Hessisches Ärzteblatt - Landesärztekammer Hessen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Landesärztekammer Hessen K.d.ö.R. Hessisches Ärzteblatt 3 | 2009 Die Zeitschrift der Landesärztekammer Hessen März 2009 Auch im Internet: www.laekh.de 70. Jahrgang • 2. Hessischer Heilberufetag am 3. Juni 2009 • Zertifizierte Fortbildung: Aktueller Standpunkt zur Strahlenexposition in der Diagnostischen Radiologie • Strukturierte analytische Psychotherapie – ein Rückblick • Aut idem: Ist „Gleiches“ wirklich immer „gleich“? • Schmerztherapie: Ist Morphin anderen Opioiden noch ebenbürtig? • Evaluation: Wie gut ist die Qualität ärztlicher Weiterbildung? Ausstellung „Dahinter“ im Fortbildungszentrum der Landesärztekammer Hessen in Bad Nauheim (siehe Seite 157) Bilder von Professor Dr. Diethard Gemsa
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Hessisches Ärzteblatt Mit amtlichen Bekanntmachungen 3 | 2009 • 70. Jahrgang der Landesärztekammer Hessen K.d.ö.R. und der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen K.d.ö.R. Impressum Herausgeber: Landesärztekammer Hessen Im Vogelsgesang 3, 60488 Frankfurt/M. Tel. 069 97672-0 Internet: www.laekh.de E-Mail: info@laekh.de Schriftleitung (verantwortlich): Editorial 156 Prof. Dr. Toni Graf-Baumann verantwortlich für Mitteilungen der LÄK Hessen: Fortbildung Dr. Michael Popović Phytotherapeutisch bedeutsame Pflanzen in Hessen 157 verantwortlich für Mitteilungen der Akademie: Prof. Dr. Ernst-G. Loch Ausstellung „Dahinter“ – Bilder von Diethard Gemsa 157 Vorankündigung: 2. Hessischer Heilberufetag am 3. Juni 2009 158 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Katja Möhrle, M. A. Professor Dr. med. Wilhelm Theopold † 159 Wissenschaftlicher Beirat: Fortbildung Prof. Dr. med. Erika Baum, Biebertal Zertifizierte Fortbildung: Aktueller Standpunkt zur Strahlenexposition Karl Matthias Roth, Wiesbaden Dr. med. Alfred Halbsguth, Frankfurt in der Diagnostischen Radiologie 160 Prof. Dr. med. Dietrich Höffler, Darmstadt Multiple Choice-Fragen 167 Dr. med. Georg Holfelder, Frankfurt Medizinisches Kreuzworträtsel 168 Dr. med. Siegmund Kalinski, Frankfurt Dr. med. Norbert Löschhorn, Seeheim-Jugenheim Historisch-Aktuelles Prof. Dr. med. Peter Osswald, Frankfurt Strukturierte analytische Psychotherapie auf einer psychosomatischen Prof. Dr. med. Konrad Schwemmle, Gießen Station in Frankfurt – ein Rückblick 169 Dr. med. Gösta Strasding, Frankfurt PD Dr. med. Oskar Zelder, Marburg Aktuelles Dr. med. Walter Schultz-Amling, Hofheim Aut idem: Ist „Gleiches“ wirklich immer „gleich“? 176 Arzt- und Kassenarztrecht: Schmerztherapie: Ist Morphin anderen Opioiden noch ebenbürtig? 180 Dr. Katharina Deppert, Gutachter- und Schlichtungsstelle Akademie für Ärztliche Fortbildung und Weiterbildung, Bad Nauheim 185 Dr. Alexander Schmid, Justitiar der LÄK Hessen Carl-Oelemann-Schule, Bad Nauheim 191 Anschrift der Redaktion: Angelika Kob Aktuelles Im Vogelsgesang 3, 60488 Frankfurt/M. Geschichte einer wissenschaftlichen Publikation – nur noch englische Zitate Tel. 069 97672-147, Fax 069 97672-247 E-Mail angelika.kob@laekh.de erwünscht 194 Epidemiologie/Chron.Atemwegserkrankung – Ein Krankheitsbild mit hohen Redaktionsschluss: fünf Wochen vor Erscheinen sozialen Kosten 195 LÄK fragt: Wie gut ist die Qualität ärztlicher Weiterbildung? (Bundesweites Verlag, Anzeigenleitung und Vertrieb: Leipziger Verlagsanstalt GmbH Evaluationsprojekt startet im April) 196 Paul-Gruner-Straße 62, 04107 Leipzig Neues Informationsangebot auf DVD: Wie erstelle ich meine Patientenverfügung? 197 Tel. 0341 710039-90, Fax 0341 710039-74 u. -99 Arzt- und Kassenarztrecht Internet: www.l-va.de E-Mail: lk@l-va.de Haftungsrechtliche Auswirkungen fehlender Compliance von Patienten 198 Verlagsleitung: Fortbildung Dr. Rainer Stumpe Sicherer Verordnen 199 Anzeigendisposition: Mit meinen Augen Livia Kummer Im Schatten der Gesundheitsreform: Zank und Streit und jede Menge Fehler 200 Tel. 0341 710039-92 E-Mail: lk@l-va.de Satire Was soll denn der Junge mal werden? 201 Druck: Humoristisches Das Walross 201 Druckhaus Dresden GmbH Bekanntmachungen der Landesärztekammer Hessen 202 Bärensteiner Straße 30, 01277 Dresden Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen 211 Layout-Design: Kathrin Artmann, Heidesheim Bücher 212 in Zusammenarbeit mit der LÄK Hessen Mit dem Einreichen eines Beitrages zur Veröffentlichung überträgt der Autor das Recht, den Beitrag in gedruck- zzt. ist Anzeigenpreisliste Nr. 5 vom 1.1.2009 gültig. ter und in elektronischer Form zu veröffentlichen auf die Schriftleitung des „Hessischen Ärzteblattes“. Das Hessische Ärzteblatt ist in seiner gedruckten und in der elektronischen Ausgabe durch Urheber- und Verlags- Bezugspreis / Abonnementspreise: rechte geschützt. Das Urheberrecht liegt bei namentlich gezeichneten Beiträgen beim Autor, sonst bei der Der Bezugspreis im Inland beträgt 104,50 € Landesärztekammer Hessen bzw. bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Alle Verwertungsrechte der (12 Ausg aben), im Ausland 104,50 € zzgl. Versand. gedruckten und der elektronischen Ausgaben sind der Leipziger Verlagsanstalt GmbH übertragen. Kopien in Kündigung des Bezugs 3 Monate vor Ablauf körperlicher und nichtkörperlicher Form dürfen nur zu persönlichen Zwecken angefertigt werden. Gewerbliche des Abonnements. Für die Mitglieder der Nutzung ist nur mit schriftlicher Genehmigung durch die Leipziger Verlagsanstalt GmbH möglich. Anzeigen und Landesärztekammer Hessen ist der Bezugspreis Fremdbeilagen stellen allein die Meinung der dort erkennbaren Auftraggeber dar. Für unverlangt eingesandte durch den Mitg liedsbeitrag abgegolten. Manuskripte, Besprechungsexemplare usw. übernimmt die Schriftleitung keine Verantwortung. Vom Autor ge- zeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Schriftleitung wieder. Die Veröffentlichung der Bei ISSN: 0171-9661 träge „Sicherer Verordnen“ erfolgt außerhalb der Verantwortung der Schriftleitung und des Verlages. 155
