Grüne Klimafassaden-Jürgen Eppel, Florian Demling, Johanne Bohl - Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau - Bayern.de

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Grüne Klimafassaden-Jürgen Eppel, Florian Demling, Johanne Bohl - Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau - Bayern.de
Bayerische Landesanstalt für
                                                  Weinbau und Gartenbau

Jürgen Eppel, Florian Demling, Johanne Bohl

Grüne Klimafassaden –
Utopie und Wirklichkeit
                                                                             www.lwg.bayern.de
Grüne Klimafassaden-Jürgen Eppel, Florian Demling, Johanne Bohl - Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau - Bayern.de
Grüne Klimafassaden –
Utopie und Wirklichkeit

LWG aktuell / 2019

Herausgegeben von:
Bayerische Landesanstalt für
Weinbau und Gartenbau
Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau
An der Steige 15
97209 Veitshöchheim

Telefon:         0931 9801-402
Telefax:         0931 9801-400
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Internet:        www.lwg.bayern.de

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Fassadenbegrünung gab es – histori-
schen Quellen nach – schon im alten
Ägypten. Damals wurden bevorzugt          Jürgen Eppel, Florian Demling, Johanne Bohl
Nutzpflanzen, vor allem Weinreben, an-
gebaut. Nachvollziehbar, dass sich eine

                                          Grüne Klimafassaden –
Bayerische Landesanstalt für Wein-
bau und Gartenbau in heutiger Zeit
diesem Thema verpflichtet fühlt. Im
Unterschied zur Antike versuchen wir
unser Fassadenglück an der LWG aber
(noch) nicht mit Frankenwein, sondern
                                          Utopie und Wirklichkeit
experimentieren aktuell mit einer Pro-
duktpalette aus Salaten, Kräutern und
Gemüsearten. Aber nicht allein der Ge-
nussfaktor macht Fassadenbegrünung
heutzutage attraktiv. Dank spektaku-
lärer Architekturprojekte ist Grün an
der Wand mittlerweile in aller Munde.
Auch in dieser Hinsicht sammelt die
LWG seit 2013 zusammen mit Grün-
clusiv e. V. und vier Systemherstellern
in Nürnberg Erfahrungen im Umgang
mit “Living Walls“. Gut, dass es zudem
noch den Klimawandel gibt. Zumindest
für die Begrünungslobby, denn Grün                 Problemstellung              zu Natur- und Umweltschutz. Dass
in der Vertikalen beansprucht keinen                                            es nach wie vor Mut braucht, die
zusätzlichen Platzbedarf und entfal-                                            Urängste des Menschen in Sachen
tet seine Wohlfahrtswirkungen bei
                                          Ein schon im letzten Jahrtausend      bedrohlicher Natur an der Peripherie
entsprechender Versorgungssicherheit
auch in heißen Ballungszentren mit        von Umweltverbänden, grünen Quar-     zur vermeintlich sicheren Behausung
hoher Besiedlungsdichte. An der “Kli-     tiersplanern und Stadtgartenämtern    zu überwinden, zeigt sich leider auch
ma-Forschungs-Station“ am Hubland         häufig strapazierter Animationssatz   an einem anderen Arbeitsfeld der
in Würzburg forschen Bauphysiker des      lautet: "Mut zu grünen Wänden!“.      Bauwerksbegrünung, dem Gründach.
ZAE Bayern e. V. gemeinsam mit den        Gemessen am Erfolg dieser Kam-        Dort, wo Mutproben nicht geeignet
Landespflegern der LWG an der Op-         pagnen in unseren Städten hat den     sind die mutmaßlichen Risiken einer
timierung von grünen Klimafassaden.       Bürger das Thema Fassadenbegrü-       Bauwerksbegrünung zu überwinden,
Vertikalbegrünungen scheinen also         nung aber nicht wirklich betroffen    muss dann eben mit Einsichten
prädestiniert für einen Kampf gegen       gemacht. "Mut gezeigt“ im Sinne       nachgeholfen werden. Diese grün-
Hitze, Lufttrockenheit und Feinstaub…,
                                          einer tatkräftigen Umsetzung haben    den – zusammenfassend dargestellt
ja wenn es nur gelänge, das Grün an
der Wand auch am Leben zu erhalten.       wirklich nur wenige Gebäudeeigner     – auf ökologischen Vorteilen, bau-
Leider ist das heute – trotz oder viel-   und Bauherren – in der Regel eher     lichen Schutzaspekten und einer
leicht auch dank technisch notwendi-      "grün angehauchte Idealisten“ oder    gesteigerten     Aufenthaltsqualität.
gem Support – nicht immer ganz so         "ökologisch gebildete Weltverbesse-   Übrigens auch keine Erfindung der
einfach wie bei den Ägyptern.             rer“ mit einem ausgeprägten Hang      Neuzeit, sondern – wie Abbildung 1

