Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn

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Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
No 2/2021

            Gas-Häuschen
            wird zum
            Tiny House
            Seite 6

            Der Beitrag der Bevölkerung
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Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
Feldschlösschen
                                                                                                                                                                                                                                    Entlebuch
                                                                                                                                                                                                                             / zVg Brauerei
                                                                                                                                               ive

                                                                                                                                                                                                                          Biosphäre
                                                                                                                                         Inklus rt-Bus

                                                                                                                                                                                                                  Salinen AG
                                                                                                                                                                fo

                                                                                                                                                                                                              zVg UNESCO
                                                                                                                                                       Com i im Bus
                                                                                                                                              rt im              el
                                                                                                                                      • Fah und Gipf                  ibur
                                                                                                                                                                              g
                                                                                                                                                                                       t
                                                                                                                                         a ffee            a l ine R estauran

                                                                                                                                                                                                        Schweizer
                                                                                                                                    •  K            n g  S             R
                                                                                                                                            ü h r u           e n  i m             e n
                                                                                                                                          F                 s                  c h
                                                                                                                                        •           ages                    ss
                                                                                                                                                                  schlö gustatio
                                                                                                                                                                                         n

                                                                                                                                                                                             Fotos: zVgFotos:
                                                                                                                                             Mitt
                                                                                                                                       ang-              i Feld              e
                                                           Mehr zu den Salzminen der Schweiz auf:                               • 3-G Brauere ng und D elden
                                                                                                                                     der               dga                 einf
                                                           strom-online.ch/salz                                                               i-Run nthalt Rh en
                                                                                                                                  B ra uere         u  fe              t i o n
                                                                                                                                •            ier A              erva
                                                                                                                                      • Fre Alle Res nisation
                                                                                                                                                •                g a
                                                                                                                                                         seor
                                                                                                                                                  • Rei

Die Saline und die Brauerei am Rhein                                                                       Ja, ich bin bei der
                                                                                                           «energie»-Leserreise mit dabei!
Bier und Salz                                                                                              Buchen Sie telefonisch unter 056 461 61 61
Aus der Gegend um Rheinfelden kommt fast alles Schweizer Salz und der                                      (Kreditkarte bereithalten)
grösste Teil des in der Schweiz gebrauten Biers. Die Salzvorkommen am                                      oder online unter energie-leserangebot.ch
Rhein sind zwar noch nicht so lange bekannt wie jene im Waadtland, dafür                                   Preis pro Person: CHF 106.– inkl. MwSt.
aber deutlich einfacher abzubauen. Und so wird denn hier der einzige noch                                  (Kreditkartenzahlung, keine Reduktion mit Halbtax
abgebaute Schweizer Bodenschatz in gewaltigen Mengen aus dem Erdreich                                      oder GA, Rechnungszuschlag CHF 3.–).
geholt und unter gigantischen hölzernen Kuppeln gelagert. Verwendung
findet er in der Küche, aber vor allem auch als Tausalz für den Winterdienst
                                                                                                           Ab Olten / Aarau / Windisch
auf den Strassen. Ebenfalls in grossen Dimensionen geht es in der nahe
                                                                                                           Montag, 4. Oktober 2021
gelegenen Brauerei Feldschlösschen zu und her, wo im wohl schönsten                                        Freitag, 15. Oktober 2021
Schloss der Schweiz bereits seit 1876 Bier gebraut wird.
                                                                                                           Ab Winterthur / Zürich
                                                                                                           Dienstag, 5. Oktober 2021
Wir reisen mit dem Bus zu den Salinen Riburg, erleben da eine Führung                                      Mittwoch, 20. Oktober 2021
durch die Anlagen und fahren dann weiter nach Rheinfelden. Das Mittag­
essen nehmen wir im Restaurant der Brauerei Feldschlösschen ein, mit an­                                   Ab Luzern / Zug
schliessender Führung/Besichtigung. Danach fahren wir ins nahe gelegene
                                                                                                           Mittwoch, 6. Oktober 2021
Städtchen Rheinfelden, wo es genügend Zeit für einen Spaziergang gibt.                                     Ab Bern / Biel / Lyss
                                                                                                           Donnerstag, 7. Oktober 2021
                                                                                                           Ab Münchenstein / Pratteln / Liestal
                                                                                                           Dienstag, 12. Oktober 2021
                                                                                                           Ab Jegenstorf / Solothurn
                                                                                                           Mittwoch, 13. Oktober 2021

                                                                                                            Rückkehr jeweils zwischen 17.45 und 19.00 Uhr.
                                                                                                            Witterungsbedingte Programmänderungen sind möglich.

                                                                                                            Weitere Auskünfte erteilt Ihnen Eurobus:
                                                                                                            056 461 61 61, leseraktion@eurobus.ch

Anmeldebedingungen: Die Teilnehmerzahl ist beschränkt, daher erfolgt die Reservation nach der Reihenfolge der Anmeldungen. Sie erhalten eine
Bestätigung. Annullierung: Eintägige Busreisen können nicht annulliert werden. Es gelten die Vertragsbedingungen der Eurobus-Gruppe, die Sie jederzeit
bei Eurobus anfordern oder im Internet unter eurobus.ch einsehen können.
Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
Inhaltsverzeichnis No 2/2021

                                                                                 Regio Energie                                           4	­Spotlights Kurzmeldungen aus nah und fern
                                                                                 Solothurn – der                                         6	Tiny House In Bellach entsteht auf einem
                                                                                 Region verpflichtet                                        winzigen Grundstück ein Kleinwohnhaus

                                                                                 Damit die Energiestrategie 2050 und damit «Netto-       8	
                                                                                                                                           «Plastic is fantastic!» Kunststoffe sind
                                                                                 Null» ein Erfolg wird, sind wir alle in der Pflicht.      allgegenwärtig und eine grosse Umwelt­
                                                                                 In dieser Ausgabe erfahren Sie am Beispiel der            belastung. Doch ohne Plastik geht es nicht
                                                                                 Energiestadt Solothurn, wie jeder von uns einen
                                                                                 Beitrag leisten kann. Daniel Gangi erzählt im Inter­   12	Infografik Die Olympischen Spiele in Tokio
                                                                                 view, wie die Regio Energie Solothurn die Installa­          sollen nachhaltig und ökologisch werden
                                                                                 tion von «Smart Metern» in der Stadt Solothurn
                                                                                 plant. Smart Meter sind intelligente Messsysteme       14	Smart Meter Die intelligenten Stromzähler
                                                                                 und erfassen den Energie- und Wasserverbrauch              messen den Verbrauch alle 15 Minuten
                                                                                 kontinuierlich. Weil dies nun viel spezifischer als
                                                                                 bisher geschieht, soll es in Zukunft möglich sein,     16	
                                                                                                                                           Versiegelte Flächen Der Boden in urbanen
                                                                                 beispielsweise die Stromproduktion besser auf den         Gebieten nimmt immer weniger Wasser auf
                                                                                 Verbrauch abzustimmen.
                                                                                 Damit wird die Möglichkeit geschaffen, dass eini­ges   18	Energiestadt Solothurn Bei den Anstren-
                                                                                 auch im Kleinen geleistet werden kann. In der Sum­          gungen um eine noch ökologischere Stadt
                                                                                 me wird der Effekt aber beträchtlich sein. Natürlich        ist die Mithilfe der Bevölkerung gefragt
                                                                                 sind wir auch im Grossen gefordert, die Energie­
                                                                                 wende zu meistern. Das gilt auch für uns von der       20	
                                                                                                                                           Das Salz der Berge Aus den Salzminen von
                                                                                 Regio Energie Solothurn. Wir wollen und müssen             Bex kommt seit Langem das Weisse Gold
                                                                                 am Puls der Entwicklung bleiben, damit unser
                                                                                 En­gagement für Sie als Kunden, für uns als Unter­     22	Interview Kunststoff-Forscherin Panayota
                                                                                 nehmen – und in diesem auch für all unsere Mitar­          Tsotra zeigt der Branche, was mit Plastik
                                                                                 beiterinnen und Mitarbeiter – Früchte trägt. Diese         alles möglich sein muss
                                                                                 drei Faktoren stützen unseren Erfolg. Und nur wenn
                                                                                 wir erfolgreich sind, können wir vorausschauend        23 P
                                                                                                                                            reisrätsel Gewinnen Sie ein Wochenende
                                                                                 ar­beiten und die geforderten neuen Wege in die           in den Waadtländer Alpen oder einen
                                                                                 Energiezukunft beschreiten.                               Ausflug mit Eurobus

                                                                                                                                        24	
                                                                                                                                           Strooohm! Die kleine Solarzelle überholt
                                                                                                                                           das grosse Atomkraftwerk

                                                                                 Marcel Rindlisbacher,
                                                                                                                                         6
                                                                                 Direktor
                                                                                 Regio Energie
                                                                                 Solothurn
Titelbild: Michel Lüthi, bilderwerft.ch Fotos: Michel Lüthi, bilderwerft.ch

                                                                              Regio Energie Solothurn
                                                                              Rötistrasse 17, 4502 Solothurn
                                                                                                                                        18
                                                                              Hauptnummer		                    032 626 94 94
                                                                              Pikett Strom 		                  032 622 47 61
                                                                              Pikett Gas/Wasser/Fernwärme      032 622 37 31
                                                                              Energieberatung		                032 626 94 40

                                                                                                                                                                                           3
Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
Spotlights

                                                                                                     – 47%
                             Schnellladestationen
                             an Autobahnen

