ICG - Jubiläumsfestschrift 15 Jahre - Institut für Corporate Governance
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ICG Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft Jubiläumsfestschrift 15 Jahre 29. November 2017 ICG 2002-2017 Frankfurt am Main
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum INHALT Vorwort 3 15 Jahre ICG – Der Rückblick „So kriegten wir die PS auf die Straße“ 4 15 Jahre ICG - die Meilensteine 5 DIE TOP-KONFERENZ ZUM JUBILÄUM: Die deutsche Immobilienwirtschaft – eine Schlüsselindustrie auf dem Weg zu Nachhaltigkeit und Werteorientierung 7 WEITERE WEGBEGLEITER: 15 Jahre ICG — ein ganz persönlicher Rückblick 12 Es braucht einen Umbruch der Vergütungsmodelle für Aufsichtsräte 13 Nachhaltige Unternehmensführung ist unverzichtbar für jedes große Unternehmen 14 Verantwortung 2030: Gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen und der Wirtschaft im Zeitalter von Digitalisierung, Migration und Nachhaltigkeit 16 IM DIALOG ZU DEN WERTEN DES ICG: Wer Haltung zeigt, wird auch in der Immobilien- wirtschaft belohnt! 22 Impressionen vorangegangener Veranstaltungen 24 Aktivitäten des ICG / Veranstaltungstermine 25 Die Mitglieder des ICG 26 Der Vorstand des ICG / Impressum 27 Wir danken der Pricewaterhouse- Coopers GmbH, die dem ICG ihre Räumlichkeiten im Tower 185 in Frankfurt am Main für die Jubilä- umskonferenz zur Verfügung ge- stellt hat.
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum VORWORT Die ICG ist jetzt das ICG: ICG Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft Heute hat sich das ICG als der Agenda Setter, Think und Do Tank sowie Weiterbildungs- und Netzwerkplattform in der Branche und darü- Thomas Zinnöcker ist Vorstandsvorsitzender des ICG und ber hinaus etabliert. Es ist ein Institut für alle CEO der ista International GmbH sowie Vizepräsident des Themen rund um werteorientierte, nachhalti- ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss. Zuvor war Thomas ge Unternehmensführung. Ein Institut, das (in Zinnöcker Vorstandsvorsitzender der GSW Immobilien AG, Kooperation mit und für den ZIA, der aus dem Vorstandsvorsitzender der Geschäftsführung der GAGFAH ICG-Vorstand heraus initiiert und gegründet Group und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der VONOVIA SE. wurde) intensiv an den Inhalten zu Corporate Governance arbeitet und hierfür als anerkann- Die Initiative Corporate Governance der deut- ter Ansprechpartner für Unternehmen, Organi- schen Immobilienwirtschaft (ICG) hat anläßlich sationen, Organe und Führungskräfte auf allen ihres 15-jährigen Bestehens ihren Namen ge- Ebenen der Immobilienwirtschaft in Deutsch- ändert. Sie wird künftig „Institut für Corporate land, aber auch international, gilt. Governance in der deutschen Immobilien- Die vorliegende Festschrift fasst zum einen die wirtschaft“ heißen. Ergebnisse unserer Jubiläumsveranstaltung Damit tragen wir dem langen Weg Rechnung, „Die deutsche Immobilienwirtschaft – eine den das ICG bereits zurückgelegt hat. Am An- Schlüsselindustrie auf dem Weg zu Nachhaltig- fang stand eine Initiative mehrerer Unterneh- keit und Werteorientierung“ am 29. November mer, um die deutsche Immobilienwirtschaft zu 2017 zusammen. Sie setzt aber auch – über professionalisieren. Über die Jahre entwickel- diverse Interviews und Beiträge – neue Impul- te sich ein starkes Netzwerk marktführender se zum Thema gute Unternehmensführung. Unternehmen und deren Top-Führungskräften, welches mit der Politik, Bildungseinrichtungen Ich wünsche Ihnen, auch im Namen des gesam- und anderen Stakeholdern der Immobilien- ten Vorstandes des ICG, eine interessante Lek- wirtschaft kooperiert. türe! Jubiläum am 29.11.2017: Begrüßung durch Thomas Zinnöcker, Vorstandsvorsitzender des ICG 3
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum 15 JAHRE ICG – DER RÜCKBLICK „So kriegten wir die PS auf die Straße“ Thomas Zinnöcker (l.), CEO der ista international GmbH und Vorstandsvorsitzender des ICG und Werner Knips (r.), Part- ner der Heidrick & Struggles GmbH & Co. KG, der Initiator und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des ICG Wo kommen wir her – wo sind wir gerade – Immobilienwirtschaft war eine Katastrophe“, wo wollen wir hin? blickte Zinnöcker auf diese Zeit zurück. Jubiläen sind ein willkommener Anlass, um sich diesem Dreiklang der Positionsbestimmung Belastbare Standards für gute Unternehmens- zu widmen. Auf der Jubiläumsveranstaltung führung mussten her, um solchen Gescheh- „15 Jahre ICG 2002 – 2017“ am 29. November nissen wie in Frankfurt künftig einen Riegel 2017 in Frankfurt widmeten sich Werner Knips vorzuschieben. „So wurde die Idee geboren, und Thomas Zinnöcker der schönen Aufgabe, eine Initiative zur Etablierung von Corporate mit einem Blick in den Rückspiegel die Erfolgs- Governance Kriterien zu gründen“, erzählte geschichte ICG nachzuzeichnen. Zinnöcker, im Knips. „Damit sind wir über die Expo Real ge- Hauptberuf CEO von ista International, lenkt zogen und haben Gleichgesinnte gesucht und derzeit als vierter Vorstandsvorsitzender die getroffen“. Dr. h.c. Dolf Weber, Senior Partner Geschicke des ICG. Werner Knips, Partner der von Clifford Chance, hatte sofort an die Idee internationalen Personalberatungsgesellschaft geglaubt. Jürgen Ehrlich von der Difa teilte die Heidrick & Struggles, ist Initiator und einer der Vision. Prof. Karl-Werner Schulte (damals ebs) Gründungsväter des ICG und treibt von Beginn war ebenfalls rasch von dem Ansatz überzeugt. an die Entwicklung mit viel Energie voran. Dr. Eckart John von Freyend von der IVG stell- te sich als erster Vorsitzender dem ICG zur Im Zwiegespräch weckten beide zunächst die Verfügung. Es war der Beginn einer Erfolgs- Erinnerung an den Zustand, in dem sich die Im- story, bei der führende Vertreter der Branche mobilienbranche 15 Jahre zuvor befand. Der – unterstützt durch international anerkannte Frankfurter Immobilienskandal steuerte gerade Experten – für die Branche praxisrelevante auf seinen Höhepunkt zu. Ein äußerst unange- Standards entwickelten. nehmer Vorfall, der perfekt zum negativen Bild zu passen schien, das sich die Öffentlichkeit Wesentliche Meilensteine auf dem weiteren von der Branche machte. Ein Tiefpunkt, an dem Weg waren dann die Erarbeitung und Einfüh- sich aber bei zahlreichen professionellen Bran- rung eines Corporate Governance-Kodexes für chenakteuren die Einsicht durchsetzte, dem die deutsche Immobilienwirtschaft. Dieser Treiben nicht mehr tatenlos zuzusehen, sondern wurde wiederum zur Grundlage eines Werte- endlich zu handeln. „Das Image der deutschen management- und eines Zertifizierungssystems, 4