                                                                                                        LWG aktuell / 2019 3
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natürliche Klimaanlage durchaus
                                                                                     Wirkung zeigen. Rein rechnerisch
                                                                                     lassen sich z. B. mit einer modernen
                                                                                     wandgebundenen Fassadenbegrü-
                                                                                     nung, die nicht nur Transpiration
                                                                                     durch die Bepflanzung bietet, son-
                                                                                     dern auch durch Wasserbevorratung
                                                                                     in Systemkomponenten und Einsatz
                                                                                     von Technik für eine Bewirtschaftung
                                                                                     des Überschusswassers sorgt, in der
                                                                                     Vegetationszeit pro Quadratmeter
                                                                                     Begrünungsfläche bis zu 136 kWh an
                                                                                     Verdunstungs­ energie entziehen. Bei
                                                                                     Messungen an einer wandgebunde-
                                                                                     nen Begrünung des Musée du Quai
                                                                                     Branly in Paris ergaben sich dadurch
                                                                                     in der unmittelbaren Umgebung Tem-
                                                                                     peratursenkungen von 1,3 bis 3,5 K
                                                                                     (PFOSER, 2014). Aktuelle Untersu-
                                                                                     chungen am Neubau des Institutes
                                                                                     für Physik der Humboldt-Universität
                                                                                     Berlin lassen sogar den Schluss zu,
                                                                                     dass durch Fassadenbegrünung auf
                                                                                     der Südseite und zusätzlichen Einsatz
                                                                                     von Regenwasser zur Verdunstungs-
                                                                                     kühlung im Wärmetauscher der Zu-
                                                                                     und Abluft bis zu einer Außentem-
    Abbildung 1: Wohlfahrtswirkungen von Fassadengrün 1983 bereits pla-
    kativ in Szene gesetzt – Auszüge aus der Broschüre "Mut zu Grünen                peratur von 30 °C auf konventionell
    Wänden“ des Senats für Stadtentwicklung Berlin.                                  erzeugte Kälte verzichtet werden
                                                                                     kann (KÖNIG, 2017).
                                                                                     In Wirklichkeit aber wird in unseren
                                                                                     Städten mangels Speichermedien
    vermittelt – bereits in den 80er Jah-   der auch in unseren Breiten spürba-      die Solarstrahlung statt in Verdun-
    ren des vorherigen Jahrhunderts als     ren Urbanisierung, die bis 2050 ver-     stung von Wasser oft nur in fühlbare
    wissensbasiertes Kommunikations-        mutlich über 70 % der Weltbevölke-       langwellige Strahlung umgesetzt.
    mittel im Umlauf. Leider sind diese     rung in verdichteten Ballungsräumen      Verstärkt durch die fehlende Luft-
    Argumentationshilfen bei Bürgern,       leben lässt, gemildert werden.           bewegung in den Sommermonaten
    politischen     Entscheidungsträgern                                             führt dies dann zu immensen inneren
    und Planern bis heute immer noch                                                 Wärmelasten, deren Temperaturun-
    nicht richtig angekommen.                                                        terschiede im Vergleich zum Umland
    Gut für die unverbesserliche Bau-       Was ist Utopie,                          bis zu 10 K betragen können.
    werksbegrünungslobby, dass es jetzt     was ist Wirklichkeit?                    Keine Utopie ist mittlerweile
    den Klimawandel gibt. Schlagartig                                                auch das reichhaltige Angebot an
    rücken damit wieder die klima­          Keine Utopie sondern physikalische       unterstützender Begrünungstechnik,
    mäßigenden Wohlfahrtswirkungen          Gesetzmäßigkeit ist, dass bei der Ver-   vor allem wenn es um die Vielfalt an
    einer Gebäudebegrünung als Schat-       dunstung von 1 m³ Wasser bei einer       Gestaltungsmöglichkeiten geht. Wäh-
    tenspender und Luftbefeuchter für       Lufttemperatur von 45 °C alleine         rend in den 80er Jahren des letzten
    immer heißer werdende urbane Zent-      durch Änderung des Aggregatzustan-       Jahrhunderts fast ausschließlich die
    ren in den Fokus der Stadtplanung       des rund 700 kWh an Energie gebun-       bodengebundene        Fassadenbegrü-
    (DETTMAR et al., 2016). Mit der         den werden. Wären in den Stadtzen-       nung ein Thema war, unterscheidet
    Vision vollflächig durchgrünter Häu-    tren ausreichende Wasserreservoirs       der professionelle Anwender heute
    serzeilen im Stadtquartier können       vorhanden, würde dieser physikali-       zwischen boden- und wandge-
    dann vielleicht sogar Folgewirkungen    sche Effekt der Wärmebindung als         bundenen Begrünungsformen. Die

