Harburg Vision 2020/50 - HARBURG AN DER ELBE - Der Wirtschaftsverein
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Harburg Vision 2020/50 Perspektiven für den Hamburger Süden HARBU HARBURG AN DER ELBE EEHAFENSTADTHARBURGER SEEHA ST. HEIMFELD ARBURGER WERKSTÄTTEN MADE IN HARBURG MADE IN TEHNOPOLISURBAN IMPROVEMENT D PHOENIXSTADT MAR MARKTHALLE AM SAND WISSEN SCH URG L WASSERVIERTEL CAMPUSQUARTIER PARKSTADT AUSSEN- LEHARBURG GMBH ENSEEHAFENSTADT INDUSTRIE U DENKEN HEIMFELD HAMLETS HAFFT STADT TECHNOPOLIS RBURG TECHGATES Harburg 2020/50 1
Hamburgs Zukunft liegt im Süden* Aber wie sieht sie aus? Und wie lässt sie sich gestalten? 2 Harburg 2020/50
Inhalt Einführung 4 Die Vision 12 Vier Strategien 22 A Industrie neu denken 24 B Stadt und Universität vernetzen 40 C Einmalige Wohnlagen schaffen 48 D Der Stadt mehr Gesicht geben 58 Und nun? 68 Anhang 74 Impressum 80 Als Ergebnis eines internen Leitbildprozesses legt der Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden e.V. ein Impulspapier für die zukünftige Entwicklung Harburgs vor: die Harburg Vision 2020/50. Ausgangspunkt des Papiers war die Frage nach der wirtschaftlichen Pers- pektive Harburgs, die untrennbar mit der kulturellen, sozialen und ökologi- schen Perspektive des Standorts verbunden ist. Das Papier entwirft eine ganzheitliche Vision für den Stadtbezirk Harburg und sein näheres Umland. Es stellt mögliche Strategien und Zukunftsprojekte vor, die helfen sollen, Harburgs mitunter verborgene Schätze zu heben. Das Ziel dieses Papiers ist ein dauerhafter Dialog über Harburgs Zukunft. Die hier gezeigten Ideen und Lösungen sollen zur fruchtbaren Diskussion anregen, sollen Bürger und Akteure inspirieren, die Zukunft Harburgs selbst in die Hände zu nehmen. Dies ist nur der Aufschlag. Das Spiel kann nur gemeinsam bestritten werden. Harburg 2020/50 3
01 EINFÜHRUNG „Wir brauchen eine offensivere Perspektive“ „Erst wenn wir uns hier im Süden klar sind, wo die Reise hingehen soll, können wir auch in der Metropolregion unseren Beitrag leisten.“ „Mit Masterplänen kommen wir hier nicht weiter.“ 44 Harburg2020/50 Harburg 2020/50
„Ein Wirtschaftsstandort ist nur dann gut, wenn alle Aspekte der Stadtentwicklung positiv sind.“ „Es geht nicht darum, alle Vorschläge eins zu eins umzusetzen. Aber man muss vielleicht heute beginnen, in diese Richtungen zu denken.“ „Harburg hat das Zeug zum Champion.“ Harburg 2020/50 55
„Wir brauchen eine 01 EINFÜHRUNG offensivere Perspektive“ 200 Unternehmen und Institutionen aus ganz Hamburg mit über 40.000 Beschäftigten ha- ben sich in dem seit 1947 bestehenden Wirt- schaftsverein e.V. für den Hamburger Süden zusammengeschlossen. Das Ziel: Industrie, Handel und Gewerbe südlich der Elbe zu för- dern. Mit dem Impulspapier Harburg 2020/50 bezieht der Wirtschaftsverein Position weit über wirtschaftliche Fragen hinaus und möch- te einen Dialog über die zukünftige Entwick- lung des Hamburger Südens anstoßen. Thomas Krüger, Professor für Projektmanage- ment an der HafenCity Universität befragte die beiden Initiatoren des Impulspapiers aus dem Vorstand des Wirtschaftsvereins, Heinz Lüers, Vorstandssprecher der Sparkasse Harburg- Foto: Peter Noßek Buxtehude (rechts), und Udo Stein, Harburger Investor und Projektentwickler (links), zu Moti- ven und Zielen des Papiers. Die Initiatoren im Gespräch über die Ziele des Impulspapiers Harburg 2020/50 Thomas Krüger: Wie entstand die Idee, eins umzusetzen. Aber man muss heute be- denen in Hamburg einige ganz erfolgreich ein Impulspapier für den Hamburger Sü- ginnen, in diese Richtungen zu denken. laufen – einer auch in Harburg. Wir machen den zu verfassen? im Prinzip nichts anderes, nur deutlich wei- Heinz Lüers: Anlass, eine grundsätzliche Das Papier ist ja breit angelegt, reicht ter gefasst: Wir stoßen einen Prozess an, bei Position unserer Mitglieder zu Harburgs über rein wirtschaftliche Fragen hinaus. dem die Harburger Stadtgesellschaft ihre Zukunft zu formulieren war das 60-jährige Wie verträgt sich das mit dem Selbstver- Zukunft selbst in die Hand nimmt. Jubiläum des Wirtschaftsvereins 2007. Tie- ständnis des Wirtschaftsvereins? feren Bedarf gab es aber darüber hinaus. Udo Stein: Wenn man den Anspruch hat, Kann man Harburg überhaupt losgelöst Unsere Mitglieder fordern, dass ihr Stand- eine Perspektive für den Hamburger Süden von Hamburg betrachten? ort noch stärker als bisher in den Fokus als Ganzes zu geben, kann man sich nicht Heinz Lüers: Natürlich nicht, aber es ist ja der Stadtpolitik kommt. Wir brauchen eine allein auf wirtschaftliche Fragestellungen auch nicht das Ziel des Papiers, losgelöst offensivere Perspektive. Der Wirtschafts- konzentrieren. Ein Wirtschaftsstandort ist von Hamburg die Zukunft zu gestalten. Es verein, der sich als ein wichtiger Motor des nur gut, wenn alle Aspekte der Stadtent- ist aber wohl unstrittig: Erst wenn wir uns Hamburger Südens versteht, sieht es als wicklung positiv sind. Deshalb haben wir mit hier im Süden klar sind, wo die Reise hinge- seine Pflicht, mit dafür zu sorgen, dass es der HafenCity Universität und der Unterneh- hen soll, können wir auch in der Metropolre- eine solche Perspektive für diesen wichti- mensberatung Putz und Partner auch Pro- gion unseren Beitrag leisten. gen Teil Hamburgs gibt. jektpartner ins Boot geholt, die einen ganz- heitlichen Blick auf den Standort haben. Wenn Sie die Ergebnisse des Papiers auf Warum haben Sie Ihr Papier mit dem den Punkt bringen sollten: Wie würde eine Begriff „Impulspapier“ überschrieben? Gibt es vergleichbare Initiativen? Überschrift lauten? Udo Stein: Der Wirtschaftsverein möchte Heinz Lüers: An immer mehr Orten gibt es Heinz Lüers: Ganz klar – Harburg nimmt damit die Rolle des Papiers klarstellen. Es wirtschaftliche Akteure, die eigene Anstöße seine Zukunft als Teil der Metropolregion in ist kein zweites Stadtentwicklungskonzept für die Zukunft ihrer Standorte geben. Zum die eigene Hand. Man kann sicher viele Ein- oder etwa ein Masterplan im klassischen Beispiel in der Metropolregion Rhein-Ne- zelerkenntnisse und Vorschläge des Papiers Sinne. Mit Masterplänen kommen wir hier ckar. Dort waren die ansässigen Großunter- nach vorne stellen. Aber das eigentliche Er- nicht weiter. Der Wirtschaftsverein will mit nehmen ganz maßgeblich am Entstehen be- gebnis ist doch, dass wir sagen: Ohne das seinen Vorschlägen den Anstoß für einen teiligt. Oder in Köln, wo Ende 2008 ein aus Nachdenken über die Zukunft geht es nicht. breiten Zukunftsdialog im Hamburger Sü- der Wirtschaft angestoßener Masterplan für Den Ausgangspunkt dafür haben wir hiermit den geben. Viele der Maßnahmen und Ideen, die Innenstadt vorgestellt wurde. Harburg geschaffen. die wir vorschlagen, sind weit über den Tag ist hier wirklich ganz vorne dabei. Udo Stein: Und sicher wird so mancher bei und den üblichen Planungshorizont hinaus Udo Stein: Die Einbindung privater Initiativen der Lektüre des Papiers überrascht sein, gedacht. Und Impulspapier bedeutet auch: ist heute ohnehin unerlässlich. Denken Sie wie viele Möglichkeiten in Harburg stecken. Es geht nicht darum, alle Vorschläge eins zu an die Business Improvement Districts, von Harburg hat das Zeug zum Champion! 6 Harburg 2020/50
