Haspa Musikstudie Der Takt der Zukunft - Hamburg setzt auf Musik
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Vorwort Was haben so unterschiedliche Städte wie Berlin, Liverpool, Luxemburg, Mannheim und Oslo gemeinsam? Sie haben es alle geschafft, in der Musikwirtschaft ihr lokales Profil herauszubilden und können deshalb Hamburg als Beispiel für die Entwicklung dieses ökonomischen Zukunftsbereiches dienen. Musik ist ein bedeutsamer Faktor für ropäischen Städten, die Musik als wichti- Komponisten von Hieronymus Praetorius die Entwicklung Hamburgs zur europäi- gen Standortfaktor entwickeln, zeigt die über Felix Mendelssohn Bartholdy und Jo- schen Metropole mit positivem Einfluss Haspa Musikstudie Stärken und Potenziale hannes Brahms bis zu György Ligeti und auf Standortbedingungen und Lebensqua- Hamburgs in der Zukunft auf. Dabei wird Sofia Gubaidulina sowie letztlich der Aus- lität. Hinzu kommt die außerordentliche deutlich, dass Hamburg zum einen günsti- blick auf den Bau eines der spektakulärsten gesellschaftliche Funktion, die – neben dem ge Voraussetzungen für die Entwicklung Gebäude der Welt – der Elbphilharmonie in Konsum von Musik – vor allem Einfluss auf der Musikwirtschaft besitzt und zum ande- der Hafencity – prägen unsere Hansestadt das Bildungsniveau einer Stadt sowie der- ren die Weichen für die Stärkung seiner Po- als Musikmetropole. en interkulturellen Dialog hat. Wichtig für sition als Musikstadt in die richtige Rich- eine fortschreitende positive Entwicklung tung gestellt hat. Mit den Ergebnissen der Haspa Musik- ist der Dialog der unterschiedlichen Fach- studie, erstellt von unserem langjährigen bereiche in Politik, Wirtschaft und Gesell- Hamburg verfügt über eine lebhafte Mu- strategischen Partner, dem Hamburgischen schaft. Austausch und Netzwerke erschei- sikszene. Konzerte klassischer Musik der WeltWirtschaftsInstitut, wollen wir die Ak- nen als unerlässliche Faktoren für die großen und kleineren Orchester und En- teure ermutigen, sich weiter mit Kompe- erfolgreiche Positionierung Hamburgs als sembles finden täglich in der Laeiszhalle tenz, Kraft und Motivation für die Musik in Musikmetropole. statt, wechselnde Musicals werden in unter- Hamburg einzusetzen. Als Haspa haben schiedlichen Theatern gespielt, über 50 000 wir mit der in 2008 gegründeten Haspa Dies hat für Hamburg auch wirtschaft- Laien musizieren in ihrer Freizeit und auf Musik Stiftung einen besonderen Akzent lich bedeutsame Auswirkungen. Mehr als der Reeperbahn ist eine einzigartige Club- gesetzt: Wir wollen zukünftig einen nach- 6 400 Menschen verdienen ihren Lebens- szene zuhause, die in Deutschland und der haltigen Beitrag zur lebendigen Musik- unterhalt in der Musikwirtschaft. In einem Welt ihresgleichen sucht. Dies und die stadt Hamburg leisten, deren Entwicklung Vergleich mit deutschen Regionen und eu- großartige Musiktradition Hamburgs mit uns am Herzen liegt. Dr. Harald Vogelsang Sprecher des Vorstands der Hamburger Sparkasse AG 2
Zusammenfassung Attraktive Städte in Europa und weltweit zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihren Bewohnern ein vielseitiges kulturelles Umfeld bieten, zu welchem die Musikland- schaft einen wichtigen Beitrag leistet. Weltweit zeichnen sich attraktive Städ- Bei der Bewertung der Standortbedin- te dadurch aus, dass sie ihren Bewohnern gungen für die Musikwirtschaft ist zu be- ein vielseitiges kulturelles Umfeld bieten, rücksichtigen, dass diese ein sehr facet- zu welchem die Musiklandschaft einen tenreicher Wirtschaftszweig ist, dessen wichtigen Beitrag leistet. Dieser Aspekt Einzelmärkte naturgemäß differenzierte findet zunehmend Eingang in innovative Entwicklungspotenziale aufweisen und Stadtentwicklungskonzepte, die auf die einen unterschiedlichen Beitrag zur Si- gezielte Stärkung der Musikwirtschaft set- cherung von Arbeitsplätzen in Hamburg zen, weil sie Musik und Kultur als ökonomi- leisten können. Im Jahr 2007 waren in sche Zukunftsbereiche betrachten. Städte Hamburg 4 198 Personen in der Musik- mit sehr unterschiedlichen Strukturen und wirtschaft sozialversicherungspflichtig be- Standortbedingungen haben in der jünge- schäftigt, davon 2 584 im Bereich Konzerte ren Vergangenheit ihre Entwicklungen zu und Komposition, 646 im Bereich Musikin- Musikstandorten gezielt und erfolgreich strumente, 638 in Musikverlagen und 234 gefördert. Beispiele hierfür sind Berlin, Lu- in der Musiktechnik.* xemburg, Liverpool, Mannheim und Oslo. Hamburg weist im deutschlandweiten Auch für Hamburg, als eine vom wis- Vergleich eine überproportional stark aus- sensbasierten Strukturwandel zuneh- geprägte Spezialisierung im Bereich der mend beeinflusste Stadt, ist eine hohe Musikwirtschaft auf: Während Hamburg Lebensqualität – die auch von der Musik- einen Anteil von 4,7 % an allen Beschäf- landschaft und ihrem Erleben geprägt wird tigten in diesem Wirtschaftszweig hat – ein wichtiger Bereich der Stadtentwick- – annähernd jeder 20. Arbeitsplatz in der lung. Eine entsprechende Ausrichtung deutschen Musikwirtschaft ist damit in steht sowohl auf der Agenda der Hambur- Hamburg angesiedelt – betrug der Anteil ger Politik als auch zunehmend im Fokus Hamburgs an der gesamten Beschäftigung von privaten Initiativen in der Hansestadt. in Deutschland im Jahr 2007 2,9 %. Diese Strategien sind positiv zu bewer- ten, denn Hamburg bietet aufgrund seiner Für die Entwicklung Hamburgs als Wirtschaftsstruktur und Standortbedin- Musikstandort ist zudem die Anzahl der gungen zahlreiche Anknüpfungspunkte selbstständigen Kulturschaffenden im Mu- für die Entwicklung der Kreativwirtschaft sikbereich von hoher Relevanz, weil diese und des Kultursektors. Die Effekte der Mu- einen wichtigen Bestandteil des kreativen sikszene auf die Lebensqualität und das Potenzials darstellen. Im Jahr 2007 waren Stadtimage Hamburgs tragen ihrerseits 2 240 selbstständige Kulturschaffende zur Steigerung der Attraktivität Hamburgs aus dem Musikbereich in der Künstlerso- für hoch qualifizierte Arbeitskräfte, Unter- zialkasse versichert, womit Hamburg eine nehmen und Kulturtouristen bei, was wie- sehr gute Position hinsichtlich der Aus- derum positive Effekte auf die Wirtschafts- stattung mit Musikern erreichte. entwicklung hat. * Die Summe über die Teilmärkte ist geringer als die Gesamt- zahl der Beschäftigten in der Musikwirtschaft aufgrund der Anonymisierung durch das Statistische Bundesamt in kleine- ren Wirtschaftszweigen. 4
