HESSISCH BIO FÜR DIE GROßKÜCHE - IHR WEG ZU MEHR BIO-REGIONALEN PRODUKTEN IN DER HESSISCHEN GEMEINSCHAFTSVERPFLEGUNG - FIBL
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Hessisch Bio für die Großküche Ihr Weg zu mehr bio-regionalen Produkten in der hessischen Gemeinschaftsverpflegung Ein Projekt im Rahmen der Hessischen Ernährungsstrategie
Inhalt Ernährungsstrategie – oder: wie man lecker, ökologisch und regional zusammenbringt.. 1 Hessische Essgeschichten "Was ist der Unterschied zwischen Grie Soß und Griene Sose?".......................................... 2 Bio is(s)t besser! Echt? ..........................................................................................3 Hessische Essgeschichten „Stinkt ein richtiger Handkäs?“................................................................................................... 9 Regionales Bio in der Großküche..................................................................... 10 Wo bekomme ich Unterstützung?............................................................................................ 11 Einstieg ....................................................................................................................................... 12 Beschaffung................................................................................................................................ 17 Kalkulation und Kosten.............................................................................................................. 21 Hessische Essgeschichten „Ist jede alte Wurst eine Ahle Wurscht?“................................................................................. 25 Hinweise für die regionale Produktion und Belieferung .............................. 26 Hessische Essgeschichten „Was muss man über Äbbelwoi wissen?“................................................................................ 28 Hinweise für öffentliche Träger und NICHT öffentliche Trägerschaften ..... 29 Hessische Essgeschichten "Was ist der Unterschied zwischen einem Frankfurter und einem Wiener Würstchen?". 32 Eine Woche Hessisch Bio für die Großküche.................................................. 33 Montag........................................................................................................................................ 34 Dienstag...................................................................................................................................... 36 Mittwoch...................................................................................................................................... 38 Donnerstag................................................................................................................................. 40 Freitag.......................................................................................................................................... 42 Hessische Rezepte.............................................................................................. 44 Weitere Informationen....................................................................................... 47 Ansprechpartner*innen in Ihrer Region.................................................................................. 48 Impressum................................................................................................................................... 49
Hessisch Bio für die Großküche Ernährungsstrategie – oder: wie man lecker, biologisch und regional zusammenbringt Sehr geehrte Leserinnen und Leser, treiber, in Ihrem herausfordernden Verpfle- gungsauftrag zu unterstützen und auf dem Weg hin zu einem nachhaltigen Speisenan- eine ausgewogene Ernährung ist wichtig gebot in Ihren Einrichtungen zu begleiten. für unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit Mit dem vorliegenden Handlungsleitfaden und unsere Leistungsfähigkeit. Unsere täg- "Hessisch Bio für die Großküche" erhalten lichen Entscheidungen, was wir essen, wo Sie dazu gebündelt die praxisorientierten wir es einkaufen und wie wir es zubereiten, Informationen, die Sie benötigen, um den bedeuten aber noch viel mehr: Mit diesen Einsatz biologischer, saisonaler oder regio- Entscheidungen beeinflussen wir maßgeb- nal erzeugter Lebensmittel in Ihrer Gemein- lich unsere Umwelt. Die Auswahl unserer schaftsgastronomie zu erhöhen. Lebensmittel hat grundlegende Auswirkun- gen auf den Klimaschutz, den Erhalt der Erfolgreiche Schritte auf dem Weg hin zu Artenvielfalt, den Schutz der natürlichen einem nachhaltigen Verpflegungsange- Lebensgrundlagen wie Wasser, Luft und bot in hessischen Kantinen würdigt das Böden oder auf das Tierwohl. Land darüber hinaus mit der Teilnahme am Landesprogramm ‚100 KlimaKantinen‘. Als Die Gemeinschaftsgastronomie spielt dabei Teil dieses Netzwerkes sind Sie mit Ihrer eine sehr wichtige Rolle. Betriebsrestaurants Einrichtung nicht nur Vorbild für die Ent- oder Kantinen in öffentlichen Einrichtungen wicklungsprozesse anderer Einrichtungen wie Schulen, Kindertagesstätten, Pflegeein- der Gemeinschaftsgastronomie, sondern richtungen oder Kliniken sind für eine wach- profitieren auch von einem kollegialen Er- sende Zahl an Menschen ein zentraler Ort in fahrungs- und Informationsaustausch. ihrer täglichen Essroutine. Eine Umstellung der in der Gemeinschaftsgastronomie an- In diesem Sinne möchte ich Sie und Ihre Mit- gebotenen Lebensmittel hin zu nachhaltigen arbeiterinnen und Mitarbeiter bestärken, mit Angeboten kann so sehr viele Bürgerinnen Ihrer Gemeinschaftsgastronomie voran zu und Bürger erreichen und einen wertvollen gehen und wünsche Ihnen eine erfolgreiche Beitrag zum Schutz unserer Umwelt leisten. Arbeit mit dem vorliegenden Leitfaden. Über das Lebensmittelangebot in der Ge- meinschaftsgastronomie werden Menschen ganz unterschiedlicher Lebenswelten an- gesprochen, die auf diese Weise jedoch alle die gleichen Impulse erhalten: zum Beispiel, sich bei der Wahl ihrer Speisen für eine bio- regionale Alternative zu entscheiden. Indem die Wahl saisonaler und nachhaltig erzeugter Speisen aus der Region in den Einrichtungen erleichtert wird, kann die Nachfrage nach diesen Lebensmitteln ins- gesamt gefördert werden. Diese Entwicklun- gen unterstützt mein Ministerium durch die Förderung von Wertschöpfungsketten bei der Verarbeitung, Veredelung und der Ver- marktung von bio-regionalen Lebensmitteln. Mit der Hessischen Ernährungsstrategie ‚Gut Priska Hinz essen in Hessen: gesund, regional, nachhal- Hessische Ministerin für Umwelt, tig‘ haben wir uns das Ziel gesetzt, Sie, liebe Klimaschutz, Landwirtschaft und Kantinenbetreiberinnen und Kantinenbe- Verbraucherschutz 1