                                                                                                     Am meisten Strom importiert
                                                                                                     die Schweiz aus Deutschland.
                                                                                                     Doch der gesamte Nettostrom­
                                                                                                     export aus Deutschland – also
                                                                                                     nicht nur in die Schweiz – ist
                             Fastned ist ein niederländisches Unternehmen, das in mehre­             2020 um 47 Prozent gesunken.
                             ren europäischen Ländern ein Netzwerk öffentlich zugängli­              Dies widerspiegelt den allmäh­
                             cher Schnellladestationen für Elektrofahrzeuge aufbaut und
                             betreibt. 2019 hat es eine Ausschreibung des Bundesamts                 lichen Ausstieg Deutschlands aus
                             für Strassen für 20 Schnellladestationen auf Rastplätzen der
                             Schweizer National­strassen gewonnen. Im Dezember 2020
                                                                                                     der Kohle- und Atomstrompro-
                             wurde die erste Lade­station in Suhr AG eröffnet. Eine weitere          duktion. Ob das Land in Zukunft
                             steht mittlerweile in Lenzburg. Auch das Tessin und die
                             Romandie werden welche erhalten. Die Ladeleistung beträgt               noch Strom exportieren kann,
                             bis zu 300 Kilowatt. Theoretisch könnten damit innert 15 Mi­
                             nuten bis zu 300 Kilometer Reichweite «getankt» werden –
                                                                                                     ist fraglich. Dies ist umso be­un­
                             sofern das Elektroauto so hohe Ladeleistungen überhaupt                 ru­hig­ender, als die Schweiz seit
                             zulässt. Fastned liefert nur erneuerbaren Strom aus Wind und
                             Sonne. Dazu tragen auch ein klein wenig die Photovoltaik­               rund zwanzig Jahren im Winter
                             module auf dem Dach der Tankstelle bei.                                 mehr Strom importieren muss,
                                                                                                     als sie exportieren kann. Durch
                                                                                                     den auch in der Schweiz geplan-
                             Neue Batterien für die                                                  ten Ausstieg aus der Kern­ener­
                             Monte-Rosa-Hütte                                                        gie wird sich diese Winterlücke
                             Der seit 2009 bestehende Neubau der Monte-Rosa-Hütte ist auf
                             möglichst hohe Energieautarkie getrimmt. Zur Strom­ver­sor­gung
                                                                                                     noch massiv verschärfen.
                             dient primär Photovoltaik, kombiniert mit einem Speicher aus            Datenquelle: Bundesnetzagentur (Deutschland)

                             8,6 Tonnen Bleibatterien. Weil diese das Ende ihrer Lebens­dauer
                             erreicht hatten, wurden sie durch 2,7 Tonnen Lithium­batterien
                             ersetzt. Diese haben mit 215 Kilowattstunden eine etwas höhere
                             Speicherkapazität als die alten Bleibatterien. So lassen sich längere
                             Schlecht­wetterperioden überbrücken.                                             NOTSTROM FÜR MOBILFUNK

                                                                                                        Die Mobilfunknetze sind zentral für die Versorgung
                                                                                                            mit Telekommunikations-Dienstleistungen.
                                                                                                        Dies gilt schon zu normalen Zeiten, speziell aber in
                                                                                                        Krisen, insbesondere bei einem länger dauernden
                                                                                                           ­Stromausfall. Der Bundesrat hat deshalb im
                                                                                                     ­Dezember 2020 entschieden, innerhalb von etwa fünf
Fotos: Alamy / zVg Fastned

                                                                                                           Jahren eine landesweite stromausfallsichere
                                                                                                      ­Mobilfunkversorgung für Notrufdienste aufzubauen.
                                                                                                             Später sollen auch über die Notrufdienste
                                                                                                        ­hinausgehende mobile Sprach- und Datendienste
                                                                                                               ­gegen Stromausfall gesichert werden.

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Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
Nachfrage nach Pellets wächst
Wer klimafreundlich mit Holz heizen will, aber dennoch eine
automatische Heizung benötigt, wählt eine Pelletsheizung.
Pellets sind kleine, aus Holzresten gepresste Stäbchen. Da es
sich – im Gegensatz zu Stückholz – um ein Schüttgut handelt,
sind Pellets für mechanische Förder­anlagen ge­eig­net, was einen
automatischen Betrieb ermög­licht. Zwischen 1995 und 2019 ist
die Anzahl Pellets­heizungen in der Schweiz von 0 auf rund
30 000 gestiegen. Seit 2016 nimmt die Anzahl Anlagen verstärkt
zu, d. h., es werden jedes Jahr mehr Pellets­heizungen verkauft.
2020 waren es 1186 Anlagen. Holzschnitzelfeuerungen setzen
ebenfalls auf Holz als Brennstoff. Auch sie lassen sich auto­ma­
tisch betreiben, sie sind aber nur für höhere Leistungen ge­eignet,
z. B. für Überbauungen oder als Quartierheizungen.

                             Datenquelle: Verband Holzfeuerungen Schweiz

                              Pro Jahr verkaufte Pelletsheizungen                 5 bis 50 kW     über 50 kW
                             1400
                             1200
                             1000
                              800
                              600
                              400
                              200
                                 0
                                      2014        2015       2016          2017    2018    2019    2020

                                                                                                               5
Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
Hilde und Markus Dreyer bauen gemeinsam mit Johannes Iff
                                                                             und Philip Aeschbacher auf dem Fundament einer ehemaligen
                                                                             Gasdruckreduzierstation ein modernes Kleinwohnhaus.

                                                                             Ein kleines Grundstück –
                                                                             ideal für ein Minihaus
                                                                                 Text: Andreas Schwander

                                                                                                                                         Das Grundstück ist winzig – nur 150 Qua­
                                                                                                                                         dratmeter. Was macht man mit so ei­ner
                                                                                                                                         «Briefmarke», wenn das darauf­ste­­hende
                                                                                                                                         Häuschen mit der Gas­      druck­
                                                                                                                                                                         reduzier­
                                                                                                                                         station nicht mehr gebraucht wird? Ein
                                                                                                                                         Parkplatz wäre wohl die nahelie­gendste
                                                                                                                                         Idee. Doch genau das wollte Hilde Drey­
                                                                                                                                         er nicht. Das Grundstück liegt genau ne­
                                                                                                                                         ben dem Elternhaus ihres Mannes, und
                                                                                                                                         als die Regio Energie Solothurn das Gas-
                                                                                                                                         Häuschen nicht mehr brauchte, bot sie
                                                                                                                                         das Grund­stück den Anstössern an. Die
                                                                                                                                         Dreyers griffen zu – ohne zu wissen, was
                                                                                                                                         sie damit anstellen sollten.

                                                                                                                                         Ein Wohntürmchen
                                                                                                                                         Hilde Dreyer hatte sich schon immer für
                                                                                                                                         Tiny Houses und die dahinter liegen­
                                                                                                                                         de Phi­­lo­
                                                                                                                                                   sophie interessiert. Das «Tiny-
                                                                                                                                         Grund­­stück» gab ihr die Möglichkeit, das
                                                                                                                                         Interesse in die Praxis umzusetzen. Aller­
                                                                                                                                         dings gehen die meisten standar­di­sierten
                                                                                                                                         Minihäuser auf einem Niveau in die Brei­
                                                                                                                                         te, während die Dreyers einen Wohnturm
                                                                                                                                         brauchten. Mit Johannes Iff fanden sie ei­
                                                                                                                                         nen Architekten, der ihnen den Turm zu­
Fotos: Michel Lüthi, bilderwerft.ch Visualisierung: zVg minim2 GmbH (i.G.)

                                                                                                                                         sammen mit dem Schreiner und Holzbau­
                                                                                                                                         er Philip Aeschbacher bauen wollte.

                                                                                                                                         Hilde Dreyer, Thomas Gesierich, Johannes Iff,
                                                                                                                                         Philip Aeschbacher und Markus Dreyer (v.l.)
                                                                                                                                         vor dem Mini-Grundstück.