Die Zeichen für die Musikwirtschaft ste- den Beschäftigungszahlen und der Zahl der Stadtentwicklung ist. Dies gilt auch für hen in Hamburg wieder auf Wachstum. Die der Künstler in der Stadt – bestehenden die Positionierung Hamburgs als Musik- Bedeutung Hamburgs als Musikstandort in „Musikclusters“. Auch die ausgeprägte In- stadt. Soweit sich die zahlreichen Musik- Deutschland hat im Zeitraum von 2003 bis frastruktur, beispielsweise hinsichtlich der hochschulen und –akademien in Hamburg 2007 zugenommen. Im Jahr 2007 war in Veranstaltungsorte und der Ausbildungs- mit attraktiven Angeboten deutschland- Hamburg ein höherer Anteil aller Arbeits- möglichkeiten, leistet hierzu einen wichti- und weltweit positionieren können, tragen plätze in der deutschen Musikwirtschaft gen Beitrag. sie dazu bei, dass sich in Hamburg mit ta- angesiedelt als im Jahr 2003, und die Um- lentierten Musikern sowie ausgebildeten sätze der Musikwirtschaft sind im entspre- Dennoch gilt es, die Rahmenbedingun- Fachkräften für die Musikwirtschaft eine chenden Zeitraum gestiegen. Von 2003 bis gen für die Entwicklung von Musik in Ham- lebendige und qualifizierte Musikszene 2007 haben alle vier betrachteten Teilmärk- burg weiter zu stärken, insbesondere weil weiter etablieren kann. te der Musikwirtschaft in Hamburg eine Zu- Musik und ihre ökonomischen Potenziale nahme der Beschäftigung verzeichnet. sich – beispielsweise aufgrund von Innova- Hiervon kann auch die national und tionen und sich verändernder Wünsche der international wirkende Anziehungskraft Diese Entwicklung stellt im Vergleich zu Musikkonsumenten – permanent im Wan- Hamburgs generell profitieren. Zudem hat den rückläufigen Beschäftigungszahlen zu del befinden. Der Facettenreichtum erfolg- Musik zahlreiche gesellschaftliche Funkti- Anfang des Jahrzehnts eine Trendwende reicher Musikstädte verdeutlicht, dass es onen, unter anderem aufgrund der günsti- in der Musikwirtschaft dar. Diese hat dazu kein Patentrezept dafür gibt, wie eine Stadt gen Einflussnahme auf das Bildungsniveau geführt, dass die Zahl der Arbeitsplätze in ihre Musikwirtschaft unter den jeweiligen der Bevölkerung und die gesellschaftliche diesem Zeitraum in Hamburg um 7 % und Gegebenheiten entwickeln sollte. Es gibt Integration, welche positiv für die weitere damit stärker als in Deutschland insge- aber zahlreiche und kreative Beispiele für Entwicklung Hamburgs zu einer internati- samt zugenommen hat. Hieraus lässt sich Förderansätze aus anderen Städten, wel- onalen Stadtgesellschaft genutzt werden schließen, dass Hamburg in diesem Zeit- che ihre nationale und internationale Aus- können. raum im Vergleich zu anderen Regionen strahlungskraft als Musikstädte gestärkt in Deutschland Standortvorteile für die haben. Diese können für die Gestaltung Musikwirtschaft aufgewiesen hat. Dennoch von entsprechenden Konzepten in Ham- ist der Anteil der Musikwirtschaft an allen burg interessante Anregungen geben. Beschäftigungsverhältnissen, der in Ham- burg 0,54 % beträgt, in Berlin (0,59 %), Der Ausbau der branchenspezifischen München (0,62 %) und Stuttgart (0,62 %) Infrastruktur und die gezielte finanziel- höher. In Berlin waren im Jahr 2007 6 170 le Förderung von Musikern sind wichtige Personen in der Musikwirtschaft sozialver- Ansätze für die Entwicklung der Musik- sicherungspflichtig beschäftigt, in Mün- wirtschaft in Hamburg. Bei der politisch chen 4 150 Personen und in Stuttgart 2 123 gewollten Förderung des Musikstandortes Personen. Hamburg im Rahmen der Initiative „Mu- sikstadt Hamburg“ ist zudem zu berück- Insgesamt ist Hamburg eine Stadt, die sichtigen, dass im Zuge der zunehmenden sehr günstige Voraussetzungen für die Orientierung von Städten auf die Kreativ- Entwicklung der Musikwirtschaft aufweist, wirtschaft der Forschungs- und Bildungs- nicht nur aufgrund des – gemessen an bereich von Städten ein zentraler Faktor 5
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 8 2 Musik und Stadtentwicklung: Vielfältige Effekte und Potenziale 11 2.1 Musikwirtschaft in Hamburg 11 2.2 Musiktourismus als Impulsgeber für Hamburg 25 2.3 Ausbildungsangebote im Bereich „Musik“ in Hamburg 30 2.4 Musik als Standortfaktor: Beispiele europäischer Städte 34 3 Private und öffentliche Förderung der Musik 47 3.1 Argumente für und gegen öffentliche Förderung im Kulturbereich 47 3.2 Aktuelle Ansätze in Hamburg 55 Literatur- und Quellenverzeichnis 62 7
1 Einleitung 1 Einleitung Musik übt auf die Menschen eine große Faszination aus und wird ständig neu erfun- den. Kontinuierlich entstehen neue Kompositionen und Musikrichtungen, die – ins- piriert von verschiedenen Stilen über Klassik, Elektro, Hip-Hop, Pop und Rock – neue Fangemeinden finden. Überall auf der Welt wird musiziert, und dass sie ihren Bewohnern ein vielseitiges die Musikwirtschaft wird, insbesondere kulturelles Umfeld bieten, zu welchem aufgrund der rasanten Weiterentwicklung der Musiksektor einen wichtigen Beitrag neuer Informations- und Kommunikations- leistet. Dieser Aspekt findet zunehmend technologien sowie der steigenden Mobi- Eingang in innovative Stadtentwicklungs- lität von Menschen, zunehmend von der konzepte. Beispiele hierfür sind Oslo, wo Internationalisierung geprägt. Gleichzei- im Jahr 2008 ein architektonisch beein- tig führen die technischen Entwicklungen druckender Opernneubau eröffnet wurde dazu, dass Musik zu einem ständigen Be- sowie Wien und London, die gezielt die gleiter geworden ist. Im Radio, im Fernse- Entwicklung ihrer „Creative Industries“ för- hen oder via Lautsprecher in Einkaufszen- dern (vgl. Kasten 1 „Creative Industries“). tren und auf Bahnhofsvorplätzen - überall ist Musik präsent. Die Erfindung des MP3- Auch für Hamburg, als eine vom wis- Formats hat dieser Entwicklung noch ein- sensbasierten Strukturwandel beeinfluss- mal Vorschub geleistet. Musik kann nahezu te Stadt, ist eine hohe Qualität weicher kostenlos erworben und in großer Vielfalt Standortfaktoren – die auch von der Musik- zu jeder Zeit an jedem Ort gehört werden. landschaft und ihrem Erleben geprägt wer- den – bedeutsam für die Stadtentwicklung. Neben der kulturellen und emotiona- Die weitere Aufwertung der Lebensqualität len Bedeutung von Musik – sie beeinflusst kann dazu beitragen, dass Hamburg auch Stimmungen, unterhält, ist Medizin, Aus- zukünftig erfolgreich im Wettbewerb um drucks- und Beruhigungsmittel – ist sie ein qualifizierte Arbeitskräfte und Bewohner Wirtschaftsfaktor, der im Trend liegt und sein wird. Hierbei ist zu berücksichtigen, auf den auch Hamburg setzt. Die Elbphil- dass im Zeitalter gut entwickelter harter harmonie, der Beatles-Platz und der Ka- Standortfaktoren – wie beispielsweise der rostar sollen dazu beitragen, das Erschei- Infrastruktur und des Immobilienangebots nungsbild Hamburgs als Musikstadt zu - in weiten Teilen Europas die hohe Quali- schärfen. Mit diesen Investitionen stimmt tät der weichen Faktoren an Bedeutung für Hamburg in das Konzert erfolgreicher Me- die Standortentscheidung von Menschen tropolen ein. Attraktive Städte in Europa und Firmen gewinnt. und weltweit zeichnen sich dadurch aus, ¹ Vgl. Ortheil (2007). 8