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zwar romantisch anmutende aber
bautechnisch nie ganz problemfreie
Begrünung mit Selbstklimmern aus          Der Referent
Wurzelkletterern wie z. B. Hedera,        Jürgen Eppel
Campsis und Hydrangea oder Haft-          Diplom-Ingenieur Landespflege
scheibenrankern wie Parthenocissus
tricuspidata hat dazu geführt, dass
in den vergangenen Jahren zunächst        Nach dem Studium der Landespflege
                                          an der TU München Weihenstephan
die Gerüstkletterer unter den Kletter­
                                          im Jahre 1986 bereitete Eppel die
pflanzen eine verstärkte technische       Lehrschauen des Zentralverbandes
Unterstützung erfahren haben.             Gartenbau e. V. auf der BUGA in
Industrie und Hersteller offerieren       Düsseldorf vor und betreute diese
mittlerweile von der Gitterwand über      Maßnahme während der Laufzeit
das Kletternetz bis zum Seilzugsystem     1987. Anschließend schloss sich
unterschiedlichste Bauteilkomponen-       ein Referendariat an der Landes-,
ten, mit denen sich – nach statischen     Lehr- und Forschungsanstalt in Neustadt/Wstr. an, bevor 1988 der Wechsel
Vorgaben und baulich konstruktiven        zur LWG Veitshöchheim, Abteilung Landespflege, erfolgte. Eppel leitete dort
Anforderungen planbar – vielfältige       zunächst das Sachgebiet Freiraumplanung, später dann den Grünflächenbau mit
                                          Arbeitschwerpunkten in der Bau- und Vegetationstechnik. Von 2000 bis 2002
Begrünungsoptionen realisieren las-
                                          war der Autor am Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft
sen. Zum Leitbild dieser "Renaissance“    und Forsten im Referat Gartenbau, Weinbau und Biotechnologie in München be-
der Fassadenbegrünung wird die im         schäftigt. Seit 2003 leitet er die Abteilung Landespflege an der LWG, die mit der
Jahre 1995 erschienene "FLL-Richt­        Organisationsänderung 2017 in das "Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau”
linie für die Planung, Ausführung und     überführt wurde. Er ist Mitglied in Fachgremien der FLL und der FGSV und seit
Pflege von Fassadenbegrünungen mit        2016 auch Präsidiumsmitglied der FLL. Unterrichtsschwerpunkte an der Meister-
Kletterpflanzen“, die das Thema in die    und Technikerschule sind die Betriebsführung und der Baubetrieb.
Fachöffentlichkeit bringt und damit
nicht nur die Planung und Ausführung
grüner Wände verbindlicher macht,
sondern darüber hinaus auch als
Marketinginstrument dient. Weiteren
Aufschwung erfährt die Begrünungs-
offensive durch Markteinführung der       Der Referent
sogenannten "Living Walls“, die nicht     Florian Demling
nur Fachleute in ihren Bann ziehen,       Bachelor of Science Gartenbau
sondern mit ihrer ungewöhnlichen,
künstlerisch anmutenden Pflanzen-
verwendung auch die breite Öffent-        Nach seinem Abitur am Gymnasium
lichkeit faszinieren. Durch den Ver-      Hersbruck machte Florian Demling
                                          seinen Zivildienst im gärtnerischen
zicht auf Boden als Pflanzenstandort
                                          Bauhof. Er studierte im Anschluss
erfährt die "abgehobene“ Begrünung
                                          Gartenbau an der Hochschule
zwangsweise eine noch engere Ver-         Weihenstephan-Triesdorf in Freising.
zahnung mit der Gebäudearchitektur        Florian Demling schloss das Bache-
und -infrastruktur. Dabei ist das Prin-   lor-Studium mit Schwerpunkten im
zip der grünen Wand direkt aus der        Produktionsgartenbau und Gemü-
Natur abgeschaut. Der wegbereitende       sebau im Herbst 2013 erfolgreich ab. Er konnte Erfahrungen in verschiedenen
Botaniker und Gartenkünstler Patric       Praxisbetrieben im geschützten Anbau sowie im ökologischen Freilandanbau von
Blanc experimentiert bereits in den       Gemüse sammeln. Seit November 2013 betreut er als Gartenbauingenieur an der
1970er Jahren, im Nachgang einer          LWG, "Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau" im Arbeitsbereich Urbanes
                                          Grün das Projekt "Urban Gardening“. Seine Arbeitsschwerpunkte umfassen
Exkursion zu Thailands Felsenvege-
                                          die Planung, Durchführung, Auswertung und Präsentation von Versuchen zur
tation mit seinen "murs végétaux“
                                          Nahrungsmittelproduktion auf überbauten Flächen. Florian Demling ist Mitglied
(Pflanzenwände). Dank eines ausge-        in der Deutschen Gartenbauwissenschaftlichen Gesellschaft.
klügelten Bewässerungssystems ohne
Erdanschluss gedeihen darin Pflanzen

                                                                                                              LWG aktuell / 2019 5
Grüne Klimafassaden-Jürgen Eppel, Florian Demling, Johanne Bohl - Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau - Bayern.de
Bild 1: "Living Walls“, wie das
                                                                                                         2013 für die Versuchsanlage in
                                                                                                         Nürnberg installierte System von
                                                                                                         "Optigrün“ (Aufnahme vom Oktober
                                                                                                         2016), bereichern seit mehr als 10
                                                                                                         Jahren das Begrünungsangebot.

    in Innen- wie Außenräumen. Inspi-                    Unter 400 € pro m² ist immer noch               zwischen 64,82 und 89,98 €/ m2 in-
    riert von Blancs späteren Leucht-                    kein System an die Wand gebracht                vestiert werden, um einen reibungs-
    turmprojekten in Paris und Barcelona                 und mit lebensnotwendiger Inf-                  losen Betrieb sicherzustellen. Wie
    entwickelt die Begrünungsindustrie                   rastruktur für Wasser und Strom                 Tabelle 1 verdeutlicht, waren die Kos-
    schon bald praxisreife Modulsysteme,                 versorgt. Zudem lässt die Betriebs-             tenschwankungen bei den einzelnen
    die zur Nachahmung anregen.                          sicherheit vieler Anbieter immer                Systemen zudem sehr ausgeprägt,
    In Wirklichkeit gibt es mittlerweile                 noch zu wünschen übrig. Wie unser               was im Hinblick auf eine angestrebte
    auch in unseren Breiten einige ge-                   Tastversuch mit vier handelsüblichen            konstante Bewirtschaftung keine
    lungene Beispiele wandgebundener                     Systemen in Nürnberg gezeigt hat                ausreichende Planungssicherheit er-
    Begrünung. Leider sind die Herstel-                  (EPPEL, 2015), mussten binnen dreier            möglicht. Erfreulicherweise lässt we-
    lungs- und Unterhaltskosten für diese                Versuchsjahre für Unterhaltung, Pfle-           nigstens der Reparaturaufwand mit
    Art der Begrünung aber weiterhin                     ge, Wartung und Reparaturen syste-              den Jahren nach. Dafür ist über den
    vergleichsweise hoch.                                mabhängig jährlich durchschnittlich             gesamten Versuchsverlauf – durch

