Impfstart ff 8 - MARIEN ff KONKRET - Marien Gesellschaft
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Magazin Frühling 2021 Nr. 101 MARIEN ⁄ KONKRET Impfstart ⁄ 8 34 GESUNDHEIT 28 ENTWICKLUNG 20 GESCHICHTE Freiwilliger Verzicht Platz schaffen Deo Gratias – Buch in der Fastenzeit am Kampen über die Eremitage MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 1
I N H A LT — ∕ KO N K R E T 4 Frühling ∕ M A I L B OX 6 Kurznachrichten 22 ∕ SCHWERPUNKT 8 Kleiner Piks, große Hoffnung 11 Ruckelstart im Krankenhaus 12 Ein Piks gegen Krebs 14 Auf die Kuh gekommen ∕ I N N O VAT I O N 18 Künstliche Intelligenz im OP ∕ E N T W I C K LU N G 28 Platz schaffen 30 Neue Praxis für Orthopädie eröffnet ∕ GESCHICHTE 20 Deo Gratias! ∕ GESUNDHEIT 22 Häppchenweise Tumorzellen abtöten 24 Tickende Zeitbombe 8 34 Freiwilliger Verzicht 42 Keine Chance der Frühjahrsmüdigkeit ∕ TA L E N T S 32 Fotografin & Pflegerin Sylwia Sobczyk ∕ PA N O R A M A 16 Apotheke 26 Fitte Firma 36 Ostern – der höchste Feiertag 40 Rätsel 43 Frühlings-Impressionen 18 Großes Preisrä auf Seit tsel e 40 einen nen ie S Gewin spreis b e r r a schung Ü Impressum Herausgeber: Marien Gesellschaft Siegen gGmbH, Kampenstraße 51, 57072 Siegen, Leserbriefe, Bildbeiträge und Anmerkungen an die Redaktion „MARIEN KONKRET“ Siegen - HRB 3188, USt.-IdNr.: DE176257881 adressieren. Die Redaktion behält sich die Veröffentlichung und Kürzungen einge- Hauptgeschäftsführer: Hans-Jürgen Winkelmann reichter Unterlagen vor. Beiträge für die MARIEN KONKRET Nr. 102 können bis zum Verwaltungsdirektor/Prokurist: Hubert Berschauer 15. Mai 2021 eingereicht werden. Vorsitzender des Verwaltungsrats: Bruno Sting Kommunikation & Marketing: Dr. Christian Stoffers (V.i.S.d.P.), Alexandra Netzer und Charlotte Rieb MARIEN KONKRET Nr. 101, März – Mai 2021, ISSN 1863-9356 Druck: Wilke Druckerei, Hilchenbach Satz & Layout: Alexandra Netzer Redaktionsbeirat: Martina Auffenberg Bildnachweis: Fotolia, Adobe Stock, Kai Osthoff, Morgenthal Fotografie, Sylwia Sobczyk, Martina Auffenberg, Hans Blossey, Kay-Helge Hercher, Titelbild: © myboys.me | Adobe Stock
E D I TO R I A L — Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser. die volle Wucht der zweiten Pandemie-Welle und nun eine beginnende weitere Welle hat auch unsere Marien Gesellschaft erreicht: Zahlreiche stationär be- handlungsbedürftige Erkrankte, Kapazitätsengpässe, Ausbruchsgeschehen in einer unserer Pflegeeinrichtungen und aktuell die rasend schnelle Ausbrei- tung der britischen Virus-Mutation mit Belegungsstopp und Besuchsverbot in unserem St. Marien-Krankenhaus. Uns und allen anderen Krankenhäusern in Deutschland wird seit fast einem Jahr alles abverlangt, um das Geschehen in den Griff zu bekommen. Auch wirtschaftlich sind die Krankenhäuser im Würgegriff der Pandemie: Fast 20% Fallzahlrückgang in den Krankenhäusern NRW’s und geschätzte Einnahmendefizite von 370 Mio. EURO. Zahlen, die noch vor einem Jahr als unvorstellbar galten. Von den außerordentlichen Belastungen der Mitarbeitenden in Medizin und Pflege ganz zu schweigen. Bis Ende September letzten Jahres haben es Bund und Land ganz gut verstanden, den Rettungsschirm für die Krankenhäuser und Pflegeheime so aufzuspannen, dass obige Verwerfungen einigermaßen kompensiert werden konnten. Umso frustrierender ist das derzeitige politische Geschehen. Die Mängel einer politischen Zentralverwal- tung ohne Krisenerfahrung haben wir alle ja bereits im letzten Jahr im Bereich der persönlichen Schutz- ausrüstung und der Desinfektionsmittel feststellen dürfen. Gut, dass wir uns an dieser Stelle durch große Umsicht aller Beteiligten selbst helfen konnten. Dort wo diese Selbsthilfe in der Folgezeit nicht mehr möglich war, ist aber das Versagen besonders deutlich geworden. Insbesondere die beschämend-bürokratisierte Or- ganisation des viel zu langsamen Impfprozesses in Deutschland eignet sich als schmerzhafter Beleg hierfür. Als ob dies nicht schon genug wäre, müssen wir aktuell hinnehmen, dass politisch den Krankenhäusern seit November erhebliche Einschnitte der Rettungsschirmmittel zugemutet werden und, dass in den Pflegeein- richtungen die vorhandenen Belegungsrückgänge nicht mehr Gegenstand von Ausgleichszahlungen sein sollen. Ausgerechnet in den Phasen der größten Anspannungen durch zweite und beginnende dritte Welle der Pandemie. Da drängt sich der Verdacht auf, dass momentan andere Kräfte am Werk sind. Wer die Pan- demie allerdings missbraucht, um eine „kalte“ Strukturbereinigung in der Krankenhauslandschaft zu errei- chen, handelt in höchstem Maße verantwortungslos! Die Appelle von uns allen, von den Krankenhausgesellschaften, von den Spitzenverbänden, den Ärztekam- mern und vielen anderen sind deshalb eindeutig und klar: Die Verantwortlichen in der Politik dürfen uns jetzt nicht im Regen stehen lassen. Wir brauchen eine solide Kalkulationsgrundlage für das gesamte Jahr 2021, für die Krankenhäuser, die Pflegeeinrichtungen, die ambulanten Leistungen der MVZ-Praxen und der Rehabilitation. Die Notwendigkeit, das Beste zur Behandlung von COVID-19-Erkrankten zu geben bzw. die Ausbreitung des Virus zu verhindern darf nicht gebremst sein durch ökonomische Zwänge, mit dem Ziel das Überleben von Einrichtungen zu sichern! Abschließen möchte ich mit einem großen Dank an unsere über 2.200 Mitarbeitenden: Sie alle sind es, die mit Tatkraft, Entschlossenheit und hoher Kompetenz mit uns durch diese Krise gegangen sind und weiter gehen. Bisher haben wir es hervorragend gemeistert und wir werden in absehbarer Zeit einmal stolz auf das zurückblicken können, was uns diese schwierige Zeit hinterlassen hat: Die Gewissheit, gemeinsam als „Marien-Familie“ etwas bisher nicht Vorstellbares leisten zu können. Ihnen und Ihren Familien ein guten Start in den Frühling und eine gesegnete und lebendige Osterzeit. Es grüßt Sie herzlich Hans-Jürgen Winkelmann Hauptgeschäftsführer MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 3
