfung und zum Aushorchen von Wort und Sinn sowie deren Herkunft frei. Ebenso rückt
     hier die wiederholte Sprachlosigkeit der DolmetscherInnnen vor dem zu übersetzenden Gespräch, sowie deren
     Bemühungen sich dieser Leere zu entziehen, in den Blick der BetrachterInnen.
     Auf Bildschirmen sind die Fotografien des „Grenzgebietes“ zwischen Truppenübungsplatz der amerikanischen
as zu sagen hat, trete vor und schweige! »
     Armee und der Bayerischen Dorflandschaft zu sehen. Territoriale Symbole und kulturelle Spuren sind darin
     erkennbar.                                   Karl Kraus, 1914

     „Wer etwas zu sagen hat, trete vor und schweige!“
      [veːr] [ˈɛtvas] [tsuː] [ˈzaːgən] [hat], [ˈtreːtə] [foːr] [ʊnt] [ˈʃvaɪgə]

     Karl Kraus, aus „In dieser grossen Zeit“ Die Fackel Nr. 404, Dezember 1914

     Von der Installation sind zwei Versionen vorhanden, eine mit deutschsprachigen DolmetscherInnen und eine mit
     französischsprachigen DolmetscherInnen.

     Unterstützt von der Abteilung Kulturelles Stadt Bern, dem Amt für Kultur Kanton Bern und dem Migros-Kulturprozent.
     Mit Hilfe der École de traduction et d’interprétation ETI, Genève.

                                                                                                                          Ausstellung „The easy way out“ Galerie Ex-Machina Genève 2010
                                                                                                                          Foto : Erika Irmler

                                                                                                                                                                                                                           23
Videostills „The easy way out“ 2010

Diaporama „The easy way out“ 2010

                                      24
[un temps]
                          Installation / 1 Kanal Videoprojektion / Kopfhörer / HDV / 10’ / 2010

Mit der Beteiligung von                                                                                                                       Installations-Situation
Sylvie Rey - Dolmetscherin der Gebärdensprache                                                                  Videoprojektion
Michel Grobety - Schauspieler

In [un temps] erinnert sich der Schauspieler Michel Grobety, der in der Theaterinszenierung von Michel
Soutter im Jahr 1978 die Rolle von Clov im Stück „Endspiel“ von Samuel Beckett spielte, an die damaligen
Bühnenszenen und seine Bewegungen. Den Text der beiden Hauptrollen Clov und Hamm liest er aus dem
Buch, gleichzeitig übersetzt die Dolmetscherin Sylvie Rey simultan in die Gebärdensprache. Zu sehen ist diese
Übersetzung jedoch nur während des Textes von Clov, die Übersetzung von Hamm ist ausschliesslich hörbar
und der Stuhl, der Ort der Übersetzung, bleibt leer. Der leere Stuhl wird von Mikrofonen abgehört, die diese
Abwesenheit der Wörter und der Sprache hör- und sichtbar machen sollen. Die ausgehaltene, an die Grenzen
gezogene Auflösung der Zeit, des Nichts mit seinen Wortstücken, die als Versuch des Füllens auftauchen,
konfrontiere ich auf der Theaterbühne mit der Geräuschekulisse der Gebärdensprache. Die Abwesenheit des
Theaterpublikums ist die Weiterführung von Leerstellen.
Dem Text von Becketts „Endspiel“ entnehme ich hauptsächlich das Aushalten der Leere und der Stille als Zeuge
des absurden Geschehens sowie der aussichtslosen Kommunikation, des unmöglichen Dialogs.
Im Ausstellungsraum, mit Stühlen ausgestattet, ist das Video als Projektion installiert. Der Ton ist über
Kopfhörer hörbar.

Von dem Video gibt es auch eine Deutsch-untertitelte Version.

Gefilmt im Théâtre de Carouge.

                                                                                                                                  Kopfhörer
Mit der Unterstützung der Association Michel Soutter, Erika Irmler und dem Théâtre de Carouge.

                                                                                                                                                                        25
Videostills [un temps] 2010

                              26
fallbeispiel
                             Installation / Mehrkanal Videoprojektion / Audio-Surround / 2006

Mit der Beteiligung von                                                                                                                          Installations-Situation
Julie Beauvais, Fabio Bergamaschi, Antonio Buil, Catherine Büchi, Romaine Chapuis, Delphine Lanza,             3 Projektionen
Ismael Oiartzabal, Paola Pagani, Pauline Wassermann - TänzerInnen und SchauspielerInnen

