Hessisches Ärzteblatt - Landesärztekammer ...

 
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Landesärztekammer Hessen K.d.ö.R.

Hessisches
Ärzteblatt
                                                                       9 | 2008
Die Zeitschrift der Landesärztekammer Hessen                   September 2008
Auch im Internet: www.laekh.de                                    69. Jahrgang

                                               • Zertifizierte Fortbildung:
                                                 Implantat-assoziierte Infektionen
                                                 in Orthopädie und Unfallchirurgie
                                                 Teil 1: Diagnose

                                               • Die Welt der Medizin
                                                 in der Krebsstation (1969)
                                                 von Alexander Solschenizyn

                                               • Der Tod gehört immer noch
                                                 zum Leben

                                               • Die Sorge für den kranken alten
                                                 Menschen in der Heiligen Schrift

                                               • Das österreichische
                                                 Patientenverfügungs-Gesetz

                                               • Faszination Golfen
                                                 Gesundbrunnen für Spieler,
                                                 die nicht übertreiben

                                                Qualität statt Spardiät – gute Kliniken für Hessen
                                                 Aktionsbündnis zur Rettung der Krankenhäuser
                                                                                   © Sarah Binder,
                                                              Hessische Krankenhausgesellschaft
9 | 2008 • Hessisches Ärzteblatt
Hessisches Ärzteblatt
Mit amtlichen Bekanntmachungen                                                                                              9 | 2008 • 69. Jahrgang
der Landesärztekammer Hessen K.d.ö.R.
und der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen K.d.ö.R.

Impressum
Herausgeber:
Landesärztekammer Hessen
Im Vogelsgesang 3, 60488 Frankfurt/M.
Tel. 069 97672-0
Internet: www.laekh.de
E-Mail: info@laekh.de
Schriftleitung (verantwortlich):                         Editorial                                                                                              564
Prof. Dr. Toni Graf-Baumann
verantwortlich für Mitteilungen der LÄK Hessen:          Fortbildung
Dr. Michael Popović                                     Zertifizierte Fortbildung: Implantat-assoziierte Infektionen in Orthopädie
verantwortlich für Mitteilungen der Akademie:
Prof. Dr. Ernst-G. Loch
                                                         und Unfallchirurgie – Teil 1: Diagnose                                                                 565
                                                         Multiple-Choice-Fragen                                                                                 571
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
Katja Möhrle, M. A.                                      Medizinisches Zahlenrätsel                                                                             572
                                                         Maßnahmen zur Optimierung des Verbrauchs von Blutkomponenten bei
Wissenschaftlicher Beirat:
Prof. Dr. med. Erika Baum, Biebertal                     ausgewählten operativen Eingriffen in österreichischen Kranken­anstalten                               573
Karl Matthias Roth, Wiesbaden                            Medizinethik
Dr. med. Alfred Halbsguth, Frankfurt
Prof. Dr. med. Dietrich Höffler, Darmstadt               Die Welt der Medizin in der Krebsstation (1969) von Alexander Solschenizyn                             577
Dr. med. Georg Holfelder, Frankfurt                      Der Tod gehört immer noch zum Leben                                                                    580
Dr. med. Siegmund Kalinski, Frankfurt                    Die Sorge für den kranken alten Menschen in der Heiligen Schrift                                       581
Dr. med. Norbert Löschhorn, Seeheim-Jugenheim
Prof. Dr. med. Peter Osswald, Frankfurt                  Medizinethik aktuell
Prof. Dr. med. Konrad Schwemmle, Gießen                  Das österreichische Patientenverfügungs-Gesetz – ein Vorbild für den
Dr. med. Gösta Strasding, Frankfurt
PD Dr. med. Oskar Zelder, Marburg
                                                         deutschen Gesetzgeber?                                                                                 584
Dr. med. Walter Schultz-Amling, Hofheim                  Fortbildung
Arzt- und Kassenarztrecht:                               Sicherer Verordnen                                                                                     587
Dr. Katharina Deppert,
Gutachter- und Schlichtungsstelle
                                                         Arzt- und Kassenarztrecht
Dr. Alexander Schmid, Justitiar der LÄK Hessen           Altes und Neues zur ärztlichen Aufklärungspflicht                                                      588
Anschrift der Redaktion:                                  Akademie für Ärztliche Fortbildung und Weiterbildung, Bad Nauheim                                     589
Angelika Kob
Im Vogelsgesang 3, 60488 Frankfurt/M.
Tel. 069 97672-147, Fax 069 97672-247
                                                          Carl-Oelemann-Schule, Bad Nauheim                                                                     595
E-Mail angelika.kob@laekh.de                             Fortbildung
Redaktionsschluss:                                       Faszination Golfen – Gesundbrunnen für Spieler, die nicht übertreiben                                  597
fünf Wochen vor Erscheinen
                                                         Landesärztekammer Hessen
Verlag, Anzeigenleitung und Vertrieb:                    Übernahme der Fortbildungspunkte                                                                       599
Leipziger Verlagsanstalt GmbH
Paul-Gruner-Straße 62, 04107 Leipzig                     Erläuterungen zur Kostensatzung der LÄK Hessen                                                         600
Tel. 0341 710039-90, Fax 0341 710039-74 u. -99
                                                         Aktuelles
Internet: www.l-va.de
E-Mail: lk@l-va.de                                       Langer Weg zu einer funktionierenden Wettbewerbsordnung                                                601
Verlagsleitung:                                          Mit meinen Augen
Dr. Rainer Stumpe                                        Manchmal lernt die Politik aus ihren Fehlern – aber nicht immer                                        603
Anzeigendisposition:                                     Satire Wenn das Callcenter Arzt spielt                                                                 604
Livia Kummer
Tel. 0341 710039-92                                      Humoristisches Fietje                                                                                  605
E-Mail: lk@l-va.de                                       Von hessischen Ärztinnen und Ärzten                                                                    605
Druck:                                                   Bekanntmachungen der Landesärztekammer Hessen                                                          609
Druckhaus Dresden GmbH
Bärensteiner Straße 30, 01277 Dresden                    Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen                                               614
Layout-Design:
Kathrin Artmann, Heidesheim
in Zusammenarbeit mit der LÄK Hessen                     Mit dem Einreichen eines Beitrages zur Veröffentlichung überträgt der Autor das Recht, den Beitrag in gedruck-
zzt. ist Anzeigenpreisliste Nr. 4 vom 1.1.2008 gültig.   ter und in elektronischer Form zu veröffentlichen auf die Schriftleitung des „Hessischen Ärzteblattes“. Das
                                                         Hes­­sische Ärzteblatt ist in seiner gedruckten und in der elektronischen Ausgabe durch Urheber- und Verlags-
Bezugspreis / Abonnementspreise:                         rechte geschützt. Das Urheberrecht liegt bei namentlich gezeichneten Beiträgen beim Autor, sonst bei der
Der Bezugspreis im Inland beträgt 100,50                Landes­ärztekammer Hes­sen bzw. bei der Kassenärztlichen Ver­ei­­nigung Hessen. Alle Verwertungsrechte der
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ISSN: 0171-9661                                          träge „Sicherer Verordnen“ erfolgt außerhalb der Verantwortung der Schriftleitung und des Ver­lages.

                                                                                                                                                                           563
9 | 2008 • Hessisches Ärzteblatt
      Editorial

      Liebe Kolleginnen und Kollegen!