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum bei dem der anerkannte Corporate-Governance- neuen Ansatzes unternehmerischen Handelns Experte Prof. Josef Wieland (damals Universität für die Immobilienwirtschaft. Diese Aktivitäten Konstanz) entscheidende Hilfestellung leistete. mündeten schließlich in die Veröffentlichung Diese Zertifizierungen waren ein entscheiden- eines Nachhaltigkeitskodexes mit dem ZIA, der der Durchbruch, weil damit erstmals eine prak- wiederum die Basis für einen CSR-Leitfaden tische Umsetzung der erarbeiteten Prinzipien bildete, mit dem die Immobilienwirtschaft nun im Geschäftsalltag von Immobilienunterneh- die erarbeiteten Nachhaltigkeitsprinzipien in men möglich wurde. „So kriegten wir die PS der unternehmerischen Praxis verankern kann. auf die Straße“, machte Knips die Bedeutung „Die Immobilienwirtschaft und ihre Unterneh- dieses Moments deutlich. men haben einen riesigen Hebel und die Chan- ce durch die Wahrnehmung ökologischer und Danach lenkten die Mitstreiter des ICG verstärkt sozialer Verantwortung mittel- und langfristig den Blick auf das Thema Nachhaltigkeit. Hier ökonomische Erfolge zu sichern, ihr Image zu fand das Institut große Unterstützung von wis- verbessern und letztendlich für dringend ge- senschaftlicher Seite in Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz brauchte Talente attraktiver zu werden“, stell- Josef Radermacher, unter anderem Mitglied te Werner Knips im Zwiegespräch mit Thomas des Club of Rome. Er gab unverzichtbare Im- Zinnöcker fest. Auf der nächsten Jubiläumsver- pulse bei der Erarbeitung der inhaltlichen Sub- anstaltung kann dann Bilanz gezogen werden, stanz dieses als Stakeholder Value bekannten wie dieser Hebel wirkt. 15 JAHRE ICG - DIE MEILENSTEINE ...in den Jahren 2002 - 2008: Meilensteine der ICG 2002: 2003: 2003: 2004: 2004: Veröffentlichung Gründung 2002, „Corporate Veröffentlichung Veröffentlichung Erste Ausgabe 13 Firmen- und Governance der sog. „Kodex für Treu- ICG- 13 persönliche -Kodex „10 Gebote“ handvermögen“ Newsletter Mitglieder für die Immobilien- (Grundsätze) wirtschaft“ 2005: 2005: 2005: 2006: 2008: Veröffentlichung Veröffentlichung Veröffentlichung Gründung des ZIA Veröffentlichung Zertifizierungs- Rating- Leitfaden u.a. durch den Pflichtenheft system Leitfaden „Werte- ICG Vorstand „Compliance Compliance- Management“ Management“ Management Meilensteine ICG 5
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum ...in den Jahren 2009Meilensteine - 2015: der ICG 2009: 2010: 2010: 2011: 2013: Erste Jahresver- Erste Verleihung Erstes Basis- Road Show Nachhaltigkeits- anstaltung „The ICG Zertifizierung seminar der und kodex der German Real Estate (seither 34 Erst- und ICG Real Estate Pilotunternehmen Wiederholungs- Immobilien- Summit“ Board Academy Zertifizierung zertifizierungen) wirtschaft (seither 8) (seither 9) 2013: 2014: 2014: 2015: 2015: Erste Ausgabe der Veröffentlichung Überarbeitung Gründungsmitglied Erstes Aufbau- im internationalen ICG-Zeitschrift Compliance-Risiko- Zertifizierungs- Seminar der „Real Corporate übersicht system UNO-Projekt ICG Real Estate Board „International Governance“ „Dolose Compliance Academy Handlungen“ Management Ethics Standards“ (seither 3) 2015 Meilensteine ICG ...und in den Jahren 2016 - 2017: Meilensteine der ICG 2016: 2016: 2017: 2017: 2017: Erster „ICG Cor- Start Veröffentlichung porate Responsibility Gewinn des Erster Programm Compliance-Risiko- Day“ und Veröfftl. „Immobilien „ICG „Diversity on Übersicht „IT- Leitfaden „Soziale- Manager Risk Day“ Boards“ Sicherheit und gesellschaftl. Awards“ Datenschutz“ Verantw.“ 2017: 2017: Umbenennung in Institut für Corporate 15-jähriges Governance in der Jubiläum deutschen Immobilienwirtschaft e.V. Meilensteine ICG 6
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum DIE TOP-KONFERENZ ZUM JUBILÄUM: „Die deutsche Immobilienwirtschaft – eine Schlüsselindustrie auf dem Weg zu Nachhaltigkeit und Werteorientierung“ Fünf Stunden für 15 Jahre – die Jubiläumsver- Seinen persönlichen Antrieb, Werte zu leben anstaltung des ICG am 29. November 2017 in und Haltung zu zeigen, beschrieb er so: „Ich Frankfurt machte die Stärken und die Beson- wollte immer, dass die Menschen am Ende ei- derheiten dieses Branchenzusammenschlus- ner Wahlperiode nicht sagen, sie seien von mir ses für alle Teilnehmer komprimiert sichtbar. enttäuscht. Die Leute haben einen Anspruch Zu den Stärken gehört es, eine Gesprächsplatt- auf Klarheit in der Haltung von Politikern.“ form zu sein, wo intellektuell anspruchsvoll und Besorgt zeigte sich Bosbach darüber, dass die doch praxisbezogen die erste Riege der deut- Bindungswirkung großer Organisatoren nach- schen Immobilienwirtschaft den Austausch lässt. Daran werde die zunehmende Fragmen- pflegen kann. Zu den Besonderheiten gehört tierung in der Gesellschaft deutlich. „Wir be- es wiederum, dass offene Wort zu wagen, Be- finden uns am Übergang von der Industrie- zur obachtungen und Einsichten ohne den Filter Wissensgesellschaft – das verändert Ökono- von PR- und IR-Abteilung mit Gleichgesinnten mien und persönliches Verhalten“, sagte er. teilen zu können. „Das ungeheure Tempo und gewalti- ge Ausmaß an weltweiten politischen Veränderungen sind prägend für un- sere Zeit. Alte Gewissheiten geraten ins Wanken, neue Herausforderungen - politisch wie ökonomisch - begeg- nen uns Tag für Tag. Internationali- sierung, Globalisierung und Digitali- sierung prägen unsere Debatten. Was Keynote „Werte und Haltung in Wirtschaft und Politik“ Wolfgang Bosbach, ehem. MdB bedeutet das alles für Deutschland und Europa?“ WERTE UND HALTUNG IN POLITIK UND Wolfgang Bosbach WIRTSCHAFT Wolfgang Bosbach, der über 13 Jahre als CDU- PANEL 15 JAHRE ICG Abgeordneter dem Bundestag angehörte und Diesem gelungenen Auftakt schloss sich das der sich mit seinem Mut zur eigenen Meinung Panel der bisherigen Vorstandsvorsitzenden die Anerkennung über die Parteigrenzen hin- des ICG Dr. Eckart John von Freyend, Dr. Hans weg erwarb, setzte mit der ersten Key Note Volkert Volckens und Thomas Zinnöcker an, des Tages die Tonlage für die Veranstaltung. unter deren Ägide das ICG wurde, was es „Nichts ist alternativlos“, setzte er denn auch heute ist. Ihr Gedankenaustausch auf dem gleich einen Nadelstich in Richtung Kanzlerin. Podium entwickelte sich zu einer Übersicht über die Motive des Branchenzusammen- „Alternativen gibt es immer!“ schlusses, die über die Jahre aktuell geblieben Wolfgang Bosbach sind. „Wir haben versucht, den deutschen 7