Impulse statt Masterpläne Was Harburg 2020/50 leisten soll – und was nicht „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“ Helmut Schmidt, deutscher Bundeskanzler von 1974 bis 1982 „Der einzig wahre Realist ist der Visionär“ Federico Fellini, italienischer Filmregisseur Die beiden Zitate zeigen das Spannungsfeld, in dem sich jedes in die fernere Zukunft gerichtete räumliche Konzept heute befindet. Visionen, also anschauliche Vorstellungen des Zukünftigen, scheinen heute mehr denn je ihre Berechtigung verloren zu haben. Zu komplex und zu unvorhersehbar sind die Einflüsse auf die Entwicklung des Raums. Allerdings funktioniert vorausschauende Raumentwicklung wohl kaum ohne leitendes Bild, ohne eine positive Vorstellung von dem, was für die Handelnden und Bürger wünschenswert sein könnte. Damit ein solches Bild überhaupt entsteht, bedarf es der Impulse, die ein gemeinsames Nachdenken überhaupt erst anregen. So ist auch dieses Papier zu verstehen: es zeichnet eine Vision, die einen Prozess anregen soll. Harburg soll sich seiner Ziele gewisser als bisher werden – und sie aus sich heraus zu erreichen versuchen. Gerade in Zeiten der Unübersichtlichkeit sind neue Visionen gefragt, damit sich neue Wege in die Zukunft finden lassen. Städte und Regionen – Räume im grö- Ziel dieses Papiers. Harburg 2020/50 sen all seine Stärken ausspielen kann. ßeren Maßstab – sind komplexe Syste- möchte weiter gehen, eine konkrete Per- Die Lösungsvorschläge sind an vielen me aus Menschen, Strukturen, Gütern, spektive geben, strukturell, politisch und Stellen bewusst sehr konkret gefasst, Wertvorstellungen, ähnlich schwer in räumlich. um eben nicht in die Beliebigkeitsfalle ihrer Funktionsweise zu entschlüsseln der allzu allgemeinen Leitbild-Formulie- wie das Klima oder das globale Finanz- Zwischen klassischem Plan und offe- rung zu tappen. Mancher Vorschlag wird system. So auch die Region Harburg, nem Leitbild gibt es einen dritten Weg, kontrovers zu diskutieren sein, wird die der südliche Teil der Metropolregion, der Zukunft zu gestalten: das Setzen von Emotionen hochkochen, manch anderer Gegenstand dieses Impulspapiers ist. Impulsen, wie es zum Beispiel for- wird Begeisterung wecken. In jedem Fall Die Anzahl der Einflussfaktoren ist auch schende Institutionen und intermediäre werden die Vorschläge ebenso viele Fra- in diesem Ausschnitt des Raums derart Organisationen praktizieren – und im gen aufwerfen, wie Antworten geben: hoch, dass sich seine Entwicklung durch Stadtentwicklungskontext immer häufi- zum Beispiel Fragen nach der Finanzier- planvolles Handeln von einer Stelle aus ger auch wirtschaftliche Akteure. Auch barkeit, der politischen und technischen kaum noch steuern lässt. der Wirtschaftsverein hat sich für diesen Umsetzung – und vor allem die Frage, Weg entschieden, will mit diesem Papier wie die Vorschläge dieses Papiers den „Stadt entsteht“ könnte man sagen. Ver- einen Impuls für einen dauerhaften Zu- Willen der Allgemeinheit widerspiegeln. waltung und Politik legen in diesem Spiel kunftsdialog setzen. Dabei gilt: Impulse die konzeptionellen und rechtlichen Leit- müssen Kraft haben, müssen visio- Genau das ist der Sinn der Vision: Sie planken, die Andere ausfüllen müssen - när sein. Die seit Helmut Schmidt zum soll zum Weiterdenken anregen, soll die Unternehmen und Bürger. Folgerichtig Sprichwort gewordene Skepsis gegen- Akteure und Bürger der südlichen Met- haben sich moderne Stadtentwicklungs- über dem Visionären kann für dieses Pa- ropolregion zu einem gemeinsamen Di- konzepte längst vom Ideal der völligen pier deshalb nicht gelten. Vorausgesetzt, alog versammeln. Das Impulspapier soll Planbarkeit größerer Raumzusammen- die Vision bleibt nicht pure Spekulation, der Grundstein für eine dauerhafte Dis- hänge verabschiedet. Heute sind es sondern steht auf gutem Grund. Das war kussion um die Richtung von Harburgs Governance-Strategien, Leitbilder und die Aufgabe dieses Papiers: fundiert die Zukunftsentwicklung sein. Prozessdesigns, die in die Zukunft wei- Lage zu analysieren und visionär nach sen. Diese Instrumente sind viel ergeb- Lösungen zu suchen, die über die schon Harburg 2020/50 versteht sich nicht als nisoffener angelegt, als die klassischen vorhandenen Planungen und Initiativen Konkurrenz zur amtlichen Planung, son- Masterpläne. Mitunter sind sie zu offen für Harburg hinausgehen. dern als Ergänzung – wie ein Labor, das – wenn sie sich auf Allgemeinplätze oder schon heute die Produkte für übermor- Wunschlisten reduzieren. „Dynamisch“, Harburg 2020/50 beschreibt eine Vi- gen vorausdenkt. Ausschuss gibt es in „Grün“, „Nachhaltig“: das sind die For- sion für den Hamburger Süden, in der solchen Prozessen immer. Selbst wenn meln, die sich in den Leitbildern und Vi- Harburg nicht länger das Stiefkind unter nur ein Teil der hier beschriebenen Maß- sionen fast aller Stadtregionen wieder- Hamburgs Bezirken ist, in der er ge- nahmen den Weg in die Realität findet, ist finden. Dies zu reproduzieren, ist nicht meinsam mit den umgebenden Landkrei- doch viel für den Standort gewonnen. Harburg 2020/50 7