                          Während ich dieses        Die ärztliche Weiterbildung ist in Gefahr,   wachs an Bürokratie. Die versprochenen
                          Editorial     schreibe,   wenn zunächst Stellen schon nicht mehr       höheren Zahlungen an die Vertragsärzte
                          gibt es zahlreiche Ge-    besetzt werden können, so manch ein          und die Kliniken benötigen wir dringend –
                          spräche zwischen den      junger Kollege, eine junge Kollegin zieht    aber noch ist nicht erkennbar, woher das
                          gewählten Vertretern      es dann nach eigenen gemachten Erfah-        Geld dafür kommt!
                          in der Delegiertenver-    rungen vor, sich einen anderen Arbeits-      Die Bundestagswahlen 2009 werfen
                          sammlung der Lan-         platz – ausserhalb der Patientenversor-      schon jetzt ihre Schatten voraus – gegen
                          desärztekammer Hes-       gung – zu suchen. Damit wird deutlich,       Ende 2008 werden wir mit Politikern dis-
Dr. med. Ursula Stüwe
                          sen, um den Wunsch        dass wir in wenigen Jahren noch viel grö-    kutieren, welche Vorstellungen sie von
Foto: Monika Buchalik
                          der Wählerinnen und       ßere Probleme als jetzt haben werden in      einem zukunftsfähigen Gesundheitssys-
       Wähler in der Zusammensetzung des            der Versorgung der Bevölkerung mit nie-      tem haben – achten Sie auf die Ankündi-
       neuen Präsidiums zu erfüllen.                dergelassenen Ärzten. Die Probleme aus       gungen!
       Ganz gleich, welche Personen zukünftig       den Kliniken werden sich nahtlos in den      Und für 2009 wird ein weiterer Heilbe-
       die Geschicke der hessischen Ärzteschaft     Bereich der Niedergelassenen fortset-        rufetag geplant – unter Einbeziehungen
       leiten werden – die Aufgaben werden uns      zen! Eine schlimme Entwicklung!              der Politiker, aber insbesondere auch
       alle herausfordern.                          Einige Verträge der Kassen mit der KV        aller Heilberufskammern! Wenn wir auch
       Zunächst wird Anfang September das Ak-       wurden in Erwartung des kommenden            unterschiedliche Aufgaben im Staat er-
       tionsbündnis Rettung der Krankenhäuser       Gesundheitsfonds gekündigt. So haben         füllen, so haben wir doch in den letzten
       aktiv sein! Inzwischen hat es sich herum-    die betroffenen Praxen und Kliniken kei-     Jahren zunehmend ähnlich Probleme, die
       gesprochen, dass zahlreiche Stellen im       ne Chance, für 2009 einen halbwegs se-       unser Berufsleben in vielfältiger Form
       ärztlichen und pflegerischen Bereich in      riösen Haushaltsplan aufzustellen, neue      belasten. Da ist es wichtig, diese Proble-
       den Kliniken nicht mehr besetzt werden       Mitarbeiter werden unter diesen Bedin-       me gemeinsam an „die Politik“ zu richten
       können – mit der Folge der Überlastung       gungen bestimmt nicht eingestellt, und       mit der Erwartung von Veränderungen –
       des (noch) verbliebenen Personals und        ob die Verträge dann ab 2009 in gleicher     diesmal jedoch im Sinne von Verbesse-
       vor allem mit erschreckenden Folgen für      Höhe abgeschlossen werden? Darauf            rungen!
       Patientinnen und Patienten. Die Klagen       darf man sehr gespannt sein!                 Wenn Sie dieses Editorial lesen, wissen
       erreichen auch die Ärztekammer! Da sind      In 2009 werden die Vertragsärzte erst-       Sie, wer all diese und weitere Probleme
       insbesondere die ärztlichen Direktoren       malig ihre Fortbildung nachweisen müs-       im Präsidium der LÄKH anpacken muss!
       der Kliniken in ihrem Verantwortungs-        sen, um keine Abzüge bei den Zahlungen       Die Wahl erfolgt am 30. August!
       bereich gefordert, den Patientenschutz       der Kassenärztlichen Vereinigungen zu        Trotz aller Widrigkeiten: bleiben Sie
       ernst zu nehmen und umzusetzen – si-         erleben, darüber hinaus muss die Qua-        an der Seite Ihrer Patientinnen und
       cher oft auch gegen Widerstände in Rei-      litätssicherung sektorübergreifend ge-       ­Patienten!
       hen der Ökonomen. Die Auswirkungen           staltet sein – eine weitere Neuerung, die
       der Sparmaßnahmen, des Solidarbei-           viel Energie beanspruchen wird!
       trags, des Festhaltens an viel zu gerin-     Ja, der Gesundheitsfonds wird wohl kom-
       gen Lohnsteigerungsraten zeigen sich         men – und vermutlich kein einziges der
       inzwischen in aller Deutlichkeit – und       vorhandenen Probleme in unserem Ge-
       die Auswirkungen für die Zukunft greifen     sundheitssystem lösen. Ich erwarte eher      Dr. med. Ursula Stüwe
       weit über den Bereich „Klinik“ hinaus!       mehr Probleme und besonders einen Zu-        Präsidentin

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9 | 2008 • Hessisches Ärzteblatt
                                                                                                                             Fortbildung

Zertifizierte Fortbildung 2760602008093270009

Implantat-assoziierte Infektionen
in Orthopädie und Unfallchirurgie                                                     Gerhard Walter

Teil 1: Diagnostik

Einleitung
Infektkomplikationen sind nach ortho-
pädischen und unfallchirurgischen Elek-
tiveingriffen insgesamt selten. Bei Hüft-,
Knie- und Schulter-Gelenkersatz ist mit
einer Inzidenz von 1 bis 2 % zu rechnen,
nach der Implantation von Ellenbogen-
oder Sprunggelenk-Endoprothesen tre-
ten sie mit einer Häufigkeit von 3 bis 6 %
auf [1–3]. Andererseits sind offene Frak-
turen am Unterschenkel bei bestimmten
Risikopatienten postoperativ bis zu 40 %
mit tiefen Wundinfektionen belastet
[4,5]. In Zukunft ist infolge der demogra-
phischen Entwicklung und verbesserter        Abb. 1: Pathophysiologie der posttraumatischen Wundinfektion nach Hansis: je stärker der
                                             Wirtsschaden (Ordinate), um so geringer die zur Manifestation erforderliche Keimzahl/Virulenz
Nachweismethoden mit einer ansteigen-        (Abszisse) [6].
den Zahl Fremdkörper-assoziierter Infek-
tionen zu rechnen [6,7]. Bei der Diagnose
und Therapie sind gewisse Besonderhei-       erforderlich. Anschaulich wird dies am             dem langfristigen Überleben früher
ten zu beachten, die im Folgenden vorge-     Modell von Hansis grafisch dargestellt             schnell tödlich verlaufender Krankheiten
stellt werden. Die Behandlung ist stets      (Abbildung 1) [8]. Die effektive Immun-            infolge des allgemeinen medizinischen
langwierig und aufwendig, das Aushei-        kompetenz vor Ort setzt sich aus der               Fortschritts und der aktiven Lebensfüh-
lungsergebnis bleibt oft unbefriedigend.     allgemeinen und lokalen Abwehrlage                 rung vieler Senioren weisen immer mehr
Da die frühzeitige Erkennung entschei-       zusammen. Erstere wird durch vorbe-                Unfallverletzte eine ganze Reihe von
dend für die Prognose ist, soll auf den      stehende Erkrankungen, Alter und Me-               Risikofaktoren auf, die einer komplika-
Symptomenkomplex näher eingegangen           dikamenteneinnahme im Sinne von Risi-              tionslosen Heilung entgegenstehen [9].
werden.                                      kofaktoren bestimmt, letztere resultiert           Diese sind zwar grundsätzlich bekannt,
                                             aus den unmittelbaren Traumafolgen.                ihre klinische Bedeutung wird jedoch un-
Pathophysiologie                             Mit der Überalterung der Bevölkerung,              terschiedlich eingeschätzt [Tabelle 1].
Postoperative und posttraumatische
Knocheninfektionen werden durch eine
Keimkontamination und ereignisbeding-
te Minderung der lokalen und systemi-
schen Körperabwehr verursacht. Der
Verlauf wird maßgeblich durch die An-
zahl und Virulenz der Erreger einerseits
sowie das Ausmaß des Wirtsschadens
andererseits bestimmt. Bei einer schwe-
ren Beeinträchtigung der Immunität be-
darf es nur einer geringen Keimzahl, um
einen Infekt zu manifestieren. Bei intak-
ter Abwehr ist eine massive Inokulation
                                                                                                                                             565
9 | 2008 • Hessisches Ärzteblatt
      Fortbildung