        Tabelle 1: Jährliche Aufwendungen für den Betrieb und Unterhalt von 1 m² Vertikalbegrünung (Ergebnisse ei-
        nes Systemvergleichs mit jeweils 6 m² großen Testfeldern an einer südexponierten Klinkerfassade in Nürnberg)

     System                             Humko                        Vertiko                     90degreen               Optigrün
     Kosten in € pro m² und Jahr für: 2014        2015      2016     2014        2015    2016    2014    2015    2016    2014    2015       2016
     Wasser und Strom                   2,95      3,68      3,32     0,82        1,29    1,06    2,09    1,76    1,93    4,24    3,21       3,73
     Pflanzung, Pflege und
                                        25,62     51,27     26,49    6,67        59,42   28,51   29,10   19,58   23,37   27,99   20,01      30,56
     Pflanzenschutz
     Wartung*)                          15,27     33,88     30,41    11,80       36,70   41,67   9,72    28,33   29,25   9,72    24,17      30,41
     Reparaturen*)                      4,16      58,33     14,58    0,00        16,70   4,17    47,90   29,17   0,00    36,25   4,17       0,00
     Gesamt                             48,00     147,16 74,80       19,29       114,11 75,41    88,81   78,84   54,55   78,20   51,56      64,70
     Durchschnitt aus
                                                   89,98                         69,60                   74,06                      64,82
     3 Betriebsjahren
    Alle Kosten ohne Anfahrt und Stoffentsorgung, Lohnverrechnungssatz: 50 €/h
    *) Nur Lohnaufwand, Materialkostenerstattung durch Hersteller

6
Grüne Klimafassaden-Jürgen Eppel, Florian Demling, Johanne Bohl - Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau - Bayern.de
notwendige Pflanzenschutzmaßnah-
men einhergehend mit Nachpflan-
zungen – mit nahezu konstant hohen         Die Referentin
Aufwendungen für die Grünpflege zu         Johanne Bohl
rechnen. Auch der Wartungsaufwand          Master of Science Geoökologie
für die Systeme nimmt mit den Jahren
eher zu, was der wachsenden Risiko-
minimierung während der Betreuung          Auf das Bachelorstudium der
                                           Geoökologie an der Universität
geschuldet ist.
                                           Bayreuth (2011 – 2014) folgte ein
Unseren bisherigen Erfahrungen nach        konsekutives Masterstudium mit den
lässt sich der finanzielle Mehrauf-        Schwerpunkten Landschaftsöko-
wand einer wandgebundenen Begrü-           logie und Atmosphärenforschung
nung nur dann rechtfertigen, wenn          (2014 – 2017). In ihrer Abschluss-
sich neben den vergleichsweise teuer       arbeit hat sich die Autorin mit
erkauften und von sensibler Technik        der Quantifizierung organischer
abhängigen ästhetischen Vorzügen           Markersubstanzen in der städtischen und ländlichen Atmosphäre mit Hilfe eines
noch weiterer Zusatznutzen gene-           Flüssigchromatographen beschäftigt. Seit April 2017 ist Johanne Bohl an der
rieren lässt. Dazu zählen neben der        Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau am Institut für Stadtgrün
                                           und Landschaftsbau angestellt. Im Arbeitsbereich Urbanes Grün bearbeitet sie
obligatorischen und platzsparenden
                                           das Kooperationsprojekt "Klima-Forschungs-Station – Entwicklung und Optimie-
Unterbringungsmöglichkeit für Grün         rung begrünbarer Klimafassaden“.
am Gebäude vor allem die positiven
energetischen       Wechselwirkungen
zwischen Vegetation und Fassaden-
konstruktion, denen in Zukunft im
Sinne einer bauwerksintegrierenden
grünen      Klimafassadentechnologie
deutlich mehr Aufmerksamkeit
entgegengebracht werden muss.           Verwertbarkeit angepflanzter Produk­     mit variabel bepflanzbaren "essbaren
Zusammen mit der Bauphysik gilt         te dar. Getreu dem Motto: "Warum         Fassadensystemen“. Erste Erfolge
es, Synergien ausfindig zu machen,      in die Ferne schweifen, wo das Gute      in Form frischer Ernteprodukte für
um Fassadenbegrünung dieser Art         wächst so nah“, kann eine wandge-        engagierte Versuchskräfte sind schon
noch effizienter zu gestalten. Diese    bundene Begrünung so z. B. auch          zu verzeichnen.
Verbundlösungen müssen dann, was        zum Nahversorger für erntefrische
Wasser- und Energiebedarf betrifft,     Kräuter- und Gemüseprodukte
weitestgehend ressourcenschonend        werden. Anbau und Kulturführung
betrieben werden. Eine Anbindung        lassen sich wohnungs-, haus- oder
ans naturnahe Regenwassermanage-        quartiersbezogen organisieren. Urban
ment scheint ebenso zielführend wie     Gardening ist in, warum also nicht für             Lösungsansätze
ein geschlossener Wasserkreislauf,      diese Bewegung die Vertikale unserer               und Empfehlungen
mit dem sich dann z. B. an heißen       Städte erobern und dadurch den
Tagen ein klimamäßigendes Bewässe-      Selbstversorgungsgrad weiter stei-
rungsregime betreiben lässt.            gern!? Die zusätzliche Nutzung von
In Wirklichkeit arbeiten wir zusammen   Wandflächen bietet ein ganz anderes
mit dem Bayerischen Zentrum für         Flächenpotenzial. Wie vergleichbare
Angewandte Energieforschung e. V.       Nutzungen auf extensiv begrünten         Die Kombi-Lösung: Klima­
(ZAE Bayern) schon an dieser Technik    Dächern im Versuch gezeigt haben         mäßigung mit Genussfaktor
und die Besucher der LGS Würzburg       (DEMLING, 2014), scheint sogar auch
2018 konnten sich auch live daran       eine professionelle Vermarktung der      Aufgrund der hohen Investitions- und
beteiligen. Mit den ersten Ergebnis-    vor Ort an den Fassaden angebauten       Unterhaltskosten der Begrünungs­
sen ist im Jahr 2019 zu rechnen. Doch   Nahrungsmittel möglich. Das ist aber     systeme werden bei der Suche nach
dazu später mehr.                       zumindest hierzulande noch Utopie.       einem Zusatznutzen vor allem Pflan-
Einen weiteren Zusatznutzen wand­       Damit dies nicht so bleibt, experi-      zen mit speziellem Nutzen interes-
gebundener Begrünung stellt die         mentiert die LWG seit einem Jahr         sant: Nahrungspflanzen.