Was ist mit 01 EINFÜHRUNG Harburg gemeint? Feste Grenzen gibt es nicht Kernstadt, Bezirk und Landkreis: Harburg ist Vieles – und muss ebenso betrachtet werden Harburg 2020/50 hat als räumliche Bezeichnung für seinen Die Harburg-Vision versteht Harburg als ein sozioökonomisches, Bezugsraum bewusst den Namen des Hamburger Stadtbezirks räumliches System, das seine höchste Konzentration, seine funk- Harburg gewählt. Denn auch das ist ein Ziel dieses Papiers: tionale und symbolische Mitte im Hamburger Stadtteil Harburg Harburg – den urbanen Kern des Hamburger Südens – als hat. Hier befand sich einst der historische Namensgeber – das räumliche Marke zu stärken und zu klären, wofür Harburg alte Kastell der „Horeburg“. Hier finden sich die heute relevanten eigentlich steht. Denn wer Harburg sagt, meint nicht immer administrativen, infrastrukturellen, kulturellen und ökonomischen dasselbe (siehe gegenüberliegende Seite). Wo fängt man an, Einrichtungen, die ihre Funktion in der Regel weit über die Gren- nach Chancen zu suchen, wo hört man auf? zen des Stadtbezirks hinaus entfalten. Aber Harburg steht auch für einen viel weiterreichenden Raumausschnitt, umfasst in die- Standortpolitik ist wie jede politische Aktivität territorial gebun- sem Visionspapier auch die angrenzenden Städte und Gemeinden, den. Für Verwaltungen gibt es in der Regel klare administrative die soziokulturell und ökonomisch weitgehend ein System mit der Grenzen, in denen gedacht und gehandelt wird: die Gemeinde, den Kernstadt bilden. Stadtteil, den Bezirk, den Landkreis, das Bundesland, die staatliche Ebene – bis zur Ebene der überstaatlichen Zusammenarbeit. Fol- Für die Analyse der Probleme und Chancen sowie die Reichwei- gerichtig gehorchen auch die meisten Daten, die für eine Unter- te der Perspektiven Harburgs bedeutet das: Bis wohin Harburg suchung wie diese nötig sind, der territorialen Logik: statistische reicht, ist den einzelnen Fragestellungen dieses Papiers geschul- Angaben zur Wirtschaft, Pendlerbeziehungen, Arbeitsmarktdaten det. Ökonomische Fragen werden nach ihrer Relevanz für den – um nur einige der hier verarbeiteten Grundlagen zu nennen. Steuer- und Arbeitsmarkt Harburg bewertet – also ausgehend von Unternehmen, die in Harburg verwurzelt sind. Dennoch wird auch In Wahrheit reichen Ursachen und Wirkungen von räumlichen Phä- nach den überregionalen Vernetzungen dieser Akteure gefragt. nomenen aber weit über diese politisch-administrativen Grenzen Bei der Wohnstandortanalyse werden speziell die Konkurrenzen hinaus. Selbstverständlich kann der statistisch gut dokumentierte und Synergien mit den südlichen Wohnvororten untersucht. Und Stadtbezirk Harburg nicht ohne sein Umland betrachtet werden, die Suche nach einem attraktiveren Stadtbild wird nicht ohne den mit dem er infrastrukturell, ökonomisch wie sozial eng verbunden Blick zur Hamburger City, nach Lüneburg und nach Stade Erfolg ist. Und ohne Frage müssen die Phänomene in Harburg in Bezug haben – Zentren unterschiedlicher Größe, aber starker Attraktivi- zu Hamburg gesetzt werden, dessen industrielles Rückgrat der tät, mit denen sich Harburg messen muss. Bezirk lange war und auch noch ist. Harburg ist überall, ist Vieles. Wenn sich Harburg so versteht und Wo aber zieht man die Grenze, wenn man eine Perspektive für sich damit aus der eindimensionalen Zuschreibung löst, „nur“ ein Harburg aufbauen will? In Zeiten der globalisierenden Wirtschaft Hamburger Stadtbezirk zu sein, dann ist der erste Schritt auf dem liegen die meisten Stellschrauben für Standortentscheidungen Weg zur Vision gemacht. von Harburger Unternehmen doch ohnehin weit außerhalb jeder Grenzziehung, die man in einem Visionspapier wie diesem be- rücksichtigen könnte. Streng genommen, macht es also keinen Sinn, den Untersuchungsgegenstand Harburg fest zu begrenzen. „Harburg ist überall“ könnte man sagen. 8 Harburg 2020/50
Von Grenzen zu Verläufen Über die unterschiedlichen Abgrenzungsmöglichkeiten des „Falls Harburg“ Abgrenzung 1 Abgrenzung 2 Die Kernstadt Harburg Harburg als Stadtbezirk Relevant für die Identitätsbildung Relevant als politisch-administrative Einheit Eigentlicher Namensgeber für den Stadtbezirk ist der Stadtteil Har- Die Grenze des Stadtbezirks ist die vielleicht gebräuchlichste Abgren- burg, der das Harburger Stadtzentrum und den Bereich des Bin- zung für den Begriff Harburg. Die meisten der detaillierteren Analysen nenhafens mit der Schlossinsel umfasst – die historische Keimzelle wurden auf dieser Ebene durchgeführt – mit den typischen Nachteilen Harburgs. Hier ballen sich einige der größten Probleme des Stadt- jeder Abgrenzung. Zum Beispiel wurde Wilhelmsburg mit seinen zahl- teils, hier finden sich aber auch seine größten Potenziale, speziell im reichen Arbeitsstätten und über 50.000 Einwohnern 2008 aus dem Bereich des Harburger Binnenhafens und des prosperierenden High- Bezirk ausgegliedert, bleibt aber funktional eng mit ihm verflochten. Tech Standorts „channel hamburg“. In diesem „Identitätskern“ des Aktuelle Daten, die sich auf den Bezirk beziehen, können dies aber Stadtbezirks konzentriert sich ein großer Teil der in diesem Papier nicht mehr wiedergeben – ebenso wenig wie die Verflechtungen mit vorgeschlagenen Maßnahmen – speziell auf den Ebenen der Stadt- dem unmittelbar hinter der Bezirksgrenze liegenden Airbus-Werk gestalt und der Verbesserung der Zentralität Harburgs. Hier sind die oder die nahtlosen Übergänge zwischen den Stadtteilen des Bezirks möglicherweise größten Herausforderungen zu stemmen, soll Har- und den eigenständigen Wohnvororten im Südosten Harburgs. Eine burg eine wirklich neue Perspektive erhalten. Dies gilt auch für die Perspektive für Harburg muss sich demnach von den Bezirksgrenzen um den engeren Stadtkern gelegene weitere Kernstadt mit den dichter lösen. Sie muss nach den tatsächlichen Bezügen und Verflechtungen besiedelten urbanen Vorstädten, die einen gemeinsamen, dicht bebau- fragen und eine grenzüberschreitende Vision anbieten. ten Stadtkörper bilden. HAMBURGER CITY HAMBURGER CITY BEZIRK HARBURG STADTTEIL HARBURG Abgrenzung 3 Harburg als Landkreis Die Region als Verlaufsbild Relevant als Bezugsraum Ein relationaler Bezugsraum Auch das ist Harburg: ein Landkreis mit 244.000 Einwohnern auf der Zusammengefasst lässt sich sagen: Eine Perspektive für Harburg etwa 1,5-fachen Fläche Hamburgs. 60 Kilometer misst der Kreis von lässt sich nicht innerhalb eines scharf abgegrenzten Territoriums ent- Buchholz im Westen bis in die Winsener Elbmarsch im Osten. Für die- wickeln. Das Bild Harburgs, das dieser Vision zugrunde liegt, gleicht sen Raum ist die Harburger Innenstadt das funktionale Oberzentrum vielmehr einem Verlauf. Von der Kernstadt mit urbaner baulicher Dich- – die Zukunft des Stadtbezirks kann ohne den Landkreis nicht gedacht te und hoher Intensität der Maßnahmen reicht der Betrachtungsraum werden. Einige der Probleme und Chancen Harburgs erklären sich bis weit ins Umland hinein, bei einigen Themen auch über den Land- erst aus der gemeinsamen Betrachtung von Stadtbezirk und Land- kreis hinaus. Hier ist der Resonanzboden für die Maßnahmen, die im kreis. Und viele der in diesem Papier vorgeschlagenen Maßnahmen Stadtbezirk verortet sind – wie weit die Wellen der Maßnahmen rei- wirken auch in den Landkreis hinein. chen, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. In jedem Fall steht fest: Die Wirkung der Vision wird nicht auf den Stadtbezirk begrenzt bleiben, wie auch die Akteure für ihre Umsetzung im nahen und weiteren Um- HAMBURG feld sowohl nördlich als auch südlich der Elbe zu suchen sind. HAMBURG Stade Buchholz Winsen HARBURG Bremen LANDKREIS HARBURG Lüneburg Hannover Harburg 2020/50 9