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Editorial Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, immer neue Regle- immer stärker ab. „Versorgung aus einer machen uns als ärztliche Selbstverwal- mentierungen, täglich Hand“ durch Versorgungszentren lautet tung dafür stark, dass sich die berufli- anwachsende Berge die Vision der Bundesgesundheitsminis- chen Rahmenbedingungen verbessern, von Formularen, die terin. Ich verspreche Ihnen, dass die ärzt- Ärztinnen und Ärzte angemessen für uns Zeit für die Pati- liche Selbstverwaltung sich gegen den ihre Arbeit vergütet werden und wieder entenversorgung offenkundigen Versuch der Politik, den Freude an ihrer Tätigkeit haben. Und stehlen, Budgetie- niedergelassenen Vertragsarzt zu einer wir setzen uns vehement für den Erhalt rung, unzureichende aussterbenden Spezies zu degradieren, der Freiberuflichkeit des Arztberufes Vergütung und belas- zur Wehr setzen wird. ein. Der ärztliche Berufsstand ist seiner tende Arbeitsbedin- Auch die privatärztliche Abrechnung Natur nach ein freier Beruf und muss es Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach gungen: Angesichts scheint einigen Politikern ein Dorn im auch bleiben. Ein wesentlicher Charak- (Bild pop) der heutigen Situati- Auge. So ist der von Bundesgesund- terzug des Freiberuflers ist ein sich aus on ärztlicher Berufs- heitsministerin Ulla Schmidt vorgelegte der Berufung für die gewählte Aufgabe ausübung verwundert es nicht, wenn Referentenentwurf für eine neue Gebüh- ergebendes Arbeitsethos. Auch das Ver- sich Ärztinnen und Ärzte in Klinik und renordnung der Zahnärzte (GOZ) ein düs- trauen – in unserem Falle zwischen Arzt Praxis zunehmend als fremdbestimmte terer Vorbote für die Novellierung der ärzt- und Patienten – ist ausschlaggebend für Erfüllungsgehilfen der Gesundheitspoli- lichen Gebührenordnung (GOÄ) und ein das Selbstverständnis des freien Beru- tik empfinden. Ökonomische Vorgaben durchsichtiger Versuch, privatärztliche fes. Staatliche Eingriffe in dieses schüt- und der Rechtfertigungsdruck für ärztli- Gebührenordnungen den Bewertungs- zenswerte Vertrauensverhältnis lehnen che Leistungen trüben die Freude am Be- maßstäben der gesetzlichen Kranken- wir daher ab. Der Arztberuf ist mit einer ruf mit der individuellen Verantwortung kassen anzugleichen. Über 20 Jahre lang besonderen Verantwortung für den Men- für die Patienten. ist weder das völlig veraltete Gebühren- schen und für das Allgemeinwohl ver- „Freier Beruf – das war einmal“: Dieser verzeichnis der GOÄ auf den modernen bunden. Dieser hohen Verantwortung Verdacht könnte sich angesichts eines Stand der Wissenschaft gebracht worden muss sich die Ärzteschaft immer wieder von der Ökonomie dominierten Gesund- noch eine Gebührenanpassung erfolgt. bewusst werden und sie auch deutlich heitswesens aufdrängen, das durch Nun will die Bundesregierung mit der vertreten. Wir Ärztinnen und Ärzte wollen Kostendruck und Preiswettbewerb das geplanten Novellierung der zahnärzt- uns nicht ärztliche Entscheidungen dik- Arzt-Patienten-Verhältnis belastet. Auch lichen Gebührenordnung offenbar die tieren lassen, sondern unsere Patienten das ärztliche Berufsethos ist bedroht. Weichen für eine ungebremste Talfahrt nach dem besten Wissen auf dem heuti- Angestellte Krankenhausärzte protestie- in die Einheitsversicherung stellen. Dass gen Stand der Medizin behandeln. Wich- ren gegen unerträgliche berufliche Rah- der Referentenentwurf für die GOZ nur tig für den Behandlungserfolg sind nicht menbedingungen, Bürokratie und Mittel- eine minimale Anhebung des Punktwer- nur Fachkompetenz, sondern auch Zeit, kürzungen für die Kliniken. Ein Prostest, tes privatzahnärztlicher Leistungen von Menschlichkeit und individuelle Zuwen- den die Landesärztekammer Hessen mit 5,62421 Cent auf 5,65 Cent und gleich- dung. Dafür treten Ärzte als Freiberufler allen ihr zur Verfügung stehenden Mit- zeitig eine Öffnungsklausel für separate mit hohem persönlichen Engagement teln unterstützt. Viele vertragsärztlich Abschlüsse vorsieht, ist eine Provokation ein. Ich möchte Sie dazu ermuntern, die tätige niedergelassene Kolleginnen und der (Zahn-)Ärzteschaft. Wenn nach fast ärztliche Selbstverwaltung in ihrem An- Kollegen fühlen sich von dem Wettkampf einem Vierteljahrhundert Stillstand bei liegen, die ärztliche Freiberuflichkeit zu der Krankenkassen und der weiteren Öff- der Gebührenanpassung der Punktwert bewahren, zu unterstützen. nung der Krankenhäuser für die ambulan- auch für den Bereich der GOÄ nur um 0,46 te Versorgung verunsichert. Im Zuge der Prozent angehoben werden sollte, werden Herzlichst Honorarreform sollen sie die zunehmen- damit noch nicht einmal inflationsbeding- Ihr de Rationierung gegenüber ihren Patien- te Kostensteigerungen berücksichtigt. ten durchsetzen und müssen gleichzeitig Dass dies die wirtschaftliche Existenz vie- mit einem begrenzten Budget auskom- ler Arztpraxen in Hessen gefährdet, liegt men. Dabei nimmt der Anteil, den die auf der Hand. Krankenkassen aus ihren Finanztöpfen Liebe Kolleginnen und Kollegen: So weit Dr. med. Gottfried von Knoblauch für die ambulante Versorgung zahlen, dürfen wir es nicht kommen lassen. Wir zu Hatzbach, Präsident 156
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung Phytotherapeutisch bedeutsame Pflanzen in Hessen Teil 2: Roter Fingerhut (Digitalis purpurea L.) Alexander H. Jakob Wenn in den Monaten Juni bis August auf of the Foxglove and its medical uses“), Waldlichtungen des Taunus ganze Felder der in der Volksmedizin schon lange des roten Fingerhutes stehen oder ein- eine Rolle gespielt hatte. In der Mitte des zelne Pflanzen die Wege säumen, dann 19. Jahrhunderts wurde der Fingerhut zu- ist dies jedesmal auch Zeugnis einer ins- nehmend medizinisch eingesetzt und es besondere medizinhistorisch interessan- fanden die Isolierungen der Wirkstoffe ten Pflanze. statt. Die der Familie der Wegerichgewächse In der klassischen Phytotherapie spielt zugehörige Pflanze hat durch ihren Ge- der Fingerhut keine Rolle mehr, während halt an herzwirksamen Glykosiden be- weiterhin isolierte, standardisierte Rein- sondere Bedeutung erlangt. glykoside verwendet werden. Die Wirksamkeit der Digitalisglykoside liegt in der Hemmung der Membran- Anschrift des Verfassers ATPase des Herzens und stellt auch heute Dr. med. Alexander H. Jakob noch eine Therapieoption insbesondere Facharzt für Allgemeinmedizin bei der kardialen Insuffizienz dar. – Naturheilverfahren – Bereits 1785 beschrieb der englische Stierstädter Straße 8a Arzt William Withering die harntreibende 61350 Bad Homburg v. d. H. Wirkung des Fingerhutes („An account E-Mail: drjakob@gmx.de Roter Fingerhut Ausstellung „Dahinter“ – Bilder von Diethard Gemsa Im Januar 2009 wurde im Foyer des Professor Dr. Diethard Gemsa wurde Fortbildungszentrums der Landes 1937 in Berlin geboren. Er studier- ärztekammer Hessen in Bad Nau- te Kunst und Medizin in Berlin und heim o.g. Ausstellung eröffnet. schloss sein Medizinstudium 1964 in Freiburg ab. Nach einer erfolgrei- Kreisrunde Flächen, die ihre Füh- chen wissenschaftlichen Karriere als ler vor blau-meliertem oder rotem Immunologe mit den Stationen Lahr, Hintergrund ausstrecken. Ein Spin- Mainz, Heidelberg, Hannover und nennetz, auf dessen Fäden winzige Marburg, längeren Auslandsaufent- Strichmännchen einem dunklen halten in Seattle und San Francisco, Loch entgegenstreben: Diethard und Professuren in Heidelberg und Gemsas Bilder sind weder abstrakt Marburg, wendet sich Gemsa inzwi- noch gegenständlich. Sie bestechen schen wieder in erster Linie der Male- durch intensive Farbgebung und rei zu. Seine neueren Werke sind seit werden von Wesen bevölkert, die 2002 in zahlreichen Einzel-Ausstel- einer Traumwelt entstiegen zu sein lungen gezeigt worden. scheinen. Wie Urformen sind diese LÄK auf das Wesentliche reduziert und drücken in fast karikaturhafter Überzeichnung Glück und Trauer, Liebe- Ausstellungsdauer im Fortbildungszentrums der Landesärztekammer volles und Boshaftes aus. Über scheinbare mikroskopische Gegenständ- Hessen, Carl-Oelemann-Weg 7, 61231 Bad Nauheim: 21. Januar – lichkeit bewegt sich der Arzt und Künstler Gemsa in die Abstraktion, um 7. April 2009. darzustellen, wie Menschen untereinander und miteinander agieren. 157