                                                                                                           LWG aktuell / 2019 7
Grüne Klimafassaden-Jürgen Eppel, Florian Demling, Johanne Bohl - Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau - Bayern.de
Bild 2: In Veitshöchheim seit 2017
                                                                                                             in Erprobung: Fassadenbegrünung
                                                                                                             als Nahversorger für erntefrische
                                                                                                             Salate, Kräuter und Gemüse.

                            Wenn an den "Living Walls" z. B. auch    auszuwählen. Oft werden heute           durch verkürzte Transportwege in
                            Gemüse produziert wird, entsteht ein     schon essbare Stauden, wie z. B. Thy-   der Stadt ist nur ein Teilaspekt die-
                            interessanter Mehrwert. Der Wert der     mian, in wandgebundene Fassaden-        ser ökologischen Begrünungsme-
                            Begrünung für das Gebäude könnte         begrünungen gepflanzt.                  thode. Die Anbausysteme ermögli-
                            dann um den Wert des Ertrags erwei-      Die lokale Nahrungsmittelproduk­        chen sowohl Privatverbrauchern
                            tert werden (KÖHLER, 2015). Je nach      tion zeigt sich derzeit im Trend des    eine Erweiterung des Balkonkastens,
                            persönlichem Interesse und jeweili-      "Urban Gardening“. Die potenzielle      als auch dem Einzelhandel und Res-
                            gem Standort sind spezielle Kulturen     Minderung des CO2-Ausstoßes             taurants ein sehr verbrauchernahes
                                                                                                             Lebensmittelangebot. Die Qualität
                                                                                                             von frischen, schlecht lagerbaren
                                                                                                             Pflanzenteilen, wie z. B. Kräutern und
                                                                                                             Erdbeeren, ist somit wesentlich bes-
                                                                                                             ser zu erhalten. Duftende Kräuter
                                                                                                             bieten auch die Möglichkeit besonde-
                            8                                                                                re Dufteffekte an Gebäudewände zu
                            7
                                                                                                             bringen: Ein ganz neuer Bezug zur
                                                                                                             Pflanze und zur Begrünung kann im
                            6
    Wasserverbrauch in m³

                                                                                                             öffentlichen und privaten Raum
                            5                                                                                entstehen.
                                                                                                             Technisch sind die Begrünungs-
                            4
                                                                                                             systeme aus Vlies, Gabionen oder
                            3                                                                                Kunststoffformteilen durchaus für
                            2
                                                                                                             Gemüsekulturen wie Salat und Toma­
                                                                                                             ten geeignet. Es fehlen hingegen
                            1                                                                                teils Erfahrungen und praktische
                            0                                                                                Beispiele zur Pflanzenauswahl und
                                    Vlies        Steinwolle,        Gabionen      Hydroponic                 den speziellen Kulturanforderungen
                                                  Substrat                                                   von Gemüse an Living Walls. An der
                                                                                                             LWG wurde deshalb im Sommer 2017
                            Abbildung 2: Wasserverbrauch unterschiedlicher Begrünungssysteme bei             ein Versuch mit vier verschiedenen
                            gleichen Bewässerungsintervallen                                                 Begrünungssystemen zu je etwa 6 m²
                                                                                                             für Gemüsekulturen gestartet.

