I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn

Die Seite wird erstellt Dustin Thiele
 
WEITER LESEN
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
I/22

       www.klangraum-kirche.de
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
Liebe Musikfreunde, liebe Freunde der Kirchenmusik,

 © Erzbistum Paderborn

mit der ersten von mir verantworteten Ausgabe der
kirchenmusikalischen Mitteilungen möchte ich mich Ihnen
vorstellen. Geboren 1977 in Bochum, studierte ich 1999-2005
an der Folkwang-Hochschule Essen Kirchenmusik, Orgel und
Komposition. Danach war ich knapp 15 Jahre Organist an der
Kunst-Station Sankt Peter in Köln. Dort habe ich mich in erster
Linie mit zeitgenössischer Musik befasst. Zudem habe ich
einige Konzerte und Festivals organisiert.

So war es mir eine große Freude, direkt nach meinem
Stellenantritt die erste Internationale Orgelwoche im Erzbistum
Paderborn erleben zu dürfen, die von den hochkarätigen
Interpreten Ben van Oosten, Léon Berben, Tomasz Adam Nowak
und Olivier Latry gestaltet wurde. Zu dieser Orgelwoche habe
ich einige Gedanken in einem ersten Blickpunkt beigesteuert.

Mit einem zweiten Blickpunkt wendet sich Prof. Brenk dem
langjährigen Wirken meines Vorgängers Prof. Paul Thissen zu,
der im Spätsommer in den Ruhestand verabschiedet wurde. Seit
1987 war Prof. Thissen über 30 Jahre im Erzbistum Paderborn
Ansprechpartner in allen kirchenmusikalischen Fragen und
Koordinator der überpfarrlichen Arbeit der Dekanatskirchen-
musiker.

Ich wünsche Ihnen schöne Festtage und einen guten und
musikalischen Start ins neue Jahr. Mit herzlichem Dank für
Ihren Dienst und mit freundlichen Grüßen,

Dominik Susteck
Leiter des Fachbereichs Kirchenmusik
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
Im Blickpunkt I und II          2

Literaturhinweise               14

Berichte und Nachrichten        35

Orgeln                          50

Termine                         58

Weiterbildungsveranstaltungen   72

Anschriften                     76

Ohrenöffner                     79
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
Im Blickpunkt I                      neu interpretiert wird, wenn die
                                                     junge Generation die Musik auf
Im Blickpunkt

                                                     ihre Weise versteht und zum Le-
                Danke für die erste                  ben erweckt. Sonst bleiben die
                Internationale                       Noten stumm, stehen im Archiv
                Orgelwoche                           oder im Regal. Musik muss im-
                                                     mer wieder neu eingeübt und
                                                     verstanden werden. So werden
                                 Dominik Susteck     schwere Noten irgendwann leicht
                                                     und frisch, werden Kompositio-
                Die 1. Internationale Orgelwoche     nen, die teils hunderte Jahre alt
                im Erzbistum Paderborn hat be-       sind, im gegenwärtigen Moment
                geistert: 11 Konzerte, 5 Kursta-     lebendig und können von uns als
                ge, 4 Dozenten und Interpreten       Hörern immer wieder neu erfah-
                von internationalem Rang, Olivier    ren werden.
                Latry, Ben van Oosten, Leon Ber-     Insofern kann Kultur nur leben
                ben und Tomasz Adam Nowak            und überleben, wenn sie weiter-
                und ca. 50 Teilnehmer aus ganz       gegeben wird, mehr noch, wenn
                Europa.                              sie in jedem Einzelnen, ob Hörer,
                Ein herzlicher Dank gilt ebenfalls   Spieler oder Schöpfer, neu ent-
                den Initiatoren, die die Woche       steht.
                geplant und begleitet haben, den     Jeder Interpret muss die Musik
                DKM Johannes Krutmann aus            quasi für sich verstehen, für sich
                Hamm, Harald Gokus aus Rheda         zu einer Bedeutung bringen,
                und Ralf Borghoff aus Erwitte.       ähnlich einem Schauspieler, der
                Ebenfalls danke ich dem nun          einen Text nur dann verständlich
                emeritierten Prof. Dr. Paul This-    sprechen kann, wenn er den Sinn
                sen, der sich im Vorfeld sehr für    dahinter erfasst.
                die Orgelwoche eingesetzt hat,       Und so bin ich dankbar über die
                sowie dem externen Partner Mi-       Entwicklung von Kultur, wo neue
                chael Grüber. Auch Maximilian        Ideen der Interpretation entste-
                Schnaus aus Berlin sei herzlich      hen. Wenn man die letzten Jahr-
                für sein Zusatzkonzert innerhalb     zehnte anschaut, sieht man diese
                der Orgelnacht in Hamm ge-           Entwicklung beispielsweise im
                dankt.                               Aufkommen der historischen
                Musik kann nur leben, wenn sie
                2
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
mentieren.
                                       Der Raum ist da, aber können wir

                                                                                Im Blickpunkt
                                       ihn füllen?
                                       Meinen persönlichen Zugang zur
                                       Orgel fand ich 1990 mit 13 Jah-
                                       ren während der Messe in meiner
                                       Heimatgemeinde St. Marien Bo-
                                       chum-Stiepel. Und so, denke ich,
                                       hat jeder Kursteilnehmer und In-
                                       terpret das faszinierende Instru-
                                       ment auf seine Weise kennenge-
                                       lernt, oft als Kind, sei es über die
                                       eindrucksvolle Musik oder die
                                       faszinierende Technik. Jeder hat
                                       viele hundert Stunden des Übens
                                       mit dem Instrument verbracht,
                                       um die Musik lebendig werden
 Orgel in Ostönnen © Dominik Susteck
                                       zu lassen.
                                       Leider geht das Interesse am In-
und historisch-informierten            strument Orgel bei jungen Leu-
Aufführungspraxis, die sich            ten einerseits zurück. Die Orgel-
deutlich von der Interpretation        woche hat andererseits gezeigt,
der 50er und 60er Jahre des            dass ein unglaubliches Engage-
letzten Jahrhunderts unterschei-       ment sowie eine hohe Spielkunst
det. Oder in neuen Orgeln, neuen       unter den jungen Organistinnen
Registrierungen, immer auf der         und Organisten besteht. Deshalb
Suche, die Musik adäquat leben-        habe ich keine Zweifel daran,
dig werden zu lassen. Oder wenn        dass wir diese Geistesbewegung
neue, bisher nicht gehörte Im-         der Erneuerung auch weiterhin in
provisationen oder Kompositio-         die Zukunft tragen.
nen entstehen. Im Buch Jesaja
heißt es: Gott macht alles neu. In     Der Text bildete die Grundlage für
dieser Atmosphäre, im Geist der        die Einführung zum Konzert am
Orgelwoche, entsteht Raum für          15.10.21 in Rheda.
dieses Neue, für das Ausprobie-
ren, Interpretieren und Experi-
                                                                            3
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
Im Blickpunkt

                Internationale Orgelwoche, Kurs Berben, am 12.11.2021 in
                Erwitte, © Ralf Borghoff

                (v.l.): Msg. Bernhard Schröder, Dr. Annegret Meyer,
                Prof. Dr. Paul Thissen, Prof. Dr. Markus Brenk und Domorganist
                Tobias Aehlig. © Maria Aßhauer/Erzbistum Paderborn
                4
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
Im Blickpunkt II                     theatralisch äußerlich und in
                                     höchstem Maße unverständlich

                                                                           Im Blickpunkt
                                     sei. Es brächte nichts Inneres
Zur Verabschiedung von               mehr in Bewegung, hätte nicht
Prof. Dr. Paul Thissen               einmal konfrontativ zu tun mit
                                     dem eigenen Leben, es müsse
Mittwoch, 7.7.21,                    schleunigst ersetzt, neu erfun-
Hoher Dom zu Paderborn               den, neu konstruiert werden.
                                     In einem Artikel einer Ausgabe
           Prof. Dr. Markus Brenk    der Zeitschrift „Magazin für
                                     Theologie und Ästhetik“ aus dem
Liebe anlässlich der Verabschie-     Jahre 2001, also vor etwa 20 Jah-
dung von Prof. Dr. Paul Thissen      ren, heißt es zum Verhältnis
versammelte Gemeinde hier im         Neuer geistlicher Musik und Li-
Hohen Dom zu Paderborn, lieber       turgie:
Paul,                                „ʻGeistliche Musik stellt sich auf-
je nachdem, mit welcher Grup-        grund der geschichtlichen Ent-
pierung man in unserer derzeit       wicklung als in jeder Hinsicht
stark polarisierten Kirche zu tun    völlig unabhängig von der Litur-
hat, so hört man von einer Seite,    gie dar, sie ist der Liturgie ent-
dass durch die Liturgie und die      wachsen. Es wäre falsch und
ihr zugeordnete Musik, die man       auch vergeblich, sie zurückholen
sich für sich selbst oft außerhalb   zu wollen. Nicht eine Integration
des Angebotes vor Ort ausge-         zeitgenössischer Kunst in die al-
sucht hat, in unvergleichlicher      ten liturgischen Rituale wäre ge-
Weise tiefer in das Geheimnis        fordert (oder gar die Produktion
des Glaubens eingeführt wird         neuer Kunstwerke für liturgische
und dass jene innere Berührung       Zwecke), sondern eine Neudefi-
stattfindet, die über das be-        nition der Zeichen und der
grenzte Menschsein hinaus in die     Grundformen der Liturgie aus
Weite des Himmels führt. Von         den Erfahrungen heraus, welche
anderer Seite heißt es, dass das,    die radikale Kunst unseres Jahr-
‚was sich dort vorne abspieltʻ, so   hunderts mit Zeichen und Form
häufig die entsprechende For-        gemacht hat. Man möchte die
mulierung, kalt lasse, lediglich     heutige Situation als 'postlitur-