9 Heilberufetag 2009_01:LZKH - Mappe Handbuch Deckbl A4 05.02.2009 10:55 Uhr Seite 1 Vorankündigung 2. Hessischer Heilberufetag Symposium mit Vorträgen und Diskussion Dürfen wir, was wir können? Die hessischen Heilberufe: Verantwortung für Mensch, Tier und Umwelt 3. Juni 2009 I 16.00 Uhr Wiesbadener Casino-Gesellschaft Friedrichstraße 22 I 65185 Wiesbaden Hauptreferent: Kardinal Lehmann Wir laden Sie herzlich ein. Diskutieren Sie mit! Veranstalter: Landesärztekammer Hessen I Kassenärztliche Vereinigung Hessen I Landeszahnärztekammer Hessen I Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen I Landesapothekerkammer Hessen I Landeskammer für Psychologische Psychotherapeutinnenen und -therapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten Hessen I Landestierärztekammer Hessen Weitere Informationen: Pressestelle der Landesärztekammer Hessen Katja Möhrle, Tel.: 069 97672-188 158
Suaviter in modo, fortiter in re Die Landesärztekammer Hessen trauert um Professor Dr. med. Wilhelm Theopold, der am 28. Januar 2009 im Alter von 93 Jahren verstorben ist. Herr Professor Dr. Wilhelm Theopold hat sich in Hessen und über das Bundesland hinaus in außergewöhnlichem Maße für die zeitgemäße gesundheitliche Betreuung der Bevölkerung und seinen Berufsstand eingesetzt. Er war von 1956 bis 1964 Vizepräsident und von 1964 bis 1968 Präsident der Landesärztekammer Hessen. In dieser Zeit gehörte er dem Vorstand der Bundesärztekammer an. Hauptschrifteiter des Hessischen Ärzteblattes war er von 1958 bis 1998. Von 1967 bis 1975 war er Mitglied des deutschen Senats für ärztliche Fortbildung und von 1970 bis 1974 Leiter der medizinisch/wissenschaftlichen Redaktion des Deutschen Ärzteblattes. In seiner Zeit als Chefarzt der Kinderklinik am Klinikum in Frankfurt/M.-Höchst war er Vorsitzender des Aus- schusses „Vorbeugende Gesundheitspflege“ der Bundesärztekammer und trug beim 69. Deutschen Ärztetag in Essen die von ihm entwickelten „Vorsorgeuntersuchungen beim Kind im Vorschulalter“ vor, die angenommen und 1971 in die gesetzliche Krankenversicherung übernommen wurden. In der qualifizierten Ausbildung zum Arzt, seiner Weiter- und Fortbildung, sah er die Grundvoraussetzung für den freien Beruf des Arztes, den er Ende der fünfziger Jahre durch Bestreben der damaligen staatlich verantwort- lichen Gesundheits- und Sozialpolitiker gefährdet sah. Er stellte sich an die Spitze der ärztlichen Gegenbewegung in Wort und Schrift und half entscheidend zum Abwehrerfolg, mit der Paulskirche in Frankfurt/M. verbunden, mit. Ehrenpräsident des Deutschen Ärztetages war Professor Dr. Theopold im Jahre 1988. Vielfach wurde der Verstor- bene national und international geehrt. Für die mehrteilige Fernsehsendung „Ein Kind wächst heran“ erhielt er den „Grimme-Preis“. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse, des hessischen Verdienstordens, der Ehrenplakette der Landesärztekammer Hessen in Gold und der höchsten Auszeichnung der Bundesärztekammer, der Paracelsus- Medaille. Auszug aus der Laudatio: Neben seiner ärztlichen und berufspolitischen Aktivitäten fand Professor Dr. Theopold noch Zeit für eigene schriftstellerische und dichterische Arbeiten. Er hat sich durch unermüdlichen und selbstlosen Einsatz für seine Patienten, die Gesundheitsvorsorge bei Kindern und für die ärztliche Fortbildung um die heutige Ärzteschaft sowie um das Gesundheitswesen in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht. Wir verbeugen uns vor diesem bedeutenden Arzt und sagen ihm über die Zeiten hinweg Danke! Für das Präsidium der Für die Bezirksärztekammer Frankfurt Landesärztekammer Hessen K. d. ö. R. Dr. med. W. A. Fach Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach Vorsitzender Präsident 159
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung Zertifizierte Fortbildung VNR 2760602009040370009 Aktueller Standpunkt zur Strahlenexposition in der Diagnostischen Radiologie Thomas Vogl, Volkmar Jacobi, Thomas Lehnert, Jessen Gurung Einleitung Strahlenexposition der Bevölkerung in der Bundesrepublik In der modernen Medizin ist die konven- Deutschland in mSv/Jahr (2006) tionelle Röntgendiagnostik durch ihre Gesamt: 4 mSv schnelle Verfügbarkeit und ihren hohen direkte terrestrische diagnostischen Stellenwert ein unver- Strahlung, 0.4 direkte kosmische zichtbarer Bestandteil der Patientenver- Strahlung, 0.3 Inhalation von Radon sorgung. Die heutigen Röntgengeräte (in Meereshöhe) und seinen ermöglichen Röntgenaufnahmen mit mo- Zerfallsprodukten, 1.1 dernster digitaler Aufnahmetechnik und computergestützter Bildverarbeitung bei Forschung, Technik und hoher diagnostischer Abbildungsqualität Haushalt
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung Mittlere effektive Dosis durch Röntgen- und CT-Untersuchungen pro Die zivilisatorische Strahlenexpositi- Einwohner und Jahr (mSv) on in Deutschland und anderen Indus- 2 trienationen basiert überwiegend auf der medizinischen Strahlenanwendung. 1.5 Die errechnete mittlere medizinisch bedingte Dosisintensität, der ein er- mSv 1 wachsener Deutscher pro Jahr derzeit ausgesetzt wird, liegt bei 1,8 mSv. Die 0.5 Hälfte (0,9 mSv) ist dabei bedingt durch 0 die Computertomographie (CT), obwohl 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 sie nur 8 % aller radiologischen Unter- suchungen ausmacht. Allein die aus CT- Quelle: Bundesminiterium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Untersuchungen resultierende effektive Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung, Deutscher Bundestag, Drucksache 16/6835, Berlin 2007. Dosis pro Einwohner mit etwa 1,6 mSv Abb. 2 in den USA bzw. mit 2,3 mSv in Japan ist höher als die Gesamtdosis für alle in CT, 6.9 Deutschland durchgeführten Röntgenun- Sonstiges, 0.7 tersuchungen. Dieser weltweit zu beob- Angiographie/Intervention, 2 Häufigkeit (%) achtende Trend liegt an der steigenden Mammographie Wertigkeit der Schnittbildverfahren in (einseitig), 3.9 Diagnostik, Therapieplanung und Thera- pieüberwachung [1]. Zahnmedizin, 35.5 Verdauungs-Urogenital Die Häufigkeit von Röntgenuntersuchun- und Gallentrakt, 3.6 gen in Deutschland während des beob- achteten Zeitraums von 1996 bis 2004 zeigt einen leicht abnehmenden Trend, wobei der Wert für das Jahr 2004 bei Skelett, 34.3 etwa 1,7 Röntgenuntersuchungen pro Thorax, 13 Einwohner im Jahr liegt. Ein Drittel der Gesamtzahl der Röntgenuntersuchun- Thorax; 3,7 gen basiert auf der Röntgendiagnostik Zahnmedizin; 0,2 Kollektive effektive Dosis (%) in der Zahnmedizin. Neben den zahnme- Skelett; 10,4 dizinischen Untersuchungen entfällt der Sonstiges; 1,2 größte Teil aller Röntgenuntersuchun- gen auf den Thorax und das Skelett wie Verdauungs-Urogenital Schädel, Schultergürtel, Wirbelsäule, und Gallentrakt; 9,3 Beckengürtel, Extremitäten und Brust- Mammographie korb. (einseitig); 1,1 Sehr bemerkenswert ist die stetige Zu- CT; 53,9 nahme der CT-Untersuchungen um etwa 65 % über den gesamten beobachteten Angiographie/Intervention; 20,2 Zeitraum. Dennoch ist der Anteil dieses dosisintensiven Verfahrens an der Ge- samtzahl der Röntgenuntersuchungen Abb. 3 und 4: Prozentualer Anteil der verschiedenen Untersuchungsarten an der Gesamthäufigkeit und an der kollektiven effektiven Dosis in Deutschland für das Jahr 2004. Deutscher Bundestag derzeit noch vergleichsweise gering. Im Drucksache 6835, Berlin 2007. Vergleich zur CT hat die Anzahl der kon- 161