In „Fallbeispiel“, einer Untersuchungen über den „stürzenden Körper“, performen professionelle TänzerInnen
und SchauspielerInnen Fallbeispiele. Das Stürzen wird unaufhaltsam repetiert, bis die physische Reaktion und
Konsequenz der Körper im Bild eintritt und die Zeitdimension erkennbar macht. Es wird ausschliesslich der
Augenblick kurz vor und nach dem Fallen, die Vorbereitung, die Wirkung und die Reaktion der stürzenden                          4 Lautsprecher
Personen sichtbar gemacht. Die Spuren und Zeichen des bevorstehenden oder soeben vorhergegangenen
Sturzes sollen die Unruhe der Frage auslösen, wie lange der sichere Stand noch gehalten werden kann, und
somit vielleicht auch dem geschützten „Stand“ der BetrachterInnen seine Sicherheit entziehen. Der Sturz
selbst wird im Bild ersetzt durch ein rhythmisches Auflösen und Wiedererscheinen der Körper. Diese Bilder
werden je nach Raumsituation als 2– oder 3–Kanalprojektion installiert, wo die gefilmten TänzerInnen und
SchauspielerInnen in Lebensgrösse erscheinen.
Die eigentliche Aktion, der im Bild ausgelassene Sturz, wird in den Tonspuren durch die bearbeiteten und
verfremdeten Geräusche der Körper und deren inneres Pochen, Vibrieren, Aufschlagen und Streifen wieder
aufgenommen und dem Bild und dessen Stille entgegengestellt. Diese Geräusche wurden mithilfe von
Kontakt– und Stethoskopmikrofonen aufgenommen, und bespielen die Installation als Geräuschekomposition
im Surroundmodus.

Unterstützt von der Abteilung Kulturelles Stadt Bern, dem Amt für Kultur Kanton Bern und dem Migros-
Kulturprozent.

Link video-auszug :
https://vimeo.com/83380266

Ausstellung „Fallbeispiel“ Galerie Stargazer, Genève 2010
Foto : Erika Irmler
                                                                                                                                                                           27
AESCHLIMANN CORTI STIPENDIUM 2007

Jury: Madeleine Schuppli, Direktorin Kunstmuseum Thun
     Christoph Lichtin, Kurator und Sammlungskonservator Kunstmuseum Luzern
     Dr. Holger Hoffmann, Bernische Kunstgesellschaft
     Susanne Kulli , Bernische Kunstgesellschaft, Präsidentin visarte.bern (Verband visuelle Kunst)
     Mario Sala, Künstler, Winterthur

In der Videoinstallation „Fallbeispiel“ der 1972 geborenen Künstlerin Gabriela Löffel sind in zwei
gegenüberliegenden Projektionen Menschen zu sehen, die von einer zunehmenden Verausgabung
gekennzeichnet sind. Wir stehen als Betrachterinnen und Betrachter zwischen diesen jungen und älteren
Frauen und Männern und nehmen Anteil an der anstrengenden Szene, welche sie uns vorführen. Der
eigentliche Grund ihrer Anstrengung, das tatsächliche und sich immer wiederholende Umfallen und
Aufstehen, ist allerdings ausgeblendet. Wir sehen lediglich den Moment kurz vor dem Umfallen und
jenen kurz nach dem Aufstehen, wir hören das Aufklatschen von Körpern und die schwerer werdende
Atmung, wobei die Tonspur einer anderen Logik folgt als das Bild. Indem die Künstlerin eine wesentliche
Sequenz weglässt, jedoch mit dem Ton eine betörende Klangwirkung einführt, schafft sie Raum für eine
Imagination. Wir füllen die filmischen Leerstellen mit einem eigenen, durch den Ton provozierten Bild.
Gabriela Löffels Videoinstallation kann man sich nicht entziehen: Es sind eindringliche Bilder, die sie
uns zeigt, und jene die sich in uns einstellen, steigern die Dramatik bis an die Grenze der Brutalität.

Die Arbeit besticht durch ihre Reduktion und ihre starke Metaphorik. Wir wissen natürlich, dass die
Personen, die sich schweisstreibend vor uns aufstellen, Schauspielerinnen und Schauspieler sind. Doch
die gekonnte künstlerische Umsetzung, die gezielte Auswahl der verschiedenen Typen, die anonymisierte
Kleidung, der gesteigerte Ausdruck der Schauspielerinnen und Schauspieler, der rhythmisierte Klang,
das subtile Ein- und Ausblenden lässt soviel offen, dass wir das Gesehene sowohl mit tatsächlichen
Begebenheiten als auch mit einem allgemeinen Gesellschaftsbild in Verbindung bringen können, etwa
dann, wenn wir erkennen, dass unsere Gesellschaft ebenso, wie im Video zu sehen ist, Personen bis zu
einem bestimmten Punkt sich verausgaben lässt und sie dann durch eine andere ersetzt.

