Garten - if..faktum - ein ort der frauen? - Land Vorarlberg
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if..faktum garten – ein ort der frauen? gleichstellung kompakt geschichten einer einzigartigen beziehung garten ein ort der frauen? geschichten einer einzigartigen beziehung . if.faktum gleichstellung kompakt www.vorarlberg.at/frauen 2_2020
editorial Home … Tanja Kopf Funktionsbereich Frauen und Gleichstellung tanja.kopf@vorarlberg.at H ome-Office, Home-Schooling und jetzt auch noch Home-Gardening. Klingelt’s bei Ihnen? Ich spreche von zwei Seiten der Medaille. Dass wir vermehrt auf unser „Home“ – sei das unsere Wohnung oder unser Haus – Mehr Infos: www.vorarlberg.at/frauen zurückgeworfen sind ist der aktuellen Situation geschuldet. frauen.gleichstellung@vorarlberg.at Und wie es in Situationen von vermehrtem „Home“ ist, geht der Blick ganz schnell zu uns Frauen. Dafür sind ja wohl wir zuständig. War immer so und soll so bleiben. Gerade in Zeiten wie diesen werden die Bemühungen für Gleichstellung und Gleichberechtigung schnell über Bord geworfen. Das sollten wir nicht zulassen. Bei der Planung für diese Ausgabe von if:faktum waren uns die ersten beiden „Home“ (Office und Schooling) noch nicht so vertraut. Seit einigen Wochen Inhalt begrüßen wir uns aber ganz stark von zu Hause aus. Mit Ausnahme der Frauen, die in systemrelevanten Bereichen 03_Standpunkte Landesrätin Katharina Wiesflecker wie Verkauf oder Pflege arbeiten. Die dürfen und sollen nach wie vor draußen tätig sein. Zu Hause aber dürfen wieder 04_ Frauen und ihre Gärten verstärkt wir Frauen ran. Eine besondere Beziehung im Lauf der Geschichte 08_Gärten, die erden Zuerst den eigenen Job gut erledigen, dann mit den Die psychologische Kraft des Gartens Kindern lernen, um schlussendlich fürs leibliche Wohl der 09_Bei der Kräuterhexe ganzen Familie zu sorgen. Wir können das, aber wir müssen Monika Vesely und ihr Kräuterkraftwerk aufpassen, dass uns das nicht auch in der Zeit nach der 10_Platz für Frauen Krise erhalten bleibt. Landschaftsplanerin Bente Knoll im Interview 12_Zuflucht vor der Krise Nützen wir daher die Zeit auch um althergebrachte Rollen- Die Bedeutung von Gärten in schwierigen Zeiten bilder kritisch zu hinterfragen. Und schauen wir gut darauf, 13_Die Gartengemeinschaft dass wir neue Aufgaben geschlechtergerecht verteilen. Gemeinsam Gärtnern als soziales Gefüge Gute Anregungen dazu finden sich in dieser Ausgabe zum Thema „Frauen und Garten“. Ob es die Pflanzen- und 14_Entfaltungsraum Garten Gudrun Sturn über die Natur im Garten Gewürztöpfe auf dem Minibalkon oder dem Fensterbrett oder der große Garten hinter dem Haus sind. Da dürfen alle 15_Wunschbild der Welt Gartengestaltung und Permakultur in der Familie mithelfen. Nützen Sie die Anregungen auf den folgenden Seiten und schreiben Sie uns wie es Ihnen damit © Land Vorarlberg 16_Menschen zum Thema … gegangen ist. … was bedeutet Garten für mich? Auf Ihre Rückmeldung freut sich impressum if:faktum gleichstellung kompakt. Aktuelle Information zu Frauen- und Gleichstellungsthemen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie interessierte Frauen und Männer. Herausgeberin: Funktionsbereich Frauen und Gleichstellung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung Redaktion: Ursel Nendzig Bundeslandredaktion: Tanja Kopf, Susanne Birnbaumer, Siegrid Pescoller Organisation: Nadine Wieländner Artdirektion, Layout, Grafik und Bildbearbeitung: Martin Renner, rennergraphicdesign Druck: Samson Druck Auflage: Vorarlberg 3.000, Gesamtauflage 16.300 Beratung, Konzept, Koordination der Produktion: „Welt der Frauen“ Corporate Print für das Amt der Vorarlberger Landesregierung, Funktionsbereich Frauen und Gleichstellung www.welt-der-frauen.at DSGVO-Hinweis: Sehr geehrte Bezieherinnen und Bezieher, mit 25. 5. 2018 ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten. Als Bezieherin/Bezieher haben Sie uns personenbezogene Daten zur Verfügung gestellt, die wir im Rahmen der Erfüllung Ihres Bezugswunsches verarbeiten. Der verantwortungsvolle Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten ist uns wichtig. Um unsere Informationspflicht nach der DSGVO zu erfüllen, möchten wir Sie für alle weiteren Details zu unserem Umgang mit Ihren Daten auf unsere Datenschutzerklärung hinweisen. Diese schicken wir Ihnen auf Wunsch und Anfrage via frauen.gleichstellung@vorarlberg.at gerne zu. 2 if..faktum 2_2020
standpunkte 3 Fragen an … Regina Metzler Diese Ausgabe des if:faktum erscheint in iner der herausforderndsten Zeiten in der e Gärtnermeisterin in Andelsbuch, jüngeren Geschichte. Besonders gefordert und Bregenzerwald, www.regreena.at betroffen waren und sind einmal mehr die Frauen. Die überwiegende Zahl der Arbeitskräfte in den Sie haben sich den Traum einer eignen sogenannten systemrelevanten Berufen ist weiblich, Gärtnerei bereits mit 23 Jahren verwirklicht. die Jobs sind oft schlecht bezahlt. Während insbe- Was freut sie daran am meisten? sondere die Handelsangestellten und die Pflegekräfte Ich hatte immer schon den Traum von der eigenen Gärt- einem hohen gesundheitlichen Risiko ausgesetzt wa- nerei. Nach dem Besuch der Gartenbaufachschule in ren, waren viele Frauen zu Hause damit konfrontiert, Niederösterreich und meiner Meisterausbildung habe ich Home-Office, Home-Schooling und den Haushalt zu mich 2012 selbständig gemacht. Heute bin ich stolze koordinieren und zu organisieren. Es ist zu befürchten, Chefin von vier Mitarbeiterinnen und einem Mitarbeiter. dass insbesondere die Frauen-Arbeitslosigkeit steigen Seit 2018 haben wir auch einen Gemüsebaubetrieb, der wird. Wir müssen darauf achten, dass diese Entwicklun- mich unglaublich freut: „Wir bauen regionales Gemüse gen nicht dazu führen, dass überwunden geglaubte und Obst an, und das in einer Gegend, die nicht gerade Rollenbilder und Geschlechterzuschreibungen sich für Gemüse bekannt ist. Und es ist schön, Menschen dar- wieder verfestigen. Bessere Bezahlungen in den frauendominierten Branchen sollten jedenfalls eine in zu beraten, sich einen zusätzlichen Lebensraum zu logische Folge der Krisenbewältigung sein. schaffen. Denn das ist der Garten: Eine Nahrungsquelle, aber auch ein Wohnzimmer, ein Ort der Kreativität, der Neben all den Schwierigkeiten soll dennoch Zeit Erholung und des Genusses. und Platz auch für die schönen Seiten des Lebens bleiben. Das Thema dieser Ausgabe Frauen und Wann haben sie die Liebe zum Garten entdeckt? Gärten