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung ventionellen Untersuchungen des Tho- Tab. 1: Typische effektive Dosen durch medizinische Strahlenexposition rax und des Bauchraumes einschließlich Diagnoseverfahren typische effektive Anzahl von Röntgen des Magen-Darm-Trakts, des Gallensys- Dosis (mSv) aufnahmen des Thorax, die zu einer Vergleichs tems und des Urogenitaltrakts abge- exposition führt nommen. Thorax (p. a.) 0,02 1 Die nominelle Strahlenexposition der Be- völkerung durch röntgendiagnostische Extremitäten und Gelenke 0,01 0,5 und nuklearmedizinische Untersuchun- Schädel 0,07 3,5 gen betrug im Jahre 2004 etwa 1,8 mSv Brustwirbel 0,7 35 pro Einwohner und Jahr. Lendenwirbel 1,3 65 Hüfte 0,3 15 AUS EINER TABELLE: Becken 0,7 35 bis 0,5 mSv Jährliche Strahlendosis aus Abdomen 1,0 50 dem All Mammographie bds. in 2 Ebenen 0,5 25 bis 1,5 mSv Tägliche Dosis, die ein Ast- Intravenöse Urographie 2,5 125 ronaut frei im erdnahen All erhält CT-Kopf 2,3 115 bis 2 mSv Jährliche künstliche Strah- CT-Thorax 8 400 lendosis insgesamt, die CT-Abdomen oder Becken 10 500 durchschnittlich ein Bun- Nierenfunktionsszintigraphie 0,8 40 desbürger erhält (z. B. durch Schilddrüsenszintigraphie 0,9 45 Röntgenstrahlen) Lungenperfusionsszintigraphie 1,1 55 bis 1 Sv Hiroshima-Atombombe in Skelettszintigraphie 4,4 220 2.000 m Entfernung Hirnszintigraphie 5,1 255 bis 2 Sv Hiroshima-Atombombe in Myokardperfusionsszintigraphie 6,8 340 1.500 m Entfernung bis 4 Sv Jahresdosis der geringer be- Positronenemissionstomographie 7,2 360 lasteten Gebiete im 30 km Myokardszintigraphie 17 865 Umkreis des Reaktors in Quelle: Strahlenschutzkommission: Orientierungshilfe für radiologische und nuklearmedizinische Tschernobyl. Untersuchungen. Heft 30. Berlin: H. Hoffmann 2006 [2]. Die Rolle der sogenannten Teilgebietsradiologie oder Urologen dieselben radiologischen aller Röntgenuntersuchungen von Radio- in Deutschland Untersuchungen durchführen wie ein logen, 32 % von Orthopäden, 13 % von Während in sämtlichen EU-Staaten die Facharzt für Radiologie. Dies ist in den Chirurgen und 7 % von Internisten abge- Radiologie nur von dafür ausgebildeten anderen EU-Staaten in der Regel nur den rechnet. Fachärzten ausgeübt werden darf, kann nach strengen Kriterien ausgebildeten Die Anteile an der kollektiven effektiven in Deutschland praktisch jeder appro- Radiologen vorbehalten. Dosis für die jeweilige Facharztgrup- bierte Arzt radiologische Leistungen er- Laut BfS-Jahresbericht für das Jahr 2007 pe liegen demgegenüber zu 50 % bei bringen und abrechnen, sofern er eine nehmen ca. 19.000 Teilgebietsradiologen Radiologen, 12 % bei Orthopäden, 2 % Zusatzausbildung absolviert hat. Er gilt an der vertragsärztlichen Versorgung bei Chirurgen und 10 % bei Internisten. dann als sogenannter „Teilgebietsradio- teil. Etwa 2.800 Fachärzte für Radiologie Aufgrund der unterschiedlichen Unter- loge“. Teilgebietsradiologen sind Fach- arbeiten im ambulanten Bereich. suchungsspektren liegt die effektive ärzte, die die Fachkunde für ein Teilge- Für die Jahre 2002 bis 2004 wurden in Dosis pro Untersuchung im Mittelwert biet der Radiologie besitzen; so können Deutschland bei gesetzlich Krankenver- von 2,4 mSv bei Radiologen, 2,2 mSv bei z. B. Orthopäden, Chirurgen, Internisten sicherten im ambulanten Bereich 26 % Gemeinschaftspraxen, 2,4 mSv bei Uro- 162
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung 32 Orthopäden Radiologen Anteil an der kollektiven effektiven Dosis Radiologen 50 Gemeinschaftspraxen Röntgenuntersuchung 2002 - 2004 28 Chirurgen Orthopäden Internisten Internisten Gemeinschaftspraxen Urologen 2002 - 2004 (in %) Krankenhausinstitute Chirurgen Urologen Krankenhausinstitute Notfallärzte Sonstige (in %) Gynäkologen 13 Sonstige 16 7 8 12 6 10 3 3 6 2 4 1 2 2 Facharztgruppe Facharztgruppe Abb 5 Abb 6 Quelle: BfS-Jahresbericht 2007: Über die Kassenärztliche Bundesverei- Quelle: BfS-Jahresbericht 2007: Über die Kassenärztliche Bundesverei- nigung abgerechnete Röntgenuntersuchungen nach Facharztgruppen in nigung abgerechnete Röntgenuntersuchungen zur kollektiven effektiven den Jahren 2002 bis 2004. Dosis nach Facharztgruppen in den Jahren 2002 bis 2004. 72 Radiologen 56 Internisten Gemeinschaftspraxen Radiologen Interventionen 2002 - 2004 (in %) Krankenhausinstitute Anteil an CT-Untersuchungen Gemeinschaftspraxen Anteil an Angiographien und Neurochirurgen Chirurgen Strahlentherapeuten Krankenhausinstitute 2002 - 2004 (in %) Sonstige Sonstige 30 22 10 2 1 1 2 2 1 1 Facharztgruppe Facharztgruppe Abb 7 Abb 8 Quelle: BfS-Jahresbericht 2007: Anteil der Computertomographien Quelle: BfS-Jahresbericht 2007: Anteil der Angiographien und Interventio- nach Facharztgruppen in den Jahren 2002 bis 2004. nen nach Facharztgruppen in den Jahren 2002 bis 2004. logen, 1,6 mSv bei Internisten, 0,4 mSv Hier lagen Internisten mit 57 % weit vor von der Lunge und anderen Körperteilen bei Orthopäden und 0,2 mSv bei Chi den Radiologen (29 %). werden z. B. zur Beurteilung von Herz rurgen. Der Anteil der Röntgenuntersuchungen und Lunge vor Operationen, zum Aus- Der Anteil der CT an allen Untersuchun- des Skelettsystems an allen Untersu- schluss von Frakturen und zur Verlaufs- gen betrug 8 % und an der kollektiven ef- chungen betrug 65 % und beinhaltete kontrolle durchgeführt. Die konventio- fektiven Dosis für alle Facharztgruppen 18 % der kollektiven effektiven Dosis für nelle Thorax-Untersuchung ermöglicht zusammengenommen 56 %. Die dosisin- alle Facharztgruppen zusammen, wobei eine Beurteilung der Lungenstruktur, der tensive CT wird zu 72 % von Radiologen diese Untersuchungen mit 48 % haupt- Herzgröße, eine grobe Einschätzung der erbracht. Der Anteil der CT an allen Un- sächlich von Orthopäden durchgeführt Herzleistung sowie die Beurteilung der tersuchungen lag bei 22 % und an der wurden und lediglich in 13 % von Radio knöchernen Strukturen. kollektiven effektiven Dosis bei 79 % für logen. Die Strahlenbelastung einer konventi- die Radiologen. onellen Röntgenaufnahme der Lunge Demgegenüber lag bei allen Facharzt- Röntgenuntersuchung – auch in zwei Ebenen – ist minimal. gruppen zusammen der Anteil der Angio- der Lunge Moderne Röntgengeräte fertigen die Auf- graphien und Interventionen an den Un- Röntgenuntersuchungen der Lunge stel- nahmen mit einer sehr geringen Strah- tersuchungen insgesamt bei 1 % und an len einen großen Bestandteil von radiolo- lendosis an. Die Strahlenbelastung einer der kollektiven effektiven Dosis bei 9 %. gischen Untersuchungen dar. Aufnahmen Röntgenaufnahme entspricht ungefähr 163