HESSISCHE ESSGESCHICHTEN "Was ist der Unterschied zwischen Grie Soß und Griene Sose?" W as, püriert?“ – „Wie bitte, Dill?“ Mischung davon. Serviert wird die Sauce oft Wie die traditionelle, die echte, schlicht zu Pellkartoffeln und hart gekochten die einzig wahre Grüne Soße Eiern, aber auch zu gekochtem Fleisch oder zuzubereiten ist, darüber gibt es im Grüne- Fisch. Soßen-Land Hessen sehr unterschiedliche Ansichten: je nach Region und sogar je nach In Kassel dagegen, wo man die lokale Familie. Aber mindestens zwei Haupttradi- Griene Sose mindestens genauso in Ehren tionen gibt es für das Rezept. hält, ist es tabu, die Kräuter zu fein zu zer- kleinern. Grob geschnitten oder gehackt, Über die Grenzen des Bundeslandes hinaus geben sie der Sauce auf Basis von saurer bekannt ist vor allem die Frankfurter Grie Sahne und Schmand Struktur. Manche Soß. Die Mischung der traditionellen sieben rühren sogar noch Quark unter (aber daran Kräuter darf sich sogar, sofern in und um scheiden sich auch hier die Geister). Und Frankfurt angebaut, mit einer geschützten obwohl auch in Kassel sieben Kräuter in die geografischen Angabe (g. g. A.) schmücken Sauce kommen, gehören weder Kresse noch – was der Diskussion ein Ende gemacht Kerbel hinein, dafür aber durchaus mal Dill hat, ob Dill nun etwas in der Sauce verloren und Zitronenmelisse. hat oder nicht: definitiv nein. In die Frank- furter Grüne Sauce gehören Sauerampfer, Wie bitte – zu vernachlässigende Unterschie- Borretsch, Schnittlauch, Petersilie, Kerbel, de seien das? Sagen Sie das in Hessen lie- Pimpinelle und Kresse – mehr nicht! Sogar ber nicht laut. Und probieren Sie ruhig mal ein Denkmal hat man genau dieser Kräuter- beide Varianten. Vielleicht schmeckt Ihnen ja mischung in Frankfurt inzwischen gesetzt. eine davon so gut, dass Sie danach eben- falls überzeugt sagen: So und nicht anders Die Kräuter werden für die Grie Soß sehr gehört Grüne Soße! fein gehackt oder sogar püriert und klassi- scherweise mit einer Mayonnaise auf Basis von hart gekochtem Eigelb vermischt. Heute kommen häufig Sauermilchprodukte dazu: Dickmilch, saure Sahne, Schmand oder eine 2
Hessisch Bio für die Großküche Bio is(s)t besser! Echt? Bio ist in – keine Frage. Der Umsatz Und falls Sie noch mehr Fragen steigt; alles nachhaltig, fair und gut haben – hier finden Sie Antworten: für die Umwelt, so tönt die Werbung. Doch damit wachsen auch die Fra- ökolandbau.de das gen. Stimmt das alles überhaupt Informationsportal: oder ist Bio nur ein teuer verkauftes https://www.oekolandbau.de/ Valium für´s schlechte Gewissen? Auf den nächsten Seiten finden Sie Forschungsinstitut für Antworten dazu. biologischen Landbau: Zu den einzelnen Kapiteln finden Sie 100 Argumente für den Biolandbau weitere Informationen und Nachwei- http://www.fibl.org/fileadmin/docu- se in den angegebenen QR-Codes. ments/shop/1440-argumente.pdf Bio-FAQ des Bio-Dachverbandes BÖLW: Fragen und Antworten zur Ökologischen Lebensmittelwirtschaft https://www.boelw.de/service/bio-faq 3
Bio is(s)t besser! Echt? Ist Bio gesünder? Zahlreiche Studien haben konven- Das alles bedeutet nicht zwingend, dass tionell und biologisch angebaute Menschen, die Bio-Lebensmittel essen, länger und gesünder leben. Man kann Lebensmittel miteinander verglichen. sich auch mit Bio zu viel, zu fett und zu süß Das sind die Ergebnisse: ernähren. Zudem wirkt sich nicht nur das Es- sen auf die Gesundheit aus, sondern unser Lebensstil als Ganzes. â Weniger Rückstände â Geringeres Risiko Weil Bio-Bäuerinnen und -Bauern keine che- misch-synthetischen Pestizide verwenden, Bezogen auf die Gesellschaft als Ganzes finden sich in Bio-Obst und Gemüse in der spricht vor allem der Verzicht auf syntheti- Regel weniger Rückstände. sche Pestizide für den Ökolandbau. Denn viele dieser Substanzen könnten möglicher- â Mehr Nährstoffe weise Ungeborene schädigen oder chroni- sche Erkrankungen wie Krebs und Parkinson Obst und Gemüse von Bio-Bäuerinnen verursachen. Um Menschenleben geht es und -Bauern enthalten oft mehr gesunde auch bei antibiotika-resistenten Keimen, die Pflanzeninhaltstoffe wie Polyphenole oder aus Mastställen über Abluft oder Gülle in die Carotinoide. Fleisch und Milch von Bio-Tie- Umwelt gelangen können und sich auf man- ren enthalten mehr Omega-3-Fettsäuren, chen Produkten wie Hähnchen finden. die gesund fürs Herz sind, und ebenso mehr konjugierte Linolsäuren, denen eine krebs- vorbeugende Wirkung nachgesagt wird. Bio-Kost ist doch gesünder www.scinexx.de Bio-FAQ des Bio-Dachverbandes BÖLW: Sind Bio-Lebensmittel gesünder? 4
Hessisch Bio für die Großküche Ist Bio wirklich so gut für Klima und Umwelt? â Fruchtbarer Boden Landwirtschaft greift immer in die Bio-Bäuerinnen und -Bauern bringen durch Natur ein. Der Bio-Landbau beein- organische Dünger wie Mist, Kompost oder Mulch Kohlenstoff in den Boden. Das fördert trächtigt sie jedoch weniger. das Bodenleben ebenso wie die vielfälti- gen Fruchtfolgen im Bio-Landbau. Deshalb â Sauberes Wasser enthalten Bio-Flächen häufig mehr Humus. Der zusätzliche Humus erhält nicht nur den Pro Hektar Land dürfen Bio-Bäuerinnen Boden fruchtbar. Er bindet CO2 und wirkt und -Bauern nur eine bestimmte Menge an dadurch dem Treibhauseffekt entgegen. Tieren halten. Durch diese Flächenbindung Durch den vielen Humus sind Bio-Böden können die Böden nicht mit Gülle über- krümeliger und können Wasser besser spei- düngt werden. Zudem chern. Das reduziert die Hochwasserstände verzichten sie auf leicht und hilft den Pflanzen bei längeren Trocken- lösliche Mineraldün- perioden. ger, was ebenso dazu beiträgt, dass weniger â Gut fürs Klima Nitrat ins Grundwasser gelangt. Auch sinkt mit Bio-Bäuerinnen und -Bauern verzichten auf dem Bio-Landbau die energieintensive Kunstdünger und Pestizi- Gefahr, dass Rückstän- de. Weil sie sparsamer düngen, setzen ihre de von Pestiziden das Äcker weniger klimaschädliches Distickstoff- Wasser belasten. oxid frei. Im Futter von Bio-Tieren stecken keine Sojabohnen aus Südamerika, deren â Mehr Artenvielfalt Anbau den Regenwald verdrängt. Auf Bio-Äckern und Wiesen leben mehr Doch produzieren konventionelle Bäuerin- Wildpflanzen, Insekten, Vögel und Säuge- nen und Bauern pro Hektar deutlich mehr tiere als auf konventionellen Flächen. Denn Gemüse und Getreide als ihre Bio-Kolleg*in- Bio-Bäuerinnen und -Bauern bekämpfen nen, und ihre Kühe geben mehr Milch. Wildkräuter und Insekten nicht mit Spritz- Werden die Treibhausgase nicht auf den mitteln, sondern fördern Nützlinge. Auch bei Hektar Fläche bezogen, sondern auf ein den Nutzpflanzen und den Tieren im Stall ist Kilogramm Lebensmittel, schrumpft der die Vielfalt bei Bio-Betrieben oft größer. Klima-Vorsprung der Bio-Landwirte und Bio-Landwirtinnen. Die Umweltleistungen des Biolandbaus im Detail Jeder Hektar Öko-Fläche FiBL e.V.: Faktenblatt Boden und erspart dem Klima eine Tonne Klima Kohlendioxid – jedes Jahr! FiBL e.V.: Faktenblatt Errechnet hat dies das bundeseigene Biolandbau und Biodiversität Thünen-Institut in der großen Studie: "Leistungen des öko- logischen Landbaus Wissenswertes zu Ökobilanzen für Umwelt und Gesell- FiBL e.V.: Faktenblatt schaft." Ökobilanzierung biologischer Lebensmittel Mehr Arten auf dem Bio-Acker Vögel ................................. + 35 % Blütenbesuchende Insekten.............................. + 23 % Ackerpflanzen................... + 95 % 5