Wie wurde die 01 EINFÜHRUNG Vision entwickelt? Fundiertes Visionieren Harburg 2020/50 führt breitgefächerte Analysen und kreative Vorausschau zusammen Keine Perspektive ohne Standortbestimmung: Wo steht Harburg heute? Was funkti- oniert, was fehlt, was droht? Auch für die Vision Harburg 2020/50 bildet eine aus- giebige Analyse des Status Quo die Grundlage. Das Ziel: die Stärken und Schwächen des Standorts offenzulegen, um gezielte Ansatzpunkte für Maßnahmen und Konzepte zu haben. Erst auf dieser Grundlage wurden Zukunftsbilder entwickelt, wie sich Har- burg in den nächsten Jahrzehnten entwickeln könnte – vorausgesetzt die Stärken werden ausgebaut und die Defizite überwunden. Zwei Leitfragen als thematische Einfallstore Bewertung der Analyse in Arbeitsgruppen Wie Harburg analysieren? Klassische Planwerke untersuchen Die in diesem Papier genannten Lageeinschätzungen und Hand- ihren Gegenstand meist sektoral. Das bedeutet, sie sind nach lungsempfehlungen basieren zudem auf den Ergebnissen von fachlichen Themen gegliedert: nach Verkehr, Wohnen, Grünpla- sechs Arbeitsgruppen, zu denen über 30 Experten aus Wirtschaft, nung, Wirtschaft, Umweltschutz und vielen weiteren Fachge- Wissenschaft und Kultur geladen waren. In den Arbeitsgruppen bieten. Dieses Impulspapier geht einen anderen Weg. Grundlage wurden gemeinsame Bewertungen der Analysen vorgenommen der Analyse sind zwei Hauptfragen: Wie steht Harburg als Wirt- und erste Handlungsempfehlungen formuliert, die Grundlage für schaftsstandort da? Und wie ist die Lage Harburgs als Wohn- und die Ausformulierung des Impulspapiers waren. Lebensort? An diesen beiden Ausgangspunkten orientieren sich alle diesem Papier zu Grunde liegenden fachlichen Analysen zur Vier Strategien weisen den Weg Lage Harburgs. Es wird immer aus dem Blick der beiden „Ziel- gruppen“ nachgefragt. Zum Beispiel Mobilität: wie ist die Situation Das eigentliche Kernstück der Vision Harburg 2020/50 bilden die für Unternehmen, und wie ist sie für Bewohner, was sind die all- vier Strategien, die in diesem Papier vorgestellt werden. In den gemeinen Trends? Dabei werden fachliche Fragen nicht sektoral, Strategien wurden die Ergebnisse aus den sechs Dossiers und sondern integriert betrachtet – ein wichtiger Beitrag zum Finden Arbeitsgruppen neu zusammengesetzt – so, dass sich sinnvolle von ganzheitlichen Lösungen. Schwerpunktsetzungen für die Handlungsempfehlungen ergeben. Analyse in sechs Dossiers Vier Zukunftsbilder machen die Vision greifbar Um die beiden komplexen Hauptfragen nach der Zukunft des Wirt- Um die Strategien greifbarer zu machen, wurden vier Zielbilder schaftens und der Zukunft des Wohnens in Harburg besser hand- entwickelt: narrativ aufbereitete Texte und kartografische Diagram- haben zu können, wurden sie zu Beginn des Arbeitsprozesses me, die als Visionen der möglichen Zukunft Harburgs die Richtung in sechs untergeordnete Fragestellungen unterteilt (siehe Gra- der angestrebten Entwicklung möglichst bildhaft vermitteln sollen. fik rechts). Zu jeder Frage liegt ein eigenständiges analytisches Dossier vor – mit breiter Analyse der Lage, einer daraus folgen- den Agenda und ersten Ideen für die Lösung der anstehenden Maßnahmen und Projekte auf drei Zeitebenen Probleme. Die wichtigsten Aussagen und analytischen Ergebnis- Jede Strategie umfasst ein Bündel aus Maßnahmen und Pro- se der sechs Dossiers sind als Hintergrundinformationen zu den jektvorschlägen, die auf drei Zeithorizonten wirksam werden. vier Strategien in dieses Papier aufgenommen worden. Was kann sofort – also 2010 gestartet werden? Was muss 2020 erreicht sein? Und wie könnte sich Harburg im Jahr 2050 entwickelt haben? Über die drei Zeithorizonte entsteht ein abge- stuftes Zukunftsszenario, das, je weiter es in die Zukunft reicht, umso weniger scharf gezeichnet ist – und dennoch ausreichend Aussagen enthält, um das eigentliche Ziel von 2020/50 zu errei- chen: einen dauerhaften Diskussionsprozess über die Zukunft des Hamburger Südens anzuregen. 10 Harburg 2020/50
Sechs Dossiers, vier Strategien Der methodische Aufbau des Impulspapiers Analyse der Situation Harburgs vor dem Hintergrund Globale Trends globaler Trends und des räumlichen Kontextes Demografischer Wandel Druck der Globalisierung Am Beginn des Arbeitsprozesses stand eine breitgefächerte Analyse Harburgs und seiner Internationalisierung der Städte umgebenden Landkreise. Dabei waren zwei Leitfragen maßgeblich: Welche Perspektive hat der Klimawandel Wirtschaftsstandort Harburg und welche der Wohnstandort? Beide Leitfragen wurde anhand von jeweils drei Fragestellungen untersucht. Die Ergebnisse der Analyse mündeten in sechs Dossiers, die in zusammengefasster Form auch Teil dieses Papiers sind. Der Kontext der Metropolregion Regionsinterne Konkurrenzen A Einflussfaktoren Die Lage Harburgs auf den B Einflussfaktoren auf den Neue Governance-Perspektiven Wirtschaftsstandort Harburg Wohn- und Lebensort Harburg Dossier A1 Der Harburger Mix Dossier B1 Stadterlebnis Harburg Wie steht Harburg wirtschaftlich da? Welches sind die Stärken und Schwächen Wie kann sich der Standort entwickeln? Harburgs auf der Ebene der Stadtgestalt? Agenda Erste Ideen Agenda Erste Ideen Dossier A2 Orte des Wirtschaftens Dossier B2 Harburgs Wohnadressen Wo arbeitet wer in Harburg – Welche profilierten Wohnadressen heute und in Zukunft? gibt es in und um Harburg? Agenda Erste Ideen Agenda Erste Ideen Dossier A3 Umfeldfaktoren Dossier B3 Alltagsnetze Welche spezifischen Bedingungen braucht Wie gut sind Harburgs Wohnadressen der „Harburger Mix“? ausgestattet und vernetzt? Agenda Erste Ideen Agenda Erste Ideen Nach der in Arbeitsgruppen erfolgten Vier Strategien Bewertung der Analyseergebnisse wurden vier Strategien definiert, die A | Industrie neu denken C | Einmalige Wohnlagen entwickeln Harburgs Defizite ausgleichen und seine Stärken ausbauen sollen. B | Forschung verankern D | Der Stadt mehr Gesicht geben Für jede Strategie wurden jeweils ein Zukunftsbild und Maßnahmen auf drei Vier Zukunftsbilder Maßnahmen Zeithorizonten (2010, 2020, 2050) Zu jeder Strategie wurde ein eigenes Einzelne Projekte und Programme entwickelt. Zukunftsbild entwickelt – Leitbild und sollen die Strategie umsetzen. Medium zugleich. A | Technopolis Harburg Die Renaissance der Industriestadt B | Die Stadt als Campus Die TU wird zum Teil der Stadt C | Der besondere Ankerplatz Vier neue, einmalige Wohnlagen D | Harburg an der Elbe Die Stadt überwindet ihre Barrieren Harburg 2020/50 11