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung 56 Internisten kalisation und zur Strahlenexposition bei Angiographie und Radiologen Sonden- bzw. Kathe- Sellink) kann damit verzichtet werden. Interventionen 2002 - 2004 (in %) Gemeinschaftspraxen Anteil an Angiographien und Chirurgen terplatzierung ist Krankenhausinstitute Sonstige unerlässlich. Die in Computertomographie (CT) 30 den meisten Fällen Die Zunahme des Beitrages der CT zur damit kombinierten medizinischen Strahlenexposition ist Übersichtsaufnah- weltweit zu beobachten: In den USA 10 men erlauben eine nahm von 1980 bis 1998 die Untersu- 2 1 1 hohe Ortsauflösung chungszahl um mehr als den Faktor 9 zu Facharztgruppe und damit eine [4], und relativ nahm sie von rund 2 % Abb 9 hohe Bildqualität. auf rund 13 % der Untersuchungen zu, Quelle: BfS-Jahresbericht 2007: Anteil der Röntgenuntersuchung des Selbstverständlich ihr Dosisanteil jedoch von 5 % auf ca. Skelettsystems (Schädel, Schultergürtel, Beckengürtel, Extremitäten, addiert sich die 30 %; in Großbritannien nahm der Un- Wirbelsäule) nach Facharztgruppen (2002 bis 2004). Strahlenexpositi- tersuchungsanteil der CT von 2,4 % 1991 on für die beiden auf ca. 5 % Ende der 90er Jahre zu [5], einem Tagesaufenthalt in 3.000 m Höhe. Komponenten, und in der Mehrzahl der der Dosisanteil im gleichen Zeitraum von Die effektive Dosis für eine normale Tho- Fälle kann eine effektive Dosis von meh- 20 % auf über 40 %, und in Deutschland raxaufnahme beträgt etwa 0,02 mSv, reren mSv oder gar cSv erreicht werden. trug die CT mit 4,2 % der Untersuchun- die natürliche Strahlendosis, der jeder Damit sind die höchsten diagnostischen gen zu 38 % der medizinischen Dosis bei Bürger ständig ausgesetzt ist, liegt da- Expositionen pro Untersuchung zu ver- [6]. Mit der Einführung der Spiraltechnik gegen bei etwa 2,4 mSv/Jahr. Somit ist zeichnen, die durchaus die Schwellen für in 1989 [7] und Mehrzeilendetektoren in die Strahlenbelastung nahezu vernach- deterministische Effekte überschreiten 1999 [8] steigerte sich das Potential der lässigbar klein. können. Das gilt auch für Interventionen CT mehrfach. Die heutige Technik er- unter Durchleuchtung und Angiographi- möglicht es, größere Körperteilvolumina Röntgenuntersuchungen en, wobei die Dosis hier in einem brei- schneller und mit dünneren Schichten des Körperstammes ten Bereich variieren kann. Urogenitale ohne Bewegungs- bzw. Atemartefakte Die relative Häufigkeit der konventio und gastrointestinale Untersuchungen zu erfassen. Die mit modernen 4–16-Zei- nellen Lendenwirbelsäulenuntersuchung stehen zahlenmäßig mit 42 % und 32 % lengeräten erreichte typische Dimension liegt bei etwa 27 %, wobei der relative im Vordergrund der Durchleuchtungsun- der Bildpunkte [«voxels»] von weniger Dosisbeitrag etwa 48 % beträgt. Wegen tersuchungen und tragen mit 28 % und als einem Millimeter in allen drei Ach- der höheren Strahlenabsorption des Kör- 63 % auch am meisten zur Strahlenexpo- sen/Dimensionen erlaubt Rekonstruk- perstammes braucht man eine höhere lo- sition bei. Die neue technische Entwick- tionen in allen Ebenen – koronar, sa- kale Dosis, die zur vermehrten Streuung lung bringt dank der seit einigen Jahren gittal, auch gekrümmten Ebenen oder in die Umgebung führt. Am Körperstamm verfügbaren gepulsten Durchleuchtung gar farbige/oberflächliche 3D Rekons- befinden sich auch die meisten empfind- eine wesentliche Dosiseinsparung. Mit truktionen. Mit dieser Entwicklung er- licheren Gewebe [3] beim Erwachsenen, Digitalisierung bzw. elektronischen Bild- geben sich auch neue Indikationen für z. B. Gonaden, Knochenmark, Dickdarm, speichern ist es heute möglich, trotz raschere Messung größerer Körperab- Lunge, Magen, Brust, Harnblase, Schild- unterbrochener Strahlung ein kontinu- schnitte wie z. B. beim Polytrauma und drüse und Leber. Alle diese Faktoren ver- ierliches Monitorbild zu erstellen, das bei Staging und Verlaufskontrollen von ursachen eine höhere effektive Dosis. zur deutlichen Dosisreduktion führt, da Malignomen, aber auch Mehrphasenun- bei elektronischen Bildspeichern weni- tersuchungen nach Kontrastmittelgabe, Durchleuchtungen, Angio ger Bilderneuerungen pro Sekunde von etwa der Leber oder der Niere. Die Ab- graphien und durchleuch- der Dynamik der Untersuchung her er- deckung größerer Körpervolumina bzw. tungsgestützte Interventionen forderlich sind. Das Durchleuchtungsbild die mehrfache Abdeckung des gleichen Die Durchleuchtungstechnik zur dyna- kann als Dokument gespeichert und auf Volumens erhöhten zwangsläufig die mischen, funktionellen Analyse, zur Lo- eine zusätzliche Zielaufnahme (typische Strahlenexposition pro Untersuchung, 164
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung auch wenn heute dank technischer do- Tab. 2: Häufigkeit und Dosisbeitrag von CT-Untersuchungen im internationalen Vergleich im Jahr 2000 sissparender Maßnahmen ca. 30 % der früheren Dosis eingespart werden kann. Land CT Untersuchungen CT-Dosis pro Einwohner Eine weitere Indikation ist die CT-Angio- pro 1.000 Einwohner (mSv) graphie, die zusätzlich über eine höhere Deutschland (14) 90 0,73 Untersuchungsfrequenz als Substitut ei- ner Katheterangiographie zu einem An- USA (15) 200 1,60 stieg der CT-bedingten zivilisatorischen Japan (16) 290 2,30 Strahlenexposition führt. Nicht ganz von Luxemburg (17) 115 0,84 der Hand zu weisen ist in diesem Zusam- Belgien (18) 115 0,90 menhang die Hypothese, dass die Ver- fügbarkeit der technischen Ausrüstung zu derem vermehrten Einsatz führt: Wur- Zum Vergleich: erbringen zu etwa drei Viertel der bei ge- den für Deutschland bzw. die Schweiz • 100 Stunden vor einem Bildschirm setzlich Krankenversicherten ambulant mit Dichten von 21,5 bzw. 22,8 Geräten (0,5 m): 0,12 mSv durchgeführten Röntgenuntersuchun- und jährlichen Untersuchungsfrequen- • 10-stündige Flugreise: 0,1 mSv gen, die im unteren Dosisbereich liegen. zen von 64.000 bzw. 43.000 pro Million • Kosmische Strahlenbelastung in Deshalb ist bei den Teilgebietsradiologen Einwohner CT-Populationsdosen von 0,6 2.000 m Höhe gegenüber Meereshöhe: das Problem der Selbstzuweisungen zu bzw. 0,3 mSv pro Jahr erhoben, so lagen 0,6 mSv beachten, die aus strahlenhygienischen die entsprechenden Werte für Schweden Unterschied der natürlichen Strahlung Gründen kritisch zu werten sind. Obwohl und Großbritannien mit 10,4/5,2 Gerä- innerhalb von Häusern (D): 0,6 mSv die meisten Untersuchungen im unteren ten und 39.000/21.000 Untersuchungen Dosisbereich liegen, gibt es auch Anwen- pro