war schon lange geplant und beleuchtet Sie wurde mir quasi schon in die Wiege gelegt, meine die vielen Facetten des Omas haben sehr gerne gegärtnert und ich habe als Pflanzens, Blühens und Kind bereits im Acker helfen dürfen. Da wurde mir ge- Wachsens. zeigt, wie man Samen in die Erde legt und sie pflegt, und wie schön es ist, die Früchte zu ernten. Ich wünsche Ihnen trotz aller Umstände eine anregende Ist Ihrer Meinung nach der „grüne Daumen“ weiblich? Lektüre. Auch wenn sehr viele Frauen im Privaten vielleicht sich um den Garten kümmern: die Gärtnereien sind zum Großteil in Männerhand. Für mich als Frau – zudem als sehr junge Frau – war es am Anfang nicht immer einfach. „Mann“ nahm mich nicht ernst. Aber mein Durchset- Katharina Wiesflecker zungsvermögen hat sich ausgezahlt. Frauenlandesrätin und nkt Ko Pu 1 m f Au m a von den insgesamt 57 Mittelschulen in Vorarlberg hat den Schwerpunkt in Ökologie: Bereits 1998 wurde in der Gemeinde Mäder die Öko-Mittelschule eröffnet. Sie hat 8 Klassen und ca. 200 SchülerInnen. In der Schule ist ökologisches, soziales und wertorientiertes Verhalten ein Lebensprinzip. Die Gemeinde Mäder hat zudem ein Grundstück von 30 Ar für den dazugehörigen Schulgar- ten zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gibt es aber noch Umwelt 19 © Land Vorarlberg, Regina Metzler zeichen-Schulen (https://www.umweltzeichen.at/de/bildung/schulen) und 8 Ökolog-Schulen (https://www.oekolog.at/). Es gibt mehr als 40Schulgärten in Vorarlberg. Dazu kommen etliche „Kischta-Gärtle“ (Aktion der Obst- und Gartenbauvereine) sowie zahlreiche Blumenwiesen, die von Schüler/innen vor den Schulen angelegt wurden. Quelle: Bildungsdirektion Vorarlberg, Mittelschule Mäder 2_2020 if..faktum 3
cover frauen und ihre gärten Ein kleines Paradies, so sagt man: der Garten. Egal, wie klein, ein Garten ist ein Ort, an dem man träumen kann, Entspannung findet und Inspiration – vor allem in Zeiten von Krisen. Der Garten war und ist dabei immer ein Ort der Frauen. Ob das nun gut oder schlecht ist? Es kommt drauf an. 4 if..faktum 2_2020
elbst die bibel-unfestesten Menschen haben diese Bäuerinnen pflegten die Gärten und übernahmen Assoziation: Garten – Paradies – Eva. Sie damit die Versorgung mit Gemüse, Fürchten und ist die also die erste Gärtnerin, Hüterin Kräutern – inklusive Hausapotheke. Sie sicherten des Gartens, dieses friedlichen Platzes. damit nichts weniger als das Überleben der Zumindest bis sich Gut und Böse for- Familie, ihr Garten war Garantie dafür, dass der mieren und die Menschen den Garten Speiseplan der ganzen Familie vielfältig blieb. verlassen müssen. Die Sehnsucht nach ei- Bäuerinnen waren und sind bis heute darin nem Garten ist in vielen von uns sehr tief veran- Spezialisten – dank des Wissens, das von kert. Die Sehnsucht nach einem paradiesischen Gar- Generation zu Generation weitergetragen wurde. ten, in dem es kein Gut und kein Böse gibt, sondern Er ist ihr Reich, sichert neben den für die tägliche nur die Natur, die uns annimmt, wie wir sind. Versorgung notwendigen Nahrungsmitteln auch Vielleicht ist das der Grund, warum sich Frauen Freude im Alltag: Die Blumen, die am Rand der schon immer in Gärten besonders wohl gefühlt ha- Gemüsebeete gesetzt werden, haben vielleicht ben. Weil er ein Ort der Gestaltung ist, ein Refugi- keinen Nutzen, sind aber mit ihrer fröhlichen um, ein Raum für Selbstentfaltung und -Entwick- Buntheit genauso wichtig. lung. In der Frühzeit der Menschheit waren Frauen Neben den Bäuerinnen waren es auch Nonnen, nicht nur die Hüterinnen über das Leben, sondern die Gärten kultivierten. Im Mittelalter pflanzten sie über die gesamte Umwelt. Als Gärtnerinnen waren Heilkräuter in den Gärten hinter hohen Kloster sie es, die Saatgut ausstreuten und Flächen umzäun- mauern an. Hildegard von Bingen gilt als ihre ten, die als Garten dienten. Rund 18.000 Jahre sind wichtigste und bekannteste Vertreterin, die im die ersten Hinweise darauf alt, dass es in Ägypten 12. Jahrhundert mit ihren Büchern über die Heil- Getreideanbau gab. kraft der Pflanzen nicht nur die Naturheilkunde In der Geschichtsschreibung der Männer waren es begründete, sondern, quasi direkt aus dem Kloster- hingegen selten Frauen, die Gärten erschaffen hat- garten, Briefe an die herrschende Schicht schrieb ten, vielmehr Könige (wie Nebukadnezar II, der um und sie zu ethischem Verhalten ermahnte. 600 v. Chr. die Hängenden Gärten von Babylon er- schuf ) oder Götter (der Garten Eden). Den Frauen Gärten für alle blieb die Rolle der Bewahrerinnen und Weiterführe- In den folgenden Jahrhunderten wurden Gärten zu rinnen dessen, was schon da war. Im alten Griechen- Prestigeobjekten. Neben den Versorgungsgärten, land waren Frauen im „gymnaeceum“ regelrecht ein- die ihr unbemerktes Dasein innerhalb der Schloss- gesperrt, dort verrichteten sie alle häuslichen anlagen fristeten, wurden Gärten angelegt, deren Arbeiten, inklusive der Gartenarbeit. Nutzen ganz anderer Natur war: zur Demonstrati- on von Größe. Die prachtvollen Gartenanlagen, die Bäuerinnen und Nonnen Herrscher, mächtige Männer beauftragen, hatten Auch im bäuerlichen Garten waren es, im Gegen- nichts mehr zu tun hatten mit Selbstversorgung. satz zum Feld, die Frauen, die wirken und werken. Sie waren viel mehr Symbole für die Unterwerfung Virgina Woolfs Garten Wir werden nie mit Sicherheit sagen können, ob und wie sich ihr Werk anders entwickelt hätte, wäre nicht ihr Garten gewesen. Virignia Woolf und ihr Mann Leonhard kauften 1919 „Monk´s House“, ein kleines Cottage im englischen Rodmell. Ein Landsitz, in dem sie die Wochenenden verbringen wollten, ein Ort der Entspannung, um zu lesen und im Garten zu arbeiten. Es dürfte der wunderschöne Garten gewesen sein, der sie dazu bewog, das Cottage zu kaufen. Hier entstanden die meisten ihrer Romane und Essays. Unter einer großen Kastanie fand sie Inspiration, in einem kleinen Häuschen am Ende des Gartens schrieb sie sich zu einer der bedeutendsten Autorinnen der Moderne. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges, als ihre Londoner Stadtwohnung am Mecklenburgh Square in während eines Bombenan- griffs zerstört wurde, wurde Monk´s House zu Woolfs ständigem Wohnsitz und blieb es bis zu ihrem Tod. Der Garten, ihr Herzensort, ist nicht nur bis heute erhalten, sondern auch in ihren Romanen, Tagebüchern und Briefen verewigt. Das Buch zum Garten: © Shutterstock Caroline Zoob zeichnet in diesem Buch erstmals die Geschichte des Gartens Virginia Woolfs nach, der ihr Rückzugsort und Inspiration war. Ergänzt wird der Text von stimmungsvollen Fotografien von Caroline Arber. „Der Garten der Virginia Woolf: Inspirationsquelle einer engagierten Schriftstellerin“ von Caroline Zoob, DVA 2013, 192 Seiten mit zahlreichen Fotografien, Euro 30,90 2_2020 if..faktum 5