      Tabelle 1: Risikofaktoren für eine periprothetische Infektion (nach McPherson, s. Text)             Biofilm
       Infektionsart                                                                                      Trotz aller Bemühungen um hochsteri-
                       I                                        Frühinfektion (< 4 Wochen)                le Operationssäle ist bei der Primärim-
                       II                                       Hämatogene I.                             plantation von Endoprothesen in über
                       III                                      Spätinfektion (> 4 Wochen)                dreißig Prozent mit einer intraoperativen
       Systemische Risikofaktoren (sRF)                                                                   Kontamination zu rechnen [10]. Damit
                       Chronisch entzündlicher Prozess (Rheumat. Arthritis, Lupus, Psoriasis)             beginnt ein Wettlauf um den Besatz der
                       Immunsuppressiva (Kortikoide, Zytostatika)                                         Oberfläche zwischen körpereigenem Ab-
                       HIV                                                                                wehrsystem und Bakterien. In Abhängig-
                       Niereninsuffizienz                                                                 keit von der Struktur, der Beschichtung,
                       Leberzirrhose                                                                      der Hydrophilie und den antibakteriellen
                       Diabetes                                                                           Eigenschaften des Implantates binden
                       Herzinsuffizienz (< 40 %)                                                          sich die Keime über Adhäsine ihrer Kap-
                       Pulmonale Insuffizienz (paO2 < 60 %)                                               sel an Kunststoffe und Metall. Sie bilden
                       Hypalbuminämie (< 3 g)                                                             dort Kolonien, die durch einen bis zu
                       Metastasierender Prozess                                                           40µm dicken Biofilm vor Antikörpern und
                       Dauerkatheter                                                                      aktivierten Phagozyten geschützt sind
                       Nikotinmissbrauch                                                                  (Abbildung 2) [11–13]. Nach heutigen
                       Alkoholmissbrauch                                                                  Vorstellungen können viele Bakterien
                                                                Leukozyten < 1000                   [C]   von einer planktonischen in eine sessile
                                                                CD4 T Zellen < 100                  [C]   Form wechseln. Während ersterer wei-
                                                                i.v.-Drogenmissbrauch               [C]   sen sie hohe Stoffwechselraten und eine
                                                                chronisch-bakterieller Infekt       [C]   rasche Vermehrung auf. Sie lösen die
                                                                Immundefekt (Dysplasie/Neoplasie)   [C]   Abwehrreaktion des Wirtsorganismus
       Lokale Risikofaktoren (lokRF)                                                                      aus und verursachen somit die klinische
                       Narbenplatte/Hautbrücken                                                           Symptomatik, sind gegenüber Antibioti-
                       Weichteildefekt                                                                    ka (AB) aber gut empfindlich. In der ses-
                       Fistel                                                                             silen Phase wechselt der Phänotypus,
                       Abszess subkutan > 8 cm2                                                           es laufen die biologischen Reaktionen
                       Durchblutungsstörung/venöse Insuffizienz                                           stark verlangsamt ab, die Reproduktion
                       Voroperation wg Fraktur                                                            ist erheblich reduziert. Die Keime sind
                       Bestrahlung                                                                        durch den Schutz des Biofilms teilweise
                       Floride Infektion
                                                                                                          um den Faktor 1.000 unempfindlicher
                       CRPS*
                                                                                                          gegen Antibiotika und es lassen sich
       Infektionsart
                                                                                                          vermehrt resistente Stämme nachwei-
                       I                                        Frühinfektion (< 4 Wochen)
                                                                                                          sen. Eine artübergreifende Weitergabe
                       II                                       Hämatogene I.
                                                                                                          von Resistenzfaktoren wird begünstigt,
                       III                                      Spätinfektion (> 4 Wochen)
                                                                                                          zum Beispiel kann die Unempfindlichkeit
       Systemische Risikofaktoren (sRF)
                                                                                                          gegen Vancomycin von Enterobakterien
                       Chronisch entzündlicher Prozess (Rheumat. Arthritis, Lupus, Psoriasis)
                                                                                                          auf Staphylokokken übertragen werden
                       Immunsuppressiva (Kortikoide, Zytostatika)
                                                                                                          [7,14].
                       HIV
                                                                                                          Implantate werden an ihrer Oberfläche
                       Niereninsuffizienz
                                                                                                          besiedelt, die Bakterien bilden dort
                       Leberzirrhose
                                                                                                          sessile Kolonien, auf die eine lokal ab-
                       Diabetes
                                                                                                          geschwächte Immunkompetenz trifft.
      *CRPS: complex regional pain syndrome, früher M.Sudeck                                              Die körpereigene Abwehr kann nur die
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                                                                                               her als zu Edelstahl und viermal stärker
                                                                                               als zu Polyäthylen [18]. Besonders En-
                                                                                               doprothesen sind daher gefährdet. Es
                                                                                               ist davon auszugehen, dass die Anzahl
                                                                                               infektionsbedingter Lockerungen deut-
                                                                                               lich höher liegt als bisher angenommen,
                                                                                               da Bakterien in ihrer sessilen Phase in
                                                                                               Kulturen nicht wachsen und somit nicht
                                                                                               nachweisbar sind. Vielen als aseptisch
                                                                                               diagnostizierten Implantat-Lockerungen
                                                                                               dürfte daher tatsächlich eine subklinisch
                                                                                               ablaufende Infektion zugrunde liegen,
                                                                                               die nur mit speziellen Verfahren (PCR,
                                                                                               konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie)
                                                                                               erkannt werden kann [13,19].