8
Grüne Klimafassaden-Jürgen Eppel, Florian Demling, Johanne Bohl - Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau - Bayern.de
Neben drei Systemen, die vormals        Der Klassiker: Pflanze trifft
für Staudenpflanzungen etabliert        Bauwerk, aber wie?
sind, wurde auch ein hydroponi-
sches System von der LWG selbst         Neben der Nahrungsmittelproduktion
entwickelt und gebaut. Bei dieser       fungiert Begrünung bei ausreichen-
Wasserkultur wird die Jungpflanze       der Wasserversorgung als natürliche
mehrmals täglich mit einer Nähr­        Klimaanlage, indem die Pflanzen
lösung umspült.                         durch Verdunstung der Umgebungs-
Bei den vier Varianten wurden           luft Wärme entziehen und somit im
Romana-Salate, Buschbohnen und          Sommer ein kühleres Mikroklima an
Erdbeeren ausgebracht. Buschboh-        der Fassade schaffen. Die Nähe der
nen sind bezüglich der Düngung          Pflanze zum Bauwerk macht es erfor-
relativ anspruchslos und können         derlich, dass Gebäude und die Verti-
einen Teil der Stickstoffversorgung     kalbegrünung nicht nur ein additives
aus der Luft erhalten. Erdbeeren sind   System bilden, sondern von Beginn
aufgrund der mehrjährigen Kultur        an gemeinsam geplant werden, um
ein guter Stauden-Ersatz. Der Ertrag    eine vernetzte Fassadensystematik zu
der Romana-Salate betrug zwischen       ermöglichen. Zur Erforschung dieses
0,5 und 2 Kilogramm pro Quadrat-        vorhandenen Potenzials einer Kom-
meter. Alle Anbausysteme werden         bination aus Gebäudedämmung und
in einem Kreislauf bewirtschaftet.      Vertikalbegrünung läuft an der LWG
Eine Pumpe, Bewässerungsleitungen,      das Projekt "Klima-Forschungs-Sta-           Bild 3: Das begrünbare, drehba-
Auffangrinnen und Wasserbehälter        tion“. Es handelt sich dabei um eine         re Lamellensystem als Versuchs-
mit Düngerzufuhr sind bei jedem         Kooperation mit den Bauphysik-Ex-            objekt: Verschiedene Trag- und
System ein wichtiger Bestandteil        perten des Forschungspartners ZAE            Speicherschichtmaterialien in
und sollten regelmäßig kontrolliert     Bayern, welche außerdem Teil der             Kombination mit Vegetations-
werden (DEMLING, 2017).                 Landesgartenschau Würzburg 2018              matten und Ansaaten.
Beim Ausfall von Pumpen kann es         ist.
an einzelnen (Sommer-)Tagen zu          Vertikalbegrünung als natürliche Klima­
Pflanzenausfällen kommen. Aufgrund      anlage kann nur dann zufriedenstel-
des geringen Puffervermögens der        lend funktionieren, wenn das Begrü-
Systeme können diese wenig Wasser       nungssystem und die Pflanzenauswahl
speichern und die Pflanzen können       optimal an Gebäude und Umgebung
vertrocknen. Um eine gute Pflanzen­     angepasst werden. Dazu wird im Ge-        zuträglicher ist. Zusätzlich zu den
entwicklung zu erhalten, ist eine       meinschaftsprojekt "Klima-Forschungs­-    genannten Versuchswänden wird ein
funktionierende Überwachung der         Station“ mit verschiebbaren Begrü-        begrünbares, drehbares Lamellensys-
Wandbegrünung bzw. der Steuerein-       nungskonstruktionen gearbeitet, um        tem als grüner Sonnenschutz und
heit zur Bewässerung und Düngung        den optimalen Abstand zwischen Be-        somit Sonderform der Vertikalbegrü-
nötig. Damit kann auch die Wasser-      grünung und Fassade herauszufinden.       nung in einem Ringversuch mit der
versorgung an die Pflanzen angepasst    In diesen Konstruktionen werden ein       LVG Erfurt und der HS Anhalt in
werden. Unterschiedliche Pumpen         flächiges und ein rinnenförmiges Be-      Bernburg untersucht (siehe Bild 3).
und verschiedene Tropfschläuche         grünungssystem miteinander vergli-        Auch die feinstaubbindende Wirkung
können auch trotz gleichgeschalteter    chen und auf ihr Zusammenwirken           der verschiedenen Klimafassaden soll
Bewässerungsintervalle ganz unter-      mit innovativen Fassadenmaterialien       untersucht werden, um zu überprü-
schiedliche Mengen an Wasser aus-       (wie z. B. einer schaltbaren Wärme-       fen, wie realistisch z. B. die Modell-
bringen. Auch der Wasserverbrauch       dämmung) untersucht. Zudem wird           berechnungen von PUGH et al. (2012)
der Pflanzen und die Verdunstung der    im Projekt geforscht, inwiefern die       sind. Diese geben in ihrer Arbeit an,
Systeme können sich unterscheiden.      Nutzung von Erdwärme im Spalt zwi-        dass innerhalb von Straßenschluch-
So wurden den Systemen im Versuch       schen Fassade und Begrünung die           ten durch das Vorhandensein einer
trotz gleicher Bewässerungsinter­       Dämmsituation und das Pflanzen-           Vertikalbegrünung eine Verringe-
valle    unterschiedliche    Mengen     wachstum beeinflusst und ob eine          rung der PM10-Konzentrationen
an Frischwasser zugeführt (siehe        Hinterlüftung oder ein geschlossener      (Feinstaubfraktion, aerodynamischer
Tabelle 2).                             Zwischenraum dem Gesamtaufbau             Durchmesser < 10 µm) um 60 %