                                                                             6
Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
Das Haus wird aus zwei Vollgeschossen         tärinstallationen und kümmert sich über
gebaut und erhält ein Satteldach mit ei­      ihre Tochterfirma Genos Energie AG um
nem Schlafzimmer unter den Dach­schrä­        die Photovoltaikanlage. Diese besteht aus
gen. Die drei Elemente werden in der          16 Paneelen mit maximal 5,28 kWp Leis­
Werk­­stätte von Philip Aeschbacher mit       tung. Ein Anschluss für ein Elektroauto
allen Installationen vor­mon­tiert und auf    gehört ebenfalls zum kleinen SOclever-
der Baustelle mit einem Kran aufeinan­        Haus, und auch Wärme ist Teil des Rund­
dergestapelt. Diese Modulbauweise hat         um-sorglos-Pakets der Regio Energie
viele Vor­teile. Die einzelnen Komponen­      Solothurn. Denn selbst bei einem so klei­
ten sind während des Baus nicht dem           nen Objekt ist eine Contractinglösung
Wetter ausgesetzt und werden geschützt        möglich. Das Tiny House wird mit ei­
und präzise montiert. Auch die In-Dach-       nem automatischen Pelletofen beheizt,
Solaranlage, die gleichzeitig als Dachein­    und ein Wärmepumpenboiler liefert das
deckung dient, kann am Boden instal­liert     Brauch­­­warm­wasser. Die Pellets müssen
und verkabelt werden – ohne dass jemand       die Bewohner zwar selbst ab und zu in
auf dem Dach herumturnen muss und             den Ofen schütten, doch ein Mitarbeiter
ohne dass ein teures Gerüst nötig wird.       von Thomas Gesierich stellt regelmässig
                                              neue Säcke mit Pellets in einen dafür vor­
Minimalistisch, aber                          gesehenen Vorratsschrank.
nicht spartanisch                                                                           Auf den Computeranimationen von Architekt
Das Haus in Bellach bietet rund 38 Qua­       Verdichtetes und                              Johannes Iff wird erlebbar, wie viel Platz in dem
dratmeter Wohnfläche, verteilt auf drei       nachhaltiges Bauen                            Tiny House auf so kleinem Raum möglich ist.
Etagen. Damit es nicht eng wird, muss         Mit dem Bau des kleinen Wohnwunders
jeder Winkel genutzt werden. Viele Tiny-      wurde im Mai begonnen, und im Sommer
Häuser sind noch deutlich kleiner, vor al­    soll es bezugsbereit sein. Für Johannes Iff
lem jene, die auf ein Anhängerchassis auf­    und Philip Aeschbacher ist das Häus­­chen     terstützt das Projekt mit einem Sponso­
gebaut werden und transportierbar sind.       ein Prototyp, dessen Module auch für an­      ringbeitrag und im Bereich der Gebäu­
Doch Hilde Dreyer und Johannes Iff legen      dere Anwendungen beliebig auf­einan­der­      detechnik mit dem SOclever-Konzept. So
Wert auf getrennte Nutzungsräume. Die         ge­stapelt werden können. Mit dem Tiny        wird es künftig noch weitere Minihäuser
Bewohner sollen nicht jeden Abend erst        House wollen die beiden Lösungen aufzei­      geben, wo immer ein kleiner Fleck Boden
den Esstisch zur Seite räumen müssen,         gen, welche den Grundsätzen des ver­dich­     zur Ver­fügung steht. Das können Club­
wenn sie zu Bett gehen wollen. Das Par­       teten und nachhaltigen Bauens und der         lokale sein, Büros oder Aus­bil­dungs­räum­
terre besteht aus einer Wohnküche. Die        Energiestrategie 2050 ent­­sprechen. Hier­    lich­­kei­ten. Denn fast immer gibt es für den
Küchenkombination verkriecht sich un­         für haben sie die Firma minim2 GmbH ge­       knappen Boden eine bessere Lösung als
ter die Treppe, in die Treppenstufen sind     gründet. Die Regio Energie Solo­thurn un­-    noch einen weiteren Parkplatz.
Schub­laden und Regale eingebaut. Das
Wohnzimmer liegt im zweiten Stock und
das Schlafzimmer unter dem Dach. Kons­                             Gut zu wissen
truiert wird das Haus als Holzständerbau,
eine Bauform, die es in der Schweiz seit                    Ganzheitliche Lösungen mit
Hunderten von Jahren gibt. Erstaunlicher­
weise eignet sie sich sehr gut für mo­der­
                                                            dem SOclever-Haus
nen Modulbau. Eingepackt in ei­ne dicke                     Produzieren, Speichern, Nutzen und Überwachen: Das ist das Prin­
Schicht Isolationsmaterial aus Holzwolle,                   zip des modulartig aufgebauten SOclever-Hauses der Regio Energie
besitzt das kleine Haus einen extrem vor­                   Solothurn. Mit Sonnenenergie wird erneuerbarer Strom produziert.
teilhaften ökologischen Fussabdruck.                        Die Energie wird mit verschiedenen Komponenten gespeichert oder
                                                            genutzt, zum Beispiel zum Betreiben einer E-Ladestation. Erneuer­
Tiny-SOclever-Haus                                          bare Heizsysteme sind ebenfalls Teil des SOclever-Hauses. Mit einer
Thomas Gesierich ist Leiter für den Be­                     intelligenten Steuerung wird der Energieverbrauch optimiert. Die
reich Liegen­schafts­kunden bei der Regio                   Regio Energie Solothurn unterstützt ihre Kundinnen und Kunden
Energie Solothurn. Als Mitglied der Ge­                     bei der Entwicklung einer ganzheitlichen Lösung.
schäfts­­leitung ist für ihn das Tiny House
in Bellach eine ideale Gelegenheit, um das                  Weitere Informationen zum SOclever-Haus finden Sie unter:
Konzept des SOclever-Hauses bei einem                       regioenergie.ch/soclever-haus
extrem kleinen Haus anzuwenden. Die
Regio Energie Solothurn liefert und ins­                    minim2.ch, aeschbacher-produktionen.ch, iffarch.ch
talliert die Elektro-, Heizungs- und Sani­

                                                                                                                                                7
Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
Mehr dazu auf strom-online.ch
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                          − Alle tragen «Plastik-Kleider»
                          − Araldit, der revolutionäre Kunststoff
                            aus Basel
Fotos: plainpicture

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Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
Kunststoffe sind unverzichtbar. Sie machen Lebensmittel haltbar,
Flugzeuge leichter und unsere Kleider warm und widerstandsfähig.
Und ohne Kunststoffe ist die Energiewende unmöglich. Was muss
sich ändern, damit Plastik ökologischer wird?

«Plastic is
fantastic!»
  Text: Andreas Schwander

                            «Wood is good, but Plastic is fantastic» ist   Als Rettungsboot für die Ölindustrie
                            ein geflügeltes Wort in der Kunststoffin­      taugt Plastik allerdings nur, wenn es
                            dustrie. Tatsächlich haben Kunststoffe im      ökologischer wird. Die Verpackungs­
                            Lauf der letzten hundert Jahre natürliche      industrie setzt weltweit mit Plastikver­
                            Produkte weitgehend substituiert, seien        packungen pro Jahr rund 375 Milliarden
                            es Holzprodukte, Baumwolle oder Wolle,         Dollar um. Allein der Wert des Abfalls
                            in vielen Bereichen aber auch Metalle. In      wird auf jährlich 80 bis 120 Milliarden
                            der Textilindustrie liessen sich die heuti­    Dollar geschätzt. Der grösste Teil da­
                            gen Mengen ohne Kunstfasern schon lan­         von landet noch immer in Deponien. In
                            ge nicht mehr herstellen – oder nur noch       der Schweiz liefern Kunststoffe wenigs­
                            mit noch grösseren Umweltschäden.              tens in den Kehrichtverwertungsanlagen
                                                                           will­
                                                                               kommenen Brennstoff, zumal der
                            Von der Kohle zum Öl                           Kehricht aufgrund der immer weiterge­
                            Kunststoffe hingen immer eng mit den           henden Mülltrennung immer schlechter
                            jeweils führenden Energieträgern zusam­        brennt. Vor allem bei den PET-Flaschen
                            men. So wurde der weltweit erste Kunst­        ist die Recyclingquote sehr gut. Sie be­
                            stoff – Bakelit –, der bis vor etwa vierzig    trägt gegen 90 Prozent. PET ist die Er­
                            Jahren noch allgegenwärtig war, aus            folgsgeschichte eines Kunststoffs, der
                            Braunkohle- und Holzkohleteer erzeugt.         gezielt für rezyklierbare Lebensmittel­
                            Die heutigen Kunststoffe sind dagegen          verpackungen entwickelt wurde.
                            praktisch ausschliesslich Produkte der
                            Petrochemie. Lange galten Kunststoffe als      Bei Verpackungen
                            uninteressantes Anhängsel, und Ölkon­          liegt der Teufel im Detail
                            zerne wie Texaco stiessen ihre petroche­       Im Detailhandel sind Plastikverpackun­
                            mischen Divisionen ab. Doch nun versu­         gen allgegenwärtig. Allerdings entfallen
                            chen die Ölkonzerne, das wegbrechende          bei Fleisch oder Käse nur etwa fünf Pro­
                            Energiegeschäft mit der Petrochemie zu         zent der CO2-Emissionen auf die Verpa­
                            kompensieren. ExxonMobil, der konser­          ckung. Den Rest verursacht das Produkt
                            vativste unter den grossen Öl-Multis, der      selbst. Zudem betont die Kunststoff­
                            noch am längsten an der fossilen Energie       industrie, dass diese Verpackungen die
                            festhalten will, hat massiv in die Petro­      Menge an Food-Waste massiv reduzie­
                            chemie investiert. Deren Anteil am Ge­         ren. Ein kompletter Verzicht auf Kunst­
                            winn beträgt mittlerweile je nach Ölpreis      stoffverpackungen würde deshalb die
                            zwischen 15 und 25 Prozent, mehr als dop­      Emissionen in der Lebensmittelbranche
                            pelt so viel wie noch vor zehn Jahren.         erhöhen, weil der CO2-Fussabdruck der

                                                                                                                 9
Gas-Häuschen wird zum Tiny House - Der Beitrag der Bevölkerung - No 2/2021 - Regio Energie Solothurn
verdorbenen Lebensmittel viel höher         ins Meer gespült werden – zusammen          In der Kunststoffindustrie ist man sich
wäre als jener der Plastikverpackungen.     mit allem anderen Plastikmüll sind es       bewusst, dass es Unsinn ist, jährlich Roh­
Doch Kunststoffe schützen nicht nur die     8 Millionen Tonnen jährlich. Mit verletz­   stoffe mit Milliardenwert wegzuwerfen.
Lebensmittel im Laden. Auch bei Lage­       ten Tieren und verschmutzten Strän­         Ziel ist es deshalb, bei den Einwegpro­
rung, Transport und Produktion spielen      den erscheint die Situation im Mittel­      dukten effizientere Recyclingmethoden
sie eine entscheidende Rolle, selbst wenn   meer und an den Atlantikküsten schon        zu entwickeln. So hat der Branchenriese
die Produkte am Schluss unverpackt          schlimm, doch in anderen Weltgegenden       BASF ein Projekt namens ChemCycling
verkauft werden. Das spricht allerdings     ist sie noch viel schlechter. 90 Prozent    lanciert, bei dem die langen Molekülket­
nicht gegen Offenverkauf und Unver­         des Plastikmülls in den Meeren stammt       ten von Kunststoffen mithilfe der Pyro­
packt-Läden. Wer bewusst Lebensmittel       aus zehn grossen Strömen in Südostasi­      lyse aufgebrochen werden. So entstehen
unverpackt einkauft, wird auch besser       en, zumal die Hälfte der Weltbevölke­       daraus wieder die ursprünglichen flüs­
drauf achten, dass sie nicht verderben.     rung in Indien, China und den Ländern       sigen Rohmaterialien, welche die Kunst­
Doch bei jenen Menschen, deren Kühl­        Südostasiens lebt.                          stoffhersteller bei BASF für ihre Produk­
schrank einem experimentellen Bioreak­
tor ähnelt, verhindern Kunststoffe eine
noch grössere Verschwendung.