                                                                      5
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
gisch' bezeichnen, in dem Sinn,      Nr. 3, Anm. Brenk) von Dieter
                dass unsre Zeit eine Alternative     Schnebel.
Im Blickpunkt

                zu der umfassend entfalteten,        Vor 20 Jahren bemerkte der ehe-
                strahlend klaren alten Liturgie      malige Landeskirchenrat von Kur-
                braucht: etwas Dunkles, Frag-        hessen-Waldeck Klaus Röhring,
                mentarisches, Offenes. Die Li-       Experte für Neue geistliche Musik
                turgie kann nur aus so etwas wie     und Liturgie, zu dieser Frage:
                einem neuen Katakombenbe-            „Doch könnte es nicht auch ganz
                wusstsein wiedergeboren wer-         anders sein? Lebt die Liturgie des
                den.ʻ“1                              christlichen Gottesdienstes nicht
                In dieser Perspektive, man merkt     eben von dieser Spannung der al-
                sogleich, dass sie nicht der tra-    ten Rituale und der Neuen Musik,
                dierten katholischen Perspektive     und der aus ihr entwachsenen
                auf Liturgie folgt, sondern pro-     geistlichen Musik? Existiert sie
                testantisch gerahmt ist, sind die    nicht aus dieser Spannung von
                alten Rituale zwar "strahlend        Tradition und Gegenwart, von
                klar", aber nur noch „historisch“,   Festgefügtem und Offenem? Will
                „ästhetisch“, ein „Sediment der      sie nicht gerade diese immer wie-
                Geschichte“ und „vergangen“.2        der neu zum Ausdruck bringen,
                „Sie sind aufgehoben im Sinn         nicht um sie nur zu reproduzie-
                von aufbewahrt und beseitigt,        ren oder jeweils neu zu produzie-
                nicht im dritten Sinn dieses         ren, sondern um sie jeweils neu
                Wortes, wie Hegel es dachte, auf     zu redigieren (…)? Ist sie nicht ei-
                eine andere Stufe gehoben und        gentlich erst in diesem Sinn ein
                somit neu gültig.“3 „‚Postlitur-     ‚Spannungsfeldʻ? Wird sie nicht
                gischʻ sei unsere Situation, der-    darum und deswegen immer wie-
                jenigen in den Katakomben ver-       der-holt?“5
                gleichbar. Die ‚Übung der            Das war vor 20 Jahren, wo stehen
                schweigenden Meditationʻ wäre        wir heute? Ist dies auch gegen-
                als Alternative uns angemes-         wärtig Ausdruck eines „elitären
                sen,“4 so schrieb jedenfalls Hans    Diskurses“, wie man oft hört,
                Zender im Zusammenhang mit           wenn etwas - auch in der Kirche
                einer Diskussion über den mög-       - nicht einfach mit unproblemati-
                lichen Ort der „Missa brevis“ (es    schem Konsumieren, nicht mit
                handelt sich um die Missa brevis     Wellness, sondern mit Anspruch,

                6
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
Überwindung, mit (Ver-)Antwor-     lungs- und Appellationselemente
ten, vielleicht sogar auch mit     eine große Rolle. Diese Verbin-

                                                                          Im Blickpunkt
Entäußerung verbunden ist? Dies    dung von Musikpraxis und theo-
sind bekannte Insignien des        logisch inspirierter Reflexion über
geistlichen Wachstums und es       Musik ist nicht nur in einem be-
sind beinahe soteriologische Ka-   sonderen Maße musikalisch, son-
tegorien, die hier angesprochen    dern auch allgemein bildend und
werden. Aber sind sie in diesem    erziehend. Sie ist unter dem As-
Kontext, über den ich hier spre-   pekt der Pastoral von hoher spiri-
che, passend?                      tueller Bedeutung. Im Verbund
Ich kann all diese Diskrepanzen    mit den verschiedenen Ebenen
nicht theologisch auflösen oder    der religiösen und liturgischen
transformieren, dazu fehlt mir     Bildung in der Domsingschule
die entsprechende Kompetenz        birgt sie ein hohes identitätsstif-
und Zuständigkeit. Aber ich        tendes Potential.“6
möchte in dieser Ansprache als     In dieser Spur, die damals gelegt
Bildungswissenschaftler und        wurde und m.E. als pädagogisch-
Musikpädagoge, der auch die        theoretische Vorgabe sehr ernst
religiöse Entwicklungsdimension    genommen werden sollte, kann
einzuschließen sucht, einen um-    ich hier kaum etwas anderes tun
fassenderen Kontext in den Blick   als ein Plädoyer für einen institu-
nehmen und eine Fundstelle aus     tionell umfassenderen Bildungs-
einem Statement anführen, das      anspruch formulieren, so ungele-
im Zusammenhang mit dem            gen er auch kommen mag: Mir
Aufbau der neu zu errichtenden     scheint seit langer Zeit, dass Äs-
Domsingschule Paderborn im         thetische Bildung, die im Rahmen
Jahre 2017 erarbeitet wurde.       allgemeiner Bildung dezidiert re-
Hier heißt es mit Bezug auf Bil-   ligiöse Bildung, d. h. auch liturgi-
dungsprozesse im Bereich der       sche Bildung einschließt, hier eine
Kirchenmusik: „Da Kirchenmu-       Rolle zu spielen hat, sofern man
sik, wie alle Kunstformen, immer   die grundlegenden pädagogi-
Bezug zur Glaubenslehre und        schen Ziele, die z. B. in der Kon-
zum Glaubensleben hat, spielen     zilsschrift „Gravissimum Educati-
exegetische Auslegungen musi-      onis“ als Synthese von Glaube
kalischer Ausdrucks-, Darstel-     und Leben sowie von Glaube und

                                                                     7
I/22 - www.klangraum-kirche.de - Erzbistum Paderborn
Kultur im Rahmen des „progetto      gier und Aufgeschlossenheit, Be-
                educativo“ gefasst wurde, weiter    reitschaft zum Aufbrechen er-
Im Blickpunkt

                verfolgen möchte.                   starrter Muster der Wahrneh-
                Ästhetische Bildung wäre in die-    mung, Reflexion und ästhetische
                ser Perspektive kein Ersatz für     Erfahrung verbinden wollen, Ge-
                religiöse Bildung, sondern ein      genstände auch nichtinstrumen-
                Aufgabenfeld, welches die Vor-      tell betrachten, Glaubensinhalte
                aussetzungen herzustellen ver-      und Glaubensausdruck in Bil-
                sucht, dass künstlerisch inkar-     dern, auch musikalischen Bil-
                nierte Theologie und                dern, aufnehmen wollen. Inso-
                Glaubensaussagen besser ver-        fern lässt sich ästhetische
                standen werden könnten, auch        Erfahrung als „Erfahrung über-
                dass sie besser ans Gemüt drin-     haupt“ fassen, als den Menschen
                gen können. Die Akte des Glau-      grundlegend verwandelnde Er-
                bens als ein ergriffenes und zu     fahrung.
                pflegendes göttliches Geschenk      Es ginge damit erneut um Voka-
                können hier eine Mitwirkung,        bularaufbau in einer Kampagne
                eine Hilfe erhalten, manchmal       der nicht nur ästhetischen Al-
                auch eine Initialzündung, wie die   phabetisierung, wie der Erzie-
                vielen Hinweise auf das Aufge-      hungswissenschaftler Klaus Mol-
                schlossen werden durch künstle-     lenhauer das Programm einer
                rische Gattungen, Werke und         erneuerten Ästhetischen Erzie-
                Aussagen, was jeder von uns         hung vor etwa 30 Jahren formu-
                vielleicht schon einmal mitbe-      lierte,7 um die Erschließung von
                kommen oder auch selbst zum         Öffnungsmöglichkeiten zu dem,
                Lobpreis verwendet hat, zeigen      was über das Diesseitige, der
                oder die zum Glauben gekom-         Welt Immanente hinaus geht.
                menen Menschen erzählen.            Dazu kann nicht nur ästhetisch
                Es handelt sich um ein an-          Neuartiges, Explorierendes, son-
                spruchsvolles Programm, das auf     dern auch Altes neu besehen,
                mehreren Ebenen angesiedelt ist,    behört und bedacht werden, um
                um eine in den Menschen hinein      dessen spirituelle Kraft mittels
                greifende Kraft zu entfalten, die   Wahrnehmung und Erfahrung
                in einer Haltung münden kann:       wirksam werden zu lassen. Wie
                Dem Inneren Raum geben, Neu-        viel von dem, was an lebendiger