Bio is(s)t besser! Echt? Warum ist Bio teuerer? Die Frage ist falsch gestellt. chen. Deshalb müssen sie höhere Preise für Sie müsste lauten: „Warum sind ihre Erzeugnisse verlangen. Reich werden sie davon nicht. Denn der Preisdruck von konventionelle Lebensmittel so Seiten des Handels ist auch bei Bio hoch. billig?“ Das Kilo Hackfleisch für 4,99 Euro, der Liter Milch für 59 Cent Würden sich diese externen Kosten im oder das Kilo Zucker für 75 Cent. Ladenpreis niederschlagen, wäre der Preis- Ein wichtiger Grund dafür ist, dass unterschied zwischen Bio-Produkten und konventionell erzeugten Lebensmitteln viele Kosten, die bei der Herstellung deutlich geringer. Das Problem dabei: dieser Lebensmittel anfallen, nicht Manche Schäden, etwa der Verlust an Arten- auf der Rechnung stehen. vielfalt oder die Gefahr durch resistente Keime, lassen sich nur sehr schwer in Geld Wer zahlt, wenn aus überdüngten Feldern umrechnen. Nitrat ins Trinkwasser sickert? Wer zahlt, wenn Pestizide Menschen krank machen? Wenn Treibhausgase aus der Landwirtschaft das Klima anheizen? Wir alle zahlen dafür. Wenn die Preise die wahren Denn diese sogenannten externen Kosten Kosten widerspiegeln … finden sich in unserer Wasserrechnung Der Discounter Penny hat für acht wieder. Lebensmittel (jeweils bio und konven- tionell) die Kosten berechnen lassen, Der Bio-Landbau erspart uns einige dieser die für die emittierten Treibhausgase, Kosten, etwa wenn er auf Kunstdünger und die Abgase beim Energieverbrauch Pestizide verzichtet oder und die Schäden durch den freige- weniger Tiere pro Hektar setzten Stickstoff anfallen. Demnach Fläche hält. Doch dadurch müsste etwa gemisch- haben Bio-Bäuerinnen tes Hackfleisch drei und -Bauern mehr Arbeit Mal mehr kosten als und produzieren weniger derzeit. Lebensmittel. Die Öko- Prämie, die sie dafür vom Staat bekommen, kann das nicht ausglei- Der Bio-Großhändler Eosta hat oekolandbau.de: für neun Lebensmittel (jeweils So viel teurer ist Bio im Laden bio und konventionell) zahlrei- Preisaufschläge für Bioprodukte che externe Kosten berechnet: vom Wasserverbrauch über den Humusaufbau bis zu den Gesund- oekolandbau.de: heitsschäden durch Pestizide. Warum sind Biolebensmittel teurer? Das Bundeszentrum für Ernäh- rung informiert über True Cost – Wahre Kosten: Was unsere oekolandbau.de: Lebensmittel wirklich kosten Was kosten unsere Lebensmittel wirklich? 6
Hessisch Bio für die Großküche Ist Bio wirklich echt? Alle Lebensmittel, die in der EU unter den Bezeichnungen Bio und Bio erkennen Öko verkauft werden, müssen die Jedes Bio-Lebensmittel trägt neben Vorgaben der EU-Öko-Verordnung dem Bio-Logo der EU die Codenum- einhalten – und das wird streng kon- mer seiner Kontrollstelle. Sie besteht trolliert. aus dem Länder-Kürzel, der Bezeich- nung ÖKO/BIO und einer dreistelli- Jeder Bio-Betrieb bekommt mindestens gen Kontrollstellennummer. einmal im Jahr Besuch von seiner Kontroll- Der Code stelle und muss detailliert nachweisen, dass DE-ÖKO-039 in er die Standards erfüllt: Die Bäuerinnen und diesem Beispiel Bauern, auf deren Feldern das Getreide sagt aus, dass der wächst, die Mühle, in der es zu Mehl ver- Hersteller von der arbeitet wird, die Bäckerei, in der daraus DE-ÖKO-039 deutschen Kontroll- schließlich das Brot gebacken wird. Nur Deutsche stelle GfRS zerti- wenn alle Beteiligten vorschriftsmäßig ge- Landwirtschaft fiziert wurde. arbeitet haben, wird ein Bio-Brot daraus. Ist der Betrieb Mitglied in einem Anbauver- band – wie beispielsweise Bioland, Natur- land oder Demeter – überprüft die Kont- Mengen und verkaufte Mengen zusammen- rollstelle auch, ob die Verbands-Richtlinien passen. Zwar sind die Jahreskontrollen eingehalten wurden. Die üblichen Kontrol- angemeldet, doch die Prüfer*innen können len durch die Lebensmittelüberwachung jederzeit auch unter dem Jahr vorbeischau- oder die amtlichen Veterinäre en. Dieses Kontrollsystem besteht auch in kommen noch oben drauf. den anderen EU-Ländern und muss ebenso für Bio-Erzeugnisse eingehalten werden, die Die Bio-Kontrolleur*innen sehen in die EU eingeführt werden. sich Äcker und Ställe ebenso an wie die Lagerhaltung. Sie Der allergrößte Teil der Bio-Betriebe hält prüfen, ob die eingekauften die Regeln ein. Doch mit krimineller Ener- Zutaten alle Bio waren, lassen gie lässt sich auch ein gutes Kontrollsystem sich Rezep- austricksen. Es gibt immer wieder Unter- turen zeigen nehmen, die konventionelle Ware als „Bio“ und rechnen deklariert haben – und erwischt wurden. nach, ob ein- Meist waren es Importeure von Getreide gekaufte (oder oder Futtermitteln. Jeder große Betrugsfall auf dem Acker hat dazu geführt, dass die Kontrollen verbes- gewachsene) sert wurden. So funktioniert Bio-Kontrolle in der Praxis. Eine Reportage in Schrot&Korn Wenn es mal nicht klappt: Massive Probleme mit Bio-Ingwer aus China. Ein Bericht aus der Fachzeitschrift BioHandel Schlampige Arbeit hat Konse- quenzen: EU-Kommission entzieht internationalem Öko-Zertifizierer die Lizenz. Ein Bericht aus der Fachzeitschrift BioHandel 7
