Impact Free Impact Free 39 - August 2021 - Hochschuldidaktisches Journal - Gabi Reinmann
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[0] Impact Free Hochschuldidaktisches Journal Impact Free 39 – August 2021 HAMBURG IMPACT FREE 39 (August 2021) Schmidt & Vohle
[0] Impact Free Was ist das? Impact Free ist eine Publikationsmöglichkeit für hochschuldidaktische Texte, - die als Vorversionen von Zeitschriften- oder Buch-Beiträgen online ge- hen, oder - die aus thematischen Gründen oder infolge noch nicht abgeschlossener Forschung keinen rechten Ort in Zeitschriften oder Büchern finden, oder - die einfach hier und jetzt online publiziert werden sollen. Wer steckt dahinter? Impact Free ist kein Publikationsorgan der Universität Hamburg. Es handelt sich um eine Initiative, die allein ich, Gabi Reinmann, verantworte, veröffent- licht auf meinem Blog (http://gabi-reinmann.de/). Herzlich willkommen sind Gastautoren, die zum Thema Hochschuldidaktik schreiben wollen. Texte von Gastautorinnen können dann natürlich auch in de- ren Blogs eingebunden werden. Und was soll das? Impact Free war gedacht als ein persönliches Experiment. Falls zu wenige Texte über einen gewissen Zeitraum zusammengekommen wären, hätte ich das Vorhaben wieder eingestellt. Dem ist aber nicht so, sodass ich Impact Free bis auf Weiteres fortsetze. Inzwischen sind die Texte auch über die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg hier erreichbar. In diesem Journal mache ich in Textform öffentlich, was mir wichtig erscheint: (a) Gedanken, bei denen ich so weit bin, dass sie sich für mehr als Blog-Posts eignen, (b) Texte, die aus diversen Gründen noch nicht geeignet sind für andere Publikationsorgane, (c) Texte, die in Reviews abgelehnt wurden oder infolge von Reviews so weit hätten verändert werden müssen, dass es meinen Inten- tionen nicht mehr entspricht, (d) Texte mit hoher Aktualität, für welche andere Publikationswege zu langsam sind, (e) inhaltlich passende Textbeiträge von anderen Autorinnen. Genderschreibweise und Textlänge sind bewusst variabel und können frei gewählt werden. Kontaktdaten an der Universität Hamburg: Prof. Dr. Gabi Reinmann Universität Hamburg Hamburger Zentrum für Universitäres Lehren und Lernen (HUL) Leitung | Professur für Lehren und Lernen an der Hochschule Schlüterstraße 51 | 20146 Hamburg reinmann.gabi@googlemail.com gabi.reinmann@uni-hamburg.de https://www.hul.uni-hamburg.de/ http://gabi-reinmann.de/ IMPACT FREE 39 (August 2021) Schmidt & Vohle
[1] MATHEMATIK-VORLESUNGEN nur wenig Interaktion mit den Studierenden statt – Angebote zur Beantwortung offener Fra- NEU DENKEN: gen zur letzten Vorlesung werden selten ge- VOM DIDAKTISCHEN DESIGN nutzt. Zudem lernen viele Studierende häufig nach dem Bulimie-Prinzip: Erst vor der Prüfung ZU DESIGN-BASED RESEARCH eignen sie sich den „Stoff“ in kurzer Zeit an, was zum Bestehen ausreicht, aber wenig nach- MARTIN SCHMIDT & FRANK haltiges Wissen erzeugt. Gerade fest verankerte Wissensstrukturen sind aber für das weitere VOHLE Studium der Mathematik entscheidend. Aus dieser allgemeinen Unzufriedenheit heraus ist der Wunsch entstanden, ein Vorlesungskon- 1. Ausgangslage und Zielsetzung zept zu entwickeln, welches mehr