02 HARB SEE HAR DIE VISION M TE P MA BYPASS HARBUR WASSERVIERTEL PARKSTADT AUSSENMÜHLEH CITYWOHNEN NDUSTRIE NEU LD HAMLETS WISSEN SCHAF 12 12 Harburg2020/50 Harburg 2020/50
BURG AN DER ELBE EHAFENSTADTHARBU ST. HEIMFELD RBURGER WERKSTÄTTEN MADE IN HARBURG EHNOPOLISURBAN IMPRO PHOENIXSTADT ARKTHALLE AM SAND RG WASSERVIERTEL CAMPUSQUARTIER PARKSTA HARBURG GMBHIND NSEEHAFENSTADT DENKEN HEIMFELD H TECHNOPOLIS FFT STADT Harburg 2020/50 13
Harburg Vision TECHNOPOLIS HARBURG 2010: Die studentische Wohnungsinitiative „Studyroof“ wird gegründet 2016: S 2012: Eröffnung der TU-Pendelbuslinie Schwarzenberg – City – Binnenhafen 2014: Eröffnung des Süderelbe Radwegs und der preisgekrönten Rad- und Fußgängerbrücke über die Elbe zum Binnenhafen 2011: Start der Kampagne „Harburg mal zwei“: Ermittlung der Nachverdichtungspotenz 2011: Einzug der ersten „Gläsernen Labore“ in der Lüneburger Straße 2015: Eröffnung des TU-Hafenkasinos als größtes Res 2014: Die Markthalle am Sand wird eröffnet 2013: Eröffnung des Phoenix Art Forums 2010: Gründung der Harburg Agentur 2015: Das Zentrum für Industriekultur unt 2016: Hamburgs e 2010 14 Harburg 2020/50
2020/50 Auf dem Weg zu einem neuen DIE STADT ALS CAMPUS Start des Ausbaus der Fußgängerzone 2020: Die ersten Unternehmen siedeln sich im Tec 2022: Erster Spatenstich für de 2018: Das einhundertste Hausboot: Der „Ankerplatz Harburg“ ist Europas größter innerstädtischer Hausboothafen ziale im Stadtbezirk 2021: Einzug der ersten Studierenden in das Cam 2017: Einweihung des Channel Auditoriums mit einem Konzert der Hamburger Philharmoniker staurant Hamburgs 2020: Baubeginn für den Harburger Stadtwall 2018: Der Bereich zwischen Moorburg und Binnenhafen wird aus dem Hafengebiet entlass 2018: Die Bauarbeiten für den Bypass Harburg beginnen. 2023: Eröffnung des Bü B73 und Bahn werden an die neue A26 verlegt. ter dem Dach der Stiftung Historische Museen Hamburg gegründet erstes Fraunhofer-Institut nimmt im Binnenhafen die Arbeit auf 2022: Der Schlosskanal wird a 2020 Harburg 2020/50 15
Hamburger Süden ANKERPLATZ HARBURG chgate West an 2032: „Made in Harburg“ wird als Zertifizierungsnorm für k en südlichen Zubringer 2027: Fertigstellung des nördlichen Stadtwalls 2041: F mpusquartier Schwarzenberg 2035: Fertigstellung des W 2025: Eröffnung des Bypass Harburg 2030: Das Medienzentrum auf dem Bürgercampus Lüne nur knapp ein Jahr nach der Eröffnung seinen hundert sen 2028: Fertigstellung des südlichen Stadtwalls ürgerforums 2025: Aus der Pendelbusverbindung wird eine Stadtbahlinie 2024: Im Binnenhafen wurde die 1.000 Wohneinheit feierlich übergeben als Schlossmühlengracht in die City verlängert 2032: Neubau für das Phoenix Art Forums HAMBU SCHLARUGSE KLEINE SCHWESTE R 2030 Harburg 2020/50 16
HARBURG AN DER ELBE klimaneutrale Produktion geschützt Fertigstellung des Marktviertels Wasserviertels 2050: Im Bereich nördlich der früheren B73 wohnen 11.000 Menschen eburger Straße feiert ttausendsten Besucher 2043: Verkauf der letzten Grundstücke im Techgate West 2049: Die Einwohnerzahl der Harburger City hat sich gegenüber 2009 verdoppelt 2050 Harburg 2020/50 17
2010 DAS KANN SOFORT GESCHEHEN STRATEGIE A AIRBUS STRATEGIE D INDUSTRIE NEU DENKEN DER STADT MEHR GESICHT GEBEN Gründung einer Harburg-Agentur UID Gründung eines Urban Improvement District Gründung eines Zentrums für Industriekultur Start des Programms „Stadt der 100 Plätze“ Ansiedlung eines Fraunhofer-Instituts Öffnung der Phoenix Kulturstiftung Entwicklung eines Standort-Brandings Harburg im Licht: „Made in Harburg“ Konzept für Inszenierung des Stadtraums ALTES LAND Erarbeitung eines Mobilitätskonzepts STRATEGIE B für die Süderelbe-Region UNIVERSITÄT UND STADT VEREINEN Alternativplanung für Hafenbahn prüfen „Wissen schafft Stadt“ Programm für Harburger Forschungsallianzen Bau einer Markthalle am Sand Eröffnung eines Hafenkasinos mit Biergarten Techbus: Einrichtung einer Elektro-Pendelbuslinie Gläserne Labore in der Harburger City STRATEGIE C EINMALIGE WOHNLAGEN ENTWICKELN Studentische Wohnungsinitiative „Studyroof“ HARBURGER BERGE Ankerplatz Harburg: Deutschlands größter Hausboothafen Harburg mal zwei: Ermittlung des Nachverdichtungspotenzials Programm „Bildungslandschaft Harburg“ Harburg Link: Rad- und Fußweg mit neuer Süderelb-Brücke 18 Harburg 2020/50
HAMBURGER INNENSTADT HAFENCITY VEDDEL HAFEN WILHELMSBURG SCHWERPUNKT HARBURGER ELBRAUM UID SCHWERPUNKT TU-VIERTEL SCHWERPUNKT HARBURGER CITY/B73 ÜBERGEORDNETE PROGRAMME Harburg 2020/50 19
2020 DAS MUSS 2020 ERREICHT SEIN AIRBUS STRATEGIE A STRATEGIE D INDUSTRIE NEU DENKEN DER STADT MEHR GESICHT GEBEN Gründung der Techgates Neuordnung der Verkehrszuflüsse § Rechtlicher Rahmen für Seehafenstadt Erweiterung der Fußgängerzone Gründung Harburger Werkstätten Sonderzone Seehafenstadt ALTES LAND Zweistufiger Umbau der B73 zum Stadtwall STRATEGIE B UNIVERSITÄT UND STADT VEREINEN Eröffnung „Universität für alle“ Channel Auditorium: SCHWERPUNKT TECHGATE WEST Kongresszentrum für die Süderelbe-Region 500 500 Wohneinheiten im Campusquartier STRATEGIE C EINMALIGE WOHNLAGEN ENTWICKELN 1000 1.000 neue Wohneinheiten in der City und im Binnenhafen 500 500 neue Wohneinheiten im Parkquartier HARBURGER BERGE 30% 30% der TU-Studierenden wohnen in Harburg H Neue ÖPNV-Verbindungen in die City 20 Harburg 2020/50
HAMBURGER INNENSTADT HAFENCITY VEDDEL HAFEN WILHELMSBURG § SCHWERPUNKT HARBURGER ELBRAUM 1000 500 H 30% UID SCHWERPUNKT TU-VIERTEL SCHWERPUNKT HARBURGER CITY/ B73/AUßENMÜHLE 500 SCHWERPUNKT TECHGATE OST ÜBERGEORDNETE PROGRAMME Harburg 2020/50 21
03 IND DE VIER STRATEGIEN DE VIER ZUKUNFTSBILDER ME GE UN STA EIN WO 22 22 Harburg2020/50 Harburg 2020/50 EN
DUSTRIE NEU ENKEN ER STADT Die Vision Harburg 2020/50 im Detail EHR GESICHT EBEN NIVERSITÄT UND ADT VEREINEN NMALIGE OHNLAGEN NTWICKELN Harburg 2020/50 23