Bio is(s)t besser! Echt? Haben Bio-Tiere ein besseres Leben? Für Bio-Bauernhöfe gelten strenge â Artgerechtes Futter Auflagen zur artgerechten Tierhal- tung, wie z.B. ein größeres Platz- Das Futter für die Tiere stammt aus öko- logischem Anbau. Die Kühe und andere angebot bei den Ausläufen und Wiederkäuer bekommen genügend faser- im Stall. Darüber hinaus haben die reiches Raufutter zu fressen und Hühner Tiere in der Regel die Möglichkeit, ganze Körner zum Picken. Weil dadurch auf der Weide zu grasen oder ein- der Energiegehalt des Futters begrenzt ist, gestreute Bereiche zu nutzen. Dies wachsen die gehaltenen Masttiere langsa- mer und Kühe geben weniger Milch. trägt dazu bei, dass die Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen ausle- â Weniger Antibiotika ben können und das Wohlbefinden gesteigert wird. Werden die Tiere krank, sollen Bio-Betrie- be zuerst versuchen, ihre Tieren mit pflanz- lichen Arzneimittel zu behandeln. Ist dies nicht möglich, dürfen im Einzelfall chemisch- synthetische Arzneimittel oder Antibio- tika eingesetzt werden. Masthühner und -schweine, die mehr als einmal im Leben Tierwohl im Blick Antibiotika erhalten haben, verlieren ihren Bio-Status Die EU-Öko-Verordnung regelt zwar â Weniger Eingriffe am Tier Stallgröße, Futter und Auslauf – doch ob die Tiere gesund und in gutem Schmerzhafte Eingriffe wie Schnabelstutzen, Zustand sind, ist bei der Öko-Kon- Zähneabschleifen oder das Kupieren von trolle kein Thema. Deshalb haben die Schwänzen und Ohren sind als Routine- Bio-Verbände einen Tierwohl-Check maßnahme in der ökologischen Tierhaltung eingeführt, den die Kontrolleur*innen grundsätzlich verboten. Rinder sollten im Stall abarbeiten müssen. eigentlich ihre Hörner behalten, werden Geht es den Tieren nicht gut, aber entweder auf Hornlosigkeit gezüchtet berät der Verband die Land- oder doch enthornt, um Verletzungen von wirt*innen und erlässt Auf- Mensch und Tier zu vermeiden. Werden lagen. Eingriffe vorgenommen, müssen die Tiere immer eine Betäubung und Schmerzmit- tel bekommen. Die Umweltorganisation Endet Bio auf dem Schlachthof? WWF erklärt, warum Bio-Fleisch Schrot&Korn erklärt, wie und wo besser ist Bio-Tiere geschlachtet werden... Woher kommt das Bio-Soja für ...und begleitet Bio-Schweine auf Tofu und Tierfutter? Ein Hinter- ihrem letzten Weg grundbericht in Schrot&Korn Die Haltung macht’s. Eine Repor- tage von einem Demeter-Milch- betrieb in Schrot&Korn 8
Hessisch Bio für die Großküche HESSISCHE ESSGESCHICHTEN „Stinkt ein richtiger Handkäs?“ E ntweder man liebt ihn, oder man hasst Käse ein bis zwei Tage mit reichlich Zwiebeln ihn – dazwischen gibt es nichts. Hand- in Ebbelwoi ein und serviert ihn mit einer käs, der traditionelle eiweißreiche und Marinade aus Essig, Öl, Salz und Pfeffer – fettarme Sauermilchkäse, spaltet nicht nur und noch mehr Zwiebeln. Stückchenweise Hessen in zwei Lager. Während ihn die einen wird er dann mit dem Messer (nie mit einer als „kleinen Stinker“ bezeichnen und sich Gabel!) aufs Brot bugsiert, mit etwas „Musik“ naserümpfend abwenden, sprechen die an- bedeckt und zu Ebbelwoi (in Rheinhessen deren von „hessischem Gold“ und rühmen natürlich Weißwein!) genossen. seinen würzigen Duft. Was Gestank ist, liegt wohl in der Nase der Riechenden. Und wie kommt die Musik zu ihrem Namen? Vom Klimpern der Öl- und Essigfläschchen, Aber abgesehen davon, wie angenehm man wenn sie in den Schänken zum Tisch ge- den Geruch nun findet: Dessen Intensität tragen werden – das sagen jedenfalls die ist eine Frage der Reife. Handkäse wird aus einen. Die anderen glauben, der Name sei Magerquark hergestellt. Frisch geformt, was eher auf die „Musik“ zurückzuführen, die früher direkt auf den Bauernhöfen von Hand die Zwiebeln einige Zeit nach dem Essen passierte und so dem Käse den Namen gab, machen. Aber über dieses Geräusch- und riecht er nur leicht säuerlich. Lässt man ihn Geruchskapitel senken wir dann doch lieber reifen, verfärbt sich die zunächst weiße, brö- den Mantel des Schweigens. selige Käsemasse langsam gelblich-glasig, und zwar von außen nach innen. Gleichzeitig wird der Käse weicher und entwickelt seinen charakteristischen Duft. Etwa ein bis zwei Wochen vor Ablauf des Mindesthaltbar- keitsdatums ist er durch und durch gelb und weich und so reif, dass sein Duft die Tränen in die Augen treibt. Für echte Fans ist dann erst der Moment ge- kommen, die nächste Geruchsstufe zu zün- den und ihn in einen echten „Handkäs mit Musik“ zu verwandeln. Dazu legt man den 9
Regionales Bio in der Großküche Wie geht das ganz praktisch? Sie möchten anfangen, Bio-Produkte aus Diese Fragen stellen sich nicht nur Ihnen. der Region zu verwenden. Glückwunsch Deshalb haben wir die häufigsten Fragen zu diesem Entschluss! Was aber für einen mitsamt Antworten hier gesammelt. Aber Privathaushalt nur ein kleiner Schritt ist, zuerst die gute Nachricht: kann in einer Betriebskantine, einer Kran- Regionale Bio-Lebensmittel einzusetzen, kenhausküche oder einer Schulmensa eine funktioniert definitiv auch in Großküchen, ganze Reihe Fragen aufwerfen: egal ob Sie täglich tausend Essen ausgeben oder nur eine Handvoll Kita-Kinder versor- • Wie geht das überhaupt? gen. Und wenn Sie einen Schritt nach dem • Gibt es vorverarbeitete anderen gehen, lässt sich die Umstellung Lebensmittel in Bio-Qualität? leichter bewerkstelligen, als Sie jetzt viel- leicht denken. • Woher kann man Bio-Produkte in den benötigten Mengen beziehen? Packen wir's gemeinsam an! • Und wird das nicht alles viel zu teuer? 10
Hessisch Bio für die Großküche Wo bekomme ich Unterstützung? Sicher haben Sie noch Fragen, die Sie hier nicht be- Bioland Hessen antwortet finden, weil sie sich ganz konkret auf Ihren www.bioland.de/hessen Betrieb beziehen: Wer kann mich beliefern? Womit Demeter Hessen genau? Und an wen wende ich mich für die Zertifizie- www.demeter.de/organisation/landesverbaende/ rung? Die folgenden Stellen helfen Ihnen mit Bera- hessen tung und/oder Adressen weiter. Naturland www.naturland.de Biokreis www.biokreis.de/landesverbaende Gäa e.V. www.gaea.de Ökomodell-Regionen Hessen (ÖMR) Die ÖMR sind Teil des Ökoaktionsplans, den Land- wirtschaftsministerin Priska Hinz bereits 2014 aufge- EINSCHAFT stellt hat. Seit dem 1. Januar 2021 sind alle Landkreise AKTIONSGEM in Hessen Ökomodell-Region und somit Ökomodell- isc h | gut Land Hessen. Sie arbeiten gezielt daran, Bio-Akteure reg ion al | öko log wie Landwirtschaftsbetriebe und Lebensmittelpro- duzenten oder -weiterverarbeiter zu fördern und zu ECHT HESSISCH! vernetzen sowie Nachfrage und Angebot zusammen- Die Vereinigung Ökologischer Landbau Hessen e.V. zubringen. Neben Veranstaltungen und Publikationen (VÖL), die Vereinigung Hessischer Direktvermarkter gibt es regionale Büros, die beraten und unterstützen. e.V. (VHD) und die MGH Gutes aus Hessen GmbH haben sich zu der Aktionsgemeinschaft ECHT HESSISCH! zusammengefunden. In verschiedenen www.oekomodellregionen-hessen.de Veranstaltungsangeboten werden Marktpartner*in- nen vernetzt. Im Fokus steht auch die Gemeinschafts- verpflegung. In ganz Hessen gibt es zahlreiche Zusammenschlüsse der Direktvermarktung, sogenannte Regionalvermark- tungsinitiativen. Sicherlich auch in Ihrer Region! Viele Landkreise haben die Infos hierzu in Online-Einkaufs- führern gesammelt. Eine Übersicht vieler hessischer MGH Gutes aus Hessen GmbH Regionalvermarktungsinitiativen und Einkaufsführer Die MGH betreut die Herkunfts- und Qualitätszeichen- für regionale Produkte ist auf der Website der systeme „Bio aus Hessen“ und „Geprüfte Qualität – Aktionsgemeinschaft ECHT HESSISCH! verfügbar. Hessen“. Sie hat die Aufgabe, Lebensmittel aus Hessen Besuchen Sie auch den "Kontaktplatz-Hessen" und bekannter zu machen und ihren Absatz zu fördern. legen Sie sich ein kostenloses Profil an. Hier finden Sie Auf der Website kann man nach Partnerbetrieben, zum Beispiel regionale Produkte, die jetzt gerade für also einer potentielle Lieferstruktur, suchen. Sie verfügbar sind. www.gutes-aus-hessen.de www.echt-hessisch.info/einkaufen www.kontaktplatz-hessen.de Bio-Anbauverbände In den Verbänden haben sich Bio-Produktionsbe- triebe zusammengeschlossen, die nach größtenteils strengeren Kriterien wirtschaften, als es die EU-Öko- verordnung vorsieht. Die Verbände vergeben die entsprechenden Bio-Siegel. Sie finden bei ihnen Kontakte zu Landwirtschafts- und Gartenbaubetrieben sowie zu anderen Direktvermarktern in Ihrer Nähe, die Mitglied im jeweiligen Verband sind. 11