Rückfragen, Feedback und Interaktion zwischen Professor2 In den Corona-Jahren 2020/2021 ist die Virtua- und Studierenden zur Förderung des Verstehens lisierung der Lehre an deutschen Hochschulen zulässt und es den Studierenden ermöglicht, zur flächendeckenden Praxis geworden. Unter Einfluss auf die Auswahl der Aufgaben der dem Stichwort der Hybrid-Lehre werden unter- Übung zu nehmen. Anknüpfend an frühere Ar- schiedliche Modelle zusammengefasst, die vor beiten zur technologiegestützten Lehre allem – aber nicht nur – die „neue“ Präsenz (Schmidt & Söhngen, 2012) suchte Schmidt durch Videokonferenzen beschreiben. Diese eine überfachliche Kooperation mit dem wis- werden durch Zuschaltung von Seminaraktivi- senschaftsnah arbeitenden Mediendidaktiker täten vor Ort an den Hochschulen sowie syn- Vohle, der mit seinem Beratungsschwerpunkt chrone und asynchrone Aktivitäten zur Hyflex- auf hybride und videobasierte Lehr-Lern-Sze- Lehre ausgebaut, was maximale Flexibilität narien bei der didaktischen Neuausrichtung hel- verspricht, aber auch Kritiker auf den Plan ruft fen kann. (vgl. Reinmann, 2021). Im Fach Mathematik der Universität Trier sieht 2. Entwurf und Entwicklung es nicht anders aus als im Rest der Republik. In mehreren Sitzungen wurde zunächst daran Seit dem Sommersemester 2020 bietet Martin gearbeitet, Spezifika von Mathematikvorlesun- Schmidt seine Vorlesungen via ZOOM an, d.h., gen gemeinsam zu rekonstruieren: Worauf er hat die Kreidetafel des Hörsaals1 gegen den kommt es (insbesondere in der Mathematik) an? geteilten Screen seines Tablets ausgetauscht. Was sind die besonderen Hürden bei der Ver- Währenddessen versuchen seine Studierenden mittlung bzw. Aneignung? Von den vielfältigen am Heimrechner, das Gesagte und Gezeigte didaktischen Optionen wurde schnell der nachzuvollziehen und mittels Mitschrift für die Schwerpunkt „Interaktion“ zwischen Lehren- eigene Nachbearbeitung zu dokumentieren. den und Lernenden als relevant identifiziert. Ein Sein Assistent Dennis Kreber bietet außerdem wesentlicher Grund hierfür ist der Status Quo, in jeder Vorlesungswoche eine Übung an, in in dem Studierende während der Vorlesung we- welcher der abstrakte Vorlesungsstoff in Aufga- gen des hohen Zeitdrucks (es wird 90 Minuten ben angewendet und offene Fragen mit Studie- am Stück gelesen) fast keine Chance haben, ihr renden diskutiert werden. Nach 15 Vorlesungs- Nichtverstehen zu verbalisieren und zur Diskus- wochen finden dann die Prüfungen in der an- sion zu stellen. Vor diesem Hintergrund bestand schließenden vorlesungsfreien Zeit statt. Auch das Hauptziel darin, den Studierenden die Mög- vor Corona sah die Lehrorganisation nicht an- lichkeit zu geben, ihr Nichtverstehen für den ders aus; auch hier gab es 15 Vorlesungswochen Professor und für sich selbst zu „bookmarken“, – nur im „analogen Hörsaal“ in Kombination ohne die quantitative Effizienz der bisherigen mit Übungen im Seminarraum. Lehrform zu verringern. Schmidt ist mit dieser Form der Lehre schon seit längerem unzufrieden. In der Vorlesung findet 1 2 Die in diesem Hochschulbegriff manifestierte Rollenver- Bei dieser Rolle verbleiben wir für den Rest des Artikels teilung wird noch zentraler Gegenstand der folgenden Ge- in der maskulinen Form, da sie sich durchgängig auf die danken sein. bei diesem Projekt durchführende und männliche Lehrper- son bezieht. IMPACT FREE 39 (August 2021) Schmidt & Vohle