Ein ökologisches und ein
finanzielles Problem
Kunststoffe werden dann zum massiven
ökologischen Problem, wenn sie den ge­
ordneten Kreislauf von Produktion und
Recycling verlassen oder wenn gar kein
solcher existiert. Die spanische Provinz
Almeria gilt als der Gemüsegarten Euro­
pas. Hier wachsen ganzjährig Hundert­
tausende Tonnen Gemüse in sogenann­
ten Folientunnels, langen Treibhäusern
aus Plastikfolien. Diese Folien versprö­
den mit der Zeit und landen oft in wilden
Deponien unter freiem Himmel, wo sie
langsam zerbröseln und als Mikroplastik

                                                                          Mehr Recycling würde
                                                                          Kunststoffe öko­logischer
                                                                          machen.

10
tion einkaufen. Chemisches Recycling          Isola­
                                                   tionsmaterial massiv vergrössern.      Jahrhunderten: in einem Farbbad, das
eignet sich vor allem für stark gemischte     Zudem sind fehlerhafte Elektroinstalla­     Millionen Liter verschmutztes Wasser
und verschmutzte Kunststoffabfälle, die       tionen und Isolationsdefekte weltweit die   zur Folge hat. Weil diese Art des Färbens
bisher in Deponien und Verbrennungs­          häufigste Brandursache. Gute Isolations­    relativ ungenau ist, landet aufgrund von
anlagen landeten.                             materialien sind das einzige Gegenmittel.   Fehlfärbungen rund ein Fünftel aller pro­
                                                                                          duzierten Textilien ungetragen im Müll.
Die lange Lebensdauer                         Der Kleiderschrank                          Doch die chemische Industrie hat auf An­
besser nutzen                                 als Ökomonster                              regung der Automobilindustrie schon vor
Selbst nach zwanzig Jahren sind viele         Auch die Textilindustrie braucht giganti­   Jahren eine Technologie namens Spin­
Kunststoffe noch wie neu. 2020 haben          sche Mengen Kunstfasern. Während der        Dye entwickelt, mit der Kunststofffasern
Bilder die Runde gemacht, wie ausge­          Verbrauch an Baumwolle stagniert, hat       gleich während des Spinnprozesses ein­
diente Windturbinenblätter zersägt und        sich jener von Kunstfasern in den letz­     gefärbt werden. Damit sehen Stoffsitze
auf Deponien vergraben wurden. Das            ten zwanzig Jahren vervierfacht. Fleece­    im Auto farblich auch nach jahrelangem
dürfte nicht passieren, denn solche Tur­      jacken und kuschelige Decken bestehen       Gebrauch noch aus wie neu. Das System
binen altern kaum und werden oft nur          oft zu 100 Prozent aus Polyester. Für die   benötigt kein Wasser und führt zu per­
demontiert, weil nach zwanzig Jahren          Herstellung eines Kilogramms Baum-          fekter Färbung.
die Subventionen ausgelaufen sind. Bei        wolle werden etwa zehn Tonnen Was­          Doch SpinDye findet nur sehr langsam
den Turbinenblättern handelt es sich um       ser benötigt – jeder Kleiderschrank         den Weg vom Auto in die Mode. Die Klei­
sogenannte faserverstärkte Kunststoffe,       enthält also mehrere Schwimmbäder           derketten müssen dafür die Farben für
die neben dem Kunststoffharz noch eine        «Geisterwasser». Dagegen ist der Was­       die Kleider bestimmen, noch bevor das
Armierung aus Glas- oder Kohlefasern          serverbrauch bei Kunststoffen minimal.      Garn für die Gewebe hergestellt wird,
enthalten. «Karbon» ist deshalb immer         Allerdings hat die Erfindung der «Fast      was vielen zu mühsam und zu wenig
auch Kunststoff, denn Karbonfasern            Fashion» in der Textilindustrie dazu ge­    flexibel ist. Doch es gibt einige löbliche
allein sind nur ein schwarzes Gewebe.         führt, dass alle ökologischen Gewinne       Ausnahmen. Fjällräven und Decathlon
Weit häufiger als Kohlefasern – und auch      durch bessere Kunststofftechnologien        setzen das System für ihre gesamte Pro­
viel billiger und weniger energieintensiv     von der schieren Masse aufgefressen         duktion ein. Der französische Sportdis­
– sind Glasfasern, aber auch Basalt- und      wurden. Die Abfallberge wachsen in den      counter Decathlon beweist damit, dass
in jüngerer Zeit natürliche Stoffe wie Si­    Himmel. Altkleider werden oft gar nicht     Ökologie nicht zwingend höhere Preise
sal- oder Hanffasern. Viele Naturfasern       mehr gesammelt, weil die Qualität so        verlangt, sondern nur eine bessere Pla­
erreichen etwa die gleiche Festigkeit wie     schlecht geworden ist.                      nung. Aber auch H&M hat eine Kollek­
Glasfasern, sind aber viel leichter zu ent­   Dabei hätte moderne Kunststofftechno­       tion lanciert, bei der das Ausgangsmate­
sorgen, vor allem wenn das Harz ein mo­       logie gerade bei Kleidern viel zu bieten.   rial aus rezyklierten Altkleidern besteht
derner, ungiftiger Kunststoff ist.            So wird der grösste Teil der Stoffe aus     und das Garn noch vor dem Weben des
In einer V ­ erbundwerkstoffkonstruktion      Kunstfasern und Mischgewebe noch im­        Stoffs mit der SpinDye-Technologie ge­
machen die Fasern etwa zwei Drittel           mer gefärbt wie natürliche Fasern seit      färbt wird.
und das Harz, das später zum Kunststoff
aushärtet, etwa ein Drittel des Gewichts
aus. An einer Boeing 787 oder einem Air­
bus A350 mit sehr vielen solchen Compo­
site-Teilen befinden sich etwa zwanzig
Tonnen Kunstharz. Autos werden dank
Kunststoffteilen leichter. Zudem verhin­
dern sie als weiche, verformbare Teile bei
Unfällen Verletzungen von Fussgängern                          Gut zu wissen
und Radfahrern.
Auch die Erzeugung erneuerbarer Ener­                  Intelligente Kunststoffe gegen Malaria
gie funktioniert nicht ohne Kunststoffe.
In Blatt einer Windturbine beispielswei­               Moderne Kunststofftechnologien ermöglichen ungeahnte Anwendungs­
se werden zwei bis drei Tonnen Kunst­                  gebiete. So werden seit Jahren Moskitonetze hergestellt, deren Kunst­
harz vergossen. Solarpanels bestehen                   stoff statt Farbe winzige Mengen Insektizid enthält – viel weniger, als
bis auf die hauchdünnen Siliziumschei­                 wenn die Netze nachträglich damit imprägniert würden. Das Gift bleibt
ben zum grössten Teil aus Kunststoff.                  im Material gebunden und hält Malariamücken trotzdem in Schach. So
Und wer Elektrifizierung sagt, meint                   sind dank moderner Kunststoffe smarte Textilien möglich, welche Medi­
immer auch Isolation, denn Strom ist                   kamente über lange Zeit in sehr kleinen Dosen gezielt an die Haut abge­
ohne Isolationsmaterialien undenkbar.                  ben. Und es ist noch viel mehr möglich mit Kunststoffen, wenn wir nicht
Die dezentralisierte Stromerzeugung                    wie bisher so vieles damit falsch machen.
wird den Bedarf an Kabeln und damit an

                                                                                                                                  11
Infografik

                                               Die Organisatoren der auf 2021 verschobenen Olympischen Sommerspiele in Tokio (bei Redaktionsschluss
                                               geplant für 23. Juli bis 8. August) haben sich der Nachhaltigkeit verschrieben. Was heisst das konkret?

                                              Nachhaltige Spiele
                                                    Text: Alexander Jacobi

                                               Fünf Nachhaltigkeitsthemen:                    Menschenrechte                                Ressourcen-
                                                                                                                                            bewirtschaftung
                                               Klimawandel                                    Einbezug der Bevölkerung                      Kein oder weniger Abfall

                                               Ressourcenbewirtschaftung                      Natur und Biodiversität                       Holz für das olympische Dorf: Das
                                                                                                                                            Gebäude auf dem Hauptplatz des
                                                                                                                                            olympischen Dorfs besteht aus Holz,
                                                                                                                                            das aus 63 Gemeinden Japans
                                                                                                                                            stammt. Nach den Spielen wird das
                                                                                                                                            Holz in den Gemeinden wieder­
                                                                                                                                            verwendet, z. B. für Sitzbänke oder
                                                                                                                                            öffentliche Bauten.

                                               Klimawandel
                                               In Richtung null CO2-Emissionen
                                               60 Prozent bestehende Arenen:
                                               Die Wiederverwendung bestehender
                                               Stadien ist nachhaltiger als der Bau
                                               neuer. Von den 43 Sportstätten wur-
                                               den deshalb nur 18 neu errichtet. Die
                                               übrigen 25 bestanden bereits zuvor.