                8
Ur-Geformtheit im sog. gregori-      „Missa Solemnis“ von Ludwig van
anischen Choral steckt, kann die     Beethoven in eindringlicher Wei-

                                                                           Im Blickpunkt
Erschließung von melodischen         se und sehr überzeugend auf-
Alpha-, Beta- und weiteren Vari-     zeigt. Auch dieser als nicht mehr
anten der auf ihn folgenden mu-      liturgisch gebunden betrachteten
sikalischen Strukturen in der        Musik sind zentrale Elemente des
späteren Musikgeschichte wahr-       Glaubens sehr minutiös einge-
nehmbar werden lassen. So wäre       schrieben. Sie basieren auf einem
auch mein Blickwinkel im Hin-        vielschichtigen Vokabularium, so
blick auf die eingangs aufgewor-     z.B. die große Fuge zum Text-
fene Frage nach scheinbar Veral-     ausschnitt „et vitam venturi sae-
tetem und stets neu zu               culi“ als auf das ewige Leben, auf
Produzierendem ausgerichtet.         das „Leben in der kommenden
Ich möchte deshalb zur Vorsicht      Welt“10 hinweisende Form bzw.
vor Vereinseitigungen warnen,        Satzstruktur. Es handelt sich
vor allem dann, wenn nicht mehr      hier, folgt man den profunden
auf Bildung, auf ihr Potential zur   und detaillierten Deutungen Ass-
Erschließung, warum auch im-         manns, um ein tönendes Doku-
mer, gesetzt wird.                   ment der Geistes- und Glau-
Wie Papst em. Benedikt XVI. und      bensgeschichte, einschließlich
vor ihm auch u.a. Romano Guar-       der religiösen Institutionenge-
dini in ihren Schriften über den     schichte.
„Geist der Liturgie“8 schreiben,     Kultur und Kultus aber auch zu
geht dies sinnvoll wohl kaum         verstehen „im Wechselspiel der
ohne einen Einbezug der liturgi-     Künste“11 scheint mir ein zentra-
schen Bildung und Exegese bzw.       ler Weg zum Verstehen und zur
Katechese. Ästhetische, liturgi-     Ausgestaltung liturgischer For-
sche und katechetische Bildung       men zu sein. Ich verweise hier
sollten, so deren Anliegen, hier     u.a. auf die Kunst-Station Köln,
Hand in Hand gehen.9 Es kann         deren langjähriger Leiter Domi-
geistliche Musik auch für sich als   nik Susteck die Nachfolge von
Zugang, als Schlüssel gewählt        Paul Thissen antritt, in bibliogra-
werden, wie Jan Assmann in sei-      phischer Perspektive auch auf
nem Buch „Kult und Kunst“ aus        den instruktiven Band von Mathi-
dem Jahre 2020 am Beispiel der       as Schilmöller mit dem Titel MU-

                                                                      9
SIKKUNST aus dem Jahre 2016.12       Es geht sowohl um die den Men-
                Es gibt hier viele Wege, die uns     schen geistig aufbauende Kraft
Im Blickpunkt

                aufgezeigt werden.13                 des Alten, das, wenn es etwas zu
                Die Frage der Zukunft wird wahr-     sagen hat, neu zum Sprechen zu
                scheinlich sein: Auf welche Weise    bringen ist, als auch die Kraft des
                kann Musik wieder zum geistigen      Neuen, des Nachgeschaffenen
                und geistlichen Sprechen ge-         und Neugeschaffenen! Mit Beiden
                bracht werden? Wie kann der in       sind die göttlichen Attribute des
                ihr theologisch-glaubensgemäße       Überraschenden, des Unerwarte-
                Horizont, der von kompositori-       ten, auf die Papst Franziskus so
                scher bzw. improvisatorischer        häufig zu sprechen kommt, und
                Seite mit dem Horizont von           das bisweilen geistig und geist-
                Grunderfahrungen von Leben           lich jeweils noch nicht Sehbare
                und dessen vielfältigen Aspekten     nicht ohne inneren Zusammen-
                und Sphären zu einer Synthese        hang verbunden.
                gebracht wird, in einem sinnli-      Konsequenz aus Beidem wäre lo-
                chen Substrat, in Formen und         gischerweise bisweilen dann
                Zeichen ästhetisch inkarniert,       auch Zumutung, Anstrengung,
                (wieder) vernehmbar gemacht          Arbeit des und mit und am Men-
                werden? Welches musikalische         schen in pastoraler Nähe und in
                Vokabular kann artikuliert oder      überschaubaren Strukturen!
                entwickelt werden, um Spiege-        Wenn Menschen erfahren, dass
                lungen des ganzen Lebens,            sich diese Mühe lohnt, dann
                „Trauer, Klage, ja Anklage,          können sie auch über diese Wege
                Furcht, Hoffnung, Vertrauen,         tiefer in das Mysterium Gottes
                Dankbarkeit, Freude“14 adäquat       gelangen und ästhetisch adäqua-
                zum Ausdruck zu bringen? Aber        te Inkarnationen auch abwägen
                so, und hier entfalten sich Krite-   gegenüber den zu stellenden
                rien für das, was hier auszuwäh-     Ansprüchen nicht gerecht wer-
                len oder zu gestalten wäre, dass     dender Konsumware. Wenn ich
                Wahrhaftigkeit und versöhnend        dies in der Zeit der Zusammen-
                rettende Tat zusammen erschei-       arbeit mit Paul Thissen richtig
                nen: Man denke z. B. an die          verstanden habe, dann war das
                zahlreichen Kyrie-Vertonungen        stets sein tragendes Anliegen.
                in der Kirchenmusikgeschichte.       Wir stimmten und stimmen darin

                10
überein.                            Theorie, sondern auf der Basis
Auf der seelsorglichen Ebene be-    von Einsichten im Rahmen eines

                                                                        Im Blickpunkt
trachtet, bedeutet das: Die musi-   Projektes in der St. Marienkirche
kalische Arbeit in der einzelnen    in Detmold, das ich künstlerisch
Gemeinde, nicht nur abgestimmt,     leite, mit einer Arbeitsgruppe
sondern vielmehr errungen mit       wissenschaftlich dokumentiere
den theologisch zu verantwort-      und auswerte.
enden liturgischen und pastora-     Die Verknüpfung von stimmli-
len Fragen, scheint mir unum-       cher Kompetenzerweiterung im
gänglich, um in der Nähe zu den     Rahmen von Scholaarbeit, zu-
Menschen jene Alphabetisierung      sammen mit liturgischer, reflek-
zu erreichen, um das Erkennen       tierter Kontextuierung des musi-
und Erleben der Zeichen im          kalischen Tuns, dazu die
Raum der Kirche erneut und auch     Verbindung von Probenarbeit mit
wieder mit relevanten Bedeutun-     katechetischen und exegetischen
gen zu füllen. Ich sage dies hier   Hinweisen und Erläuterungen,
nicht in der Ferne des analysie-    soweit kann man das schon jetzt
renden Bildungswissenschaftlers,    sagen, führen zu bisher in dem
sondern als ein katholischer        dortigen Rahmen nicht gekann-
Christ, der seit der Kindheit ne-   ten Veränderungen in allen Di-
ben einem Hauptberuf als Lehrer     mensionen, die oben beschrie-
und später Hochschullehrer im-      ben wurden, einschließlich der
mer kirchenmusikalisch prakti-      liturgischen Haltung und Gestal-
zierend tätig war und ist.          tung der dort tätigen Priester
Ich habe in meiner Berufsbiogra-    und Laien.
fie erst spät den Mut dazu ge-      In welchen größeren Kontext
wonnen, die Frage nach der all-     könnte diese Arbeit gestellt
gemeinen, rechten Bildung mit       werden? Auch die Kirche könnte
denen des praktizierten Glau-       sich am Programm EMSA (Eine
bens und der Kirchenmusik zu        [Musik-]Schule für Alle), das mit
verknüpfen. Z. Zt. untersuche ich   dem europäischen Programm
die Frage, inwiefern Kirche ein     des Lebenslangen Lernens ver-
Ort für musikbezogenes Lernen       knüpft ist – wir haben an der
sein kann. Ich bewege mich da-      Hoch-
bei nicht im Raum einer reinen

