HESSISCH BIO FÜR DIE GROßKÜCHE - IHR WEG ZU MEHR BIO-REGIONALEN PRODUKTEN IN DER HESSISCHEN GEMEINSCHAFTSVERPFLEGUNG - FIBL

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HESSISCH BIO FÜR DIE GROßKÜCHE - IHR WEG ZU MEHR BIO-REGIONALEN PRODUKTEN IN DER HESSISCHEN GEMEINSCHAFTSVERPFLEGUNG - FIBL
Hessisch Bio
  für die
Großküche
 Ihr Weg zu mehr bio-regionalen Produkten
in der hessischen Gemeinschaftsverpflegung

                                             Ein Projekt im Rahmen
                                             der Hessischen
                                             Ernährungsstrategie
HESSISCH BIO FÜR DIE GROßKÜCHE - IHR WEG ZU MEHR BIO-REGIONALEN PRODUKTEN IN DER HESSISCHEN GEMEINSCHAFTSVERPFLEGUNG - FIBL
Inhalt
   Ernährungsstrategie – oder: wie man lecker, ökologisch und regional zusammenbringt.. 1
   Hessische Essgeschichten
   "Was ist der Unterschied zwischen Grie Soß und Griene Sose?".......................................... 2

Bio is(s)t besser! Echt? ..........................................................................................3
   Hessische Essgeschichten
   „Stinkt ein richtiger Handkäs?“................................................................................................... 9

Regionales Bio in der Großküche..................................................................... 10
   Wo bekomme ich Unterstützung?............................................................................................ 11
   Einstieg ....................................................................................................................................... 12
   Beschaffung................................................................................................................................ 17
   Kalkulation und Kosten.............................................................................................................. 21
   Hessische Essgeschichten
   „Ist jede alte Wurst eine Ahle Wurscht?“................................................................................. 25

Hinweise für die regionale Produktion und Belieferung .............................. 26
   Hessische Essgeschichten
   „Was muss man über Äbbelwoi wissen?“................................................................................ 28

Hinweise für öffentliche Träger und NICHT öffentliche Trägerschaften ..... 29
   Hessische Essgeschichten
   "Was ist der Unterschied zwischen einem Frankfurter und einem Wiener Würstchen?". 32

Eine Woche Hessisch Bio für die Großküche.................................................. 33
   Montag........................................................................................................................................ 34
   Dienstag...................................................................................................................................... 36
   Mittwoch...................................................................................................................................... 38
   Donnerstag................................................................................................................................. 40
   Freitag.......................................................................................................................................... 42

Hessische Rezepte.............................................................................................. 44

Weitere Informationen....................................................................................... 47
   Ansprechpartner*innen in Ihrer Region.................................................................................. 48
   Impressum................................................................................................................................... 49
HESSISCH BIO FÜR DIE GROßKÜCHE - IHR WEG ZU MEHR BIO-REGIONALEN PRODUKTEN IN DER HESSISCHEN GEMEINSCHAFTSVERPFLEGUNG - FIBL
Hessisch Bio für die Großküche

Ernährungsstrategie – oder:
wie man lecker, biologisch
und regional zusammenbringt

       Sehr geehrte Leserinnen und Leser,                treiber, in Ihrem herausfordernden Verpfle-
                                                         gungsauftrag zu unterstützen und auf dem
                                                         Weg hin zu einem nachhaltigen Speisenan-
       eine ausgewogene Ernährung ist wichtig            gebot in Ihren Einrichtungen zu begleiten.
       für unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit         Mit dem vorliegenden Handlungsleitfaden
       und unsere Leistungsfähigkeit. Unsere täg-        "Hessisch Bio für die Großküche" erhalten
       lichen Entscheidungen, was wir essen, wo          Sie dazu gebündelt die praxisorientierten
       wir es einkaufen und wie wir es zubereiten,       Informationen, die Sie benötigen, um den
       bedeuten aber noch viel mehr: Mit diesen          Einsatz biologischer, saisonaler oder regio-
       Entscheidungen beeinflussen wir maßgeb-           nal erzeugter Lebensmittel in Ihrer Gemein-
       lich unsere Umwelt. Die Auswahl unserer           schaftsgastronomie zu erhöhen.
       Lebensmittel hat grundlegende Auswirkun-
       gen auf den Klimaschutz, den Erhalt der           Erfolgreiche Schritte auf dem Weg hin zu
       Artenvielfalt, den Schutz der natürlichen         einem nachhaltigen Verpflegungsange-
       Lebensgrundlagen wie Wasser, Luft und             bot in hessischen Kantinen würdigt das
       Böden oder auf das Tierwohl.                      Land darüber hinaus mit der Teilnahme am
                                                         Landesprogramm ‚100 KlimaKantinen‘. Als
       Die Gemeinschaftsgastronomie spielt dabei         Teil dieses Netzwerkes sind Sie mit Ihrer
       eine sehr wichtige Rolle. Betriebsrestaurants     Einrichtung nicht nur Vorbild für die Ent-
       oder Kantinen in öffentlichen Einrichtungen       wicklungsprozesse anderer Einrichtungen
       wie Schulen, Kindertagesstätten, Pflegeein-       der Gemeinschaftsgastronomie, sondern
       richtungen oder Kliniken sind für eine wach-      profitieren auch von einem kollegialen Er-
       sende Zahl an Menschen ein zentraler Ort in       fahrungs- und Informationsaustausch.
       ihrer täglichen Essroutine. Eine Umstellung
       der in der Gemeinschaftsgastronomie an-           In diesem Sinne möchte ich Sie und Ihre Mit-
       gebotenen Lebensmittel hin zu nachhaltigen        arbeiterinnen und Mitarbeiter bestärken, mit
       Angeboten kann so sehr viele Bürgerinnen          Ihrer Gemeinschaftsgastronomie voran zu
       und Bürger erreichen und einen wertvollen         gehen und wünsche Ihnen eine erfolgreiche
       Beitrag zum Schutz unserer Umwelt leisten.        Arbeit mit dem vorliegenden Leitfaden.
       Über das Lebensmittelangebot in der Ge-
       meinschaftsgastronomie werden Menschen
       ganz unterschiedlicher Lebenswelten an-
       gesprochen, die auf diese Weise jedoch alle
       die gleichen Impulse erhalten: zum Beispiel,
       sich bei der Wahl ihrer Speisen für eine bio-
       regionale Alternative zu entscheiden.

       Indem die Wahl saisonaler und nachhaltig
       erzeugter Speisen aus der Region in den
       Einrichtungen erleichtert wird, kann die
       Nachfrage nach diesen Lebensmitteln ins-
       gesamt gefördert werden. Diese Entwicklun-
       gen unterstützt mein Ministerium durch die
       Förderung von Wertschöpfungsketten bei
       der Verarbeitung, Veredelung und der Ver-
       marktung von bio-regionalen Lebensmitteln.
       Mit der Hessischen Ernährungsstrategie ‚Gut       Priska Hinz
       essen in Hessen: gesund, regional, nachhal-       Hessische Ministerin für Umwelt,
       tig‘ haben wir uns das Ziel gesetzt, Sie, liebe   Klimaschutz, Landwirtschaft und
       Kantinenbetreiberinnen und Kantinenbe-            Verbraucherschutz

                                                                                                      1
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HESSISCHE ESSGESCHICHTEN

"Was ist der Unterschied zwischen Grie Soß
und Griene Sose?"

           W
                     as, püriert?“ – „Wie bitte, Dill?“    Mischung davon. Serviert wird die Sauce oft
                     Wie die traditionelle, die echte,     schlicht zu Pellkartoffeln und hart gekochten
                     die einzig wahre Grüne Soße           Eiern, aber auch zu gekochtem Fleisch oder
           zuzubereiten ist, darüber gibt es im Grüne-     Fisch.
           Soßen-Land Hessen sehr unterschiedliche
           Ansichten: je nach Region und sogar je nach     In Kassel dagegen, wo man die lokale
           Familie. Aber mindestens zwei Haupttradi-       Griene Sose mindestens genauso in Ehren
           tionen gibt es für das Rezept.                  hält, ist es tabu, die Kräuter zu fein zu zer-
                                                           kleinern. Grob geschnitten oder gehackt,
           Über die Grenzen des Bundeslandes hinaus        geben sie der Sauce auf Basis von saurer
           bekannt ist vor allem die Frankfurter Grie      Sahne und Schmand Struktur. Manche
           Soß. Die Mischung der traditionellen sieben     rühren sogar noch Quark unter (aber daran
           Kräuter darf sich sogar, sofern in und um       scheiden sich auch hier die Geister). Und
           Frankfurt angebaut, mit einer geschützten       obwohl auch in Kassel sieben Kräuter in die
           geografischen Angabe (g. g. A.) schmücken       Sauce kommen, gehören weder Kresse noch
           – was der Diskussion ein Ende gemacht           Kerbel hinein, dafür aber durchaus mal Dill
           hat, ob Dill nun etwas in der Sauce verloren    und Zitronenmelisse.
           hat oder nicht: definitiv nein. In die Frank-
           furter Grüne Sauce gehören Sauerampfer,         Wie bitte – zu vernachlässigende Unterschie-
           Borretsch, Schnittlauch, Petersilie, Kerbel,    de seien das? Sagen Sie das in Hessen lie-
           Pimpinelle und Kresse – mehr nicht! Sogar       ber nicht laut. Und probieren Sie ruhig mal
           ein Denkmal hat man genau dieser Kräuter-       beide Varianten. Vielleicht schmeckt Ihnen ja
           mischung in Frankfurt inzwischen gesetzt.       eine davon so gut, dass Sie danach eben-
                                                           falls überzeugt sagen: So und nicht anders
           Die Kräuter werden für die Grie Soß sehr        gehört Grüne Soße!
           fein gehackt oder sogar püriert und klassi-
           scherweise mit einer Mayonnaise auf Basis
           von hart gekochtem Eigelb vermischt. Heute
           kommen häufig Sauermilchprodukte dazu:
           Dickmilch, saure Sahne, Schmand oder eine

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Hessisch Bio für die Großküche

Bio is(s)t besser!
Echt?