Million deutlich niedriger, dies ver- Zusammenfassung dungsbereiche, bei denen die Strahlen- bunden mit CT-Populationsdosen von je Nach aktueller Statistik ist die medizi- belastung höher ist. Aus Sicht des BfS 0,1 mSv pro Jahr [9, 10]. nische Strahlenanwendung (40 % mit ist es damit enorm wichtig, die Patienten Eine jährlich einmalige Röntgenuntersu- effektiver Dosis von ca. 2,0 mSv) haupt- für das Problem der Selbstzuweisung zu chung der folgenden Untersuchungsart sächlich für die gesamte zivilisatorische sensibilisieren. führt beispielhaft zu folgenden effekti- Strahlenexposition in Deutschland wie Aus Sicht des Strahlenschutzes ist es ven Dosen (Quelle: BMU 2005): auch in anderen Industrienationen ver- besonders wichtig, dass die Anwendung • Röntgen Thorax (Lunge), 1 Aufnahme: antwortlich. Die Teilgebietsradiologen ionisierender Strahlung nur nach einer 0,02–0,08 mSv • Röntgen Halswirbelsäule, 2 Ebenen: 0,1–0,3 mSv • Röntgen Brustwirbelsäule, 2 Ebenen: 0,5–0,8 mSv • Röntgen Lendenwirbelsäule, 2 Ebenen: 0,8–1,8 mSv • Röntgen Beckenübersicht: 0,5–1,0 mSv • Röntgen Extremitäten: < 0,01–0,1 mSv • Mammographie bds., je 2 Ebenen: 0,2–0,6 mSv • CT Schädel: 2–4 mSv • CT Thorax (Lunge): 6–10 mSv • CT Abdomen (Bauchraum): 10–25 mSv • Arteriographie und Interventionen: 10–30 mSv 165
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung strengen Indikationsstellung erfolgt. tion müssen von der Ärzteschaft durch- 10. United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation. UNSCEAR 2000 Eine Kommunikation zwischen den Über- gesetzt werden. Eine Zusammenarbeit Report to the General Assembly. Volume I: weisern und den Radiologen spielt eine zwischen den überweisenden Ärzten und Sources, Annex D. New York: United Nations; 2000. sehr wichtige Rolle bei der Erstellung ei- den Radiologen spielt eine sehr wichtige 11. Heyer CM, Peters S, Lemburg S, Nicolas V. ner gerechtfertigten Indikation und bei Rolle. Die überweisenden Ärzte wie auch Einschätzung der Strahlenbelastung radio- der Auswahl geeigneter radiologischer die Radiologen tragen eine besondere logischer Thorax-Verfahren: Was ist Nicht- radiologen bekannt? Fortschr Röntgenstr Untersuchungsverfahren. Verantwortung und sollten daher streng 2007, 179(3):261–267, DOI 10.1055/s-2006- Die Strahlenschutzkommission (SSK) den Leitlinien für die bildgebende Diag- 927366, 12. Strahlenschutzkommission: Notwendigkeit veröffentlichte im Sommer 2006 „Orien- nostik für die verschiedenen Indikations- der Erstellung von Überweisungskriterien tierungshilfe für radiologische und nuk- bereiche folgen. für die Durchführung bildgebender Verfah- learmedizinische Untersuchungen“ [2]. ren. Heft 30. München: Urban und Fischer 2002. Im Vordergrund der Orientierungshilfe Literatur 13. Busch HP. Qualitäts- und Dosismanagement steht die Vermeidung unnötiger Strah- 1. Brix G, Nekolla E, Griebel J: Strahlenexposi- in der Digitalen Projektionsradiographie. tion von Patienten durch diagnostische und Fortschr Röntgenstr 2003; 175: 32–7. lenexposition sowie die Wahl geeigneter 14. Nawa T, Nakagawa T, Kusano S, Kawasaki Y interventionelle Röntgenanwendungen – Untersuchungen, Hinweise zur Schwan- Fakten, Bewertung und Trends. Radiologe et al. Lung Cancer Screening Using Low-Dose 2005; 45: 340 –9 (14) Spiral CT: Results of Baseline and 1-Year Fol- gerschaft bzw. zum Schutz des Fetus und 2. Strahlenschutzkommission: Orientierungs- low-up Studies. Chest 2002; 122; 15–20. zur Optimierung der Strahlendosis bei hilfe für radiologische und nuklearmedi- Kindern und Jugendlichen. zinische Untersuchungen. Heft 30. Berlin: H. Hoffmann 2006 [1] Wie aus Empfehlung der SSK hervorgeht, 3. Vock P, Valley JF. Medizinische Strahlenex- Korrespondenzadresse können Regeln für die Überweisung zur position in der Schweiz. Teil 1: Frequenzen, Professor Dr. med. Thomas J. Vogl radiologischen Untersuchung Art und Dosen, Konsequenzen. Swiss Medical Forum Direktor 2004; 4: 845–850. Umfang der Röntgenuntersuchung beein- 4. Nickoloff EL, Alderson PO. Radiation expo- Institut für Diagnostische und Interventi- flussen [12]. Einen wesentlichen Beitrag sures to patients from CT. Reality, public onelle Radiologie perception, and policy. Am J Roentgenol AJR zur Dosiseinsparung liefert die Optimie- 2001; 177: 285–7. Universitätsklinikum Frankfurt am Main rung der Technik, Vermeidung unnötiger 5. Shrimpton PC, Wall BF, Hart D. Diagnostic Theodor-Stern-Kai 7 medical exposures in the U. K. Appl Radiat Aufnahmen und Vermeidung von Wie- 60590 Frankfurt am Main Isot 1999; 50: 261–9. derholungsaufnahmen. Bei Ausschluss- 6. Regulla D, Griebel J, Nosske D, Bauer B, Telefon Nr.: 069 6301-7277 diagnostik sollte so weit wie möglich Brix G. Erfassung und Bewertung der Patien- Fax Nr.: 069 6301-5252 tenexposition in der diagnostischen Radiolo- Ultraschall oder Kernspintomographie gie und Nuklearmedizin. Z Med Phys 2003; die erste Wahl sein [14]. Die Anwendung 13:127–35. 7. Kalender WA, Seissler W, Klotz E, Vock P. von „Low-dose CT-Protokollen“ für das Spiral volumetric CT with single-breath-hold Den Auswertungsbogen für die CME- Screening sowie die Verlaufskontrolle technique, continuous transport, and con- Fortbildung der Landesärztekammer der Lungentumoren ist eine nennenswer- tinuous scanner rotation. Radiology 1990; 176:181–3. Hessen finden Sie auf unserer Home- te Maßnahme [14]. 8. Hu H, He HD, Foley WD, Fox SH. Four multide- page www.laekh.de unter der Rubrik Die technische Orientierung als Einspa- tector-row helical CT: Image quality and vo- lume coverage speed. Radiology 2000; 215: Hessisches Ärzteblatt (Erläuterung rungsmaßnahme ist somit nicht das 55– 62. siehe März-Ausgabe 2008, Seite 170). effektivste Mittel zur Verringerung der 9. Aroua A, Vader JP, Valley JF. Enquête sur l’exposition par le radiodiagnostic en Suis- Einsendeschluss ist der 25. März Strahlenbelastung. Maßnahmen zur Ver- se. Lausanne: IRA/IMSP; 2000. www.hos- 2009 meidung der unnötigen Strahlenexposi- pvd.ch/public/instituts/ira/. 166