Obwohl Gabriela Löffels Arbeit eine aktuelle gesellschaftskritische Position einnehmen kann, ist sie      Videostills „Fallbeispiel“ 2006
auch einer Bildtradition verpflichtet, die sich von der Performancekunst der «Body Art» der späten
1960er Jahre bis in die Gegenwart ziehen lässt. Die Künstlerin scheut die archaischen Bilder, die ihre
Vorgängerinnen und Vorgänger mit ihren Körperperformances geschaffen haben, nicht. Sie greift sie auf
und setzt sie durch den subtilen Einsatz der Video- und der Klangkunst in eine neue Bildsprache um.

Die Jury verleiht Gabriel Löffel den Hauptpreis des diesjährigen Aeschlimann Corti Stipendiums für
eine formal wie inhaltlich hervorragend umgesetzte Arbeit. Es ist ein Fallbeispiel, wie durch die Kunst
des Weglassens etwas Grosses entstehen kann.

Jurybericht von Christoph Lichtin

                                                                                                                                            28
angle vide
                                      Installation / Videorückprojektion / Audio-Surround / 2005

Mit der Beteiligung von                                                                                                                               Installations-Situation
Giuditta, Joëlle, Saskia, Sebastien, Sony - Boxerinnen und Boxer

Als wichtiger Teil eines Boxtrainings gilt das „Shadow“, französisch „le vide“, der Kampf gegen den nicht
vorhandenen, imaginären Gegner - alleine. Dieser vorgestellte, unsichtbare Gegner und der (Wett)Kampf gegen
ihn bilden den Schwerpunkt in „Angle vide“, wozu ich mit professionellen Boxerinnen und Boxern zusammen
arbeite.
                                                                                                               4 Lautsprecher
Wie weit können Gegner und Feinde durch unsere Vorstellung und Interesse konstruiert werden, wie werden
sich diese angeeignet? Der unsichtbare Gegner und Feind, allgegenwärtige Gefahr, könnte es doch ein/e Jede/r
                                                                                                                                Videorückprojektion
sein.
Die progressive, physische Veränderung und Erschöpfung, der Verlust der emotionalen Kontrolle und die
Konzentration der BoxerInnen werden durch die Aufhebung des Raumes in den Bildaufnahmen und mithilfe
der verwendeten „fixen“ Kamera verdichtet sichtbar gemacht.
Diese Bilder werden als Videorückprojektion auf die Leinwand in mitten des Ausstellungsraumes installiert.
Der imaginäre Gegner bildet auch den Inhalt der Audioaufnahmen. Die Boxerinnen und Boxer werden von mir
zu diesem „Zustand“ der Vorstellung eines nicht vorhandenen Gegners befragt. Wie versetzen sie sich in eine
authentische Kampfsituation mit unsichtbarem Gegner? Wie erleben sie diese Situation gezielter Aggression
gegen ein „leeres“ Ziel? etc.
Diese Audioaufnahmen werden im Surroundmodus verwendet und installiert, wodurch sich die Stimmen im
ganzen Raum bewegen.

Von dem Video gibt es auch eine Deutsch-untertitelte Version.

Unterstützt von der Abteilung Kulturelles Stadt Bern und dem Amt für Kultur Kanton Bern.

Link video-auszug :
https://vimeo.com/49305399

                                                                                                                                                                                29
Videostills „Angle vide“ 2005

                                30
fokus
                                  Installation / Videoprojektion / Kopfhörer / 5’41’’ / 2002-2003

Mit der Beteiligung von
Ariane Blatter, Cora Liechti, Letitia Ramos, Doris Schmid - Performerinnen

Vier Frauen, die nie zuvor physisch mit Waffen in Kontakt kamen, schiessen zum ersten Mal in einem
Schiesssportkeller mit einer Pistole. Was in diesem kurzen Moment der Konfrontation mit ihren eigenen
Grenzen und Erfahrungen von Gewaltwahrnehmung/-darstellung geschieht, wird mithilfe einer spezial 16mm–
Highspeed Kamera (150 Bilder/Sekunde) festgehalten.
„Fokus“ wird als Loop projiziert. Die Originaltonaufnahmen (die Atmung der Frauen und der Schuss) sind
über Kopfhörer zu hören. So befindet sich der/die BetrachterIn im Moment der Bildrezeption in derselben
„isolierten“, mit Kopfhörern ausgestatteten Situation wie die gefilmten Frauen.
Als Ausgangslage stellt sich auch die Frage, wie mediale Gewaltdarstellung und Geschlechtermodelle
zueinander stehen. Somit ist „Fokus“ ebenfalls ein Versuch, eine differenzierte Fragestellung zu Gewalt und   Videostills „Fokus“ 2003
geschlechterspezifischer Gewaltdarstellung zu ermöglichen.

                                                                                                                                                               Installations-Situation
Unterstützt von der Abteilung Kulturelles Stadt Bern und dem Amt für Kultur Kanton Bern.

Link video-auszug :
https://vimeo.com/83379312

                                                                                                                                             Videoprojektion

                                                                                                                                         Kopfhörer

                                                                                                                                                                                         31
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