     Bio ist in – keine Frage. Der Umsatz     Und falls Sie noch mehr Fragen
     steigt; alles nachhaltig, fair und gut   haben – hier finden Sie Antworten:
     für die Umwelt, so tönt die Werbung.
     Doch damit wachsen auch die Fra-         ökolandbau.de das
     gen. Stimmt das alles überhaupt          Informationsportal:
     oder ist Bio nur ein teuer verkauftes    https://www.oekolandbau.de/
     Valium für´s schlechte Gewissen?
     Auf den nächsten Seiten finden Sie       Forschungsinstitut für
     Antworten dazu.                          biologischen Landbau:
     Zu den einzelnen Kapiteln finden Sie     100 Argumente für den Biolandbau
     weitere Informationen und Nachwei-       http://www.fibl.org/fileadmin/docu-
     se in den angegebenen QR-Codes.          ments/shop/1440-argumente.pdf

                                              Bio-FAQ des Bio-Dachverbandes
                                              BÖLW: Fragen und Antworten zur
                                              Ökologischen Lebensmittelwirtschaft
                                              https://www.boelw.de/service/bio-faq

                                                                                       3
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Bio is(s)t besser! Echt?

Ist Bio gesünder?
                       Zahlreiche Studien haben konven-              Das alles bedeutet nicht zwingend, dass
                       tionell und biologisch angebaute              Menschen, die Bio-Lebensmittel essen,
                                                                     länger und gesünder leben. Man kann
                       Lebensmittel miteinander verglichen.          sich auch mit Bio zu viel, zu fett und zu süß
                       Das sind die Ergebnisse:                      ernähren. Zudem wirkt sich nicht nur das Es-
                                                                     sen auf die Gesundheit aus, sondern unser
                                                                     Lebensstil als Ganzes.
                       â Weniger Rückstände
                                                                     â Geringeres Risiko
                       Weil Bio-Bäuerinnen und -Bauern keine che-
                       misch-synthetischen Pestizide verwenden,      Bezogen auf die Gesellschaft als Ganzes
                       finden sich in Bio-Obst und Gemüse in der     spricht vor allem der Verzicht auf syntheti-
                       Regel weniger Rückstände.                     sche Pestizide für den Ökolandbau. Denn
                                                                     viele dieser Substanzen könnten möglicher-
                       â Mehr Nährstoffe                             weise Ungeborene schädigen oder chroni-
                                                                     sche Erkrankungen wie Krebs und Parkinson
                       Obst und Gemüse von Bio-Bäuerinnen            verursachen. Um Menschenleben geht es
                       und -Bauern enthalten oft mehr gesunde        auch bei antibiotika-resistenten Keimen, die
                       Pflanzeninhaltstoffe wie Polyphenole oder     aus Mastställen über Abluft oder Gülle in die
                       Carotinoide. Fleisch und Milch von Bio-Tie-   Umwelt gelangen können und sich auf man-
                       ren enthalten mehr Omega-3-Fettsäuren,        chen Produkten wie Hähnchen finden.
                       die gesund fürs Herz sind, und ebenso mehr
                       konjugierte Linolsäuren, denen eine krebs-
                       vorbeugende Wirkung nachgesagt wird.

                                                                                   Bio-Kost ist doch gesünder
                                                                                   www.scinexx.de

                                                                                   Bio-FAQ des
                                                                                   Bio-Dachverbandes BÖLW:
                                                                                   Sind Bio-Lebensmittel
                                                                                   gesünder?

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Hessisch Bio für die Großküche

Ist Bio wirklich so gut für
Klima und Umwelt?
                                                                       â Fruchtbarer Boden

        Landwirtschaft greift immer in die                             Bio-Bäuerinnen und -Bauern bringen durch
        Natur ein. Der Bio-Landbau beein-                              organische Dünger wie Mist, Kompost oder
                                                                       Mulch Kohlenstoff in den Boden. Das fördert
        trächtigt sie jedoch weniger.                                  das Bodenleben ebenso wie die vielfälti-
                                                                       gen Fruchtfolgen im Bio-Landbau. Deshalb
        â Sauberes Wasser                                              enthalten Bio-Flächen häufig mehr Humus.
                                                                       Der zusätzliche Humus erhält nicht nur den
        Pro Hektar Land dürfen Bio-Bäuerinnen                          Boden fruchtbar. Er bindet CO2 und wirkt
        und -Bauern nur eine bestimmte Menge an                        dadurch dem Treibhauseffekt entgegen.
        Tieren halten. Durch diese Flächenbindung                      Durch den vielen Humus sind Bio-Böden
        können die Böden nicht mit Gülle über-                         krümeliger und können Wasser besser spei-
                           düngt werden. Zudem                         chern. Das reduziert die Hochwasserstände
                           verzichten sie auf leicht                   und hilft den Pflanzen bei längeren Trocken-
                            lösliche Mineraldün-                       perioden.
                            ger, was ebenso dazu
                            beiträgt, dass weniger                     â Gut fürs Klima
                            Nitrat ins Grundwasser
                            gelangt. Auch sinkt mit                    Bio-Bäuerinnen und -Bauern verzichten auf
                             dem Bio-Landbau die                       energieintensive Kunstdünger und Pestizi-
                             Gefahr, dass Rückstän-                    de. Weil sie sparsamer düngen, setzen ihre
                             de von Pestiziden das                     Äcker weniger klimaschädliches Distickstoff-
                             Wasser belasten.                          oxid frei. Im Futter von Bio-Tieren stecken
                                                                       keine Sojabohnen aus Südamerika, deren
        â Mehr Artenvielfalt                                           Anbau den Regenwald verdrängt.

        Auf Bio-Äckern und Wiesen leben mehr                           Doch produzieren konventionelle Bäuerin-
        Wildpflanzen, Insekten, Vögel und Säuge-                       nen und Bauern pro Hektar deutlich mehr
        tiere als auf konventionellen Flächen. Denn                    Gemüse und Getreide als ihre Bio-Kolleg*in-
        Bio-Bäuerinnen und -Bauern bekämpfen                           nen, und ihre Kühe geben mehr Milch.
        Wildkräuter und Insekten nicht mit Spritz-                     Werden die Treibhausgase nicht auf den
        mitteln, sondern fördern Nützlinge. Auch bei                   Hektar Fläche bezogen, sondern auf ein
        den Nutzpflanzen und den Tieren im Stall ist                   Kilogramm Lebensmittel, schrumpft der
        die Vielfalt bei Bio-Betrieben oft größer.                     Klima-Vorsprung der Bio-Landwirte und
                                                                       Bio-Landwirtinnen.

                      Die Umweltleistungen des
                      Biolandbaus im Detail                              Jeder Hektar Öko-Fläche
                      FiBL e.V.: Faktenblatt Boden und
                                                                         erspart dem Klima eine Tonne
                      Klima
                                                                         Kohlendioxid – jedes Jahr!

                      FiBL e.V.: Faktenblatt
                                                                         Errechnet hat dies das bundeseigene
                      Biolandbau und Biodiversität
                                                                         Thünen-Institut in der großen Studie:

                                                                                       "Leistungen des öko-
                                                                                      logischen Landbaus
                      Wissenswertes zu Ökobilanzen                                    für Umwelt und Gesell-
                      FiBL e.V.: Faktenblatt                                          schaft."
                      Ökobilanzierung biologischer
                      Lebensmittel

                      Mehr Arten auf dem Bio-Acker
                      Vögel ................................. + 35 %
                      Blütenbesuchende
                      Insekten.............................. + 23 %
                      Ackerpflanzen................... + 95 %

                                                                                                                  5
HESSISCH BIO FÜR DIE GROßKÜCHE - IHR WEG ZU MEHR BIO-REGIONALEN PRODUKTEN IN DER HESSISCHEN GEMEINSCHAFTSVERPFLEGUNG - FIBL
Bio is(s)t besser! Echt?