                                                                                               Einteilung
                                                                                               Die Klassifikation Implantat-assoziierter
Abb. 2: Biofilm, Staphylokokken auf einer Implantatoberfläche, Strichlänge 20 µm
                                                                                               Infektionen ist national und international
                                                                                               uneinheitlich. Bei Endoprothesen scheint
Erreger in der planktonischen Phase               Einige Bakterien, in erster Linie Staphy-    sich die Unterscheidung zwischen frühen
eliminieren und den Infekt subklinisch            lokokken, besitzen in ihrer Zellwand         und späten Infekten durchzusetzen, wo-
halten. Keime in der sessilen Phase ent-          Rezeptoren, die es ihnen ermöglichen,        bei die Grenze vier Wochen postoperativ
ziehen sich ihrem Zugriff. Kommt es zu            an der Oberfläche unterschiedlicher          gezogen wird [20]. Bis zu diesem Zeit-
einer Verschiebung dieses Gleichgewich-           Materialien fest zu haften. Ihre Affinität   punkt ist die Biofilmbildung noch nicht
tes, so breitet sich die Infektion aus und        zu Knochenzement ist fünfzehnmal hö-         abgeschlossen, so dass eine Infektbe-
greift auf das angrenzende Gewebe über.
Es kommt zu einer Infekt-Exazerbation
mit Ausbildung von Abszessen, Fisteln,
Osteitiden und hämatogener Streuung.
Erschwerend kommt hinzu, dass die lo-
kale Immunkompetenz des Organismus
durch die Anwesenheit von Implantaten
drastisch herabsetzt wird. Sowohl das
Design (Hohlnagel versus solider Nagel)
als auch das Material (Edelstahl versus
Titan) beeinflussen die Wirtsreaktion und
sind Gegenstand experimenteller und
klinischer Forschung [15,16]. Bei Tierver-
suchen wurde 1982 die alte chirurgische
und therapeutisch relevante Erfahrung
bestätigt, dass sich die zur Infektmani-
festation erforderliche Keimmenge mas-
siv um den Faktor 105 reduziert, wenn ein
Fremdkörper in das Wundgebiet einge-
bracht wird [17].
                                                                                                                                            567
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      Fortbildung

      herrschung durch ein aggressives chirur-     phylokokken (MRSA) werden vermehrt            Labor­parameter
      gisches Debridement in Verbindung mit        nachgewiesen, sie haben im eigenen            Die Entzündungsparameter Leukozyten,
      einer gezielten Antibiotikatherapie gelin-   Krankengut, das durch viele Zuweisun-         Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und
      gen kann. Ein Implantat erhaltendes Vor-     gen von Patienten mit selektionierten         C-reaktives Protein (CRP) sind unspe-
      gehen ist in diesem Zeitraum also noch       Keimen gekennzeichnet ist, derzeit ei-        zifisch und weisen in der frühen post­
      mit guten Erfolgsaussichten möglich. Al-     nen Anteil von etwa fünfzehn Prozent.         operativen Phase keine hohe Sensitivität
      lerdings ist dann ein rasches Handeln er-    Etwa ein Drittel aller untersuchten Pro-      (richtig-positiv Rate, Anteil der positiv-
      forderlich und die Operationsindikation      ben bleiben steril, obwohl klinisch ein-      Getesteten / tatsächlich-Positive; hier:
      muss dringlich gestellt werden. Später       deutig eine Infektion vorliegt. Als Ursa-     er­höhte Werte sind gleichbedeutend mit
      ist dies nur noch in Ausnahmefällen mög-     che kommen Fehler bei der Entnahme            dem Vorliegen einer Infektion) auf. Auch
      lich, so dass in der Regel die Endopro-      (Abtupf- oder -wisch Präparat, laufende       ihre Spezifität (richtig-negativ Rate, An-
      these ein- oder zweizeitig ausgetauscht      AB-Therapie), Lagerung (kein DIN ge-          teil der negativ-Getestete/tatsächlich-
      werden muss.                                 normtes Transportmedium, Tiefkühltru-         Negative; hier: niedrige Werte schlie-
      Bei infizierten Osteosynthesen ist zu-       he) und Untersuchung (Bebrütungszeit          ßen eine Infektion aus) ist begrenzt und
      sätzlich zwischen stabilen und gelo-         zu kurz) in Betracht.                         geht bei peripheren Eingriffen unter 50
      ckerten Implantaten zu unterscheiden.                                                      Prozent. Die CRP Bestimmung spielt in
      Bei Ersteren kann ein Erhaltungsversuch      Klinik                                        der Praxis noch die größte Rolle, da der
      angezeigt sein, da Chancen für eine In-      Als Faustregel kann gelten, dass die klini-   Spiegel am schnellsten reagiert. Die
      fektberuhigung mit anschließender knö-       sche Symptomatik um so massiver ist, je       Werte steigen in der postoperativen Pha-
      cherner Konsolidierung durch geeignete       früher die Infektkomplikation ausbricht.      se physiologisch bis zum dritten Tag an
      Maßnahmen bestehen. Bei einer insta-         Die Diagnose wird in erster Linie auf-        und fallen dann innerhalb einer Woche in
      bilen Situation muss eine vollständige       grund des körperlichen Untersuchungs-         den Normbereich ab. Ein Wiederanstieg
      Metallentfernung erfolgen und ein Ver-       befundes gestellt. Lokal finden sich die      ist immer suspekt, hinkt jedoch beim
      fahrenswechsel durchgeführt werden.          klassischen Entzündungszeichen: dolor,        Frühinfekt der Klinik hinterher, so dass
      Eine andere Klassifikation richtet sich      rubor, tumor, calor, functio laesa. Ins-      allenfalls in unklaren Fällen die Labordi-
      nach dem Eintrittsweg der Erreger. Un-       besondere die wieder eingeschränkte           agnostik weiter hilft. Immer ist eine Ver-
      terschieden werden eine perioperative        Funktionsfähigkeit einer Gliedmaße und        laufsbeobachtung erforderlich, ein ein-
      Kontamination, eine Infektausbreitung        zunehmende Schmerzen müsse nach               zelner Wert besitzt kaum Aussagekraft.
      per continuitatem, z. B. von einer Wund-     einem chirurgischen Eingriff solange an       Die BSG hat ihre frühere Bedeutung ver-
      randnekrose ausgehend, und eine hä-          eine Infektion denken lassen, bis das Ge-     loren und wird heute nur noch in Ausnah-
      matogene Besiedelung. Letztere spielt        genteil bewiesen ist. Fieber über 38,5°       mefällen bestimmt.
      bei Osteosynthesen jedoch nur eine sehr      und eine persistierende Wundsekretion,
      untergeordnete Rolle. In jedem Fall muss     zu Beginn serös, später purulent, sind        Bildgebende Diagnostik
      die Therapie eine Fokussanierung mit         pathognomonisch.                              Konventionelle Röntgenaufnahmen zei-
      einschließen.                                Die Spätinfektion zeichnet sich dagegen       gen frühestens nach drei bis vier Wochen
                                                   häufig durch auffallend milde Beschwer-       periostale Reaktionen, Osteolysen und
      Keimspektrum                                 den aus. Schmerzen können, müssen             Resorptionszonen. Sie sind somit für die
      Überwiegend werden koagulase-positi-         aber nicht vorhanden sein, Allgemeinre-       Diagnose des frühen Fremdkörper-as-
      ve Staphylokokken (Staph. ­aureus) als       aktionen fehlen in der Regel. Abszesse        soziierten Infektes nicht geeignet, wohl
      Erreger gefunden, gefolgt von koagula-       verursachen zwar zunächst lokale Symp-        aber zum Nachweis der Spätinfektion.
      se-negativen Staphylokokken (Staph.          tome, können dann aber in blande Fis-         Der sorgfältige chronologische Vergleich
      epidermidis) und gram-negativen Kei-         teleiterungen übergehen. Teilweise ma-        erweist sich dabei oft aufwendigeren
      men (Pseudomonas aeruginosa, Entero-         nifestiert sich der Infekt erst durch eine    Verfahren überlegen. Zu beachten sind
      bakterien). In nahezu dreißig Prozent        pathologische Fraktur ohne adäquates          Lysesäume mit einer Breite über 2 mm,
      der Fälle liegt eine polymikrobielle In-     Trauma oder ein Implantatversagen [Ab-        progrediente fokale Aufhellungen des
      fektion vor. Methicillin-resistente Sta-     bildung 3, 4].                                angrenzenden Knochens, Weichteilver-
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                                                                                                                           Fortbildung

                                                                       Abb. 4 Chronisches Schultergelenkempyem mit blander Fisteleiterung.