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum Panel mit dem gegenwärtigen und zwei ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des ICG: Thomas Zinnöcker, Dr. Hans Volkert Volckens, Dr. Eckart John von Freyend (v.l.n.r.), Diskussionsleitung: Dr. Florian Langenscheidt Corporate-Governance-Kodex um immobilien- VERANTWORTUNG 2030: GESELL- affine Themen zu erweitern“, blickte Dr. Eckart SCHAFTLICHE VERANTWORTUNG DER John von Freyend, ehemaliger ICG-Vorstands- UNTERNEHMEN UND DER WIRTSCHAFT vorsitzender und heute aktiver Aufsichtsrat IM ZEITALTER VON DIGITALISIERUNG, in mehreren Unternehmen, auf die Anfänge MIGRATION UND NACHHALTIGKEIT zurück. „Mit der Zertifizierung gelang es uns, Diese Keynote und das gleichnamige Anschluss- abstrakte Corporate-Governance-Themen so Panel brachte Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef auf die Praxisebene zu übertragen, dass sie Radermacher mit seinem Bekenntnis in Schwung, jeder versteht.“ dass er ein „pessimistischer Optimist“ sei. Dr. Hans Volkert Volckens, der 2012 den Staf- felstab von Bärbel Schomberg (vergl. S. 12) an „Die Leute gehen davon aus, dass alles gut der ICG-Spitze übernahm, hob die Funktion wird. Aber es wird nicht immer alles gut. der Branchenvereinigung als Fortbildungstool Wir können in einer globalen Zweiklassen- und als Plattform für den Erfahrungsaustausch gesellschaft landen oder in einem globalen hervor. „Das ICG vermittelt Fachwissen zu im- Kollaps ökologischer Art.“ mobilienwirschaftschaftlichen Themen - auch Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher zu Werten“, sagte er. „Wie verhalte ich mich als Führungskraft in der Immobilienwirtschaft, um die Herausforderungen des Alltags meistern zu können?“ Dem seit 2014 amtierenden ICG-Vorstandsvor- sitzenden Thomas Zinnöcker ging es schließ- lich um den schwierigen Spagat, was einerseits operativ kurzfristig erforderlich und anderer- seits langfristig sinnvoll und wichtig ist. „Wir haben heterogene Erfahrungen in dem ICG zusammengebracht“, sagte er. Es gehe immer wieder darum, eine Mischung aus alten und Keynote „Verantwortung 2030“: Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. neuen Werten zu finden. Franz Josef Radermacher 8
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum NACHHALTIGE, WERTEORIENTIERTE UNTERNEHMENSFÜHRUNG - WAS BRINGT DAS? Im „Kritischen Diskurs“ mit Vonovia-CEO Rolf Buch und PwC-Partnerin Susanne Eickermann- Riepe machte Rolf Buch eindrucksvoll deut- lich, dass in der kurzfristig orientierten Börsen- welt langfristige Strategieansätze nicht zwangs- läufig zu kurz kommen müssen. „Bei unserem Produkt ist es ein Riesen- Panel „Verantwortung 2030“: Thomas Zinnöcker, Prof. vorteil, dass wir einfach erklären können, Dr. Dr. Dr. h.c. F. J. Radermacher, Dr. Jürgen Hereaeus, Dr. Jochen Keysberg (v.l.n.r.) warum es nur dann langfristig erfolgreich ist, wenn es nachhaltig positioniert ist.“ PANEL VERANTWORTUNG 2030 Rolf Buch Dieser skeptische Unterton wirkte als Weckruf „Wir brauchen die Einstellung: Der Mieter zahlt zum Nachdenken. So vertrat in der darauf fol- unsere Gehälter und ist für die Zukunft unseres genden Diskussionsrunde Dr. Jürgen Hereaeus, Unternehmens wichtig“, sagte Buch, der für den Dr. Jochen Keysberg, Professor Radermacher größten Wohnungsbestand in privater Hand in und Thomas Zinnöcker Panelist Dr. Jochen Deutschland verantwortlich ist. Leider habe sich Keysberg, CEO der Apleona Group, mit Blick die Branche in der Vergangenheit nicht damit auf die Bemühungen des ICG die Ansicht: hervorgetan, dass der Kunde im Fokus stehe. In der Nachkriegszeit seien Wohnungen eher ver- „Die Etablierung von Nachhaltigkeits- teilt worden. Auch in der Private-Equity-Phase prinzipien kann im Unternehmensalltag nach der Jahrtausendwende sei der Mieter kei- durchaus erzielt werden – allerdings nur ne Größe gewesen, weil er nicht in Excel-Sheets mit einer Verbindung zum Unterneh- passte. Doch inzwischen kann das Bild, dass die menserfolg. Jetzt ist die Zeit, die Kopp- Branche in der Öffentlichkeit abgibt, nicht mehr lung zu machen.“ Dr. Jochen Keysberg einfach ausgeblendet werden. „Wir müssen in gesellschaftliche Akzeptanz investieren, damit Dafür werde es auch höchste Zeit, stellte in unser Geschäftsmodell langfristig gesichert ist“, dieser Gesprächsrunde Panelist Dr. Jürgen lautete die Schlussfolgerung von Buch. Heraeus von der gleichnamigen Unternehmens- gruppe aus Hanau fest: „An der Spitze von Unternehmen standen einst Leute mit Kultur, doch dann kamen Leute mit Boni. Jetzt übernimmt der Staat die Regulierung, weil Unternehmen die Auswüchse selbst nicht mehr in den Griff bekommen haben.“ Dr. Jürgen Heraeus Dabei könne die Politik die Probleme zwar nicht lösen, aber immerhin die Infrastruktur bereit- „Was bringt werteorientierte Unternehmensführung?“: stellen. „Gute Schulen zum Beispiel.“ Susanne Eickermann-Riepe im Diskurs mit Rolf Buch 9
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum Heißer Stuhl: Christian Ulbrich im Diskurs mit Dr. Florian Langenscheidt DER CEO STELLT SICH Am frühen Abend nahm Christian Ulbrich, Dr. Langenscheidt: Haben Sie Angst vor disrup- Global CEO und Präsident des führenden inter- tiven Dritten? nationalen Immobilienberatungshauses JLL, die Herausforderung an, sich auf den ‚heißen Christian Ulbrich: Wir sehen permanent dis- Stuhl‘ zu setzen, um sich entsprechend der ruptive Entwickungen. Nehmen Sie nur das Thematik den Fragen von Dr. Florian Langen- Geschäftsmodell Co-Working mit WeWork als scheidt, Unternehmer, Publizist und Moderator Beispiel. Das hätten wir bei JLL eigentlich auch der Veranstaltung, zu stellen. „Heißer Stuhl“ ist machen können. Wir verstehen die Mietmärk- ein ideales Gesprächsformat, um interessante te, wir haben Zugang zum Nutzer und wir kön- Zeitgenossen mit ungewöhnlichen Fragen zu nen Hospitality Services anbieten – die drei konfrontieren und sie damit zu ungewöhnli- entscheidenden Zutaten für Co-Working. Aber chen Antworten zu bewegen. große Unternehmen wie wir tun sich schwer damit, sich so radikal in eine neue Komposition Dr. Langenscheidt: Haben Sie oft schlaflose von Dienstleistungen hineinzubewegen. Nächte angesichts der Verantwortung, die Sie in Ihrem Unternehmen tragen? Dr. Langenscheidt: Passen die Prinzipien der Nachhaltigkeit und die kurzfristige Incentivie- Christian Ulbrich: Dann könnte ein CEO perma- rung von Leistungen, wie sie in der Branche