GUSTAVO GIMENO Leitung - DANIIL TRIFONOV Klavier
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SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Freitag 22.1.2021 Herkulessaal 20.30 – ca. 21.45 Uhr GUSTAVO GIMENO Leitung DANIIL TRIFONOV Klavier MARTIN ANGERER Trompete SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS LIVE-ÜBERTRAGUNG IN SURROUND im Radioprogramm BR-KLASSIK Freitag, 22.1.2021 20.05 Uhr Johann Jahn im Gespräch mit Daniil Trifonov 20.30 Uhr Konzertübertragung ON DEMAND Das Konzert ist in Kürze auf www.br-klassik.de als Audio abrufbar. 1 20 | 21 Programm / Mitwirkende
PROGRAMM DMITRIJ SCHOSTAKOWITSCH IGOR STRAWINSKY Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester Nr. 1 c-Moll, »Apollon musagète« für Streichorchester op. 35 Ballet en deux Tableaux • Allegretto – Allegro vivace – Premier Tableau (Prologue) • Lento – Largo – • Naissance d’Apollon. Largo • Moderato – Second Tableau • Allegro con brio • Variation d’Apollon (Apollon et les Muses) • Pas d’action (Apollon et les trois Muses: SERGEJ PROKOFJEW Calliope, Polymnie et Terpsichore). Moderato Symphonie Nr. 1 D-Dur, op. 25 • Variation de Calliope (L’Alexandrin). Allegretto »Symphonie classique« • Variation de Polymnie. Allegro • Allegro • Variation de Terpsichore. Allegretto • Larghetto • Variation d’Apollon. Lento • Gavotta. Non troppo allegro • Pas de deux (Apollon et Terpsichore). Adagio • Finale. Molto vivace • Coda (Apollon et les Muses). Vivo • Apothéose. Largo e tranquillo 2 3 Programm Programm
DAS GESETZLICHE RECHT AUFS LACHEN Zu Dmitrij Schostakowitschs Erstem Klavierkonzert Rüdiger Heinze Leningrad im Jahre 1933. Entstehungszeit Dmitrij Schostakowitsch 6. März – 20. Juli 1933 Uraufführung schreibt als 26-Jähriger sein Erstes Klavierkon 15. Oktober 1933 mit den zert. Hinter ihm liegen zu diesem Zeitpunkt ein Leningrader Philharmonikern Ehrendiplom beim Warschauer Chopin-Wettbewerb unter der Leitung von Fritz Stiedry und dem (1927), die Komposition seiner ersten drei Sym Komponisten am Klavier phonien (Uraufführungen: 1926, 1927 und 1930), Lebensdaten des eine reiche Erfahrung als Kino-Pianist sowie als Komponisten 12. (25.) September 1906 Film-, Ballett-, Schauspiel-, ja als Zirkus-Revue- in St. Petersburg – Komponist: 1933 ist er bereits Urheber von fünf 9. August 1975 in Moskau Filmmusiken, vier Schauspielmusiken und zwei Balletten. Hinzu kommt Anfang der 1930er Jahre der erste Kontakt mit der amerikanischen Unter haltungsmusik und dem Jazz: In sein Ballett Das Goldene Zeitalter (1930) fügt Schostakowitsch den Tahiti-(Fox-)Trot auf die Vincent-Youmans-Melo- die Tea for Two aus No, no, Nanette ein; 1934 schreibt Dmitrij Schostakowitsch (um 1935) er seine erste Suite für Jazz-Orchester mit Walzer, Polka, Blues. Hinter Schostakowitsch liegt aber auch die Komposition seiner ersten beiden Opern: exekutiert. Aus Angst zieht er seine Vierte Symphonie 1936 während der Die Nase nach Nikolaj Gogol (1928) und – als kla- Uraufführungsproben zurück. Sein Erstes Klavierkonzert, das wie die Lady rer Erfolg – Lady Macbeth von Mzensk (1932). Macbeth von Mzensk gleichfalls bei seiner Uraufführung am 15. Oktober Was ihm noch bevorstand, konnte Schostako 1933 in Leningrad ein deutlicher Erfolg gewesen war, ist mittlerweile auch witsch nicht wissen: der berüchtigte Prawda-Ar »musica non grata« geworden: »nicht würdig den hohen Ansprüchen an die tikel Chaos statt Musik im Januar 1936, der die Kultur der Sowjetunion«. Hätte Schostakowitsch es – ebenso wie seine Vierte Lady Macbeth von Mzensk nachträglich als »roh, Symphonie – zurückgezogen, wenn seine Entstehung in die Zeit seiner Äch- primitiv, vulgär« brandmarkte. Das Werk entspre- tung und damit seiner Existenzängste gefallen wäre? Es könnte sein. Denn che nicht dem notwendigen Sozialistischen Rea- bei allem heiter-virtuosen Übermut, den dieses Opus 35 verströmt, entbehrt lismus und dem, was sowjetische Opernbesucher es nicht der Groteske, der Parodie, der Verzerrung – allesamt nicht erhebende, von der Musik erwarten. Von nun an lebt Scho sondern »zersetzende« Momente. stakowitsch unter dem Schrecken des stalinisti- schen Terror-Regimes und dessen mörderischen Eigentlich ist das Erste Klavierkonzert, rasch komponiert zwischen dem »Säuberungen«. Freunde von ihm werden abge- 6. März und dem 20. Juli 1933 – Schostakowitsch war ein Schnellschreiber –, holt und verschwinden – oder werden umgehend ein Konzert für Klavier und Trompete. Auch seine Begleitung ist ungewöhnlich: 4 5 Dmitrij Schostakowitsch Dmitrij Schostakowitsch Klavierkonzert Nr. 1 Klavierkonzert Nr. 1