KO N K R E T — ∕ Bald ist er endlich da: der Frühling. Doch oft weiß er gerade im April nicht, was er will. Mal beschert er uns tagelang kühles, feuchtes, windiges "Sauwetter", und am nächsten Tag den schönsten Siegerländer Sonnenschein – der häufige Wechsel macht insbe- sondere Wetterfühligen zu schaffen. Sie klagen über Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen und rheumatische Beschwerden wie Gelenk-, Glieder- und Rückenschmerzen. Wer partout nicht aus dem Tief kommt, sollte sich viel an der frischen Luft bewegen und seinen Körper immer wieder verschie- denen Wetter-Reizen aussetzen, sich gesund ernähren und auf Alkohol und Nikotin verzichten. © New Africa | Adobe Stock 4 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
M A I L B OX — 100.000 Masken Altweiber © Syoma | Adobe Stock ⁄ Es gibt einfach Dinge, die kann man einfach nicht aufs nächste Jahr verschieben. So kostümierten sich an Altweiber Mitarbeitende im Ma- rien Hospiz Louise von Marillac, um ⁄ Seit dem 25.01.2021 gilt in Nordrhein-Westfalen die neue Coronaschutz-Ver- den Gästen eine besondere Freude ordnung mit verschärften Regeln und Einschränkungen. Auch das Tragen von zu bereiten. Im Bild: Genesia Meis- medizinischen Masken (z.B. OP- oder FFP2-Masken) ist seitdem in bestimmten winkel besucht vollkommen Coro- Bereichen, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln, beim Einkauf in Geschäften, in na-konform die schwerstkranken Arztpraxen oder bei Gottesdiensten, Pflicht. Dass die Beschaffung von medizini- Menschen in ihren Zimmern. schen Masken für den Privatgebrauch für Mitarbeitende und deren Angehörige ein mögliches Problem darstellen kann, wissen die Verantwortlichen der Mari- en Gesellschaft Siegen. Um ein kleines Zeichen der Unterstützung für die aktuell Entwarnung schwierige Situation zu setzen, schenkt das Siegener Gesundheitsunternehmen allen der über 2.000 Mitarbeitenden für den Privatgebrauch je ein Päckchen ⁄ Alle Bewohner in Haus St. Klara mit 50 Masken. wurden Mitte Februar negativ getes- tet. Sie dürfen seit Aschermittwoch wieder Besuche empfangen. Zwei Monate galt das wegen eines Coro- na-Ausbruchs verhängte Besuchsver- Dreharbeiten bot. „Das lange Warten auf ein Wie- ⁄ Im Netpher Haus St. Elisabeth fanden im Februar Dreharbeiten für eine dersehen der lieben Angehörigen Reportage zur Pflege unter Pandemiebedingungen statt. Höhepunkt und zu- hat damit ein Ende“, so Heimleiterin gleich Abschluss des Drehs war der zweite Impfgang in der von Heimleiterin Bianca Böttcher. Es war eine bange Christiana Fahl geleiteten Einrichtung. Die Reportage "Wie klappt es nun Zeit mit vielen schweren Momenten, mit dem Impfen? – Unterwegs im Westen" von Fritz Sprengart wird am die ihr Team mit viel Empathie und 8. März 2021 um 22.15 Uhr im WDR Fernsehen ausgestrahlt. Menschlichkeit gemeistert hat. „Un- ser Dank gilt den vielen Unterstützern und, allen voran, den Mitarbeitenden des Gesundheitsamts für ihren wert- vollen Dienst“, so Böttcher weiter. Am Karnevalsdienstag fand übrigens der zweite Impfgang in der Einrichtung statt – mit speziellen Berlinern. 6 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
Neujahrsbaby ⁄ Felix Minh Tâm Figelius, 3333 Gramm leicht und 55 Zentimeter lang, wurde in den frühen Morgenstunden am Neujahrstag geboren. Und zwar um 1.44 Uhr in der Geburtshilfe des St. Marien-Krankenhauses. Wenige Stunden später strahlten Mama Tran Thi Van Cam und Papa Michael Fige- lius in die Kamera: „Besser kann man in diesen Zeiten nicht ins neue Jahr Führung starten“, so die glücklichen Eltern aus Siegen. Felix war das erst Baby, das ⁄ Chefärzte üben eine überaus an- 2021 das Licht der Welt in Siegen er- spruchsvolle Führungsrolle in Klini- blickte. ken aus. Als gesichert kann gelten, dass die Ansprüche an das leiten- Spiegelbilder de medizinische Personal auch nach dem Überwinden der Corona-Krise ⁄ Seit zwölf Monaten veröf- weiter steigen werden. In diesem Zu- fentlicht Martina Auffenberg sammenhang hat Prof. Dr. med. Diet- in reger Folge überaus ein- mar Stephan gemeinsam mit Co-Au- drucksvolle Naturaufnahmen tor Thomas Röhrßen das absolut in der Westfalenpost. Anfang lesenswerte Buch „Leadership-Per- 2021 gelang ihr ein bemer- formance“ bei MWV Berlin herausge- kenswerter Schnappschuss geben, das im Februar erschienen ist. auf der Rückseite des St. Ma- rien-Krankenhauses. Auch in dieser Konkret finden sich wieder Aufnahmen von ihr mit jahreszeitlichen Bezug: Frühling ist‘s! Sternsinger Tombola fürs Hospiz ⁄ Die Sternsinger der be- ⁄ Die Mitarbeitenden der Klinikservice Siegerland GmbH, die die gemeinsame nachbarten Gemeinde St. Jo- Zentralküche der Marien Gesellschaft Siegen und des Kreisklinikum Siegen be- hannes der Täufer hatten sich treibt, haben eine Tombola zu Gunsten des Marien Hospiz Louise von Marillac ver- auf den Weg gemacht, dem St. anstaltet. Neben Sachpreisen, Einkaufsgutscheinen und allerlei Kulinarischem Marien-Krankenhaus, seinen gab es als Hauptpreis einen Fernseher zu gewinnen. Der komplette Erlös der Mitarbeitenden, den Patien- Tombola in Höhe von 1.013 Euro wurde an das Hospiz übergeben. „Wir sind ten sowie den Besuchern den immer wieder begeistert über so viel Hilfsbereitschaft und Unterstützung. Wir traditionellen Segen „Chris- sind sehr dankbar über jede einzelne Spende“, so Juliane Schneider, Leiterin des tus Mansionem Benedicat“ Hospizes auf der Eremitage. Hospizeinrichtungen in Deutschland müssen einen (Christus segne dieses Haus) Anteil von 5% ihrer Betriebskosten über Spenden und Sponsoring finanzieren, zu schenken – natürlich ganz so dass sie dauerhaft auf zusätzliche Unterstützung angewiesen sind. Nur so Corona-konform. kann die Arbeit in den Hospizen gesichert werden. MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 7