[2] Das didaktische Konzept sah fünf Veränderun- gen im Sinne des didaktischen Designs vor 4. Die Studierenden können in der Vorlesung (Reinmann, 2015), aus denen neue Interaktions- oder danach durch Kurzkommentare Wün- formen entwickelt wurden: sche formulieren, zu welchen Stellen und 1. Die in ZOOM stattfindende Vorlesung wird Themen der Vorlesung sie Hilfen (Übungs- aufgezeichnet, um Studierenden die Video- aufgaben, Diskussion, etc.) in der nachgela- konserve zur individuellen Nachbereitung gerten Übung oder der folgenden Vorle- zur Verfügung zu stellen. Hierdurch können sung haben möchten. die Studierenden sowohl synchron als auch 5. Der Professor erhält durch die visuellen zusätzlich asynchron an der Vorlesung teil- Tags (im Idealfall) eine Übersicht zu denje- nehmen. nigen Stellen der Vorlesung, an denen Stu- 2. Innerhalb der Videovorlesung erhalten die dierende viele Fragen haben. Mit dieser In- Studierenden die Möglichkeit, mittels einer formation kann sich der Professor auf die App visuelle „Livetags“3 mit Ampelfarben folgende Vorlesung vorbereiten, indem er und Kurzkommentaren zu vergeben, um wiederholend auf Kernprobleme eingeht. Fragen oder andere Anmerkungen zeit- In Abbildung 2 (nächste Seite) wird die Hybrid- markengenau in den Vorlesungsmitschnitt bzw. Blended-Learning-Struktur mit den Opti- einzubinden. onen zur Förderung von Interaktion deutlich: 3. Die Videoaufzeichnung mit den zeitmarken- Die in der Vorlesung gesetzten Tags und Kom- genauen und personalisierten Livetags bzw. mentare „landen“ im Vorlesungsmitschnitt. Sie Kommentaren der Studierenden wird auf ei- dienen den Studierenden als Nachbearbeitungs- ner Online-Umgebung4 zur Verfügung ge- anker, dem Assistenten zur gezielten Auswahl stellt (vgl. Abbildung 1); Studierende kön- von Übungen und dem Professor zur besseren nen sich die Videos mit ihren Anmerkungen Vorbereitung auf die nächste Vorlesung. jederzeit ansehen und diese zu vollständigen Videokommentaren ausarbeiten. Abb. 1: Videoplayer mit visuellen Tags (Ampel) und Kommentare 3 4 Erstmals eingesetzt in der Trainerausbildung der Bas- edubreak®Campus, eine Online-Videoumgebung mit ketball-Bundesliga; siehe https://www.face- Schwerpunkt Social Video Learning bzw. kollaborative book.com/Ghostthinker/videos/livetagging-mit-der-edu- Videoannotation (Abruf 07.08.2021; https://ghostthin- breakapp/549402465263770/ ker.de/de/social-video) IMPACT FREE 39 (August 2021) Schmidt & Vohle
[3] Abb. 2: Struktur des Lehr-Lern-Szenarios Vorlesungsmonat (April) zehn bis 20 Kom- 3. Erprobung und Evaluations- mentare zu finden sind, reduzieren sich diese maßnahmen im zweiten Vorlesungsmonat (Mai) auf ein bis vier und im dritten und vierten Vorle- Das didaktische Konzept für Vorlesung und sungsmonat (Juni und Juli) auf null. Übung wurde im Sommersemester 2021 im Rahmen der turnusmäßig angebotenen Vorle- − Ergebnisse zur Nutzung: Aufgrund der ge- sung „Nichtlineare Optimierung“ erprobt und ringen Kommentierung haben die Studieren- lief über 15 Vorlesungswochen (inklusive Ein- den nur