sie damit in den Eröffnungssatz ein, am schnödesten gleichsam vor dem Allegro vivace, da die Streicher versuchen, sich zu Rachmaninow’scher Emphase aufzuschwingen. Später verbinden sich mit der Trompete kurzfris- tig Passagen von Song-, Schlager- und Revuecharakter, etwa im Sinne Kurt Weills. Diesen direkten Einsprengseln holzschnittartiger Virtuosität stellt das Solo-Klavier raffinierte Bravour und subtilere Töne gegenüber. In seinem Part passiert stets das musikalisch Unerwartete – in Rhythmik, Phrasierung und vor allem in der Harmonie, die von chromatischen Ausweichungen und von Umdeutungen lebt. In der Coda des ersten Satzes greift das Klavier er- neut das Hauptthema auf. Elegischer Gesang charakterisiert den zweiten Satz (Lento) im Dreiviertel- Takt, nur kurzfristig von einem dramatischen Appassionato (marcatissimo) des Solo-Klaviers unterbrochen. Das anschließende Largo, in dem die Strei- cher einen Choral intonieren, belegt einmal mehr Schostakowitschs Nähe zu Gustav Mahlers Innigkeit – und dessen Zerrissenheit. Der dritte Satz, ein Interludium von wenigen Takten (Moderato), leitet zä- Schostakowitsch spielt sein Erstes Klavierkonzert (1934) surlos zum Finale (Allegro con brio) über, ein Ausbund an musikalisch-trocke- nem Humor und durcheinanderwirbelnden Spielmusiken. Haydn bekommt keine Bläser, nur Streicher (geteilte Violinen, Bratsche, Cello, Kontrabass). das Wort erteilt und Beethoven mit seiner Wut über den verlorenen Groschen Wenn hier eingangs dargelegt wurde, welche pianistischen und komposito- (Klavierkadenz) – während die Trompete Gassenhauer und Zeichentrick rischen Erfahrungen Schostakowitsch gemacht hatte, bevor er sein Klavier- filmmusik intoniert. Schostakowitsch verwendet hier auch ein Thema wie- konzert schrieb, so aus gutem Grund: Der gerade in »angewandter« Musik, der, das er 1929 in Leningrad für einen (bestellten) Zeichentrickfilm-Epilog also in Film, Ballett und Schauspiel versierte Tonsetzer nutzte die Anforde- zu der Oper Armer Kolumbus des deutschen Komponisten Erwin Dressel ein- rungen anderer Genres für dieses vitale, dynamische Werk, das – textlos – gesetzt hatte. Das Finale des Klavierkonzerts wird zu einem Rausschmeißer, eine reiche Gestik und Mimik vorführt. Als »eine stilistische Buntscheckigkeit« den Schostakowitsch am Flügel bei der Uraufführung rasend beendet haben soll es der Kollege Sergej Prokofjew bezeichnet haben, nachdem er es erst- soll. Effektvoll schließt das Stück mit einem geschmetterten Jagdsignal der malig gehört hatte. Was fließt nun zusammen in diesem nur etwa 22-minü- Trompete. tigen Klavierkonzert, das in seinen zwei Eröffnungstakten gleichsam einen Schostakowitsch, von dem es so wenige Photographien gibt, auf denen er Theatervorhang rasch aufzieht? lächelt oder gar lacht, dürfte mit seinem Ersten Klavierkonzert ein Ziel er- Es verknüpft neoklassizistische Züge mit der Sachlichkeit der 1920er Jahre, reicht haben, das ihm viel bedeutete. Er bekannte einmal: »Wenn das Pub- den bereits charakteristischen »Marsch«-Schostakowitsch mit dem »Ab- likum während der Auff ührung meiner Werke lächelt oder direkt lacht, be- gesang«-Mahler, Zeichentrickfilmmusik mit militärischen und waidmänni- reitet mir das eine große Befriedigung.« Oder mit anderen Worten Schosta- schen Signalen der Trompete. Und Haydn und Beethoven lugen zwischen kowitschs: »Ich möchte das gesetzliche Recht aufs Lachen in der so genann- den Partitur-Zeilen ebenfalls hervor. Doch muss man gedankenschnell sein ten ›Ernsten Musik‹ zurückerobern.« Beides sagte er vor 1933, vor dem beim Hören: All diese stilistischen Anleihen tauchen ebenso unvermittelt Zweiten Weltkrieg und vor dem tiefen Ernst so vieler seiner späteren Werke. auf wie sie wieder verschwinden in der Motorik der Ecksätze. Das Hauptthema des ersten Satzes (Allegretto) beginnt mit dem fallenden c-Moll-Dreiklang g-es-c im Klavierpart, der sich damit der Funktion der Solo-Trompete in diesem Werk anpasst: Diese hat in erster Linie, gemäß ihrer traditionellen Bestimmung und Verwendung, Signalmotive zu blasen, häufig und natürlicherweise im gebrochenen Dreiklang. Wiederholt bricht 6 7 Dmitrij Schostakowitsch Dmitrij Schostakowitsch Klavierkonzert Nr. 1 Klavierkonzert Nr. 1
»DIE LEUTE EIN WENIG ZUM NARREN HALTEN« Zu Sergej Prokofjews Symphonie classique Egon Voss Sergej Prokofjew schrieb Entstehungszeit seine Symphonie clas- 1916 – Sommer 1917 Widmung sique, sein insgesamt vierter Versuch zur Kom- À Boris Assafjew position einer Symphonie, in den Jahren 1916/ Uraufführung 1917. Sie verdankt sich einem Experiment. In 21. April 1918 in Petrograd mit dem Staatsorchester Prokofjews Erinnerungen heißt es: »Den Sommer unter der Leitung des 1917 verbrachte ich ganz allein auf dem Lande in Komponisten der Umgebung von Petersburg. Ich las Kant und Lebensdaten des Komponisten arbeitete ziemlich viel. Absichtlich hatte ich kein 11. (23.) April 1891 Klavier mitgenommen, denn ich wollte versuchen, auf dem Gut Sonzowka beim Komponieren ohne Klavier auszukommen (Gouvernement Jekaterinoslaw, heute [...]. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, eine Dnipro / Ukraine) – 5. März ganze Symphonie ohne Klavier zu komponieren. 1953 in Moskau Ich glaubte, das Orchester würde natürlicher klingen.