Regionales Bio in der Großküche Einstieg So gelingt er ganz einfach Ich will ja gern regionale Wählen Sie ein oder zwei Produkte aus und Bio-Produkte verwenden. erkundigen Sie sich nach Verfügbarkeit und Liefermöglichkeiten. Sprechen Sie dafür am Aber wie fange ich an? besten mit einer Beraterin oder einem Be- rater (siehe S. 11). Und wenn Sie Ihr Produkt gefunden haben, setzen Sie es einfach anstelle des bisherigen â Am besten mit einem kleinen Schritt! konventionellen ein. Bitte beachten: Erst Der kostet nicht viel Aufwand, und Sie zertifizieren lassen und dann bewerben. können sich dafür schon einmal auf die Schultern klopfen. Die Umstellung ist wie ein Marathon: Wenn Sie langsam anfangen, kommen Sie weiter, als wenn Sie gleich in TIPP die Vollen gehen. Schauen Sie in einen Sai- Ein gutes Einsteigerprodukt sind frische sonkalender und überlegen Sie: Kartoffeln: fast überall und übers ganze Jahr hinweg gut verfügbar, mit recht stabilen, gut Welche Produkte, die Sie aktuell kalkulierbaren Preisen, und der Kostenunter- verwenden, wachsen in Ihrer Region? schied zu konventionellen Kartoffeln bleibt Welche davon könnten saisonal gut überschaubar. verfügbar sein? Welche sind rund ums Jahr gut verfügbar? Welche davon sind relativ preisstabil, sodass Sie damit gut kalkulieren können? 12
Hessisch Bio für die Großküche Wie kann ich sicher sein, dass ich auch wirklich Bio ist also immer Bio. Das heißt aber nicht, Bio kriege, wenn ich dass Bio gleich Bio ist: Die Anbauverbände wie Demeter, Naturland, Bioland und andere stellen teilweise strengere Kriterien für ihre Bio einkaufe? Biosiegel auf. Oft (aber keineswegs immer) sind diese Produkte deshalb teurer als Bio-Produkte mit EU-Biosiegel. Aber auch günstigere Bio-Lebensmittel erfüllen die â Bio ist nicht einfach ein Schlagwort, son- EU-Vorgaben. Sogar wenn sie im Discounter dern ein durch EU-Recht geschützter Begriff. verkauft werden. Und sogar wenn sie von Das heißt: Als „bio“ oder „öko“ darf man weither kommen, denn wenn sie in die EU Lebensmittel bei uns nur bezeichnen, wenn importiert werden, müssen sie den Anforderungen der EU-Ökoverord- sie EU-Standards genügen. nung entsprechen. Und das wird kontrolliert: Auch das wird kontrolliert – in der Landwirtschaft, bei der Weiterver- selbst in Nicht-EU-Staaten arbeitung, im Handel und sogar bei Ihnen in von europäischen der Küche (dazu mehr auf Seite 7). Kontrollstellen. Was heißt denn Lebensmittel aus Hessen? überhaupt „regionale“ Lebensmittel aus Ihrem Landkreis? Lebensmittel aus einem Radius von Lebensmittel? Wie groß 150, 100 oder 50 Kilometern um Ihren Betrieb? ist die Region, in der ich Je enger Sie Ihre Region definieren, desto schwieriger könnte es sein, alle gewünsch- mich umsehen soll? ten Produkte zu bekommen, denn nicht alles wächst überall gleich gut. Vielleicht müssen Sie an manchen Stellen Kompromisse ma- chen. Aber es ist gut, wenn Sie eine Vorstel- â Gute Frage. Oder, anders ausgedrückt: lung haben, was Sie mit dem Einsatz regio- Sie entscheiden. Denn „regional“ ist – anders naler Bio-Lebensmittel erreichen möchten. als „bio“ – kein geschützter Begriff. Deshalb Und wenn Sie dann umstellen, erzählen Sie kommen die „regionalen“ Äpfel im Super- ruhig auch Ihren Gästen von den Gründen! markt auch schon mal vom anderen Ende Deutschlands und das Schwein für den „regional“ hergestellten Schinken darf sogar aus dem Ausland stammen. TIPPS Aber wir gehen mal davon aus, dass es • Unternehmen Sie doch mal Sonntagsaus- Ihnen bei der Umstellung auf regionale Bio- flüge zu Bauernhöfen in Ihrer Umgebung Lebensmittel nicht nur um schickes Marke- und schauen Sie sich dort um. Was gibt es ting geht, sondern auch um anderes: dass hier eigentlich? Und in welcher Jahreszeit? die Wirtschaftskraft ihrer Region gestärkt Sprechen Sie mit den Landwirtinnen und wird und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Landwirten, wenn Sie die Gelegenheit dazu Dass Lebensmitteltransporte vermieden haben. So bekommen Sie ein Gefühl dafür, werden. Oder dass Sie Ihre Lieferant*innen was regionale Landwirtschaft in Ihrer Gegend persönlich kennen und beurteilen können, bedeutet – und auf welche regionalen Produk- wie sie mit ihren Tieren umgehen. te Sie bauen können. • Achten Sie im Handel auf das „Regional- Was davon ist Ihnen persönlich besonders fenster“. Dieses Kennzeichen bietet eine wichtig? Und wie sieht für Sie dann eine seriöse Information, woher ein Produkt stammt sinnvolle Definition von „regional“ aus: und wo es verarbeitet wurde. 13
Einstieg Kann ich „Bio“ auf meinen sogar eine „Bio-Woche“ mit einem Aktions- plakat bewerben möchten, müssen Sie das Speiseplan schreiben, rechtzeitig vorbereiten. Der erste Schritt ist, sich an eine Öko-Kontrollstelle zu wenden. Mit ihr besprechen Sie das genaue Vorgehen. sobald ich die ersten Und Sie müssen für die Zertifizierung ein Bio-Zutaten verwende? Budget einplanen. Sie kostet je nach Be- trieb und Aufwand zwischen 250 und 800 Euro pro Jahr. In wenigen Ausnahmefälle kann die Gebühr auch höher liegen. Dafür â Nein. Die Tischgäste sollen sich alle dar- können Sie später Ihren Gästen guten Ge- auf verlassen können, dass Bio (oder „öko“) wissens sagen, dass sie Ihrem Bio-Zertifikat draufsteht, wo auch wirklich Bio drin ist. Das vertrauen können, weil es unabhängig ge- heißt: Auch Großküchen hierzulande, die prüft und regelmäßig kontrolliert wird. Bio-Produkte zubereiten und damit werben, nehmen gemäß dem deutschen Öko-Land- Und der Aufwand? Ist übersichtlich, wenn baugesetz am Zertifizierungsverfahren teil. Sie anfangs nur einzelne Zutaten in Bio-Qua- lität verwenden. Die meisten Papiere müs- Nur Kindertagesstätten und kleine Schulkan- sen Sie ohnehin auch für andere Kontrollen tinen, in denen eine Hauswirtschaftskraft vor beisammen haben. Wichtig ist, die Waren- Ort frisch kocht und keine Gäste von aus- ein- und -ausgänge für Bio gesondert zu do- wärts essen, können auf die Zertifizierung kumentieren und Bio-Lebensmittel getrennt verzichten. Wenn Sie aber als Betriebskan- von konventionellen zu lagern. Sobald Sie tine, als Cateringunternehmen oder Kran- sich das einmal angewöhnt haben, geht’s kenhausküche auf Ihre Speisepläne gern auch mit mehr Bio-Zutaten oder ganzen Bio- „mit Bio-Zutat XY!