vereinzelnd die Chance zu einer ver- führung) mit bis zu 30 eingeloggten Studieren- tiefenden Weiterverarbeitung der Tags und den technisch störungsfrei. Vorlesung (und Kommentare genutzt. Da keine bis sehr we- Übung) wurden mittels ZOOM abgehalten, die nige Fragen mittels Tags und Kommentie- Vorlesung mittels App kommentiert und das Er- rung gestellt wurden, konnte der Professor gebnis auf der Online-Videoplattform zur Do- nicht, wie angestrebt, Einblick in Verständ- kumentation und Weiterverarbeitung bereitge- nisschwierigkeiten und Fragen erhalten, um stellt. Das Entwicklungsteam traf sich ab Se- sie in der folgenden Vorlesung aufzugreifen. mesterstart in regelmäßigen Abständen von ein Die Studierenden befürworten zwar deutlich bis zwei Wochen, um aktuelle Erfahrungen, die Idee des Taggings und der Kommentie- vorläufige Bewertungen und mögliche Nach- rung der Videos, nutzen sie aber (paradoxer- steuerungen zu diskutieren. Nach Ende des weise) kaum. Großen Anklang fand dagegen Sommersemesters wurde der Kurs von Seiten durchweg die Bereitstellung der Vorlesung der Universität mit einem Online-Fragebogen in Videoform zur asynchronen und individu- evaluiert, der zwar keine spezifischen Fragen zu ellen Nachbereitung. der hier skizzierten Lehrinnovation enthielt, Insgesamt liegen die Ergebnisse damit weit hin- aber dennoch einige Informationen hierzu im ter den Erwartungen, die sich das Entwick- offenen Antwortteil beinhaltete. lungsteam gesetzt hatte. Vor allem das Kern- Um spezifischere Rückmeldung zu erhalten, ziel, mehr Interaktion zwischen Professor und wurden seitens des Assistenten informelle Dis- Studierenden zu schaffen, wurde nicht erfüllt. kussionen mit den Studierenden im Übungsteil Es ist aber auch festzustellen, dass das Entwick- durchgeführt. Zudem erhielten wir ohne Auf- lungsteam bei der Umsetzung des Konzepts viel forderung zum Teil sehr detaillierte und reflek- gelernt hat – insbesondere über diejenigen Fa- tierte persönliche Einschätzungen und Optimie- cetten von Mathematikvorlesungen (und -übun- rungsideen von Studierenden in schriftlicher gen), die bisher möglicherweise zu wenig gese- Form. Vor diesem Hintergrund entschieden wir hen wurden: nämlich die nur schwach kulti- uns gegen einen zusätzlichen Fragebogen oder vierte Frage- und Beteiligungskultur der Studie- eine systematische Befragung, da der erwartete renden und die sozio-psychologischen und di- zusätzliche Erkenntnisgewinn gering erschien. daktischen Voraussetzungen, Mathematik ge- meinsam „im Dialog“ verstehen zu wollen und 4. Diskussion der Ergebnisse und zu können. Erfahrungen Zu Beginn wurde im Entwicklungsteam immer wieder die Vermutung geäußert, dass die Stu- Die vorläufigen Ergebnisse der Evaluation las- dierenden mit der Livekommentierung überfor- sen sich wie folgt zusammenfassen: dert sein könnten, was unterschiedliche Evalua- − Technologische Ergebnisse: Die Auswer- tionsdaten bestätigen. Gleichzeitig selber mit- tung der Videos ergab, dass die Studierenden zuschreiben und in der App zu kommentieren, sehr wenige Tags und Kommentare pro Vor- scheint aufgrund der zu realisierenden geteilten lesung getätigt haben. Während im ersten Aufmerksamkeit kaum möglich. Zudem ist IMPACT FREE 39 (August 2021) Schmidt & Vohle