1 Einleitung Gleichzeitig kann die Hansestadt von die Bedeutung der Musikwirtschaft als internationale Ausstrahlungskraft. Im An- einer florierenden Musikbranche direkt öko- Arbeitgeber und für die Wertschöpfung in schluss an die Analyse von ausgewählten nomisch profitieren. Denn genau so facet- Hamburg analysiert und der Musikstandort Aspekten der Musikwirtschaft in Hamburg tenreich wie Musikrichtungend sind die Hamburg unter diesem Aspekt im deutsch- wird exemplarisch für fünf europäische ökonomischen Wirkungen von Musik. Sie landweiten Vergleich dargestellt. Städte die Bedeutung von musikbezoge- beeinflusst die Wirtschaft unter anderem nen Aktivitäten aufgezeigt. Hierbei wird über den Musiktourismus auf der Reeper- Von großer Bedeutung für Hamburgs deutlich, dass unterschiedliche Konzepte bahn, die Besucher von Opern und Kon- Wirtschaft sind zudem die Auswirkun- und Sparten die Entwicklung von Musik- zertsälen, über das Tonträgergeschäft, den gen der Musikwirtschaft auf andere Wirt- städten prägen. Kleine Clubs und große Instrumentenbau sowie den Verlag und schaftsbereiche, wie sie insbesondere im Opern- und Konzerthäuser – sie sind die Vertrieb von Musikalien. Zusammenhang mit dem Musiktourismus Mosaikteile einer bunten und erfolgrei- entstehen. Ebenso wie die Breite der öko- chen Musikszene. Kapitel drei befasst sich In dieser Studie wird der Frage nach- nomischen Basis der Musikwirtschaft ist die mit der Frage, ob und inwieweit Kultur und gegangen, welche Bedeutung die Musik Ausbildung im Bereich Musik, die im Über- Musik staatlich oder öffentlich gefördert (-wirtschaft) für Hamburg hat und welche blick dargestellt wird, von wachsender Be- werden sollten. Abschließend werden ak- Entwicklungstrends sich in diesem Bereich deutung für die Positionierung Hamburgs tuelle Ansätze zur Förderung der Musik- abzeichnen. In Kapitel zwei wird zunächst als Musikstadt und ihre nationale sowie wirtschaft in Hamburg dargestellt. Kasten 1: Creative Industries Kreativität – die Umsetzung neuer Ide- Magazine, Musik etc.), Computerdienst- Freizeitökonomie, die sich in einem kon- en und die Entfaltung individueller Talen- leistungen, Radio, Fernsehen und auch tinuierlichen Wandel befinden, wie Spor- te – gilt heute als „Rohstoff der Zukunft“ die Musik. Im weiteren Sinne sind dies tevents, Tourismus, Spiele und Edutain- und wird als Schlüsselfaktor für die Pro- Dienstleistungen und Industrien, welche ment. duktivität, das Wachstum und den gesell- ihren Ursprung in der individuellen Krea- schaftlichen Fortschritt angesehen (vgl. tivität, Fähigkeit und Bildung haben (vgl. Entsprechend ist Kreativität in regio- Könönen et al. 2008). In diesem Zusam- Kern European Affairs 2007). nalen Entwicklungskonzepten, insbeson- menhang ist der Begriff der „Creative In- dere zur Förderung der Entwicklung von dustries“ zu sehen, der in den 90er-Jahren Diese Wirtschaftszweige entwickeln Städten, von großer Bedeutung. Zurück- im Vereinigten Königreich im Zuge wirt- sich in Europa, vor allem in Städten, mit gehend auf Richard Florida hat sich die schaftsstruktureller Veränderungen hohe hoher Dynamik. Zum Beispiel bilden die Thematik der „Creative Cities“ zu einem Bedeutung erlangt hat. Creative Industries in London nach den un- aktuellen Forschungsfeld entwickelt (vgl. ternehmensnahen Dienstleistungen den Florida 2002). Verbunden mit der Ent- Zu den Creative Industries zählen die beschäftigungsstärksten Sektor (vgl. Lon- wicklung kreativer Städte ist die Kultur- Wirtschaftsbereiche, in denen die indivi- don Development Agency 2008). Zu den wirtschaft, die zahlreiche Wirtschaftsbe- duelle Kreativität ein entscheidendes Er- Vorreitern in diesem Bereich zählen auch reiche der Creative Industries beinhaltet, folgskriterium ist, wie Werbung, Architek- die skandinavischen Länder, welche die aber bisher nicht abschließend definiert tur, Kunst, (Kunst-)Handwerk, Design und Entwicklung der Erlebnisökonomie (Ex- worden ist. Fashion, Film und Video, Software, dar- perience Economy) forcieren. Relevant stellende Künste, Verlagwesen (Bücher, sind in diesem Konzept zudem Teile der 10
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg 2 Musik und Stadtentwicklung: Vielfältige Effekte und Potenziale 2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Im ersten Kulturwirtschaftsbericht der Insgesamt betrug die Zahl der in der Freien und Hansestadt Hamburg wird eine Kulturwirtschaft beschäftigten Personen Klassifikation der Kulturwirtschaft entspre- in Hamburg im Jahr 2003 20 692 Personen chend von Kunstsparten in sechs Teilmärk- in 8 552 Unternehmen (vgl. Kulturbehörde te vorgenommen, zwischen denen zahlrei- Hamburg 2006), wobei die wirtschaftliche che Verbindungen bestehen; Bedeutung zwischen den einzelnen Märk- ten der Kulturwirtschaft deutlich variiert Musik (vgl. Tabelle 1). Die Musikwirtschaft ist Darstellende Kunst nach der Angewandten Kunst der größte Bildende Kunst kulturwirtschaftliche Teilmarkt und des- Angewandte Kunst halb ein zentrales Element der Kulturwirt- Kulturelles Erbe schaft in Hamburg. Literatur Tabelle 1: Kulturwirtschaft und ihre Teilmärkte in Hamburg Unternehmen Umsatz* Beschäftigte Teilmarkt Musik 772 964.332 4.098 Teilmarkt Darstellende Kunst 1.239 438.742 3.711 Teilmarkt Bildende Kunst 905 203.103 760 Teilmarkt Angewandte Kunst 4.769 2.325.658 8.038 Teilmarkt Kulturelles Erbe 57 16.718 544 Teilmarkt Literatur 810 423.776 3.541 Kulturwirtschaft Gesamt 8.552 4.372.329 20.692 * in 1.000 Euro Quelle: Kulturbehörde Hamburg (2006). 11
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Generell sind in der Literatur unter- die populäre Oper „Die Zauberflöte“ von schiedliche Abgrenzungen der Musikwirt- Wolfgang A. Mozart genannt, die untrenn- schaft zu finden. So wird in einigen Un- bar mit den berühmten Arien, wie die des tersuchungen das Musiktheater (Oper, Vogelfängers Papageno verbunden ist. Operette, Musical) als Teil der Musikwirt- Tabelle 2 stellt die Abgrenzung der Teil- schaft betrachtet, bisweilen aber auch gruppen der Musikwirtschaft dar, welche ausgeklammert und dem Teilbereich Dar- die verschiedenen Aspekte des musika- stellende Kunst zugeordnet.² lischen Schaffens (künstlerisch-kreative, handwerkliche, ökonomische und techni- In der vorliegenden Untersuchung wird sche) widerspiegeln. Diese Kategorisie- das Musiktheater der Musikwirtschaft zu- rung stellt die Grundlage für die Analyse geordnet. Als Begründung wird darauf der Beschäftigung und der Wertschöpf- verwiesen, dass die musikalisch-melodi- ung der Musikwirtschaft in Hamburg dar. sche Komponente der Oper, aber auch der Gleichzeitig zeigt die Differenzierung der Operette und des Musicals zweifelsohne Musikwirtschaft in ihre einzelnen Teilbe- einen wesentlichen Teil des Kulturerle- reiche, dass sie ein sehr facettenreicher bens eines Opern-, Operetten- und Musi- Wirtschaftsbereich ist, für dessen Einzel- calbesuchs ausmacht. Dies wird auch da- märkte naturgemäß sehr unterschiedliche durch deutlich, dass musikalische Werke Wettbewerbsbedingungen gelten. aus Opern, Operetten und Musicals sehr oft einen starken Bekanntheitsgrad er- Die einzelnen Teilgruppen der Musik- langen, der einen, wenn nicht häufig gar wirtschaft haben eine unterschiedliche den wesentlichen Grund für den Besuch Relevanz für den Beschäftigungs- und Pro- der entsprechenden Veranstaltung liefern duktionsbeitrag der Musikwirtschaft. Im dürfte. Als eines von vielen Beispielen sei Jahr 2007 waren in Hamburg insgesamt Tabelle 2: 4 198 Personen in der Musikwirtschaft beschäftigt, davon 2 584 im Bereich Kon- Teilbereiche der Musikwirtschaft zerte und Komposition, 646 im Bereich Musikinstrumente, 638 in Musikverlagen Systematik der Wirtschaftszweige aus dem Jahre 2003 Teilgruppen und 234 in der Musiktechnik.