nent nicht schlafen. Das geht nicht. Was mich üblich sind, überhaupt zusammen? allerdings derzeit tatsächlich bewegt und auch zu nachtschlafender Zeit zum Nachdenken Christian Ulbrich: Die Kompensation nachhal- bringt, ist die Digitalisierung. Die Digitalisierung tiger zu gestalten, wird auf jeden Fall schwierig. einer identischen Dienstleistung erfordert in Natürlich ist uns da als Marktführer die Verant- unserem Falle auf Grund der abweichenden wortung bewusst, mit gutem Beispiel voranzu- Marktpraxis in den verschiedenen Ländern gehen und eine Wende zum Besseren herbeizu- unterschiedliche Antworten. Das macht die Sa- führen. Aber auch als Marktführer können Sie che extrem kompliziert. Auf Grund der damit der gängigen Marktpraxis nur ein Stück voraus- verbundenen Kosten, kann in der Folge nicht schreiten und müssen dann hoffen, dass der mehr in jedem Land jede Dienstleistungen an- Wettbewerb eine ähnliche Richtung einschlägt. geboten werden. Damit wird sich der Konzen- Ansonsten sind Sie nicht mehr lange Markt- trationsprozess in unserer Industrie auf jeden führer. Fall weiter verstärken. 10
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum Dr. Langenscheidt: Schlägt das Thema Vergü- ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK DER tung nicht unmittelbar auf das Image der Im- TOP-KONFERENZ „15 JAHRE ICG“ mobilienwirtschaft durch? Ulbrich: Das ist ohne Zweifel der Fall. Die Mög- lichkeit, kurzfristig viel Geld zu verdienen, er- zeugt immer wieder schlechtes Benehmen. Besondere Aufmerksamkeit bedarf es im Be- reich der Wohnungsmakler. Sie arbeiten an der Schnittstelle zum Normalbürger und einzelne sorgen immer wieder für schlechte Erfahrun- gen, die dann auf die gesamte Branche übertra- gen werden. Hier hat das Bestellerprinzip dazu beigetragen, dass inzwischen der Qualifizie- Thomas Zinnöcker (l.) und Dr. Florian Langenscheidt (r.) rung eine deutlich größere Bedeutung als früher beigemessen wird. Das ist ein schönes Zum Abschluss fassten Thomas Zinnöcker und Beispiel für eine richtige Regulierung: Die Bran- Dr. Florian Langenscheidt die Ergebnisse und chenakteure müssen sich weiter qualifizieren, wesentlichen Punkte der Konferenz mit Fokus damit sie auf einem besseren Niveau agieren auf die in Zukunft zu leistenden Aufgaben zu- können. sammen. Dr. Langenscheidt: Hat sich aus Ihrer Sicht das „Diese Konferenz hat gezeigt, welchen Image der Immobilienwirtschaft in den vergan- Weg die deutsche Immobilienwirtschaft genen 15 Jahren verbessert? auf dem Weg zu Nachhaltigkeit und Werteorientierung bereits zurückgelegt Christian Ulbrich: Die Reputation der Branche hat. Das ICG hat hierbei einen entschei- ist sehr länderabhängig. In Deutschland ha- ben wir sicherlich noch viel Platz nach oben. denden Beitrag geleistet – ich gratulie- Dennoch ist das Image über die vergangenen re zu Ihrer beeindruckenden Arbeit und 15 Jahre eindeutig besser geworden. Das ICG wünsche Ihnen für Zukunft weiterhin viel hat dabei sehr geholfen. Auch die Arbeit und Erfolg!“ Dr. Florian Langenscheidt der damit verbundene Bedeutungsgewinn des Branchenverbandes ZIA hat zu dieser positiven Entwicklung beigetragen. Die exklusive Jahresveranstaltung des ICG THE GERMAN REAL ESTATE SUMMIT widmet sich explizit dem Thema Corporate Governance und Nachhaltigkeit: Megatrend Digitalisierung - werteorientierte Unternehmensführung in Zeiten disruptiver Veränderungen am 28. - 29. Juni 2018 in Königstein/FFM Die Konferenz endete mit Sektempfang, Flying Buffet so- wie intensivem Networking der rund 160 Gäste. 11
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum WEITERE WEGBEGLEITER: 15 Jahre ICG — ein ganz persönlicher Rückblick von Bärbel Schomberg aktiv einbringen und meine Praxiserfahrungen mit einbeziehen. Das Zusammenwirken mit den Vorstandskollegen – allen voran dem unvergessenen Gründungsmitglied Dr. Dolf Weber – den Begleitern des ICG aus dem Be- reich der Wissenschaft und den vielen ehren- Bärbel Schomberg, Managing Director der Schomberg & amtlichen Unterstützern aus dem Kreise der Co. Real Estate Consulting GmbH, war von 2007 - 2012 Mitgliedsgesellschaften waren für mich beson- Vorstandsvorsitzende des ICG. An der Jubiläumskonfe- dere positive Erfahrungen und haben meinen renz konnte Bärbel Schomberg leider nicht teilnehmen. beruflichen Werdegang geprägt. Auch die lang- jährige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit 2002, das Gründungsjahr des ICG, war aus heu- Karin Barthelmes-Wehr war für mich ein per- tiger Perspektive für mich ein entscheidendes sönlicher Gewinn. Jahr in meiner beruflichen Entwicklung. Als Ge- schäftsführerin einer großen KVG war ich so- Bei der Entwicklung des ICG-Kodex habe ich wohl für das Publikumsfondsgeschäft als auch gern mitgewirkt und Leitlinien der Corporate für die Spezialfonds verantwortlich. Der Begriff Governance später bei der von mir zum da- „Corporate Governance“ gehörte damals noch maligen Zeitpunkt als CEO geleiteten Fonds- nicht zu unserem Standardvokabular, obwohl gesellschaft implementiert. Dabei war es für Grundelemente der Corporate Governance im mich besonders wichtig, die notwendigen Pro- Rahmen der Implementierung eines umfas- zesse immer in Zusammenarbeit mit den Mit- senden Risikomanagement-Systems seinerzeit arbeitern (bottom up) zu entwickeln. auch schon durchaus eine Rolle gespielt haben. Das ICG war und ist für mich Wegbe- Mein Alltag als Geschäftsführerin war geprägt gleiter und Leuchtturm zugleich. Die von großen Herausforderungen – insbesondere in dem Spannungsfeld der regulatorischen Regeln der Corporate Governance wa- Vorgaben, der berechtigten Interessen der ren und sind in kritischen Situationen Anleger und den Anforderungen des Konzerns, Leitplanken, die mein Handeln bestim- in den die KVG eingebettet war. In dieser Zeit men. suchte ich Orientierung und Guidelines, die ich dann schon sehr bald in dem ICG gefunden Ich bin stolz auf die Ergebnisse, die das ICG habe. Dank meiner zehnjährigen aktiven in der Immobilienwirtschaft erzielt hat und Mitarbeit im Vorstand des ICG konnte ich mich wünsche den aktiven Vorstandsmitgliedern im Rahmen der Möglichkeiten, die mir die und allen Vereinsmitgliedern viel Erfolg in der Tätigkeit in einem großen Konzern gestattete, Zukunft! 12