der Natur – Frauen spielten darin keine Rolle. Außer Frauen nun ungezwungene intellektuelle Begegnungs- vielleicht jener der Beschenkten. So wird Kaiserin stätten fanden. Maria Theresia, die dafür sorgte, dass die Parks und Hügel rund um das Schloss Schönbrunn gründlich Reich der Frauen umgestaltet werden, in dieser Rolle eher beiläufig er- Unabhängig davon blieben die Hausgärten in ihrer wähnt. Der Park wurde Ende des 18. Jahrhunderts Funktion als Versorgungseinheit für die Familie – und von Kaiser Joseph II der Öffentlichkeit zugänglich damit das Reich der Frauen. Bis zu Ende des 18. Jahr- gemacht – sehr zum Unmut des Hofadels. Seither hunderts lebten 90 Prozent aller Frauen auf dem Land, stellt er ein wichtiges Naherholungsgebiet für Wiene- waren Bäuerinnen, sorgten durch die Pflege der Gär- rinnen und Wiener dar. ten für Nahrung und Grundversorgung. Bis ins 20. Diesen großen Schritt beschreib die deutsche Journa- Jahrhundert hinein war es Aufgabe der Frauen, neben listin und Gartenliebhaberin Eva Kohlrusch in einem Haushalt und Familie auch den Garten zu betreuen. Essay für das Magazin „Emma“. Darin thematisiert sie, Nicht selten verdienten sie durch den Verkauf der Pro- wie Gärten zum Symbol für den Wunsch nach Freiheit dukte, die die Gärten abwarfen – Blumen, Obst, Kräu- wurden. Nach der Französischen Revolution, mit der ter und Gemüse – Geld dazu. Ihre Lebenswelt kreiste Deklaration der Bürger- und Menschenrechte fielen ganz selbstverständlich um Haus, Kind und Garten, Zäune, Parks und Schlossgärten öffneten sich fürs dass es vielleicht nicht weiter erwähnenswert scheint. Volk, geometrisch zurechtgestutzte Gartenräume wur- Der Garten ist jener Ort, an dem sich Mensch und den als vergewaltigte Natur verdammt und durch weit- Natur begegnen – und nicht nur das: sie beeinflussen läufige Landschaftsparks ersetzt. In der Goethe-Zeit sich gegenseitig. Der Mensch gestaltet, hegt und pflegt. drückte sich der neue Geist am sichtbarsten in den Die Natur bringt Erdung, Ruhe und Entspannung „empfindsamen Gärten“ aus, in denen Männer und und Nahrung. Eine kurze Geschichte des Gartens Menschheits- und Gartengeschichte lassen sich parallel zueinander erzählen. Der Mensch und sein Stück Land – oder die Sehnsucht danach – im Zeitraffer. Aller Anfang ist schwer festzunageln. Obst und Gemüse kultiviert, Anbau- strenge, am Reißbrett entworfene Klar ist nur, dass in der Steinzeit, vor methoden wurden ausprobiert und Geometrie, sondern die natürliche rund zehn Jahrtausenden, der verfeinert, Erkenntnisse gesammelt Landschaft. Mensch sesshaft wurde. Er be- und verschriftlicht. Gartenbau gann, Ackerbau zu betrei- wurde zur Wissenschaft. Anfang des 19. Jahrhunderts begann ben, kultivierte F lächen, die Idee der Schrebergärten zu sprie- die der Ernährung dien- Mit der Renaissance ßen. Kleine Anlagen, die für frische ten. Der Beginn des Gar- änderte sich Gestalt und Luft und frische Lebensmittel sorgen tenbaus. Funktion der Gärten. sollten, wo Lebensräume eng und Pompöse Anlagen luden Freiflächen rar waren. Die alten Griechen schütz- zum Flanieren ein – wer ten ihre Gärten mit Mauern zur Oberschichte gehörte. Im Lauf des 20. Jahrhunderts oder Hecken. Sie bauten Oliven Dieses Prinzip fand seinen Gipfel waren Gärten das sicherste Mittel an, Feigen, Wein und Gemüse. Ihre in den Gärten des französischen Ba- gegen Hunger. Anlagen wurden dabei mehr als reine rocks (wie dem Garten von Ver- Nutzgärten: zwischen Olivenbäumen sailles), die kaum Nutzpflanzen Auch heute spiegelt der Garten die wurde gelustwandelt, philosophiert enthielten, dafür raffinierte Wasser- Menschen wider – Vielfalt ist das und diskutiert. spiele und Blumenrabatten. oberste Gebot des Gartens: Vom Steingarten über den Rollrasen bis Im Mittelalter waren Gärten haupt- Die Engländer sahen das ein zum wilden Selbstversorger- sächlich für landwirtschaftliche bisschen anders. Sie woll- Dschungel, auf Dächern, an Nutzung und Ernährung relevant. ten den Garten zurück Fassaden und auf kleinsten In Klostergärten wurden von Nonnen zur Natur führen. Ihr Vor- Flächen in stark besie (wie Hildegard von Binnen) Kräuter, bild war weniger die delten Gebieten. 6 if..faktum 2_2020
Der Garten, der den Menschen formt Julia Kospach ist freie Buchautorin, Journalistin, Garten liebhaberin und -beobachterin. Im Interview erzählt sie von der gestalterischen Kraft, die Gärten auf ihre BesitzerInnen ausüben – auf Männer wie Frauen gleichermaßen. Wie kommt es, dass Männer oft achtdemonstrationen und Rückzugsorte, Gegenwel- M Profi-Gärtner sind, das Garteln als ten und Ausruhplätze, Räume zur Kontemplation und Hobby aber typisch Frau ist? zur Förderung sozialen Zusammenhalts. Wir kultivie- Julia Kospach Es gibt jede Menge Profi-Gärtne- ren sie und sie kultivieren uns. rinnen, und auch als Hobby scheint mir das Garteln längst sozusagen im Genderneutralen angelangt zu In welcher Form kommen Gemüse-/Obstgärten sein. Wenn man nach England schaut, wohin alle, wieder in Mode? die sich fürs Thema interessieren, früher oder später Wer genau wissen will, was an Obst und Gemüse auf ihren – neidvollen – Blick richten, dann gab und gibt seinen Teller kommt, ist doppelt motiviert, es selbst es dort gleich eine ganze Riege berühmter Frauen, die anzubauen. Das ist ein wichtiges Motiv vieler Hobby- in puncto Gartendesign und -schriftstellerei als stil Nutzgärtner. prägend gelten: von Vita Sackville-West, nach der ich übrigens meine Tochter benannt habe, über Beth Was ist für Sie das schönste am Garte(l)n? Chatto bis zu Penelope Hobhouse. Dass parallel zu den Handgriffen, die die Gartenarbeit mir abverlangt, vieles von mir abfällt, was mir sonst so Gärtnern Frauen anders als Männer? Wenn ja, wie? im Kopf herumgeht. Gute Ideen für meine Schreib- Dazu kann ich nur mutmaßen. Aus teilnehmender Arbeit kommen mir dabei erstaunlicherweise auch oft. Beobachtung traue ich mich zu sagen, dass Frauen Außerdem interessiert mich einfach alles, was mit den Dingen im Garten eher ihren Lauf lassen, Pflanzen zu tun hat. weil man die Natur ohnehin nicht zwingen kann. Aber auch wenn man der Natur Gewalt antut wie Haben Sie einen Lieblings-Garten? die barocke Gartenkunst, kommt Berauschendes Damit schließt sich der Kreis: Ich liebe Sissinghurst dabei heraus – halt nur nicht nach den Kriterien des Castle Garden in Kent, den Vita Sackville-West ab modernen, naturnahen Gärtnerns. 