[4] beim Live-Zuhören und -Zusehen in der Vorle- Zunächst haben wir uns dazu entschieden, das sung schwer zu bestimmen, wann genau (Zeit- aktuelle Konzept des Livetaggings der Vorle- punkt) was im Detail (Qualität) nicht verstan- sung fallen zu lassen, weil aus unserer Sicht den wird. kleinschrittige Verbesserungen des Konzepts keine signifikante Verbesserung des Outputs Neben dieser sicher relevanten kognitiven verspricht. Stattdessen wollen wir die schon zu Komponente ist aber auch eine sozio-psycholo- Beginn der Kooperation diskutierte (aber da- gische Komponente immer wieder im informel- mals wieder verworfene) Möglichkeit des In- len Feedback der Studierenden zutage getreten: verted Classroom als Basiskonzept heranziehen Die nachvollziehbare Angst, die eigene Unwis- und diese mit den Potenzialen von Tagging und senheit bzw. das eigene Nichtverstehen vor ei- Videokommentierung verbinden. Der Kernge- ner Gruppe von Mitstudierenden und dem Pro- danke beim Inverted-Classroom-Konzept be- fessor offen zu äußern – und in diesem Fall so- steht darin, die Vorlesungsinhalte als Video- gar offen und bleibend zu dokumentieren. So- konserve zur individuellen Vorbereitung vorab wohl während einiger Feedbackrunden im Rah- online anzubieten, um die dadurch freiwer- men der Vorlesung und Übung als auch in bila- dende Zeit der „Vorlesung“ für die Beantwor- teralem E-Mail-Feedback an den Professor tung und gemeinsame Bearbeitung von Fragen wurde als zentraler Grund angegeben, die Tag- zur Vorlesung zu nutzen. ging-Funktion der App nicht zu nutzen, da eben diese Tags nicht anonym, sondern für die ge- Dieses Grundprinzip (vgl. Zeaiter & Hantke, samte Lerngruppe einsehbar sind. In diesem 2020) möchten wir nun um die Potenziale der Kontext wird außerdem häufig betont, dass die Videokommentierung erweitern.5 Aktuell sind Vorlesungssituation in der Mathematik als sol- folgende Veränderungen des didaktischen De- che nicht geeignet sei, um direkt Fragen zu stel- signs geplant: len, da der Stoff „eh nicht direkt verstanden − Die Studierenden bekommen die Möglich- wird“ und zuerst zuhause in Ruhe nachgearbei- keit, die zur Verfügung gestellten Vorle- tet werden muss, um sich selbst in die Lage zu sungsvideos „ohne Zeitdruck“ mit Video- versetzen, sinnvolle Fragen zu stellen. Dies kommentaren zu versehen, um ihre Fragen spricht sehr deutlich für eine zeitliche Entzer- und Anmerkungen zum Ausdruck zu brin- rung von formaler Wissensaneignung einerseits gen oder sich einen persönlichen Videobo- und der Diskussion um dieses Wissen oder der okmark für die eigene Weiterverarbeitung zu Klärung etwaiger verbleibender Verständnisfra- setzen. Während Fragen an den Professor gen andererseits – ein Aspekt, der im nächsten mit der Ampelfarbe „gelb“ zu kennzeichnen Kapitel zur Anpassung der Ziele und dem Neu- sind, können persönliche Videobookmarks entwurf der kommenden Vorlesungen wieder mit „grün“ markiert werden (Bauer, Meissl- aufgegriffen wird. Eggard, Vohle & Szucsich, 2019). Letztere sollen nur für den jeweiligen Studenten oder 5. Anpassung Ziele und Neu- die jeweilige Studentin sichtbar sein. entwurf − In der Vorlesung wird der Professor die In- Die Erkenntnisse