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum WEITERE WEGBEGLEITER: „Es braucht einen Umbruch der Vergütungsmo- delle für Aufsichtsräte“ Interview mit Prof. Dr. iur. Dr. rer pol. habil. Manuel René Theisen dem fixen Teil des Gehalts abgegolten. ICG: Aber die Incentivierung könnte sich doch zum Beispiel an der Einhaltung eines Nach- haltigkeitskodexes orientieren, wie er etwa in der Immobilienwirtschaft mit dem Nachhaltig- keitsleitfaden von ZIA und ICG existiert. Prof. Dr. Dr. Manuel R. Theisen: Die Existenz eines solchen Kodexes ist gut und sehr zu be- Prof. Dr. iur. Dr. rer pol. habil. Manuel René Theisen grüßen. Ein entsprechender Kodex macht war Professor für allgemeine Betriebswirtschaftslehre einen nachhaltigen Ansatz sichtbar und brei- und betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Gastprofes- tenwirksam. Aber ihn auf Führungs- und Über- sor für Corporate Governance und Corporate Law an der wachungsebene einzuhalten ist – wie gesagt LMU München. Seit 2003 ist er geschäftsführender He- rausgeber und Mitbegründer der Fachinformation „Der – nicht etwas, das gesondert belohnt werden Aufsichtsrat“. müsste. Noch einmal ausdrücklich betont: Das Professor Theisen ist Mitglied des Beirats der ICG Real gilt für Aufsichtsräte und Vorstände. In den Estate Board Academy und begleitet die Arbeit des ICG Führungsebenen darunter ist eine Incentivie- seit vielen Jahren. rung angebracht und sinnstiftend. Die Verhal- tensweise der Mitarbeiter kann sich dann auch ICG: Sind die vorherrschenden Vergütungs- an einem Kodex orientieren. modelle für Aufsichtsräte und Vorstände über- haupt auf nachhaltiges Handeln der Führungs- ICG: Sehen Sie Besonderheiten für Immobilien- kräfte ausgerichtet? unternehmen? Prof. Dr. Dr. Manuel R. Theisen: Ihre Frage wür- Prof. Dr. Dr. Manuel R. Theisen: Nein. Ich rate de ich gern mit einer Gegenfrage beantworten: auch von Speziallösungen ab, weil es die Durch- Sind Aufsichtsräte und Vorstände nicht grund- lässigkeit und die Verständlichkeit in der Regel sätzlich dazu verpflichtet, im Sinne einer nach- beeinträchtigt. Corporate-Governance-Prinzipien haltigen Führung vorzugehen und zu wirken? sollten über einzelne Branchen hinweg gelten. Jeder Aufsichtsrat und jeder Vorstand treten Bei aller individueller Differenzierung, die im dafür an, den Unternehmenswert nachhaltig zu Detail durchaus wünschenswert ist, sollte im steigern. Ich sehe hier also eine grundsätzliche Kern das Große und Ganze im Blick behalten Verpflichtung, eine Amtspflicht sozusagen, zu werden. nachhaltigem Handeln, die grundsätzlich nicht extra vergütet werden muss. Dieses Verhalten ICG: Ihre Zurückhaltung an diesem Punkt der und diese wichtige Einstellung sind schon mit finanziellen Belohnung von nachhaltigem 13
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum Verhalten ist bemerkenswert, weil Sie öffent- Diese Debatte krankt daran, dass man die Basis lich lautstark für eine bessere Vergütung von der Aufsichtsratstätigkeit gar nicht diskutiert. Aufsichtsräten eintreten. Bietet sich hier nicht Mein Lösungsvorschlag wäre hierbei, dass eine Gelegenheit, Ihr Anliegen durchzusetzen? nach dem Motto „Vergütung folgt Leistung“ eine individuelle zeit- und leistungsbezogene Prof. Dr. Dr. Manuel R. Theisen: Das hat nichts Vergütung vorgenommen wird. Zusätzlich soll- miteinander zu tun, daher ist es vor allem auch te der Aufsichtsrat für seine Aufgaben auch mit kein Widerspruch: Die Vergütung von Auf- einem eigenen Budget ausgestattet werden. sichtsräten ist ein grundsätzliches Thema. Da- Heutzutage braucht ein Aufsichtsrat Personal- bei geht es vor allem darum, wie ein Aufsichts- kompetenz für die Berufung des Vorstands und rat seine Aufgabe wahrnimmt. Ist es wirklich Organkompetenz, um sich das gesetzlich gefor- ein Ehrenamt, als das es hierzulande von vie- derte eigene Urteil bei wichtigen Geschäften len noch wahrgenommen wird? Oder ist es in- des Unternehmens bilden zu können. Vor die- zwischen nicht viel mehr ein Beratungsjob, der sem Hintergrund sind die meisten Aufsichtsrä- zeitweise volle Leistung verlangt? te in Deutschland immer noch unterbezahlt. WEITERE WEGBEGLEITER: „Nachhaltige Unternehmensführung ist unver- zichtbar für jedes große Unternehmen“ Interview mit Prof. Dr. Josef Wieland ICG: Was hat Sie an der Aufgabe gereizt, ein Zertifizierungssystem zum Werte- und Com- pliance-Management für die Immobilienwirt- schaft zu entwickeln? Prof. Dr. Josef Wieland: Bevor die konkrete Anfrage dazu kam, hatten wir uns schon einmal mit einem Wertemanagementsystem für die bayerische Bauindustrie beschäftigt. Da wa- ren wir schon nahe an der Immobilienbranche dran. Nach einem Vortrag über diese Aktivitä- ten kam das ICG auf mich zu. Und so fing das Prof. Dr. habil Josef Wieland ist Direktor Leadership Excel- Ganze an. Die Gesprächspartner aus der Bran- lence des Institute Zeppelin | LEIZ. che, auf die ich traf, waren in hohem Maße pro- Professor Wieland entwickelte gemeinsam mit Mitgliedern des ICG das Werte- sowie das Compliance Management und das fessionell und tief mit ihrem Geschäft vertraut. darauf aufbauende Zertifizierungssystem des ICG. Sie wussten, wovon sie sprachen. Gleichzeitig 14
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum gab es damals noch keine allgemein anerkann- te Corporate Governance in der Branche. Die Eine Empfehlung des Arbeitskreises „WerteManagement/Compliance“ und des Vorstandes der Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft e.V. Entwicklung entsprechender professioneller WerteManagement Standards war noch am Anfang. Das war eine in der Immobilienwirtschaft Ein Leitfaden interessante Herausforderung, der ich mich gerne stellte. A recommendation of the „Values Management/Compliance“ working group and the executive board of the Initiative Corporate of the German Real Estate Industry Values Management ICG: Gab es branchenspezifische Schwierigkei- in the Real Estate Sector A Guide ten, auf die Sie in der Entwicklung des Systems gestoßen sind? Prof. Dr. Josef Wieland: Nein. Es wurden aber In Kooperation mit in cooperation with Besonderheiten sichtbar, die die Entwicklung Der Leitfaden Wertemanagement in der Immobilien- eines Wertemanagementsystems besonders wirtschaft sowie alle anderen Publikationen des ICG kann über unsere Homepage eingesehen und herun- interessant machten. In der Immobilienwirt- tergeladen werden: schaft geht es beispielsweise bei manchen http://www.icg-institut.de Projekten um sehr große Summen, die einen Anreiz für Fehlverhalten sein können. Weiter- hin gibt es den Zwang zum Anschlussauftrag, ICG: Kennen Sie ähnliche Brancheninitiativen Immobilien lassen sich nicht auf Vorrat pro- wie das ICG, die sich ausschließlich mit nach- duzieren und wenn ein Projekt abgeschlossen haltiger