« Es war die Zeit des Ersten Weltkriegs, und zu- dem gab es 1917 in Russland gleich zwei Revolu- Sergej Prokofjew (ca. 1918) tionen: die Februar-, dann die Oktober-Revo- lution. Man merkt der Symphonie classique je- doch nicht an, in welcher Zeit sie entstand. Es Herkömmlich ist Prokofjews Symphonie classique allerdings nicht, sie dürfte schwer fallen, in ihr einen Spiegel der ist kein naives Musizierstück im klassischen Stil, das einem etablierten Zeitereignisse zu sehen, es sei denn, man wollte Musikbetrieb gleichsam nach dem Munde redet, sondern das höchst arti- ihre fast provokativ anmutende Unbeschwertheit fizielle Produkt eines sehr bewussten und zugleich ironischen Blicks auf mit Prokofjews zustimmender Haltung zur Re- die klassische Musik. Wie Prokofjew in seinen Erinnerungen schrieb, volution verknüpfen. In seinen – freilich sehr viel dachte er selbst vor allem an Joseph Haydn: »Ich war der Ansicht, dass später entstandenen – Erinnerungen ist zu lesen: Haydn, wenn er in unserer Zeit gelebt hätte, seinen eigenen Stil, vermehrt »Als die Februar-Revolution ausbrach, war ich um einiges Neue, beibehalten haben würde. In solcher Art wollte ich die in Petersburg. Meine Freunde und ich begrüß- Symphonie im klassischen Stil komponieren. Als meine Idee Gestalt an- ten sie begeistert.« Doch: Passt eine Symphonie zunehmen begann, nannte ich das Werk ›Klassische Symphonie‹: erstens classique zur Revolution? Geht der Impuls der deshalb, weil es einfacher war als ›Symphonie im klassischen Stil‹; und Revolution nicht gerade dahin, alles Herkömm- zweitens, weil ich mir den Spaß machen wollte, die Leute ein wenig zum lich-Etablierte – und dazu gehört insbesondere Narren zu halten, und in der geheimen Hoffnung, dass es für mich eine das »Klassische« – um des Neubeginns willen Genugtuung wäre, wenn die Symphonie wie ein Stück klassischer Musik zu überwinden? aussehen würde.« 8 9 Sergej Prokofjew Sergej Prokofjew »Symphonie classique« »Symphonie classique«
schaubarkeit der Mittel, Klarheit und Durchsichtigkeit, Vertrautheit mit der strukturellen Gestaltung im Kleinen wie im Großen (Viersätzigkeit der Symphonie) usw. Zum anderen klingt nichts so, wie es in einer tat- sächlich klassischen Symphonie klingen würde. Dazu geht insbesondere die Harmonik zu sehr ihre eigenen Wege, am auffälligsten sind dabei Rü- ckungen, also unvermittelte Verschiebungen in eine andere Tonart oder Ton- lage. Oder man betrachte die ersten Takte des Larghetto: So hoch einset- zende Violinen wie zu Beginn des Themas findet man in keiner klassi- schen Symphonie. Doch gerade aus diesen offensichtlich bewusst gesetz- ten Divergenzen bezieht die Symphonie classique ihre besondere Span- nung und ihren Witz. Prokofjew verstand den Begriff der Klassik – das ist unüberhörbar – um- fassender, als es der Name Joseph Haydn suggeriert, den er später in seinen Erinnerungen, wie zitiert, als sein Vorbild hinstellte. Das wird äußerlich am Titel des dritten Satzes der Symphonie deutlich. In welcher Symphonie Joseph Haydns fände man eine Gavotta? Bezeichnung und Typus weisen unmissverständlich auf die barocke Suite, und wohl nicht zufällig fühlte sich der Rezensent der Münchner Erstaufführung des Werks 1940 an Händel Demonstration auf dem Newskij-Prospekt in Petrograd 1917 (Von 1914 bis 1924 trug St. Petersburg den neuen russischen Namen Petrograd, der nach dem Tod Lenins 1924 in Leningrad geändert wurde; 1991 beschloss man nach einer Volksabstimmung, wieder zum ursprünglichen Namen St. Petersburg zurückzukehren.) Die Komponisten Alexander Glasunow, Sergej Prokofjew und Alexander Winkler Einer der Hintergründe von Prokofjews listig-frechem Vorsatz, »die Leute ein wenig zum Narren zu halten«, dürfte die Reaktion des Publikums auf seine Skythische Suite gewesen sein, ein Stück, das in seiner Radikalität und Wildheit als Pendant zu Strawinskys 1913 uraufgeführtem Sacre du printemps gilt. Bei der Uraufführung im Januar 1916 war es zum Skandal gekommen, Prokofjews eigener Lehrer, Alexander Glasunow, hatte unter Protest den Saal verlassen. Mit der Symphonie classique hielt Prokofjew seine Hörer in der Tat »zum Narren«; denn sie sieht tatsächlich »wie ein Stück klassischer Musik« aus. Doch so »klassisch« und einfach sie daherkommt, so doppelbödig ist sie. Prokofjew treibt ein ununterbrochenes Vexierspiel mit den Vorgaben, aus denen der Hörer seine Erwartungen ableitet, und deren Einlösung. Zum einen scheint alles verwirklicht, was man gemeinhin mit dem Klassischen verbindet: Prägnanz der Form, Ausgewogenheit der Dimensionen, Über- 10 11 Sergej Prokofjew Sergej Prokofjew »Symphonie classique« »Symphonie classique«