1930 gemeinsam mit ihrem Mann Harold Nicolson entworfen hat. Kunststück! Alle lieben Sissinghurst! Würden Sie erkennen, ob Sie im Garten Kein Garten in England hat mehr BesucherInnen. einer Frau oder eines Mannes stehen? Für seine Entstehung gab Vita Sackville-West die Nein, das wohl nicht. Allerdings lässt sich an Gärten beschwingte Losung aus: „Lasst uns pflanzen und ziemlich gut ablesen, ob sie von zwänglerischen fröhlich sein, denn im nächsten Herbst sind wir viel- Kleinkrämerseelen oder von großzügigeren Geistern leicht alle ruiniert.“ Ein gutes Motto, oder? gepflegt werden. Ein Seelenspiegel sind sie zweifellos. Glaubt man jedoch der Schriftstellerin und leiden- Glücksmomente im Garten schaftlichen Gärtnerin Barbara Frischmuth, dann ist es ohnehin der Garten, der seinen Menschen formt In ihrem jüngsten Buch sucht und und nicht umgekehrt. Natürlich immer vorausgesetzt, findet Julia Kospach Momente dass die Beziehung innig ist. des Glücks in der Natur. Darin stellt sie fest: Diese Momente erwarten Gärten hatten Versorgungs-Funktion. uns gern dort ein, wo wir sie © Shutterstcok (3), DanielLeitner Welche haben sie heute? nicht erwartet und lehren uns zu Selbstversorgung aus dem Garten, ob ganz oder teil- erkennen, was uns guttut. weise, ist derzeit einer der ganz großen, neu erstarkten „Glück im Grünen – Gartentrends! Dem reinen Versorgungszweck haben Momente in Natur und Garten“ Gärten aber ohnehin nie gedient. Sie können alles von Julia Kospach, sein, was Menschen aus ihnen machen wollen: Styria Verlag, 144 S., Euro 18,– 2_2020 if..faktum 7
Gärten, die erden Gartenfreundinnen haben es immer schon gespürt: garteln tut gut. Was klingt wie ein eher diffuses Gefühl, ist inzwischen wissenschaftlich erwiesen. Gartenarbeit hat viele positive Effekte – auf den Körper und auf den Geist. M it den Händen knöcheltief in der Erde wüh- len, Erde unter den Fingernägeln haben: das ist nicht die eigentliche Erdung, die einem vom Gar- einfahren (in Form von Obst und Gemüse oder nur durch die Freude an der blühenden und wachsenden Pracht) tut der Seele gut. So werden Gartenarbeiten teln versprochen wird. Diese ist nämlich unsichtbar, tatsächlich zu therapeutischen Zwecken eingesetzt: dafür umso wirksamer. Und sie beginnt schon beim in der Arbeit mit psychisch kranken Menschen, in Sonnenlicht: Die innere Uhr erfährt durch das viele Altersheimen oder mit straffällig gewordenen im Freien sein so etwas wie eine Eichung. Der Ef- Menschen. Die eigene Produktivität als etwas greif- fekt: Einschlafen und Aufstehen fallen jedem leich- bares zu erleben, gilt als heilsam. ter, der sich viel draußen aufhält. Und selbst wenn Diese Produktivität, die früher zum Alltag gehörte, sie nicht strahlend hell am Himmel steht, fördert die erleben viele Menschen heute in ihren Bürojobs Sonne die Bildung von Vitamin D, das lebenswich- nicht mehr. Eine Arbeit auszuführen, die zu einem tig für uns ist. Das Sonnenlicht ist zudem für unser produktiven, sicht- und fühlbaren Ergebnis führt ist Immunsystem ein wichtiger Boost, apropos: auch sinnstiftend und befriedigend. Der Stolz, etwas aus die Mikroorganismen, mit denen wir beim in der eigener Kraft erschaffen zu haben, ist ein echter Push Erde Wühlen in Berührung kommen sind Heraus- fürs Selbstbewusstsein. forderungen, an denen das Immunsystem wächst. In der Natur zu sein tut dem Körper gut. Schon Von Pflanzen lernen nach einigen Minuten sinkt langsam der Blut- Abgesehen davon sind Pflanzen auch gute druck, der Puls beruhigt sich, Muskeln Lehrmeister. Der Überlebenswille eines entspannen sich. Wer schon einmal Gänseblümchens, das sich durch beherzt ein Beet umgestochen eine kleine Ritze im Beton oder einen Kompost umge- zwängt, wird zum Sinnbild schichtet hat, weiß: Garten- für Stärke und Unnachgie- arbeit ist Sport. So wird bigkeit. Im Garten ist Kreislauf und Bewegungs- uns die ganze Bandbrei- apparat im Garten auf te des Lebens vor Au- Vordermann gebracht. gen: vom Samen, der Sogar unser Sehsinn pro- in der Erde schlum- fitiert dabei, denn wer mert und sich zur sich viel in Räumen auf- prächtigen Pflanze auf- hält und/oder viel auf schwingt, zur Reife ge- Bildschirme schaut, neigt langt und schließlich ab- stärker zu Kurzsichtigkeit. stirbt. Als Gärtnerinnen Wer im Garten werkelt, stellt sind wir dabei Beobachter seine Augen auf ganz unter- und Unterstützer der Natur, schiedliche Entfernungen scharf nicht ihr Feind und auch nicht und kann zumindest die Verschlechte- hilflos Ausgelieferte. Im Garten fin- rung des Sehsinns bremsen. den sich Probleme für Lösungen und jedes Frühjahr aufs Neue das Wunder der ersten Knospe, Der Garten als Therapeut die das Ende des Winters ankündigt. Und das beste: © shutterstock Einen noch viel tieferen Effekt hat das Garteln aber die Größe des Gartens ist dabei unerheblich. Das auf die Psyche. Erde umgraben, Pflänzchen setzen, Wunder der Natur passiert auch in einem einzigen ihnen beim Wachsen zusehen und später die Ernte Blumenkistl. 8 if..faktum 2_2020
Ein weitläufiger Garten im niederösterreichischen Bei der Zehethof ist das Reich von Monika Vesely. Dort kümmert sie sich um rund 200 Kräuter- verschieden Kräuter und weiß deren Kraft zu nutzen. hexe D er Begriff „Kräuterhexe“ ist für Moni- ka Vesely alles andere als negativ be- setzt. „Für mich ist es sogar ein sehr positi- solvierte, „Traditionelle Europäische Heil- kunde. „Diese einjährige Ausbildung war ausschlaggebend für meinen jetzigen Le- ver Begriff“, sagt sie. „Dies war immer bensweg“, sagt sie. Auch der Entschluss, schon eine Bezeichnung für wissenden sich voll und ganz auf die Kräuter einzulas- Frauen, die sich ganz intensiv mit Heil- sen. Seither ist sie nicht nur selbst eine kräutern und deren Wirkung auseinander- Wissende, sondern gibt ihr Wissen auch gesetzt haben, um andere zu unterstützen.“ weiter. „Wir haben in Kooperation mit Und genau das macht Monika Vesely in ih- dem WIFI Niederösterreich eine eigene rem Garten, den sie bezeichnenderweise Ausbildung zur TEH-Praktikerin ins Leben „Kräuter-Kraft-Werk“ getauft hat. „Es gibt gerufen.“ auch vieles an Literatur, die man über Kräuterhexen lesen kann – an und für sich Eine Frauen-Sache sind es die Zaunhüterinnen gewesen.