Warum ist Bio teuerer?
                       Die Frage ist falsch gestellt.                chen. Deshalb müssen sie höhere Preise für
                       Sie müsste lauten: „Warum sind                ihre Erzeugnisse verlangen. Reich werden
                                                                     sie davon nicht. Denn der Preisdruck von
                       konventionelle Lebensmittel so                Seiten des Handels ist auch bei Bio hoch.
                       billig?“ Das Kilo Hackfleisch für
                       4,99 Euro, der Liter Milch für 59 Cent        Würden sich diese externen Kosten im
                       oder das Kilo Zucker für 75 Cent.             Ladenpreis niederschlagen, wäre der Preis-
                       Ein wichtiger Grund dafür ist, dass           unterschied zwischen Bio-Produkten und
                                                                     konventionell erzeugten Lebensmitteln
                       viele Kosten, die bei der Herstellung         deutlich geringer. Das Problem dabei:
                       dieser Lebensmittel anfallen, nicht           Manche Schäden, etwa der Verlust an Arten-
                       auf der Rechnung stehen.                      vielfalt oder die Gefahr durch resistente
                                                                     Keime, lassen sich nur sehr schwer in Geld
                       Wer zahlt, wenn aus überdüngten Feldern       umrechnen.
                       Nitrat ins Trinkwasser sickert? Wer zahlt,
                       wenn Pestizide Menschen krank machen?
                       Wenn Treibhausgase aus der Landwirtschaft
                       das Klima anheizen? Wir alle zahlen dafür.      Wenn die Preise die wahren
                       Denn diese sogenannten externen Kosten          Kosten widerspiegeln …
                       finden sich in unserer Wasserrechnung
                                                                       Der Discounter Penny hat für acht
                       wieder.
                                                                       Lebensmittel (jeweils bio und konven-
                                                                       tionell) die Kosten berechnen lassen,
                       Der Bio-Landbau erspart uns einige dieser
                                                                       die für die emittierten Treibhausgase,
                       Kosten, etwa wenn er auf Kunstdünger und
                                                                       die Abgase beim Energieverbrauch
                                       Pestizide verzichtet oder
                                                                       und die Schäden durch den freige-
                                       weniger Tiere pro Hektar
                                                                       setzten Stickstoff anfallen. Demnach
                                        Fläche hält. Doch dadurch
                                                                                       müsste etwa gemisch-
                                        haben Bio-Bäuerinnen
                                                                                       tes Hackfleisch drei
                                         und -Bauern mehr Arbeit
                                                                                       Mal mehr kosten als
                                         und produzieren weniger
                                                                                       derzeit.
                                          Lebensmittel. Die Öko-
                                          Prämie, die sie dafür
                                          vom Staat bekommen,
                                           kann das nicht ausglei-

                                   Der Bio-Großhändler Eosta hat                 oekolandbau.de:
                                   für neun Lebensmittel (jeweils                So viel teurer ist Bio im Laden
                                   bio und konventionell) zahlrei-               Preisaufschläge für Bioprodukte
                                   che externe Kosten berechnet:
                                   vom Wasserverbrauch über den
                                   Humusaufbau bis zu den Gesund-
                                                                                 oekolandbau.de:
                                   heitsschäden durch Pestizide.
                                                                                 Warum sind Biolebensmittel
                                                                                 teurer?
                                   Das Bundeszentrum für Ernäh-
                                   rung informiert über True Cost
                                   – Wahre Kosten: Was unsere                    oekolandbau.de:
                                   Lebensmittel wirklich kosten                  Was kosten unsere Lebensmittel
                                                                                 wirklich?

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HESSISCH BIO FÜR DIE GROßKÜCHE - IHR WEG ZU MEHR BIO-REGIONALEN PRODUKTEN IN DER HESSISCHEN GEMEINSCHAFTSVERPFLEGUNG - FIBL
Hessisch Bio für die Großküche

Ist Bio wirklich echt?
        Alle Lebensmittel, die in der EU
        unter den Bezeichnungen Bio und                   Bio erkennen
        Öko verkauft werden, müssen die
                                                          Jedes Bio-Lebensmittel trägt neben
        Vorgaben der EU-Öko-Verordnung                    dem Bio-Logo der EU die Codenum-
        einhalten – und das wird streng kon-              mer seiner Kontrollstelle. Sie besteht
        trolliert.                                        aus dem Länder-Kürzel, der Bezeich-
                                                          nung ÖKO/BIO und einer dreistelli-
        Jeder Bio-Betrieb bekommt mindestens              gen Kontrollstellennummer.
        einmal im Jahr Besuch von seiner Kontroll-                           Der Code
        stelle und muss detailliert nachweisen, dass                         DE-ÖKO-039 in
        er die Standards erfüllt: Die Bäuerinnen und                         diesem Beispiel
        Bauern, auf deren Feldern das Getreide                               sagt aus, dass der
        wächst, die Mühle, in der es zu Mehl ver-                            Hersteller von der
        arbeitet wird, die Bäckerei, in der daraus         DE-ÖKO-039        deutschen Kontroll-
        schließlich das Brot gebacken wird. Nur            Deutsche          stelle GfRS zerti-
        wenn alle Beteiligten vorschriftsmäßig ge-         Landwirtschaft    fiziert wurde.
        arbeitet haben, wird ein Bio-Brot daraus. Ist
        der Betrieb Mitglied in einem Anbauver-
        band – wie beispielsweise Bioland, Natur-
        land oder Demeter – überprüft die Kont-         Mengen und verkaufte Mengen zusammen-
        rollstelle auch, ob die Verbands-Richtlinien    passen. Zwar sind die Jahreskontrollen
        eingehalten wurden. Die üblichen Kontrol-       angemeldet, doch die Prüfer*innen können
        len durch die Lebensmittelüberwachung           jederzeit auch unter dem Jahr vorbeischau-
                     oder die amtlichen Veterinäre      en. Dieses Kontrollsystem besteht auch in
                     kommen noch oben drauf.            den anderen EU-Ländern und muss ebenso
                                                        für Bio-Erzeugnisse eingehalten werden, die
                    Die Bio-Kontrolleur*innen sehen     in die EU eingeführt werden.
                    sich Äcker und Ställe ebenso
                    an wie die Lagerhaltung. Sie        Der allergrößte Teil der Bio-Betriebe hält
                    prüfen, ob die eingekauften         die Regeln ein. Doch mit krimineller Ener-
                     Zutaten alle Bio waren, lassen     gie lässt sich auch ein gutes Kontrollsystem
                                        sich Rezep-     austricksen. Es gibt immer wieder Unter-
                                        turen zeigen    nehmen, die konventionelle Ware als „Bio“
                                       und rechnen      deklariert haben – und erwischt wurden.
                                       nach, ob ein-    Meist waren es Importeure von Getreide
                                       gekaufte (oder   oder Futtermitteln. Jeder große Betrugsfall
                                      auf dem Acker     hat dazu geführt, dass die Kontrollen verbes-
                                      gewachsene)       sert wurden.

                                                                     So funktioniert Bio-Kontrolle
                                                                     in der Praxis. Eine Reportage
                                                                     in Schrot&Korn

                                                                     Wenn es mal nicht klappt:
                                                                     Massive Probleme mit Bio-Ingwer
                                                                     aus China. Ein Bericht aus
                                                                     der Fachzeitschrift BioHandel

                                                                     Schlampige Arbeit hat Konse-
                                                                     quenzen: EU-Kommission entzieht
                                                                     internationalem Öko-Zertifizierer
                                                                     die Lizenz. Ein Bericht aus der
                                                                     Fachzeitschrift BioHandel
                                                                                                     7
HESSISCH BIO FÜR DIE GROßKÜCHE - IHR WEG ZU MEHR BIO-REGIONALEN PRODUKTEN IN DER HESSISCHEN GEMEINSCHAFTSVERPFLEGUNG - FIBL
Bio is(s)t besser! Echt?

Haben Bio-Tiere ein besseres Leben?
                       Für Bio-Bauernhöfe gelten strenge                â Artgerechtes Futter
                       Auflagen zur artgerechten Tierhal-
                       tung, wie z.B. ein größeres Platz-               Das Futter für die Tiere stammt aus öko-
                                                                        logischem Anbau. Die Kühe und andere
                       angebot bei den Ausläufen und                    Wiederkäuer bekommen genügend faser-
                       im Stall. Darüber hinaus haben die               reiches Raufutter zu fressen und Hühner
                       Tiere in der Regel die Möglichkeit,              ganze Körner zum Picken. Weil dadurch
                       auf der Weide zu grasen oder ein-                der Energiegehalt des Futters begrenzt ist,
                       gestreute Bereiche zu nutzen. Dies               wachsen die gehaltenen Masttiere langsa-
                                                                        mer und Kühe geben weniger Milch.
                       trägt dazu bei, dass die Tiere ihre
                       natürlichen Verhaltensweisen ausle-              â Weniger Antibiotika
                       ben können und das Wohlbefinden
                       gesteigert wird.                                 Werden die Tiere krank, sollen Bio-Betrie-
                                                                        be zuerst versuchen, ihre Tieren mit pflanz-
                                                                        lichen Arzneimittel zu behandeln. Ist dies
                                                                        nicht möglich, dürfen im Einzelfall chemisch-
                                                                        synthetische Arzneimittel oder Antibio-
                                                                        tika eingesetzt werden. Masthühner und
                                                                        -schweine, die mehr als einmal im Leben
                        Tierwohl im Blick                               Antibiotika erhalten haben, verlieren ihren
                                                                        Bio-Status

                        Die EU-Öko-Verordnung regelt zwar               â Weniger Eingriffe am Tier
                        Stallgröße, Futter und Auslauf – doch
                        ob die Tiere gesund und in gutem                Schmerzhafte Eingriffe wie Schnabelstutzen,
                        Zustand sind, ist bei der Öko-Kon-              Zähneabschleifen oder das Kupieren von
                        trolle kein Thema. Deshalb haben die            Schwänzen und Ohren sind als Routine-
                        Bio-Verbände einen Tierwohl-Check               maßnahme in der ökologischen Tierhaltung
                        eingeführt, den die Kontrolleur*innen           grundsätzlich verboten. Rinder sollten
                                   im Stall abarbeiten müssen.          eigentlich ihre Hörner behalten, werden
                                   Geht es den Tieren nicht gut,        aber entweder auf Hornlosigkeit gezüchtet
                                   berät der Verband die Land-          oder doch enthornt, um Verletzungen von
                                    wirt*innen und erlässt Auf-           Mensch und Tier zu vermeiden. Werden
                                    lagen.                                Eingriffe vorgenommen, müssen die Tiere
                                                                          immer eine Betäubung und Schmerzmit-
                                                                           tel bekommen.