³ Damit be- (WZ 2003), Statistisches Bundesamt finden sich 62 % aller Beschäftigten in der Musikwirtschaft im Bereich Konzerte und Ballettgruppen, Orchester, Kapellen und Chöre Kompositionen. Konzerte und Komponisten, Musikbearbeiter Komposition Theater- und Konzertveranstalter Die Abbildung 1 zeigt, dass im Bereich Opern- und Schauspielhäuser, Konzerthallen Musikwirtschaft der Anteil Hamburgs an der gesamten Beschäftigung in Deutsch- Herstellung von Musikinstrumenten land überproportional hoch ist. Während Musikinstrumente Großhandel mit Spielwaren und Musikinstrumenten Hamburg einen Anteil von 4,7 % an allen Einzelhandel mit Musikinstrumenten und Musikalien in Deutschland in der Musikwirtschaft Beschäftigten hat – annähernd jeder 20. Verlegen von bespielten Tonträgern Arbeitsplatz in der deutschen Musikwirt- schaft ist in Hamburg angesiedelt – betrug Verlegen von Musikalien Musikverlage der Anteil Hamburgs an der gesamtdeut- Vervielfältigen von bespielten Tonträgern schen Beschäftigung Ende 2007 insgesamt Tonstudios hingegen 2,9 %. Es lässt sich feststellen, Herstellung von unbespielten Ton-, Bild und dass die relative Bedeutung Hamburgs Datenträgern als Musikstandort in Deutschland im Zeit- Musiktechnik raum von 2003 bis 2007 zugenommen Herstellung von Rundfunkgeräten sowie phono- und hat. Im Jahr 2007 war in Hamburg ein hö- videotechnischen Geräten herer Anteil aller Beschäftigungsverhält- Quellen: Statistisches Bundesamt (2008) und Zusammenfassung HWWI. ² So wird etwa im Kulturwirtschaftsbericht der Stadt Hamburg das Musiktheater zur Darstellenden Kunst gezählt (vgl. Kulturbehör- de Hamburg 2006). ³ Diese Ergebnisse basieren auf der Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, d.h., selbständige Erwerbstätige sind in den Daten nicht enthalten. Die Summe über die Teilmärkte ist geringer als die Gesamtzahl der Beschäftigten in der Musikwirtschaft aufgrund der Anonymisierung durch das Statistische Bundesamt in kleineren Wirtschaftszweigen. 12
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Abbildung 1: Anteil Hamburgs an der gesamtdeutschen Beschäftigung und an der Beschäftigung in der Musikwirtschaft in % Quelle: Statistikamt Nord (2008), Berechnungen HWWI. nisse in der deutschen Musikwirtschaft Zeitraum im Vergleich zu anderen Regio- angesiedelt als im Jahr 2003. Abbildung nen in Deutschland Standortvorteile auf- 2 zeigt den Anteil der Musikwirtschaft an gewiesen hat. Dies verdeutlicht auch der der gesamten Beschäftigung für Hamburg zeitliche Verlauf der absoluten Zahl der und Deutschland. Hier wird deutlich, dass Beschäftigungsverhältnisse in der Musik- der Anteil der Musikwirtschaft an allen Be- wirtschaft (vgl. Abbildung 3). Insgesamt ist schäftigungsverhältnissen in Deutschland die Beschäftigung in der Musikwirtschaft im Zeitraum von 2003 bis Ende 2007 leicht im Zeitraum von 1999 bis 2007 in Deutsch- zurückgegangen ist, während dieser Wert land und in Hamburg zurückgegangen (vgl. in Hamburg im Jahre 2007 in etwa jenem Abbildung 3). im Jahr 2003 entspricht. Die Entwicklung der Musikwirtschaft in Deutschland insge- Bei der Bewertung der Trends in der samt war in diesem Zeitraum somit leicht Musikwirtschaft ist zu berücksichtigen, ungünstiger als in Hamburg. dass die Entwicklung der Musikindus- trie in Deutschland und weltweit vor dem Diese Tendenz deckt sich mit jener in Hintergrund gravierender Umbrüche auf Abbildung 1. Die relative Konzentration den entsprechenden Märkten stattfindet, von Arbeitsplätzen in der Musikwirtschaft die insbesondere auf Innovationen und hat sich in Hamburg seit dem Jahr 2003 technischen Fortschritt zurückzuführen verstärkt (vgl. Abbildung 1 und 2). Dies sind (vgl. Kasten 2 „MP3 – eine musikali- ist im Hinblick auf die Stärkung der Basis sche Revolution?“) und die starken Ein- sowie die Entwicklung von Potenzialen für fluss auf Teilbereiche der Musikwirtschaft positive Clustereffekte im Bereich der Mu- nehmen. Diese Entwicklungen haben bei- sikwirtschaft in Hamburg als günstig zu spielsweise zur Folge, dass in Deutschland bewerten. das Geschäft mit Musikdownloads starke Zuwächse verzeichnet (Absatz + 39 % in Die Entwicklung in der jüngeren Ver- 2007 gegenüber 2006), während der Ton- gangenheit lässt darauf schließen, dass trägerabsatz zurückgeht (- 4 % in 2007 Hamburg in der Musikwirtschaft in diesem gegenüber 2006).⁴ ⁴ Vgl. Ehmer/Porsch (2008). 13
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Abbildung 2: Zudem lässt sich feststellen, dass wäh- Anteil der Musikwirtschaft an allen Beschäftigten für Hamburg und rend die Umsätze auf dem Tonträgermarkt Deutschland in % rückläufig sind, der Veranstaltungsmarkt – beispielsweise für Konzerte – weiter expandiert.⁵ Die Vermarktung von Live- musik könnte davon profitieren, dass Mu- sikreproduktionen und Tonträger aufgrund der Möglichkeiten zum Download und der individuellen Vervielfältigung an Exklusi- vität verlieren. Das Liveerlebnis von Musik erfährt hierdurch eine Aufwertung, von der andere Wirtschaftszweige – wie beispiels- weise die Tourismuswirtschaft – profitie- ren können. ⁵ Vgl. Ehmer/Porsch (2008). Quelle: Statistikamt Nord (2008), Berechnungen HWWI. Kasten 2: MP3 - eine musikalische Revolution? Das MP3-Format, Abkürzung für MPEG- Albums setzt er sich an den heimischen immer geringere Rolle. Auch Plattenlabels 1 Audio Layer 3, ist ein Dateiformat zur PC und gewinnt anhand der von den On- verlieren durch die neuen Vertriebskanä- Komprimierung von Audiodaten. Es wur- linehändlern zur Verfügung gestellten, 30 le immer mehr an Einfluss (vgl. Voregger de vom Fraunhofer-Institut für integrier- Sekunden langen Hörbeispiele im MP3- 2004). te Schaltungen in Erlangen ab dem Jahr Format einen Eindruck von der CD, die er 1982 entwickelt und zur Marktreife ge- zu kaufen plant. Relevant für das Konsum- Mittlerweile sind bereits die Weiterent- bracht. Der Siegeszug der MP3-Dateien verhalten im Hinblick auf Musik ist, dass wicklungen des Formats, MP3Pro, MPEG-4 benötigte etwas Zeit, bevor er in Fahrt die Verfügbarkeit räumlich und zeitlich AAC und AAC+ am Markt. Fest steht, dass kam – dann aber war er nicht mehr aufzu- im Zuge der technischen Innovationen in MP3 den Musikkonsum auf eine Weise ver- halten. Der Grund lag darin, dass das neue der jüngeren Vergangenheit immens zu- ändert hat, die weit über die Einführung Dateiformat seiner Zeit voraus war und es genommen hat. Dies ist aus Konsumen- einer neuen Technik hinausgeht. Und nie- zunächst noch keine passende Hardware tensicht sehr