                                                                  11
schule für Musik Detmold das In-       weil die zuvor genannten Ver-
                stitut L3, dass sich diesen Aufga-     hältnisse begründend, im Ver-
Im Blickpunkt

                ben widmet – beteiligen, ohne          hältnis zu Gott, den mehr und
                dass die eigenen Kontexte von          mehr Menschen im Raum der
                Musiklernen und Musizieren auf-        Kirche, so nehme ich es zumin-
                gegeben werden müssten, und            dest wahr, häufig nur noch als
                zwar deshalb beteiligen, weil sie      Erfüllungsgehilfen, als Kraft-,
                einen musikalischen Lernort par        aber nicht Auftraggeber für ei-
                excellence bieten kann, verbunden      gene Lebens-Projekte und für
                mit einer eigenen Zielperspektive.     die Erreichung der eigenen Ziele
                Vielleicht ließe sich hier fruchtbar   sehen.
                weiter in die Zukunft denken.          Ich möchte schließen mit einer
                Schließlich möchte ich ein per-        Passage aus dem Werk „Der Geist
                sönlich gefärbtes Votum abge-          der Liturgie“ von Papst em. Bene-
                ben: Nach einer jahrzehntelangen       dikt XVI, die die objektive, ratio-
                Phase, die man anthropozentri-         nale Dimension in ihrer Bedeu-
                sche Wende nennen könnte, die          tung unterstreicht:
                allerdings derzeit darin zu gip-       „Der Heilige Geist ist es, der zu-
                feln scheint, dass nur noch die        erst David und dann durch ihn Is-
                subjektive Seite von Allem und         rael und die Kirche singen lehrt,
                Jenem, d.h. auch von liturgischen      ja, das Singen ist als Übersteigen
                Formen und Elementen, Rang hat         des gewöhnlichen Redens als sol-
                betrachtet zu werden, ungeachtet       ches ein pneumatisches Ereignis.
                des einmal in ihre Gestalt hinein-     Kirchenmusik entsteht als ‚Cha-
                gelegten Sinns, sollte eine Phase      rismaʻ, als Geistesgabe: Sie ist die
                stärkerer ‚Objektzentriertheitʻ        wahre ‚Glossolalieʻ, die neue, vom
                folgen. Mir scheint dies dringend      Geist kommende ‚Zungeʻ. In ihr
                geboten. Denn in allem, wo nur         vor allem ereignet sich die ‚nüch-
                der Wille, die Perspektive des         terne Trunkenheitʻ des Glaubens –
                Menschen allein dominiert, haben       Trunkenheit, weil alle Möglichkei-
                wir letztendlich ungedeihliche         ten der bloßen Rationalität über-
                Verhältnisse: im Verhältnis zur        schritten werden. Aber nüchtern
                Schöpfung, im Verhältnis des           bleibt dieser ‚Rauschʻ, weil Chris-
                Menschen zum anderen Men-              tus und der Geist zusammenge-
                schen und, ganz entscheidend,          hören, weil diese trunkene Spra-

                12
che doch ganz in der Zucht des                 vens Missa Solemnis als Gottesdienst.
Logos bleibt, in einer neuen Rati-             München 2020, S. 100.

                                                                                              Im Blickpunkt
onalität, die über alle Worte hin-             11) Mathias Schilmöller: MUSIKKUNST. Kul-
aus dem einen Urwort dient, das                tur verstehen im Wechselspiel der Künste.
der Grund aller Vernunft ist“.15               Innsbruck u.a. 2016.

                                               12) Vgl. FN 11.
1) Hans Zender: Happy New Ears. Das
Abenteuer, Musik zu hören. Freiburg, Ba-
                                             13) Vgl. zu den Wegen, Kirchenmusik,
sel, Wien 1991, S.97, zit. nach: Klaus
                                             Glaubens- und Musikvermittlung zu ver-
Röhring: Dieter Schnebels Missa brevis, in:
                                             binden, u. a. Meinrad Walter: Musikver-
Magazin für Theologie und Ästhetik
                                             mittlung als Glaubensvermittlung. Per-
10/2001. Online-Version: https://www
                                             spektiven einer kirchenmusikalischen
.theomag.de/10/kr1.htm. Aufruf vom
                                             Zukunftsaufgabe. In: Helmut Hoping, Ste-
2.7.2021.
                                             phan Wahle, Meinrad Walter (Hg.): Gottes-
                                             Klänge. Religion und Sprache in der Musik.
2) Zitate bei Klaus Röhrig: Dieter Schnebels
                                             Freiburg – Basel – Wien 2021, S. 181-208.
Missa brevis, a.a.O.
                                               14) Josef Ratzinger. Benedikt XVI.: Der
3) und 4) Röhrig, a.a.O.
                                               Geist der Liturgie. A.a.O., S.119.
5) Röhring, Dieter Schnebels Missa brevis,
                                               15) A.a.O., S.121.
a.a.O.

6) Hier zitiert aus einem Textbaustein
„Dommusik“, der in die Leitbildkonstrukti-
on der Domsingschule Paderborn einge-
gangen ist.

7) Vgl. Klaus Mollenhauer, Ästhetische Bil-
dung zwischen Kritik und Selbstgewissheit.
In: Zeitschrift für Pädagogik 36 (1990) 4.
Weilheim u.a. , S. 481-494.

8) S. Romano Guardini: Vom Geist der Li-
turgie. Erstauflage: Freiburg 1918. Josef
Ratzinger. Benedikt XVI.: Der Geist der Li-
turgie. Eine Einführung. Freiburg u.a.
2000/2013.

9) Vgl. Josef Ratzinger, Benedikt XVI: Geist
der Liturgie, a.a.O., S. 183f.

10) Jan Assmann: Kult und Kunst. Beetho-

                                                                                         13
Literaturhinweise                    den Problemen des Stimmens
                                                         unter dem Lärm der nahegelege-
                                                         nen Schiffswerft bis zur Kunst
                    Roman                                des Tastenhaltens, die ein son-
Literaturhinweise

                                                         derbares Mädchen beherrscht.
                    Maarten tʼHart -                     Deren aufbrausende Mutter wird
                    Der Nachtstimmer. Roman.             schnell zur zentralen Figur des
                    320 Seiten, Hardcover mit            Buches. Wie von selbst entwickelt
                    Schutzumschlag EAN                   sich eine komplizierte Liebesge-
                    978-3-492-07043-0                    schichte. Das wird im Städtchen
                                                         missgünstig beäugt. Pottjewijd
                    Orgelstimmer seien nicht ge-         wird anonym bedroht. Die Auflö-
                    schätzt. Orgelmusik ebensowe-        sung dieses Konflikts überrascht.
                    nig, schreibt Autor Maarten
                    tʼHart, gar undenkbar, dass je-      Dominik Susteck
                    mand ein Buch darüber schriebe.
                    Das Gegenteil beweist er mit sei-
                    nem in den späten 80er Jahren        Noten
                    spielenden Roman »Der Nacht-
                    stimmer«. Er entführt den Leser      a) Orgel
                    in die heile Welt eines Hafen-
                    städtchens, in die Provinz Süd-      Naji Hakim: Variationen über
                    holland, nach Maassluis. Prot-       „Freu dich sehr, o meine Seele“
                    agonist Gabriel Pottjewijd nimmt      für Orgel
                    sich die berühmte Garrels-Orgel      Schott ED 23510 14,50 €
                    (1730-1732) der »Groote Kerk«
                    zum Stimmen und Restaurieren         Hakims Musik ist von vielen ver-
                    vor. Der Kirchenrat der Nachbar-     schiedenen kulturellen (vor allem
                    kirche »Immanuelkerk« bittet ihn     Musik aus dem Libanon) und re-
                    zusätzlich an die Seifertorgel von   ligiösen Quellen (Choräle, Hym-
                    1954. Bestechend ist der Bezug       nen, Gregorianik) geprägt. Sein
                    zu realem Ort und Orgelland-         Kompositionsstil ist längst un-
                    schaft.                              verkennbar, vor allem das rhyth-
                    Liebevoll werden die Details des     mische und tänzerische Element
                    Orgelstimmens geschildert: von       macht seine Musik immer wieder
                                                         lebendig und mitreißend. Die
                    14
vorliegenden Variationen basie-        spielerische Begleitung bilden.
ren auf dem Choral „Freu dich          In Variation VI, Andante,
sehr, o meine Seele“. Das auf 12       schwankt die Melodie zwischen
Notenseiten gedruckte gut 11-          Dur- und Molltonarten mit syn-

                                                                           Literaturhinweise
minütige Werk besteht aus sie-         kopierten Akkorden in der linken
ben Variationen, die facetten-         Hand und einer pizzicato-Bass-
reich die schöne Choralmelodie         begleitung der Cantilena.
bearbeiten und auch die vielfälti-     In der abschließenden Variation
gen Möglichkeiten einer Orgel          VII, Presto, zeigt die linke Hand
repräsentieren.                        das Thema in Blockakkorden. Die
Variation I, Maestoso, präsentiert     rechte Hand präsentiert eine
das Thema in kanonischer Aus-          überschwängliche Girlande aus
prägung zwischen Akkorden im           Sechzehntelnoten.
Manual und dem Pedal.                  Die Variationen bewegen sich im
Variation II, Allegro, ist in poly-    mittleren Schwierigkeitsgrad.
phone Linien eingekleidet, die an
Bachs Choräle aus dem „Orgel-          Sebastian Freitag
büchlein“ erinnern.
Variation III, Vivace, ist ein spie-   Johann Anton Kobrich: Missa in
lerisches Bicinium, das den Can-       G für Bass-Solo und Orgel
tus firmus in der Sopranstimme         Butz Verlag BU 3029
darstellt.                             12 € (2 Exemplare je 10 €)
Variation IV, Adagio, Der Choral
wird mit einer 4ʻ Solostimme im        Die Corona-Zeit brachte viele
Pedal gespielt. Reichhaltig ge-        Neueditionen in dem Genre „So-
würzte Harmonien kommen ak-            logesang mit Instrumenten und/
kordisch im Manual dazu.               oder Orgel“ mit sich. Es ist je-
In den folgenden drei Variationen      doch zu beobachten, dass sich
rückt zunehmend das rhythmi-           die Gesangsstimme im Allgemei-
sche und tänzerische Element in        nen auf eine Sopran- und/oder
den Vordergrund.                       Altstimme beschränkt.
Variation V, Vivace, präsentiert       Bereits zu Beginn des Jahres ist
den Choral in detaché-Noten in         im Butz-Verlag von Johann An-
der linken Hand, während die           ton Kobrich eine Missa in B für
rechte Hand und das Pedal eine         hohe Stimme und Orgel erschie-