A STRATEGIE INDUSTRIE NEU DENKEN Befund: Harburgs Wirtschaft ist im Wandel, ist aber auf gutem Weg »» Harburg war und ist Hamburgs Produktionsstandort Nummer eins. »» Viele der traditionellen Industriebetriebe mussten sich restrukturieren. »» Die Unternehmensstruktur ist eindeutlig zu stark von Großunternehmen geprägt. »» Dabei gibt es starke und traditionsreiche mittelständische Innovatoren. »» Es gibt ebenso vielversprechende Entwicklungen im Forschungs- und Dienstleistungsbereich. Empfehlung: Weiter auf Industrie setzen – aber neu gedacht »» Harburgs Wirtschaft sollte auf seine mittelständische Industriekultur setzen. »» Industrie bedeutet: Technologische Lösungen entwickeln statt Produkte herstellen. »» Neben den „Global Playern“ sollten mittelständische Strukturen deutlich gestärkt werden. »» In jedem Industrieunternehmen sollte ein definierter Anteil an Forschung und Entwicklung stattfinden. Unternehmen mit einem hohen Forschungsanteil sollten von der öffentlichen Hand gefördert werden. »» Die Technische Universität Hamburg-Harburg kann sich noch stärker den mittelständischen Unternehmen zuwenden. »» Die Säulen der Harburger Wirtschaft lauten: Produktion, Forschung und Logistik – und zukünftig auch die industrielle Biotechnologie. Räumliches Szenario: Produktion sichern und konzentrieren »» Harburgs Industrie braucht ausbaufähige und planungssichere Produktionsareale. »» Traditionelle Industrie sollte langfristig an definierten Orten konzentriert werden. »» Neue, forschungsorientierte Produktionsstätten sollten in Teile der Stadt integriert werden. Ein neues Selbstverständnis: Harburg – Heimat der Industrie 2.0 »» Harburg ist wirtschaftlich stark. »» Industrie ist keine ökonomische Last, sondern das Zugpferd der Harburger Wirtschaft. »» Industrie wird neu gedacht: als wissensbasierte Entwicklung neuer Technologien. »» Labore statt Schlote: Das sind die neuen Symbole für Harburgs Wirtschaft. 24 24 Harburg2020/50 Harburg 2020/50
DAS ZIELBILD TECHNOPOLIS HARBURG 2050 gehört die Technopolis Harburg zu den fünf innovativsten Industrie- regionen Deutschlands Harburg ist weltweit führender Entwicklungs- Das BIP des 2020 neugegründeten Regional- standort für integrierte Verkehrslösungen verbunds Technopolis Harburg wird zu fast 50 im postfossilen Zeitalter. Mittelpunkt des For- Prozent aus produzierender und mit der Produk- schungs- und Produktionsgeschehens ist das tion unmittelbar verbundener Forschungstätigkeit 2032 gegründete European Mobility Centre, das erwirtschaftet. In Harburger Unternehmen sind europäische Kompetenzzentrum für integrierte im Durchschnitt 10 Prozent der Beschäftigten in und postfossile Mobilitäts- und Logistik-Lösungen Forschung und Entwicklung tätig. Über 60 Pro- zu Wasser, Luft und Schiene. Das Zentrum ist aus zent der 200 Unternehmen mit über 50 Beschäf- dem etwa 20 Jahre zuvor gegründeten Fraunhofer tigten haben ihren Stammsitz in Harburg. Institut für maritime Logistik und den Aktivitäten der Harburg University of Technology im Bereich Von 2010 bis 2020 wurden die Weichen für der marinen Systeme und Luftfahrttechnik hervor- eine tiefgreifende Neuordnung der in über 150 gegangen. Jahren gewachsenen Industrieareale Har- burgs geschaffen. Die industrielle Tätigkeit wur- Die den Hamburger Süden traditionell stark prä- de bis 2040 in zwei neuen Arealen konzentriert: gende Luftfahrtindustrie hat sich in den vergan- dem Techgate West entlang der A7 im Westen genen 30 Jahren stark umstrukturiert: Die Fer- und dem Techgate East entlang der Bahnlinie tigungstiefe am Standort Finkenwerder hat sich nach Hannover. Beide Techgates sind als eine verringert, dafür haben sich die Wertschöpfungs- Art Sonderwirtschaftszone angelegt: Sie garan- ketten in der Region und an anderen Standorten tieren den dort ansässigen Betrieben bis zu 100 weltweit verlängert. Um den Strukturwandel auf- Jahre Planungssicherheit – je nach Höhe des in- zufangen wurde die Hamburg Aviation AG (HA- dividuell aushandelbaren Steuersatzes. VIAG) gegründet, die Teile der ausgelagerten Air- bus-Produktion aufgefangen hat und sich auf den Im Elbbereich zwischen Moorburg und den Elb- Gebieten der Entwicklung postfossiler Triebwerke, brücken ist die Seehafenstadt entstanden, eine der „Solar Based Aviation“ und der Entwicklung Integrative Produktionsstadt, wie sie inzwischen von Groß-Segelflugzeugen einen Namen gemacht in mehreren Metropolen Europas anzutreffen hat. ist. Die Idee der integrativen Produktionsstädte entstand nach 2015, als über eine Reintegrati- Zudem sind Harburger Unternehmen im Verbund on höherwertiger Produktionsstätten in urbane mit der Forschung europaweit führend in der Ent- Kontexte nachgedacht wurde. Die klassischen wicklung von industrieller Biotechnologie, der Gewerbestrukturen hatten sich für die neue, wis- „Chemie des 21. Jahrhunderts“ (Hamburger Allge- sensbasierte Produktion als nicht geeignet her- Foto: www.mediaserver.hamburg.de meine Zeitung vom 21.03. 2046) – womit die mittel- ausgestellt – in Harburg wurde mit der Seeha- ständische Tradition der ansässigen Nahrungsmit- fenstadt der Prototyp dieses neuen Stadtmodells tel- und Grundstoffindustrie auf neue Grundlagen entwickelt. gestellt wurde. Harburg 2020/50 25
STRATEGIE A INDUSTRIE NEU DENKEN 03 VIER STRATGIEN So kann es Westlicher Freihafen 2050 aussehen Stadtbahn Ein Vision für Harburgs Wirtschaftsgeografie Techgate West Produktion Techgate West – wo High-Tech und Hafen neu zusammenkommen konzentrieren Er ist der größere der beiden neuen Schwerpunkte der Harburger Industrielandschaft: der Technologie-Standort am westlichen Er- und weiterungsbereich des Hafens. Hier hat sich auf über 40 Hektar Hamburgs größter industrieller Produktionsstandort entwickelt. Über 7.000 Beschäftigte sind hier in über 100 Betrieben tätig. Der integrieren Schwerpunkt liegt auf integrierten Mobilitätslösungen (multimo- dale Fahrzeuge), der Motorobotik, dem Nano-Maschinenbau und marinen Technologien. Es bestehen beste Verkehrsanbindun- gen über den Hafen, die A7, per Schiene und auf dem Luftweg: Der Airbus-Flughafen wird seit 2030 als Frachtflughafen für Zwei „Techgates“ und ein „integrativer die neue Generation von ultraleisen Großgleitern genutzt, die in Finkenwerder hergestellt werden. Das Techgate West ist als Eu- Stadtbaustein“ bieten der Produktion von ropäisches Produktionsschutz-Gebiet klassifiziert und gewährt morgen ausreichend Raum dadurch günstigere Steuersätze für standorttreue Unternehmen. Techgate Ost – Neue Industrie: die integrative Produktion am Puls der Logistik Produktionsstadt „Seehafenstadt“ „Logistic Valley“ wird der schmale Korridor entlang der Bahn- Auf über zwei Quadratkilometern erstreckt sich Deutschlands linie nach Hannover im Volksmund genannt. Mit dem Bau des erste integrative Produktionsstadt – hier werden forschungs- südlichen Zubringers von der A1 parallel zur Bahnlinie hat sich nahe industrielle Fertigung, technologieorientiertes Handwerk hier das Techgate East entwickelt – ein bandartiges Produkti- und andere Nutzungen in einer urbanen Struktur zusammenge- onsareal von 20 Hektar Fläche mit direktem Anschluss an das führt. Ausgangspunkt war die über 50 Jahre alte Idee der „glä- Autobahnnetz. Durch das Techgate East konnte eine Erweiterung sernen Fabriken“ – ein zwischenzeitlich fast vergessenes Leit- des Gewerbegebiets am Großmoorbogen in die benachbarten projekt der Stadtentwicklungspolitik um die Jahrhundertwende. Naturräume vermieden werden, ohne Flächenengpässe für die In den Produktionsstätten mit ihrer preisgekrönten Architektur – Unternehmen im Süderelbraum in Kauf nehmen zu müssen. ein Teil der Anlagen geht auf den Bestand aus dem 20. Jahrhun- dert zurück – betreiben viele der im Techgate West ansässigen Mit 2.000 Beschäftigten vor allem in mittelständischen Unterneh- Unternehmen ihre Forschungslabors. Mit den „Harburger Werk- men aus dem Bereich der so genannten „Weißen Biotechnologie“ stätten“ hat sich ein technologieorientiertes Handwerksquartier der Nahrungsmittelherstellung und der Logistik ist der Techgate gebildet, in dem Wohnen und produzierendes Gewerbe erstmals East der zweitgrößte industrielle Arbeitsort im Süderelbraum. seit fast 150 Jahren wieder zusammen angelegt werden. 26 Harburg 2020/50