                                                                       Die Computertomo-       sen, vorausgesetzt es wurden keine fer-
Abb. 3 Frühinfektion nach Hüft-TEP, klassische Entzündungszeichen
mit Sezernation und Spannungsblasen.                                   graphie (CT) zeigt      romagnetischen Implantate eingesetzt
                                                                       unter Umständen         und untersuchungsspezifische Kontrain-
                                                                       genauer als das         dikationen seitens des Patienten (Herz-
kalkungen, Achsenveränderungen und               konventionelle Röntgenbild eine un-           schrittmacher, Insulinpumpe) fehlen. Zur
Implantatdislokationen.                          genügende knöcherne Konsolidierung            Infektionsabklärung sollte Kontrastmittel
Die Sonographie erfasst Flüssigkeitsan-          und periprothetische Osteolysen. Die          verabreicht werden, da sich damit die di-
sammlungen, die in der Umgebung von              Schnittbilder weisen jedoch häufig er-        agnostische Treffsicherheit deutlich er-
Implantaten immer suspekt sind und un-           hebliche, implantatbedingte Artefakte         höhen lässt. Vorangegangene operative
ter aseptischen Kautelen punktiert wer-          auf, der zusätzliche Informationsgewinn       Eingriffe sind mit der hochempfindlichen
den sollten. Sie bietet sich als einfaches       ist eher gering. Die Indikation zur CT im     Methode in Form einer Mehranreicherung
und kostengünstiges Verfahren an und             Rahmen der Abklärung einer Fremdkör-          18 bis 24 Monate später noch nachweis-
eignet sich sehr gut zur Verlaufsdoku-           per-assoziierten Infektion sollte deshalb     bar und bei der Beurteilung zu berück-
mentation.                                       zurückhaltend gestellt werden.                sichtigen, andernfalls falsch positive
Die Drei-Phasen-Skelettszintigraphie mit         Kernspintomographisch lassen sich in-         Infektdiagnosen resultieren [23]. Insbe-
99mTc wird häufig zur Abklärung von              fektbedingte Reaktionen an Knochen            sondere ist die Beurteilung des Mark-
Implantat-assoziierten Infektionen ein-          und Weichteilen wie Ödem, Hyperämie           raumes nach durchgeführter Aufbohrung
gesetzt. Sie weist eine gute Sensitivität        und Abszedierung hervorragend erfas-          ohne Kenntnis des klinischen Befundes
(88 %), aber schlechte Spezifität (30 %)
auf. Der Nachweis einer Implantatlocke-
rung gelingt bei etwa 90 % der Patien-
ten, es kann allerdings nicht zwischen
einer septischen und aseptischen Gene-
se unterschieden werden. Nach operati-
ven Eingriffen am Knochen weist dieser
über zwölf Monate lang eine vermehrte
Nuklidbelegung auf, zementfrei einge-
brachte Endoprothesen führen noch 18
Monate postoperativ zu einer Mehran-
reicherung, sodass die Ergebnisse der
Methode in diesem Zeitraum zur Infekt-
diagnose ohne Berücksichtigung der
Klinik nicht zu verwerten sind [21,22].
                                                                                                                                             569
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      Fortbildung

      nicht möglich, ­weshalb eine enge Koope-    tischen Geschehen. Das Ergebnis liegt        nen gehen trotz aller therapeutischen
      ration zwischen untersuchendem Radio­       im Gegensatz zur mikrobiologischen Un-       Bemühungen in eine chronische post-
      logen und weiterbehandelndem Arzt er-       tersuchung sehr schnell vor, kann diese      traumatische Osteitis über, zehn Prozent
      forderlich ist.                             aber natürlich nicht ersetzen.               aller Endoprothesenträger müssen im
      Zwischen aseptischen und infektions-        Ergibt sich aufgrund des klinischen Be-      weiteren Verlauf mit dem Eintreten einer
      bedingten Störungen der Frakturheilung      fundes oder der Punktion der Verdacht        Infektkomplikation rechnen. Osteosyn-
      zu unterscheiden erlaubt möglicher-         auf eine Implantat-assoziierte Infektion,    thesen nach geschlossenen Frakturen
      weise die Fluor-18-Fluordesoxygluko-        so sollte nach Entnahme der Probe eine       sind mit 1–5 %, nach offenen Knochen-
      se-Positronenemissionstomographie           kalkulierte Antibiotikatherapie eingelei-    brüchen je nach den Begleitverletzungen
      (F-18-FDG-PET). Bisherige Mitteilungen      tet werden. In Unkenntnis des aktuellen      mit 3–40 % betroffen. Nach der Anlage
      weisen bei der Diagnostik der chroni-       Keimspektrums und Antibiogrammes             von externen Fixateuren treten bei etwa
      schen Osteitis auf eine hohe Sensitivi-     richtet sich diese nach dem empirisch        30 % der Patienten leichte, konservativ
      tät und bessere Spezifität der Methode      wahrscheinlichsten Erreger, wobei Un-        behandelbare, 15 % mittelschwere, eine
      im Vergleich zu CT und MRT hin [24]. Im     verträglichkeiten aber auch Nebenwir-        Revision erfordernde und 10 % schwere,
      klinischen Alltag hat sich das Verfah-      kungen und Wirtschaftlichkeit der Me-        zum Verfahrenswechsel führende Infek-
      ren aufgrund der hohen Kosten und be-       dikation berücksichtigt werden sollen.       tionen auf [3,26] [eigene Ergebnisse].
      schränkten Verfügbarkeit bisher noch        Die zu erwartenden Keime hängen zum
      nicht durchgesetzt.                         einen von der vorbehandelnden Klinik
                                                  ab. Jedes Krankenhaus und jede größe-         Die Literaturhinweise finden Sie auf
      Mikrobiologie                               re Abteilung sind gehalten, regelmäßig        unserer Homepage www.laekh.de
      Eine laufende Antibiotikatherapie sollte    das Resistenzmuster ihrer nosokomialen        ­unter „Hessisches Ärzteblatt“
      mindestens vier, einigen Autoren zu Folge   Infekte zu überprüfen, zu aktualisieren
      auch vierzehn Tage vor der Entnahme von     und die Initialtherapie entsprechend an-     Anschrift des Verfassers
      Material zur mikrobiologischen Unter-       zupassen. Zum anderen ist bei positiver      Dr. med. Gerhard Walter
      suchung abgesetzt werden, da andern-        Infektanamnese die Wahrscheinlichkeit        Chefarzt der Abt. Septische Chirurgie
      falls mit falsch negativen Ergebnissen      groß, dass es sich um den früheren Keim      Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik
      gerechnet werden muss. Abwisch- oder        im Sinne eines Rezidives handelt. Es         Frankfurt am Main
      Abtupf-Präparate erbringen seltener als     empfiehlt sich also in jedem Fall, vor der   Friedberger Landstraße 430
      Gewebeproben einen positiven Keim-          Einleitung einer kalkulierten Antibiotika-   60389 Frankfurt am Main
      nachweis, es empfiehlt sich deshalb ein     therapie mit der vorbehandelnden Klinik      Tel.: 069 475-2022
      Exzidat oder Abradat einzusenden. Ober-     Rücksprache zu halten oder den Patien-       Fax: 069 475-4242
      flächliche Abstriche von Fistelöffnungen    ten direkt dort wieder vorzustellen.         E-Mail: gerhard.walter@bgu-frankfurt.de
      repräsentieren in den meisten Fällen die                                                 www.bgu-frankfurt.de
      Hautflora der Umgebung und differieren      Sozio-ökonomische
      im Keimspektrum erheblich im Vergleich      ­Bedeutung und Epidemiologie                  Den Auswertungsbogen für die CME-
      zu intraoperativ entnommenen tiefen Ge-     Statistisch gesicherte Analysen der Kos-      Fortbildung der Landesärztekammer
      webeproben aus dem Herd [21,25–27].         ten von Implantat-assoziierten Infekti-       Hessen finden Sie auf unserer Home-
      Das Punktat aus Gelenken und flüssig-       onen sind aktuell nicht verfügbar. Nast-      page unter der Rubrik Hessisches
      keitsgefüllten Höhlen sollte sowohl auf     Kolb schätzte sie 1991 auf 61.000 DM,         Ärzteblatt (Erläuterung siehe März-
      Bakterien als auch auf Leukozyten un-       Mohr 1996 auf 87.000 DM und Hofmann           Ausgabe, Seite 170).
      tersucht werden. Finden sich mehr als       1997 bereits auf eine Million DM pro
      2.000 weiße Blutkörperchen pro ml, so       Fall. Er ging von 1.000 neuen Erkran-         Einsendeschluss ist der
      ist ein Infektgeschehen wahrscheinlich      kungsfällen pro Jahr aus und errechnete       25. September 2008.
      [26]. Die Bestimmung erlaubt in unklaren    somit Folgeschäden von einer Milliarde
      Situationen eine erste Differenzierung      DM für die Bundesrepublik Deutschland        Teil 2: Therapie erscheint in der No­vem­
      zwischen einem bakteriellen und asep-       [28–30]. Etwa 30 % der akuten Infektio-      ber-Aus­g abe 2008, ebenfalls zertifiziert.
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Literatur