“ In den Kursen sitzen zu 99 Prozent Frauen. Zaun versteht sich dabei als Grenze. „Wenn Den Grund dafür, dass Heilkräuter eine man sich mit Heilpflanzen beschäftigt, fällt klassische Frauendomäne sind, sieht sie in einem rasch auf, dass diese sehr gern in der höheren Sensibilität der Frauen. „Ich Übergangszonen wachsen – am Waldrand, finde, dass Frauen feinfühligere Wesen am Feldrand, am Wiesenrand.“ Das Hüten sind, sie sind sensibler für die Heilkräfte Tipps von Monika Vesely dieser Übergänge und das Wissen über dar- und auch den Pflanzen gegenüber.“ Bei www.kraeuterkraftwerk.at in gedeihende Heilpflanzen, sei die Aufga- sich selbst stellt sich dabei eine besondere Frauenmantel be der Zaunhüterin – „Hagazussa“ (alt- Beziehung zu ihren Pflanzen ein: „Ich rede „Er sollte eigentlich in hochdeutsch für Hexe; althochdeutsch auch mit meinen Pflanzen.“ keiner Teemischung fehlen. „hag“ = Zaun, Hecke )“ gewesen. „Zumin- Sich mit dem Heilen zu beschäftigen, sei Frauenmantel wirkt leicht dest ist das meine Sichtweise“, sagt Monika eben immer schon Sache der Frauen gewe- adstringierend, hat aber durch Vesely und lacht. „Es gibt viele verschiede- sen. „Frauen taten immer schon all das, was ihre Erscheinung auch eine ne Richtungen, aus denen man sich dem im Rahmen ihrer Möglichkeiten lag, um große symbolische Wirkung: Die Blätter sind einhüllend, Wort Hexe annähern kann!“ ihre Familien gesund zu erhalten.“ Das uns beschützend.“ Wissen über die Wirkung der Kräuter sei Garten und Werkstatt dabei von einer Frau zur nächsten weiterge- Hirtentäschel Ihr Kräutergarten, den sie gemeinsam mit ben worden. Ein Trend, der heute noch an- „Das Hirtentäschelkraut hat blutstil- ihrem Mann betreut, beherbergt Monika hält. „Das Interesse ist ungebrochen“, sagt lende Wirkung. Somit ist es eine wichtige Pflanze, wenn man zum Bei- Vesely unzählige Heilpflanzen, vermehrt Monika Vesely. „Ich führe es darauf zurück, spiel eine sehr starke Regelblutung Samen, zieht Stecklinge. In ihrer Kräuter- dass es unser aller Bedürfnis ist, eine gewis- hat. Man kann es dann als Tee oder werkstatt verarbeitet sie die Pflanzen. „Wir se Selbstbestimmtheit ins Leben zurückzu- alkoholischen Auszug einnehmen.“ stellen die verschiedensten Kräuterproduk- holen.“ Eigenverantwortung zu spüren, für © florian lierzer (3), shutterstock te her: Vom Erkältungsbalsam, über die die eigene Gesundheit, das kann von Er- Rotklee traditionelle Pechsalbe mit Fichtenharz, nährung bis zur Pflanzenheilkunde in vie- „Der Rotklee hat eine Wirkung, die jenem des Hormons Östrogen gleicht. Teemischungen, Sauerhonige, Salben und lerlei Form geschehen. „Es bedeutet Frei- Das bedeutet: In den Wechseljahren Räucherwerk.“ heit. Ich kann selbst entscheiden, was ich und nach der Menopause, wenn der Ihr Weg zu den Kräutern begann vor zehn mir Gutes tun kann. Ich gehe hinaus, hole Östrogenspiegel sinkt, kann Rotklee Jahren, als sie die „TEH“-Ausbildung ab- Pflanzen und wende sie selbst an.“ ausgleichend eingesetzt werden.“ 2_2020 if..faktum 9
platz für Bente Knoll ist Landschafts- und Verkehrsplanerin, Genderexpertin und Geschäftsführerin im „Büro für nachh altige Kompetenz“. Grüne Freiräume, Gemeinschaftsgärten und Parks: Wer plant eigentlich unsere Räume und welche Rolle spielen Frauen in diesem Prozess? frauen für diese Freiräume haben selbstständige Plane- rinnen und Planer, Ingenieurbüros aus den Be- reichen Landschafts- oder Raumplanung bzw. Architekturbüros, über. Und hier verweise ich sehr gerne darauf, dass es seit 2007 keine aktua- lisierten Zahlen dafür gibt, wie viele Frauen hier Wieviel Grund und Boden beteiligt sind. Diese Zahlen haben sich in den gehört in Österreich den Frauen? letzten 13 Jahren nicht gravierend geändert und Ich fürchte, dass für die Beantwortung dieser Fra- zeigen: der Frauenanteil ist bei selbstständigen ge die Datengrundlage fehlt. Es sind im Grund- Ingenieurbüros bei 3 Prozent, bei Architektur- buch nur die Namen der Eigentümerinnen und büro und Ingenieurkonsulenten – österreichweit Eigentümer vermerkt, aber nicht das Geschlecht. – zwischen 10 und 15 Prozent. Was übrigens in Zudem gibt es meines Wissens nach keine Daten- keiner Relation zu den Studierenden steht. Wir bank basierte Speicherung dieser personenbezo- wissen seit Jahren, dass es im Architekturstudi- genen Daten. Betrachten wir die klassischen frei- um sowohl bei den Studienanfängerinnen als stehenden Einfamilienhäuser, etwa im ländlichen auch bei den Absolventinnen einen Frauenanteil Raum. Da stellt sich bereits die Frage: Wer steht von 50 Prozent oder darüber gibt. Das spiegelt im Grundbuch? Nur der Ehemann? Auch die Ehe- sich nicht in der Praxis wider. frau? Wie ist es bei Verpartnerungen? Es sind viele Folgewirkungen, die an dieser Frage hängen, Für wen wird denn hauptsächlich geplant? etwa, dass das Thema Grundbesitz – oder eben Frauen sind mehr als 50 Prozent der Gesellschaft. kein Grundbesitz – dies ist eng mit der Altersar- Sie gestalten aber mit Sicherheit nicht mehr als mut verbunden, eine Tatsache, die überproportio- die Hälfte der Flächen mit – eben, weil es dazu nal Frauen betrifft. Schauen wir in die Städte, in Fachpersonal braucht und dort Frauen in der Pra- den Geschoßwohnungsbau, hier sind es oft Im- xis unterrepräsentiert sind. Wir müssen uns also mobilienentwicklungsfirmen, denen die Flächen fragen, welche Wünsche bei der Gestaltung gehört gehören. Dort gibt es in den Leitungsetagen der werden. Welche Leitbilder werden einer Planung Firmen viele Männer und wenige Frauen. zugrunde gelegt? Hier gibt es ausreichend wissen- schaftliche Evidenz, die besagt, dass nach wie vor Wer entscheidet, wie unser Planung für weiße, mittelalte, gesunde Männer Lebensraum gestaltet wird? mit Fokus auf motorisierten Individualverkehr Grundsätzlich ist die Raumplanung eine hoheitli- gemacht wird. Diese Analyse aus den 1980er Jah- che Aufgabe. Die Gemeinden sind für Flächen- ren ist heute nach wie vor aktuell. widmung und Bebauungspläne zuständig, das Gros der Gestaltung wird auf Gemeindeebene ent- Und wo ist dann der Raum für Frauen? schieden. Man sollte das immer im Hinterkopf Als feministische Planerin ist es mir wichtig, zu haben, denn es bedeutet, dass neben der Gesetzge- betonen: „Frauen“ sind keine homogene Ziel- bung auch das politische Couleur entscheidend gruppe. Die Vielfalt und Heterogenität von Frau- bei der Raumplanung ist. en sind ernst zu nehmen – junge Frauen, Mütter, ältere Frauen, Sportlerinnen, … Dazu kommt Wie sieht es mit Freiraum, mit eine Zeitdimension: vormittags wird es eine ande- Grünflächen aus? Wer gestaltet diese? re Nutzerinnengruppe geben als mittags, abends Klassischer öffentlicher Freiraum – alles, was oder in der Nacht. Wir müssen nicht für eine fixe nicht privatbezogener Freiraum ist – beinhaltet Gruppe gestalten, sondern flexible Räume. Straßen, Parks und Abstandsgrün. Die Planung Wir können aber auch nicht „für alle“ planen. 10 if..faktum 2_2020