                                                                     15
nen. Der gleichen Sammlung ist       min) sprüht vor süddeutsch-ba-
                    die hier erstmalig edierte Messe     rocker Leichtigkeit und Musizier-
                    (Missa brevis) für Bass-Solo und     freude.
                    Orgel entnommen.
Literaturhinweise

                    Das originale Vorwort dieser         Sebastian Freitag
                    Sammlung besagt folgendes:
                    „Musicalische Ehrenbietigkeit […]    Dominik Susteck: Orgellaby-
                    welche unter klingender Orgel        rinth Are Verlag 2356 24 €
                    nur von einer nothwendigen           Spieldauer: 31 Min., 5 Sätze.
                    Baßstimm […] und einem Violin
                    ad libitum abzusingen seynd, auf     Das Werk wurde anlässlich des
                    jetzt gebräuchlich und leichteste    50. Orgeljubiläums von der So-
                    Art, zum Nutz und Gebrauch de-       phienkirche Berlin mit der Unter-
                    ren auf dem Land sich befindli-      stützung des Musikfonds e.V. in
                    chen […]“. Kobrich (1714-1791)       Auftrag gegeben und im Dezem-
                    war Kirchenmusiker in Landsberg      ber 2020 von Maximilian
                    am Lech und komponierte, so          Schnaus uraufgeführt. Die 5 Sät-
                    wie es zu jener Zeit in Süd-         ze haben einen recht unter-
                    deutschland üblich war, vor al-      schiedlichen Charakter. Der erste
                    lem für die liturgische Praxis und   Satz „Spiegelkabinett“ lebt von
                    die Kirchenchöre auf dem Land.       den beiden gegensätzlichen Ma-
                    Dementsprechend einfach ist das      nualen der Orgel, die wie Spiegel
                    Bass-Solo (G-dʻ), das durchaus       einander gegenübergestellt wer-
                    auch als Tutti-Bass mit Herren-      den. Als weitere Ebene tritt das
                    stimmen besetzt werden kann,         Pedal echoartig hervor. „Der Ru-
                    zu musizieren. Die Orgelbeglei-      fer“ nutzt das Register Trompete,
                    tung beschränkt sich auf den         das sich immer weiter in ein Ru-
                    manualiter gespielten General-       fintervall hineinsteigert. „Runner“
                    bass. Die beigefügte ad libitum      besteht aus Repetitionen, das
                    Violinstimme sowie eine aus dem      „Schwarze Loch“ saugt mit lie-
                    Generalbass gewonnene Cello-         genden Clustern jegliche Melodik
                    stimme, können bei Bedarf das i-     und Harmonik auf. Im letzten
                    Tüpfelchen bei einer Aufführung      Satz erklingt nicht nur die Orgel,
                    sein.                                sondern auch ein angestrichenes
                    Diese Messkomposition (ca. 4         Weinglas auf dem 3-gestriche-

                    16
nen cis: „in vino veritas“ als offe-   in den Bereich von Pop und Jazz
nes Ende. (DS.)                        (Chilcott) und zu zeitgenössi-
                                       schen Klängen - und letztendlich
                                       zu neuen Aufbrüchen der Avant-

                                                                          Literaturhinweise
b) Messvertonungen für ein
bis drei gleiche Stimmen               garde (Susteck).

Bereits in der vorigen Ausgabe         Dass pragmatische Erfordernisse
der „Kirchenmusikalischen Mit-         nicht unbedingt eine Reduzie-
teilungen im Erzbistum Pader-          rung musikalischer Mittel oder
born“ stellten wir einige Werke        gar qualitative Einbußen bedeu-
dieses Werktypus vor. Nun soll         ten müssen, zeigen bereits frühe
hiermit eine weitere Auswahl von       Beispiele der orgelbegleiteten
Kompositionen aus den verschie-        Continuo-Messe, exemplarischer
densten Epochen die Vielfalt der       noch die Kleinen Geistlichen
Vertonungsweisen darstellen. Sie       Konzerte von Heinrich Schütz
reicht von schlichter Mehrstim-        auf. Ohne Zweifel ist unter den
migkeit im Wechsel mit Gregori-        aufgeführten Werken nicht alles
anik über Solomessen mit kon-          Gold, was den Titel Missa trägt,
zertierender Orgel (Paluselli,         dennoch werden interessante
Roškovký, Kobrich), simplen            und qualitativ höherwertige Ent-
Landmessen für einfachste Ver-         deckungen vor allem im Bereich
hältnisse und mit schlichten mu-       der Moderne möglich sein - und
sikalischen Mitteln, gefolgt vom       unter den gegebenen Umständen
klanglich reichhaltigeren roman-       darf man sicher auch guten Ge-
tischen Repertoire (Delibes, Gou-      wissens bisweilen ganz pragma-
nod, Neukomm u. a.) nebst oft          tisch in klangliche Wohlfühlhar-
epigonaler musikalischer Ansätze       monien und schöne Linien
rund um den Cäcilianismus              eintauchen, vor allem dann,
(gleichwohl mit pragmatischen          wenn man das Erklingen von Vo-
Ergebnissen), interessanten            kalmusik auch unter den einge-
(Schuhenn, Raml, Blitsch u.v.a.)       schränktesten Bedingungen als
oder weniger originellen Ge-           etwas sehr Besonderes und Kost-
brauchskompositionen bis hin zu        bares erleben durfte, wie es in
neuen Klängen und Rhythmen             der Zeit der pandemiebedingten
(Halmos, Swider u. a.), Ausflügen      Einschränkungen erforderlich
                                       war.
                                                                     17
Wenn sich die Chorszene in Zu-       18. JAHRHUNDERT:
                    kunft verändern sollte, wovon
                                                         Antonio Lotti (1667 - 1740):
Literaturhinweise

                    aus mehreren soziokulturellen
                    Gründen auszugehen ist, wird         Missa a tre voci A-Dur für drei
                    dies auch besetzungsmäßige           gleiche Stimmen (TTB) a cappella
                    Konsequenzen für viele Chöre         www.cpdl.org (cpdl #27530)
                    haben. Selbst in kleiner Beset-
                    zung können aber sowohl einfa-       Valentin Rathgeber (1682 -
                    che, chorische Praxis mit be-        1750):
                    scheidenen Voraussetzungen als       Missa brevis in F für Sopran, Alt
                    auch anspruchsvolle Chorarbeit       und Orgel
                    mit Aufbrüchen zu neuen Klän-        Jubilate Verlag Eichstätt
                    gen und Ausdrucksformen mög-
                    lich sein. Chorische Vierstimmig-    Claudio Casciolini (1697 -
                    keit wird zwar musikalisch oft als   1760):
                    unverzichtbare Mindestbeset-         Missa tertia für drei gleiche
                    zung betrachtet, muss vielleicht     Stimmen a cappella
                    aber keine conditio sine qua non     Carus Verlag oder
                    sein - oder zwangsläufig bleiben.    Kirchenmusikreferat der Diözese
                                                         Linz

                    Johannes Krutmann                    Bartholomeo Cordans (um 1700
                                                         - 1757):
                                                         Messe in C für zwei gleiche
                                                         Stimmen (oder vier gemischte
                                                         Stimmen) und Orgel
                                                         Butz Verlag

                                                         Johann Ernst Eberlin (1702 -
                                                         1762):
                                                         Messa di San Giuseppe
                                                         für Sopran und Orgel (Bass, zwei
                                                         Violinen und Streichbass ad
                                                         libitum)
                                                         Carus Verlag
                    18
Johann Anton Kobrich (1714 -       19. JAHRHUNDERT:
1791):
Missa in B op. 18 Nr. 6 für hohe   Sigismund Ritter von

                                                                       Literaturhinweise
Stimme und Orgel (Violine ad       Neukomm (1778 - 1858):
libitum)                           Messe a deux voix egales für
                                   zwei gleiche Stimmen und Orgel
Bereits in der vorigen Ausgabe     Stretta Verlag
besprochen wurde die Missa in G
op.18 Nr. 5 für Solo-Bass und      Charles Gounod (1818 - 1893):
Orgel (Violine, Violoncello ad     Missa brevis bearbeitet für
libitum) von J. A. Kobrich         Oberstimmenchor (SSA) und
Butz Verlag                        Orgel
                                   Butz Verlag
P. Diaconus Zänkl (1719 -
1783):                             Missa brevis Nr. 7 C-Dur
Missa solemnis in C für zwei       bearbeitet für Oberstimmenchor
Soprane, und konzertierende        und Orgel
Orgel, Butz Verlag                 Butz Verlag