Selbstverständlich ist die Symphonie classique eine Reaktion auf die Sym- phonik des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit ihren ausufernden Formen, ihrem Weltschmerzpathos, ihrer Monumentalität, und da diese Sympho- nik fast ausnahmslos eine österreichisch-deutsche war, könnte man fast auf den Gedanken kommen, das Werk und besonders sein französischer Titel seien, zumindest auch, als Spitze gegen Österreich und Deutschland aufzufassen, Länder, mit denen sich Russland – das sollte man nicht ver- gessen – 1917 im Krieg befand. Prokofjew hatte sich bei der Komposition der Symphonie classique – laut seinen Erinnerungen – einen ins 20. Jahrhundert versetzten Haydn vorge- stellt, der auf die veränderte Zeit, die Zeit der Moderne, reagiert. Im Nach- wort einer englischen Partiturausgabe des Werks wird diese Sichtweise in ebenso origineller wie zutreffender Weise umgekehrt: »Die Sympho- nie classique ist das Bild eines heutigen modernen Menschen, der durch Straßen der alten Welt schlendert, wo eine neue Generation hinter ver- zierten Hausfassaden lebt. Man hört zwar die Geräusche der modernen Zeit, die gedämpft von den Highways in der Nachbarschaft herübertönen, doch die Putti über den Torbögen lächeln angesichts der veränderten Welt, und der Duft eines kapriziösen und amourösen Zeitalters schwebt über den eng gewundenen Gassen.« Dieses Ineinander von Gegenwart und Vergangenheit, Gestern und Heute führt fast zwangsläufig zum Begriff des Neoklassizismus, dem man die Symphonie classique durchaus zuordnen kann, wenngleich es den Begriff Nikolaus II., ehemaliger Zar von Russland, nach seiner 1917 noch nicht gab und Prokofjew das Werk auch nicht im Sinne einer Abdankung im Frühjahr 1917 programmatischen Ästhetik verstand. Es blieb ein Einzelfall innerhalb seines Schaffens, und dies hob Prokofjew auch ausdrücklich hervor, als erinnert. Auch der zweite Satz entspricht dem klassischen Muster nicht er später im Zusammenhang mit Strawinsky schrieb: »Ich hatte zwar ganz, denn auch wenn Larghetto als Tempo vorgeschrieben ist, so handelt selbst eine ›Klassische Symphonie‹ komponiert, aber das war nur eine es sich im Gestus doch eher um ein Menuett als um einen langsamen Satz. vorübergehende Phase gewesen, während bei Strawinsky der Neoklassi- Aufschlussreich in diesem Zusammenhang ist, dass Prokofjew später, nach- zismus zur Grundlage seines ganzen Schaffens wurde.« dem er weitere Symphonien komponiert hatte, schrieb, er habe die Sym- phonie classique als seine »Erste« bezeichnet, »obwohl sie keine strenge symphonische Form hatte«. Sein eigener Begriff von der Symphonie war offenkundig ein anderer. Was die Musik der Symphonie classique besonders auszeichnet, sind Leich- tigkeit und – die französische Schreibweise ist bewusst gewählt – Élé- gance. »Esprit« ist die am besten treffende Vokabel für die Eigenart dieser Musik, und dass bei der Veröffentlichung des Werks neben dem russi- schen auch sogleich und gleichrangig der französische Titel, nämlich Sym- phonie classique, verwendet wurde, ist angesichts seines Charakters gewiss kein Zufall. 12 13 Sergej Prokofjew Sergej Prokofjew »Symphonie classique« »Symphonie classique«
MELANCHOLISCHE APOTHEOSE DES SCHÖNEN Zu Igor Strawinskys Apollon musagète Egon Voss Wenn man Verdi oder Entstehungszeit Wagner im Konzertsaal 1927 – 1928, revidierte Fassung 1947 spielt, greift man notwendig zu ihren Opern, weil Uraufführung sie kein orchestrales Œuvre vergleichbaren Ranges 27. April 1928 in der hinterlassen haben. Strawinsky dagegen hat zahl- Library of Congress in Washington D. C. mit dem reiche bedeutende Orchesterwerke geschrieben, Philadelphia Symphony und doch sind es vor allem seine Ballette, die im Orchestra unter Konzertsaal aufgeführt werden, und zwar häufiger Hans Kindler in der Choreographie von als in ihrer genuinen Gestalt im Theater. Das gilt Adolphe Bolm auch für Apollon musagète. Wie es scheint, haben Lebensdaten des die choreographischen Vorgaben Strawinsky in ganz Komponisten 5. (17.) Juni 1882 in besonderer Weise inspiriert. Dennoch ist es erstaun- Oranienbaum bei lich, dass dabei Musik entstehen konnte, die of- St. Petersburg – 6. April fensichtlich auch ohne die Dimension des Theatra- 1971 in New York lischen allgemein und der tänzerischen Darstellung im Besonderen auskommt und verstanden werden kann. Augenscheinlich teilt sich die choreogra- phische Struktur oder Prägung der Musik auch ohne Igor Strawinsky (um 1924) die Bühne und den sichtbaren Tanz mit. Möglicher- weise jedoch war es sogar Strawinskys Kalkül, die Komposition so anzulegen, dass sie einem dop- ferische Arbeit liebte. Das Sujet des Balletts dagegen war ihm freigestellt. pelten Zweck dienen kann: der Aufführung auf der Dazu schrieb Strawinsky in seiner Autobiographie: »Als Thema wählte ich Bühne wie im Konzertsaal. den ›Apollon Musagetes‹, den Gott, der die Musen in den Künsten unterwies. Ihre Zahl beschränkte ich auf drei: Kalliope, Polyhymnia und Terpsichore, Apollon musagète verdankt seine Entstehung einem weil sie am vollkommensten die Kunst der Choreographie verkörpern. Kal- Auftrag der amerikanischen Mäzenatin Elizabeth liope, die von Apollon Wachstafel und Schreibgriffel erhält, stellt die Dicht- Sprague-Coolidge. Er lautete auf ein Ballett, das kunst dar und ihre rhythmischen Gesetze. Polyhymnia, die den Finger an die beim Festival of Contemporary Music 1928 in der Lippen hält, beherrscht die Kunst der Gebärde. ›Die sprechenden Finger‹, Library of Congress in Washington zur Aufführung so sagt Cassiodor, ›das beredte Schweigen, die erzählenden Gesten gelten kommen sollte. Bedingung war eine Beschränkung als Erfindung der Muse Polyhymnia; sie lehrte die Menschen, dass sie auch auf ein kleines Ensemble einerseits und eine Spiel- ohne Sprache ihr Wollen ausdrücken können.