HANS IM GLÜCK Gisela Sachs

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Gisela Sachs

  HANS IM GLÜCK
            (K)ein Ehemärchen

                  Roman

              LESEPROBE

                 © 2011
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              1.Auflage 2011

Alle Personen und Namen sind frei erfunden.
    Ähnlichkeiten mit lebenden Personen
     sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Prolog

  Es war einmal eine kleine Verkäuferin, der taten nach einem langen Arbeitstag die Füße weh. In
dem kleinen Dorf, aus dem sie kam, gab es keine Arbeit für sie, so musste sie jeden Morgen einen
weiten Weg über einen dunklen Acker zum Bahnhof bewältigen und mit dem Zug in die nächstge-
legene Stadt fahren. Die Zugfahrt dauerte lange, danach musste sie eigentlich mit dem Bus weiter
bis zu ihrem Arbeitsplatz fahren. Eine Busfahrkarte konnte sie sich mit ihrem kleinen Gehalt aber
nicht leisten, so ging sie jeden Tag etliche Kilometer zu Fuß. Morgens hin zu dem Bioladen, abends
zurück zum Bahnhof. Nach langer Zugfahrt war dann wieder der Heimmarsch über den dunklen
Acker angesagt. Sie hatte Angst vor der Dunkelheit und träumte sich einfach weg, träumte sich in
ein anderes Leben.

  Groß und schlank sollte er sein, blonde Haare und blaue Augen sollte er haben, lustig sollte er
sein, und viele schöne Kinder sollte er zeugen können. Ein Mann wie ‚Hans im Glück‘ schwebte ihr
auf Wolke Sieben entgegen. Zuhause angekommen zog sich das Mädchen die Schuhe aus, rieb ihre
schmerzenden Füße, wusch sich, ging zu Bett und träumte weiter von ihrem Traummann …

  Bald darauf sollte es sich ergeben, dass das Mädchen an einer neu eröffneten ‚Wienerwald‘-
Restaurantkette vorbeilief. Pommes mit Ketchup - ja, das liebte sie. Sie kratzte ihre letzten Münzen
zusammen, bestellte beim Straßenverkauf eine kleine Tüte davon und aß genüsslich. Roter Ketchup
tropfte auf ihr weißes T-Shirt, so ging sie in das Lokal, in der Absicht, sich zu reinigen. Ihr Weg zur
Toilette führte sie an einem Tisch vorbei, an dem zwei Männer saßen, aßen und tranken. Verschämt
schaute sie zu Boden. Als sie den Blick wieder aufrichtete, sah sie in zwei himmelblaue Augen,
versank in ihnen und augenblicklich war es um sie geschehen.
  ‚Hans im Glück‘ saß da.
  „Du hast dich aber schön bekleckert“, sagte ‚Hans im Glück‘ und nach diesem Satz war ihr
Schicksal besiegelt. Alsbald trafen sich die kleine Verkäuferin und der blonde Hans mit den him-
melblauen Augen fast täglich. Und weil mittlerweile ein anderes Zeitalter angebrochen war, machte
die kleine Verkäuferin ihrem ‚Hans im Glück‘ einen Heiratsantrag. Dieser war zwar überrascht,
stimmte aber sogleich zu.

  Hans und die verträumte Verkäuferin waren ein fröhliches Paar. Hans war genauso lieb und
lustig, wie sich das Mädchen ihren Traummann vorgestellt hatte. Er las seiner Frau jeden Wunsch
von den Augen ab, brachte das Kunststück fertig, Wünsche zu erfüllen, noch bevor sie
ausgesprochen wur-den. Jeden Morgen machte er das Frühstück und küsste seine Frau wach. Nach
einem Walzer durch die Küche ging er dann seines Weges. Er hatte noch viel vor und arbeitete
fleißig an seinen Wün-schen. „Man erreicht alles, wenn man es nur will“, sagte er - und er wollte.

  Nach getaner Arbeit ging ‚Hans im Glück‘ oft von seinem Wege ab, rannte wegen einer Blume in
das Feld hinein, an dem er vorbeilaufen musste. Meist stand weiter hinten im Feld eine noch schö-
nere Blume und Hans rannte dann weiter ins Feld hinein, um diese noch schönere Blume seiner
Liebsten mit nach Hause zu bringen. Oft kam es auch vor, dass die junge Ehefrau auf ihren Mann
warten musste, sie wusste genau, wo er zu finden war, und zog ihr Essen vom Herd. ‚Hans im
Glück‘ und seine Ehefrau schliefen dann im Kornfeld.