Implantat-assoziierte Infektionen
in Orthopädie und Unfallchirurgie
Teil 1: Diagnose      (Hessisches Ärzteblatt 9/2008, Seite 565)
Teil 2: Therapie      (Hessisches Ärzteblatt 11/2008, Seite 696)

1.   Gschwend N. Present state-of-the-art in el -      14. Stewart PS, Costerton JW. Antibiotic resis -        26. Trampuz A, Zimmerli W. Diagnosis and treat -
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                                                                                                                   Schmidt HGK. Titan-Fixateur-interne-Syste -
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9 | 2008 • Hessisches Ärzteblatt
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                                                                                                                         Fortbildung

Multiple Choice-Fragen zu Teil 1                                               (Nur eine Antwort ist richtig)

??                                           ??                                              ??
   1. Welche Aussage trifft nicht zu?             4. Als Risikofaktor für postoperative           8. Welche Aussage trifft nicht zu?
   Eine kalkulierte antibiotische                 Wundinfektionen gelten:                         Falsch negative Abstrich Ergebnisse
                                             1)   Nikotinabusus.                                  erhält man durch:
   Therapie
                                             2)   Alkoholabusus.                             1)   Lagerung der Proben bis zum Transport
1) ist ein Synonym für Initialtherapie.
                                             3)   Massives Untergewicht.                          im Kühlraum.
2) richtet sich gegen das empirisch zu       4)   Massives Übergewicht.                      2)   Einsendungen von Gewebeproben
   erwartende Keimspektrum.                  5)   Alle Aussagen treffen zu.                       anstelle von Tupfpräparaten.
3) richtet sich kalkuliert gegen die                                                         3)   Ausschließlich mikroskopische

                                             ??
   nachgewiesenen Erreger.                        5. Die Anwesenheit eines Fremdkör-              Untersuchung des Präparates.
                                                  pers in einer Wunde senkt die erforder-    4)   Anzüchtung im Kulturmedium bis zu
4) sollte nebenwirkungsarm sein.
                                                  liche Keimanzahl zum Ausbruch einer             drei Tagen.
5) muss Patienten spezifische Unverträg-          Infektion:                                 5)   Keine Antwort ist richtig.
   lichkeiten berücksichtigen.               1)   um den Faktor 10².

                                                                                             ??
                                             2)   um den Faktor 10³.                              9. Zur Basisdiagnostik der akuten
                                                                                                  Implantat-assoziierten Infektion
??
   2. Unter der Spezifität einer Unter­      3)   um den Faktor 104.
                                             4)   um den Faktor 105.                              gehören:
   suchungsmethode versteht man:
                                             5)   keine Aussage trifft zu.                   1)   MRT, PET.
1) Prozentsatz der richtig positiv getes-
                                                                                             2)   Anamnese, klinischer Befund, CRP,

                                             ??
   teten im Verhältnis zu den tatsächlich         6. Konventionelle Röntgen­auf­nahmen            konventionelles Röntgenbild.
   positiven Merkmalsträgern.                     zeigen Infektions-typische Knochenre-      3)   Szintigraphie.
2) Prozentsatz der richtig negativ getes-         aktionen nach                              4)   Wundabstrich.
   teten im Verhältnis zu den tatsächlich    1)   zwei Wochen.                               5)   Alle Aussagen sind richtig.
                                             2)   vier Wochen.
   negativen Merkmalsträgern.
                                                                                             ??
                                             3)   acht Wochen.                                    10. Implantat-assoziierte Infektionen
3) Prozentsatz der spezifischen                                                                   werden in Zukunft häufiger erwartet, weil
                                             4)   so gut wie nie.
   Merkmalsträger im Verhältnis zum          5)   unmittelbar nach der klinischen            1)   mit zunehmender Verkehrsdichte mehr
   Kollektiv.                                     Manifestation.                                  Patienten ein Polytrauma erleiden.
4) Prozentsatz der spezifischen                                                              2)   der Anteil multimorbider Patienten an

                                             ??
                                                  7. Das Risiko einer tiefen Wundinfek-           Unfallverletzten steigt.
   Merkmalsträger im Verhältnis zu allen
                                                  tion liegt in der elektiven Hüft- und      3)   zunehmend aufwendig konstruierte
   Merkmalsträgern.
                                                  Kniegelenk-Endoprothetik bei                    Implantate eingesetzt werden.
5) Prozentsatz der falsch negativen          1)   Nicht messbar niedrig.                     4)   der Kostendruck im Medizinbetrieb
   getesteten im Verhältnis zu allen         2)   0,1 bis 0,2 %.                                  eine adäquate Versorgung nicht mehr
   negativen Merkmalsträgern.                3)   1 bis 2 %.                                      zulässt.
                                             4)   5 bis 10 %.                                5)   kaum noch neue Antibiotika ent­wickelt
                                             5)   über 10 %.                                      werden.