Unternehmensführung beschäftigen? ist, wartet nicht automatisch das nächste. Da besteht ein enormer Druck, nicht plötzlich mit Prof. Dr. Josef Wieland: Das ICG ist Teil einer leeren Händen dazustehen. breiten Bewegung. Es befindet sich in guter Gesellschaft. Das Thema entfaltet sich national ICG: Gab es Schlüsselerlebnisse in der Erstel- und international. Große Unternehmen kom- lungsphase, die Ihnen noch gut in Erinnerung men daran nicht mehr vorbei. Vergleichbare sind? branchenweite Bewegungen, die ich an dieser Stelle hervorheben würde, gibt es etwa bei den Prof. Dr. Josef Wieland: Zwischenzeitlich stand Herstellern von Banknoten über die Bank Note das Projekt tatsächlich einmal auf der Kippe. Ethics Initiative mit Sitz in Brüssel und Lon- Wir hatten den Punkt erreicht, an dem das Wer- don. Oder in der Chemieindustrie. Dass sich tesystem formuliert war. Nun sollte es in den Branchen normative Corporate-Government- ersten Unternehmen verankert werden. Da war Standards geben, gilt heute zunehmend als die Zurückhaltung zunächst sehr ausgeprägt. eine Selbstverständlichkeit. Das ICG war da ein Die große Frage lautete: Wer schreitet voran? Vorreiter. Wer lässt sein Wertemanagementsystem tat- sächlich von Externen überwachen? Es gab ICG: Wie sieht die Zukunft von Compliance dann aber doch die ersten Pioniere, die in ihren Management Systemen aus? Wie können Sie Unternehmen ihre Seniorität in die Waagschale wirken bzw. warum bleiben sie so oft ohne warfen und in die Umsetzung gingen. Dieses En- Wirkung? gagement von anerkannten Führungspersön- lichkeiten in der Branche war letztlich zwingend Prof. Dr. Josef Wieland: Formale Dokumente notwendig, um das Projekt voranzubringen. sind nicht wirksam, wenn das entsprechende 15
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum Engagement des Führungspersonals nicht vor- Prof. Dr. Josef Wieland: Es sollte sich mit den handen ist. Und natürlich geht es hier auch Systemen und Leitfäden, die es entwickelt um Integrität. In Zukunft geht es darum, das hat, stärker in die gesellschaftliche Diskussion Compliance-Thema auf Sozialstandards wie einbringen – auch international. Es gibt das Arbeitszeiten auf internationalen Baustellen CSR-Forum auf Bundesebene, es gibt viel- und Mindestlöhne und auf Menschenrechte, fältige Initiativen, wo nach Beispielen gesucht hier lautet das Stichwort Kinderarbeit, auszu- wird. Hier kann das ICG das bislang Erreichte dehnen. Diese Ausdehnung wird inzwischen vorzeigen. Es kann vor allem auch seine Erfah- betrieben und bringt eine neue Qualität. rung einbringen, wie Standards ausgearbeitet und umgesetzt werden. Diese Kompetenz hat ICG: Gibt es einen guten Rat, den Sie dem ICG es sich über 15 Jahre erworben. Das ist ein ge- auf den weiteren Weg mitgeben möchten? wisser Vorsprung. WEITERE WEGBEGLEITER: Verantwortung 2030: Gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen und der Wirtschaft im Zeitalter von Di- gitalisierung, Migration und Nachhaltigkeit1 Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher 1. Vorbemerkung Ist in 2050 eine balancierte, auskömmliche, friedliche und zukunftsorientierte Welt für zehn Milliarden Menschen denkbar? Und was sind die Alternativen? Möglich, wohl sogar wahr- scheinlicher als eine Welt in Balance, sind eine weltweite Zweiklassengesellschaft oder ein ökologischer Kollaps. Dies hängt mit den Mög- lichkeiten der Aushebelung der Demokratie über die Globalisierung – dem sogenannten Trilemma der Globalisierung, mit den absehbar Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. F. J. Radermacher ist Vorstand des For- schungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensver- gefährlichen Möglichkeiten technischer Intelli- arbeitung/n (FAW/n), zugleich Professor für Informatik, Uni- genz und technischer Systemen zur Substituie- versität Ulm, Präsident des Senats der Wirtschaft e. V., Bonn, rung auch anspruchsvoller Tätigkeit einerseits Vizepräsident des Ökosozialen Forum Europa, Wien sowie und zur Totalkontrolle über den Menschen Mitglied des Club of Rome. Prof. Radermacher beriet und begleitete bei der Entwicklung des Nachhaltigkeitskodexes, (Brot und Spiele) andererseits sowie mit einer den das ICG mit und für den ZIA entwickelte. eventuellen Klimakatastrophe zusammen. 1 Beitrag für die Festschrift zur ICG Jubiläumsfeier am 29.11.2017 in Frankfurt. Überarbeitete Version des Beitrags „Demokratie, Zukunft, Nachhaltigkeit – Zur Rolle einer weltweiten Ökosozialen Marktwirtschaft“ des Autors zu dem Sammelband der Veranstaltungsreihe „Von der sozialen zur ´ökosozialen´ Marktwirtschaft. Ökologie und Ökonomie im Fokus von Politik und Gesellschaft.“ (Volker Kronenberg und Christoph Brüssel, Hrsg.), S. 17-33, SpringerVS, 2017 16
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum 2. Die Welt im Ringen um eine gute Zukunft entstandenen Probleme und sie erscheint vie- Die Verhältnisse auf dem Globus entwickeln len als der leistungsstärkste Akteur. Gleich- sich in problematischer Weise. Die Größe der zeitig sind die Handlungsfreiheit und die Ent- Menschheit wächst ungehindert weiter. Bis faltungsmöglichkeiten von Unternehmen und zum Ende des Jahrhunderts könnten es 12 Mil- Unternehmern zunehmend bedroht: durch liarden Menschen, davon über 4 Milliarden in ad hoc Eingriffe der Politik in das Geschehen, Afrika, sein. Das wäre fast eine Vervierfachung durch Nationalisierungstendenzen, Isolationis- der heutigen Bevölkerungsgröße auf diesem mus, das Brechen internationaler Handelsver- Kontinent. Gleichzeitig drohen massive Ver- träge und anderer Abmachungen etc. Beim änderungen im Bereich des Klimas, die teil- Weltwirtschaftsforum in Davos Anfang 2017 weise bereits heute sichtbar werden. Viele waren diese Risiken ein großes Thema. Die so- Menschen werden sich als Klimaflüchtlinge auf ziale Schere darf nicht weiter aufgehen, mehr den Weg machen. Die reichen Länder der Welt Fairness ist erforderlich, die Umweltprobleme können einen großen Zufluss von Flüchtlingen müssen entschlossen angegangen werden. politisch-gesellschaftlich nicht verkraften. Flüchtlinge vergrößern nämlich massiv die la- 4. Das Thema Nachhaltigkeit tenten Spannungen in Gesellschaften, die oh- Die Welt sieht sich spätestens seit der Welt- nehin mit den Problemen der aufgehenden konferenz von Rio 1992 vor der Herausforde- Schere konfrontiert sind. Die Globalisierung rung, eine nachhaltige Entwicklung bewusst wurde so gestaltet, dass in den reichen Ländern zu gestalten. Das bedeutet insbesondere eine große Teile der Bevölkerung