‹ Terpsichore endlich vereint dauer von rund 30 Minuten andererseits, Bedin- den Rhythmus der Dichtkunst mit der Beredsamkeit der Geste, sie offenbart gungen, auf die sich Strawinsky gern einließ, da der Welt den Tanz, und so hat sie unter den Musen den Ehrenplatz inne ne- er solche Maßgaben als Leitlinien für die schöp- ben dem Musenführer.« 14 15 Igor Strawinsky Igor Strawinsky »Apollon musagète« »Apollon musagète«
sagen Ästhetik. Apollon repräsen- tiert Maß und Ordnung, Licht und Schönheit. Er ist der Beherrschte, der Kultivierte (im Gegensatz zum Wilden). Unmittelbar vor Apollon musagète hatte Strawinsky, und zwar mit erheblichem Aufwand der Mit- tel, in seinem Oedipus Rex (urauf- geführt 1927) die archaische, die wil- de Antike beschworen. Offensicht- lich suchte er nun als Ausgleich die Ruhe und das Ebenmaß des klassi- schen Altertums, für das Apollon steht. Apollon und die neun Musen: Der Parnass, Fresko von Raffael an der Nordwand der Die Reduktion des Orchesters auf die Stanza della Segnatura (1511, Ausschnitt) Streichinstrumente und die Beschrän- kung auf die Dur-Moll-Tonalität sind Da Apollon die Hauptfigur ist, erhält er im Unterschied zu den übrigen Ak- Maßnahmen, die diesen Vorstellun- teuren zwei Solotänze. Strawinsky bezeichnet sie der Ballettsprache gemäß gen zu entsprechen versuchen. als »Variation«; die Bezeichnung hat also nichts mit der musikalischen Form So aber wie Oedipus im Oedipus zu tun. Dass Terpsichore in einem Ballett als erste der Musen gefeiert wird, Rex durch die Brille Jean Cocteaus versteht sich von selbst, und dementsprechend gibt es nur einen einzigen betrachtet wird, so ist auch der Blick Pas de deux, nämlich den von Apollon und Terpsichore. Die beiden anderen auf Apollon in Apollon musagète Musen tanzen entweder nur allein (Variation de Calliope, Variation de Polym- kein unmittelbarer. Strawinsky macht nie) oder mit den anderen Akteuren gemeinsam (Pas d’action, Coda). Am gleichsam einen Umweg, und zwar Beginn steht ein Prologue, der die physische Geburt Apollons darstellt, dann über das 17. Jahrhundert, den fran- folgt gleichsam die musische, deren Sinnbild das Musikinstrument ist, die zösischen Klassizismus, der sich sei- Solo-Violine (Variation d’Apollon). Das insgesamt handlungsarme, zur Alle- nerseits auf die Antike berief. Dass gorie tendierende Stück klingt damit aus, dass Apollon die Musen zum Par- ihm dieser Bezug wichtig war, zeigt nass führt (Apothéose). die Variation de Calliope. Strawin- Was die ästhetische Konzeption anbetrifft, so äußerte Strawinsky, wiede- sky gab ihr den Untertitel L’Alexandrin (= Alexandriner), und demgemäß rum in seiner Autobiographie: »Aus Bewunderung für die lineare Schönheit wird das Solo der Calliope rhythmisch fast durchgängig von sechshebigen des klassischen Tanzes hatte ich mich für die strenge Form des Balletts Jamben bestimmt, den Kennzeichen des in der französischen Klassik so be- entschieden, und dabei dachte ich vor allem an das ›Ballet blanc‹, bei dem liebten Alexandrinerverses. Damit aber nicht genug: Strawinsky stellte der sich meiner Ansicht nach das Wesen dieser Kunst am klarsten offenbart. Ich Variation de Calliope als Motto auch noch einen Zweizeiler des berühmten glaubte, in ihm eine besondere Frische zu finden, die daher rührt, dass die Theoretikers Nicolas Boileau (1636–1711) voran, der die Klarheit der poeti- bunten Farben und der überladene Prunk aus ihm verbannt sind. Das reizte schen Sprache im Vers als oberstes Gebot für den Dichter fordert. Die selt- mich, meiner Musik den gleichen Charakter zu geben, und am meisten schien sam-befremdende Tatsache, dass sich in einer Ballettpartitur eine literarische mir dazu die diatonische Schreibweise zu passen. Die Klarheit dieses Stils Maxime, noch dazu des 17. Jahrhunderts, findet, hat vor allem diesen Zweck: bestimmte auch die Wahl, die ich unter den Instrumenten traf.« Sie soll verhindern, dass die Interpreten das Werk unreflektiert-naiv auffas- Mit der Wahl Apollons als Musenführer griff Strawinsky nicht nur zu einem sen. Das Boileau-Zitat zwingt zur Beschäftigung mit der Geschichte und klassischen Sujet, sondern auch zu einer klassischen Haltung, um nicht zu prägt dadurch zwangsläufig die Interpretation. 16 17 Igor Strawinsky Igor Strawinsky »Apollon musagète« »Apollon musagète«