  ‚Hans im Glück‘ und seine Frau bekamen schon im ersten Ehejahr einen wunderschönen Sohn,
neun Jahre später eine kleine Prinzessin mit vielen goldenen Ringellocken. Das Leben war jetzt
genauso schön, wie es sich die kleine Verkäuferin erträumt hatte.

 Die Jahre zogen ins Land und wie so oft kommt vieles anders, als man denkt. ‚Hans im Glück‘
wollte plötzlich seinen Goldklumpen gegen eine Gans eintauschen …
1.

  Silberhochzeit. 25 Jahre verheiratet. Unfassbar. Mein Gatte schenkt mir nebst der obligatorischen
Perlenkette, die alle alten Ehefrauen zur Silberhochzeit bekommen, 25 dunkelrote Rosen, schwarz
schon fast, Duft verströmend, dornenlos, ein Entspannungsbad mit Rosenöl, sowie einen besonde-
ren Duft, geheimnisvoll in blutrotes Papier verpackt, mit weißer Schleife und Engelchen daran - von
Douglas.
  In einer romantischen Anwandlung hatte ich vor Wochen schon viele Beutel Teelichter - vorwie-
gend beruhigende Düfte wie Lavendel, Vanille und Zimt - gekauft und forme mit diesen ein Herz
auf unseren Plattenboden im Wohnzimmer – Fliesenserie ‚Landschaftsgrüße Provence‘. Passt. Sieht
toll aus. Streichhölzer lege ich daneben, Sekt steht kalt, der Tisch ist festlich gedeckt, vom CD-
Player ertönt Kuschelmusik, Räucherstäbchen brennen. Lavendelduft schwebt wie eine leichte
Wolke durch das Haus, erinnert an den letzten Urlaub, gaukelt dem geschlossenen Auge Lavendel-
felder vor - Träume in blau, von der Abendsonne der Provence beleuchtet …
  Mein Silberbräutigam, müde und gestresst, vom Geschäft verspätet heimgekehrt, bemerkt mein
Kunstwerk nicht, fragt nur, warum es hier so anders rieche, ob ich ein neues Menü ausprobiert
hätte, dieses vielleicht angebrannt sei. „Halb so wild“, tröstet er mich, „ich habe sowieso keinen
Hunger, mache erst mal etwas Augenpflege“. Das heißt bei ihm, dass er ins Bett geht. Schon vor
Vollendung des Satzes ist er auf der dritten Stufe nach oben, die ins Schlafzimmer führt. Mit
verständnisvollem Lächeln zünde ich die 25 Teelichter an, öffne die Sektflasche und warte
geduldig.
  In weiser Voraussicht habe ich die Lichter mit der längsten Brenndauer gewählt. Stundenlang er-
freue ich mich alleine an der Pracht. Die duftenden Kerzen hatten ihren Preis, es ist ein teures Ver-
gnügen, da alleine reinzuschauen. Sparsam und praktisch denkend, blase ich das Festival der Düfte
schließlich aus, bewahre das Kunstwerk für unsere Tochter auf - mein Mann wünschte sich zum
zehnten Hochzeitstag eine Tochter, das ist jetzt praktisch. Den Sekt Rosé trinke ich, immer noch
ungeküsst, bis zum letzten Tropfen aus. Mein Silberbräutigam schlief durch bis zum nächsten Mor-
gen.