SCHWERPUNKT — Kleiner Piks, große Hoffnung – Impfstart im Marienheim in Siegen-Weidenau A ls am Sonntag unmittelbar nach Weihnachten mand. Schnell wurde gerechnet: 23 mal 5 gleich 115 die Glocken der St.-Josefskirche kraftvoll zum – das wird knapp. Das im Vorfeld so heiß diskutierte Gottesdienst riefen, hatten die ersten 20 Bewoh- Thema Kühlung ist unterdessen längst nicht mehr so ner des Marienheims in Weidenau schon ihre Coro- brisant. Fünf Tage, so Dr. Gehrke, überstehe das Se- na-Impfung erhalten. Manche erschienen mit ihrem rum auch bei gemäßigten Temperaturen. Selbst bei Rollator sogar vor dem Frühstück am Impfraum im Zimmertemperatur kann es eine Zeitlang liegenblei- Erdgeschoss: „Dann habe ich es hinter mir!“ so ein ben. Senior. Ein Fläschchen enthält 0,55 Milliliter Impf- Heimleiter Jörg Boenig organisierte die größte stoff. Zugefügt werden müssen 1,8 Milliliter Koch- Impfaktion, die das Heim je gesehen hat, mit Ruhe salzlösung. Und dann kommt es auf den richtigen und Übersicht: 116 Bewohner und Mitarbeiter galt Schwung an. Dr. Gero von Fircks erklärt: „Man darf es zu impfen. Weit über 90 Prozent der Bewohner nicht schütteln und nicht rühren. Locker aus dem hatten zuvor ihre Zustimmung für den „Piks gegen Handgelenk hin- und herbewegen muss man das Corona“ gegeben. „Das ist eine tolle Quote, damit Fläschchen. Zehnmal vor dem Zufügen der Koch- hatten wir nicht gerechnet“, freute sich Boenig ge- salzlösung, zehnmal danach.“ genüber der Siegener Zeitung. Beigetragen zur gro- Dann wird mit der Kanüle die Impfdosis aus dem ßen Impfbereitschaft hat sicher eine intensive Auf- Fläschchen gezogen. Alles streng aseptisch. 0,3 Mil- klärung – auch der Angehörigen. liliter werden gespritzt. Aus einem Fläschchen von Um 6.30 Uhr am Sonntagmorgen fuhr der Klein- 2,35 Millilitern können rechnerisch also sieben transporter vor dem Marienheim vor, der die wert- Impfdosen gewonnen werden. Der Hersteller er- volle Fracht geladen hatte. Eine Transportkiste – laubte zu dem Zeitpunkt in Deutschland aber nur ähnlich wie ein Pizzakarton – wurde ausgeladen. fünf Portionen – eine zweistellige Zahl an Impfdosen Dr. Thomas Gehrke, Leiter des Impfzentrums Sie- hätten vernichtet werden müssen. Dr. Klock: „Wir gen-Wittgenstein, und die Heimärzte Dr. Florian hoffen darauf, dass bald wenigstens sechs Tranchen Becher und Dr. Michael Klock nahmen die Kiste in genehmigt werden.“ Empfang. Gekommen war auch Kreisvertrauensapo- Erika Löwer (95) wurde dann als erste an diesem theker Dr. Gero von Fircks, denn so ganz einfach ist Morgen geimpft; später stellte es sich heraus, dass die Handhabung des Impfstoffs nicht, und am ersten sie auch die erste in ganz Nordrhein-Westfalen war. Impftag wollten alle Beteiligten alles richtig machen. Sie wusste genau, dass sie in drei Wochen noch ein- Immerhin enthält die Transportkiste nicht nur die mal dran ist. Dann nämlich sollen die Abwehrkräf- Fläschchen mit dem Serum, sondern auch die Sprit- te mit einer zweiten Dosis Impfstoff so richtig auf zen und Kanülen sowie die Kochsalzlösung, mit der Trab gebracht werden. Mindestens 21 und höchs- der Impfstoff aufbereitet werden muss. Die Anzahl tens 28 Tage dürfen zwischen der ersten und der der Fläschchen war eine Überraschung. Gerechnet zweiten Impfung liegen. Was passiert, wenn jemand hatte man mit 24. Warum eines fehlte, weiß nie- in der betreffenden Woche einen heftigen Infekt hat? 8 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
SCHWERPUNKT — Dr. Gehrke: „Dann geht es nicht, dann Bis Jörg Boenig wirklich aufatmen ist die erste Impfung leider verloren. konnte, vergingen dann vier Wochen: Aber wir gehen heute davon aus, dass Erst nach der zweiten Impfung Mitte ein leichter Infekt kein Hinderungs- Januar und einer weiteren Woche wa- grund für die Impfung ist.“ ren die hochbetagten Bewohner, de- Im Marienheim ging es dann Schlag nen eine Infektion mit dem Coronavi- „ auf Schlag. Die Bewohner gaben sich rus so sehr zusetzen würde, geschützt. die Klinke in die Hand. Ein kurzes Ge- Als eine der ersten wieder dabei: Eri- spräch mit dem Arzt, die Unterlagen ka Löwer – wie alle anderen Geimpf- werden gesichtet, dann kommt der ten im Marienheim wohlauf. ⁄ Piks in den Oberarmmuskel. Auch Be- wohner mit Blutgerinnungsstörung werden geimpft. Die Kanüle ist recht In vier Wochen dünn, da ist die Gefahr von Blutungen gering. „Feste drücken!“, gab Dr. Be- können wir cher seinen Patienten mit auf den Weg. aufatmen. “ Wer geimpft ist, darf gleich wieder in sein Zimmer. Eine Viertelstunde lang schauen die Altenpflegerinnen genau- er nach den Impflingen. Aber niemand JÖRG BOENIG zeigt kritische Reaktionen. Kurz nach 15 Uhr ist es geschafft. Heimleiter Marienheim Das Impfteam hat 89 Bewohner und 16 Mitarbeiter des Marienheims geimpft. Zehn Portionen des Serums liegen noch im Kühlschrank für die Bewohner, die sich am Sonntag nicht wohl gefühlt hatten oder die in den nächsten Tagen aus dem Krankenhaus zurückkehren würden. � Herdenschutz ist das Ziel Impfdosen werden von Dr. Michael Kock vorbereitet Auch in den weiteren Seniorenzentren von Marien Pflege wurden Bewohner und Mitarbeiter ab Dezember mit der Coro- na-Schutzimpfung versorgt. "Herden- schutz" besteht somit seit Ende Februar für die besonders gefährdete Altersgrup- pe in den Einrichtungen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Altenkirchen. Die Einrichtungsleitungen können damit nach zwölf Monaten der Anspannung erstmals ein wenig aufatmen. Ein großes Dankeschön gilt allen Helferinnen und Helfern, die das Impfen so tatkräftig un- terstützt haben. Erika Löwer wird als erste geimpft 10 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