positiv zu bewerten. Kritiker mand weiß, was als Nächstes kommt. zum Abspielen gab. bemängeln hingegen die Qualitätsent- wicklung. Musik differenziere immer sel- Sicher ist: Die Innovationen in diesem Mit der Entwicklung der MP3-Player tener zwischen lauten und leisen Passa- Bereich werden weiter voranschreiten. hat sich dies geändert, und Musik ver- gen, da MP3-Dateien diese nicht abbilden Forschung und Entwicklung sowie Men- breitet sich weltweit über Downloads, die können. Insgesamt werde die Musik lauter schen mit kreativen Fähigkeiten sind die häufig kostenlos (und in vielen Fällen ille- und die Klangqualität verschlechtere sich wichtigen Faktoren für die hiermit ver- gal) sind. Musik wird immer weniger über dramatisch (vgl. Haustein-Teßmer und bundenen Veränderungen in der Musik- Radio und TV vermarktet, dafür zuneh- Winckler 2008). wirtschaft. Diese Trends sollten nicht nur mend über Internetplattformen. Hier stel- als Gefahr für etablierte Produkte und len sich die Künstler dem Publikum, und Ein weiterer Trend ist zu beobachten: Dienstleistungen in der Musikbranche, ihre Musikdateien können aus dem In- Das traditionelle Album, mit welchem sondern auch als Anreiz gesehen werden, ternet heruntergeladen werden. Auch für Künstler einen breiteren Ausschnitt ihres neue Produkte und Geschäftsideen zu den Käufer der altbewährten CD bietet die musikalischen Könnens repräsentieren, entwickeln. neue Technik Vorteile: Vor dem Kauf eines spielt aufgrund der Selektion via MP3 eine 14
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2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Eine nach Teilmärkten differenzierte liegt Hamburg im Trend: Die zur Kultur- Betrachtung der Entwicklung in der Musik- und Kreativwirtschaft zählende Teilbran- wirtschaft seit dem Jahr 1999 zeigt deut- che Musikinstrumentenindustrie erzielte lich, dass sich einzelne Segmente dieses im Jahr 2007 in Deutschland Umsätze in Wirtschaftsbereiches sehr unterschiedlich Höhe von 420 Mio. Euro. Wachstumsträ- entwickelt haben. Einen Anstieg der Be- ger waren in diesem Wirtschaftsbereich im schäftigung gab es in erster Linie in der Jahr 2007 wie bereits im Jahr 2006 die Ex- Musiktechnik, während Musikverlage so- porte, die im Jahr 2007 in Deutschland in wie Konzerte und Komposition in Hamburg dieser Industrie im Vergleich zum Vorjahr Beschäftigungsverluste zu verzeichnen hat- um 6 % angestiegen sind.⁶ ten. In der jüngeren Vergangenheit, im Zeitraum von 2003 bis 2007, haben hin- Eine Voraussetzung dafür, dass die gegen alle vier betrachteten Teilmärkte der deutschen Instrumentenbauer aufgrund Musikwirtschaft in Hamburg eine Zunahme ihres qualitativ hochwertigen Sortiments der Beschäftigung realisiert. Das heißt, es auch zukünftig auf den Exportmärkten ist eine Trendwende in der Musikwirtschaft erfolgreich sein werden, sind Forschungs- zu erkennen, die dazu geführt hat, dass die und Entwicklungsaktivitäten im Zusam- Zahl der Arbeitsplätze in diesem Zeitraum menhang mit dem Musikinstrumenten- in Hamburg um 7 % zugenommen hat. bau. Dies zeigt deutlich, dass dieser Teil Abbildung 3: der Musikwirtschaft zunehmend den Crea- Beschäftigungsentwicklung in der Musikwirtschaft und ihren Teilbereichen in % tive Industries zuzuordnen ist, weil seine erfolgreiche Entwicklung in erheblichem Maße auf Know-how, Innovationsfähigkeit und Menschen mit kreativen Fähigkeiten basiert. In dem Bereich des Musikinstrumen- tenbaus hat Hamburg eine wichtige Positi- on in Deutschland. Abbildung 4 zeigt, dass Hamburg beim Musikinstrumentenbau deutschlandweit das drittgrößte Beschäf- tigungsvolumen aufweist. Spitzenreiter in diesem Segment der Musikwirtschaft ist der im südwestlichen Sachsen gelegene Vogtlandkreis, der eine große Tradition im Musikinstrumentenbau aufweist. An zwei- ter Position befindet sich der Main-Tauber- Kreis, welcher der nördlichste Landkreis in Baden-Württemberg ist. Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2008), Berechnungen HWWI. Besonders deutlich war der Beschäf- tigungsanstieg in der Musiktechnik (+ 84,3 %), wobei dieser Bereich sich von einem vergleichsweise geringen Niveau aus (127 Beschäftige im Jahr 1999) entwi- ckelt hat. Beispiele für Firmen aus der Musiktech- nik mit Niederlassung in Hamburg sind Panasonic und Philips. Hervorzuheben ist zudem die Entwicklung im Bereich des Musikinstrumentenbaus (vgl. Kasten 3 „Musikinstrumente aus Hamburg“). Damit ⁶ Vgl. o.V. (2008a). 16
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Abbildung 4: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Herstellung von Musikinstrumenten 2007, Kreise und kreisfreie Städte Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2007), Berechnungen HWWI. Kasten 3: Musikinstrumente aus Hamburg In Hamburg gibt es 26 Unternehmen, Unterrepräsentiert sind in Hamburg in jüngster Zeit zu Absatzeinbußen ge- deren primärer Geschäftszweck der Bau der Orgelbau und der Bau von Metallblas- führt, wie auch die verstärkte Produktion von Musikinstrumenten ist (vgl. Statisti- instrumenten. Die meisten Orgelbauer von Blechblasinstrumenten in asiatischen kamt Nord 2008). Gemessen an der Zahl sind in Süddeutschland ansässig, was Ländern. der sozialversicherungspflichtig Beschäf- auch konfessionell-religiöse Gründe hat: tigten liegt die Hansestadt hier auf Platz Der Verkauf von Kirchenorgeln in Nord- Neben dem künstlerischen Bereich drei in Deutschland (siehe Abbildung 4). deutschland ist vor dem Hintergrund der – der Musik, dies verdeutlicht das Beispiel Die Branche erwirtschaftete im Jahr 2006 im Vergleich zum katholischen Raum – be- des Instrumentenbaus, ist auch der hand- in Hamburg einen Umsatz in Höhe von sonders stark sinkenden Mitgliederzahlen werkliche Aspekt von unmittelbarer Re- etwa 10,7 Mio. Euro. Ein wichtiges Stand- und abnehmenden Einnahmen der protes- levanz für die Musikwirtschaft. Der Bau bein stellt der Bau von Flügeln und Klavie- tantischen Kirche seit einiger Zeit deutlich von Musikinstrumenten ist ein Beruf, in ren dar. rückläufig. Dies wird nur teilweise durch dem nur einige der meist kleinen Hand- das boomende Auslandsgeschäft kompen- werksbetriebe regelmäßig ausbilden. Der Mit Steinway & Sons beheimatet Ham- siert. Ein steigender Anteil der Orgeln wird größte Ausbilder in Hamburg ist Steinway burg seit 1880 ein Unternehmen von in die USA und nach Asien exportiert, ins- & Sons. Dort lässt sich die dreieinhalbjäh- Weltrang, das Flügel und Klaviere in alle besondere nach Südkorea und Japan. Im rige Ausbildung zum Klavierbauer absol- Erdteile exportiert und jährlich rund 1 400 Bereich der Metallblasinstrumente zählen vieren. Nach Angaben des Unternehmens Instrumente in der Hansestadt herstellt. Hamburg und Norddeutschland nicht zu befanden sich im Jahr 2008 dort 15 Per- Ein weiteres Standbein des Instrumen- den Schwerpunktregionen in Deutschland. sonen in Ausbildung, während in der Pro- tenbaus bildet die Fertigung von Geigen. Die historischen Zentren dieses Segments duktion 268 Beschäftigte tätig waren. Im Im Raum Hamburg sind etwa 15 Unter- liegen in Böhmen, Sachsen und Bayern. Gegensatz zu Kleinstbetrieben legt Stein- nehmen im Geigenbau tätig. Traditionell Dennoch gibt es in Hamburg einige Unter- way & Sons den Schwerpunkt auf industri- sind das Geigenhandwerk wie auch die nehmen, die vor allem Trompeten und Tu- ellen Instrumentenbau. übrigen Zweige des Musikinstrumenten- bas herstellen, wobei die ersteren haupt- baus sehr international ausgerichtet, der sächlich am deutschen Markt verkauft und (Die Angaben basieren auf Telefonaus- Absatz wird also seit jeher relativ stark Tubas in erster Linie in die USA exportiert künften der genannten Unternehmen am von der Auslandsnachfrage beeinflusst. werden. Hier hat allerdings der starke Euro 6.8.2008). 17