  „Was hat dir denn dein Mann zum Jubiläum geschenkt?“, fragen Freunde und Verwandte später
nach. Ich: „Eine echte Perlenkette, 25 dunkelrote Rosen, ein Entspannungsbad und ein Parfüm.“ Ich
verschweige, dass ich diese Geschenke von einem Ehemann mit weidwundem Dackelblick und
einem Tag Verspätung überreicht bekam. Freunde, Bekannte und Verwandte sind sich einig: „Du
hast einen so lieben Ehemann, da hast du echt Glück gehabt.“ Den Spruch kenne ich schon und be-
jahe das, strahle, wie von mir erwartet, ganz beglückt, aber erstens mag ich keine Perlen und zwei-
tens waren die ollen Dinger so teuer wie eine neue Couchgarnitur. Diese hätten wir nötig gehabt.
  Über das Entspannungsbad mit Rosenöl freue ich mich sehr. Bei jedem Bad hüllt der Duft mein
Herz ein und mir wird feierlich zumute. Regelmäßig fällt mir dann mein Trauspruch ein. „Ertraget
einander in Liebe und Geduld“, sagte der Pfarrer vor 25 Jahren. Ich kam erst viele Jahre später da-
rauf, was er damit gemeint hatte. Ein Entspannungsbad lässt Geduld üben und geduldiger ertragen.
Ich übe oft Geduld, sie will mir nicht so recht gelingen und die Flasche mit dem kostbaren Duft
geht zur Neige, bevor ich eine Verbesserung meines Geduldzustands feststellen kann. Geisterhände
stellten eine neue Flasche mit der ‚Rose Absolute’ an den Badewannenrand.

  Ich will mich an der Vorfreude meines Silberhochzeitstaggeschenks weiden, zögere den Augen-
blick der Überraschung hinaus, so lange es geht, und erfreue mich vorerst an der Umhüllung des
schlanken Flakons, der seinen Platz auf der Badewannenablage gefunden hat. Der Engel auf der
Verpackung scheint sich mit mir zu freuen, mir zuzulächeln, wenn ich den Rosenduft des Entspan-
nungsbades laut und sinnlich durch meine Nase ziehe, sich ein wohliger Schleier über meinen Kör-
per verbreitet, sich meine Gesichtszüge glätten, ich seufze, genieße und eine Rose bin.
  Wir sind Besitzer eines unbezahlten Reihenhauses und unser Ziel ist es, Besitzer eines bezahlten
Reihenhauses zu werden. Als ich rein zufällig bei Douglas vorbeilaufe, sehe ich meinen Badezusatz
mit Preisauszeichnung im Schaufenster liegen. Ich lese, was dieser Extrakt aus Rosen kostet, und
erschrecke, verlängere die Abstände meiner Bäder, damit unser Haushaltsbudget nicht allzu belastet
wird und die Geisterhände ruhen können.

  Schritt für Schritt werde ich heute mein Parfüm auspacken.
  Gleich nach dem Frühstück werde ich den Engel von dem roten Papier befreien, er darf dann auf
meinem Nachttisch ruhen. Nach dem Mittagessen werde ich die weiße Schleife abwickeln, sie bü-
geln und für weitere Verwendungszwecke aufbewahren.
  Nach dem Abendbrot entferne ich dann das rote Papier, nehme den Flakon aus der Packung,
schaue, was mein Mann mir zugedacht hat. Ich werde daran riechen, aber erst am Sonntag, drei Ta-
ge der Vorfreude werde ich mir nochmals schenken. Der Engel scheint mich fragend anzusehen, als
ich in mein Bett steige.
  „Du verstehst das nicht“, sage ich zu ihm, „darfst aber dabei sein, wenn der Moment des Genusses
seine Blüten zeigt. Versprochen!“
  Ein Feuerwerk der Wohlgerüche ist es dann - ich rieche die Fauna Indiens, König Somesvara der
Dritte steht leibhaftig hinter mir. Jasmin, Koriander, Kiefer, Safran und Gewürznelken umhüllen
meine Sinne, ich bin in Ghazipur, unweit der heiligsten Stadt der Hindus. Die Welt wird zum Blü-
tenmeer, ich, die Schönste aller Blumen, fange an zu tanzen, vergesse Zeit und Raum.

  Der Beste aller Ehemänner joggt regelmäßig in den Abendstunden, lässt mir vorher fürsorglich
Badewasser ein, zündet Kerzen an und sorgt dafür, dass es mir nicht an exklusiven Duftwässerchen
mangelt. Nie sind die geheimnisvollen Düfte original verpackt, immer in exklusive Flakons abge-
füllt. Wahnsinn. Mit ein paar Überstunden wären diese Mehrausgaben abgedeckt, meint mein lieber
Mann.