                                                                                                                              40%
                                         60%                                                                                  Neubauten
                                         bestehende
                                         Stadien

                                                                                                                                                             Nachhaltiger Einkauf:
                                                                                                                                                             Für die Beschaffung
                                                                                                                                                             von Gütern und Dienst-
                                                                                                                                                             leistungen gelten
                                                                                                                                                             ­Regeln und Prinzipien,
                                                                                                                                                              welche die Nachhaltig-
                                                                                                                                                              keit gewährleisten
                                                                                                                                                              (Sustainable Sourcing
                                                                                                                                                              Code).

                                                                                                                                                        Fackel aus Aluminium:
                                                                                                                                                        Die olympische Fackel
                                                                                                                                                        besteht aus Aluminium,
                                               Öko-Fahrzeuge: Für
                                                                                                                                                        das zuvor für Not­
                                               den Transport werden
                                                                                                                                                        unterkünfte nach dem
                                               schadstoffarme Fahr-
                                                                                       Erneuerbare Energien:      Energieeffizienz sollen               grossen Seebeben vor
                                               zeuge eingesetzt, z. B.
                                                                                       Der Strom für die Olym-    die Spiele möglichst                  der japanischen Ost-
                                               Brennstoffzellenautos
                                                                                       pischen Spiele stammt      CO2-neutral werden. Wo                küste im Jahr 2011
                                               und Elektrobusse.
                                                                                       komplett aus erneuer-      dies nicht ­direkt mög-               verwendet worden war.
                                                                                       baren Quellen. Durch       lich ist, wird der CO2-
Illustration: Infel AG, Murielle Drack

                                                                                       weitere erneuerbare        Aus­stoss indirekt über
                                                                                       Energien – z. B. Sonnen­   den Kauf von Emissions-
                                                                                       wärme – sowie durch        rechten kompensiert.

                                               12
Sind nachhaltige Spiele überhaupt möglich?
                                                                                  Trotz aller Bemühungen der Organisatoren um Nachhaltigkeit ist es ausser­
                                                                                  ordentlich anspruchsvoll, Grossereignisse nachhaltig durchzu­führen. Dies zeigt
                                                                                  eine Studie von Martin Müller, Professor am Institut für Geografie und Nach-
                                                                                  haltigkeit an der Universität Lausanne, der die Olympischen Spiele seit 1992
                                                                                  punkto Nachhaltigkeit untersucht hat.

                                                                                Menschenrechte
                                                                                Chancengleichheit und                        Im Einklang mit UNO-
                                                                                Nichtdiskriminierung                         Prinzipien: Die Organi-
                                                                                                                             satoren haben sich
                                                                                Behindertengerechter                         ­verpflichtet, die «Leit­
                                                                                Zugang: Richtlinien sorgen                    prinzipien der Vereinten
                                                                                dafür, dass Menschen mit                      Nationen für Wirtschaft
                                                                                Behinderungen die Sport-                      und Menschenrechte»
                                                                                stätten trotzdem besuchen                     einzuhalten.
                                                                                können.

                                               Mehrweg- statt Ein-
                                               weggüter: Durch Miet-
                                               oder Rückkaufvereinba-
                                               rungen werden Güter
                                               bevorzugt, die sich wie-
                                               derverwenden lassen.

                                                              1                                                                 Einbezug der Bevölkerung
                                                      2               3
                                                                                                                               Spiele für alle
                                                                                                                               Medaillen aus rezykliertem Elektronik-
                                                   Siegerpodeste aus                                                           schrott: Menschen aus ganz Japan haben
                                                   ­Recyclingplastik: Die                                                      während rund zweier Jahre ungefähr
                                                    Siegerehrungen finden                                                      80 000 Tonnen Elektronikschrott – da­
                                                    auf Podesten statt, die                                                    runter 6 Mio. Mobiltelefone – gesammelt.
                                                    aus rezyklierten Kunst-                                                    Aus den daraus zurückgewonnenen
                                                    stoffabfällen hergestellt                                                  ­Metallen wurden die rund 5000 olympi-
                                                    wurden. Nach den Spie-                                                      schen Medaillen hergestellt.
                                                    len werden die Podeste
                                                    wiederverwertet zur
                                                    Herstellung von Kunst-
                                                    stoffverpackungen.
                     Nichts wegwerfen:
                     Die verwendeten Güter
                     werden zu 99 Prozent
                     wiederverwendet oder
                     rezykliert. Dabei wird
                     auch die Lebensmittel-
                     verschwendung (Food
                     Waste) verringert.
                                                                                                                                            Nachhaltigkeit beim
                                                                                                                                            Trinkwasser: Die Ver-
                                                                                                                                            wendung von Regenwas-
                                                                                                                                            ser und aufbereite­tem
                                                                                Natur und Biodiversität                                     Abwasser schont die
                                                                                                                                            Trinkwasserressourcen.
                                                                                Natur in der Stadt
                                   Betten aus Karton: Die benötigten            Einheimisches Grün: Zur Begrünung
                                   26 000 Betten sind aus wieder-               der Sportstätten werden einheimi-
                                   verwertbarem Karton hergestellt. Sie         sche Bäume und Pflanzen verwendet.
Asurīto (japanisch für Athleten)   sind stabil genug für eine 200 Kilo-
                                   gramm schwere Person – ein Gewicht,
                                   das selbst der kräftigste Schwerathlet
                                   nicht erreicht.

                                                                                                                                                                    13
Mit der Einführung von Smart Metern wird ein weiterer Teil der Energiestrategie
                                     des Bundes umgesetzt. Ab 2022 kommt auch in der Stadt Solothurn ein intelligentes
                                     Messsystem zum Einsatz.

                                     Ein Puzzleteil der
                                     Energiezukunft
                                          Text: Barbara Graber

                                     Die meisten Kundinnen und Kunden der          gie Solothurn diese nicht schon längst          Smart-Home-Bereich wie beispielsweise
                                     Regio Energie Solothurn kennen es. Ein­       umgerüstet? «Man kann nicht einfach             die Anbindung von E-Ladestationen oder
                                     mal pro Jahr kommt eine Zählerableserin       ei­ne App runterladen, und der Smart Me­        PV-Anlagen sicherstellen und damit er­
                                     oder ein Zählerableser vorbei, um den         ter ist installiert», sagt Daniel Gangi, Lei­   wei­tert werden können.
                                     Energie- oder Wasserverbrauch abzule­         ter MSR bei der Regio Energie Solothurn
                                     sen. Dies wird sich nun schrittweise än­      und Projektverantwortlicher. «Die ge­           Strenger Datenschutz
                                     dern. Mit der Annahme des revidierten         samte Mess- und Kommunikationsinfra­            Eine passende Lösung für alle Bedürf­
                                     Energiegesetzes stimmte das Stimmvolk         struktur muss angepasst werden.» Hinzu          nisse zu finden, nahm deshalb gewisse
                                     2017 der Einführung von Smart Metern          kommt, dass die Regio Energie Solothurn         Zeit in Anspruch. Vor allem wurde die
                                     zu. Die Eigentümer der Stromnetze sind        ihre Kundinnen und Kunden nicht nur             Um­setzung jedoch durch die gesetzliche
                                     ver­pflichtet, bis 2027 mindestens 80 Pro­    mit Strom, sondern auch mit Gas, Fern­          Lage verzögert. «Vieles war lange nicht
                                     zent der Stromzähler über ein intelligen­     wärme und Wasser beliefert. «Als Quer­          ein­deutig geregelt, die gesetzlichen An­
                                     tes Messsystem abzulesen.                     verbundunternehmen benötigen wir ei­ne          for­­de­rungen an Smart-Metering-Systeme
                                                                                   Lösung, die mit den Zählern der ande­           wurden immer wieder verändert», so
                                     Alle 15 Minuten speichern                     ren Sparten gekoppelt werden kann»,             Daniel Gangi. Diese müssen strenge Da­
                                     Im Gegensatz zu konventionellen Zäh­          er­klärt Daniel Gangi. Ausserdem müsse          ten­­schutzvorschriften erfüllen und von
                                     lern speichert der Smart Meter den            das Smart-Metering-System ausbaubar             einer unabhängigen Stelle zertifiziert
                                     Strom­ver­brauch alle 15 Minuten ab. Reiht    sein und künftig den Technologiemix im          wer­­­den. Damit keine Rückschlüsse auf
                                     man die 15-Minuten-Werte aneinander,
                                     spricht man von einem Lastgang. Dieser
                                     wird dem Ener­     gie­versorger verschlüs­
                                     selt gesendet. Smart-Metering-Lösungen
                                     bieten viele Vor­­teile. Die Kunden können                            Gut zu wissen
                                     ihren Stromverbrauch de­tai­lliert einse­
                                     hen, Mög­lich­keiten zum Energiesparen                        Die Smart-Metering-Komponenten
                                     erkennen und die Stromrechnung leich­
                                     ter nachvollziehen. Die Energieversorger                      Ein intelligentes Messsystem setzt sich aus verschiedenen Kompo­
                                     kön­nen die Netzauslastung besser pla­nen.                    nenten zusammen (siehe Grafik). Der Stromverbrauch wird von
                                     Ausserdem automatisieren Smart Meter                          digitalen Zählern gemessen. An diese können Gas-, Wasser- und
                                     den Verrechnungsprozess. Dies wird mit                        Fernwärmezähler wie auch Smart-Home-Elemente angebunden
                                     der vollen Öffnung des Strommarkts be­                        werden. Die Verbrauchsdaten werden von den Stromzählern über
                                     sonders wichtig, denn in einem offenen                        das Glasfasernetz oder über Mobilfunk weitergeleitet. Eine Kom­
Foto: Michel Lüthi, bilderwerft.ch