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Abbildung 6: Bei Betrachtung des Umsatzes und der Anteile einzelner Teilbereiche an der Wertschöpfung in der Musikwirtschaft Wertschöpfung⁷ in Kombination mit den 2006 in % Beschäftigungszahlen in den einzelnen Segmenten der Musikwirtschaft lassen sich interessante Schlussfolgerungen ziehen. Insgesamt betrug der Umsatz in derMu- sikwirtschaft in Hamburg im Jahr 2006 766 Mio. Euro (vgl. Abbildung 5). Hieran haben die Musikverlage (638 Beschäfti- ge in 2007) den größten Anteil, während erst an zweiter Stelle der beschäftigungs- stärkere Teilmarkt (2.548 Beschäftige in 2007) Konzert und Komposition steht. Insgesamt ist nach einem Rückgang zu Ende der 1990er Jahre ab dem Jahr 2003 ein merklicher Anstieg der Wertschöpfung in der Musikwirtschaft festzustellen, der Quelle: Statistikamt Nord (2008), Berechnungen HWWI. allerdings durch einen leichten Rückgang im Jahr 2006 gedämpft wird. Die Wert- schöpfungsquote (Anteil der Wertschöp- Die relativ hohe Wertschöpfung ist mit dementsprechend auch eine insgesamt fung am Umsatz) lag in der Musikwirtschaft den strukturellen Besonderheiten der höhere Wertschöpfungsquote als in der in Hamburg im Jahr 2006 bei rund 26 %. Hamburger Musikwirtschaft zu erklären. deutschen Musikwirtschaft. Neben den Am höchsten ist sie mit rund 30 % bei den Der Anteil der Musikverlage an der gesam- Musikverlagen hat auch der Bereich Kon- Musikverlagen, gefolgt von der Musiktech- ten Wertschöpfung war in Hamburg im Jahr zerte und Komposition in Hamburg ein nik (rund 20 %), den Bereichen Konzert 2006 deutlich höher als in Deutschland stärkeres Gewicht als auf Bundesebene. und Komposition (rund 19 %) und Musik- insgesamt (vgl. Abbildung 6). Da Musik- Aufgrund der starken Position der Musik- instrumente (knapp 18 %).⁸ Für Deutsch- verlage innerhalb der Musikwirtschaft die verlage spielen die übrigen Bereiche für land ergibt sich eine niedrigere Wertschöp- höchste Wertschöpfungsquote aufweisen, die Wertschöpfung und den Umsatz pro- fungsquote in Höhe von 19,3 %. besteht in der Hamburger Musikwirtschaft zentual eine geringere Rolle. Abbildung 5: Entwicklung des Umsatzes in der Musikwirtschaft und ihren Teilbereichen in ⁷ Die Wertschöpfung gibt die Differenz aus dem Wert der pro- duzierten Dienstleistungen und Güter abzüglich Wertes der Hamburg in Mio. Euro hierfür eingesetzten Vorleistungen an. Die Wertschöpfung in der Musikwirtschaft wurde vom HWWI aus der Umsatz- steuerstatistik für das Bundesland Hamburg berechnet. ⁸ Berechnungen des HWWI auf Basis der Umsatzsteuersta- tistik. Quelle: Statistikamt Nord (2008), Berechnungen HWWI. 18
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Abbildung 7: Die große Bedeutung der Musikverlage Einen zusammenfassenden Überblick Umsätze in der Musikwirtschaft in für die Wertschöpfung ist im Wesentlichen der Beschäftigung in der Musikwirtschaft Hamburg 2006 in 1.000 Euro dem generell hohen durchschnittlichen in Deutschland gibt Abbildung 9, die den Umsatz in diesem Teilbereich geschuldet. Anteil der in dieser Branche beschäftigten Wie Abbildung 8 zeigt, ist der mittlere Um- Personen an der Gesamtbeschäftigung für satz bei einem Teilsegment der Musikver- Kreise und kreisfreie Städte beinhaltet. lage (Verlegen von bespielten Tonträgern) Die darauf folgende Abbildung 10 zeigt die von allen Sparten am zweithöchsten. Da- regionale Verteilung der Beschäftigung rüber hinaus hängt der hohe Wertschöp- in der Musikwirtschaft unter Ausschluss fungsanteil der Musikverlage an der Mu- des Teilbereichs Musiktechnik. Der Aus- sikwirtschaft in Hamburg mit der hohen schluss der Musiktechnik verfolgt das Ziel, Präsenz von Musikverlagen im Hamburg die Schwerpunktregionen im Bereich der zusammen. Die weltweit größten Unter- künstlerisch-handwerklichen Komponen- nehmen in diesem Bereich – Emi, Warner ten der Musikwirtschaft – als Bestandteil Music Group und edel Group AG – sind in der sogenannten Creative Industries – zu Hamburg präsent. Darüber hinaus gibt es verdeutlichen. Die Abbildung 10 veran- eine Reihe weiterer Independentlabels schaulicht, dass diese vor allem im säch- und kleine Musikverlage, beispielsweise sischen und fränkischen Raum, aber auch für klassische Musik. in den Metropolregionen Hamburg, Berlin und München liegen. Quelle: Statistikamt Nord (2008), Berechnungen HWWI. Abbildung 8: Durchschnittlicher Umsatz in den Unternehmen der Musikwirtschaft, Deutschland 2006 in 1.000 Euro Quelle: Statistisches Bundesamt (2008). 19
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Abbildung 9: Abbildung 10: Anteil der Musikwirtschaft an der gesamten Anteil der Musikwirtschaft (ohne Musiktechnik) an der Beschäftigung 2007 gesamten Beschäftigung 2007 Hamburg Hamburg SK Braunschweig Berlin Berlin LK Löhau- Zittau SK Dresden SK Leipzig Köln Köln LK Vogtlandkreis LK Meißen =0 % Frankfurt/Main >0 % Frankfurt/Main > 0,05 % LK Erlangen-Höchstadt SK Bayreuth = 0 % > 0,1 % < 0,05 % > 0,15 % < 0,1 % > 0,2 % < 0,5 % >= 0,5 % LK Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim Stuttgart Stuttgart München München Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2008), Berechnungen HWWI. Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2008), Berechnungen HWWI. Gemessen an der absoluten Zahl weist Einwohner) aufgrund der deutlich höhe- Neben den Indikatoren zur Wertschöp- Hamburg von allen deutschen Kreisen und ren Bevölkerungszahlen über jenem von fung und Beschäftigung zeigt die Konz- kreisfreien Städten nach Berlin die höchs- Hamburg (1,7 Mio. Einwohner) liegt, was entration von Musikern in bestimmten te Anzahl an Beschäftigungsverhältnissen einen Erklärungsgrund für die höhere ab- Regionen deren Attraktivität für diesen in der Musikwirtschaft auf (vgl. Abbildung solute Zahl von Erwerbstätigen in der Mu- künstlerischen Beruf und Spezialisierung- 11). Die absolute Anzahl der Beschäfti- sikbranche in Berlin darstellt. en in diesem Bereich. gungsverhältnisse in der Musikwirtschaft ist von hoher Relevanz für die Entwicklung Abbildung 11: von Clusterstrategien in diesem Bereich. Beschäftigte in der Musikwirtschaft und selbstständige Das Funktionieren von Clustern basiert auf Kulturschaffende im Musikbereich 2007 dem Erreichen einer „kritischen Masse“ und der räumlichen Nähe sowie der Face- to-Face-Kontakte der für die Entwicklung der Musikwirtschaft relevanten Akteure. Die Ausgangsbedingungen sind hierfür – gemessen an der Zahl der Beschäftigungs- verhältnisse in der Musikwirtschaft – in Hamburg als günstig zu bewerten. Ebenso erreicht Hamburg bei den selbst- ständigen Kulturschaffenden im Musikbe- reich nach Berlin den zweiten Platz. Die in Abbildung 11 dargestellten Erwerbstätigen im Musikbereich addieren sich auf 6 438 in Hamburg und 11 711 in Berlin. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Poten- zial für Musikkonsum in Berlin (3,4 Mio. Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2008), Künstlersozialkasse (2008), Berechnungen HWWI. 20