  Mit der Perlenkette um den Hals mache ich mich mit einem duftenden Gruß aus der Küche auf
den Weg zum Büro meines Mannes. Er wird Augen machen, ich habe heute nicht gebadet und
getanzt, sondern gekocht, mir dabei vorgestellt, wie es sein wird, wenn ich ihn mit Schweinshaxen,
Kartof-felklößen und Soße überraschen werde. Die Haxen lasse ich besonders lange schmoren,
mein Mann mag es knusprig.
  Ich wende die Haxen immer wieder, reibe sie sorgfältig mit Bier ein, bis alles wirklich ganz kross
aussieht und die Schwarte goldgelb glänzt. Für die Soße lasse ich Gemüse in einer Pfanne
schmoren. Dazu nehme ich das Fett, das von den Haxen auf das Backblech darunter getropft ist. Die
Zwiebeln habe ich aus meinem eigenen Garten, ebenso die Karotten.
  Schon vor dem Einzug in unser Haus habe ich einen Kräuter- und Gemüsegarten angelegt. Bei
mir kommt kein Kunst und Wunder, nichts mit Farbstoffen oder Geschmacksverstärkern ins Essen.
Mein Mann schätzt diese naturnahe Küche sehr. Die Rezepte habe ich fast alle von seiner Großmut-
ter übernommen. Er verwöhnt mich, so werde ich ihn auch verwöhnen.

  Unsere Kanzlei ist heute von 12 – 15 Uhr geschlossen, lese ich, als ich vor dem Büro meines
Mannes ankomme. Irritiert fällt mir die Tüte mit dem Essen aus der Hand. Den Überraschungs-
schmaus werfe ich in den städtischen Abfalleimer, habe mich spontan entschlossen, eine Shopping-
tour zu machen. Gemächlich schlendere ich durch die Stadt. Bleibe mal hier stehen, bleibe mal dort
stehen. Es gibt viele Sonderangebote, die locken. Ich lande in einer Edelboutique. Ein weißer
Kaschmirpullover hat mich in den Laden eintreten lassen. Hier ist alles vom Feinsten, aber leider
nicht in meiner Preislage. Schulterzuckend verlasse ich die edle Stätte. Die Verkäuferin schaut mir
hinterher. Meinen Abschiedsgruß erwidert sie nicht. Ich werde es bei C&A versuchen, denke ich
und laufe die Fußgängerzone entlang.
  Unweigerlich führt mein Weg bei Douglas - meiner Stammparfümerie - vorbei. Als ich das
Schau-fenster betrachte und meinen Badezusatz erblicke, kann ich mein heute ausgefallenes Bad
förmlich riechen. Allein schon die Verpackung reizt meine Sinne, ich will es haben, mein Bad, das
mich in Träume versetzen kann, mir höfisches Leben vorgaukelt, mir schöne Diener den Rücken
salben lässt. Somesvara ich komme, murmele ich vor mich hin und mache mich auf den Heimweg.