“ schreiben möchten oder Gerichten einfacher. Rezept für Ihre Bio-Zertifizierung Zutaten: BIO erlagen für die elassenen P Stellen Sie die geforderten Unt P Liste der in Deutschland zug Erstkontrolle zusammen. B. unter Öko-Kontrollstellen (zu finden z. Bio- und kon- www.oekolandbau.de/service/ad ressen/ P Überprüfen Sie die Lagerung: rennt ge- oeko-kontrollstellen) ventionelle Produkte müssen get getrennten Erst kontrolle: lagert werden. Das heißt nicht in P Betriebsbeschreibung für die Räumen, aber es muss für alle im Team klar Kist en sich die Bio- P • Lageplan des Betriebs sichtbar sein, in welchen n die anderen. Zutaten befinden und in welche P • Organigramm cheine getrennt /Komponenten/ P Bewahren Sie die Bio-Liefers P • Speisekarte, auf der Zutaten umentieren t werden auf, damit Sie die Warenflüsse dok Gerichte mit „Bio“ gekennzeichne sgeben, können. Wie viel Bio-Essen Sie rau en der Zuliefer- Zusammen- P • außerdem: Bio-Zertifizierung muss in einem nachvollziehbaren ten stehen, betriebe für die Bio-Zutaten hang zu der Menge an Bio-Produk die Sie einkaufen. Zubereitung: i Kontrollstel- P Suchen Sie sich am besten dre ungen der TIPP: Die Zertifizierung ist len aus der Liste aus, die Einricht geschafft? Glückwunsch! ng zert ifizi ere n, und Außer-Haus-Verpflegu es an. Jetzt nicht nachlassen: schauen Sie sich die Websit Dokumentieren Sie all Ihre Bio- en Kontrollstel- P Holen Sie von den ausgewählt Aktivitäten im Betrieb weiter- ng ein und len Angebote für die Zertifizieru . hin sorgfältig. Denn Kontrollen entscheiden Sie sich dann für eine finden ab jetzt jährlich statt. 14
Hessisch Bio für die Großküche Stimmt das, dass ich eigene Lagerräume für die Bio-Produkte haben muss? â Nein! Das ist ein Märchen, das sich Auch bei der Zubereitung müssen Sie dar- leider hartnäckig hält. Vorgeschrieben ist auf achten, dass Bio-Zutaten nicht mit kon- lediglich, dass konventionelle und Bio-Pro- ventionellen gemischt oder ausgetauscht dukte „getrennt“ gelagert werden. Das kann werden. Machen Sie sich einfach zur Regel: aber auch einfach heißen, in getrennten Kis- Gleiche Zutaten oder Gerichte in verschie- ten oder Regalen. Hauptsache, alle im Team denen Qualitäten nicht am selben Tag an- können auch im stressigen Alltag leicht bieten. So hat alles seine Ordnung, und die erkennen, in welcher Kiste sich die Bio-Zwie- Öko-Kontrollstelle ist zufrieden. beln befinden und in welcher die anderen. Sie können sie beispielsweise farblich kenn- zeichnen oder gut sichtbar das Biosiegel draufkleben. Ist es nicht besser, gleich ganze Bio-Gerichte TIPP Auch Bio-Aktionstage oder –wochen sind kontrollpflichtig, aber eine weitere Möglich- anzubieten, als nur keit für einen guten Einstieg. Zutaten auszutauschen? â Es ist toll, dass Sie an die Bio-Umstel- Zertifizierungsverfahren erfolgreich durch- lung offenbar mit echtem Schwung range- laufen haben. Das bedeutet einen erhöhten hen! Und natürlich sind wir die Letzten, die Verwaltungsaufwand, der mit der Doku- Sie bremsen möchten. mentation vergleichbar ist, den Sie von der HACCP-Dokumentation kennen. Der Ver- Wir haben allerdings die Erfahrung ge- waltungsaufwand variiert leicht, je nachdem macht: Kleine Veränderungen sind nicht nur in welcher Form Sie Bioprodukte einsetzen. einfacher umzusetzen, sondern lassen sich Was heißt das? Bieten Sie gleich ein ganzes auch besser auf Dauer durchhalten. In die- Bio-Gericht an, müssen Sie dafür sorgen, sem Fall heißt „kleine Veränderungen“, erst dass alle der landwirtschaftlichen Zutaten mal einzelne Zutaten auszutauschen. (also abgesehen Zutaten wie Wasser oder Sie erleichtern sich dadurch nicht nur die Salz) tatsächlich aus Bio-Anbau stammen. Beschaffung und die Kalkulation, sondern Das betrifft auch das Öl und den Pfeffer, die auch die Zertifizierung. Sie für dieses eine Gericht brauchen. Was heißt: Etliche Zutaten haben Sie künftig in Zertifizierung? Ja. Denn in Deutschland Küche und Lager doppelt und müssen dar- dürfen Sie mit Bio nur werben, wenn Sie das auf achten, dass die Bio-Ware nicht mit der konventionellen vermischt oder verwechselt werden kann. Bei einem Komplettaustausch von ein bis zwei Zutaten zum Start ist das einfacher. Weil sich die Kontrollen nur damit befassen, bleibt der Aufwand erst einmal übersicht- lich, und Sie können stolz verkünden: „Ab jetzt alle frischen Kartoffeln aus Bio-Anbau!“ Oder die Zwiebeln. Oder der Salat. Und im nächsten Schritt gibt es dazu vielleicht auch Bio-Quark oder Bio-Salatöl. 15
Einstieg Gibt es noch andere Möglichkeiten, mit regionalen Bio-Lebensmitteln einzusteigen? â Die meisten denken bei der Umstellung In Hessen gibt es erst mal an die Mittagsverpflegung – und an verschiedene Bio- die dazu nötigen Mengen vorverarbeiteter Verarbeitungsbetriebe, Produkte. Aber Sie können es sich einfacher darunter Bio-Metzgereien, machen, wenn Sie den Blick weiten: Wie Bio-Bäckereien oder bio-milchverarbeitende wäre es mit Backwaren für den Kiosk? Mit Betriebe, mit denen Sie kooperieren kön- Brötchen für das Frühstück in der Kantine nen. Auch so unterstützen Sie die regionalen oder Bio-Obst, das nachmittags bereitsteht? Wertschöpfungsketten. All das braucht geringere Mengen und ist deshalb einfacher zu beschaffen als vorge- schnittenes Gemüse. Muss das denn sein mit der Bio-Zertifizierung? â Ja, die Zertifizierung ist rechtsver- es aber auch zur Glaubwürdigkeit bei. Sie bindlich und daran lässt sich nichts ändern. zeigen Ihren Gästen, dass Sie es mit Ihrem Wenn Sie nach Abschluss des Kontrollver- Engagement in Sachen Bio ernst meinen. Es fahrens das Bio-Zertifikat in den Händen ist daher ein Kommunikationsinstrument. halten und es im Gastraum aufhängen, trägt Wir haben schon mit Bio begonnen. Jetzt wollen Gehen Sie daher lieber andersherum vor: Schauen Sie, was für Ihren Betrieb sinnvoll und machbar ist. Ein, zwei weitere Produkte, wir den Anteil erhöhen. die Sie auf Bio umstellen? Eine ganze Kom- ponente? Oder ab jetzt ein Bio-Gericht pro Wie schaffen wir das am Woche? Lassen Sie sich beraten, erkundigen Sie sich nach der Warenverfügbarkeit und besten? befragen Sie Ihre Kalkulationen. Und dann erhöhen Sie den Bio-Anteil nach und nach, statt sich an Prozentwerten abzuarbeiten. Oder Sie suchen Landwirt*innen auf und versuchen gemeinsam Produkt- und Anbau- â Großartig, dass Sie Ihren Weg so mo- absprachen zu treffen, um Ihnen ein erwei- tiviert weitergehen! Machen Sie ihn nicht tertes Sortimentsangebot zu sichern. mit starren Zielvorgaben holpriger als nötig. „Erhöhung des Bio-Anteils von 40 auf 60 Prozent“ ist natürlich ein edler Vorsatz – aber ein Blick auf Warenverfügbarkeit und Kalku- lation zeigen, dass so manches ehrgeizige Ziel gar nicht so einfach umsetzbar ist. Das gilt gerade, wenn die Bio-Produkte auch noch aus der Region kommen sollen, dort aber vielleicht gar nicht in den entsprechen- den Mengen produziert werden können. 16