                                     Die Umweltorganisation                          Endet Bio auf dem Schlachthof?
                                     WWF erklärt, warum Bio-Fleisch                  Schrot&Korn erklärt, wie und wo
                                     besser ist                                      Bio-Tiere geschlachtet werden...

                                     Woher kommt das Bio-Soja für                    ...und begleitet Bio-Schweine auf
                                     Tofu und Tierfutter? Ein Hinter-                ihrem letzten Weg
                                     grundbericht in Schrot&Korn

                                     Die Haltung macht’s. Eine Repor-
                                     tage von einem Demeter-Milch-
                                     betrieb in Schrot&Korn

8
Hessisch Bio für die Großküche

HESSISCHE ESSGESCHICHTEN

„Stinkt ein richtiger Handkäs?“

          E
                 ntweder man liebt ihn, oder man hasst      Käse ein bis zwei Tage mit reichlich Zwiebeln
                 ihn – dazwischen gibt es nichts. Hand-     in Ebbelwoi ein und serviert ihn mit einer
                 käs, der traditionelle eiweißreiche und    Marinade aus Essig, Öl, Salz und Pfeffer –
           fettarme Sauermilchkäse, spaltet nicht nur       und noch mehr Zwiebeln. Stückchenweise
           Hessen in zwei Lager. Während ihn die einen      wird er dann mit dem Messer (nie mit einer
           als „kleinen Stinker“ bezeichnen und sich        Gabel!) aufs Brot bugsiert, mit etwas „Musik“
           naserümpfend abwenden, sprechen die an-          bedeckt und zu Ebbelwoi (in Rheinhessen
           deren von „hessischem Gold“ und rühmen           natürlich Weißwein!) genossen.
           seinen würzigen Duft. Was Gestank ist, liegt
           wohl in der Nase der Riechenden.                 Und wie kommt die Musik zu ihrem Namen?
                                                            Vom Klimpern der Öl- und Essigfläschchen,
           Aber abgesehen davon, wie angenehm man           wenn sie in den Schänken zum Tisch ge-
           den Geruch nun findet: Dessen Intensität         tragen werden – das sagen jedenfalls die
           ist eine Frage der Reife. Handkäse wird aus      einen. Die anderen glauben, der Name sei
           Magerquark hergestellt. Frisch geformt, was      eher auf die „Musik“ zurückzuführen, die
           früher direkt auf den Bauernhöfen von Hand       die Zwiebeln einige Zeit nach dem Essen
           passierte und so dem Käse den Namen gab,         machen. Aber über dieses Geräusch- und
           riecht er nur leicht säuerlich. Lässt man ihn    Geruchskapitel senken wir dann doch lieber
           reifen, verfärbt sich die zunächst weiße, brö-   den Mantel des Schweigens.
           selige Käsemasse langsam gelblich-glasig,
           und zwar von außen nach innen. Gleichzeitig
           wird der Käse weicher und entwickelt seinen
           charakteristischen Duft. Etwa ein bis zwei
           Wochen vor Ablauf des Mindesthaltbar-
           keitsdatums ist er durch und durch gelb und
           weich und so reif, dass sein Duft die Tränen
           in die Augen treibt.

           Für echte Fans ist dann erst der Moment ge-
           kommen, die nächste Geruchsstufe zu zün-
           den und ihn in einen echten „Handkäs mit
           Musik“ zu verwandeln. Dazu legt man den

                                                                                                        9
Regionales Bio
in der Großküche
Wie geht das ganz praktisch?

       Sie möchten anfangen, Bio-Produkte aus        Diese Fragen stellen sich nicht nur Ihnen.
       der Region zu verwenden. Glückwunsch          Deshalb haben wir die häufigsten Fragen
       zu diesem Entschluss! Was aber für einen      mitsamt Antworten hier gesammelt. Aber
       Privathaushalt nur ein kleiner Schritt ist,   zuerst die gute Nachricht:
       kann in einer Betriebskantine, einer Kran-    Regionale Bio-Lebensmittel einzusetzen,
       kenhausküche oder einer Schulmensa eine       funktioniert definitiv auch in Großküchen,
       ganze Reihe Fragen aufwerfen:                 egal ob Sie täglich tausend Essen ausgeben
                                                     oder nur eine Handvoll Kita-Kinder versor-
       •   Wie geht das überhaupt?
                                                     gen. Und wenn Sie einen Schritt nach dem
       •   Gibt es vorverarbeitete                   anderen gehen, lässt sich die Umstellung
           Lebensmittel in Bio-Qualität?             leichter bewerkstelligen, als Sie jetzt viel-
                                                     leicht denken.
       •   Woher kann man Bio-Produkte in den
           benötigten Mengen beziehen?
                                                     Packen wir's gemeinsam an!
       •   Und wird das nicht alles viel zu teuer?

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Hessisch Bio für die Großküche

Wo bekomme ich Unterstützung?
Sicher haben Sie noch Fragen, die Sie hier nicht be-       ž Bioland Hessen
antwortet finden, weil sie sich ganz konkret auf Ihren       www.bioland.de/hessen
Betrieb beziehen: Wer kann mich beliefern? Womit           ž Demeter Hessen
genau? Und an wen wende ich mich für die Zertifizie-         www.demeter.de/organisation/landesverbaende/
rung? Die folgenden Stellen helfen Ihnen mit Bera-           hessen
tung und/oder Adressen weiter.
                                                           ž Naturland
                                                             www.naturland.de
                                                           ž Biokreis
                                                             www.biokreis.de/landesverbaende
                                                           ž Gäa e.V.
                                                             www.gaea.de

Ökomodell-Regionen Hessen (ÖMR)
Die ÖMR sind Teil des Ökoaktionsplans, den Land-
wirtschaftsministerin Priska Hinz bereits 2014 aufge-
                                                           EINSCHAFT
stellt hat. Seit dem 1. Januar 2021 sind alle Landkreise
                                                             AKTIONSGEM
in Hessen Ökomodell-Region und somit Ökomodell-
                                                                                               isc h | gut
Land Hessen. Sie arbeiten gezielt daran, Bio-Akteure                      reg ion al | öko log

wie Landwirtschaftsbetriebe und Lebensmittelpro-
duzenten oder -weiterverarbeiter zu fördern und zu         ECHT HESSISCH!
vernetzen sowie Nachfrage und Angebot zusammen-            Die Vereinigung Ökologischer Landbau Hessen e.V.
zubringen. Neben Veranstaltungen und Publikationen         (VÖL), die Vereinigung Hessischer Direktvermarkter
gibt es regionale Büros, die beraten und unterstützen.     e.V. (VHD) und die MGH Gutes aus Hessen GmbH
                                                           haben sich zu der Aktionsgemeinschaft ECHT
                                                           HESSISCH! zusammengefunden. In verschiedenen
www.oekomodellregionen-hessen.de
                                                           Veranstaltungsangeboten werden Marktpartner*in-
                                                           nen vernetzt. Im Fokus steht auch die Gemeinschafts-
                                                           verpflegung.
                                                           In ganz Hessen gibt es zahlreiche Zusammenschlüsse
                                                           der Direktvermarktung, sogenannte Regionalvermark-
                                                           tungsinitiativen. Sicherlich auch in Ihrer Region! Viele
                                                           Landkreise haben die Infos hierzu in Online-Einkaufs-
                                                           führern gesammelt. Eine Übersicht vieler hessischer
MGH Gutes aus Hessen GmbH                                  Regionalvermarktungsinitiativen und Einkaufsführer
Die MGH betreut die Herkunfts- und Qualitätszeichen-       für regionale Produkte ist auf der Website der
systeme „Bio aus Hessen“ und „Geprüfte Qualität –          Aktionsgemeinschaft ECHT HESSISCH! verfügbar.
Hessen“. Sie hat die Aufgabe, Lebensmittel aus Hessen      Besuchen Sie auch den "Kontaktplatz-Hessen" und
bekannter zu machen und ihren Absatz zu fördern.           legen Sie sich ein kostenloses Profil an. Hier finden Sie
Auf der Website kann man nach Partnerbetrieben,            zum Beispiel regionale Produkte, die jetzt gerade für
also einer potentielle Lieferstruktur, suchen.             Sie verfügbar sind.

www.gutes-aus-hessen.de                                    www.echt-hessisch.info/einkaufen
                                                           www.kontaktplatz-hessen.de

Bio-Anbauverbände
In den Verbänden haben sich Bio-Produktionsbe-
triebe zusammengeschlossen, die nach größtenteils
strengeren Kriterien wirtschaften, als es die EU-Öko-
verordnung vorsieht. Die Verbände vergeben die
entsprechenden Bio-Siegel. Sie finden bei ihnen
Kontakte zu Landwirtschafts- und Gartenbaubetrieben
sowie zu anderen Direktvermarktern in Ihrer Nähe, die
Mitglied im jeweiligen Verband sind.