??
   3. Welche Aussage über Biofilm
   trifft nicht zu?
1) Er schützt Bakterien an der Ober­fläche
   von Implantaten, so dass sie sich
   besonders rasch vermehren können.
2) Er scheint eine vermehrte Resis-
   tenzbildung und artübergreifende
   Weitergabe von Resistenzfaktoren zu
   begünstigen.
3) Körpereigene Abwehrzellen können
   Biofilme schlecht durchdringen.
4) Er wird von Schleim bildenden
   Bakterien bevorzugt an der Oberfläche
   von Implantaten gebildet.
5) Antibiotika können Biofilme schlecht
   durchdringen.
                                                                                                                                              571
9 | 2008 • Hessisches Ärzteblatt
      Fortbildung

      Medizinisches Zahlenrätsel

                                                                   1        2        3         4         1     5    6       7         4         8         3    9   7    2        10        2        1
      Postoperative Temperaturerhöhung
      durch pyrogene Eiweiße ausgelöst
                                                                   11       12       3         4         2     13   2       14        5         15    16       2   11   14       4         8        2
      Schwere Wundinfektion mit charakteristischer
      Gasbildung durch Clostridien ausgelöst
                                                                   14       7        16        17        10    1    12      8         13        7         8    9   2    18       6         7        4   8
      Bacillus anthracis Erkrankung

                                                                   12       10       3         17        2     3    3       13        1         12        7    8   12   11       2
      Operative Therapie einer lokalen
      eitrigen Entzündung
                                                                   18       4        8         6         12   14    7       8         12        6         7    4   8
      Verunreinigung des Wundgebietes

                                                                   19       12       18        20     20      14    19      2         1         10    12       8   13
      Luftleere Wundauflage

                                                                   5        2        1         7         6     4    8       7         6         7         3
      Lebensbedrohliche Entzündung des Bauchraumes

                                                                   5        21       4         13        2     1    14      7         2
      Eitrige Infektion der Haut

                                                                   8        2        18        1         4     3    2       18        6         4     14       7   2
      Entfernung von totem Gewebe im Bereich einer Wunde

                                                                   12       5        5         2         8     13   7       17        7         6         7    3
      Häufigste Ursache des akuten Abdomens
      im Jugendalter
                                                                   22       20       8         13        12   10    3       6         1         7     23      15
      Entnahme von Untersuchungsmaterial im Bereich einer
      verletzten Hautstelle

      Buchstabenschlüssel
        1      2      3       4       5   6      7         8       9         10           11        12        13    14       15            16        17       18   19    20           21       22       23

      Lösungswort
       12      8      12       3      6    4     14            4        3        2         8         7         8        3        20         9         9       7    17        7        2        8        17

                                                                                                   Anzeige

572
9 | 2008 • Hessisches Ärzteblatt
                                                                                                                     Fortbildung

Maßnahmen zur Optimierung
des Verbrauchs von Blutkomponenten
bei ausgewählten operativen Eingriffen
in österreichischen Krankenanstalten H. Gombotz*, P. H. Rehak**, A. Hofmann***
Einleitung                                      fall- und Rezidiv-Operationen, Patienten/   Als eine wesentliche Studienvariab-
Ziel der mit öffentlichen Mitteln finan-        innen mit manifesten Gerinnungsstö-         le wurde der kalkulierte perioperative
zierten Feldstudie „Maßnahmen zur Op-           rungen sowie mit Begleiteingriffen (z. B.   Blutverlust gewählt. Der perioperative
timierung des Verbrauchs von Blutkom-           ACBG mit Klappenersatz) wurden nicht        Blutverlust geht in der Regel der Trans-
ponenten bei ausgewählten operativen            eingeschlossen. Um einen repräsentati-      fusion von Blutprodukten voraus und
Eingriffen in österreichischen Krankenan-       ven Datensatz des jeweiligen Zentrums       ist nicht nur ein Maß für blutsparendes
stalten“ war eine Erhebung und ein inter-       zu erhalten, war für die Erhebung der       Operieren und die Anwendung blutspa-
institutioneller Vergleich von Blutverlust      konsekutive Einschluss der Operationen      render Methoden, sondern auch für das
und von Verbrauch an Blutkomponenten            eine zentrale Forderung.                    perioperative Anämierisiko der einzelnen
bei elektiven Operationen. Studienzen-          Die Übermittlung der Daten erfolgte         Patienten/innen. Der perioperative Blut-
tren waren österreichische Fonds-Kran-          durch Ärztinnen und Ärzte des jeweiligen    verlust kann heute verlässlich berechnet
kenanstalten mit unterschiedlichem Ver-         Zentrums über ein Web-basiertes Daten-      werden und beinhaltet im Gegensatz zu
sorgungsauftrag.                                system. Die Daten wurden vollständig        bisherigen empirischen Schätzungen
                                                anonymisiert erfasst, d. h. eine Rück-      auch die Blutergüsse in den Geweben.
Studiendesign                                   verfolgung auf einzelne Patienten/innen     Es zeigte sich, dass der geschätzte Blut-
Die Auswahl der teilnehmenden Kran-             konnte nur durch die jeweiligen Studien-    verlust lediglich etwa die Hälfte des be-
kenanstalten erfolgte in einem nach             ärztinnen oder Studienärzte vorgenom-       rechneten Blutverlustes beträgt. Wie in
Regionen stratifiziertem Randomisie-            men werden. Eine Patienten/inneneinwil-     anderen Untersuchungen war die zen-
rungsverfahren, um eine österreichweite         ligung war daher nicht erforderlich (§ 46   trumsspezifische Variabilität in Anzahl
Aussage treffen zu können. Auswahlkri-          Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000). Das         und Menge der transfundierten Eigen-
terien für die untersuchten chirurgischen       Monitoring der erhobenen Daten erfolgte     und Fremdblutprodukte eine weitere
Eingriffe waren Operationen mit bekann-         sowohl Online über das Internet als auch    Hauptvariable. Um die Vergleichbarkeit
termaßen hohem Transfusionsbedarf,              durch mindestens zwei Studienvisiten        der Zentren zu verbessern, wurde auch
mit hoher Fallzahl (basierend auf Zahlen        pro Zentrum durch eine unabhängige          der durchschnittliche Gehalt an roten
des Bundesministeriums für Gesund-              ­Organisation.                              Blutkörperchen der Blutkonserven der
heit und Frauen aus dem Jahre 2001),
sowie mit vergleichbarem chirurgischen
Vorgehen: totale einseitige primäre Im-
plantation einer Hüftendoprothese bei
Verwendung zementierter als auch nicht-
zementierter Prothesen, einseitige pri-
märe, unzementierte Implantation einer
Knie­gelenk­endo­prothese, aortokoronare
Bypass-Operation und Hemikolektomie.
Patienten/innen jünger als 18 Jahre, Not-

* Abteilung für Anästhesiologie und Intensiv­
medizin, Allgemeines Krankenhaus Linz
** Forschungseinheit für Medizinische Technik
und Datenverarbeitung, Universitätsklinik für
Chirurgie, Medizinische Universität Graz
*** Medical Society for Blood Management
Laxenburg, Austria

                                                                                                                                        573
9 | 2008 • Hessisches Ärzteblatt
      Fortbildung

                                            Mittleres verlorenes Ery-Volumen (relativ)                                                 Anteil der transfundierten Patient/inn/en

                                  50                                                                                           90%

                                                                                                                               80%
                                  40                                                                                           70%
       % circulating RBC volume

                                                                                                                               60%

                                                                                                               % of patients
                                  30
                                                                                                                               50%

                                                                                                                               40%
                                  20
                                                                                                                               30%

                                  10                                                                                           20%

                                                                                                                               10%

                                  0                                                                                            0%
                                       13   15   9   12   11   1   3   5   6    16   2   7   4   10   8   14                         15 16 12 13   3   9   6   2   11   7   1   4   14   8   5   10
                                                                       Center                                                                                  Center