Ruckelstart im Krankenhaus G ut drei Wochen nach dem Start der Impfungen gegen das Corona-Virus im Marienheim starte- ten auch die Krankenhäuser in Nordrhein-West- falen damit, ihre Belegschaft zu impfen. Im Fokus stehen dabei erstmal Mitarbeiter, die in engem Kon- takt mit Corona-Patienten stehen und somit einem Lieferung des Impfstoffes aus der Apotheke des St. Marien-Krankenhauses höheren Risiko ausgesetzt sind. Was niemand ahnte, als am 18. Januar um 12.32 Uhr Anas Almasri von der Intensivstation die erste Impfung im St. Mari- en-Krankenhaus Siegen erhielt, war der unvermit- telt einsetzende Impfstopp zwei Tage später. Insgesamt hatten sich gut 950 der rund 1300 Mit- arbeiter des St. Marien-Krankenhauses Siegen für die Impfung angemeldet. Macht einen Anteil von über 70 Prozent, von denen gut ein Drittel in die ers- te Phase der Impfung gefallen wäre. „Es ist eine gute Botschaft, dass so viele Mitarbeiter von der Imp- fung überzeugt sind“, erklärt Hauptgeschäftsführer Vor jeder Impfung gibt es ein Aufklärungsgespräch Hans-Jürgen Winkelmann, der zudem hofft, dass sich nach und nach auch weitere Mitarbeiter für eine Impfung entscheiden werden. Doch war nach zwei Tagen und gut 170 Impfungen zunächst Schluss. Die Emotionen kochten dann natürlich hoch. Das Impfprogramm konnte erst zwei Wochen spä- ter wieder aufgenommen werden. Etwa 700 Mitar- beiter des Krankenhauses konnten dann den kleinen Piks erhalten. Bis weit in den Februar hinein war jedoch nicht absehbar, bis wann „Herdenschutz“ im Marien erreicht sein wird. ⁄ Fertige Impfdosen MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 11
SCHWERPUNKT — Ein Piks gegen Krebs A ktuell dominiert das Thema „Corona-Schutz- impfung“ die Debatte, doch gibt es neben dem 95-prozentigen Impfschutz von Biontech eine Erfolgsgeschichte zu erzählen, die etwa 15 Jahre � Heilungschancen weit zurückreicht: die Impfung gegen Humane Papil- schwinden mit der lomviren (HPV). Seit dieser Zeit sollen sich Teenager- innen zwischen 12 und 17 Jahren impfen lassen. Zeit Denn mit dem „Piks“ kann verhindert werden, dass sich die jungen Frauen später beim Geschlechts- verkehr mit als krebsverursachend geltenden Viren Das Stadium der Erkrankung ist beson- infizieren. Einige Humane Papillomviren sind näm- ders wichtig, wenn es um die Entschei- lich die häufigsten Auslöser für Krebserkrankun- dung darüber geht, wie behandelt wird. gen wie am Gebärmutterhals oder deren Vorstufen. Vorstufen des Gebärmutterhalskrebs las- Auch Genitalwarzen werden von ihnen hervorgeru- sen sich ohne Folgewirkung behandeln. fen, die in manchen Fällen zu Entzündungen und Dies gilt auch für das Frühstadium der weiteren Gewebeveränderungen führen können. In eigentlichen Erkrankung. Hier reicht es anderen Ländern wie England oder Australien wird aus, die veränderten Zellen durch eine die Impfung bei 80 bis 90 Prozent der Mädchen im sogenannte Konisation vollständig zu entsprechenden Alter bereits angewandt. entfernen. Hierunter versteht man einen Der Vorteil der Impfung liegt also darin begrün- operativen Eingriff am Muttermund, der det, dass mit ihr die Vorstufen der mit Humane Pa- auch ambulant durchgeführt werden pillomviren assoziierten Krankheiten verhindert kann. Unbehandelt schwinden die Hei- werden können. Ob die Fälle von Gebärmutterhals- lungschancen mit zunehmender Tumor- krebs dadurch ebenfalls zurückgehen, ist noch nicht größe. Der Eingriff wird dann immer abschließend gesichert. Das liegt daran, dass es bis schwerwiegender. zur Entstehung der bösartigen Erkrankung mindes- tens 15 Jahre dauert und demzufolge erst in den he- rangebrochenen 2020er Jahren mit einer Wirkung 12 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
20 Weltweit ist Gebärmutterhalskrebs der zweithäufigste bösartige Tumor bei Frauen, daher ist die Vorsorge immens wichtig. Eine der häufigsten Ursachen ist eine Infektion mit bestimmten Typen des sogenannten Humanen Papillomvirus, der sich meist nicht bemerkbar macht. Häufig bleibt der entstehende Krebs unbemerkt, da anfänglich keine Beschwer- den auftreten und die ersten Symptome erst dann auftreten, wenn die Erkrankung schon weit vorangeschritten ist. Daher ist es enorm wichtig, ab dem Alter © RFBSIP | Adobe Stock von 20 Jahren eine regelmäßige Krebsvorsorge beim Frauenarzt wahrzunehmen. zu rechnen ist. Doch kann schon jetzt davon gesetzten Präparate immunisieren nicht ge- ausgegangen werden, dass es bei weniger gen alle Typen der Humanen Papillomviren. Vorstufen, auch dementsprechend weniger Wie bei der Wirksamkeit des Biontech-Impf- Gebärmutterhalskrebs gibt. Und dies bei ei- stoffs gegenüber Corona-Mutationen lässt ner Erkrankung, die weltweit die zweithäu- sich jedoch sagen, dass er zumindest ein figste Krebsart bei Frauen ist. wirksames Instrument für sehr relevante Natürlich gibt es auch Unsicherheiten, Typen darstellt. und Kritiker bemängeln, wie bei der aktu- Der Nutzen der Impfung muss also durch ellen Corona-Impfdebatte, die Impfung sei begleitende Studien und medizinische For- noch nicht ausreichend erforscht für den schung fortdauernd bewertet werden. Da- prophylaktischen Einsatz bei allen jungen D R . M E D. rin sind sich sowohl Impfbefürworter als Frauen. Und freilich sind mittlerweile auch BADRIG MELEKIAN auch Impfkritiker immerhin einig. Doch ist Nebenwirkungen bekannt, die in Einzel- Chefarzt der Klinik für ein „Piks“ zur Abwendung einer schwer- fällen dramatisch sein können. Schließlich Gynäkologie und Geburts- wiegenden Erkrankung eine sehr zuver- bietet die Schutzimpfung keine Garantie, hilfe im St. Marien-Kranken- sichtlich stimmende Entwicklung. ⁄ nicht an Krebs zu erkranken, denn die ein- haus Siegen © Naeblys | Adobe Stock Humane Papillomviren MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 13