                                                                                                                                          11
Regionales Bio in der Großküche

Einstieg
So gelingt er ganz einfach

Ich will ja gern regionale                                     Wählen Sie ein oder zwei Produkte aus und

Bio-Produkte verwenden.                                        erkundigen Sie sich nach Verfügbarkeit und
                                                               Liefermöglichkeiten. Sprechen Sie dafür am

Aber wie fange ich an?
                                                               besten mit einer Beraterin oder einem Be-
                                                               rater (siehe S. 11).

                                                               Und wenn Sie Ihr Produkt gefunden haben,
                                                               setzen Sie es einfach anstelle des bisherigen
                 â Am besten mit einem kleinen Schritt!        konventionellen ein. Bitte beachten: Erst
                 Der kostet nicht viel Aufwand, und Sie        zertifizieren lassen und dann bewerben.
                 können sich dafür schon einmal auf die
                 Schultern klopfen. Die Umstellung ist wie
                 ein Marathon: Wenn Sie langsam anfangen,
                 kommen Sie weiter, als wenn Sie gleich in
                                                                    TIPP
                 die Vollen gehen. Schauen Sie in einen Sai-
                                                                    Ein gutes Einsteigerprodukt sind frische
                 sonkalender und überlegen Sie:
                                                                    Kartoffeln: fast überall und übers ganze Jahr
                                                                    hinweg gut verfügbar, mit recht stabilen, gut
                 ž 		 Welche Produkte, die Sie aktuell 		           kalkulierbaren Preisen, und der Kostenunter-
                      verwenden, wachsen in Ihrer Region?           schied zu konventionellen Kartoffeln bleibt
                 ž 		Welche davon könnten saisonal gut              überschaubar.
                     verfügbar sein?
                 ž 		 Welche sind rund ums Jahr gut
                      verfügbar?
                 ž 		Welche davon sind relativ preisstabil,
                     sodass Sie damit gut kalkulieren
                     können?

12
Hessisch Bio für die Großküche

Wie kann ich sicher sein,
dass ich auch wirklich                                  Bio ist also immer Bio. Das heißt aber nicht,

Bio kriege, wenn ich
                                                        dass Bio gleich Bio ist: Die Anbauverbände
                                                        wie Demeter, Naturland, Bioland und andere
                                                        stellen teilweise strengere Kriterien für ihre

Bio einkaufe?                                           Biosiegel auf. Oft (aber keineswegs immer)
                                                        sind diese Produkte deshalb teurer als
                                                        Bio-Produkte mit EU-Biosiegel. Aber auch
                                                        günstigere Bio-Lebensmittel erfüllen die
        â Bio ist nicht einfach ein Schlagwort, son-    EU-Vorgaben. Sogar wenn sie im Discounter
        dern ein durch EU-Recht geschützter Begriff.    verkauft werden. Und sogar wenn sie von
        Das heißt: Als „bio“ oder „öko“ darf man        weither kommen, denn wenn sie in die EU
        Lebensmittel bei uns nur bezeichnen, wenn       importiert werden, müssen
        sie den Anforderungen der EU-Ökoverord-         sie EU-Standards genügen.
        nung entsprechen. Und das wird kontrolliert:    Auch das wird kontrolliert –
        in der Landwirtschaft, bei der Weiterver-       selbst in Nicht-EU-Staaten
        arbeitung, im Handel und sogar bei Ihnen in     von europäischen
        der Küche (dazu mehr auf Seite 7).              Kontrollstellen.

Was heißt denn                                          ž Lebensmittel aus Hessen?

überhaupt „regionale“
                                                        ž Lebensmittel aus Ihrem Landkreis?
                                                        ž Lebensmittel aus einem Radius von

Lebensmittel? Wie groß                                    150, 100 oder 50 Kilometern um Ihren
                                                          Betrieb?

ist die Region, in der ich                              Je enger Sie Ihre Region definieren, desto
                                                        schwieriger könnte es sein, alle gewünsch-

mich umsehen soll?
                                                        ten Produkte zu bekommen, denn nicht alles
                                                        wächst überall gleich gut. Vielleicht müssen
                                                        Sie an manchen Stellen Kompromisse ma-
                                                        chen. Aber es ist gut, wenn Sie eine Vorstel-
        â Gute Frage. Oder, anders ausgedrückt:         lung haben, was Sie mit dem Einsatz regio-
        Sie entscheiden. Denn „regional“ ist – anders   naler Bio-Lebensmittel erreichen möchten.
        als „bio“ – kein geschützter Begriff. Deshalb   Und wenn Sie dann umstellen, erzählen Sie
        kommen die „regionalen“ Äpfel im Super-         ruhig auch Ihren Gästen von den Gründen!
        markt auch schon mal vom anderen Ende
        Deutschlands und das Schwein für den
        „regional“ hergestellten Schinken darf sogar
        aus dem Ausland stammen.
                                                          TIPPS
        Aber wir gehen mal davon aus, dass es             • Unternehmen Sie doch mal Sonntagsaus-
        Ihnen bei der Umstellung auf regionale Bio-       flüge zu Bauernhöfen in Ihrer Umgebung
        Lebensmittel nicht nur um schickes Marke-         und schauen Sie sich dort um. Was gibt es
        ting geht, sondern auch um anderes: dass          hier eigentlich? Und in welcher Jahreszeit?
        die Wirtschaftskraft ihrer Region gestärkt        Sprechen Sie mit den Landwirtinnen und
        wird und Arbeitsplätze erhalten bleiben.          Landwirten, wenn Sie die Gelegenheit dazu
        Dass Lebensmitteltransporte vermieden             haben. So bekommen Sie ein Gefühl dafür,
        werden. Oder dass Sie Ihre Lieferant*innen        was regionale Landwirtschaft in Ihrer Gegend
        persönlich kennen und beurteilen können,          bedeutet – und auf welche regionalen Produk-
        wie sie mit ihren Tieren umgehen.                 te Sie bauen können.
                                                          • Achten Sie im Handel auf das „Regional-
        Was davon ist Ihnen persönlich besonders          fenster“. Dieses Kennzeichen bietet eine
        wichtig? Und wie sieht für Sie dann eine          seriöse Information, woher ein Produkt stammt
        sinnvolle Definition von „regional“ aus:          und wo es verarbeitet wurde.

                                                                                                   13
Einstieg

Kann ich „Bio“ auf meinen                                           sogar eine „Bio-Woche“ mit einem Aktions-
                                                                    plakat bewerben möchten, müssen Sie das

Speiseplan schreiben,
                                                                    rechtzeitig vorbereiten. Der erste Schritt ist,
                                                                    sich an eine Öko-Kontrollstelle zu wenden.
                                                                    Mit ihr besprechen Sie das genaue Vorgehen.
sobald ich die ersten                                               Und Sie müssen für die Zertifizierung ein

Bio-Zutaten verwende?                                               Budget einplanen. Sie kostet je nach Be-
                                                                    trieb und Aufwand zwischen 250 und 800
                                                                    Euro pro Jahr. In wenigen Ausnahmefälle
                                                                    kann die Gebühr auch höher liegen. Dafür
                  â Nein. Die Tischgäste sollen sich alle dar-      können Sie später Ihren Gästen guten Ge-
                  auf verlassen können, dass Bio (oder „öko“)       wissens sagen, dass sie Ihrem Bio-Zertifikat
                  draufsteht, wo auch wirklich Bio drin ist. Das    vertrauen können, weil es unabhängig ge-
                  heißt: Auch Großküchen hierzulande, die           prüft und regelmäßig kontrolliert wird.
                  Bio-Produkte zubereiten und damit werben,
                  nehmen gemäß dem deutschen Öko-Land-              Und der Aufwand? Ist übersichtlich, wenn
                  baugesetz am Zertifizierungsverfahren teil.       Sie anfangs nur einzelne Zutaten in Bio-Qua-
                                                                    lität verwenden. Die meisten Papiere müs-
                  Nur Kindertagesstätten und kleine Schulkan-       sen Sie ohnehin auch für andere Kontrollen
                  tinen, in denen eine Hauswirtschaftskraft vor     beisammen haben. Wichtig ist, die Waren-
                  Ort frisch kocht und keine Gäste von aus-         ein- und -ausgänge für Bio gesondert zu do-
                  wärts essen, können auf die Zertifizierung        kumentieren und Bio-Lebensmittel getrennt
                  verzichten. Wenn Sie aber als Betriebskan-        von konventionellen zu lagern. Sobald Sie
                  tine, als Cateringunternehmen oder Kran-          sich das einmal angewöhnt haben, geht’s
                  kenhausküche auf Ihre Speisepläne gern            auch mit mehr Bio-Zutaten oder ganzen Bio-
                  „mit Bio-Zutat XY!“ schreiben möchten oder        Gerichten einfacher.