Wenn wir das behaupten, lügen wir. Und, ehrlich gesagt: ich möch- te gar nicht für alle planen. Ich möch- te nicht für Vollzeit erwerbstätige Männer planen, die sich nicht um Care-Arbeit kümmern. Das macht die klassische Planung ohnehin zur Genüge. Wie verändert sich die Diese Aufgaben sind noch viel stärker als in Landschaftsplanung zurzeit? Europa mit der Rolle von Frauen verknüpft – und Angesichts des Klimawandels wollen Menschen selbstverständlich sind für diese Frauen Nutz den Wetterextreme, der extremen Hitze etwas ent- gärten etwas ganz Wichtiges. Diese inter gegensetzen. Viele Privatpersonen sind inzwi- kulturellen Gärten sind für sie ein wichtiger schen in die Planung und die Entwicklungspro- Anknüpfungspunkt. Und ich wage zu behaupten, zesse eingebunden. Sie fühlen sich verantwortlich dass keiner dieser Gärten wie „Klein- für ihre Umwelt. Sie wollen Gemeinschaftsgärten, Schönbrunn“ aussieht. Interkul- nutzbares Grün, mehr Ökologie in den Städten. turelle Gärten sind Gärten, wo Wird das Wasser bei Starkregenereignissen nur Leben ist, wo Gemüse ange- durch die Kanäle abgeleitet, führt das zum Kol- baut wird, wo gemeinsam laps von Städten und Dörfern. Die Menschen be- geerntet und auch geges- merken das, sie spüren diese Auswirkungen. Auch sen wird, wo Wissen aus- unmittelbar, am eigenen Körper. Sie werden sen- getauscht wird über die sibler für ihr Wohnumfeld und unterstützen des- Verarbeitung, das An- halb immer mehr Urban Gardening Projekt und pflanzen und Vermehren. ähnliches. Und auch Gemeinden unterstützen Das Problem dabei ist, dass Bente Knolls Büro für dies. In den Stadtgartenämtern etwa, wird in den es sich so anhört, als wären die nachhaltige letzten Jahren viel mehr Wert auf Ökologie gelegt, Frauen näher an der Natur. Das ist Kompetenz: Verkehrsinseln, Blumenrabatten werden mit in- ein Stereotyp, mit dem ich schwer kann. Aber die www.b-nk.at sektenfreundlichen Pflanzen und mehrjährigen Natur kann hier etwas Verbindendes sein, ein An- Stauden begrünt. Ich stelle einen Qualitätssprung knüpfungspunkt – und auch eine Möglichkeit, in den letzten Jahren fest, weg von der 08/15- den beengten Wohnverhältnissen zu entkommen. Planung, hin zu individuellen und ökologischen Lösungen, die die Bevölkerung mit einbindet. Wie, denken Sie, würden Städte und Dörfer aussehen, wenn sie von Frauen geplant würden? Welchen Stellenwert haben gemeinsam Ich würde davon ausgehen, dass Frauen aufgrund genutzte Freiflächen – etwa Gemeinschafts- ihrer Sozialisation einen starken Fokus auf gärten – für Frauen? Alltagszusammenhänge legen würden. Das sozia- Mein Eindruck ist, dass solche Projekte für le Miteinander und das Kommunikative, die Frauen aus schwierigen Lebenszusammenhängen Gruppe würde im Fokus stehen. Die Ideen der © Shutetrstock, foto wilke besonders wichtig sind. Etwa für Frauen, die Zwischen- und gemeinschaftlichen Nutzung, Fluchterfahrungen machen mussten, Frauen aus auch im Mobilitätsbereich würden Frauen auf Ländern mit hoher Armut. Sie waren in ihrem pragmatische, andere Lösungen kommen. Und Herkunftsland häufig für die Versorgung mit ich denke, dass die Ökologie eine weit größere Grundnahrungsmitteln und Wasser zuständig. Bedeutung hätte. 2_2020 if..faktum 11
Zuflucht eschlechtern: 44 Prozent der Frauen G gaben als ihre liebste Gartenbeschäfti- gung an, Beete zu bepflanzen. 24 Pro- zent der Männer gaben als bevorzugte Tätigkeit „Rasenmähen“ an. So birgt der Garten auch in Krisenzeiten ein ge- vor der Krise wisses Risiko, Frauen noch stärker an Versorgungstätigkeiten zu binden – so, wie es in Ländern der so genannten „Dritten Welt“ für Frauen alltäglich ist, wo Millionen von Frauen von ihren eigenen kleinen Gärten leben, dort Nahrungsmittel für ihre Familie ziehen und ihr Wissen über essbare und medizinisch wirksame Pflanzen an ihre Kinder weiter geben. Kritik am System Ist auf der einen Seite der Garten- Medaille der Rückzug, ist es auf der anderen Seite die Freiheit. Jene Freiheit, die Gärten eben gerade in schwierigen Zeiten verheißen: Land zu bewirtschaf- ten, das e igene Gemüse anzubauen bedeutet schließlich nicht zuletzt in Freiheit und Unabhängigkeit leben zu können. Vor allem Gemeinschaftsgärten gewinnen in Zeiten von Krisen stark an Bedeutung, da diese, gerade, wenn es um öffentliche Gemeinschaftsgärten geht, nicht zuletzt auch ein Politikum sind: So steckt in e inem Gemeinschafs- garten auch Kritik am System. Kritik daran, dass sich die Stadt an den Autofahrern orientiert. Daran, dass In Krisenzeiten sind es Gärten, die die Versorgung unsere Lebensmittel um den halben sichern, neutralen Boden bieten und dazu die Möglich- Erdball transportiert werden, dass sie keit, abzuschalten. Aber nicht nur das: die Rückkehr fossile Ressourcen verbrauchen und die in den eigenen Garten birgt auch eine gewisse Gefahr. Saisonalität ausgehebelt wird. Daran, wie wir mit der Umwelt umgehen und W enn es eng wird, brauchen wir Dieser Rückzug umfasst auch den wie weit wir uns von ihr entfernt haben. © Shutterstock Platz. Wenn die gesamte Bevöl- Garten. In Krisenzeiten gewinnt dieser Der Garten ist schließlich auch ein kerung auf Krisenmodus läuft, wird das an Bedeutung – es wird allerorts wie Symbol für das Verhältnis zwischen besonders deutlich. Die Zurückdrän- wild gegärtnert, auf Balkonen, im Vor- Menschen und Natur. So ist zum gung in die eigenen vier Wände, das garten, auf Parzellen. Zu den schönen Beispiel im Lauf des vorigen Jahrhun- Reduzieren auf das Private ist nicht nur Blumen und der Erholungszone wird derts zu beobachten, dass Kleingärten eine anstrengende, sondern potenziell dabei die Funktion als Anbaufläche für in Krisenzeiten und Zeiten wirtschaft- eine gefährliche Bewegung. Für die Nutzpflanzen gewichtiger. Einer deut- licher Not einen sprunghaften Familie kochen, Schutzmasken nähen, schen Umfrage des Meinungsfor- Anstieg erlebten, während in Kinder versorgen, den Haushalt auf schungsinstituts YouGov zufolge ist dies wirtschaftlich stabileren Zeiten Vordermann halten: das Biedermeier- allerdings ganz klar Frauenarbeit, denn oder sogar Z eiten des Auf- Ideal winkt vor allem Frauen, wenn sie die Aufteilung der Gartenarbeit zieht schwungs die Zahl der sich unfreiwillig zurückziehen. einen tiefen Graben zwischen den Kleingärten stagnierte. 12 if..faktum 2_2020