                                     Markt muss der Stromnetzbetreiber die                         munikationssoftware (Head-End-System) bindet die Zähler an die
                                     Ver­brauchs­daten seiner Netzkunden an                        Zentrale (Metering Data Management) an, wo die Daten gespei­
                                     Ener­gie­lieferanten weitergeben.                             chert und ver­arbeitet werden. Bevor sie an den Energieversorger
                                                                                                   weitergeleitet werden, verschlüsselt das Key Management System
                                     Ausbaubares System                                            die Zählerdaten. Eine Überwachsungssoftware überprüft, ob das
                                     In der Stadt Solothurn gibt es 16 000                         Smart-Metering-System korrekt funktioniert.
                                     Stromzähler. Weshalb hat die Regio Ener­

                                     14
die Tagesabläufe einzelner Personen ge­          Vom Smart Meter
zo­gen werden können, werden die Daten           zum Smart Grid
nur einmal täglich an den Energieversor­         «Smart Meter sind ein wichtiges Puzzle­
ger gesendet und pseudonymisiert wei­            teil in der Umsetzung der Energiestrate­
ter­verarbeitet.                                 gie», erklärt Daniel Gangi. Zu deren Zie­­
Aufgrund der Verzögerungen vonseiten             len gehört nebst mehr Energieeffizienz
des Gesetzgebers hat die Regio Energie           unter anderem auch der Ausbau der er­
Solothurn wie viele andere Energiever­           neuerbaren Energien. Mit zunehmender                    «Mit unserem System
sorger noch zugewartet mit der Umset­            An­zahl dezentraler Stromerzeuger wie                      werden wir für
zung. Nun geht es jedoch los: Im Herbst          PV-Anlagen werden hohe Anforderungen                     die Anforderungen
dieses Jahres werden Pilottests an 100           an die Schweizer Stromnetze gestellt.
Objekten in der Stadt Solothurn durchge­         Teil der Lösung sind Smart Grids – intel­
                                                                                                           eines Smart Grid
führt. Die Umrüstung startet ab 2022 und         ligente Netze –, mit denen sich Energie­                 gewappnet sein.»
wird mehrere Jahre dauern. Der offene            erzeugung und Stromverbrauch dyna­
Aufbau des Systems würde auch eine An­           misch regeln lassen. Die Voraussetzung
wendung in den Gemeinden Langendorf              hierfür sind intelligente Zähler, die mit                   Daniel Gangi, Leiter MSR
und Leuzigen erlauben, die ebenfalls von         dem Stromnetz kommunizieren können.                         Regio Energie Solothurn
der Regio Energie Solothurn mit Strom            «Mit unserem System werden wir für
versorgt werden. Lüterkofen-Ichertswil           die Anforde­rungen eines Smart Grid ge­
hat bereits Smart Meter eingeführt.              wappnet sein.»

                                                        Energieversorger

                                                                                                                                     Intelligentes
                                                            Zählerdatenverarbeitung                                                  Messsystem

                                                          Metering Data Management
                                                                    (MDM)
                                                                                                        Reorting/Alarming
                  Key Management System
                                                                                                         Zählerdaten und
                          (KMS)
                                                                                                         Kommunikation

                                                                  Head-End-System
                                                                       (HES)

                                                  Glasfasernetz                     Mobilfunk         Provider

                                 Gateway                                                              Gateway

                                Stromzähler                                                          Stromzähler

                  Smart-Home-                  Wasser-, Gas-,                          Smart-Home-                  Wasser-, Gas-,
                   Elemente                   Fernwärmezähler                           Elemente                   Fernwärmezähler

                                                                                                                                                     15
Steigende Temperaturen, Starkniederschläge, Überschwemmungen: Weltweit
                               kämpfen Städte mit den Folgen der Klimaerwärmung. Eine vielversprechende
                                 Lösung bietet das Konzept der Sponge City – auch für Schweizer Städte?

                    Dem Wasser mehr
                      Platz geben
                                                             Text: Michelle Russi

                                                                                            Klimatische Extremereignisse wie
                    Mehr dazu auf strom-online.ch                                           Überschwemmungen kommen heute
                    − Die grünen Dächer der Stadt Basel                                     weltweit viermal häufiger vor als vor
Foto: iStock

                                                                                            40 Jahren.

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«Wir gaben dem Wasser zu wenig                 Die Ideen und Massnahmen der Sponge           und die touristische Attraktivität von
Platz», sagt Kongjian Yu, ein chinesi­         City sind im Wesentlichen dieselben wie       Sitten aus, wie die Stadt in ihrem Ab­
scher Professor und Landschaftsarchi­          jene der «klimaangepassten Stadtent­          schlussbericht zum Projekt Acclimata­
tekt, in einem eindringlichen Video,           wicklung», welche die Schweiz seit eini­      sion betont. Die allgemeine Qualität der
publiziert vom Weltwirtschaftsforum            gen Jahren verfolgt. Auch unsere Städte       Raumgestaltung, heisst es, habe einen
im Sommer 2019. Er kritisiert darin die        und Gemeinden sollen grüner werden            starken Einfluss auf die Beziehungen, die
vom Menschen geschaffenen baulichen            und sich den klimatischen Veränderun­         sich in einer Stadt entwickeln könnten.
Massnahmen, die den natürlichen Was­           gen anpassen. Denn die Durchschnitts­
serkreislauf stören. Dazu zählen versie­       temperatur hierzulande ist seit Mess­         Sitten als Sponge City?
gelte Böden und Oberflächen, Kanäle            beginn im Jahr 1864 um 2 Grad Celsius         Darüber hinaus konnten dank des Projekts
und Dämme – «graue Infrastrukturen»,           gestiegen – doppelt so stark wie im glo­      auch private Grundstückeigentümer von
wie Kongjian Yu sie nennt. Früher habe         balen Mittel. Der Anteil an versiegel­        einer klimaangepassten Bauweise – etwa
man diese Massnahmen für nötig gehal­          ten Flächen nahm innert 24 Jahren um          von grünen Hausdächern – überzeugt
ten, um Niederschläge, Flüsse und ste­         knapp 30 Prozent zu und liegt gemäss          werden. Und schliesslich verabschiedete
hende Gewässer zu kontrollieren. Heute         jüngsten Zahlen bei 4,7 Prozent der Lan­      die Stadt im Nachgang neue Richtlinien
zeige sich, dass sie das Risiko von Hoch­      desfläche. In Siedlungsgebieten beläuft       für die Planung und Pflege von öffentli­
wasser und anderen klimatischen Ex­            er sich gar auf 67 Prozent. Das bedeu­        chen Räumen. Dort steht explizit, dass in
tremereignissen sogar noch erhöhten.           tet, dass in den urbanen Gebieten der         Zukunft Lösungen zu bevorzugen seien,
Fehlende Grün­flächen in Städten führen        Schweiz mehr als zwei Drittel der Fläche      welche die Vegetation berücksichtigten
dazu, dass das Regenwasser nicht im            verbaut sind.                                 und den Wasserkreislauf respektierten.
Boden versickern kann und stattdessen                                                        Ist Sitten damit eine Schweizer Sponge
in die Abwasser­kanäle fliesst. Bei Stark­     «Mehr Grün und Blau»                          City? Sie ist zumindest eine Stadt, die
regen können diese überlaufen. Die feh­        Mit dem Pilotprogramm «Anpassung              den natürlichen Wasserkreislauf respek­
lende Vegetation verhindert zudem ein          an den Klimawandel» sensibilisierte der       tiert und fördert – und sich damit ganz
na­türliches Abkühlen der Umgebung.            Bund in den Jahren 2014 bis 2016 Kan­         im Sinn von Professor Kongjian Yu aus
Folglich bilden sich in Innenstädten           tone, Regionen und Gemeinden für eine         China entwickelt hat.
vermehrt Hitzeinseln, was die Lebens­          klimabewusste Stadtentwicklung. In die­
qualität beeinträchtigt.                       ser Zeit wurden insgesamt 31 Projekte auf
                                               lokaler Ebene in allen Landesteilen rea­                Gut zu wissen
Die Stadt als Schwamm                          lisiert. Auch die Stadt Sitten im Kanton
Die Klimaerwärmung verschärft diese Si­        Wallis war mit ihrem Projekt Acclimata­         Weitere Vorzeigestädte
tuation zusätzlich, wie die Statistik zeigt:   sion Teil des Programms. Im schweizwei­
Überschwemmungen und Starknieder­              ten Vergleich verzeichnet Sitten einen der      Das Bewusstsein für grünere, dem Kli­
schläge treten heute weltweit viermal          grössten Temperaturanstiege seit 1984:          ma angepasste Städte ist in der Schweiz
häufiger auf als noch vor 40 Jahren. Eine      plus 0,5 Grad Celsius pro Jahrzehnt, Ten­       in den letzten Jahren stark gestiegen.
Lösung sieht Professor Kongjian Yu in          denz weiter steigend. Es wird befürchtet,       Beispiele für positive Entwicklungen
der Sponge City, zu Deutsch «Schwamm­          dass sich die «Normalsommer» bis 2060           finden sich viele. So setzt etwa Genf
stadt». Die Stadt soll das Regenwasser         dem Hitzesommer von 2003 angleichen             auf sogenannte «Pocketparks»: kleine,
aufsaugen und zwischenspeichern wie            könnten. Gleichzeitig gehen die Nieder­         grüne Oasen, welche die grossen Grün­
ein Schwamm – und zwar dort, wo es             schläge in der Stadt stärker zurück als         flächen der Stadt besser miteinander
fällt. So lässt sich der natürliche Was­       andernorts im Land. Entsprechend klar           vernetzen. Wo versiegelte Flächen un­
serkreislauf nachahmen: Das Wasser             formuliert war das Ziel von Acclimata­          umgänglich sind, stellt die Stadt riesi­
versickert und verdunstet, es wird nicht       sion: «Mehr Grün und Blau statt Grau.»          ge Pflanzentröge auf. Lausanne fördert
einfach ins Kanalnetz abgeleitet. Mög­         Diverse Um- und Neugestaltungen von             seit 2015 gezielt mehr begrünte Dächer
lich machen das beispielsweise der Ein­        Strassen, Plätzen und Aussenräumen              auf dem Stadtgebiet. Entsprechende
satz von versickerungsfähigem Pflaster,        rund um Schulhäuser zeugen heute da­            Vor­haben – öffentliche wie private –
das Anlegen von speziellen Retentions-         von, dass die Sittener Projektverantwortli­     werden finanziell unterstützt. Und
flächen (Auffangflächen) für Wasser und        chen ihr Ziel erreicht haben. Aus teilweise     Winterthur hat sich mit einem im Som­
Entwässerungsmulden sowie die Begrü­           tristen Strassen und Vorplätzen entstan­        mer 2020 publizierten Grundsatzpapier
nung von Dächern und Fassaden. «Wir            den grüne, einladende Begegnungszonen           dazu ver­pflichtet, Anpassungen an den
halten die Stadt kühl, indem wir die Na­       im öffentlichen Raum. So wurde zum Bei­         Klimawandel gezielt voranzutreiben.
tur imitieren», bringt es Kongjian Yu auf      spiel die ehemals unscheinbare Rue de la        Die Stadt will unter anderem die Hitze­
den Punkt. Mit dem Konzept der Sponge          Blancherie in der Nähe des Bahnhofs in          belastung in Innen- und Aussenräumen
City hat er bereits über 250 Städte in         eine offene Begegnungszone mit grünen           reduzieren, den öffentlichen Raum kli­
China transformiert und weitere Städte         «Inseln» voller Sträucher und Blumen            magerecht gestalten und sich auf verän­
in den USA, Russland und Indonesien            umgestaltet. Solche Veränderungen wir­          derte Naturgefahren vorbereiten.
grüner gemacht.                                ken sich positiv auf die Lebensqualität