     Rezept für Ihre Bio-Zertifizierung
     Zutaten:
                                                                                                BIO
                                                                                               erlagen für die
                                    elassenen               P Stellen Sie die geforderten Unt
     P Liste der in Deutschland zug                           Erstkontrolle zusammen.
                                         B. unter
       Öko-Kontrollstellen (zu finden z.
                                                                                               Bio- und kon-
       www.oekolandbau.de/service/ad
                                         ressen/            P Überprüfen Sie die Lagerung:
                                                                                                  rennt ge-
       oeko-kontrollstellen)                                   ventionelle Produkte müssen get
                                                                                                  getrennten
                                    Erst    kontrolle:         lagert werden. Das heißt nicht in
     P Betriebsbeschreibung für die                            Räumen, aber es muss für alle im
                                                                                                   Team klar
                                                                                         Kist en sich die Bio-
     P • Lageplan des Betriebs                                 sichtbar sein, in welchen
                                                                                                 n die anderen.
                                                                Zutaten befinden und in welche
     P • Organigramm
                                                                                              cheine getrennt
                                       /Komponenten/         P Bewahren Sie die Bio-Liefers
      P • Speisekarte, auf der Zutaten                                                              umentieren
                                           t werden             auf, damit Sie die Warenflüsse dok
        Gerichte mit „Bio“ gekennzeichne                                                            sgeben,
                                                                können. Wie viel Bio-Essen Sie rau
                                        en der Zuliefer-                                            Zusammen-
      P • außerdem: Bio-Zertifizierung                          muss in einem nachvollziehbaren
                                                                                                    ten stehen,
        betriebe für die Bio-Zutaten                            hang zu der Menge an Bio-Produk
                                                                 die Sie einkaufen.

      Zubereitung:
                                          i Kontrollstel-
      P Suchen Sie sich am besten dre
                                              ungen der
                                                                   TIPP: Die   Zertifizierung ist
        len aus der Liste aus, die Einricht                        geschafft? Glückwunsch!
                                ng zert ifizi ere n, und
        Außer-Haus-Verpflegu
                                      es  an.                      Jetzt nicht nachlassen:
        schauen Sie sich die Websit
                                                                   Dokumentieren Sie all Ihre Bio-
                                        en Kontrollstel-
       P Holen Sie von den ausgewählt                              Aktivitäten im Betrieb weiter-
                                           ng ein und
         len Angebote für die Zertifizieru
                                            .                      hin sorgfältig. Denn Kontrollen
         entscheiden Sie sich dann für eine
                                                                   finden ab jetzt jährlich statt.

14
Hessisch Bio für die Großküche

Stimmt das, dass ich eigene
Lagerräume für die Bio-Produkte
haben muss?
        â Nein! Das ist ein Märchen, das sich           Auch bei der Zubereitung müssen Sie dar-
        leider hartnäckig hält. Vorgeschrieben ist      auf achten, dass Bio-Zutaten nicht mit kon-
        lediglich, dass konventionelle und Bio-Pro-     ventionellen gemischt oder ausgetauscht
        dukte „getrennt“ gelagert werden. Das kann      werden. Machen Sie sich einfach zur Regel:
        aber auch einfach heißen, in getrennten Kis-    Gleiche Zutaten oder Gerichte in verschie-
        ten oder Regalen. Hauptsache, alle im Team      denen Qualitäten nicht am selben Tag an-
        können auch im stressigen Alltag leicht         bieten. So hat alles seine Ordnung, und die
        erkennen, in welcher Kiste sich die Bio-Zwie-   Öko-Kontrollstelle ist zufrieden.
        beln befinden und in welcher die anderen.
        Sie können sie beispielsweise farblich kenn-
        zeichnen oder gut sichtbar das Biosiegel
        draufkleben.

Ist es nicht besser, gleich
ganze Bio-Gerichte
                                                           TIPP
                                                           Auch Bio-Aktionstage oder –wochen sind
                                                           kontrollpflichtig, aber eine weitere Möglich-
anzubieten, als nur                                        keit für einen guten Einstieg.

Zutaten auszutauschen?
        â Es ist toll, dass Sie an die Bio-Umstel-      Zertifizierungsverfahren erfolgreich durch-
        lung offenbar mit echtem Schwung range-         laufen haben. Das bedeutet einen erhöhten
        hen! Und natürlich sind wir die Letzten, die    Verwaltungsaufwand, der mit der Doku-
        Sie bremsen möchten.                            mentation vergleichbar ist, den Sie von der
                                                        HACCP-Dokumentation kennen. Der Ver-
        Wir haben allerdings die Erfahrung ge-          waltungsaufwand variiert leicht, je nachdem
        macht: Kleine Veränderungen sind nicht nur      in welcher Form Sie Bioprodukte einsetzen.
        einfacher umzusetzen, sondern lassen sich       Was heißt das? Bieten Sie gleich ein ganzes
        auch besser auf Dauer durchhalten. In die-      Bio-Gericht an, müssen Sie dafür sorgen,
        sem Fall heißt „kleine Veränderungen“, erst     dass alle der landwirtschaftlichen Zutaten
        mal einzelne Zutaten auszutauschen.             (also abgesehen Zutaten wie Wasser oder
        Sie erleichtern sich dadurch nicht nur die      Salz) tatsächlich aus Bio-Anbau stammen.
        Beschaffung und die Kalkulation, sondern        Das betrifft auch das Öl und den Pfeffer, die
        auch die Zertifizierung.                        Sie für dieses eine Gericht brauchen. Was
                                                        heißt: Etliche Zutaten haben Sie künftig in
        Zertifizierung? Ja. Denn in Deutschland         Küche und Lager doppelt und müssen dar-
        dürfen Sie mit Bio nur werben, wenn Sie das     auf achten, dass die Bio-Ware nicht mit der
                                                        konventionellen vermischt oder verwechselt
                                                        werden kann.

                                                        Bei einem Komplettaustausch von ein bis
                                                        zwei Zutaten zum Start ist das einfacher.
                                                        Weil sich die Kontrollen nur damit befassen,
                                                        bleibt der Aufwand erst einmal übersicht-
                                                        lich, und Sie können stolz verkünden: „Ab
                                                        jetzt alle frischen Kartoffeln aus Bio-Anbau!“
                                                        Oder die Zwiebeln. Oder der Salat. Und im
                                                        nächsten Schritt gibt es dazu vielleicht auch
                                                        Bio-Quark oder Bio-Salatöl.
                                                                                                   15
Einstieg

Gibt es noch andere Möglichkeiten,
mit regionalen Bio-Lebensmitteln
einzusteigen?
            â Die meisten denken bei der Umstellung           In Hessen gibt es
            erst mal an die Mittagsverpflegung – und an       verschiedene Bio-
            die dazu nötigen Mengen vorverarbeiteter          Verarbeitungsbetriebe,
            Produkte. Aber Sie können es sich einfacher       darunter Bio-Metzgereien,
            machen, wenn Sie den Blick weiten: Wie            Bio-Bäckereien oder bio-milchverarbeitende
            wäre es mit Backwaren für den Kiosk? Mit          Betriebe, mit denen Sie kooperieren kön-
            Brötchen für das Frühstück in der Kantine         nen. Auch so unterstützen Sie die regionalen
            oder Bio-Obst, das nachmittags bereitsteht?       Wertschöpfungsketten.
            All das braucht geringere Mengen und ist
            deshalb einfacher zu beschaffen als vorge-
            schnittenes Gemüse.