P. Pantaleon Jozef Roškovský       Messe à deux voix égales et
OFM (1734 - 1789):                 orgue für zwei gleiche Stimmen
Missa solemnis in C für Sopran     und Orgel
und konzertierende Orgel           www.imslp.org
Sonat Verlag Berlin
                                   Jacques-Nicolas Lemmens
Stefan Paluselli (1748 - 1805):    (1823 - 1881):
Missa in C für zwei                Messe F-Dur für zwei Soprane
Oberstimmen (SMz) und              und Orgel
konzertierende Orgel               Stretta Verlag
Butz Verlag
                                   Joseph Franck (1825 - 1891):
Anonymus (um 1795):                Messe Facile op. 191
Missa solemnis in D für S, MzS     für zwei gleiche Stimmen und
und konzertierende Orgel           Orgel
Jubilate Verlag Eichstätt          Butz Verlag
                                                                  19
Auguste Durand (1830 - 1909):     Michael Haller (1840 - 1915):
                    Messe a deux voix egales op.      Missa tertia op. 7 a für zwei
                    82 für zwei Stimmen und Orgel     gleiche Stimmen und Orgel
Literaturhinweise

                    erhältlich über das               Schott Verlag oder
                    Kirchenmusikreferat der Diözese   www.imslp.org
                    Linz
                                                      Luigi Bottazzo (1845 - 1924):
                    Léo Delibes (1836 - 1891):        Missa in honorem Sanctae
                    Messe brève für zwei- bis         Luciae op. 180 für zwei gleiche
                    dreistimmigen Oberstimmenchor     Stimmen und Orgel
                    (SA) und Orgel                    erhältlich über das
                    Carus Verlag                      Kirchenmusikreferat der Diözese
                                                      Linz oder www.imslp.org,
                    Guy Joseph Ropartz (1864 -        für SABar bearbeitet im Butz-
                    1955):                            Verlag
                    Messe brève en lʼhonneur de
                    Sainte Anne für drei gleiche      Missa Pastoralis op.198
                    Stimmen und Orgel                 für zwei gleiche Stimmen und
                    Verlag Durand                     Orgel
                                                      www.Imslp.org
                    Georg Rathgeber (1869 - 1949):
                    Missa in honorem St. Agathae      John Baptist Singenberger
                    op.6                              (1848 - 1924):
                    für zwei gleiche Stimmen und      Missa in honorem Sanctae
                    Orgel                             Ritae für Sopran, Alt und Orgel
                    Butz Verlag                       erhältlich über das
                                                      Kirchenmusikreferat der Diözese
                    CÄCILIANISMUS UND                 Linz oder www.imslp.org
                    HISTORISMUS:
                                                      Peter Griesbacher (1864 -
                    Carl Jaspers (1835 - 1882):       1933):
                    Missa quarta in honorem St.       Missa in honorem S. Ignatii de
                    Caeciliae op. 9 für Sopran, Alt   Loyola op. 93 für dreistimmigen
                    und Orgel                         Oberstimmenchor (SSA) und
                    Carus Verlag                      Orgel, Carus Verlag
                    20
Missa in honorem S. Gregorii       Missa in honorem beati
op. 90 für zweistimmigen Chor      Ambrosii für zwei gleiche
(MzS, Bar) und Orgel               Stimmen und Orgel

                                                                         Literaturhinweise
Carus Verlag                       www.imslp.org

Richard Runciman Terry (1865       Vinzenz Goller (1873 - 1933):
- 1938):                           Missa pro defunctis für
Missa brevis in C, Fassung für     zweistimmigen Chor (Alt, Bass)
Oberstimmenchor (SA) und Orgel     und Orgel
Butz Verlag                        Carus Verlag

Josef Renner (1868 - 1934):        EINSTIMMIGE MESSEN 19./20.
Missa in honorem St. Petri         JAHRHUNDERT:
Apostoli op. 2
für zwei Frauenstimmen und         Schlichte, oft epigonale und
Orgel, B-Note Musikverlag          musikalisch uninspirierte Faktur
                                   für einfachste Möglichkeiten und
Georg Martin Alt (1870 - 1928):    Voraussetzungen, im 20.
Missa in honorem St. Antonii       Jahrhundert meist im Kontext der
de Padua op. 14                    liturgischen Erneuerung
für zweistimmigen
Oberstimmenchor und Orgel          Robert Führer (1807 - 1861):
Carus Verlag                       Einstimmige Messe F-Dur op.
                                   171 für Singstimme und Orgel
Lorenzo Perosi (1872 - 1956):      Verlag B-Note
Messa Davidica für drei
Männerstimmen (TBarB Chor und      Karl Kempter (1819 - 1871):
Soli) und Orgel                    Einstimmige Messe G-Dur op.
www.imslp.org                      80 für Sopran und Orgel
Missa a tre voci dʻuomo für drei   Verlag B-Note
Männerstimmen und Orgel
www.imslp.org                      Alois Edenhofer (1820 - 1896):
                                   Messe in F für Singstimme und
                                   Orgel
                                   Butz Verlag
                                                                    21
Franz Schöpf (1836 - 1915):      Alajos Werner (1905 - 1978):
                    Einstimmige Messe op. 65 Nr. 1   Einstimmige Messe für
                    für Singstimme und Orgel         einstimmigen Chor und Orgel
Literaturhinweise

                    Verlag B-Note                    „Musica sacra; Werner, Acs,
                                                     Liszt“, Ungarische
                    Carl Seyler (um 1840):           zeitgenössische Musik,
                    Kleine Messe für Singstimme      Carus Verlag 97.513/00
                    (einstimmigen Chor) und Orgel
                    Verlag B-Note                    Heino Schubert (1928 - 2018):
                                                     Missa „Unanimi voce“ für
                    Josef Güttler (1841 - 1912):     Vorsänger und Schola
                    Einstimmige Messe op. 97 für     (Gemeinde) und Orgel
                    einstimmigen Chor und Orgel      Carus Verlag
                    Verlag B-Note
                                                     Lothar Graap (*1933):
                    Joseph Stein (1845 - 1915):      Missa brevis (nur Kyrie und
                    Kurze und sehr leichte Messe     Gloria) für Schola und Orgel
                    op. 39 für mittlere Singstimme   Are Verlag Köln
                    und Orgel
                    Butz Verlag                      Hans Rudolf Johner (*1934):
                                                     Einstimmige deutsche
                    Peter Griesbacher (1864 -        Ordinariumsmesse
                    1933):                           für Vorsänger, einstimmigen
                    Missa „Rosa mystica“ op. 124     Chor (Gemeinde) und Orgel
                    für einstimmigen Chor (mit       Carus Verlag
                    Halbchor, Ober- und
                    Unterstimmen Teilungen) und      Rolf Schweizer (1936 - 2016):
                    Orgel                            Ordinarium für einstimmigen
                    Verlag B-Note                    Chor und Orgel
                                                     in „Gesänge für den
                    Vinzenz Goller (1873 - 1933):    Gottesdienst“, Carus Verlag
                    Missa Cantata op. 62 für         zusammen mit Ewald Weiss
                    einstimmigen Chor und Orgel      (1906 - 1998):
                    Carus Verlag                     Ordinarium für einstimmigen
                                                     Chor und Orgel
                    22
und Klaus von Loeffelholz          Paul Franz Coenen (1908 -
(1923 - 1977):                     1995):
Ordinarium für einstimmigen        Missa Mariana op. 189 für

                                                                          Literaturhinweise
Chor und Orgel                     Sopran, Klarinette und Orgel
Carus Verlag 27.010/00             Eres Edition (hsl. Facsimilie),
                                   Lilienthal/Bremen
Jozsef Acs (*1948):
Einstimmige Messe für hohe         László Halmos (1909 - 1997):
Singstimmen (Sopran oder Tenor)    Missa in honorem S. Benedicti
und Orgel                          Es-Dur für einstimmigen Chor
„Musica sacra; Werner, Acs,        und Orgel
Liszt“, Ungarische                 Carus Verlag
zeitgenössische Musik,
Carus Verlag 97.513/00             Missa in honorem S. Elisabeth
                                   e- Moll für einstimmigen Chor
                                   und Orgel
SOLO / EINSTIMMIGER CHOR           Carus Verlag
UND ORGEL
                                   Jozef Swider (1930 - 2014):
20. Jahrhundert:                   Messa di Gioia für mittlere
                                   Singstimme (Solo oder Chor) und
Jean Langlais (1907 - 1991):       Klavier, Carus Verlag
Missa in simplicitate              farbig, abwechslungsreich,
für eine Singstimme oder           anspruchsvoll, hochwertige
einstimmigen Chor und Orgel        zeitgenössische Komposition
oder Harmonium
Editiones musicales de Ja Schola   Daniel Roth (*1942):
cantorum                           Missa beuronensis für
                                   Choralschola und Orgel
Maurice Duruflé (1902 - 1986):     Butz Verlag
Missa cum jubilo op. 11 für
einstimmigen Männerchor,           Robert Jones (*1945):
Bariton solo und Orgel             Missa brevis in C für mittlere
Editions Durand DF 14011           Singstimme und Orgel
                                   Butz Verlag
                                                                     23
Anton Reinthaler (*1950):         Orgel
                    Missa una voce für Sopran und     Edition Musica Rinata (Sonat
                    Orgel (Ausgaben auch mittlere     Verlag)
Literaturhinweise

                    oder tiefe Stimme)
                    erhältlich über das               Reiner Schuhenn (*1962):
                    Kirchenmusikreferat der Diözese   Missa per una voce für hohe
                    Linz                              Singstimme(n) und Orgel
                                                      Strube Verlag München
                    Axel Ruoff (*1957):
                    Messe basse für Sopran und        Johannes Matthias Michel
                    Orgel                             (*1962):
                    Strube Verlag Berlin              Missa Corona für Sopran und
                    anspruchsvoll in beiden Parts,    Orgel
                    zeitgenössisch modern             Strube Verlag München