Stadtbahn U4 Mittlerer Freihafen/Reiherstieg A 26 Hafenquerspange Bypass Harburg Seehafenstadt A 253 Dienstleistung Großmoorbogen Techgate Ost Stadtbahn Unternehmensnahe Forschung und Dienstleistung im Zentrum Harburgs Harburgs klare Positionierung als Industriestandort der Metropolregion hat auch die Standorte unternehmensnaher Südlicher Zubringer Forschung und Dienstleistung im Hamburger Süden ge- stärkt. Besonders in der Kernstadt hat es seit 2015 eine ste- tig zunehmende Konzentration von qualifizierten Service- und Forschungsunternehmen gegeben. Durch den massiven Ausbau des Harburger Binnenhafens konnten hochwertige Büro- und großräumige Laborflächen geschaffen werden – und auch in der Innenstadt entstanden erstklassige neue Bürolagen. Zur Seehafenstadt hin nimmt der Anteil produzierender Un- ternehmen im Binnenhafenbereich schrittweise zu – bis zu den verbliebenen Industriebetrieben an den noch in Betrieb befindlichen westlichen Seehafenbecken. Harburg 2020/50 27
STRATEGIE A INDUSTRIE NEU DENKEN 03 VIER STRATEGIEN Das kann sofort geschehen Kurzfristig umsetzbare Maßnahmen Gründung einer Harburg-Agentur Gefördert – Gefordert – Gestärkt: sollten. Zudem hat sie einen Serviceleistungen in Form von Überblick über die wirtschaft- kostenloser Information und Be- lichen Prozesse Harburgs und ratung zu diversen Möglichkei- kann über die aktuellen bzw. ten wirtschaftlicher Aktivitäten zukünftigen Standortpotenziale in Harburg sowie die Vermitt- informieren. Die Agentur soll lung zwischen unterschiedlichen insbesondere zur Bildung sowie Akteuren, die im Feld der Unter- Verbesserung der unterneh- nehmensgründung und -führung merischen Netzwerkstruktu- eine wichtige Rolle spielen, sind ren beitragen und betreibt das elementare Aufgaben, die von Standortmarketing für die Tech- Foto: urbanista der Wirtschaftsagentur Harburg nologieregion Harburg. in ihrer Funktion als zentraler Anlaufstelle angeboten werden Zentrum für Industriekultur (ZI) Foto: Thomas Willemsen / Bilddatenbank Zollverein Industrielle Produktion ist nicht burger Gummi-Waaren-Companie nur ein entscheidender ökonomi- an der Nartenstraße an, die nach scher Faktor für Harburg, sie ist dem Vorbild des Barmbeker Mu- auch ein wesentlicher Bestandteil seums für Arbeit genutzt werden der Harburger Stadtidentität. könnten. Hier könnten Besucher Unter dem Dach der Stiftung His- den Wandel von Produktionstech- torische Museen Hamburg könnte niken und die sozialen Implikatio- – vielleicht auch in Kooperation mit nen der Industriekultur nicht nur dem Museum für Arbeit – ein Zen- in Hamburg anhand interaktiver trum für Industriekultur (ZI) aufge- Museumspädagogik nachvoll- baut werden. Als Standort bieten ziehen. Zudem bietet das ZI ein sich die großen gründerzeitlichen breites Rahmenprogramm auch in Produktionsstätten der Phoenix- Kooperation mit dem Bürger Cam- Werke oder der New York-Ham- pus der TU (siehe Seite 44). Ansiedlung Fraunhofer-Institut Die Bedeutung privater For- Forschungsschwerpunkt „Mari- schungsinstitutionen für die ne Systeme“ sowie die „Kühne Entwicklung eines Wirtschafts- School of Logistics“ stärken und standorts ist allgemein bekannt. dazu beitragen, dass sich Har- Hamburg ist mit bisher nur zwei burg als Kompetenzzentrum für Max-Planck-Instituten ein nahe- marine Technologien und Logis- zu weißer Fleck auf der Land- tik weiter etabliert. karte der privaten Forschung. Ein Abspringen dieses Akteurs Foto: Stefan Rechsteiner Seit 2006 ist die Ansiedlung hätte kontraproduktive Wirkung eines Fraunhofer-Instituts für für die gesamte Metropolregion maritime Logistik in der Dis- und würde eine der aussichts- kussion – sie muss gezielt for- reichsten Perspektiven für die ciert und gefördert werden. Das Harburger Wirtschaft zerstören. Fraunhofer-Institut würde den Entwicklung eines neuen Standort-Brandings „Made in Harburg“ Harburg muss als Standort in Harburg“ ein positives Image positiv beworben werden. Es verleihen. muss ein Image entstehen, Dabei sollen sich die industrielle made dass Harburg als attraktiven Produktion sowie die urbane Le- Industriestandort vermittelt. bensqualität nicht als konkurrie- Die sehr gute infrastrukturelle rende Nutzungen entgegenste- Anbindung, die Flächenreser- hen, die sich gegenseitig negativ in burg ven, Harburgs Tradition als beeinflussen. Beide wichtigen har Industriestandort, potentielle Nutzungen sollen als koexistie- Verknüpfungen mit Forschung rende Marken den Stadtort Har- und Entwicklung sowie gute burg bewerben. Netzwerke und Strukturen müssen als Standortvorteile überregional der Marke „Made 28 Harburg 2020/50
Das muss 2020 erreicht sein Mittelfristige Ziele und Maßnahmen Gründung der Techgates und Einpassung in die Hafenentwicklungsplanung Mit der Gründung der Techga- die Produktionsstandorte durch tes werden die Industrie- und Erhalt und Intensivierung der in- Produktionsstandorte Harburgs dustriellen Nutzung gestärkt. gestärkt. Das Ziel ist, zwei leistungsfähige Der bisher nördlich des Zen- Industriestandorte mit dauerhaf- trums verlaufende Gürtel aus ter Standortgarantie zu etablie- Industriebetrieben wurde be- ren, die nicht im Gegensatz zur reits in seiner Mitte, im Binnen- Umnutzung des Binnenhafens hafen, durch Verlagerung der stehen und Harburg als Indust- produzierenden Unternehmen riestandort stärken. durchtrennt, was einen Zugang von der Innenstadt zum Wasser ermöglichte. Westlich und süd- lich des Binnenhafens werden Rechtlicher Rahmen für die integrative Produktionsstadt „Seehafenstadt“ Seit dem frühen 20. Jahrhundert trotechnik muss nicht unverträg- und zunehmend seit dem Städte- lich mit urbanen Nutzungen sein. bau der Moderne mit seinem Ideal Dies gilt insbesondere für das der funktionsgetrennten Stadt ist Feld der industriellen Forschung. Produktion aus