Vor diesem Hintergrund wird man die punktierten Rhythmen, mit de- nen das Werk beginnt, auf das Mo- dell der französischen Ouvertüre à la Lully, den tonangebenden Kom- ponisten zur Zeit des französischen Klassizismus, beziehen müssen. Doch in Apollons Violinsolo zu Beginn der Variation d’Apollon klingt es unüberhörbar nach Bachs Solo-So- naten, die mit dem französischen STRAWINSKY Klassizismus nichts zu tun haben. IGOR Aber auch neobarock ist Strawin- skys Musik nicht, ganz zu schweigen davon, dass der beliebte Begriff des Neoklassizismus hier ebenfalls nicht greift. Die Musik des Apollon musa- LE SACRE DU PRINTEMPS gète hat ihre Vorbilder und Modelle L’OISEAU DE FEU vornehmlich in Strawinskys unmit- telbarer Vergangenheit, in der zwei- ten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der Zeit um 1900. Die Fülle des durch die geteilten Violoncelli sechsstim- migen Streicherensembles ist dafür fast schon Beleg genug. Wer aufmerk- Zwei der sam zuhört, wird die verschieden- bedeutendsten sten Hörassoziationen haben, von den Ballettmusiken französischen Ballettkomponisten à Strawinskys in la Delibes über Tschaikowsky und meisterlicher Sibelius bis hin zu Wagner. Doch Interpretation auf Strawinskys Kunst besteht nicht in CD: das Jahrhundert- Anspielungen und deren Verfrem- dung, sondern in dem Versuch, den werk „Le sacre du alten Mitteln noch einmal Schönheit printemps“ und die im Sinne Apollons abzugewinnen. Suite von 1945 aus Es ist ein melancholischer Blick zu- „L’oiseau de feu“. rück; denn die Kunst als das Schöne war auch 1927/1928 bereits der »nicht mehr schönen Kunst« (Odo Mar- SYMPHONIEORCHESTER Drei der neun Musen: Kalliope, Polyhymnia, Terpsichore quardt) gewichen. DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Foto © Peter Meisel 18 MARISS JANSONS 21 Igor Strawinsky Alban Berg »Apollon musagète« Kammerkonzert op. 9 br-klassik.de/label · Erhältlich im Handel und im BRshop: br-shop.de
DANIIL TRIFONOV Als den »zweifellos erstaunlichsten Pianisten unserer Zeit« bezeichnete The London Times den 1991 im russischen Nischni Nowgorod geborenen Daniil Trifonov, der sich innerhalb weniger Jahre an die Weltspitze gespielt hat. Er begann seine musikalische Ausbildung als Fünfjähriger und studierte bei Tatiana Zelikman am Moskauer Gnessin-Institut sowie bei Sergei Babayan am Cleveland Institute of Music. Außerdem erhielt er Kompositionsunter- richt und schreibt seither Kammermusik, Klavier- und Orchesterwerke. Große Aufmerksamkeit erlangte Daniil Trifonov 2010 und 2011, als er bei gleich drei der weltweit bedeutendsten Wettbewerbe ausgezeichnet wurde: mit dem Drit- ten Preis beim Chopin-Wettbewerb in Warschau und den jeweils Ersten Prei- sen beim Arthur-Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv und beim Tschaikowsky- Wettbewerb in Moskau, wo er zudem die Goldmedaille im Fach Klavier ver- liehen bekam. 2013 gab Daniil Trifonov sein umjubeltes Debüt in der New Yorker Carnegie Hall mit Werken von Skrjabin, Liszt, Chopin und Medtner. Das Konzert wurde unter dem Titel The Carnegie Recital veröffentlicht und für den Grammy nominiert. Inzwischen ist Daniil Trifonov bei fast allen großen Orchestern der Welt aufgetreten, seine Recitals führten ihn u. a. in die Londoner Wigmore Hall, den Wiener Musikverein, die Berliner Philhar- monie, den Münchner Herkulessaal, die Pariser Salle Pleyel, den Concert- gebouw Amsterdam, in die Tokyo Opera City, das Seoul Arts Center, zum Lucerne Piano Festival und zum Klavier-Festival Ruhr. 2016 ernannte ihn die Musikzeitschrift Gramophone zum »Künstler des Jahres«. Auch seine weiteren CD-Produktionen brachten Daniil Trifonov hohe Anerkennung. Für das Album Transcendental mit sämtlichen Konzertetüden von Liszt wurde der Pianist 2018 mit einem Grammy geehrt. Mit dem Philadelphia Orchestra unter Yannick Nézet-Séguin veröffentlichte er drei Rachmaninow-Alben: Rach- maninov Variations (u. a. mit der Paganini-Rhapsodie und der Klavier-Suite Rachmaniana, einer eigenen Komposition des Künstlers), Destination Rach- maninov: Departure (Klavierkonzerte Nr. 2 und 4) und Destination Rach- maninov: Arrival (Klavierkonzerte Nr. 1 und 3). Auf seinem jüngst erschie- nenen Album Silver Age stellt Daniil Trifonov Werke von Strawinsky, Pro- kofjew und Skrjabin vom Beginn des 20. Jahrhunderts vor. Zuletzt hat sich Daniil Trifonov, dessen Repertoireschwerpunkt im romantischen und rus- sischen Fach liegt, verstärkt mit Bach beschäftigt. Von den für 2020 geplanten Aufführungen der Kunst der Fuge konnten coronabedingt nur einige realisiert werden, so in St. Petersburg, Los Angeles, Chicago, New York, Tanglewood und Aspen. 2021 wird er mit der Kunst der Fuge bei den Salzburger Festspielen auftreten. Beim BRSO debütierte Daniil Trifonov im Oktober 2017 unter Mariss Jansons mit der Burleske von Strauss, die auch auf CD erschienen ist. 20 21 Biographie Biographie Daniil Trifonov Daniil Trifonov