SCHWERPUNKT — Auf die Kuh gekommen Die Entwicklung des ersten Impfstoffes I mpfen war in der „DDR“ Staatsangelegenheit und nicht zuletzt Mittel der Politik: Die durchgeimpf- te und gesunde Bevölkerung sollte die Überlegen- heit des sozialistischen Systems zeigen. So muss- ten die Bürger jenseits des Todesstreifens bis zum 18. Lebensjahr eine ganze Reihe von Pflichtimpfun- gen über sich ergehen lassen. In der Bundesrepu- blik gab es hingegen nur einen einzigen, gesetzlich vorgeschrieben Stich, nämlich den gegen Pocken. Und sogar diese Pflichtimpfung wurde Mitte der 1970er-Jahre wieder abgeschafft, weil die Krank- heit besiegt war. Geimpft wurde im Osten gegen Pocken, Kinder- lähmung, Diphterie, Tetanus, Keuchhusten, Tuber- kulose und ab den 1970er-Jahren auch gegen Ma- sern. Mit der gesetzlichen Impfpflicht konnten dann Die infizierte Person war ansteckend und immerhin auch in den 1950er-Jahren enorme Erfolge ver- starben an den Impfpocken noch zwei Prozent der zeichnet werden: Die Krankheitszahlen sanken ra- Geimpften; aktuell liegen bei dem Impfstoff von Ast- sant, besonders eindrücklich beim Kampf gegen raZeneca schon bei einem Tag Unwohlsein einzelner Kinderlähmung. Während 1960 im Westen noch Po- Impflinge die Nerven blank. lio-Epidemien wüteten, war die Gesellschaft im „Ar- Die erste „moderne“ Impfung wird dem engli- beiter- und Bauernstaat“ seit 1958 zu großen Teilen schen Arzt Edward Jenner zugeschrieben. Als Land- dagegen immunisiert. arzt wusste er von den umliegenden Bauern, dass Doch gehen wir zurück. Die Geschichte des Imp- sie keine Milchmägde einstellten, die nicht schon als fens beginnt fernab von Deutschland: Und zwar in Kind Pocken hatten. Denn wann immer die Kuhpo- der Hauptstadt des Osmanischen Reiches. So gibt es cken grassierten, eine Krankheit der Kühe, infizier- 1717 Berichte von der Frau des britischen Botschaf- ten sich die Mädchen, die noch keine Pocken hatten. ters, die in Konstantinopel „Pockenparties“ mit Kin- Sie bekamen Fieber und konnten nicht mehr arbei- dern kennen lernte und London davon berichtete. ten. Jenner vermutete nun, dass man durch die Kuh- Es war genau genommen eine Art kontrollierte Po- pocken auch vor den Pocken geschützt ist und hat ckeninfektion, bei der die Kinder eine vergleichswei- diese These systematisch geprüft. So testete er die se leichte Pockenerkrankung bekamen – jenseits der Impfung an dem gesunden achtjährigen Jungen sei- wilden Pocken mit einer Todesrate von 25 Prozent. nes Gärtners: ritzte die Haut des Jungen und infi- Überliefert ist auch, dass Impfungen schon früh in zierte die Wunde mit dem Sekret einer erkrankten Indien und China gebräuchlich waren. So sollen die Melkerin. Der Junge wurde, wie von Jenner erhofft, Chinesen vor rund 2.000 Jahren Körpersekrete von krank. Ihn befiel leichter Frost, er verlor den Appetit Infizierten eingenommen haben, um sich vor Er- und hatte geringen Kopfschmerz. Während des gan- krankungen zu schützen. zen Tages war er offensichtlich krank und verbrach- Europäische Ärzte übernahmen schließlich die te die Nacht in Unruhe, doch am nächsten Tag fühl- Methode der „Variolation“ (variola steht lateinisch te er sich wiederum wohl. Es folgte der riskantere für Pocken), sie setzte sich jedoch nicht durch. Denn Teil des Experiments. Der Arzt infizierte den Jungen die Behandlung hatte erhebliche Nebenwirkungen: wieder und dabei mit Menschenpocken. Doch das 14 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
GESUNDHEIT — © Liberty Photo Art | Adobe Stock © Georgios Kollidas | Adobe Stock Edward Anthony Jenner war ein engli- Statue von Edward Jenner in den Kensington scher Landarzt, der die moderne Schutz- Gardens in London impfung gegen Pocken entwickelte. Kind blieb von der Krankheit verschont, sein Kör- per hatte offensichtlich bereits eine Abwehr gegen das Virus aufgebaut. Die Pockenschutzimpfung war erfunden. Das Ergebnis veröffentlichte Jenner in seinem Bericht über die „Kuhpockenimpfung“ – be- ziehungsweise die „Vakzination“ (vom lateinischen vacca, die Kuh). Daraus leitet sich heute der Begriff für Impfstoff, Vakzin, ab. Leider dauerte es danach noch 200 Jahre, bis die Krankheit ausgerottet wer- den konnte. Die WHO erklärte die Welt 1979 offiziell als pockenfrei. Die Vakzination ist bis heute die einzige Imp- fung, die dazu führte, dass eine Krankheit ausgerot- © Mario Breda | Adobe Stock tet wurde. Das ist auch mit der Polio-Impfung oder Gebärmutterkrebs-Impfung noch nicht gelungen, und auch Corona wird uns noch lange begleiten. Biontech, Moderna und AstraZeneca sind jedoch echte Hoffnungsschimmer. ⁄ Impfzeugnis 1827, Langensalza (Thüringen) 1827 September 8 Bescheinigung, dass Johann Georg Gabriel, geboren am 3. Mai 1815, am 29. Juni 1815 "von mir mit Lymphe von Schutz- pocken geimpft worden, deren gehörige Bildung und richtiger Verlauf mich berechtigen, die Fähigkeit, von Menschen- blattern angesteckt zu werden, für getilgt zu halten". (unterzeichnet) D(er) Physikus Gies. Unten handschriftlich wird eine medizinische Zeitschrift zitiert. Dieses Dokument Zeitgeschichte wurde von Dr. Harald Menker, Netphen der Marien Konkret zur Verfügung gestellt. MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 15
PA N O R A M A — ∕ Die Apotheke im St. Marien-Krankenhaus Siegen unter der Leitung von Michael Heymann gewährleistet, dass Stationen und Ambulanzen des Hauses mit Medikamenten versorgt sind. Auch benachbarte Kliniken werden von ihr versorgt. Die pharmazeutischen Mitarbeiter stellen in der Apotheke auch selbst Arzneimittel her. Bei dem aktuellen Programm zur Corona-Schutzimpfung der Mitarbeitenden ist die Apotheke sehr eng in die Abläufe einbezogen. 16 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 17