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Abbildung 12: Die Musikerquote (Musiker in Relation Musikerquote in Deutschland 2007 zu allen sozialversicherungspflichtig Be- schäftigten) in Deutschlands Kreisen und kreisfreien Städten zeigt Abbildung 12. Sie weist Schwerpunkte in folgenden Re- gionen Deutschlands aus: im Hamburger, Berliner, Münchner und Kölner Raum, im Hamburg hessisch-pfälzisch-badischen, oberbayeri- schen und fränkischen Gebiet. Die höchste Musikerquote erreicht die Stadt Weimar Berlin mit einem Wert von 0,82 %, gefolgt von Berlin (0,53 %) und Freiburg im Breisgau (0,51 %). Hamburg liegt auf Platz 16 (0,29 %), Köln während der benachbarte Landkreis Har- burg in Niedersachsen auf Platz 10 =0 % (0,34 %) kommt. Unter den fünf größten Frankfurt/Main >0 % > 0,05 % Städten Deutschlands liegt Hamburg da- > 0,1 % > 0,15 % mit auf Rang drei, hinter Berlin (Rang 1 > 0,2 % mit 0,53 %) und Köln (Rang 2 mit 0,33 %). Damit stellt sich Hamburg unter den deut- Stuttgart schen Großstädten als ein relativ attraktiver Ort für Musiker dar, die ihrerseits mit ihrer München Standortentscheidung zur Entwicklung der Kulturszene und Creative Industries in ei- ner Region beitragen (vgl. Kasten 4: Musi- kalischer Stadtteil St. Pauli). Quelle: Künstlersozialkasse (2008), Berechnungen HWWI. Kasten 4: Musikalischer Stadtteil St. Pauli Wer kennt sie nicht, die Erlebnismeile circa 600 Arbeitsplätze allein bei den Live- letzten Jahren die Tendenz zu beobach- Reeperbahn mit ihren zahlreichen Clubs, Musikclubs generieren. Die Musikszene ten, dass vor allem kleine und individuell Bars und Kneipen? Täglich, und insbeson- weist eine ausgeprägte Vielfalt auf und ausgerichtete „Locations“ auf St. Pauli dere an den Wochenenden treffen sich hat Platz für unterschiedliche Musikrich- Existenzprobleme haben. Immer mehr dort nicht nur mehrere Tausend Hambur- tungen. Die „Hamburger Schule“ ist ein Clubs, vor allem kleinere Läden, mussten ger Partygänger, sondern auch Touristen, Aushängeschild der deutschsprachigen schließen, sodass der Begriff des „Club- die sich den nächtlichen Besuch auf dem Musik, welche ihre Wurzeln auf dem Kiez sterbens“ immer häufiger fällt. Größere Kiez nicht entgehen lassen wollen. Denn hat und von St. Pauli aus ab Ende der 80er- und finanziell besser ausgestattete Ver- St. Pauli gilt immer noch als ein Zentrum Jahre Bands in ganz Deutschland prägte. anstaltungsorte gewinnen an Bedeutung der deutschen Rock- und Popkultur. In kei- Prominente Vertreter dieser Musikbewe- und verdrängen kleine Clubs, sodass die nem anderen Stadtteil in Hamburg – und gung in den 90er-Jahren sind Blumfeld, Musikszene mehr und mehr dem Main- auch nur in wenigen anderen deutschen Die Sterne und Tocotronic. In den rund stream folgt. Wenn individuell ausgelegte Städten – findet man eine so hohe Kon- 30 Live-Musikclubs finden jährlich rund 4 Musikclubs in St. Pauli weiter an Bedeu- zentration von Musikclubs, Bars, Musik- 500 Live-Musikveranstaltungen statt (vgl. tung verlieren, dann ist hiervon die Mu- bühnen und anderen Veranstaltungsorten. Birnkraut und Partner 2006). sikszene in ihrer Vielfalt negativ betroffen. Seit 2006 findet jährlich im Septem- Entsprechende Entwicklungen verändern ber das Reeperbahnfestival statt, mit dem Der Musik-Hotspot Reeperbahn hat das Image des Standortes und seines Mi- New International Music in den Clubs ge- Historie: Die Reeperbahn gilt als Aus- lieus für Kreativität. Von diesem haben fördert wird. gangsort für die Weltkarriere der Beatles, sich in der Vergangenheit selbstständige denen im Jahr 2008 nach 45 Jahren ih- Musiker in Hamburg offensichtlich inspi- Laut „Kiezguide“, der 2006 in Zusam- res ersten Auftritts in der Stadt in Form riert gefühlt: So steigt ihre Zahl seit 1998 menarbeit der Hamburg Marketing GmbH von fünf Edelstahlskulpturen an der Ecke kontinuierlich (vgl. Abbildung 13). und dem HSI Verlag entstanden ist, gibt es Reeperbahn/Große Freiheit ein Denkmal in St. Pauli 28 Clubs und 27 Tanzbars, die gesetzt worden ist. Allerdings ist in den 21
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Abbildung 14: Wie stark die Musikwirtschaft insge- Kreise mit dem höchsten Anteil der Musikwirtschaft an der samt die Entwicklung einer Region prägt, Gesamtbeschäftigung 2007 in % hängt davon ab, welchen Anteil sie an der Gesamtwirtschaft aufweist. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die relative Be- deutung dieses Wirtschaftsbereichs für die Kreise und kreisfreien Städten in Süd- deutschland höher ist als in den anderen Regionen Deutschlands (vgl. Abbildung 14). Herausragend ist die Position Rosen- heims, wo 6,4 % der Beschäftigten in der Musikwirtschaft tätig sind. In Abbildung 15 sind die Lokalisations- koeffizienten in der Musikwirtschaft für die zwanzig größten deutschen Städte darge- stellt. Der Lokalisationskoeffizient setzt den Beschäftigungsanteil der Musikwirt- schaft in der jeweiligen Stadt in Relation zum Beschäftigungsanteil der Musikwirt- Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2008), Darstellung: HWWI. schaft in Deutschland insgesamt. Städte, die einen Wert größer als eins aufweisen, musikwirtschaftlichen Teilgebiete sowie lichen Abstand zu den anderen fünf der haben im deutschlandweiten Vergleich der Spezialisierung der Regionalökonom- sechs größten deutschen Städte – Berlin, eine relativ starke Ausprägung der Mu- ien auf die Musikwirtschaft ziehen. Zahlrei- Hamburg, Köln, München und Stuttgart – sikwirtschaft, während ein Wert kleiner che der größten deutschen Städte weisen aufweist. als eins eine unterdurchschnittliche Be- eine überdurchschnittliche Spezialisier- deutung indiziert. Aus dem Vergleich der ung im Bereich der Musikwirtschaft auf. Insgesamt verdeutlicht der Lokalisati- Lokalisationskoeffizienten der einzelnen Auffallend ist die relativ schlechte Positio- onskoeffizient, dass die Musikwirtschaft deutschen Städte lassen sich Rückschlüsse nierung Frankfurts in diesem Bereich, das für die urbane Entwicklung eine wichtige hinsichtlich der Bedeutung der einzelnen in diesem Zusammenhang einen deut- Rolle spielt, denn zahlreiche deutsche Großstädte weisen eine deutliche Konzen- Abbildung 13 : trationen von Unternehmen der Musikwirt- schaft auf. Die Spezialisierung im Bereich Entwicklung der Anzahl selbstständiger Kulturschaffender im der Musikwirtschaft lässt sich zudem für Musikbereich in Hamburg die einzelnen Teilmärkte berechnen. Dies stellt Tabelle 3 exemplarisch für die sieben deutschen Städte in denen mehr als 2 000 Menschen in der Musikwirtschaft beschäf- tigt sind, dar. Insgesamt ist festzustellen, dass unter diesen Städten die Speziali- sierung im Bereich der Musikwirtschaft in Hannover und Hildesheim am stärksten ausgeprägt ist; darauf folgen Stuttgart, München und Berlin. Hamburg weist den sechst höchsten Lokalisationskoeffizienten auf. Ferner wird deutlich, dass die Stärken Hamburgs eher in Bereichen liegen, die nicht zu den beschäftigungsstärksten innerhalb der Musikwirtschaft zählen. Quelle: Künstlersozialkasse (2008). 22