unseren Stadtbil- Um die kleinräumigere Mischung dern verschwunden. Mit gutem solcher Betriebe mit anderen ur- Grund, führten doch die Emissi- banen Nutzungen zu ermöglichen, onen der Betriebe zu unerträgli- bedarf es eines neuen Gebietstyps, chen und gesundheitsschädlichen der in Harburg entwickelt und mo- Belastungen für die Anwohner. In dellhaft getestet werden könnte – Teilen des produzierenden Gewer- ein Projekt, das vielleicht noch im bes hat sich die Situation allerdings Rahmen der Internationalen Bau- stark gewandelt: Produktion zum ausstellung Hamburg aufgesetzt Beispiel in der Nano- oder Elek- werden könnte. Harburger Werkstätten Die Harburger Werkstätten sind Die Harburger Werkstätten erlau- Deutschlands größte Handwerks- ben es auch kleineren, speziali- Kooperative – ein Verbund von sierten Handwerksbetrieben, in über 300 Handwerksbetrieben größeren Kontexten tätig zu wer- vom traditionellen lokalen Hand- den, und bilden eine gemeinsame werk bis zu mittelständischen, Akquisitions- und Netzwerk- technologieorientierten Unterneh- plattform für das Handwerk der men. Hervorgegangen ist die Initi- Süderelbe-Region. Zudem dient ative zur Gründung der Harburger die Marke „Harburger Werkstät- Werkstätten aus dem Elb-Campus, ten“ als Qualitätssiegel für Hand- dem seit 2008 bestehenden größ- werksleistungen der beteiligten Foto: urbanista ten handwerklichen Bildungszen- Unternehmen, die sich regelmäßi- trum Deutschlands. gen Zertifizierungen unterziehen müssen. Harburg 2020/50 29
STRATEGIE A HINTERGRÜNDE 03 VIER STRATEGIEN Warum Industrie? Harburg sollte auf die Renaissance der Produktion setzen – aus gutem Grund Aus Tradition kann Profil werden Harburgs Wirtschaft hat ein gutes Fundament – gleichwohl fehlt eine innovative Strategie Die Empfehlung von Strategie A ist klar: Harburg muss sich Grund für die positive Entwicklung der Beschäftigung sind die zu seiner industriellen Tradition bekennen, darf diesen Sektor Anwesenheit großer industrieller Arbeitgeber am Standort – ein des Wirtschaftens nicht nur nicht vernachlässigen, sondern potenzieller Unsicherheitsfaktor in Zeiten volatiler globaler Kon- sollte ihn als Alleinstellungsmerkmal verstehen. „In Harburg junkturentwicklungen – und eine gute mittelständische Unterneh- darf man industriell produzieren“ – so könnte das Motto der mensstruktur auch im produzierenden Sektor. Dieses positive Strategie lauten. Wobei Industrie neu zu denken ist: Anstelle Bild steht jedoch im Gegensatz zum Außenbild des Wirtschafts- von Schornsteinen sind Labore das Symbol einer für Harburg standorts Harburg, das in den vergangenen Jahren stark durch angestrebten „Industrie 2.0“, die sich aus Forschungsfragen Meldungen vom Niedergang traditionsreicher Industriebetriebe entwickelt und mit völlig neuen Produktionsmethoden weitaus geprägt war. wertschöpfungsintensiver und verträglicher ist, als die Har- burg früher prägende traditionelle industrielle Produktion. Die Tradition erneuern: Neue Felder des Produzierens Die Settings für die Fortschreibung einer industriellen Standort- Grundlage für diese Empfehlung ist eine Analyse der Entwicklung tradition, die durch Technologie modifiziert werden kann, kön- der Beschäftigtenstruktur, einhergehend mit der Evaluation der nen also als sehr gut bezeichnet werden. Es fehlen jedoch an aktuellen Clusterstrategien der Süderelbe AG und des „Master- etlichen Stellen die Links und klare Strategien, um altbewährte plans Industrie“ der Handelskammer. und neue Formen des Wirtschaftens näher zusammen zu brin- gen. Anknüpfend an die Harburger Tradition der Logistiktätigkei- Positive Perspektiven: Die Harburger Wirtschaft integ- ten wäre insbesondere die Entwicklung bzw. der Ausbau eines riert Menschen mit unterschiedlichen Qualifikationen Logistikclusters Harburg sinnlogisch. Dabei ist die Schnittstelle Die Analyse der Beschäftigungsentwicklung in Harburg zeigt, zwischen Wasser, Schiene und Straße eine lokale Besonderheit, dass zwischen 1999 und 2007 die absolute Anzahl der sozialver- mit dessen Optimierung ein innovativer Dreiklang im Umgang mit sicherungspflichtig Beschäftigten in Harburg um 4.000 auf rund logistischen Abläufen erzeugt werden kann. Ähnliches gilt für die 57.000 Beschäftigte angestiegen ist – damit ist die Beschäfti- Etablierung eines Maritimen Clusters, dass vor allem die Nähe zu gungsentwicklung in Harburg im Vergleichszeitraum besser als in den universitären Forschungsschwerpunkten des ökologischen Hamburg insgesamt (siehe Seite gegenüber). Hier spielen Effekte Umgangs mit dem Thema Hafen, Wasser und Wasserwirtschaft durch die Entwicklungstätigkeit in Finkenwerder eine Rolle, die sowie dem Schiffbau und der Meerestechnik suchen muss, um auch Harburg zugute kommen. Der Gesamttrend ist aber auch konkurrenzfähig und für die Zukunft gerüstet zu sein. ohne diese Effekte als positiv einzuschätzen. Nicht nur private Haushalte, sondern insbesondere die Industri- Auch hinsichtlich der Qualität der Tätigkeiten zeigt Harburg ein en beanspruchen eine stetig wachsende Menge an Energie. An positives Bild. Wissensintensive Tätigkeiten und Tätigkeiten mit einem Standort wie Harburg, der nach wie vor durch Produk- niedriger Wissensintensität sowie Fachtätigkeiten und Tätigkeiten tion und Industrie geprägt ist, spielen daher Energieverbrauch mit geringem Qualifizierungsgrad finden oftmals räumlich vonei- und Emissionsausstoß, die damit verbundenen (Folge-)Kosten nander getrennt an unterschiedlichen Orten statt. Dies trifft nur sowie zunehmende Ressourcenknappheit eine bedeutende Rol- bedingt auf Harburg zu. Anders als in den Landkreisen und in le. Die Entwicklung eines Clusters „Erneuerbare Energien“ ist Hamburg ist der Anteil der Beschäftigten in wissensintensiven nicht nur für den Standort Harburg und die dort ansässigen und Betätigungsfeldern ähnlich hoch wie der Anteil derer, die in Be- energienachfragenden Unternehmen ein relevantes Thema; die reichen mit geringer Wissensintensität beschäftigt sind. Gleiches angewendeten Erkenntnisse im ressourcenschonenden Umgang trifft auf die Verteilung von qualifizierten Facharbeitern und ein- mit Energie können auch patentiert und „exportiert“ werden. Ein- facher Qualifizierten zu. Diese Tendenzen machen deutlich, dass schlägige Forschung sowie Ausbildung zu diesen Aspekten sind in Harburg ein vielschichtiges Spektrum von Beschäftigungsmög- in Harburg bereits fester Bestandteil der TUHH. lichkeiten vorhanden ist, das Beschäftigte unterschiedlicher Qua- lifikation in den lokalen Arbeitsmarkt integrieren kann. 30 Harburg 2020/50
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