von Partizipation große Designaufgabe bzgl. der Gestaltung der an Wohlstandszuwächsen ausgeschlossen wur- dominierenden gesellschaftlichen Subsysteme den, während Eliten mehrfach profitiert ha- der modernen Zeit, nämlich die Gestaltung ben. Das führt zu massivem „Ärger und Wut“, eines nachhaltigkeitskonformen Wachstums zu Politikverdrossenheit und zu Protest-Wahl- bei gleichzeitiger Herbeiführung eines (welt-) verhalten. Die neue Situation in den USA, der sozialen Ausgleichs und den Schutz der ökolo- Brexit, die Unabhängigkeitspläne in Katalonien gischen Systeme, inklusive einer Lösung des Kli- zeugen allesamt von der sich aufbauenden Un- maproblems. Tatsächlich ist dies wohl allenfalls zufriedenheit, ebenso wie das Erstarken von dann erreichbar, wenn die Wechselwirkung Protestparteien und die teilweise Radikalisie- zwischen den Staaten sich in Richtung einer rung in verschiedenen europäischen Staaten. Weltinnenpolitik bewegt, eine Forderung, die auf Carl Friedrich von Weizsäcker zurückgeht. 3. Zur Verantwortung der Unternehmen, der Dieser Notwendigkeit entgegen steht der ein Unternehmer und der Wirtschaft tretende Verlust des Primats der Politik, weil- Angesichts der sich aufbauenden Probleme die politischen Kernstrukturen nach wie vor sind Unternehmen, Unternehmer und die national oder, in einem gewissen Umfang, kon- Wirtschaft insgesamt besonders gefordert. Sie tinental, aber nicht global sind. müssen mehr gesellschaftliche Verantwor- Die beschriebenen Entwicklungen beinhalten tung übernehmen, so wie es der Hauptsatz der zwar gewisse Chancen für Entwicklung, laufen Unternehmensethik einfordert: „Bei Defiziten aber gleichzeitig wegen fehlender internatio- in der politischen Rahmenordnung fällt die naler Standards und inadäquater Regulierung Verantwortung an die Unternehmen zurück.“ und der daraus resultierenden Fehlorientie- Zudem hält die Bevölkerung die Wirtschaft rung des Weltmarktes dem Ziel einer nachhalti- für wesentlich mitverantwortlich für viele der gen Entwicklung entgegen (für Ökonomen: die 17
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum „Angesichts der sich aufbauenden Probleme sind Unternehmen, Unternehmer und die Wirtschaft insgesamt besonders gefordert. Sie müssen mehr gesellschaftliche Verant- wortung übernehmen...“ Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. F.J. Radermacher Preise sagen nicht die Wahrheit. Externe öko- und Wissensgesellschaft ist seit jeher der logische und soziale Kosten sind nicht internali- Treiber der Globalisierungsprozesse und ver- siert. Ganz im Gegenteil, ökologische und sozi- ändert aktuell die Welt schneller und grund- ale Kosten werden systematisch externalisiert). sätzlicher als jeder andere Innovationsprozess Da die Flüchtlingsproblematik zunimmt und in zuvor. Zu den positiven Effekten dieser Ent- fast allen reichen Ländern die soziale Sche- wicklung, die lange Zeit im Vordergrund stan- re aufgeht, formiert sich zudem Widerstand den und über eine gigantische Resonanz bei gegen die weitere Globalisierung, dies auch den Käufern „befeuert“ wurden, gesellen sich deshalb, weil in diesem Kontext die demokra- mittlerweile irritierende Elemente. Immer in- tischen Anliegen keinen Platz finden (Trilem- telligentere Maschinen, und zukünftig immer ma der Globalisierung). Die Bürger reagieren „menschlichere“ Roboter, können zwar immer teilweise mit hoher Wut und wählen sehr un- nützlichere Dienstleistungen ermöglichen, zu konventionelle Kandidaten und Parteien. Par- Ende gedacht können sie aber auch unsere allel wird eine Re-Nationalisierung angestrebt. Arbeitsplätze gefährden, unser Privatleben Der neue Präsident der USA verkörpert diesen ausspionieren, uns mit zugeschnittenen Kon- Trend. sumangeboten „verfolgen“ und in der Wech- selwirkung über soziale Netze die Kapazität 5. Die Umwelt- und Ressourcenfrage unseres Bewusstseins fast vollständig okku- Aufgrund der gegebenen Hinweise erweist sich pieren. im Kontext der Globalisierung der Zugriff auf Während über die ersten Jahrzehnte der be- Ressourcen und das Recht auf Erzeugung von schriebenen Entwicklung der Mensch die abs- Umweltbelastungen als großes Thema. Ohne trakte Maschine nach seinen Bedürfnissen und Ressourcenzugriff kein Wohlstand, zugleich gemäß seinem Rhythmus einsetzte und kon- droht bei übermäßigem Zugriff ein ökologi- trollierte, nähern wir uns mittlerweile einem scher Kollaps. Wer kann, wer darf auf Ressour- Punkt, an dem wir uns der digitalen Maschine cen in welchem Umfang zugreifen? Das kann unterwerfen bzw. gesellschaftlich in eine solche eine Frage von Krieg und Frieden werden. Unterwerfung hineingetrieben werden. Immer Das rasche Wachstum der Weltbevölkerung öfter sind wir z. B. nur dann noch beschäftig- verschärft die Situation signifikant und inner- bar bzw. nur noch dann sozial integriert, wenn halb sehr kurzer Zeiträume. Die Menschheit wir uns über mobile Geräte und omnipotente bewegt sich in Richtung auf zehn Milliarden Netzstrukturen in fast schon mechanisierte Menschen. Hinzu kommt das Hineinwachsen berufliche Abläufe einfügen und im gesell- von Hunderten Millionen weiterer Menschen schaftlichen Leben hochtransparent unsere in ressourcenintensive Lebensstile. Aktivitäten online mit anderen koordinieren. Der gläserne Mensch, final durch Apps diszi- 6. Der Mensch und die digitale Maschine – pliniert, entsteht vor unseren Augen – und wir was kommt auf uns zu? schauen zu und lassen es geschehen. Als wären die beschriebenen Probleme nicht Der Mensch in seinen sozialen Netzwerken groß genug, kommt ein weiterer Faktor großer wird dabei digital manipulierbar - er lebt teil- Wirkungskraft hinzu – die digitale Transforma- weise nur noch in speziellen Ingroups mit eige- tion. Der Weg in eine weltweite Informations- ner Wahrheit. Das macht Politik schwierig. 18