                                                                                                                                    17
Das Projekt «Ihr Beitrag zur Energiestadt» vermittelt der Solothurner Bevölkerung,
                                                                wie sie sich im Alltag für den Klima- und Umweltschutz einsetzen kann.

                                                      Wie engagieren Sie sich?
                                                                                                          Text: Barbara Graber

                                      Mit der Energiestrategie 2050 hat sich              kation über ihre Tätigkeiten zu verbes­              ar­beitet die Energiestadt Solothurn auch
                                      die Schweiz auf den Weg zum Umbau des               sern. Unter solothurn.energiestadt-so.ch             aktiv mit anderen Gemeinden sowie Ak­
                                      Energiesystems gemacht. Um grosse Ziele             finden sich auch Informationen zum                   teuren aus Wirt­   schaft, Energieversor­
                                      zu erreichen, sind auch viele kleine Schrit­        neuen Projekt «Ihr Beitrag zur Energie­              gung und Bildung zu­sammen. So etwa bei
                                      te notwendig. «Jede und jeder Einzelne              stadt». Gemeinsam mit der Plattform                  Projekten mit verschiedenen Schweizer
                                      von uns kann mit kleinen Engagements                «Re­gion Solothurn im Wandel» macht die              Fachhochschulen.
                                      und bewussten Entscheidungen im All­                Stadt bis Ende Jahr jeden Monat ausge­               Ein weiteres Beispiel ist die Plattform
                                      tag bereits einen wirkungsvollen Beitrag            suchte Themen wie etwa Ver- und Ent­                 «Region Solothurn im Wandel». Diese
                                      leisten», sagt Gabriela Barman Krämer,              sor­gung, Anpassung an den Klimawan­                 wird von den Energiestädten Solothurn
                                      Chefin Stadtplanung/Umwelt der Stadt                del oder Mo­bilität erlebbar.                        und Zuchwil sowie vom Verein 2000-Watt-
                                      Solothurn und Energiestadtkoordinato­                                                                    Re­gion Solothurn getragen. Die Platt­form
                                      rin. «Als Energiestadt schaffen wir die nö­         Gemeinsam ans Ziel                                   unterstützt loka­le Projekte und fördert
                                      tigen Rahmenbedingungen wie zum Bei­                Das vom Programm EnergieSchweiz des                  die Vernetzung von Akteuren im Nach­
                                      spiel sichere Querungen für den Fuss- und           Bundesamts für Energie unterstützte Pro­             haltigkeitsbereich. Solche Kooperationen
                                      Veloverkehr», sagt sie. Aber nur indem die          jekt be­gann Ende März mit der Einwei­               seien ein wichtiger Bestandteil der Arbeit
                                      Solothurnerinnen und Solothurner diese              hung des «Energiestadt-Monitors». Die­­              einer Energie­stadt, sagt Gabriela Barman
                                      auch nutzten und öfter mit dem Velo statt           ser wird the­menbezogen befüllt, strahlt             Krämer. «Nur gemeinsam erreichen wir
                                      mit dem Auto unterwegs seien, werde die             kraftvoll bei Tag und Nacht und lädt die             die Ziele der Energiestrategie 2050.»
                                      Mobilität umweltfreundlicher.                       Bevölkerung ein, ihren eigenen Bei­  trag
                                                                                          zu einer nachhaltigen Zukunft zu leisten.
                                      Durch Information die                               Auch gibt er Hinweise, was Solothurn auf              Ihr Beitrag zur Energiestadt
                                      Bevölkerung sensibilisieren                         dem Weg zum Energiestadtlabel Gold                    Bis Ende 2021 thematisiert die Stadt
                                      Die breite Bevölkerung für einen verant­            be­reits unternimmt und welche Ziele                  Solothurn gemeinsam mit «Region So­
                                      wortungsvollen Umgang mit Energie und               bis 2024 an­gestrebt werden. Vor­erst bis             lothurn im Wandel» folgende Themen:
                                      natürlichen Ressourcen zu sensibilisie­             Ende 2021 wird der «Energiestadt-Mo­ni­
                                                                                                                                                Juni: Anpassung an den Klimawandel
                                      ren, ist ein Ziel der Energiestädte. Deshalb        tor» regel­mässig umplatziert und macht               Biodiversität, Gärten, Wiesen, Grün- und Frei­-
                                      hat sich die Stadt Solothurn gemeinsam              auf das je­weilige Monatsthema und die                flächenmanagement der Stadt Solothurn
                                      mit den anderen Energiestädten aus dem              laufenden Aktivitäten aufmerk­  sam. Um
                                                                                                                                                Juli: Versorgung
                                      Kanton zum Ziel gesetzt, die Kommuni­               die Energie- und Klimaziele zu erreichen,             Energie- und Wasserversorgung, nachhaltige
                                                                                                                                                Ernährung, Kleiderkonsum
                                      Entwickelten den «Energiestadt-Monitor» und kümmern sich um das Programm (v.l.): Patrick Bussmann,
                                      Geschäftsstelle «Region Solothurn im Wandel»; Andrea Lenggenhager, Leiterin Stadtbauamt; Werne Feller,    August: Entsorgung
                                      Sowas AG (Gestaltung); Jeanine Riesen, «Region Solothurn im Wandel», und Gabriela Barman Krämer,          Abfall- und Abwasserbewirtschaftung,
                                      Chefin Stadtplanung/Umwelt, Energiestadtkoordinatorin.                                                    Recycling, Vermeidung von Food-Waste

                                                                                                                                                September: Mobilität
                                                                                                                                                Fahrzeugbeschaffung, Parkplatzinfrastruk­tur,
                                                                                                                                                E-Mobilität, Fuss- und Radwegnetz, Sharing-
                                                                                                                                                Angebote

                                                                                                                                                Oktober: Kommunikation und Kooperation
                                                                                                                                                Zusammenarbeit der Akteure der Energiestadt
                                                                                                                                                Solothurn untereinander und wie die Energie-­
                                                                                                                                                stadtthemen erfolgreich der Bevölkerung kom-
Fotos: Michel Lüthi, bilderwerft.ch

                                                                                                                                                ­muniziert werden können

                                                                                                                                                November: kommunale Gebäude / Anlagen
                                                                                                                                                Vorbildlich sanierte Gebäude der Stadt;
                                                                                                                                                In­for­mationen für Hauseigentümer und Mieter
                                                                                                                                                solothurn.energiestadt-so.ch/beitragen
                                                                                                                                                solothurnimwandel.ch/aktivitäten

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Der «Energiestadt-Monitor» macht in
der Stadt Solothurn auf Themen rund
um Klimawandel und Umweltschutz
aufmerksam und lädt die Bevölkerung
ein, ihren Beitrag zu leisten.

Serie: Energiestadt Solothurn
Seit 2004 engagiert sich die Stadt Solothurn als Ener­
giestadt für eine effiziente Energienutzung, den Kli­
maschutz, erneuerbare Energien und eine umwelt­
verträgliche Mobilität. Der Wirkungsbereich von
Ener­gie­städten wird in sieben Bereiche eingeteilt.
In dieser Ausgabe erfahren Sie mehr über die Aktivi­
täten der Energiestadt Solothurn im Bereich «Kom­
munikation und Kooperation».