                    Christian Pfarr (*1959):          Franz Raml (*1964):
                    Missa pastorale für               Missa alla francese für
                    einstimmigen Chor und Orgel       Männerschola, Orgel und
                    Are Verlag Köln                   Soloposaune
                                                      Selbstverlag (Hassler Consort
                    Missa Lucida für einstimmige      Edition Nr. 10)
                    Schola, Trompete und Orgel
                    Are Verlag Köln                   Bernhard Blitsch (*1965):
                                                      Messe für einstimmigen
                    Missa Solaris für einstimmige     Oberstimmenchor und Orgel
                    Schola, Orgel, Soloinstrument     Butz Verlag
                    und Sprecher
                    Are Verlag Köln                   Sebastian Ostmeyer (*1985):
                                                      Missa brevis Nr. 3 für Kantor,
                    Missa Pentatonica für             Schola und Orgel
                    einstimmige Schola und Orgel      Are Verlag Köln
                    Are Verlag Köln
                                                      Felix Bräuer (*1988):
                    Günther Firlinger (*1961):        Pastoralmesse D-Dur für
                    Missa brevis für Sopran und       einstimmigen Chor, Solo,
                    24
Soloinstrument (ad libitum),        László Halmos (1909 - 1997):
Klavier oder Orgel                  Missa e sole d-Moll für
Selbstverlag                        zweistimmigen Chor und Orgel

                                                                        Literaturhinweise
                                    Carus Verlag
Missa brevis Nr. 10 für mittlere
Singstimme (oder Schola) und        Missa in honorem S. Norberti
Orgel                               D-Dur
Selbstverlag                        für zweistimmigen Chor (gleiche
                                    Stimmen) und Orgel
Missa harmonia in As Nr. 11         Carus Verlag
für einstimmigen Chor und
Klavier oder Orgel                  Missa in honorem S. Ladislai
Selbstverlag                        für zwei gleiche Stimmen (oder
                                    vierstimmig gemischte Chor) und
Missa in festis solemnibus          Orgel
(Festmesse in E-Dur Nr. 14)         Carus Verlag
für einstimmigen Chor, Solo und
Orgel                               Missa de nativitate Domini für
Selbstverlag                        dreistimmigen Oberstimmenchor
                                    und Orgel
Missa simplex (Missa brevis         Carus Verlag
Nr. 15 in d) für Sopran solo,
Querflöte und Orgel                 Missa Verna tempore paschali
Selbstverlag                        für drei gleiche Stimmen a
                                    cappella
                                    Carus Verlag
20. JAHRHUNDERT (2 - 3
STIMMEN):                           Missa pro defunctis für drei
                                    gleiche Stimmen a cappella
Maria Wiltrude Jungbauer            Carus Verlag
(1900 - 1982):
Muttergottes Messe op. 57 für       Lukas Haug (1921 - 1992):
Chor (SA), Violine ad libitum und   Missa Sancti Gerardi für
Orgel                               dreistimmigen Chor (SST) und
Carus Verlag                        Orgel, Carus Verlag
                                                                   25
Helmut L. Straßel (1924 -         Oberstimmenchor (SA) und
                    1996):                            Tasteninstrument
                    Missa mundi, einstimmige          Butz Verlag
Literaturhinweise

                    Gregorianik und drei gleiche
                    Stimmen a cappella                Bob Chilcott (*1955):
                    Jubilate Verlag Eichstätt         Peace Mass
                                                      für zwei Soprane solo, zwei- bis
                    Wolfram Menschick (1937 -         dreistimmigen Oberstimmenchor
                    2010):                            und Orgel
                    Missa „Pueri cantores“ für        Oxford University Press
                    Sopran, Alt, Bariton ad libitum
                    und Orgel oder Bläser             Max Ciolek (*1959):
                    Jubilate Verlag Eichstätt         Missa brevissima für
                                                      Oberstimmenchor und Orgel
                    Missa „De Angelis“ für drei       Stretta Verlag
                    gleiche Stimmen a cappella im
                    Wechsel mit Gregorianik           Lambert Kleesattel (*1959):
                    Jubilate Verlag Eichstätt         Messe in G für zwei gemischte
                                                      Stimmen und Orgel
                    Missa mundi für zwei gleiche      Butz Verlag
                    Stimmen a cappella im Wechsel
                    mit Gregorianik                   Hans Leitner (*1961):
                    Jubilate Verlag Eichstätt         St. Hildegard Messe
                                                      Fassung einstimmig mit Orgel
                    Vierte Choralmesse für zwei       Fassung für drei gleiche Stimmen
                    gleiche Stimmen im Wechsel mit    und Orgel
                    Gregorianik                       Jubilate Verlag Eichstätt
                    Jubilate Verlag Eichstätt
                                                      Christopher Tambling (1964 -
                    Missa enharmonica für drei        2015):
                    Oberstimmen und Orgel             Messe in A für Oberstimmenchor
                    Jubilate Verlag Eichstätt         (S, S II ad libitum) und Orgel
                                                      (oder Streicher und Orgel)
                    Robert Jones (*1945):             Butz Verlag
                    Missa brevis für
                    26
Missa brevis in G für             Thomas Nüdling (*1976):
Oberstimmenchor (S I, S II, A)    Missa pro defunctis für
und Orgel (Flöte ad libitum)      Oberstimmenchor (SA) und Orgel

                                                                       Literaturhinweise
Butz Verlag                       Butz Verlag

Kurt Ison (*1965):                Lukas Grimm (*1986):
Missa brevis für                  Missa prima für zwei gleiche
Oberstimmenchor (SA) und Orgel    (oder gemischte) Stimmen und
Butz Verlag                       Orgel
                                  Butz Verlag
Christian Matthias Heiß (1967):
Missa „Fidem cantemus“ für        Felix Bräuer (*1988):
zwei bis drei Oberstimmen und     Missa „Laudate pueri“ für ein-
Orgel                             bis zweistimmigen Chor,
Alternativfassung für drei        Gemeinde ad libitum, Klavier
Männerstimmen und Orgel           oder Orgel
Jubilate Verlag Eichstätt         Selbstverlag

Missa pro pueris et puellis für   Missa brevis solemnis della
drei Oberstimmen und Orgel        B.M.V. für zwei- bis
Jubilate Verlag Eichstätt         vierstimmigen Oberstimmenchor
                                  und Orgel
Michael Porr (*1967):             Selbstverlag
Messe von der Gegenwart
Gottes für Oberstimmenchor (S I   AVANTGARDE:
+ II) und Klavier
Butz Verlag                       Dominik Susteck (*1977):
                                  „Hören…Verstummen“
Andreas Unterguggenberger         Messe basse für Sopran und
(*1969):                          Orgel (Schlagzeug ad libitum)
Deutsche Kinderchormesse für      Are Verlag 2353
Oberstimmenchor (SA) und
Tasteninstrument                  Die Messe verzichtet bewusst
Butz Verlag                       auf die Verwendung
                                  außerliturgischer Texte.
                                                                  27
Angesichts des weltweiten          III. Das Sanctus ist in einem
                    Terrors wählt die Messe ein        additiven Rhythmus komponiert.
                    „Verstummen“ als Demon-            Vier Grundakkorde in hoher
Literaturhinweise