I N N O VAT I O N — N ach einer Klinik in New York ist Aufbereitung von Daten und Bildern Dietmar Stephan. War bisher die Steu- das St. Marien-Krankenhaus in aus hunderten vorangegangenen Ope- erung der Kamera manuell oder durch Siegen das zweite Krankenhaus rationen liefere KI Hinweise zur bes- Aktivierung über die Augen des Ope- weltweit, in dem die robotische Chi- seren Strukturerkennung und zur rateurs notwendig, kann nun die Steu- rurgie durch die Anwendung von Einschätzung von Risiken bei der Prä- erung der Kamera automatisiert er- Künstlicher Intelligenz (KI) erweitert paration von Gewebe, die sonst allei- folgen. Hierzu wird ein Spitze eines wird; vor drei Jahren erst wurde bei ne durch die Erfahrung des Chirurgen Instruments digital markiert und dann den minimal-invasiven Operationen „gesteuert“ würden. „Im St. Marien- folgt die Kamera automatisch wäh- der Chirurgie und der Gynäkologie er- krankenhaus ist nun der erste Schritt rend der Operation immer diesem In- folgreich die robotische Chirurgie ein- in diese digitale Unterstützung durch strument und der Operateur hat das geführt. Fast 500 Operationen sind Künstliche Intelligenz erfolgt“, so Prof. Operationsgebiet immer optimal im inzwischen mit dem sogenannten Sen- hance-System erfolgt. Jederzeit stabi- le 3D-Sicht, Kamerasteuerung mit den Künstliche Augen des Operateurs, Einsatz von abwinkelbaren Instrumenten zum Er- reichen schlecht zugänglicher Körper- regionen sowie ermüdungsarmes Ope- rieren im Sitzen sind nur einige der Vorteile, die die Operateure im St. Ma- rien-Krankenhaus Siegen der neuen Technologie attestieren. Jetzt erfolgt Intelligenz im OP mit der Einführung von KI ein weiterer Auf dem Weg in die digital unterstützte Chirurgie ganz entscheidender Schritt in die Zu- kunft in der Chirurgie. Prof. (Saitama Med. Univ.) Dr. med. Dietmar Stephan, der das Zentrum für minimal-invasive und robotische Chirurgie im St. Mari- en-Krankenhaus Siegen leitet, erklärt dies so: „Die Verringerung der Kompli- kationen und die Erhöhung der Pati- entensicherheit ist eine der entschei- denden Aufgaben in der Medizin im Allgemeinen und bei Operationen im Speziellen. Hier kann Künstliche Intel- ligenz helfen.“ Im Wesentlichen gebe es zwei Ansatzpunkte, wie künstliche Intelligenz Operationen sicherer ma- chen kann: zum einen durch Automa- tisierung von notwendigen Standard- prozessen innerhalb einer Operation, um die Konzentration des Chirurgen auf die eigentlichen Operationsschritte zu erhöhen, und zum anderen durch Bereitstellung von Echtzeitinformatio- nen während der Operation, die dazu beitragen, fundierte und schnelle Ent- scheidungen treffen zu können. „Operationen sind natürlich immer und werden auch in Zukunft von der persönlichen Erfahrung, dem Wissen und der Geschicklichkeit des Opera- teurs abhängig sein“, so Prof. Stephan. Hier könne jedoch KI massiv mit der Lieferung von Informationen und Da- ten in Echtzeit unterstützen. Aus der 18 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
Blickfeld. Flächen- und Abstandsmes- sungen im bewegten Bild in Echtzeit als zusätzliche wertvolle Informatio- nen während der Operation werden alsbald folgen. Es kann hier keineswegs um die Übernahme der Operation durch Künstliche Intelligenz sondern immer nur um eine Unterstützung zur Erhö- hung des Sicherheit des Patienten ge- hen, betont Prof. Dr. med. Frank Wil- leke, Medizinischer Direktor des St. Marien-Krankenhauses. Er sieht sich dabei als klaren Befürworter moder- ner Technologien: „KI wird die Me- dizin in weiten Teilen tiefgreifend verändern, doch ist es wichtig, die Technologie stetig zum Wohle des Pa- tienten weiterzuentwickeln.“ Zwar bringt die Digitalisierung hohe ger zählt. Vor allem aber steige die Si- Kosten mit sich, doch „werden die sich cherheit und die Versorgungsqualität langfristig rentieren“, so Hans-Jürgen für die Patienten. Während Künstliche Winkelmann, Hauptgeschäftsführer Intelligenz aktuell vor allem in bereits der Marien Gesellschaft Siegen, zu der hochdigitalisierten Bereichen wie der das Klinikum als größter Leistungsträ- Radiologie zu finden ist, eröffnet sich mit dieser ersten Anwendung in der „ minimal-invasiven Chirurgie als zu- sätzliches Sicherheitselement ein neu- es Feld. Prof. Frank Willeke sieht dann in der Nachsorge oder der Kommuni- kation zwischen Patienten, Angehöri- gen und niedergelassenen Ärzten zu- Operationen sind künftige Bereiche, in denen KI zum Einsatz kommen kann. „Der Fantasie natürlich immer sind eigentlich kaum Grenzen gesetzt, und werden auch was uns alle verpflichtet ist jedoch, über jede Anwendung sorgfältig nach- in Zukunft von zudenken und diese mit angemesse- der persönlichen ner Skepsis zu hinterfragen“, betont Erfahrung, dem Wissen der Medizinische Direktor. Im OP gel- te: Robotik und insbesondere KI als und der Geschicklich- digitale Unterstützungen helfen dem keit des Operateurs Chirurgen dabei, die Sicherheit des Patienten zu erhöhen und Komplikati- abhängig sein. onen zu vermeiden, so Prof. Dietmar “ Stephan. Die Einführung von Künstlicher In- telligenz in den OP ist nur ein Baustein eines umfangreichen Digitalisierungs- P R O F. ( S A I TA M A M E D. U N I V. ) ansatzes im St. Marien-Krankenhaus D R . M E D. Siegen. Auch in anderen Bereichen DIETMAR STEPHAN des Krankenhauses laufen zahlreiche Leiter des Zentrums für minimal-invasive Projekte mit dem Ziel, die Digitalisie- und robotische Chirurgie im rung flächendeckend einzuführen, so St. Marien-Krankenhaus Siegen Hauptgeschäftsführer Hans-Jürgen Winkelmann abschließend. ⁄ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 19
GESCHICHTE — und Ökumene ausgerichtete Wirken der Klarissen an diesem Ort und schließlich die Fortsetzung als Geistliches Zentrum und Hospiz bis in die Gegen- Deo wart“, heißt es auch in dem von Prokurist Hubert Berschauer gezeichneten Editorial weiter. Das vorliegende Buch, das Autor Dr. Christian Stoffers auf der Basis der Transkription der hand- schriftlichen Kloster-Chronik durch Sigrid Ermert Gratias! und weiterer Quellen entwickelt hat, lädt dazu ein, sich durch die Geschichte des von Mutter Coleta ge- gründeten Klarissen-Klosters entlang zu tasten und sich dem Wirken der Schwestern in ihrer vollen Di- mension zu nähern. Es fußt auf dem Evangelium und vollzieht sich in gemeinschaftlich gelebter Armut in der Klausur. Immer wieder erlebten die Schwester Die Geschichte des Klarissen-Klosters die Macht des Gebets. Die Notglocke, auch wenn es auf der Eremitage gerne anders erzählt wird, musste in der ganzen Zeit ihres Wirkens nie geläutet werden, und beim Lesen erkennt man rasch, dass die Schwestern si- cher auch nie daran gedacht haben sie zu nutzen. Mutter Bernadette pflegte zu sagen: „Was Gott will, B ei der Beschäftigung mit der Geschichte des Kla- das wirkt er. Ist es Gottes Wille, dann wird die Sa- rissen-Klosters auf der Eremitage kommt uns che gelingen.