Die Garten- Gemeinschaft Der Wusch nach einem eigenen Garten ist nicht immer in erfüllbarer Nähe. Es mangelt an Geld, an Platz, an Zeit, an allem. Ein Gemeinschaftsgarten ist eine mögliche Lösung für das fehlende Stück vom grünen Glück. G emeinschaftsgärtnern ist weit mehr als ein Trend. Gerade im dicht besiedelten Raum steht es für eine Zuwendung zur Natur, vielleicht getrie- nach einer Startphase an die teilnehmenden Ge- meinschaftsgärtnerinnen ben von der Sehnsucht, auch in der Stadt mehr und -gärtner zu übergeben. Es Grün zu haben, mehr Gemüse, wieder Erdung zu er- interessierten sich überdurch- fahren. Erdung, die auch in der gemeinsamen Gar- schnittlich viele Frauen für das Pro- tenarbeit und im Austausch mit anderen, Gleichge- jekt, eine sehr heterogene Gruppe, sinnten, passiert. Das Garteln wird zum die von den Organisatorinnen des gemeinsamen Nenner einer ansonsten heterogenen Vereins auf dem Weg zur Selbst- Gemeinschaft. verwaltung begleitet wurden. Der Ihren Ursprung hat die Idee der Gemeinschaftsgär- Garten stellte sich in diesem Pro- ten in den 1970er Jahren, als in New York die zess als sicherer Ort für Frauen dar, „Community Gardens“ entstanden: auf brachliegen- zu dem sie jederzeit gehen konnten, den Flächen inmitten der dicht bebauten und versie- legitimiert durch die substanzielle Ar- gelten Stadt wurden grüne Freiräume geschaffen. beit, die sie dort verrichteten. Er wurde zum Von Anfang an stand die Idee der interkulturellen Freiraum, den sie mitgestalten konnten und wo sie Zusammenarbeit bei diesen Projekten im Mittel- auch Anerkennung fanden: das wurde vor allem bei punkt – und das tut sie bei vielen Projekten bis heu- Frauen mit Migrationshintergrund sichtbar, die auf- te. Der Grund dafür steckt in der Natur des Gartens grund ihrer Familien- und Wohnsituation den selbst: es gibt wenige Orte, an denen Menschen jeg- Nachbarschaftsgarten besonders schätzten. lichen kulturellen Hintergrundes ganz niederschwel- In ganz Österreich gibt es vergleichbare Projekte, die lig ein verbindendes Thema finden. Umgraben, den Garten als Ort nutzen, sich über Gender- und pflanzen, warten und ernten – das funktioniert auf Kulturgrenzen hinweg zu begegnen. Etwa der Ge- der ganzen Welt gleich. meinschaftsgarten „LUNA“ im Niederösterreichi- schen Hollabrunn. Bei diesem Projekt bearbeiten ar- Freiraum und Gestaltung beitssuchende Frauen gemeinsam einen Gemüse-, Der Wiener Verein „Wirbel, Institut für feministi- Kräuter- und Obstgarten auf einer Grünfläche zwi- sche Forschung und Praxis“ initiierte im Jahr 2008 schen alten Lagerhallen. Die Frauen lernen über © Shutterstock (3) im Wiener Osker-Helmer-Hof ein Pilotprojekt: Pflanzeninhaltsstoffe, Ökologie, Anbau, Ernte, Bo- Ein Gemeinschaftsgarten sollte auf einer bisher denverbesserung, verarbeiten die Gartenprodukte zu ungenutzten Grünfläche Senfen, Kräutersalzen, Teemischungen und vielem entstehen, mit mehr. Darüber hinaus erfahren sie Gemeinschaft, dem Ziel, Anerkennung und Erdung: die geballte Gemein- diesen schaftsgarten-Kraft. Gartenprojekte im Netz Verein Wirbel www.wirbel-garten.at Förderung von Begrünungsprojekten www.grätzloase.at Gartenprojekte in ganz Österreich www.gartenpolylog.org Selbsterntefelder in der Übersicht www.selbsternte.at 2_2020 if..faktum 13
Entfaltungsraum Garten Ein Garten regt alle Sinne an, Erde spüren, Kräuter riechen, Tieren lauschen, Blüten betrachten, Früchte schmecken und voll auskosten. Im Garten blühen die Menschen auf. Auch die Natur kann sich entfalten, vorausgesetzt die Gärtnerin lässt es zu. I m Sommer weiden Ziegen eines Bauern auf dem steilen Südhang meines Gartens. Die Ziegen er- sparen mühevolles Mähen und das Gebimmel erin- räume und Nahrung für Insekten. Wo Rasenroboter und Steingärten zu Hause sind, ist das leider nicht der Fall. nert an Urlaub in den Bergen. Im flacheren Teil des Gartens gackert ein Dutzend Hühner und versorgt Garten schmeckt drei Familien mit Eiern. Gemüsebeete sind in der Wie viel besser schmecken eigene Tomaten sonnen- Mitte angeordnet, im Sommer blühen Sonnenblu- warm gepflückt? Viele Gärtnerinnen erzeugen biolo- men, beim Kompost wuchern Brennnesseln. Nach gische und regionale Lebensmittel für den Eigen Herzenslust experimentiere ich im Garten, heuer mit bedarf. Die Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln Pilzzucht und Dachbegrünung. In meinem Garten wächst. treffen sich Familie und Freunde. Garten erdet Jeder Garten trägt die Handschrift der Gärtnerin, Den Kreislauf der Natur erleben Gärtnerinnen Jahr lebendige Gärten haben einiges gemeinsam: für Jahr. Säen, wachsen, blühen, ernten, verwelken. Dieses Bewusstsein erdet. Garten fördert Artenreichtum Gärten sind ein wertvoller Beitrag zu Garten bewegt mehr Vielfalt und Biodiversität, Kein Garten macht sich von selbst, es gibt immer denn anderes als in der Landwirt- was zu tun. Graben, Setzen, Mähen, Bewegung schaft sind Gärten meist klein an der frischen Luft. Mal scheint die Sonne, mal strukturiert und bieten Lebens geht ein frischer Wind. Es zirpen die Grillen und zwitschern die Vögel. Die Zeit im Garten lässt Gedanken freien Lauf. Gartenarbeit fördert die Gesundheit. Garten lehrt „Unkraut ist die Opposition der Natur gegen die Regierung der Gärtner“ (Oskar Kokoschka). Für mich gibt es keine Unkräuter, auch wenn mal ein Kraut lästig wird. Viele Pflanzen sind essbar und nutzbar, als Heil- kraut oder als Unterschlupf und Nahrungs- quelle für Nützlinge. Vom Garten lässt sich vieles lernen. Nicht regieren, sondern beobachten und mit den vorgegebenen Faktoren gestalten. Dinge sich entfalten lassen, das lässt sich auf viele Bereiche des Lebens übertragen. © Joachim Hagleitner und Gudrun Sturn Gudrun Sturn Leidenschaftliche Gärtnerin, Landschaftsarchitektin mit eigenem Büro www.frausturn.at 14 if..faktum 2_2020