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung Multiple Choice-Fragen (Nur eine Antwort ist richtig) ?? 1) 1. „ALARA-Prinzip“ beim Strahlenschutz: „all levels as reduced accordingly“ ?? 1) 6. Welche Angabe über die ammog raphie ist richtig? M Bei Mammographie wird die charakteris- 2) Metformin muss zwei Tage vor, während und zwei Tage nach der Untersuchung abgesetzt werden. 2) „as low as reasonably achievable“ tische Eigenstrahlung benutzt und nicht 3) Metformin muss einen Tag vor, während 3) „as low as radiologically allowed“ die konventionelle Strahlung. und einen Tag nach der Untersuchung 4) „as low as rationally accepted“ 2) Bei Mammographie wird auch die abgesetzt werden. 5) „as low as roughly achievable“ konventionelle Strahlung benutzt. 4) Metformin muss am Tag der Unter 3) Die Strahlenbelastung der Mammogra- suchung abgesetzt werden. ?? 2. Die Grundregeln des Strahlenschutzes phie ist höher als bei konventionellem 5) Keine Maßnahme nötig. sind vier A’s: Röntgen. ?? 1) Abstand, Auflösung, Akquisition 4) Die Strahlenbelastung der Mammogra- 9. Iodhaltiges Kontrastmittel bei und Alternativ phie ist vergleichbar mit konventionellem Patienten mit Hyperthyreose: was ist 2) Aufnahme, Alternativ, Absicherung und Röntgen. richtig? Akquisition 5) Mammographie ist kein Standard- 1) Blockieren mit Favistan und Irenat vor der 3) Abstand, Abschirmung, Aufenthaltsdauer Screeningverfahren. Untersuchung und Aufnahme 2) Vorbewässern 4) 5) Auflösung, Abstand, Alter und Anamnese Abstand, Auflagerung, Alter und Absicherung ?? 1) 7. Alles sind Kontraindikationen für iodhaltige Kontrastmittelgabe außer: Allergie zum iodhaltigen Kontrastmittel 3) 4) Keine Kontraindikation/ Keine Maßnahme nötig Blockieren mit Favistan und Irenat vor oder Jod und nach der Untersuchung ?? 3. Welche Untersuchung ist mit höchster 2) Diabetiker unter Metformintherapie 5) Blockieren mit Favistan und Irenat zwei Strahlenbelastung assoziert? 3) Alkoholkonsum Tage vor und nach der Untersuchung 1) CT-Abdomen 4) Hyperthyreose ?? 2) CT-Lunge 5) Niereninsuffizienz 10. Hypoplasie der linken Arteria 3) CT-Wirbelsäule pulmonalis: Was ist falsch? 4) 5) CT-Schädel CT-Extremitäten ?? 8. Welches Verhalten ist richtig bei Diabetikern unter Metformintherapie für CT-Untersuchung mit iodhaltigem 1) 2) Assoziierte Atresie des linken Hauptbron- chus Röntgen Lunge in Expiration von Swyer- ?? 4. Was ist das sichere Zeichen Kontrastmittel? James zu unterscheiden der Malignität eines Rundherdes 1) Metformin muss drei Tage vor, während 3) Hypertransparenz der linken Lunge in der CT-Untersuchung der Lunge? und drei Tage nach der Untersuchung 4) Assoziierter rechten Aortenbogen 1) Fettanteil abgesetzt werden. 5) Häufig mit „Tetralogy of Fallot“ assoziert 2) Spikulierte Begrenzung 3) Lufteinschluss 4) Verkalkungen 5) Dichteanstieg von mindestens 10 HU nach KM-Gabe ?? 1) 5. Kompression der Brust in der Mammo- graphie: Was ist richtig? Vermindert die Bewegung 2) Reduziert die Expositionszeit 3) Reduziert die Strahlendosis 4) Reduziert die Streustrahlung 5) Alles 167
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Fortbildung Medizinisches Kreuzworträtsel Waagerecht 1 Impression am dorsolateralen Rand des Humeruskopfes bei habi- tueller Schultergelenkluxation: …-Sachs-Läsion (Eponym) • 4 Kata- rakt = grauer … • 8 Nervenzellansammlung im basalen Vorderhirn, das als Belohnungssystem bei der Entstehung von Sucht eine Rolle spielt: Nucleus … • 13 Schleifendiuretikum (Wirkstoff ) • 15 Reifetei- lung • 16 Gesäßfalte = … ani • 17 Repositionsmanöver bei Schulter- gelenkluxation (Eponym) • 18 Augenhintergrundveränderungen mit weißen, unscharf begrenzten baumwollartigen Flecken; Vorkom- men bei verschiedenen Krankheiten: cotton – …-Herde • 19 Abk. für Tumor • 20 Im Säuglingsalter auftretendes angeborenes Im- munsuppressionssyndrom mit Eosinophilie im Blut, ekzematoider Dermatitis und rezidivierenden Infektionen, Hyper-IgE-Syndrom = …-Syndrom (Eponym) • 23 Abk. für Substantia nigra • 24 Lat. für Knochen • 25 Chirurgische Einteilung der Humeruskopffrakturen • 26 Oberbauch = … gastrium • 28 Abk. für Mund-Kiefer-Gesichts chirurgie • 29 Vene, die nährstoffreiches Blut aus dem Darm der Leber zuführt = …ader Senkrecht 1 Bluterguss • 2 Gelbsucht • 3 Fehlen der Brust bei Frauen mit nor- malem Menstruationszyklus (Lat.) • 5 Schwarzer Faeces bei Blutun- gen aus dem oberen Gastrointestinaltrakt = …stuhl • 6 Seitendif- ferente Pupillenweite = …isokorie • 7 Fußschmerzen • 9 Modernes angiographisches Verfahren zur Behandlung intracerebraler An- eurysmen (engl.) • 10 Epithel der ableitenden Harnwege • 11 Abk. für Bovine Spongiforme Enzephalopathie • 12 Verkalkte apikale Lungenstreuherde in der Primärphase der Tuberkulose: …-Herde (Eponym) • 14 Teil des Horner-Syndroms • 21 Erreger der Ecthyma contagiosum, eine dem Melkerknoten ähnliche Hauterkrankung bei Lösungswort Schafzüchtern und Ziegenhirten: …-Virus • 22 Griech. Vorsilbe mit der Bedeutung „Leben“ • 27 Abk. für Pulmonalton 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 © Dr. Özgür Yaldizli Nur noch vier Monate bis zur Nachweisfrist der Fortbildungsaktivitäten! Am 30. Juni 2009 läuft die Nachweisfrist für die Fortbildungsaktivitäten der meisten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte aus. Alle Ärztinnen und Ärzte, die den Nachweis mit dem Kammer-Zertifikat erbringen wollen, mögen bitte ihre Teilnahmebescheini- gungen sofort bei der Landesärztekammer Hessen einreichen, denn die Bearbeitungs- zeit kann mehrere Wochen betragen. Nach Übertragung der Punkte kann das Kammer- Zertifikat über das Online-Portal beantragt werden. LÄK 168
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Historisch-Aktuelles Strukturierte analytische Psychotherapie auf einer psychosomatischen Station in Frankfurt – ein Rückblick Axel Schüler-Schneider, Monika Vogt hende Therapie gesehen. Wesentlich freigestellt. Für eine begrenzte Zeit über- Früher als manche meinen, nämlich war dabei die intensive Zusammenarbeit nahm eine Pädagogin mit analytischer bereits 1986, wurde in einem Frank- der niedergelassenen Therapeuten mit Erfahrung psychotherapeutische Aufga- furter Allgemeinkrankenhaus die dem psychosomatischen Krankenhaus- ben. Sie wurde über Forschungsmittel erste psychosomatische Station er- arzt. Hier konnten auch die anfänglichen finanziert. öffnet. Sie war als solche nicht im Schwierigkeiten behoben werden und Die Schwestern wurden von der Nach- Bettenbedarfsplan ausgewiesen. Der eine intensive Zusammenarbeit, sowohl barstation auf freiwilliger Basis aus- Leiter des Diakonissenkrankenhau- mit Ärzten als auch mit Therapeuten, gewählt. Sie wechselten dem Konzept ses in Frankfurt Professor Dr. Karl hergestellt werden. Konkurrenz- und entsprechend alle sechs Wochen. Für Huth ermöglichte eine Pionierleis- Insuffizienzgefühle wurden beachtet, jede Schicht war eine Schwester als An- tung. Wesentlich daran beteiligt war angesprochen und dadurch überflüssig sprechpartner für Arzt und Patienten zu- Dr. Axel Schüler-Schneider, Internist gemacht. ständig und verfügbar. und Facharzt für Psychosomatische Einmal pro Woche fand eine Stations- Medizin in Frankfurt. 