MARTIN ANGERER Martin Angerer wurde 1977 in Graz geboren und studierte ab 1992 an der dortigen Universität für Musik und darstellende Kunst in der Klasse des slo- wenischen Trompeters Stanko Arnold. Die Graduierung zum Magister Artium legte er mit Auszeichnung ab. Daran schloss sich ein mehrjähriges Aus- landsstudium in Schweden bei Bo Nilsson und Håkan Hardenberger an. Seine Ausbildung vervollkommnete Martin Angerer bei Hans Gansch am Salzbur- ger Mozarteum sowie in zahlreichen Meisterkursen, u. a. bei Maurice André, bei Pierre Thibaud, einem Gründungsmitglied des Ensembles intercontem- porain, sowie bei Adolph »Bud« Herseth, dem langjährigen, legendären Solo- Trompeter des Chicago Symphony Orchestra. Mehrfach war Martin Angerer Finalist und Preisträger verschiedener nationaler wie internationaler Wett- bewerbe. Seit 1996 ist er Mitglied des Ensemble Wiener Collage, das unter dem Pa- tronat der Wiener Philharmoniker steht und mit bekannten zeitgenössischen Komponisten zusammenarbeitet. Ferner spielt er in der Formation The Art of Trumpet Vienna. Martin Angerer war bei einer Reihe von renommierten Orchestern zu Gast, so etwa beim Orchester der Wiener Staatsoper, den Münchner Philharmonikern, dem Orchestra Filarmonica della Scala, dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Radio-Symphonieorchester Berlin, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin und dem New York Philharmonic Orchestra, in dem Martin Angerer im Concert for Unity unter der Leitung von Alan Gilbert mit Orchestermusikern aus aller Welt für Frieden und Menschenrechte spielte. Als Solist trat Martin Angerer bei den Salzburger und den Bregenzer Fest- spielen sowie bei Tourneen durch Europa, die USA und Japan auf. Im Jahr 2000 wurde Martin Angerer zum Ersten Trompeter des Grazer Sympho- nischen Orchesters und 2007 zum Solo-Trompeter der Staatskapelle Berlin unter ihrem Generalmusikdirektor Daniel Barenboim berufen. Darüber hinaus unterrichtete er als Mentor an der Orchesterakademie der Staatska- pelle. Seit 2011 ist Martin Angerer Solo-Trompeter im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, bei dem er zuletzt im Januar 2018 mit dem Trompetenkonzert von Hummel unter Mariss Jansons solistisch zu erleben war. Gemeinsam mit vier Orchesterkollegen widmet er sich darüber hinaus im Blechbläserquintett NoPhilBRass regelmäßig der Kammermusik. 22 23 Biographie Biographie Martin Angerer Martin Angerer
SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS BRSO QUARTERLY ALLE NEWS RUND SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Mit der Saison 2023/2024 wird das Symphonieorchester des Bayerischen UM DAS BRSO Rundfunks seinen neuen Chefdirigenten begrüßen können, der in der Zwi- schenzeit auch mehrfach am Pult stehen wird: Sir Simon Rattle. Er ist als DIREKT INS sechster Chefdirigent in der Reihe bedeutender Orchesterleiter nach Eugen Jochum, Rafael Kubelík, Sir Colin Davis, Lorin Maazel und Mariss Jansons eine E-MAIL-POSTFACH! Dirigentenpersönlichkeit von großer Offenheit für neue künstlerische Wege. Das BRSO entwickelte sich schon bald nach seiner Gründung 1949 zu einem international renommierten Klangkörper. Neben dem klassisch-romantischen Repertoire gehört im Rahmen der 1945 von Karl Amadeus Hartmann gegrün- JETZT ONLINE deten musica viva die Pflege der zeitgenössischen Musik zu den zentralen Aufgaben des Orchesters. Viele namhafte Gastdirigenten wie Leonard Bern- stein, Georg Solti, Carlo Maria Giulini und Wolfgang Sawallisch haben das ANMELDEN UNTER Orchester geprägt. Heute sind Herbert Blomstedt, Franz Welser-Möst, Daniel Harding, Yannick Nézet-Séguin und Andris Nelsons wichtige Partner. Tourneen BR-SO.DE/QUARTERLY führen das Orchester durch Europa, nach Asien sowie nach Nord- und Süd- amerika. Von 2004 bis 2019 hatte das BRSO eine Residenz beim Lucerne Easter Festival. Zahlreiche Auszeichnungen dokumentieren den festen Platz des BRSO unter den internationalen Spitzenorchestern. Anfang 2019 wurden die Gastkonzerte in Japan unter der Leitung von Zubin Mehta von japa- BRSO.DE nischen Musikkritikern auf Platz 1 der »10 Top-Konzerte 2018« gewählt. 2020 setzte die Jury des Preises der deutschen Schallplattenkritik die CD mit Schostakowitschs Zehnter unter Mariss Jansons auf die Bestenliste 1/2020. 25 Biographie BRSO
GUSTAVO GIMENO Geboren in Valencia, begann Gustavo Gimeno seine internationale Diri- gentenkarriere 2012 – zu dieser Zeit Solo-Schlagzeuger im Concertge- bouworkest Amsterdam – als Assistent von Mariss Jansons. Zuvor hatte er bereits wichtige Erfahrungen als Assistent von Bernard Haitink und von Claudio Abbado gesammelt, der ihn als Mentor intensiv förderte und in vielerlei Hinsicht prägte. Seit 2015 ist Gustavo Gimeno Musikdirektor des Orchestre Philharmonique du Luxembourg (OPL) und seit Beginn der Spiel- zeit 2020/2021 Chefdirigent des Toronto Symphony Orchestra (TSO), wo er für fünf Jahre verpflichtet wurde. Das OPL leitet Gustavo Gimeno außer in Luxemburg in vielen bedeutenden Konzerthäusern Europas. Dabei arbei- tet er mit so renommierten Solistinnen und Solisten wie Yuja Wang, Anja Harteros, Bryn Terfel oder Frank Peter Zimmermann zusammen. Mit Gast- konzerten in Deutschland, Spanien, Frankreich, Schweden und erstmals Südamerika knüpft er an erfolgreiche Tourneen der vergangenen Spielzeiten an. Im Frühjahr 2020 dirigierte Gustavo Gimeno die Uraufführung von Francisco Colls Violinkonzert mit Patricia Kopatchinskaja, eine Auftrags- komposition des OPL, des London Symphony Orchestra, der Seattle Sym- phony, der Bamberger Symphoniker und des Netherlands Radio Philhar- monic Orchestra. Einer der Höhepunkte der Saison 2020/2021 war der Beet- hoven-Klavierkonzerte-Zyklus mit Krystian Zimerman im Herbst. Auch beim Concertgebouworkest Amsterdam brachten die beiden alle fünf Beethoven- Konzerte zur Aufführung. 