aus verschiedenen Evalua- halte weder wiederholen noch zusammen- tionsquellen sind aktuell Ausgangspunkt für ein fassen. Zweck der Vorlesung ist, Fragen und Re-Design des didaktischen Konzepts, was Problemstellen zu identifizieren und mit auch mit einer Neujustierung der Ziele einher- dem Professor ins Gespräch zu kommen geht. Während im ersten Durchlauf eine Ver- bzw. Vorlesungsinhalte zu reflektieren. stärkung der Interaktion unter Beibehaltung der − Mit dieser Neuausrichtung der Vorlesung klassischen Vorlesung als Hauptziel definiert ergibt sich auch eine Neugestaltung der wurde, soll jetzt die Vorstellung von dem, was Übung. Diese besteht nicht mehr nur darin, „Vorlesung“ bedeutet, im buchstäblichen Sinne allgemeine Aufgaben zu rechnen, sondern „auf den Kopf“ gestellt werden, so dass der anhand der identifizierten Problemstellen in Hörsaal zum Besprechungs- und Diskussions- Bezug auf den Stoff gezielt Vertiefungen saal wird. und praktische Umsetzungen anzubieten. Die Idee ist damit auch, dass Vorlesung und 5 Erste Inverted-Classroom-Erfahrungen mit Videoanno- tation in der Mathematik-Lehre wurden 2016 gemeinsam mit Christian Spannagel, PH Heidelberg, gesammelt. IMPACT FREE 39 (August 2021) Schmidt & Vohle
[5] Übung besser verzahnt werden, wobei die Literatur Rückmeldungen der Studierenden via Vi- deokommentar als Hilfe herangezogen wer- Bauer, R., Meissl-Eggard, G, Vohle, F. & den. Szucsich, P. (2019). How to encourage reflec- tive practice with the help of collaborative video − Zu überlegen ist ferner, inwiefern die Prü- annotation: Social Video Learning in Teacher fung die Vertiefungen aus Vorlesung und Education. In A. Reid (Ed.), Marginalia in mod- Übung aktiv aufgreift, da es von entschei- ern learning contexts (pp. 133-165). Hershey, dender Bedeutung ist, dass Lernprozess und PA: IGI Global. Prüfung einen engen Bezug haben. Kurzum: Wer bei der kontinuierlichen und reflexiven Reinmann, G. (2015). Studientext Didaktisches Vorbereitung aktiv mitmacht, muss gestei- Design. Hamburg. gerte Chancen auf ein gutes Prüfungsergeb- Reinmann, G. (2020). Ein holistischer Design- nis haben. Based Research-Modellentwurf für die Hoch- schuldidaktik. Educational Design Research, 4 6. Dokumentation für Fach- (2), Article 30. community und Studierende Reinmann, G. (2021). Präsenz-, Online- oder Der vorliegende Artikel hat den Zweck, die bis- Hybrid-Lehre? Auf dem Weg zum post-pande- herigen Überlegungen, Vorgehensweisen und mischen Teaching as Design. Impact Free 37. die ersten Ergebnisse knapp zusammenzufassen https://gabi-reinmann.de/wp-content/up- und zeitnah zu publizieren. Dieser Artikel in der loads/2021/07/Impact_Free_38.pdf Open-Access-Zeitschrift „Impact Free“ steht Schmidt, M. & Söhngen, M. (2012). Web 2.0- damit der hochschuldidaktischen Community basiertes E-Learning in der Trainerausbildung. für ein kritisches Feedback zur Verfügung. Leistungssport, 3, 24-29. Ebenso soll der Artikel den beteiligten Studie- Zeaiter, S. & Handke, J. (2020). Inverted Class- renden mit der Bitte zugesendet werden, eigene room - Past, Present & Future: Kompetenzori- Reflexionen zu ihren Erfahrungen beizusteuern entiertes Lehren und Lernen im 21. Jahrhun- und damit ihre Rolle bei der Konzeption und dert. Tectum Wissenschaftsverlag. Überarbeitung ihres eigenen Lehrangebots zu stärken. Die Überlegung dabei ist, dass der Ar- tikel das Thema Lehrinnovation und die Erwar- tungen anders „rahmt“ als ein einfacher Frage- Angaben zu den Autoren bogen und die Studierenden nicht als Konsu- Prof. Dr. Martin Schmidt: Universität Trier, mentInnen, sondern als MitentwicklerInnen ih- Fachbereich IV – Mathematik, Universitätsring rer Lehre angesprochen werden. 