1988 hat er seine Das Ziel: Somatische und besprechung von 40 Minuten statt. Sie Erfahrungen unter dem Titel „Struktu- psychotherapeutische diente dazu, alle Patienten der Station rierte analytische Psychotherapie auf Behandlung vom selben Arzt vorzustellen und Schwierigkeiten im Sin- einer psychosomatischen Station in Eine Besonderheit des Projektes war, ne einer Balint-Gruppe zu besprechen. Frankfurt“ publiziert und in Innsbruck dass sowohl die somatische als auch die Besonders zu Beginn des Projektes dau- auf der Jahrestagung der DKPM vor- psychotherapeutische Behandlung von erten diese Besprechungen eher länger getragen. Es dauerte zehn Jahre bis einer Person übernommen wurde. Ge- und wurden genutzt, um die enormen die erste Psychosomatische Station genüber den bekannten Modellen sollte Spannungen, die besonders durch Ano- mit 16 Betten im Bettenbedarfsplan dies den Spaltungs- und Projektionsten- rexie- und Asthmapatienten entstanden, ausgewiesen wurde. Im Hospital zum denzen und der Neigung zum Ausagieren zu bewältigen und als Schwierigkeiten heiligen Geist, Frankfurt, wurde diese der Konflikte entgegenwirken. Im ambu- der Patienten zu verstehen. im Oktober 1996 unter der Leitung von lanten Bereich war dies seinerzeit schwer Der Versuch, durch einen externen, er- Dr. Wolfgang Merkle eröffnet. herzustellen. Selbst wenn die Kollegen fahrenen Supervisor Bereicherung und Auszüge aus der Arbeit von Schüler- „psychosomatisch interessiert“ waren, Entlastung zu erfahren, schlug nach ei- Schneider: führten die projektiven und Spaltungs- nigen Sitzungen fehl. Anfangs wurde er tendenzen der Patienten zu Missver- neugierig angenommen, förderte auch 1986 wurde in der internistischen Klinik ständnissen, Koordinationsschwierigkei- einige Abgrenzungsprobleme zutage, des Diakonissenkrankenhauses in Frank- ten und Verschlechterung der kollegialen wurde jedoch schnell abgelehnt und furt (126 Betten und Intensivstation) die Zusammenarbeit. So zeigte sich in den nicht als Entlastung erlebt. So fungierte erste psychosomatische Station mit acht anfänglichen Jahren der konsiliarischen der psychosomatische Arzt in den Stati- Betten in einem Allgemeinkrankenhaus Tätigkeit, dass die Trennung in Internist onsbesprechungen weiterhin als Super- in Hessen eingerichtet. Zuvor bestanden und Psychotherapeut selbst bei gutem visor, wobei er selbstverständlich extern bereits ein Konsiliardienst und eine psy- Einvernehmen der Kollegen zu unüber- supervidiert wurde. chosomatische Ambulanz. Ziel des für brückbaren Konflikten führte, welche die 14 Monate konzipierten Projektes war, therapeutische Arbeit erschwerten. Es galt, psychothera am Wohn- und Arbeitsort des Patienten Schüler-Schneider fungierte als psy- peutisches Therapie eine stationäre und ambulante psychoso- chosomatischer Arzt. Zusätzlich stand verständnis zu wecken matische Versorgung zu gewährleisten. freitags ein internistisch vorgebildeter Die täglich stattfindenden Visiten wurden Die Vorteile wurden in der Kontinuität Arzt für diagnostische und therapeuti- mit drei bis fünf Minuten pro Patient eher der geschaffenen Vertrauensbeziehung sche Aufgaben zur Verfügung. Er war von kurz gehalten. Sie wurden einmal pro Wo- und der Überleitung in eine weiterge- seinem Arbeitgeber für diese Aufgabe che vom Oberarzt und einmal pro Woche 169
3 | 2009 • Hessisches Ärzteblatt Historisch-Aktuelles vom Chefarzt begleitet. Sie dienten der Aufnahmeweg der insgesamt 67 Patienten Koordination von Diagnostik und Thera- pie und dem Informationsaustausch aller Beteiligten und waren natürlich auch der Verlegung innerhalb Ort für wichtige Interaktionen und Kon- der Klinik flikte, die die therapeutische Arbeit be- reicherten und nicht immer erleichterten. Internistische Wichtig war jedoch, diese zu beobachten Erkrankung und in den Team- und Therapiesitzungen aufzuarbeiten. Ein weiterer wichtiger Beweggrund für Krisenintervention das Projekt war das Bemühen, Möglich- keiten für die Einleitung psychosomati- schen Therapieverständnisses aufzuzei- 0 5 10 15 20 25 30 35 gen und entsprechende Prozesse in Gang Abb. 1: Aufnahmeweg und Einweisungsgrund zu setzen. So sollte erreicht werden, psy- chosomatische Störungen bei Patienten, die in die internistische Klinik eingewie- Station betreffend, gegenüber der Kli- versuch sowie einer mit einem Ulcus ven- sen werden, frühzeitig zu diagnostizie- nikleitung. Die kooperativen Kollegen triculi; vgl. Abb. 2) konnten drei Gruppen ren und die entsprechende Therapie ein- fühlten sich überfordert, ärgerten sich zugeordnet werden. Die größte Gruppe zuleiten. Durch Integration der Station in über die schwierigen Patienten und den (32 Patienten) war, zumeist von Psycho- die internistische Klinik wurden psycho- Kollegen, der sein Konzept so zielstrebig therapeuten, zur stationären Therapie somatisches Therapieverständnis ver- verfolgte. Durch diese Spannungen sah eingewiesen worden. Die meisten Patien- mittelt und Widerstände abgebaut. sich der Chef genötigt, seine befürwor- ten dieser Gruppe waren vor der Einwei- Das Projekt unterschied sich von den tende Haltung zeitweise aufzugeben, um sung für eine ambulante Psychotherapie bisher üblichen Modellen an Universi- dadurch eine Befriedung zu erreichen. nicht motiviert und schwer zu führen. Ziel tätskliniken, Kur- und Fachkliniken vor Nur durch die Erfolge bei der Therapie der stationären Behandlung war es, eine allem durch seinen Werdegang und die und die massive Unterstützung des Su- Basis für eine ambulante Weiterbetreu- Integration in die internistische Klinik. pervisors war es möglich, diese Krise ung zu schaffen und eine Besserung der Da Schüler-Schneider an der selben Kli- durchzustehen und getreu dem ange- körperlichen Symptomatik zu erreichen. nik seine Entwicklung zum „psychoso- strebten Konzept weiter zu arbeiten. In vier Fällen bestand bereits eine ambu- matischen Arzt“ vollzogen hat und der Dies führte nach fast einem Jahr zu einer lante psychotherapeutische Betreuung, Chef und das Ärzteteam aufgeschlossen erneuten positiven Einstellung des Ärz- und die Einweisung erfolgte zur Krisenin- gegenüber dieser Sichtweise waren, war teteams und der Schwestern und gegen tervention (siehe Abb. 1). es möglich, das Projekt einer psychoso- Ende des Projektes zu einer allseits be- Die zweitgrößte Gruppe umfasste 26 Pati- matischen Station durchzuführen. Die friedigenden Arbeit. enten, die wegen körperlicher Symptome eigenständige Arbeit des Autors wurde Die 67 Patienten (vier mit Anorexia nervo- in die internistische Klinik eingewiesen toleriert, so dass eine freie Entwicklung sa, zwei mit Asthma bronchiale, fünf mit wurden. Einige wurden bei der morgend- möglich wurde. Dadurch kam es nicht zu Borderline-Persönlichkeitsorganisation, lichen Ärztebesprechung für die psycho- der bekannten Isolation, in der sich die ein Patient mit chronischer Polyarthritis, somatische Station ausgewählt, andere Psychosomatik noch vielerorts befand. 16 Patienten mit Depression (davon vier aufgrund ihrer Beschwerden bei der Auf- Sie wurde erst nach Ausbau der Stati- endogene), vier mit Diabetes mellitus, nahme für die Station bestimmt. Alle Pa- on im ersten Jahr wieder spürbar. Die ein Patient mit Hörsturz, einer mit Hy- tienten litten unter körperlichen Sympto- anfänglich interessierten Schwestern pertonie, zwei mit Migräne, 16 mit einem men, die einer Abklärung bedurften. Sie wurden ablehnend, gereizt und boykot- Psychovegetativen Syndrom, zehn Pati- wurden sowohl internistisch untersucht tierten die Arbeit durch harte Kritik, die enten mit Sucht, vier nach einem Suizid- als auch einem psychoanalytischen In- 170
Sie können auch lesen