                                                                                                           LWG aktuell / 2019 9
möglich. Sowohl die fachgerechte
                                                                                    Montage als auch die regelmäßige
                                                                                    technische Wartung und Pflege
                                                                                    der Systeme können vom GaLaBau
                                                                                    geleistet werden. Voraussetzung ist
                                                                                    allerdings, dass dieser mit den Eigen-
                                                                                    heiten des Produktes am Einsatzort
                                                                                    auch vertraut ist.
                                                                                    Für Arbeiten an höher gelegenen
                                                                                    "Living Walls" ist über 2 m Arbeits-
                                                                                    höhe ein Gerüst von Vorteil (siehe
     Bild 4: Ein Gerüst erleichtert die Ernte-, Pflege- und Pflanzarbeiten bei      Bild 4). Bis max. 7 m Arbeitshöhe sind
     Living Walls und bietet zudem ausreichend Schutz vor Abstürzen.                nach Berufsgenossenschaft der Bau-
                                                                                    wirtschaft kurzfristige Arbeiten (ab
                                                                                    2 m Absturzhöhe unter 2 h) noch
                                                                                    mit Leitern möglich. Größere Höhen
                                                                                    sind in der Regel nur noch mit Hub­
                                                                                    arbeitsbühnen sicher zu erreichen. Die
     möglich ist. Doch lassen sich ähnlich   Lamellensysteme zeigt – auch den       Anforderungen an die Ausgestaltung
     große Einflüsse der Vertikalbegrü-      Zugang zu innovativen Produktlösun-    der Arbeits- und Schutzeinrich­tungen
     nung auf Feinstaubkonzentrationen       gen anderer Fachsparten.               unterliegen gesetzlichen Regeln. Die
     auch direkt am Gebäude messen? Das                                             Unfallverhütungsvorschriften der Be­
     soll an der "Klima-Forschungs-Stati-                                           rufsgenossenschaften bzw. für Gärt-
     on“ herausgefunden werden.                                                     ner die der Sozialversicherung für
     Da die Begrünungssysteme hinsicht-                                             Landwirtschaft, Forsten und Garten-
     lich differenzierter Nutzungen meist                                           bau (SVLFG) in Sachen Absturzsiche-
     noch wenig erprobt sind, bedarf es,                                            rung sind dabei immer zu beachten.
     um den angestrebten Zusatz­nutzen                 Hinweise                     Genauere Anforderungen – auch für
     vereinnahmen zu können, einer per-                für die Praxis               andere EU-Staaten – sind z. B. den
     manenten Weiterentwicklung, An-                                                "Leitfäden zur Absturzsicherung“ zu
     passung und Überprüfung der Pro-                                               entnehmen, die im Rahmen eines
     dukte. Insbesondere wenn es um                                                 europäischen Forschungsprojektes
     Pflanzenauswahl, Optimierung der                                               aufgelegt wurden und durch den
     Kulturführung, Bedienungs- und          Wer hoch hinaus will braucht           Hauptverband der gewerblichen Be-
     Wartungsfreundlichkeit geht, führt      fundamentale Kenntnisse                rufsgenossenschaften in Deutschland
     kein Weg an produktunabhängigen,                                               gefördert und verbreitet wird (Down-
     praxisnahen Untersuchungen vorbei.      Für     die    Realisierung   grüner   load unter: http://www.bgbau.de/
     Hilfreich ist in diesem Zusammen-       Klimafassaden ist eine noch engere     koop/leitfaden-absturz/downloads/
     hang sicher auch ein zeitnaher und      Abstimmung zwischen Hochbau und        leitfaeden-gegen-absturz).
     reger Austausch zwischen For-           GaLaBau angeraten, um für beide
     schungseinrichtungen und Begrü-         Seiten optimierte Systemlösungen zu
     nungsindustrie; denn letztendlich       entwickeln. Eine auf Dauer funktio-    Anspruchsvolle Pflanzen
     geht es darum, Risiken von Produkt-     nierende Fassadenbegrünung ist das     benötigen anspruchsvolle
     innovationen nicht erst dann zu hin-    Ergebnis gemeinsamer Planung und       Technik
     terfragen, wenn die Produkte bereits    Ausführung aller am Bau Beteiligten.
     im Handel sind. Das schadet nicht nur   Pflanzen einer wandgebundenen          Nahezu alle wandgebundenen Fassa-
     dem Image der Firmen, sondern auch      Begrünung brauchen Halt (Statik),      denbegrünungen benötigen im Som-
     der gemeinsamen grünen Sache. Wir       Strom und Wasser zum Überleben.        mer täglich mehrmals Wasser. Eine
     als LWG sind jederzeit dialogbereit     Der GaLaBau sorgt dann in der Regel    funktionierende Bewässerungsanlage
     und erschließen damit unseren Ziel-     für die Begrünungsgrundlage. Je nach   ist deshalb sowohl für Stauden als
     gruppen, wenn die Praxistauglichkeit    Begrünungssystem ist statt einer       auch für Gemüse unabdingbar. Da
     nachgewiesen werden kann – wie das      Bepflanzung vor Ort auch eine Vor-     die Pflanzen auch Dünger benötigen
     aktuelle Beispiel der begrünbaren       kultur der Pflanzen in den Modulen     und dieser nicht ins Grundwasser