Wer einen Garten gestaltet, gestaltet ein Wunschbild der Welt. Daniela Vogel, Leiterin der Sozialen Landwirtschaft AQUA Mühle Vorarlberg, stellt das innovative Konzept vor I n der biologischen Landwirtschaft von AQUA Mühle Vorarlberg arbeiten wir mit Menschen, denen es aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist, gleichwer- gen zu lindern und in der kooperati- ven, gewaltfreien und klimaschonenden Wirtschaftsweise auch politisch ein tig an der Gesellschaft teilhaben zu können, oder denen Statement zu setzen. ein Ausschluss aus der Gesellschaft droht. Seit 2012 wer- den auf 2,4 Hektar Land in Meiningen biozertifiziert Ge- Neben sozialarbeiterischen Theorien müse, Kräuter und Getreide angebaut, um damit unter dient vor allem der Subsistenz-An- Daniela Vogel anderem die Kindergarten- und Schulverpflegung unserer satz der ökofeministischen Schule als Gastronomie ganzjährig mit regionalen und saisona- Grundlage unserer Arbeit. Subsistenz, ab- len Urprodukten versorgen zu können. geleitet vom lateinischen Wort subsistere, also innenhal- ten bzw. widerstehen, betont die Selbstständigkeit und In einem multiprofessionellen Team und ge- Selbstverantwortung aller Beteiligten. Zudem stellt sie meinsam mit unseren Zielgruppen, wie bei- den Lebensgenuss in direkten Kooperationen, den (Wie- spielsweise Personen mit psychischen Er- der)Aufbau von lokalen Ökonomien und die (Wieder) krankungen, erwerbsarbeitslosen Personen Belebung des Gemeinwesens in den Mittelpunkt. Soziale oder Menschen mit Fluchterfahrung ermög- und ökologische Gerechtigkeit, faire Lebenschancen, Teil- licht uns die Arbeit mit der Natur, jenseits von habe, sinnstiftende Tätigkeit und das (Wieder)Verwurzeln gesellschaftlich existierenden Trennlinien eigen- mit dem Boden tragen zudem dazu bei, den körperlichen, mächtig Räume zu gestalten, soziale Probleme wie Ent- sozialen und emotionalen Zustand der von uns begleite- fremdung und Verlust der Selbstwirksamkeitserfahrungen ten Personen zu verbessern und sie somit beim Gelingen zu reduzieren, physische und psychische Problemstellun- ihres Alltags zu unterstützen. Wozu Permakultur im Garten? Mit der Coronakrise und dem Ökosystem. Diese Auffassung sen, Eier und Dünger liefern. wachsenden Bewusstsein für den bringt mit sich, dass bei der Pla- Totholz-, Laub- und Steinhaufen Klimawandel merken wir, wie sehr nung Zusammenhänge betrachtet oder Blumenwiesen bieten Unter- wir mit der Welt als Ganzes ver- werden, die Gartenelemente un- schlupf und Nahrung für weitere bunden sind. Die Natur hat für Kri- terstützen sich gegenseitig. Mithil- nützliche GartenbewohnerInnen. sen einen Mechanismus der auf fe von Nährstoffkreisläufen wie Resilienz beruht: Ökosysteme, die Kompost- und Mulchwirtschaft In einem solchen Garten ist die Ar- auf Vielfalt aufbauen, unterschied- wird Humus, ein wichtiger Kohlen- beit abwechslungsreich und sinn- lichste Räume und Produkte bieten, stoffspeicher, aufgebaut. Die ver- stiftend, der Ausblick erholsam. deren Aufgaben von vielen ver- schiedenen Elemente, wie Beete, Flugreisen sparen wir uns seitdem schiedenen Spezies erledigt wer- Hecken oder Staudenpflanzungen wir unseren Garten haben. Die Kin- den, kommen besser durch Krisen. bieten Blüten, Gemüse, Früchte, der haben hier einen Ort, an dem Die Permakultur ist eine Planungs- Verstecke sowie Laub und Schnitt- sie die Welt erleben können – methode, die uns hilft, genau sol- gut für den Kompost. So benötigt Abenteuerurlaub zuhause. Jedes che Systeme zu planen. der Garten wenig Energie von au- Jahr verstehen wir die Zusammen- ßen. Es gibt keine großen Rasenflä- hänge in unserem Permakultur- Unseren eigenen Hausgarten leg- chen, die erhalten werden müssen. Garten besser und beginnen so © AQUA Mühle Vorarlberg (2), Esterer-Vogel ten wir bereits 2011 zur Selbstver- Statt Gift zu versprühen, werden auch im Größeren unser Ökosys- sorgung mit Obst, Gemüse und unterschiedliche Räume für eine tem Erde zu verstehen, zu bewun- Kräutern an. Ein Permakultur-Gar- Vielzahl an Nützlingen geschaf- dern und zu bewahren. ten ist ein Ökosystem im fen. Ein kleiner Teich Kleinen, welcher oder ein Sumpfbeet Elisabeth Esterer-Vogel ist Land- mehr Nahrung für genügt Laufenten, schaftsgestalterin und Permakul- den Menschen die im Gegen- turdesignerin in Ausbildung bietet als ein zug die Schne- www.gartenwirkerei.at natürliches cken auffres- (Webseite im Aufbau) 2_2020 if..faktum 15
menschen zum thema: „Was ist/bedeutet der Garten für mich?“ Elke Kopf Gärtnerin und Pflanzplanerin, Stauden Kopf, Sulz „Garten ist für mich ein Raum, in dem ich mich mit Pflanzen beschäftige, in Anlehnung an ihre natürlichen Lebensräume. Die Beobachtung, Gestaltung und Pflege unseres Gartens erfüllt mich mit Freude und inspiriert mich für meine tägliche Arbeit.“ Gertrud Vallaster (80) Mäder, betreibt seit über 40 Jahren Permakultur, ohne es so zu nennen Im Garten kann ich abschalten, Frust abbauen, mich über das Wachsen der Pflanzen freuen und natürlich über das Ernten. Ich kann immer wieder aus- probieren, wenn es auch nicht immer gelingt, weil es mal zu trocken, zu nass, zu warm oder zu kalt ist. Im Garten bin ich geerdet, verwachsen mit der Natur. Cäcilia König, Buchhandlung „Lesezeit“ in Hohenems Oasen fürs tägliche Leben: Lust und „Frust“, Arbeit und Entspannung, sinnliches Verweilen im Grünen und viele Variablen mehr, die das Gärtners so wertvoll machen. Und weil das Privileg, einen eigenen Garten zu besitzen rar ist, hat sich unter dem Begriff „Urban Gardening“ eine neue Gartenphilosophie entwickelt. Büchertipps: „Überall ist Garten“ von Eva Rosenkranz. Eine sinnliche Beschreibungvon Natur über die vier Jahreszeiten. „Mein Wildgarten“ von Meir Shalevon Eine berührende Geschichte über die vielen Glücksgefühle im Erleben des eigenen Gartens. „Anstiftung zum gärtnerischen Ungehorsam“ von Christiane Habermalz. Bekenntnisse einer Guerillagärtnerin. Für die Jugend und Junggebliebenen. „Selbstversorger Balkon“ von Michael Breckwoldt. Über die Aufzucht von Gemüse auf dem eigenen Balkon. „Mein Biotop auf dem Balkon“ von Birgit Schattling. Naturerlebnis und Ernteglück mitten in der Stadt. „Heilsames Räuchern mit Wildpflanzen“ von Adolfine Nitschke. Die heilende und reinigende Kraft von heimischen Pflanzen ist uraltes Wissen von Frauen. „Frauen und ihre Gärten“ Gestalterinnen verraten ihre Geheimnisse von Kathrin Hofmeister, Elke Borkowski. 14 Frauen in fünf verschiedenen Ländern stellen sich als Gartengestalterinnen vor. © Thomas Kopf, Vallaster, könig Österreichische Post AG MZ 02Z031539 M if..faktum 2_2020 Amt der Vbg. LR, FuB Fr. und Gleichst., Römerstr. 15, 6900 Bregenz
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