Muss das denn sein mit der Bio-Zertifizierung?
            â Ja, die Zertifizierung ist rechtsver-           es aber auch zur Glaubwürdigkeit bei. Sie
            bindlich und daran lässt sich nichts ändern.      zeigen Ihren Gästen, dass Sie es mit Ihrem
            Wenn Sie nach Abschluss des Kontrollver-          Engagement in Sachen Bio ernst meinen. Es
            fahrens das Bio-Zertifikat in den Händen          ist daher ein Kommunikationsinstrument.
            halten und es im Gastraum aufhängen, trägt

Wir haben schon mit Bio
begonnen. Jetzt wollen
                                                              Gehen Sie daher lieber andersherum vor:
                                                              Schauen Sie, was für Ihren Betrieb sinnvoll
                                                              und machbar ist. Ein, zwei weitere Produkte,
wir den Anteil erhöhen.                                       die Sie auf Bio umstellen? Eine ganze Kom-
                                                              ponente? Oder ab jetzt ein Bio-Gericht pro

Wie schaffen wir das am                                       Woche? Lassen Sie sich beraten, erkundigen
                                                              Sie sich nach der Warenverfügbarkeit und

besten?
                                                              befragen Sie Ihre Kalkulationen. Und dann
                                                              erhöhen Sie den Bio-Anteil nach und nach,
                                                              statt sich an Prozentwerten abzuarbeiten.
                                                              Oder Sie suchen Landwirt*innen auf und
                                                              versuchen gemeinsam Produkt- und Anbau-
            â Großartig, dass Sie Ihren Weg so mo-            absprachen zu treffen, um Ihnen ein erwei-
            tiviert weitergehen! Machen Sie ihn nicht         tertes Sortimentsangebot zu sichern.
            mit starren Zielvorgaben holpriger als nötig.
            „Erhöhung des Bio-Anteils von 40 auf 60
            Prozent“ ist natürlich ein edler Vorsatz – aber
            ein Blick auf Warenverfügbarkeit und Kalku-
            lation zeigen, dass so manches ehrgeizige
            Ziel gar nicht so einfach umsetzbar ist. Das
            gilt gerade, wenn die Bio-Produkte auch
            noch aus der Region kommen sollen, dort
            aber vielleicht gar nicht in den entsprechen-
            den Mengen produziert werden können.

16
Hessisch Bio für die Großküche

Beschaffung
So kommen die Lebensmittel zu Ihnen

Normalerweise bestelle ich beim Großhandel,
und die Ware wird täglich geliefert.
Wie läuft das denn mit Bio?
       â Möglicherweise ein bisschen anders.
       Denn zum einen gibt es noch nicht viele              TIPP
       reine Großhandelsbetriebe, zum anderen               Wenn Sie erst einmal nur mit wenigen
       reicht deren Geschäftsvolumen in der Regel           Produkten anfangen und sich nicht gleich
       nicht für tägliche Lieferungen aus. Sie sollten      umstellen möchten, dann erkundigen Sie sich
       also in Ihre Planung mit einbeziehen, dass           doch, ob Ihr bisheriger Großhandelsbetrieb
       Sie vielleicht nur ein-, zweimal pro Woche           auch ein Bio-Sortiment anbietet, das
                                                            zu Ihrem Bedarf passt!

                                                         beliefert werden und auch Ihre Bestellung
                                                         mit einem gewissen Vorlauf aufgeben müs-
                                                         sen. Das ist natürlich unpraktisch, wenn Sie
                                                         nur zweimal im Jahr eine Bio-Aktionswoche
                                                         vorhaben. Verwenden Sie aber regelmäßig
                                                         Bio-Lebensmittel, dann spielt sich dieser
                                                         neue Rhythmus erfahrungsgemäß schnell ein.
                                                                                                  17
Beschaffung

      Warum gibt es nur so
      wenige Bio-Lieferstrukturen?
                                                                            halten Landwirtschaftsbetriebe und Lebens-
                                                                            mittelproduzenten entgegen, sie könnten
                                                                            nicht auf Öko umstellen oder Bio-Lebens-
                                                                            mittel in großen Mengen produzieren,
                          â Weil Bio immer noch eher die Ausnah-            solange die Nachfrage so gering sei.
                          me als die Regel ist. In Deutschland wurde
                          2019 nur auf einem Zehntel der landwirt-          Was hier Henne ist und was Ei, das weiß
                          schaftlichen Flächen Biolandbau betrieben,        wohl niemand. Fest steht: Damit der Bio-
                          in Hessen sind es rund 16 Prozent, Tendenz        Anteil wachsen kann, müssen genügend
                          steigend. In privaten Haushalten wächst die       Akteurinnen und Akteure auf beiden Seiten
                          Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln konti-           erste Schritte gehen.
                          nuierlich. Immer mehr Menschen möchten
                          auch beim täglichen Einkauf einen Beitrag
                          zur Nachhaltigkeit leisten.

                          Im Außer-Haus-Markt kommt diese Entwick-             TIPP
                          lung allerdings deutlich verzögert an. Der           Wie wäre es, ganz neue Wege zu gehen?
                          Anteil von Bio liegt hier nach Schätzungen           Tun Sie sich doch mit einem regionalen
                          bei lediglich 1,5 Prozent des Umsatzes. Von          Landwirtschaftsbetrieb zusammen: Sie
                          Gastronomie und Großküchen hört man zu               garantieren Abnahmemengen und werden
                          dem Thema häufig, sie würden ja gern mehr            dafür bevorzugt beliefert, können vielleicht
                          Bio einsetzen, aber das Angebot sei halt             sogar Einfluss nehmen auf das, was ange-
                          nicht da – und wenn, dann zu teuer. Dem              baut wird. Durch so eine Partnerschaft haben
                                                                               Sie die Chance, gemeinsam zu wachsen.

      Ist es nicht schlecht für
      die Umwelt, wenn die
      Bio-Lebensmittel einen
                                                                            Aber natürlich ist es grundsätzlich sinnvoll,
                                                                            Transportkilometer zu sparen! Diese Mög-
                                                                            lichkeiten haben Sie:

      weiteren Weg haben?                                                   ž Sie sehen sich nach Direktvermarkter*in-
                                                                              nen um: Gibt es Bio-Betriebe in Ihrer
                                                                              Nähe, die Ihnen beispielsweise Kartoffeln
                            â Weil es noch nicht viele reine Bio-Groß-        oder Gemüse liefern können? (Siehe
                            handelsbetriebe gibt, kann es tatsächlich
                                                                              Seite 11)
                            sein, dass der nächstgelegene die Ware aus
                            150 Kilometern Entfernung zu Ihnen brin-        ž Sie bündeln Bestellungen, statt die Lie-
                            gen muss. Das ist sicher nicht ideal, stimmt.     ferant*innen jede Woche für ein einziges
                            Andererseits wird die Rolle, die der Trans-       Produkt zu Ihnen fahren zu lassen.
                            port für den ökologischen Fußabdruck eines
                                                  Lebensmittels spielt,     ž Sie schauen, ob Ihr konventioneller Groß-
                                                  oft überschätzt. In den     handelsbetrieb ein Bio-Sortiment hat,
                                                  fließen nämlich noch        das für Ihre Bedürfnisse schon ausreicht.
TIPP
Für kleine Betriebe wie zum Beispiel              viele andere wichtige     Im Grunde läuft aber auch hier alles auf die
Kitas sind Biokisten eine gute Möglich-           Faktoren mit ein: die     Frage hinaus: Was ist Ihnen wichtig? Vor
keit, um mit Bio einzusteigen. Diese              Art des Anbaus (bio       allem die Regionalität? Oder vor allem der
Abokisten werden bequem geliefert,                oder konventionell)       Bio-Anbau? Wenn Sie das für sich beantwor-
und die Produkte darin stammen oft                und damit unter an-       ten, dann wissen Sie auch, an welcher Stelle
aus der Region (Fragen Sie explizit nach          derem der Einsatz von     Sie Kompromisse am ehesten verschmerzen
einer Regionalvariante nach). Der Inhalt          Dünge- und Spritzmit-     können.
einer Kiste reicht vielleicht nicht zur Voll-     teln, der Wasser- und
verpflegung, aber Rohkost und hin und             Flächenbedarf, der
wieder Ofengemüse sollten drin sein.              Grad der Verarbeitung,
Und das ist ein guter Anfang!                     die Verpackung …

      18
Hessisch Bio für die Großküche

Gibt es die Convenience-Produkte,
die ich für meine Großküche brauche,
überhaupt in Bio-Qualität?
       â Ja. Die allermeisten gibt es sogar            Nachricht lautet aber: Für Kartoffeln, Zwie-
       schon lange, und es werden immer mehr.          beln oder Möhren sind Verarbeitungsbetrie-
       Geschälte Bio-Kartoffeln wurden zum Bei-        be nahezu hessenweit vorhanden, vereinzelt
       spiel schon Mitte der Neunziger angeboten.      auch für Molkereiprodukte und Fleisch-
       Geschnittenes Gemüse, Tiefkühlprodukte,         waren. Wenn Sie im Internet recherchieren,
       Kartoffelpüreeflocken – alles im Angebot.       sollte es Ihnen gelingen, entsprechende Vor-
       Zugegeben, nicht alles ist überall auch als     verarbeitungsbetriebe zu finden.
       regionales Bio-Produkt verfügbar. Die gute

Kann man denn
geschälte Kartoffeln oder
geschnittenes Gemüse                                   Was tatsächlich hinter der Frage steht, ist
                                                       das Wissen, dass die Plastikverpackung wo-

überhaupt noch als Bio
                                                       möglich nicht supernachhaltig ist. Stimmt
                                                       – vielleicht. Denn auch hier muss man
                                                       schauen, was die Alternativen wären. Eine
bezeichnen, wenn alles in                              Verpackung, in der das Produkt womöglich
                                                       schneller verdirbt? Lebensmittelverschwen-

Plastik verpackt ist?                                  dung ist ja auch nicht nachhaltig. Oder die
                                                       frischen Kartoffeln von Hand schälen? Sicher
                                                       schön, in der Großküche aber kaum umsetz-
                                                       bar. Also stehen die in Plastik verpackten,
       â Auf jeden Fall! Ein Bio-Lebensmittel          vorgeschälten Bio-Kartoffeln wahrscheinlich
       ist eins, das nach den Regeln der EU-Öko-       eher den in Plastik verpackten, vorgeschäl-
       verordnung produziert wurde. Wenn die           ten konventionellen Kartoffeln gegenüber
       Kartoffel aus biologischer Landwirtschaft       als den ungeschälten Bio-Kartoffeln. Dann
       stammt und nicht mit konventionellen            doch lieber die Bio-Convenience-Ware!
       Produkten oder im Bio-Bereich verbotenen
       Zusatzstoffen in der Packung landet, dann ist
       sie auch nach der Verarbeitung noch eine
       Bio-Kartoffel.