                                            1. Entwicklungsplanung,
                                                                                  5. Interne Organisation
                                                  Raumordnung
                                                                                 Weiterbildung, Controlling,
                                             Leitbild, Energieplanung,
                                                                                     Beschaffungswesen
                                           Baubewilligung, Baukontrolle

                        2. Kommunale Gebäude                                                         6. Kommunikation
                             und Anlagen                                                              und Kooperation
                     Bestandesaufnahme, Sanierung,                                                Veranstaltungen, Standort­
                     Energiebuchhaltung, Unterhalt                                               marketing, Förderprogramme

                        3. Versorgung, Entsorgung                                                    7. Klimawandelfolgen
                          Elektrizität, Fernwärme,                                                          (freiwillig)
                            Erneuerbare, Wasser,                                                  Stadtklima, Grün- und Freiflä­
                              Abwasser, Abfall                                                   chenmanagement, Biodiversität
                                                                    4. Mobilität
                                                                Öffentlicher Verkehr,
                                                               Parkplätze, Tempo 30,
                                                               Fussgänger, Velofahrer
Das Salzbergwerk von Bex erzählt die
                                                Geschichte eines unserer wichtigsten
                                                Lebensmittel. Mit dem Grubenbähnchen
                                                geht es tief in den Berg. Drinnen gibts
                                                alte und neue Technik, aber auch ein
                                                modernes Tagungszentrum.

                                                                                                              Mehr dazu auf:
                                                                                                              strom-online.ch

                                                                                 Das jahrhundertealte Bergwerk lädt zu salzigen Abenteuern.

                                                          Das Waadtländer
Fotos: zVg Saline de Bex, Sedrick Nemeth

                                                          Salz aus dem Berg
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Salz ist Leben, denn Salz braucht der         tige Wasser fliesst langsam darüber und       wäre eine frühe Form von bedingungs­
Mensch für die Knochen und um Lebens­         verdunstet teilweise an den Ästen. Wind       losem Grundeinkommen gewesen. Doch
mittel zu konservieren. Salz bedeutete        und Sonne übernehmen die Funktion             aufgeben gilt nicht. Eine private Organisa­
deshalb Geld – und Macht. Die Römer           des Brennholzes. Nach mehreren Durch­         tion übernahm die Minen und leitete Was­
bezahlten ihre Legionäre in Salz, und das     gängen durch ein Gradierwerk ergab sich       ser von oben in die Stollen, um es mit Salz
Wort «Salär» oder Französisch «Salaire»       eine relativ hoch konzentrierte, Sole ge­     angereichert unten wieder abzuleiten. Die
stammt direkt vom Salz.                       nannte Salzlösung.                            Bergleute füllten den imaginären Zylinder
Die Türen schliessen sich, man sitzt im en­                                                 selber mit Wasser.
gen Bähnchen, und es rumpelt und holpert      Legende vom «Cylindre»                        Gleichzeitig etablierten sich Bex und La­
in den Berg hinein. Das Salzbergwerk von      Doch da gab es noch immer ein grosses         vey als Badekurorte. Mit der sich entwi­
Bex ist Jahrhunderte alt – und doch kein      ungelöstes Problem: Das Wasser war            ckelnden chemischen Industrie auf der
Museum. Immer wieder mal steht da eine        nicht nur zu wenig salzhaltig, es gab         Walliser Seite des Tals hatte man zudem
moderne Maschine. Und es kommt auch           auch zu wenig salzhaltiges Wasser. Nach       plötzlich einen Grossabnehmer vor der
noch immer Salz aus dem Berg. Bisher          damaliger Vorstellung existierte im In­       Tür. Die Fabriken waren ursprünglich
wurde das meiste als Streusalz gebraucht      nern des Berges ein grosser «Cylindre»,       eine Gründung der Basler Ciba. Heute
für die Waadtländer Strassen. Doch nun        ein Behälter mit Salzwasser. Wenn er          sind sie der grösste Produktionsstandort
setzt die alte Waadtländer Saline, die seit   nur tief genug unten angebohrt wurde,         der chemischen Industrie in der Schweiz.
2014 zur Schweizer Salinen AG mit Sitz in     würden gigantische Mengen an Salzwas­         Sie brauchten zeitweise so viel Salz, dass
Pratteln gehört, vermehrt auf Tourismus       ser einfach so ausfliessen. Das führte zu     eine Sole-Pipeline quer durchs Tal nach
und auch auf höherpreisige Produkte.          jahrzehntelanger Graberei mit Hunder­         Monthey gebaut wurde. Nach jahrhunder­
                                              ten von Menschen, die aber kein Gramm         telanger Rivalität begannen die Waadtlän­
Hohe Transportkosten                          Salz fanden und schon gar nicht den           der mit Schweizerhalle zusammenzuar­
Auf dem Territorium der Schweiz waren         mystischen Zylinder. Gleichzeitig wurde       beiten. An beiden Standorten wird heute
bis Ende des 17. Jahrhunderts kaum Salz­      Wasser, das aus den Stollen floss, mal sal­   durch ein doppelwandiges Bohrgestänge
vorkommen bekannt. Die Ostschweizer           ziger, mal weniger salzig und hielt die Le­   Wasser ins salzhaltige Gestein gedrückt,
Kantone bezogen das weisse Gold aus           gende vom grossen Salzwasserzylinder          das zwischen den Wänden des inneren
Bayern und Sachsen, der Norden aus dem        am Leben. Schliesslich realisierten die       und des äusseren Rohrs als angereicherte
Elsass. Bern und Fribourg liessen es in       Mineure, dass es wohl keinen Zylinder         Sole wieder hinauffliesst. So sind heute in
mühsamen Karawanen vom Mittelmeer             gab, sondern dass das Salz im Gestein         den Stollen von Bex gerade noch sieben
in der Region von Aigues-Mortes her­          eingeschlossen war. Deshalb begannen          Mineure nötig, um jährlich rund 10 000
transportieren. Das dauerte acht Wochen,      sie, salzhaltiges Gestein in grossen Ka­      Tonnen Salz zu fördern.
die Transportkosten und die über fünfzig      vernen anzuhäufen, das Salzwasser in
Wegezollstationen verteuerten das Salz        den Kavernen zu behalten und das Salz         Abenteuer unter der Erde
um das 16-Fache. Die Kantone suchten          so aus dem Gestein zu lösen. Auch das         Geblieben sind das Labyrinth im Innern
deshalb verzweifelt Salz in der Nähe.         führte wieder dazu, dass im Schnitt 120       des Bergs von rund 50 Kilometer Länge,
Dass es bei Bex im Waadtland an der           Männer täglich in der Mine arbeiteten         die riesigen Hallen, Werkzeuge aus vier
Grenze zum Unterwallis Salz gab, wuss­        und Tausende von Tonnen Steinen durch         Jahrhunderten Minenarbeit, mit denen
ten die Menschen in der Region schon          die engen Tunnels bewegten.                   Kinder erfahren können, wie anstrengend
lange. Angeblich hatte ein Ziegenhirt be­                                                   die Arbeit unter Tag war und wie viele
obachtet, wie seine Geissen immer am          Bedingungsloser Lohn                          Tausend von Hand ausgehöhlte und zu
gleichen Ort tranken. Aber mit dem Salz       Doch dann begannen Geologen ab 1821           Röhren zusammengesteckte Lärchen­
ist es wie mit dem Gold. Sein Schein trügt    in der Nordwestschweiz nach Salz zu su­       stämme es in den Stollen brauchte. Mit ih­
und führt ins Verderben. Zwar wurden          chen und fanden es bei Schweizerhalle         nen wurde das Salzwasser aus dem Berg
immer wieder Konzessionen vergeben,           schliesslich auch – für die Waadtländer       hinausgeleitet. Weil das Werk eben auch
doch wirklich etwas verdient hat lange        eine Katastrophe. Denn das Basler Salz        Fabrik und nicht nur Museum ist, gibt es
niemand. Der Salzgehalt des Quellwas­         war viel einfacher und billiger abzubauen     auch Produkte unter der Marke «Sel des
sers war niedrig, und die alten Verfahren     als jenes in Bex, und die Eisenbahn machte    Alpes». Der grösste Teil der Minen ist nicht
benötigten sehr viel Brennholz, um Was­       die Transportkosten praktisch irrelevant.     zugänglich. Doch die Stollen sind nutzbar,
ser in grossen, offenen Pfannen zu ver­       Die Salzgewinnung am Rhein war so pro­        wenn jemand eine Idee hat. Die Minen sel­
dampfen, bis nur noch Salz übrig blieb.       fitabel, dass der Kanton Baselland erst in    ber organisieren hin und wieder Exkur­
Die Bergwälder wären innert kürzester         den 1920er-Jahren – als letzter Schweizer     sionen in die ansonsten unzugänglichen
Zeit wegrasiert gewesen, wären die da­        Kanton – die Einkommenssteuer einführ­        Teile der Anlagen. Eine Brauerei lagert
maligen Ingenieure nicht auf eine andere      te. Die Waadtländer Regierung dagegen         Bier in einigen der Kavernen, und ein paar
Idee gekommen: auf das Gradierwerk. Es        rechnete aus, dass sie den Bergleuten bis     Winzer sind auf die Idee gekommen, dass
besteht aus Bündeln von Schwarzdorn-          an ihr Lebensende den halben Lohn zah­        ihr Wein in den konstant 18 Grad warmen
Ästen, die in einem riesigen, überdachten     len könne, das Salz aus Basel importieren     Höhlen schneller und besser reift als in
Gestell aufgehängt werden. Das salzhal­       und noch immer Geld sparen würde. Das         ihren Weinkellern.      Text: Andreas Schwander

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