“ Und so brennt sich das Zeugnis der diese vor wie der Blick in ein Brennglas des Schwestern auch in die Geschichte des christlichen gelebten christlichen Lebens im Siegerland“, fasst Lebens im Siegerland ein. Hans-Jürgen Winkelmann, Hauptgeschäftsführer Das Buch stellt heraus, dass die segensreiche Ge- der Marien Gesellschaft Siegen, in seinem Editori- schichte des besonderen Orts auch geprägt ist von al zu „Deo Gratias – Wechselvolle Geschichte des Abschieden, die einen Neubeginn möglich machten. Klarissen-Klosters auf der Eremitage“ seine aus der So mussten die Eremiten, die von Siegen aus kamen, Entwicklung des Buchs gewonnenen Eindrücke zu- zunächst loslassen können, um in der Einsamkeit sammen. Das im Januar herausgegebene Buch zeigt der Eremitage zu wirken. Die Klarissen hatten ihr auf, dass die Entwicklung dieses besonderen Orts Mutterhaus in Bad Neuenahr zu verlassen, um den vor den Toren der Stadt Siegen nunmehr seit über neuen Konvent dort zu errichten. Und schließlich 500 Jahren hinweg in Wellenbewegungen verläuft, hieß es auch für sie Lebewohlsagen, damit mit dem sich jedoch über die ganze Zeit hinweg ein klarer Geistlichen Zentrum und dem Hospiz Neues entste- Pfad erkennen lässt: Die Eremitage war und ist Aus- hen kann. Und auch heute ist das Leben auf der Ere- gangsort christlichen Lebens, das sich immer wieder mitage von Abschieden geprägt. „Es sind dabei ganz neu entwickelt. „Zu nennen ist da das Wechselbad individuelle Abschiede, und es ist sicher ein Trost, der konfessionellen Ausrichtung des Siegerlands in dass auch hierin ein Neubeginn liegt“, stellt Dr. Stof- der frühen Neuzeit genauso wie das auf Versöhnung fers heraus. ⁄ 20 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
Das Buch kann gegen eine Spende (ab 9,99 Euro) im Hospiz auf der Eremitage erworben werden. Spenden sind dabei auch online über https://www.marien-hospiz.de/de/ spenden-unterstuetzen/helfen- sie-mit/ möglich. MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 21
GESUNDHEIT — Häppchenweise Tumorzellen abtöten Die Strahlentherapie übernimmt eine wichtige Aufgabe beim Heilungsprozess D ie Strahlentherapie, auch „Radioonkologie” ge- nung der Brust eine Therapie mit guten bis sehr gu- nannt, zählt als Therapie zu den elementaren ten kosmetischen Ergebnissen für viele Frauen dar. Säulen der modernen Krebstherapie. Neben der Operation und Chemo-/Immuntherapie bekommen Gewaltige Sprünge in der Entwicklung über 60 Prozent aller Krebspatienten im Verlauf ih- Erstaunlich klingt es vielleicht, dass die hochenerge- rer Krebsbehandlung eine Strahlentherapie. tische Photonenstrahlung noch vergleichbar ist mit Dabei kann die Strahlentherapie meist in Kom- der des ersten Bestrahlungsgerätes (Linearbeschleu- bination mit einer Chemotherapie vor einer Opera- niger) in Stanford aus dem Jahr 1956. Jedoch tun tion benutzt werden, um den Krebs zu verkleinern sich mit Blick auf Intensität und zielgenaue Verab- und damit besser für den Chirurgen operabel zu reichung der Bestrahlung Welten auf. Selbst im Ver- machen. Zum anderen kann die Strahlentherapie gleich zum Jahr 2000 gab es gewaltige Sprünge in nach einer Operation (z. B. Brustkrebs) eingesetzt der technischen Entwicklung der Linearbeschleu- werden, um mikroskopisch verbliebene Tumorzel- niger. Ihre Wirkung entfaltet die Strahlentherapie len nach einer Operation zu entfernen. Das ermög- nach wie vor durch viele einzelne „fraktionierte“ licht heutzutage vielen Frauen den Brusterhalt und Bestrahlungssitzungen. Diese nutzen dabei die bio- stellt im Vergleich zur kompletten operativen Entfer- logisch gute Reparaturfähigkeit gegenüber hoche- 22 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
(sogenanntes ConeBeam-CT ) sowie hoch- moderne Körperoberflächenscanner im Raum (Surface Guidance (SGRT)) dafür, dass die Bestrahlung bis auf 1 Millimeter genau an jedem Tag verabreicht werden kann. Da- bei arbeiten Medizinphysikexperten (MPE), Fachärzte für Strahlentherapie und Medi- zinisch-Technische Radiologieassistenten (MTRA) jeden Tag eng zusammen, um für „ jede Patientin und jeden Patienten den per- fekten und „maßgeschneiderten“ Bestrah- lungsplan zu erstellen und anzuwenden. Diese Zusammenarbeit sorgt dafür, dass Nebenwirkungen erheblich reduziert wer- nergetischer Photonenstrahlung von gesun- den können und für viele Betroffene die Be- den Körperzellen im Vergleich zu den sich strahlungen heutzutage sehr gut verträglich Diese schlecht reparierenden Tumorzellen aus sind. Damit zählt die Strahlentherapie heute Tumorzellen und befördern nach jeder Bestrahlungssit- bei den vielen Möglichkeiten der Krebsthe- werden zung „häppchenweise“ die bösartigen Tu- rapie zu einer der am besten verträglichsten morzellen in den geordneten Zelltod (Apop- Therapiemethode. dann vom tose). Diese Tumorzellen werden dann vom Die Entwicklung der Radioonkologie Körper abgebaut Körper abgebaut und für neue, gesunde geht heute bereits so weit, dass auch „ge- Zellen „recycelt“. Mittels 15 bis 39 Bestrah- ring“ gestreute Krebsarten (die sogenannte und für neue, lungssitzungen (je nach Tumorerkrankung) Oligometastasierung) mit wenigen Hochprä- gesunde Zellen können viele bösartige Tumore mit hoher zisionsbestrahlungen („stereotaktische ab- „recycelt“. Wahrscheinlichkeit geheilt oder die Tu- lative Bestrahlung“ oder „Radiochirurgie“) “ morerkrankung lange Zeit unter Kontrolle mit einer sowohl noch höheren Genauigkeit gehalten werden. Durch den Fortschritt in im Submillimeter-Bereich als auch mit sehr der Medizin, Physik und Technik wurden hohen Einzeldosierungen