Hessisch Bio für die Großküche Beschaffung So kommen die Lebensmittel zu Ihnen Normalerweise bestelle ich beim Großhandel, und die Ware wird täglich geliefert. Wie läuft das denn mit Bio? â Möglicherweise ein bisschen anders. Denn zum einen gibt es noch nicht viele TIPP reine Großhandelsbetriebe, zum anderen Wenn Sie erst einmal nur mit wenigen reicht deren Geschäftsvolumen in der Regel Produkten anfangen und sich nicht gleich nicht für tägliche Lieferungen aus. Sie sollten umstellen möchten, dann erkundigen Sie sich also in Ihre Planung mit einbeziehen, dass doch, ob Ihr bisheriger Großhandelsbetrieb Sie vielleicht nur ein-, zweimal pro Woche auch ein Bio-Sortiment anbietet, das zu Ihrem Bedarf passt! beliefert werden und auch Ihre Bestellung mit einem gewissen Vorlauf aufgeben müs- sen. Das ist natürlich unpraktisch, wenn Sie nur zweimal im Jahr eine Bio-Aktionswoche vorhaben. Verwenden Sie aber regelmäßig Bio-Lebensmittel, dann spielt sich dieser neue Rhythmus erfahrungsgemäß schnell ein. 17
Beschaffung Warum gibt es nur so wenige Bio-Lieferstrukturen? halten Landwirtschaftsbetriebe und Lebens- mittelproduzenten entgegen, sie könnten nicht auf Öko umstellen oder Bio-Lebens- mittel in großen Mengen produzieren, â Weil Bio immer noch eher die Ausnah- solange die Nachfrage so gering sei. me als die Regel ist. In Deutschland wurde 2019 nur auf einem Zehntel der landwirt- Was hier Henne ist und was Ei, das weiß schaftlichen Flächen Biolandbau betrieben, wohl niemand. Fest steht: Damit der Bio- in Hessen sind es rund 16 Prozent, Tendenz Anteil wachsen kann, müssen genügend steigend. In privaten Haushalten wächst die Akteurinnen und Akteure auf beiden Seiten Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln konti- erste Schritte gehen. nuierlich. Immer mehr Menschen möchten auch beim täglichen Einkauf einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Im Außer-Haus-Markt kommt diese Entwick- TIPP lung allerdings deutlich verzögert an. Der Wie wäre es, ganz neue Wege zu gehen? Anteil von Bio liegt hier nach Schätzungen Tun Sie sich doch mit einem regionalen bei lediglich 1,5 Prozent des Umsatzes. Von Landwirtschaftsbetrieb zusammen: Sie Gastronomie und Großküchen hört man zu garantieren Abnahmemengen und werden dem Thema häufig, sie würden ja gern mehr dafür bevorzugt beliefert, können vielleicht Bio einsetzen, aber das Angebot sei halt sogar Einfluss nehmen auf das, was ange- nicht da – und wenn, dann zu teuer. Dem baut wird. Durch so eine Partnerschaft haben Sie die Chance, gemeinsam zu wachsen. Ist es nicht schlecht für die Umwelt, wenn die Bio-Lebensmittel einen Aber natürlich ist es grundsätzlich sinnvoll, Transportkilometer zu sparen! Diese Mög- lichkeiten haben Sie: weiteren Weg haben? Sie sehen sich nach Direktvermarkter*in- nen um: Gibt es Bio-Betriebe in Ihrer Nähe, die Ihnen beispielsweise Kartoffeln â Weil es noch nicht viele reine Bio-Groß- oder Gemüse liefern können? (Siehe handelsbetriebe gibt, kann es tatsächlich Seite 11) sein, dass der nächstgelegene die Ware aus 150 Kilometern Entfernung zu Ihnen brin- Sie bündeln Bestellungen, statt die Lie- gen muss. Das ist sicher nicht ideal, stimmt. ferant*innen jede Woche für ein einziges Andererseits wird die Rolle, die der Trans- Produkt zu Ihnen fahren zu lassen. port für den ökologischen Fußabdruck eines Lebensmittels spielt, Sie schauen, ob Ihr konventioneller Groß- oft überschätzt. In den handelsbetrieb ein Bio-Sortiment hat, fließen nämlich noch das für Ihre Bedürfnisse schon ausreicht. TIPP Für kleine Betriebe wie zum Beispiel viele andere wichtige Im Grunde läuft aber auch hier alles auf die Kitas sind Biokisten eine gute Möglich- Faktoren mit ein: die Frage hinaus: Was ist Ihnen wichtig? Vor keit, um mit Bio einzusteigen. Diese Art des Anbaus (bio allem die Regionalität? Oder vor allem der Abokisten werden bequem geliefert, oder konventionell) Bio-Anbau? Wenn Sie das für sich beantwor- und die Produkte darin stammen oft und damit unter an- ten, dann wissen Sie auch, an welcher Stelle aus der Region (Fragen Sie explizit nach derem der Einsatz von Sie Kompromisse am ehesten verschmerzen einer Regionalvariante nach). Der Inhalt Dünge- und Spritzmit- können. einer Kiste reicht vielleicht nicht zur Voll- teln, der Wasser- und verpflegung, aber Rohkost und hin und Flächenbedarf, der wieder Ofengemüse sollten drin sein. Grad der Verarbeitung, Und das ist ein guter Anfang! die Verpackung … 18
Hessisch Bio für die Großküche Gibt es die Convenience-Produkte, die ich für meine Großküche brauche, überhaupt in Bio-Qualität? â Ja. Die allermeisten gibt es sogar Nachricht lautet aber: Für Kartoffeln, Zwie- schon lange, und es werden immer mehr. beln oder Möhren sind Verarbeitungsbetrie- Geschälte Bio-Kartoffeln wurden zum Bei- be nahezu hessenweit vorhanden, vereinzelt spiel schon Mitte der Neunziger angeboten. auch für Molkereiprodukte und Fleisch- Geschnittenes Gemüse, Tiefkühlprodukte, waren. Wenn Sie im Internet recherchieren, Kartoffelpüreeflocken – alles im Angebot. sollte es Ihnen gelingen, entsprechende Vor- Zugegeben, nicht alles ist überall auch als verarbeitungsbetriebe zu finden. regionales Bio-Produkt verfügbar. Die gute Kann man denn geschälte Kartoffeln oder geschnittenes Gemüse Was tatsächlich hinter der Frage steht, ist das Wissen, dass die Plastikverpackung wo- überhaupt noch als Bio möglich nicht supernachhaltig ist. Stimmt – vielleicht. Denn auch hier muss man schauen, was die Alternativen wären. Eine bezeichnen, wenn alles in Verpackung, in der das Produkt womöglich schneller verdirbt? Lebensmittelverschwen- Plastik verpackt ist? dung ist ja auch nicht nachhaltig. Oder die frischen Kartoffeln von Hand schälen? Sicher schön, in der Großküche aber kaum umsetz- bar. Also stehen die in Plastik verpackten, â Auf jeden Fall! Ein Bio-Lebensmittel vorgeschälten Bio-Kartoffeln wahrscheinlich ist eins, das nach den Regeln der EU-Öko- eher den in Plastik verpackten, vorgeschäl- verordnung produziert wurde. Wenn die ten konventionellen Kartoffeln gegenüber Kartoffel aus biologischer Landwirtschaft als den ungeschälten Bio-Kartoffeln. Dann stammt und nicht mit konventionellen doch lieber die Bio-Convenience-Ware! Produkten oder im Bio-Bereich verbotenen Zusatzstoffen in der Packung landet, dann ist sie auch nach der Verarbeitung noch eine Bio-Kartoffel. 19