2017 begann Gustavo Gimeno seine Aufnahme- tätigkeit mit dem OPL beim Label Pentatone. Bereits erschienen sind die Symphonien Nr. 1 von Dmitrij Schostakowitsch und Anton Bruckner, Mau- rice Ravels komplette Ballettmusik zu Daphnis et Chloé, Gustav Mahlers Vierte Symphonie, Igor Strawinskys Le sacre du printemps, sein wieder- entdeckter Chant funèbre, die Ballettmusiken zu Jeu de cartes und Agon, Gioachino Rossinis Petite messe solennelle sowie jüngst César Francks Sym- phonie in d-Moll. Darüber hinaus ist Gustavo Gimeno ein weltweit gefragter Gastdirigent. Für die Saison 2020/2021 erhielt er Einladungen u. a. von den Bamberger Symphonikern, dem Israel Philharmonic Orchestra und dem Los Angeles Phiharmonic Orchestra. Sein Operndebüt gab Gustavo Gimeno 2015 mit Bellinis Norma in Valencia. Weitere wichtige Debüts führten ihn 2019 mit Verdis Rigoletto ans Opernhaus Zürich und im Januar 2020 mit Aida ans Gran Teatre del Liceu in Barcelona. Im Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg dirigierte er bislang Verdis Simon Boccanegra und Mac- beth sowie Mozarts Don Giovanni. Beim Symphonieorchester des Bayeri- schen Rundfunks ist Gustavo Gimeno in dieser Woche erstmals zu Gast. 26 27 Biographie Biographie Gustavo Gimeno Gustavo Gimeno
SYMPHONIEORCHESTER DES LASSEN SIE UNS BAYERISCHEN RUNDFUNKS FREUNDE WERDEN! SIR SIMON RATTLE Designierter Chefdirigent ULRICH HAUSCHILD Orchestermanager (Nikolaus Pont in Elternzeit) Bayerischer Rundfunk TEXTNACHWEIS Rüdiger Heinze: aus den Programmheften des BRSO vom 5./6. Oktober 2006; Egon Voss aus den Programmheften des BRSO vom 6. April 2017 (Prokofjew) und vom 15./16. April 2010 (Strawinsky); Biographien: Rundfunkplatz 1 Vera Baur (Trifonov), Archiv des Bayeri- 80335 München schen Rundfunks (Angerer, Gimeno, BRSO). Telefon: (089) 59 00 34 111 BILDNACHWEIS IMPRESSUM Detlef Gojowy: Dimitri Schostakowitsch mit Herausgegeben vom Bayerischen Rundfunk Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Programmbereich BR-KLASSIK Reinbek 1983 (Schostakowitsch S. 5); Publikationen Symphonieorchester Natalja Walerewna Lukjanowa: Dmitri und Chor des Bayerischen Rundfunks Dmitrijewitsch Schostakowitsch, Berlin 1982 (Schostakowitsch S. 6); Wikimedia REDAKTION Commons (Prokofjew; Demonstration; Dr. Renate Ulm (verantwortlich) Nikolaus II.; Der Parnass; Kalliope; Poly- Dr. Vera Baur hymnia; Terpsichore); Krzysztof Meyer: GRAPHISCHES GESAMTKONZEPT Dmitri Schostakowitsch. Sein Leben, sein Bureau Mirko Borsche Werk, seine Zeit, Bergisch Gladbach 1995 UMSETZUNG (Glasunow, Prokofjew und Winkler); Paul Antonia Schwarz, München Sacher Stiftung, Sammlung Igor Strawinsky (Strawinsky); Wolfgang Burde: Reclams Musikführer. Igor Strawinsky, Stuttgart 1995 (Sergej Lifar als Apollon); © Dario Acosta (Trifonov); © Hagen Schnauss (Angerer); © Astrid Ackermann (BRSO); © Marco Borggreve (Gimeno); Archiv des Bayerischen Freunde sind wichtig im Leben eines jeden von uns. Kontakt: Rundfunks. Diese Überlegung machten sich musikbegeisterte Freunde des Symphonieorchesters und engagierte Menschen zu eigen und gründeten des Bayerischen Rundfunks e. V. AUFFÜHRUNGSMATERIAL den gemeinnützigen Verein »Freunde des Sympho- Geschäftsstelle: Ingrid Demel, Sabine Hauser © Musikverlag Hans Sikorski, Hamburg (Schostakowitsch) nieorchesters des Bayerischen Rundfunks e. V.«. c/o Labor Becker und Kollegen © Boosey & Hawkes, London (Prokofjew; Seine heute 1.300 Mitglieder fördern die herausra- Führichstraße 70 Strawinsky) gende künstlerische Arbeit des Symphonieorchesters 81671 München und seiner Akademie nach Kräften. Der Verein trägt Telefon: 089 49 34 31 dazu bei, den Ruf dieses weltweit berühmten Orche- Fax: 089 450 91 75 60 sters weiterhin zu mehren. Mit der finanziellen Un- E-Mail: fso@freunde-brso.de terstützung der »Freunde« werden Instrumente finan- www.freunde-brso.de ziert, Kompositionsaufträge erteilt, Kammermusik- kurse abgehalten und jungen Talenten in der Akade- * Rechtsverbindliche Ansprüche bestehen jeweils nicht mie eine erstklassige Ausbildung an ihren Instrumen- ten ermöglicht. Den »Freunde«-Mitgliedern werden br so.de zahlreiche attraktive Vergünstigungen angeboten, von exklusiven Besuchen ausgewählter Proben über be- vorzugte Kartenbestellungen bis hin zu Reisen des Orchesters zu Sonderkonditionen.* Helfen Sie mit als Freund und lassen Sie sich in die Welt der klassischen Musik entführen!
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