15, 54296 Trier. Die Ausarbeitung des neuen didaktischen De- E-Mail: martin.schmidt@uni-trier.de signs und die Umsetzung sind für das Winterse- Web: https://martinschmidt.squarespace.com mester 2021/2022 geplant. Sieht man sich die schon in diesem Artikel verwendete konzeptio- Dr. Frank Vohle: Ghostthinker GmbH (CEO, nelle Rahmung von Zielsetzung, Entwurf, Ent- Circle Innovation / F&E), Hunoldsberg 5, wicklung, Erprobung und Analyse (vgl. Rein- 85150 Augsburg. mann, 2021) an, dann liegt eine theoretische Er- E-Mail: frank.vohle@ghostthinker.de weiterung und Ausarbeitung in Richtung De- Web: https://ghostthinker.de sign-Based Research nahe.6 Mit diesem Ziel vor Web: https://frank.vohle.de Augen wollen wir im nächsten Zyklus vermehrt den theoretischen Hintergrund einbinden, was hier aus Platzgründen nicht geschehen ist. 6Eine Einreichung in der DBR-Zeitschrift EDeR ist für 2022 geplant. IMPACT FREE 39 (August 2021) Schmidt & Vohle
[6] Bisher erschienene Impact Free-Artikel nahmen für forschendes Lernen in einem De- sign-Based Research-Projekt zu Student Crowd Gumm, D. & Hobuß, S. (2021). Hybride Lehre Research. Impact Free 25. Hamburg. – Eine Taxonomie zur Verständigung. Impact Free 38. Hamburg. Reinmann, G. (2020). Wissenschaftsdidaktik- Spielend ins Gespräch kommen. Impact Free Reinmann, G. (2021). Präsenz-, Online- oder 24. Hamburg. Hybrid-Lehre? Auf dem Weg zum post-pande- mischen Teaching as Design. Impact Free 37. Reinmann, G. (2019). Forschungsnahe Curricu- Hamburg. lumentwicklung. Impact Free 23. Hamburg. Reinmann, G. (2021). Prüfungstypen, -formate, Reinmann, G. (2019). Lektüre zu Design-Based -formen oder -szenarien? Impact Free 36. Ham- Research – eine Textsammlung. Impact Free burg. 22. Hamburg. Reinmann, G. (2021). Hybride Lehre – ein Be- Reinmann, G., Schmidt, C. & Marquradt, V. griff und seine Zukunft für Forschung und Pra- (2019). Förderung des Übens als reflexive Pra- xis. Impact Free 35. Hamburg. xis im Hochschulkontext – hochschuldidakti- sche Überlegungen zur Bedeutung des Übens Reinmann, G. & Vohle, F. (2021). Vom Reflex für Brückenkurse in der Mathematik. Impact zur Reflexivität: Chancen der Re-Konstituie- Free 21. Hamburg. rung forschenden Lernens unter digitalen Be- dingungen. Impact Free 34. Hamburg. Langemeyer, I. & Reinmann, G. (2018). „Evi- denzbasierte“ Hochschullehre? Kritik und Al- Herzberg, D. & Joller-Graf, K. (2020). For- ternativen für eine Hochschulbildungsfor- schendes Lernen mit DBR: eine methodologi- schung. Impact Free 20. Hamburg. sche Annäherung. Impact Free 33. Hamburg. Reinmann, G. (2018). Was wird da gestaltet? Weißmüller, K.S. (2020). Lehren als zentrale Design-Gegenstände in Design-Based Research Aufgabe der Wissenschaft: Drei Thesen zu Projekten. Impact