10
ausgewaschen werden soll, müs-          Nahrungspflanzen an der Fassade          Literatur
sen Kreisläufe genutzt werden.          möglich. Während in Wohnanlagen          BERLINER SENAT FÜR STADTENTWICKLUNG
Es empfiehlt sich ein Behälter mit      auch exotisches Gemüse attraktiv         (1983): "Mut zu Grünen Wänden“, Broschüre,
                                                                                 3. aktualisierte Auflage 1983; Hrsg.: Senat
Nährlösung und Düngerzufuhr. Von        ist, kann bei Restaurants vor allem      Berlin
dort kann eine Pumpe zum Bewäs-         auf die Frische der Produkte gesetzt     DEMLING; F. (2014): "Rooftop farming“,
serungssystem gesteuert werden. Für     werden. Kräuter und Salate sind für      Vortrag anlässlich des 4. Fachsymposium
die gezielte Versorgung sollten – je    jeden Einsatz durchaus zu empfehlen.     Stadtgrün "Urbaner Gartenbau – Die Pro-
nach System – entsprechende Tropf-      Hinsichtlich des mikroklimatischen       duktion kehrt in die Stadt zurück“, des Juli-
schläuche verwendet werden. An          Effekts gestaltet sich die Pflanzen-     us-Kühn-Instituts am 09.12.2014 in Berlin
den Auslaufstellen der Living Walls     auswahl besonders schwierig, weil        DEMLING, F. (2017): "Dach- und Fassadenbe-
                                                                                 grünungen mit Nahrungspflanzen“, Poster zur
sollte eine Auffangmöglichkeit (z. B.   die ausgewählten Arten sowohl zum        World Green Infrastructure Conference, Berlin
Regenrinne) mit Rückführung des         Standort passen müssen als auch          DETTMAR, J., PFOSER, N., SIEBER, S., (2016):
Ablaufwassers zum Zufuhrbehälter        verschiedene Zwecke erfüllen sollen      Gutachten über quartiersorientierte Unter-
vorhanden sein. Je nach potenziellem    (z. B. Hitze-/Frosttoleranz, Ästhetik,   stützungsansätze von Fassadenbegrünungen
Krankheitsdruck könnte auch ein Fil-    hohe Verdunstungsleistung zum Küh-       für das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt,
                                                                                 Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher-
tersystem gegen Pflanzenkrankheiten     len bei trotzdem möglichst geringem
                                                                                 schutz (MKUNLV) NRW, TU Darmstadt
und auf jeden Fall gegen Verunreini-    Wasserverbrauch).
                                                                                 EPPEL, J (2015): "Hang over!? – Vertikales
gungen eingebaut werden. Durch die                                               Grün in Nürnberg“; in: Veitshöchheimer
Auswahl spezieller Sensoren könnte                                               Berichte, S. 17-30, Hrsg.: LWG, Abteilung
auch die Bewässerung in den Living      Kritische Bemerkungen                    Landespflege, Veitshöchheim
Walls optimiert eingesetzt werden.                                               FLL (1995): Richtlinie für Planung, Ausfüh-
                                        Nahrungsmittelproduktion, Klimamä-       rung und Pflege von Fassadenbegrünungen,
                                                                                 1. Aufl. 1995; Hrsg.: Forschungsgesellschaft
                                        ßigung, Ästhetik – all das macht die
                                                                                 für Landschaftsentwicklung und Land-
Die Nutzung                             Erforschung multifunktionaler Verti-     schaftsbau e. V., Troisdorf
entscheidet über System                 kalbegrünungen zu einem relevanten       KÖHLER, M. (2015): "Die Gebäudebegrünung
und Pflanzenverwendung                  Zukunftsthema. Eine auf Nachhaltig-      wird zum Funktionsgrün“; in: Dach und Grün
                                        keit, Dauer und Funktionalität aus-      4/2015, S. 6-13
Je nach gewünschter Nutzung einer       gelegte Fassadenbegrünung braucht        KÖNIG, K.W. (2017): "Naturnahe Prozesse
Fassadenbegrünung sind spezielle        heute mehr als nur "Mutmacher“.          sparen 90 % Energie – Beschattung und
                                                                                 Kühlung von (halb-)öffentlichen Gebäuden
Systeme zu bevorzugen. Bei den An-      Gefragt sind versierte Fachplaner        mit Verwendung von Regenwasser“; in:
bausystemen für Staudenpflanzen ist     mit "grau-grünem“ Background und         fbr-Wasserspiegel, S. 10-13
es z. B. schwierig, die Pflanzenreste   kompetente       Ausführungsbetriebe     PFOSER, N. (2014): "Energieeffizientes Bau-
und Wurzelballen der Gemüsepflan-       mit Knowhow in Sachen Bewässe-           en mit begrünten Fassaden“, in: Jahrbuch
zen zu entfernen. Ein zusätzliches      rungs- und Lüftungstechnik, nicht zu     Bauwerksbegrünung 2014, S. 80-88, Hrsg.:
Pflanzen auf die Erntereste und alte    vergessen natürlich Pflanzenkennt-       Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V.,
                                                                                 Saarbrücken
Presstöpfe kann zu unerwünsch­          nissen. Eben Spezialisten für profes-
                                                                                 PUGH, T.A.M., MACKENZIE, A.R., WHYATT, J.D.,
ten Veränderungen des Substrates        sionelles Urban Gardening und Urban      HEWITT, C.N. (2012): "Effectiveness of Green
führen. In diesem Fall sind vor allem   Landscaping. Zum Wohle unserer           Infrastructure for Improvement of Air Quality
mehrjährige Kulturen, wie z. B. Erd-    Städte und ihrer Bewohner kann man       in Urban Street Canyons“; in: Environmental
beeren, Kräuter und ggf. Salate zu      nur hoffen, dass die grüne Branche       Science & Technology 46, S. 7692-7699
wählen. In Einzelfällen ist auch ein    die Zeichen der Zeit erkannt hat und
Substrataustausch nach ein paar         für die Stadt der Zukunft ausreichend
Jahren oder eine veränderte Nutzung     qualifizierte "Urban Gardener“ und
zu erwägen (z. B. mit mehrjährigen      "Urban Landscaper“ zur Verfügung
Zierstauden).                           stehen.
Soll regelmäßig wiederkehrend oder
variabel gepflanzt werden, bieten
sich hierfür besondere Anbausys-
teme an. So können Rinnensysteme        Jürgen Eppel
oder Balkonkasten-Systeme mit drei      Florian Demling
oder mehr Gemüsesätzen im Jahr
                                        Johanne Bohl
bestückt werden. Je nach Kunden-
wunsch sind dann auch spezielle         LWG Veitshöchheim

                                                                                                              LWG aktuell / 2019 11
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