Beschaffung Ich bekomme die gewünschten bio-regionalen Produkte nicht in der Menge, die ich brauche. Was mache ich jetzt? â Abhängig von Ihrer Betriebsgröße kann Und planen Sie vor allem nicht zu spontan: es schon mal sein, dass Sie Kompromisse Sehr kurzfristig sind große Mengen regiona- eingehen müssen. Denn das regionale Bio- ler Bio-Produkte selten zu beschaffen. Mal Angebot ist begrenzt, und es gibt noch nicht eben für übermorgen tausend Portionen überall genügend Verarbeitungsbetriebe, Schweinelende bestellen, das geht (noch) um gerade Großbetrieben regionale Bio- nicht. Aber mit jeder Bestellung, mit jedem produkte in beliebigen Mengen zu liefern. abgenommenen Produkt tragen Sie dazu Sprechen Sie am besten erst einmal mit bei, dass sich Bio weiter durchsetzt und einer Beraterin oder einem Berater. Legen irgendwann hoffentlich auch in großen Sie fest, welche Produkte aus ökologischer Mengen verfügbar sein wird. Erzeugung stammen sollen und welche zu- sätzlich aus der Region. Erkundigen Sie sich nach den entsprechenden Gebindegrößen. TIPP Denken Sie über die Mittagsverpflegung hinaus! Sie können regionale Bio-Produzen- tinnen und -Produzenten auch unterstützen, indem Sie morgens belegte Bio-Brötchen anbieten oder nachmittags einen Obstkorb mit Bio-Äpfeln aufstellen. 20
Hessisch Bio für die Großküche Kalkulation und Kosten Der Umgang mit einem anderen Preisgefüge Warum sind Und weil immer noch relativ wenig Bio produziert wird, treibt auch die mangeln- Bio-Produkte teurer? de Verfügbarkeit großküchengerechter Ware so manchen Preis in die Höhe. Guckt man sich die Sache allerdings im Detail an, dann sieht das Bild gar nicht mehr â Es stimmt, dass Bio-Lebensmittel oft so eindeutig aus. Es gibt nämlich durchaus mehr kosten als konventionelle. Das hat inzwischen Bio-Produkte, die preislich mit verschiedene Gründe: konventionellen mithalten können – sofern diese nicht gerade am alleruntersten Ende Weil keine chemisch-synthetischen Pflan- der Preisskala angesiedelt sind. Sprich: Wenn Sie bisher Markennudeln einkau- zenschutzmittel zum Einsatz kommen, fen, dann sehen Sie sich doch mal nach sind die Erträge im Ökolandbau geringer vergleichbaren Bio-Produkten um. Wissen- als in der konventionellen Landwirtschaft. schaftliche Erkenntnisse belegen, dass viele Gleichzeitig bedeutet Bio einen höheren Bio-Produkte (Joghurt, Nudeln etc.) in Bio- Aufwand: beispielsweise zur Erhaltung Qualität oft günstiger sind als konventionelle der Bodenfruchtbarkeit und zum Schutz Markenprodukte. der Pflanzen vor Schädlingen und Un- kraut. In der Tierhaltung entstehen höhere Kos- ten unter anderem durch das teurere Bio- Futter und dadurch, dass weniger Tiere pro Fläche gehalten werden dürfen. 21
Kalkulation und Kosten Wie kann ich mir die konventionellen Linsen gegen Bio-Ware aus, ist der Unterschied verschwindend Umstellung auf Bio- gering. Können Sie das Rezept so verändern, Produkte leisten? dass die Menge besonders kostspieliger Bio-Zutaten reduziert wird? Sie könnten zum Beispiel im Chili con Carne den â Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Fleischanteil reduzieren und dafür mehr ein Anteil von 10 bis 20 Prozent Bio-Pro- Bohnen einsetzen. Oder weniger von dukten in Großküchen so gut wie kosten- dem teuren Bio-Käse über den Nudelauf- neutral funktioniert. Die Voraussetzung ist lauf streuen. allerdings, dass Sie nicht einfach 1:1 Bio-Le- bensmittel bestellen, wo Sie bisher konven- tionelle eingesetzt haben – sondern dass Sie sich mit Ihren Speiseplänen und Rezepten TIPP hinsetzen und clever kalkulieren. In vielen Großküchen sammeln sich über die Jahre Produkte an, die gewohnheitsmäßig Diese Überlegungen können Sie anstellen: gekauft werden, obwohl sie gar nicht wirklich nötig sind oder mit vertretbarem Aufwand selbst gemacht werden können. Sehen Sie Bei welchen Lebensmitteln ist der Preis- sich einmal kritisch um: Gibt es hier Einspar- unterschied zwischen Bio und konven- potenziale? Wenn Sie beispielsweise Gemü- tionell am geringsten? Gerade Kartoffeln se selbst verarbeiten, können Sie die Schäl- und Trockenwaren wie Nudeln und Lin- abfälle nutzen, um eigene Gemüsebrühe zu sen sind gute Startpunkte, um mit gerin- kochen, statt das Fertigprodukt zu kaufen. gem finanziellem Aufwand einzusteigen. Können Sie sparen, indem Sie bestimmte Produkte in größeren Mengen bestellen Können Sie die Mehrkosten für die Bio- und lagern? Sehen Sie sich im Großhan- Produkte an anderer Stelle ausgleichen? del nach Großgebinden um und verglei- Wenn Sie im Winterhalbjahr beispiels- chen Sie die Preise. weise auf frische Tomaten, Paprika und Lassen sich nur einzelne Zutaten austau- Gurken verzichten (oder sie zumindest schen statt ganzer Gerichte oder Kom- nur punktuell einsetzen) und stattdessen ponenten? Bieten Sie die Linsensuppe günstigem Wintergemüse einen Platz auf mit Würstchen insgesamt als Bio-Gericht dem Speiseplan geben, können Sie eine an, könnte sich die Umstellung beim Menge Kosten einsparen – sogar dann, Wareneinsatz empfindlich bemerkbar wenn Sie Kohl, Rote Bete oder Knollen- machen. Tauschen Sie dagegen nur die sellerie in Bio-Qualität beziehen. Kommunikation: Gut informiert Übrigens auch, wer in der Küche täglich kocht. Ein Bild vom Küchenteam im Speise- raum mit dem Schriftzug „Wir kochen täglich für Sie“. Diese Maßnahmen schaffen Vertrau- â Nicht alle Gäste schreien sofort vor Be- en und Transparenz. „Storytelling“, also Ge- geisterung auf, wenn Sie mit Bio anfangen. schichten erzählen, wie „Heute gibt es das Leider ist Bio bei manchen noch mit einem Lieblingsgericht unseres Auszubildenden“. negativen Image verbunden. Informieren Sie Das sind authentische Geschichten aus der Ihre Gäste über das, was Sie vorhaben. Pla- Küche, die durchaus zur Vertrauensbildung kate oder Tischaufsteller, auf denen über die beitragen. Lieferbetriebe informiert wird, zum Beispiel ein Foto von Landwirt*innen und seinen Betrieben mit dem Titel „Unsere Bio-Kartof- feln stammen vom Landwirt Hans Müller aus Musterdorf“. Die Gäste möchten sehen, wer hinter den Produkten steckt. 22
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