  „Hallo, du bist es nicht wirklich?“, werde ich von hinten angesprochen.
  „Karin? Du? Wir haben uns ja Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Bist du nicht vor ein paar Jahren
nach Stuttgart gezogen?“
  „Stimmt“, strahlt sie mich an.
  „Was machst du hier in unserer alten Neckarstadt? Hat dich das Heimweh hierher geführt?“
  „Nicht wirklich. Ich mache Ehe-Urlaub bei meiner Schwester.“
  „Ehe-Urlaub?“
  „Hast du Zeit für eine Tasse Kaffee?“
  „Eigentlich wollte ich nach Hause, aber passt schon. Versäumen tue ich nicht wirklich etwas. Ich
schlage vor, dass wir ins Insel Hotel gehen. Die haben dort einen wunderschönen mediterranen Gar-
ten mit Springbrunnen und als Leihgabe der Stadt steht eine Schwimmerin aus Stein auf den Granit-
fliesen. So etwas gefällt dir doch? Ich habe dich jedenfalls so in Erinnerung, dass du südländisches
Flair magst.“
  „Das weißt du noch? Ist ja stark. Dein Langzeitgedächtnis habe ich schon immer bewundert.“
  Wir laufen Arm in Arm durch die überfüllte Stadt, schnattern dabei wie die Enten, die sich am
Ne-ckarufer streiten. Es sieht aus, als würden die Tiere mit Pommes gefüttert. Der kleine Steppke,
den ein etwa 15 jährigen Mädchen unwillig an der Hand hinter sich her zerrt, greift immer wieder in
eine Tüte. Ein Schnabel Pommes für die Enten, ein Schnabel Pommes für ihn. Wir lachen, als wir
das sehen.
   „Ich könnte einen Roman darüber schreiben, was bei uns so alles los ist“, erzählt Karin.
   „Ohne dass ich mein Haus verlassen muss, kann ich Stoff für 500 Romanseiten zusammen be-
kommen.“
   „So schlimm?“
   „Noch schlimmer.“
   „Darüber reden wir später ausführlicher.“
   „Nehmen wir den Platz neben dem Brunnen?“
   „Gerne. Ich liebe das Plätschern solcher Wasserspiele. Zu Hause habe ich auch einen Brunnen.
Direkt neben meinem Kräutergarten. Wenn ich in meinem Garten arbeite, den Brunnen plätschern
höre, vielleicht ein wenig Vogelgezwitscher dazwischen, dann ist meine kleine Welt in Ordnung.
Da kann ich so richtig abschalten.“
  „Du hast einen Kräutergarten? Klingt gut. Wahrscheinlich kochst du immer noch mit der gleichen
Leidenschaft wie früher bei unserem Hauswirtschaftsunterricht. Das war so etwas. Kannst du dich
noch an das verschrobene Fräulein Huber erinnern? Die hatte immer Strickstrümpfe an, trug Bir-
kenstocksandalen dazu und immer den gleichen dunkelblauen Plisee-Rock.“
  „Klar doch, die Huber hatte Seltenheitswert, an die werden sich unsere ehemaligen Mitstreiter
auch noch erinnern können. Das Schlimmste war, dass wir auch essen mussten, was wir gekocht
hatten.“
   „Ein schöner Zufall, dass wir uns heute getroffen haben. Jetzt leg mal los und erzähle, was es mit
deinem Ehe-Urlaub auf sich hat.“
   „Das ist eine lange Geschichte. Hast du Zeit?“
   „Ich werde sie mir nehmen.“
   „Es war so, dass mein Mann mit unserer Nachbarin ein Techtelmechtel hatte. Ich habe es lange
nicht gemerkt. Nie hätte ich von meinem Klaus gedacht, dass er fremdgehen würde. Wenn unsere
Nachbarin in ihrem Garten arbeitete, mähte er unseren Rasen. Nachbarliche Kontakte sind nett, soll-
te man pflegen, habe ich gedacht und unsere Nachbarin zum Kaffee eingeladen. Sie ist Witwe und
kinderlos. Besuch bekommt sie seit dem Tod ihres Mannes nur selten.
   Normalerweise ergreift mein Mann bei Kaffeekränzchen die Flucht. Kam aber unsere Nachbarin,
saß er immer dabei und rührte sich nicht vom Fleck. Man müsse dem Mädchen Hilfe anbieten, hat
er gemeint. So zart wie sie ist, wäre sie mit ihrem großen Garten überfordert. Sie sei auch noch so
jung - mindestens 15 Jahre jünger als ihr verstorbener Mann. Der war 50 Jahre alt, als er starb. Das
hatten wir in der Todesanzeige gelesen. Sie habe niemanden, der ihr zur Hand gehen kann, wenn
zum Beispiel ein Wasserhahn tropfen würde. Frauen können so etwas doch nicht.
  ‚Ich würde ihr den Hahn reparieren’, meinte mein Mann. Irgendwann einmal hat dann der
Wasser-hahn getropft.
  Mein Mann fing an, sich jugendlicher zu kleiden. Er wurde über Nacht zum Karatefan. Dreimal in
der Woche hatte er Übungsstunden. Dreimal in der Woche geht unsere Nachbarin schwimmen. Ihr
Schwimmverein trainiert zur etwa gleichen Zeit wie mein Mann Karate, habe ich gedacht, als sie
immer kurz nach ihm ihr Haus verließ. Ihre Kurse hatten ungefähr auch zur selben Zeit Schluss. Sie
kamen kurz nacheinander wieder. Mein Mann mähte ständig unseren Rasen, obwohl dieser streich-
holzkurz war. Immer dann, wenn die Nachbarin in ihrem Garten war, wurde unser Rasen gemäht.
Ich habe ihn damit aufgezogen, dass er jetzt alt und komisch werde, daraufhin reagierte er sehr er-
zürnt.“
  „Oh, da hast du aber einiges erlebt. So etwas würde mein Mann nie tun.“
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