15 Jahre ICG Festschrift zum Jubiläum „Die aktuelle Herausforderung besteht darin, die Nachhaltigkeit in das bestehende System zu integrieren...“ Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher Der sogenannte Plattformkapitalismus hebelt Hier besteht eine Analogie zum Sport: Der unsere sozialen Systeme und die Besteue- Wettbewerb bringt jeweils die Leistung, d. rungssysteme aus. Massive Verluste von Arbeit h. die Effizienz, hervor - ein gutes Input-Out- für Hochqualifizierte können unser System völ- put-Verhältnis, niedrige Kosten, schnelle lig aus den Angeln heben. Prozessierung oder große Volumina. Es sind jedoch die Regeln (in Österreich: die Spielan- 7. Die Rolle von Innovationen: Was bringt die ordnung), die den jeweiligen Markt mit seinen Zukunft? spezifischen Merkmalen (und damit die Effek- Ausgangspunkt der nachfolgenden Überle- tivität) ausmachen, genauso wie die jeweilige gungen ist die historische Entwicklung in Be- Manifestation einer Sportart. zug auf Wirtschaftssysteme und Wohlstand. Das in Europa erfundene „Betriebssystem der 9. Was ist wichtig für einen funktionierenden modernen Welt“ entwickelt sich zur globalen Markt? „Wohlstandsmaschine“. Technische Innova- Die marktschaffenden Regeln bilden ein erstes tionen sind dabei der Schlüssel für immer mehr marktstrukturierendes Restriktionensystem. Sie Wohlstand. Märkte sind dabei im Sinne von sind von wesentlicher Bedeutung dafür, dass Schumpeter der stärkste Mechanismus zur ein Markt seine Leistung hervorbringen kann. Hervorbringung von Innovationen. Wo liegen Zu den marktstrukturierenden Regeln zählen heute die Perspektiven für die Zukunft sowie insbesondere (in je spezifischer Ausprägung) die damit verbundene Chancen und Risiken? Ein sog. vier großen Freiheiten, die auf Individuen Thema ist die Zwangsläufigkeit bzw. Pfadab- wie Unternehmen ausgerichtet sind und ver- hängigkeit vieler Abläufe. Der im Buch „Der nünftigerweise um Elemente der Gemeinwohl- göttliche Ingenieur“ von Jacques Neirynck orientierung anzureichern sind: beschriebene Rebound-Effekt ist in seinen 1. Freiheit des Eigentums Konsequenzen nicht zu unterschätzen. Weite- 2. Vertragsfreiheit re Arbeiten zum Thema stammen von Robert 3. Freiheit zur Innovation Jungk. Die Rolle der Technologie ist letztlich 4. Freiheit zur Kreditaufnahme bzw. ambivalent zu sehen. Wie hängt all das mit zur Kreditgewährung den Märkten zusammen und wie müsste ein Marktsystem aussehen, das unter den heuti- Das Hervorbringen von Innovationen ist der in gen Bedingungen eine Chance auf Nachhaltig- langfristiger Perspektive wohl wichtigste Bei- keit eröffnet? Ist die soziale Marktwirtschaft trag von Märkten, denn durch sie konnte und noch zeitgemäß oder vielleicht überholt? Wie kann der Wohlstand in Breite erhöht werden. wäre sie gegebenenfalls weiterzuentwickeln? Staaten fördern mittlerweile in Konkurrenz zu- einander die Innovation und die entsprechen- 8. Marktwirtschaft: Wettbewerb unter Regeln den Wissenschaften. Der historische Erfolg zeigt, dass der Markt ein zentrales und unübertroffenes Element zur 10. Wachstum und Nachhaltigkeit Hervorbringung von Wohlstand ist. Ohne ein Wachstum betrifft begrifflich die Veränderung weltweites Marktsystem ist eine Zukunft in der geeignet quantifizierten (monetären) Wirt- Wohlstand für die ganze Welt nicht vorstellbar. schaftsleistung unter dem marktstrukturieren- Markt bedeutet Wettbewerb unter Regeln. den ersten Restriktionensystem. Es besteht 19
Alle 15 Jahre ICG Veranstaltungen des ICG werden Festschrift zum Jubiläum klimaneutral durchgeführt. zunächst kein unmittelbarer sachlicher Zusam- 13. Was bedeutet Ökosoziale Marktwirtschaft? menhang zur Nachhaltigkeit. Die aktuelle Her- Mit dem Begriff der nachhaltigen Marktwirt- ausforderung besteht darin, die Nachhaltigkeit schaft2, der eine Kombinierbarkeit der beiden in das bestehende System zu integrieren, wo- großen Konzepte der Nachhaltigkeit und des bei offensichtlich ist, dass das jetzige System Marktes zum Gegenstand hat, ist die Frage ver- trotz aller Debatten und Aktivitäten zum The- bunden, ob die gleichzeitige Umsetzung beider ma nicht nachhaltig ist. Wichtige Parameter, z. Leitkonzepte prinzipiell realisierbar ist oder ob B. der weltweite CO2-Ausstoß oder die Anzahl weiteres massives Wachstum in einer „Bra- der Menschen, die akut vom Hunger bedroht silianisierung“ oder in einem ökologischen sind, deuten ganz im Gegenteil auf eine im- Kollaps enden wird. Die heutige Welt ist weit mer weitergehende Verschlechterung des Sta- davon entfernt, nachhaltig zu sein. Unter den tus quo in Bezug auf Nachhaltigkeit hin. Nicht Vertretern von Politik, Unternehmen und Zivil- besser ist die Lage hinsichtlich der Ressour- gesellschaft findet man viele Personen, die zu- cen- und Energiefrage, der Entwicklung der nehmend Zweifel daran haben, ob die Gleich- Weltbevölkerungsgröße, der ‚Plünderung‘ der zeitigkeit beider Konzepte überhaupt möglich Realökonomie und der Staaten über ein unzu- ist. Noch mehr Zweifel besteht darüber, ob es reichend reguliertes Weltfinanzsystem und die zudem (positives) Wachstum (in der heutigen resultierende Schuldenkrise. An diesen Stellen Definition) geben kann. Ein erfolgversprechen- müssen jetzt entscheidende Weichenstellun- der Ansatz, mit dem eine Kombination beider gen erfolgen, sonst „endet“ die Menschheit in Konzepte gelingen kann, ist das etwa 35 Jahre einer „brasilianisierten“ Welt oder einem öko- alte Konzept einer Ökosozialen Marktwirt- logischen Kollaps. schaft. Es ist eine konsequente Fortentwicklung der sozialen Marktwirtschaft um Umwelt- und 11. Nachhaltigkeit als Constraint-System Klimaschutz. Um im Sinne der Nachhaltigkeit Idealtypisch lässt sich Nachhaltigkeit in Form wirksam werden zu können, ist eine weltweite eines Constraintsystems (z. B. bzgl. der pro Jahr Implementierung ohne ‚Schlupflöcher‘ erfor- zulässgen CO2-Emissionen weltweit oder der derlich. Richtig umgesetzt ist innerhalb eines Höhe einer für jeden Menschen weltweit be- solchen Kontextes bei der heutigen Ausgangs- reitzustellenden “Minimal Daily Allowance“) situation auch ein mit Nachhaltigkeit kompa- beschreiben. Man benötigt in diesem Sinne zur tibles (positives) Wachstum möglich. Operationalisierung der Nachhaltigkeit ein Nachhaltigkeits-orientiertes Restriktionensys- 14. Fundamentalidentität tem für die Bereiche Ökonomie, Gesellschaft Es kann gezeigt werden, dass die Ökosoziale (sozial-kulturell) und Ökologie. Marktwirtschaft Markt und Nachhaltigkeit in einem Rahmen vereinigt. Es lässt sich genauer 12. Wie setzt man Nachhaltigkeitsrestriktio- zeigen, dass dies auch die einzige mögliche Lö- nen durch? sung für dieses Ziel ist (Fundamentalidentität). Es gibt unterschiedliche Formen der Arbeits- teilung in der Durchsetzung von Nachhaltig- Fundamentalidentität: keit. Zur Erreichung der erforderlichen Restrik- Marktwirtschaft tionen stehen den unterschiedlichen Akteuren + Nachhaltigkeit verschiedene Instrumente zur Verfügung. So kann die Politik mit Hilfe ordnungsrechtlicher = Ökosoziale Marktwirtschaft Instrumente (produkt- oder prozessbezogene 2 Vgl. zusätzlich www.doktoranden-netzwerk.de, www.initiative.-nawi.org, www.holger-rogall.de 20
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