      Abb. 1: Variabilität von perioperativem Blutverlust und Transfusionsaufkommen zwischen einzelnen Zentren

      für das jeweilige Zentrum zuständigen                                          gleichbarkeitsgründen gewählte Aus-                           geringer, entsprach jedoch immer noch
      Transfusionseinheit zur Berechnung ver-                                        schlusskriterium „Begleiteingriffe“ nur                       einem F­ aktor 2.
      wendet. Ein weiterer wichtiger Punkt war                                       zu einer zu geringen Anzahl dokumen-                          Die Verabreichung von Ery-Konzentraten
      die Bereitstellungspraxis der Blutderiva-                                      tierter Fälle führte, ergab sich sowohl in                    war hoch signifikant positiv assoziiert
      te sowie das Verhältnis ausgekreuzter                                          Bezug auf die regionale Verteilung als                        mit dem relativen perioperativ verlore-
      und bereitgestellter Fremdbluteinheiten                                        auch auf die Aufteilung auf die Kranken-                      nen Ery-Volumen (in % des präoperativ
      zur Anzahl der tatsächlich transfundier-                                       anstaltenkategorien ein ausgewogenes,                         zirkulierenden Ery-Volumens) und dem
      ten Erythrozytenkonzentrate.                                                   repräsentatives Bild der betrachteten                         minimalen postoperativen Hämoglobin-
      Der Prozentsatz der Patienten/innen,                                           Standardeingriffe in Österreich. Hemi-                        wert, der als eine „Surrogat“-Variable
      die bereits präoperativ eine Anämie un-                                        kolektomien wurden auch wegen der zu                          für den „Transfusionstrigger“, d. h. den
      terschiedlichen Ausmaßes hatten, wur-                                          geringen Fallzahl nicht weiter analysiert.                    Hämoglobinwert, bei dem die jeweilige
      de ebenfalls erfasst. Weitere Variable                                         Die Analyse hinsichtlich regionaler Un-                       Transfusion ausgelöst wurde, angese-
      waren relevante Begleitmedikation, In-                                         terschiede und allfälliger Unterschiede                       hen werden kann. Eine hoch signifikante
      tensiv- und Spitalsaufenthalt sowie die                                        zwischen den Krankenanstaltenkatego-                          negative Assoziation ergab sich für den
      Mortalität.                                                                    rien ergab für keine der wesentlichen                         präoperativen Hämoglobinwert, d. h., je
                                                                                     Studienvariablen einen signifikanten                          höher der präoperative Hämoglobinwert,
      Ergebnisse                                                                     Effekt, wohl aber zeigten sich zum Teil                       desto seltener wurde Ery-Konzentrate
      Zwischen 16. April 2004 und 10. Janu-                                          erhebliche Unterschiede zwischen den                          verabreicht. Die logistischen Regressi-
      ar 2005 wurden 3.622 auswertbare                                               einzelnen Zentren.                                            onsmodelle konnten mittels dieser drei
      Operationen in insgesamt 18 Zentren                                            So gibt es ein Zentrum, in dem bei Hüft-                      Variablen über 95 % der Fälle hinsichtlich
      dokumentiert: 1.401 totale Hüftendo-                                           und Kniegelenkendoprothesen nur jede                          einer Ery-Konzentratgabe korrekt klassi-
      prothesen (HTEP) und 1.296 Knie­gelenk­                                        siebte Patientin Ery-Konzentrate erhielt,                     fizieren, was einer nahezu vollständigen
      endo­prothesen (KTEP) in jeweils 16                                            während sich am anderen Ende der Skala                        Determination entspricht.
      Zentren, 777 aortokoronare Bypass-                                             ein Zentrum befindet, in dem sechs von                        Eine Klassifikation des präoperativen Hä-
      Operationen (ACBG) in sechs Zentren,                                           sieben Patienten/innen Ery-Konzent-                           moglobinwertes nach der Anämie-Defini-
      sowie 148 Hemikolektomien in elf Zen-                                          rate erhielten, also sechs Mal häufiger                       tion der WHO aus dem Jahre 2001 ergab
      tren. Abgesehen von der Eingriffsart                                           (Abb. 1). Bei der aortokoronaren By­pass­                     für Hüft- und Kniegelenkendoprothesen
      „Hemikolektomie“, bei der das aus Ver-                                         chi­rur­gie (ACBG) war die Spannweite                         einen Prozentsatz von 3 % bis 28 %, für
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9 | 2008 • Hessisches Ärzteblatt
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ACBG 13 % bis 33 % präoperativ anämi-
scher Patientinnen. Diese Patienten er-
hielten doppelt soviel Bluttransfusionen
wie nicht anämische Patienten, da sie
präoperativ nicht behandelt wurden.
Das relative verlorene Ery-Volumen
(= operativer Blutverlust) lag bei Hüft-
und Kniegelenkendoprothesen zwischen
25 % und 50 % des zirkulierenden Volu-
mens, bei ACBG zwischen 30 % und 60 %
(Zentrumsmittelwerte). In multiplen Re-
gressionsanalysen zeigten sich mit zahl-
reichen Variablen signifikante Zusam-
menhänge, wie z. B. Cell Saver Einsatz,
Alter, Geschlecht, Body Mass Index,
Narkoseart und OP-Dauer. Die Modelle         Abb. 2: Prozentsatz gekreuzter und tatsächlich transfundierter Erythrozytenkonserven
konnten jedoch nur 10–20 % der beob-
achteten Variabilität erklären, so dass
offenbar weitere Variable Einfluss auf       Kommentar                                            marker) weist auf einen viel zu liberalen
das verlorene Ery-Volumen haben, die         • Die hohe Variabilität im berechneten               Umgang bei der Indikationsstellung zur
nicht Gegenstand dieser Erhebung waren         perioperativen Blutverlust lässt auf               Bluttransfusion hin. Die durchschnitt-
(z. B. chirurg. Technik). In der Subgruppe     unterschiedliche chirurgische Technik              lich angewandten „Transfusionstrig-
der Patienten/innen, die Ery-Konzentrate       in einzelnen Zentren schließen.                    ger“ (Hämoglobinwerte, bei denen
erhielten, war die Menge der transfun-       • Die hohe Variabilität zwischen einzel-             die Transfusionen ausgelöst wurden)
dierten Erythrozyten wiederum hoch             nen Zentren im Fremdblutverbrauch                  lagen je nach Zentrum zwischen 7,2
signifikant positiv assoziiert mit dem         weist auf extrem unterschiedliches                 und 10,6 g/dl. Das bedeutet, dass in
relativen perioperativ verlorenen Ery-         Transfusionsverhalten hin. Die ver-                einigen Häusern Transfusionen viel zu
Volumen und dem minimalen postope-             gleichbare Komplikationsrate zwischen              früh ausgelöst werden und damit eine
rativen Hämoglobinwert, sowie negativ          den Zentren verbunden mit einem ho-                große Anzahl nicht notwendiger Kon-
mit dem präoperativen Hämoglobinwert.          hen Transfusionstrigger (niedrigste ge-            serven verbraucht wird. 5 % der trans-
Die entsprechenden multiplen Regressi-         messene Hämoglobinwert als Surrogat-               fundierten Patienten und Patientinnen
onsmodelle konnten zwischen 82 % und
98 % der Variabilität des transfundierten
Ery-Volumens erklären.
Die Analyse der Bereitstellungspraxis
ergab, dass von insgesamt 8.895 für
die in der Erhebung dokumentierten
Operationen bereitgestellten Ery-Kon-
zentraten 2.810 (32 %) auch verabreicht
wurden. Darüber hinaus wurden 1.113
zusätzliche – ursprünglich nicht bereit-
gestellte – Ery-Konzentrate gegeben.
Es wurden also insgesamt 10.008 Ery-
Konzentrate getestet, von denen ledig-
lich 3.923 (39 %) verabreicht wurden
(Abb. 2).
                                                                                                                                              575
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