                                                                                                19
Beschaffung

Ich bekomme die gewünschten
bio-regionalen Produkte nicht
in der Menge, die ich brauche.
Was mache ich jetzt?
                 â Abhängig von Ihrer Betriebsgröße kann        Und planen Sie vor allem nicht zu spontan:
                 es schon mal sein, dass Sie Kompromisse        Sehr kurzfristig sind große Mengen regiona-
                 eingehen müssen. Denn das regionale Bio-       ler Bio-Produkte selten zu beschaffen. Mal
                 Angebot ist begrenzt, und es gibt noch nicht   eben für übermorgen tausend Portionen
                 überall genügend Verarbeitungsbetriebe,        Schweinelende bestellen, das geht (noch)
                 um gerade Großbetrieben regionale Bio-         nicht. Aber mit jeder Bestellung, mit jedem
                 produkte in beliebigen Mengen zu liefern.      abgenommenen Produkt tragen Sie dazu
                 Sprechen Sie am besten erst einmal mit         bei, dass sich Bio weiter durchsetzt und
                 einer Beraterin oder einem Berater. Legen      irgendwann hoffentlich auch in großen
                 Sie fest, welche Produkte aus ökologischer     Mengen verfügbar sein wird.
                 Erzeugung stammen sollen und welche zu-
                 sätzlich aus der Region. Erkundigen Sie sich
                 nach den entsprechenden Gebindegrößen.

         TIPP
         Denken Sie über die Mittagsverpflegung
         hinaus! Sie können regionale Bio-Produzen-
         tinnen und -Produzenten auch unterstützen,
         indem Sie morgens belegte Bio-Brötchen
         anbieten oder nachmittags einen Obstkorb
         mit Bio-Äpfeln aufstellen.

20
Hessisch Bio für die Großküche

Kalkulation und Kosten
Der Umgang mit einem anderen Preisgefüge

Warum sind                                            ž Und weil immer noch relativ wenig Bio
                                                        produziert wird, treibt auch die mangeln-

Bio-Produkte teurer?                                    de Verfügbarkeit großküchengerechter
                                                        Ware so manchen Preis in die Höhe.
                                                      Guckt man sich die Sache allerdings im
                                                      Detail an, dann sieht das Bild gar nicht mehr
       â Es stimmt, dass Bio-Lebensmittel oft         so eindeutig aus. Es gibt nämlich durchaus
       mehr kosten als konventionelle. Das hat        inzwischen Bio-Produkte, die preislich mit
       verschiedene Gründe:                           konventionellen mithalten können – sofern
                                                      diese nicht gerade am alleruntersten Ende
       ž Weil keine chemisch-synthetischen Pflan-     der Preisskala angesiedelt sind. Sprich:
                                                      Wenn Sie bisher Markennudeln einkau-
         zenschutzmittel zum Einsatz kommen,
                                                      fen, dann sehen Sie sich doch mal nach
         sind die Erträge im Ökolandbau geringer
                                                      vergleichbaren Bio-Produkten um. Wissen-
         als in der konventionellen Landwirtschaft.   schaftliche Erkenntnisse belegen, dass viele
       ž Gleichzeitig bedeutet Bio einen höheren      Bio-Produkte (Joghurt, Nudeln etc.) in Bio-
         Aufwand: beispielsweise zur Erhaltung        Qualität oft günstiger sind als konventionelle
         der Bodenfruchtbarkeit und zum Schutz        Markenprodukte.
         der Pflanzen vor Schädlingen und Un-
         kraut.
       ž In der Tierhaltung entstehen höhere Kos-
         ten unter anderem durch das teurere Bio-
         Futter und dadurch, dass weniger Tiere
         pro Fläche gehalten werden dürfen.

                                                                                                 21
Kalkulation und Kosten

Wie kann ich mir die                                                 konventionellen Linsen gegen Bio-Ware
                                                                     aus, ist der Unterschied verschwindend

Umstellung auf Bio-                                                  gering.
                                                                  ž Können Sie das Rezept so verändern,

Produkte leisten?                                                   dass die Menge besonders kostspieliger
                                                                    Bio-Zutaten reduziert wird? Sie könnten
                                                                    zum Beispiel im Chili con Carne den
                 â Wir haben die Erfahrung gemacht, dass            Fleischanteil reduzieren und dafür mehr
                 ein Anteil von 10 bis 20 Prozent Bio-Pro-          Bohnen einsetzen. Oder weniger von
                 dukten in Großküchen so gut wie kosten-            dem teuren Bio-Käse über den Nudelauf-
                 neutral funktioniert. Die Voraussetzung ist        lauf streuen.
                 allerdings, dass Sie nicht einfach 1:1 Bio-Le-
                 bensmittel bestellen, wo Sie bisher konven-
                 tionelle eingesetzt haben – sondern dass Sie
                 sich mit Ihren Speiseplänen und Rezepten           TIPP
                 hinsetzen und clever kalkulieren.                  In vielen Großküchen sammeln sich über die
                                                                    Jahre Produkte an, die gewohnheitsmäßig
                 Diese Überlegungen können Sie anstellen:           gekauft werden, obwohl sie gar nicht wirklich
                                                                    nötig sind oder mit vertretbarem Aufwand
                                                                    selbst gemacht werden können. Sehen Sie
                 ž Bei welchen Lebensmitteln ist der Preis-
                                                                    sich einmal kritisch um: Gibt es hier Einspar-
                   unterschied zwischen Bio und konven-
                                                                    potenziale? Wenn Sie beispielsweise Gemü-
                   tionell am geringsten? Gerade Kartoffeln         se selbst verarbeiten, können Sie die Schäl-
                   und Trockenwaren wie Nudeln und Lin-             abfälle nutzen, um eigene Gemüsebrühe zu
                   sen sind gute Startpunkte, um mit gerin-         kochen, statt das Fertigprodukt zu kaufen.
                   gem finanziellem Aufwand einzusteigen.
                 ž Können Sie sparen, indem Sie bestimmte
                   Produkte in größeren Mengen bestellen          ž Können Sie die Mehrkosten für die Bio-
                   und lagern? Sehen Sie sich im Großhan-           Produkte an anderer Stelle ausgleichen?
                   del nach Großgebinden um und verglei-            Wenn Sie im Winterhalbjahr beispiels-
                   chen Sie die Preise.                             weise auf frische Tomaten, Paprika und
                 ž Lassen sich nur einzelne Zutaten austau-         Gurken verzichten (oder sie zumindest
                   schen statt ganzer Gerichte oder Kom-            nur punktuell einsetzen) und stattdessen
                   ponenten? Bieten Sie die Linsensuppe             günstigem Wintergemüse einen Platz auf
                   mit Würstchen insgesamt als Bio-Gericht          dem Speiseplan geben, können Sie eine
                   an, könnte sich die Umstellung beim              Menge Kosten einsparen – sogar dann,
                   Wareneinsatz empfindlich bemerkbar               wenn Sie Kohl, Rote Bete oder Knollen-
                   machen. Tauschen Sie dagegen nur die             sellerie in Bio-Qualität beziehen.

Kommunikation:
Gut informiert                                                    Übrigens auch, wer in der Küche täglich
                                                                  kocht. Ein Bild vom Küchenteam im Speise-
                                                                  raum mit dem Schriftzug „Wir kochen täglich
                                                                  für Sie“. Diese Maßnahmen schaffen Vertrau-
                 â Nicht alle Gäste schreien sofort vor Be-       en und Transparenz. „Storytelling“, also Ge-
                 geisterung auf, wenn Sie mit Bio anfangen.       schichten erzählen, wie „Heute gibt es das
                 Leider ist Bio bei manchen noch mit einem        Lieblingsgericht unseres Auszubildenden“.
                 negativen Image verbunden. Informieren Sie       Das sind authentische Geschichten aus der
                 Ihre Gäste über das, was Sie vorhaben. Pla-      Küche, die durchaus zur Vertrauensbildung
                 kate oder Tischaufsteller, auf denen über die    beitragen.
                 Lieferbetriebe informiert wird, zum Beispiel
                 ein Foto von Landwirt*innen und seinen
                 Betrieben mit dem Titel „Unsere Bio-Kartof-
                 feln stammen vom Landwirt Hans Müller aus
                 Musterdorf“. Die Gäste möchten sehen, wer
                 hinter den Produkten steckt.
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