Free 19. Hamburg. Ideal und Realität. Impact Free 32. Hamburg. Reinmann, G. (2018). Entfaltung des didakti- Reinmann, G. (2020). Präsenz – (K)ein Garant schen Dreiecks für die Hochschuldidaktik und für die Hochschullehre, die wir wollen? Impact das forschungsnahe Lernen. Impact Free 18. Free 31. Hamburg. Hamburg. Tremp, P. & Reinmann, G. (Hrsg.) (2020). For- Klages, B. (2018). Utopische Figurationen schendes Lernen als Hochschulreform? Zum hochschulischer Lehrkörper – zum transforma- 50-Jahr-Jubiläum der Programmschrift der torischen Potenzial von Utopien am Beispiel Bundesassistentenkonferenz. Impact Free 30 kollektiver Lehrpraxis an Hochschulen. Impact (Sonderheft). Hamburg. Free 17. Hamburg. Reinmann, G. (2020). Universitäre Lehre in ei- Burger, C. (2018). Weiterbildung für diversi- ner Pandemie – und danach? Impact Free 29. tätssensible Hochschullehre: Gedanken und Hamburg. erste Ergebnisse. Impact Free 16. Hamburg. Weißmüller, K.S. (2020). Zwei Thesen zum Reinmann, G. (2018). Strategien für die Hoch- disruptiven Potenzial von OER für öffentliche schullehre – eine kritische Auseinandersetzung. Hochschulen. Impact Free 28. Hamburg. Impact Free 15. Hamburg. Casper, M. (2020). Wem gehört die Ökonomi- Reinmann, G. (2018). Shift from Teaching to sche Bildung? Die problematische Leitkultur Learning und Constructive Alignment: Zwei der Wirtschaftswissenschaften aus hochschul- hochschuldidaktische Prinzipien auf dem Prüf- und mediendidaktischer Perspektive. Impact stand. Impact Free 14. Hamburg. Free 27. Hamburg. Reinmann, G. (2017). Empirie und Bildungs- Reinmann, G., Vohle, F., Brase, A., Groß, N. & philosophie – eine analoge Lektüre. Impact Jänsch, V. (2020). „Forschendes Sehen“ – ein Free 13. Hamburg. Konzept und seine Möglichkeiten. Impact Free 26. Hamburg. Reinmann, G. (2017). Universität 4.0 – Gedan- ken im Vorfeld eines Streitgesprächs. Impact Reinmann, G., Brase, A., Jänsch, V., Vohle, F. Free 12. Hamburg. & Groß, N. (2020). Gestaltungsfelder und -an- IMPACT FREE 39 (August 2021) Schmidt & Vohle
[7] Fischer, M. (2017). Lehrendes Forschen? Im- pact Free 11. Hamburg. Reinmann, G. (2017). Ludwik Flecks Denkstile – Ein Kommentar. Impact Free 10. Hamburg. Reinmann, G. (2017). Verstetigung von Lehrin- novationen – Ein Essay. Impact Free 9. Ham- burg. Reinmann, G. (2017). Col-loqui – Vom didak- tischen Wert des Miteinander-Sprechens. Im- pact Free 8. Hamburg. Reinmann, G. (2017). Überlegungen zu einem spezifischen Erkenntnisrahmen für die Hoch- schuldidaktik. Impact Free 7. Hamburg. Reinmann, G. & Vohle, F. (2017). Wie agil ist die Hochschuldidaktik? Impact Free 6. Ham- burg. Reinmann, G. (2016). Wissenschaftliche Lek- türe zum Einstieg in die Hochschuldidaktik. Im- pact Free 5. Hamburg. Reinmann, G. (2016). Die Währungen der Lehre im Bologna-System. Impact Free 4. Hamburg. Reinmann, G. & Schmohl, T. (2016). Autoeth- nografie in der hochschuldidaktischen For- schung. Impact Free 3. Hamburg. Reinmann, G. (2016). Entwicklungen in der Hochschuldidaktik. Impact Free 2. Hamburg. Reinmann, G. (2016). Forschungsorientierung in der akademischen Lehre. Impact Free 1. Hamburg. IMPACT FREE 39 (August 2021) Schmidt & Vohle
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