                    stration für den Frieden. Die      Lage werden in immer neuen
                    Stimmung des Zurückge-             Zusammenstellungen, jedoch in
                    haltenen beschreibt einen          ihrer Ausbreitung streng
                    imaginären Schweigemarsch,         beibehalten. Strahlend fällt der
                    erinnernd an die zahllosen         von Schlagzeug und Pedal
                    Toten von Gewalt und Terror.       unterstützte B-Dur-Akkord
                                                       heraus. Nach dreimaliger
                    I. Die Einleitung im „Introitus“   Durchführung bilden sich im
                    bedarf keiner besonderen           Mittelteil Puzzleteile des
                    Textform. Versteckt in die         Anfangs, während die Stimme
                    Konsonanten und Vokale ist der     Bruchstücke tonaler Kadenzen
                    Begriff „Introitus“, der am Ende   aufgreift (e-moll und g-moll).
                    erkennbar geflüstert wird. Der     Nach einem dramatischen
                    viertönige im Pianissimo           Pedalsolo erscheinen erneut
                    angestoßene Zentralakkord          zwei komplette Durchführungen
                    erklingt seiner Dauer nach in      des Akkordmaterials.
                    allen Möglichkeiten. Schlagzeug
                    und Gesang schlagen unruhig        IV. Das Agnus Dei ist eine
                    nach.                              ruhige Musik, die sich in freier
                                                       Notation ausbreitet. Anders als
                                                       im „Introitus“ und „Kyrie“ wird
                    II. Im Kyrie führt der Sopran,     der zentrale Akkord gehalten.
                    schwankend zwischen                Tonale Fragmente in der
                    dramatischem Agitato und           Singstimme erinnern an
                    nachsinnendem Adagio. Zwei         Gregorianik. Das Arpeggio in
                    eingeschobene Andante-             der Orgel führt schließlich zum
                    Passagen beruhigen den             freien Glissando in der
                    aufwühlenden Anfang. Das           Singstimme. Immer wieder
                    Tonmaterial bleibt auf wenige      erscheint der Zentralton „a“.
                    Zentralkombinationen               Schließlich kehren sich die
                    beschränkt.                        Verhältnisse um, die Orgel spielt
                                                       die Melodie in einer
                    28
Akkordmixtur, während die          Gabriel Fauré gelten. Der
Stimme schließlich nur noch        Bärenreiter-Verlag bringt die
stimmlos in Pfeifen und Zischen    kirchenmusikalischen Werke

                                                                      Literaturhinweise
erscheint. Das „misterioso“ zum    Faurés in einer Ausgabe von
Ende greift auf den „Introitus“    Helga Schauerte-Mauboet 2021
zurück – mit leicht verändertem,   erneut heraus. Dabei überzeugt
etwas hellerem Tonmaterial in      neben dem Druckbild auch die
hoher Lage, in das die Musik       Genauigkeit der Aufführungs-
entschwindet.                      anweisungen. Ein kritischer
                                   Bericht liegt den Einzelausgaben
(Werkkommentar)                    leider nicht bei. Sein „Cantique
                                   de Jean Racine“ komponierte
Johannes Krutmann                  Fauré im Alter von 19 Jahren.
                                   Das Werk ist inspiriert von
                                   einem ambrosianischen Hymnus
G. Fauré: Kirchenmusikalische      („Consors paterni luminis“), der
Werke in kleiner Besetzung         von Jean Racine nachgedichtet
(mit Orgel). Hrsg. von Helga       worden ist. Zu Ehren des
Schauerte-Maubouet.                Dichters blieb der ursprüngliche
Bärenreiter-Verlag 2021            Arbeitstitel, den Fauré dem
                                   Cantique gab, stehen. Dieser
Cantique de Jean Racine, op.11     sagt aber nichts über den Inhalt
für gemischten Chor und Orgel      aus. Oft wird das Werk
oder Klavier (3,95 €) und Messe    zusammen mit dem Requiem
Basse (N 163) für zwei Soprane     aufgeführt, da sich schon im
und Alt solo und 3-stg.            Frühwerk die Tonsprache und
Frauenchor (3,95 €)                agogische Ruhe des späteren
                                   Requiems andeutet.
Häufig sind es die kleineren
Werke, in denen Komponisten        Die „Messe basse“ Faurés hat
schon in frühen Jahren             eine lange Entstehungs- und
Grundsteine für spätere            Bearbeitungshistorie.
großformatige Opera legen. Dies    Komponiert wurde sie zunächst
darf auch für „Cantique de Jean    in Kooperation mit André
Racine“ und „Messe basse“ von      Messager. Fauré ersetzte im Jahr
                                                                 29
1906 die Sätze Messagers durch     hohes kompositorisches Niveau.
                    eigene Kompositionen und           Auf mich wirkt die Beschreibung
                    veröffentlichte die „Messe         des Verlages „Zauberhafte
Literaturhinweise

                    basse“ in der vorliegenden Form    Kirchenmusik“, die
                    im Jahr 1907. Geschrieben          gewissermaßen das Motto dieser
                    wurde die Messe für eine kleine    Edition darstellt, zu sentimental;
                    Besetzung, deren Stimmen-          die Kompositionen Gabriel
                    struktur größtenteils auf dem      Faurés sprechen für sich selbst.
                    Wechsel zwischen Solo- und
                    Chorstimme basiert. Für einen      Tobias Leschke
                    dreistimmigen Frauenchor ohne
                    Solisten ist die Messe meines      c) Christliche Popularmusik
                    Erachtens teils stimmlich
                    ambitioniert, aber durchaus
                                                       Neue geistliche Literatur für
                    aufführbar. Nadia Boulanger
                                                       Frauenchöre 2021,
                    schreibt über das Werk: „Die
                                                       31 Chorsätze, 80 Seiten
                    Messe basse ist mehr wert als
                                                       Dehm-Verlag, 16,95 €
                    eine kleine Zufallserwähnung in
                    den biographischen Beschrei-
                                                       „Dieses Chorbuch enthält ein
                    bungen – sie scheint für
                                                       attraktives Repertoire
                    Nonnenchöre bestimmt zu sein,
                                                       hochwertiger Chorsätze in einer
                    denn sie ist weit entfernt von
                                                       handlichen Sammlung.“ So
                    den Aufregungen unseres
                                                       schreiben es die Herausgeber im
                    modernen Lebens. Man möchte
                                                       Vorwort und stellen einen hohen
                    sie in einem dieser schönen
                                                       Anspruch an sich selbst und die
                    Klöster hören, in denen die Ruhe
                                                       2021 neu erschienene
                    waltet, wo das Leben schon Teil
                                                       Publikation. Praktischerweise hat
                    des Todes ist, wo der Tod der
                                                       der Verlag bereits im Inhalts-
                    Anfang des Lebens ist.“
                                                       verzeichnis eine Ordnung nach
                                                       liturgischen Orten und Einsatz-
                    Der Bärenreiter-Verlag hat mit
                                                       möglichkeiten im Kirchenjahr
                    der Neuedition beste
                                                       vorgenommen. Die drei- bis
                    Voraussetzungen für die
                                                       vierstimmigen Kompositionen
                    Aufführung dieser Stücke
                                                       sind im Regelfall mit
                    geschaffen. Faurés Werke haben
                    30
instrumentaler Begleitung           Band der Reihe „Eine Handbreit
versehen, können aber meist         bei dir“ versucht ebenso wie
auch a capella dargeboten           seine Vorgängerbände die
werden. Die Stücke erweisen sich    Sprache der Psalmen sowohl

                                                                          Literaturhinweise
oft nicht als übermäßig komplex,    klanglich als auch textlich in die
vielleicht hätte ein Mut zu einem   Wirklichkeit des dritten nach-
größeren Ambitus und eine           christlichen Jahrtausends zu
etwas elaboriertere Harmonik        übersetzen. Einige Texte halten
manchen Kompositionen               sich relativ stark an das biblische
gutgetan. Schön ist zu sehen,       Original, andere paraphrasieren
dass die Klavierbegleitungen bei    derart, dass vom Original nur
einigen Stücken sehr raffiniert     eine vage Grundaussageabsicht
komponiert sind; insbesondere       erhalten bleibt („Nunc dimittis“).
lege ich hier die Nummer 15,        Interessant ist der Kompo-
„Gott, deine Sonne“, ans Herz.      sitionsansatz zu Psalm 134. Hier
Zusammengefasst eine sicherlich     versucht der Komponist eine
sinnvolle Investition für           Synthese zwischen Neuem
mehrstimmige Frauenchöre im         Geistlichem Lied und jüdischer
Bereich des Neuen Geistlichen       Musiktradition. Am überzeu-
Liedes, aber nicht weit darüber     gendsten wirkt die Neuinter-
hinaus.                             pretation des Psalm 39: „Du
                                    machtest meine Tage eine
Eine Handbreit bei dir              Spanne lang“.
Neue Texte und Melodien zu          Zusammengefasst ein interes-
allen 150 Psalmen der Bibel 2021    santes Experiment, die Psalmen
Band 3 Dehm-Verlag, 14,95 €         mehr in die Glaubens- und
                                    gemeindliche Musizierpraxis zu
Ein verbindendes Element            rücken. Musikalisch bleibt es
zwischen den verschiedenen          jedoch - wie auch in anderen
christlichen Konfessionen und       Publikationen dieses Verlages -
dem Judentum ist das Psalmen-       auf der Ebene des Neuen
gebet. Die Psalmen prägen bis       Geistlichen Liedes. Von der im
heute Gottesdienst und              Vorwort angekündigten
Glaubensleben der Menschen          Motivation, in „stilistischer
beider Religionen. Der dritte       Vielfalt“ „zeitgemäße“ Werke zu

                                                                    31
Sie können auch lesen