2.1 Musikwirtschaft in Hamburg Abbildung 15: So nimmt Hamburg im Bereich Musik- Lokalisationskoeffizient der Beschäftigten in der Musikwirtschaft für die verlage den ersten Platz vor Berlin ein, bei 20 größten deutschen Städte 2007 den Musikinstrumenten den zweiten Platz knapp hinter Köln. Es ist allerdings zu be- rücksichtigen, dass die Werte für Hannover und Hildesheim stark von der Musiktechnik nach oben verzerrt werde, während diese Städte in den künstlerisch-kreativen Berei- chen geringer spezialisiert sind. Die Bereiche Musikverlage, Musikins- trumente und Musiktechnik sind generell jene Bereiche mit relativ geringer Be- schäftigung. Zudem hat ein bedeutendes Unternehmen der Musikindustrie, der Musikkonzern Universal, seine deutsche Zentrale im Juli 2002 von Hamburg nach Berlin verlagert. Es ist dennoch festzu- stellen, dass Hamburg in der Musikwirt- schaft, Verlagswesen und dem Bau von und dem Handel mit Musikinstrumenten im deutschen Städtevergleich eine ausge- sprochene Spezialisierung aufweist. Die relativ stark ausgeprägte Konzentration bestimmter Sparten der Musikwirtschaft in Hamburg lässt darauf schließen, dass die Standortbedingungen für diesen Bereich hier vergleichsweise günstig sind. Quelle. Bundesagentur für Arbeit (2008). Insgesamt zeigen die empirischen Er- gebnisse eine deutlich überdurchschnitt- lich hohe Bedeutung der Musikwirtschaft in Hamburg im deutschlandweiten Vergleich und auch insbesondere positive Beschäf- Tabelle 3: tigungsentwicklungen in den einzelnen Lokalisationskoeffizienten 2007 * Teilbereichen dieses Wirtschaftszweiges in jüngerer Vergangenheit. Hamburg ist Musik- Konzerte u. Musikins- Musik- Musik- ein Standort, der Spezialisierungen in der wirtschaft Komposition trumente Verlage technik Musikwirtschaft aufweist und aufgrund gesamt der relativen Stärke der Musikwirtschaft in Berlin 1,76 2,76 0,56 2,43 0,62 der Stadt günstige Entwicklungsfaktoren Hamburg 1,63 2,10 1,49 3,34 0,32 für die Zukunft dieses Musikbereichs auf- Region Hannover 2,27 1,42 0,53 0,60 2,61 weist. Hildesheim 10,90 0,02 0,98 0,00 34,20 Köln 1,46 2,01 1,57 1,07 0,08 München 1,84 2,74 1,12 1,28 0,30 Stuttgart 1,85 3,65 0,32 0,39 0,04 Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2007), Berechnungen HWWI. * Lokalisationsmaß = Anteil der Beschäftigung an der jeweiligen Gesamtbeschäftigung im jeweiligen Teilbereich in der betreffenden Stadt dividiert durch Anteil der Beschäftigung an der jeweiligen Ge- samtbeschäftigung im jeweiligen Teilbereich in Deutschland. 23
Disneys König der Löwen © Stage Entertainment 24
2.2 Musiktourismus als Impulsgeber 2.2 Musiktourismus als Impulsgeber für Hamburg Die ökonomische Bedeutung der Musikbranche geht deutlich über die in Abschnitt 2.1 dargestellten Aspekte hinaus. Im Zusammenhang mit der Musikwirtschaft stehen insbesondere die Entwicklung der Tourismusbranche und der mit ihr verbundenen Wirtschaftsbereiche (wie zum Beispiel der Einzelhandel und das Transportwesen). Konzerte, Festivals und Musicals ha- Musicals oder Opern. Damit erreicht Ham- ben hinsichtlich ihrer Besucher in der Re- burg einen nahezu viermal so hohen Wert gel einen überregionalen Einzugsbereich, wie Deutschland im Durchschnitt, was die was wirtschaftliche Effekte im Hinblick auf Bedeutung Hamburgs als musiktouristi- Tourismus mit sich bringt. Musikveranstal- sche Destination herausstellt.¹¹ tungen sind – als Teilaspekt des kulturel- len Angebotes – ein wichtiger Faktor der Im Vergleich zu anderen Tourismusfor- touristischen Attraktivität, insbesondere men sind die ökonomischen Effekte des von Städten. 77 % der Deutschen konsu- Kulturtourismus überdurchschnittlich hoch, mieren im Urlaub gelegentlich Kultur und weil Kulturtouristen höhere Ausgaben tä- 37 % besuchen Musikaufführungen. Im tigen als andere Ausflügler. Während ein Jahr 2006 gab es in Deutschland 18 Mio. Kulturtourist in Deutschland durchschnitt- Veranstaltungstouristen und ca. 80 Mio. lich 24,90 Euro pro Tag ausgibt, sind es bei Kulturausflügler. anderen Tagesausflüglern 18,95 Euro.¹² Der Kulturtourismus wird von 81 % der Vor diesem Hintergrund ist auch die deutschen Großstädte als „sehr wichtig“ Ausprägung der Hamburgischen Musik- eingestuft und Kultur ist für 4,9 Mio. Ur- landschaft als Tourismusfaktor zu bewer- laubsreisen der Deutschen der Haupt- ten. In Hamburg gibt es eine Vielzahl von grund.⁹ Prognosen zur Entwicklung der öffentlich, privat oder durch Mischformen Tourismusbranche zeigen, dass der Kultur- finanzierten musikalischen Veranstaltun- tourismus zukünftig weiter expandieren gen, die eine überregionale Ausstrahlung wird und deshalb einen Wachstumsbereich haben und für eine hohe Anzahl von Be- für Städte darstellt. Während im Durch- suchern konzipiert sind. Veranstaltungs- schnitt der Jahre 2005 bis 2007 12 % aller orte für musikalische Großereignisse sind Reisenden in Deutschland in den folgenden beispielsweise die Color Line Arena (bis drei Jahren eine Kulturreise planten, sind zu 16 000 Besucher), die Alsterdorfer es für den Zeitraum 2008 bis 2010 14 %.¹⁰ Sporthalle (bis zu 7 000 Besucher) und das Es ist zu erwarten, dass auch Musikver- Congress Centrum Hamburg (CCH 1 bis zu anstaltungen hiervon in Form steigender 3 000 Besucher). Die erwerbswirtschaftlich Besucherzahlen profitieren werden, unter geführten Großstätten in Hamburg verfü- anderem aufgrund der zunehmenden Be- gen über eine Gesamtkapazität von über liebtheit des Liveerlebens von Musik (vgl. 60 000 Plätzen.¹³ Einen erheblichen Anteil Abschnitt 2.1). Im Jahr 2008 dienten etwa am Musiktourismus in Hamburg haben 8,2 % der Ausflüge nach Hamburg primär Musicals, die im Jahr 2007 etwa zwei Mio. den Besuchen von Theatern, Konzerten, Besuche verbuchen konnten.¹⁴ ⁹ Vgl. Sparkassen Tourismusbarometer ¹² Vgl. Feige (2006). Schleswig-Holstein (2003); DTV (2006). ¹³ Vgl. Kulturbehörde Hamburg (2006). ¹⁰ Vgl. Feige (2006); F.U.R. Reisenanalyse (2008). ¹¹ Vgl. Tourismus GmbH Hamburg (2008). ¹⁴ Vgl. Hamburg Tourismus GmbH (2008). 25
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