komplett entfernt in den vergangenen 20 Jahren die Bestrah- werden können. Hirn-, Lungen- und Leber- D R . R E N É B AU M A N N lungsfelder immer kleiner. metastasen können so mit nur wenigen Be- Chefarzt der Klinik für Häufig treten Tumorerkrankungen nah strahlungen (1 bis 5 Sitzungen) ohne grö- Radio-Onkologie und an gesunden und zu schützenden Orga- ßere Eingriffe und mit gleichen Ergebnissen Strahlentherapie im nen auf. Heutzutage können all diese Orga- wie bei einer Operation auch für ältere Pati- St. Marien-Krankenhaus Siegen ne – zum Beispiel Herz, Darm, Blase, Spei- enten schonend behandelt werden. cheldrüsen oder auch Lunge – durch eine Krebserkrankungen sind in unserer heu- zielgenaue Bestrahlungsplanung vom Be- tigen Zeit durch die technischen Neuerungen strahlungsgebiet geschont werden. und die sehr enge sowie intensive Zusam- menarbeit zwischen Verträgliche Therapiemethode allen beteiligten on- Der Strahlentherapeut kann mit Hilfe der kologischen, chirur- Bildgebung einer Computertomographie gischen und radio- � Modernste (CT) und Softwaresystemen zielgenau die Form des erkrankten Gewebes einzeichnen logischen Fächern immer effektiver Verfahren und mittels einer modernen intensitätsmo- und schonender be- dulierten Bestrahlungstechnik die Bestrah- handelbar. In vielen Der Klinik für Radio-Onkologie und lungsdosis exakt in diese Gebiete bündeln Fällen kann das Ziel Strahlentherapie im St. Marien-Kran- und alle möglichen Tumorformen im Be- der Heilung so er- kenhaus Siegen ist das Medizinische strahlungsgebiet nachbilden. reicht werden. ⁄ Versorgungszentrum für die ambulante Man kann sich das vorstellen wie bei ei- Behandlung beigeordnet. Die Einrich- ner Lupe, die das Sonnenlicht exakt in ei- tung verfügt über drei Linearbeschleu- nem Brennpunkt bündelt. Der einzelne niger moderner Bauart. Alle Behand- Strahl hat keine Wirkung, aber im Zentrum lungen werden auf der Basis moderner fokussieren sich alle Strahlen und entfal- bildgebender Diagnostik und leitlinien- ten ihre volle Wirkung an den Krebszellen. gerecht auf die individuelle Situation Während der einzelnen Bestrahlungssit- des Patienten abgestimmt, um ein opti- zungen sorgen zusätzlich präzise radio- males Heilungsergebnis zu ermöglichen. logische Verfahren am Bestrahlungsgerät MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 23
GESUNDHEIT — Tickende Zeitbombe E s ist eine tickende Zeitbombe, doch ist den meis- ten Betroffenen ihr Risiko überhaupt nicht be- wusst: Ein Aneurysma ist eine Aussackung in den Arterien, die meist unbemerkt bleibt. Doch wenn sie platzt, besteht Lebensgefahr durch innere Blutungen oder eine Embolie. Meist entstehen sie in- folge einer Arteriosklerose oder einer angeborenen Gefäßwandschwäche. Häufig sind Aneurysmen mittels einer Ultra- schall-Untersuchung nachweisbar. Jedoch las- sen sich dadurch nicht die gesamte große Körper- schlagader und die kleinen Arterien damit erfassen, weshalb zur genauen Diagnose die Computertomo- grafie mit einem Kontrastmittel oder die Katheter- angiographie eingesetzt werden. Ein Aneurysma der Herzkammer wird durch eine spezielle Ultra- schallmethode – die Echokardiografie – oder durch die Angiografie diagnostiziert. Hierbei wird durch einen Katheter Kontrastmittel in die Herzkammer gespritzt und das Aneurysma auf einem Bildschirm dargestellt und digital gespeichert. In bestimmten Fragestellungen erfolgt auch eine sogenannte tran- soesophageale Echokardiografie (TEE) – eine Ultra- schalluntersuchung von der Speiseröhre aus, um bestimmte Abschnitte der Hauptschlagader besser tiven Eingriff behandelt werden. Ist dies noch nicht beurteilen zu können. passiert und das Aneurysma ist klein, ist es das Die seltener auftretenden Aneurysmen der Bein- Ziel der Behandlung, dass sich die Gefäßerweite- und Armarterien lassen sich manchmal als eine pul- rung nicht vergrößert oder einreißt. Risikofaktoren sierende Verdickung ertasten. Bei Aneurysmen der wie Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen Bauch- oder Beckenarterien ist dies eigentlich nur sollten nach Möglichkeit mittels medikamentöser möglich, wenn die Aussackung der Gefäße schon Therapie behandelt werden. Raucher sollten sich sehr weit vorangeschritten und der Patient schlank bemühen, ihr Laster aufzugeben. Je größer ein An- ist. Typisch sind auch Strömungsgeräusche, die im eurysma wird, desto höher wird der Druck auf die Rhythmus des Herzschlags auftreten und die beim betroffene Gefäßwand. Daher wird geraten, ein An- Abhören der Arterien festgestellt werden können. eurysma ab einer Größe von circa fünf Zentimetern durch eine Operation zu entfernen; auch eine Grö- Wie wird ein Aneurysma behandelt? ßenzunahme von über zehn Millimeter pro Jahr Reißt ein Aneurysma, kommt es meist zu inneren kann zu einer Operationsempfehlung führen. Blutungen mit lebensbedrohlichen Folgen. Dieser Betrifft das Aneurysma den aufsteigenden Ab- Notfall muss regelmäßig sofort durch einen opera- schnitt der Aorta oder den Aortenbogen erfolgt regel- 24 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
© grieze | Adobe Stock Schwerpunktsetzung Die moderne Gefäßchirurgie basiert immer mehr auf die Zusammenarbeit mit mehreren Fachabteilungen (interventionelle Radiologie, Kardiologie, Neurologie/ Neuroradiologie), um die für die Patientinnen und Patienten individuelle beste Therapie zu gewährleisten. Die Versorgung arterieller Gefäßerkrankungen zählt zu einer der Kernaufgaben der gefäßchirurgischen Klinik. Den Schwerpunkt bildet hierbei ohne Zweifel die periphere arterielle Verschlusskrankheit. Ob mit und ohne Ausprägung diabetischer Füße ist dies eine große gemeinsame Aufgabe, bei der Interdisziplinarität ganz entscheidend ist. Diese setzt sich in der Versorgung der Bauchaortenaneurysmen fort, die je nach Indikationsstellung endovaskulär oder offen operiert werden – immer in unmittelbarer Absprache mit radiologischen und kardiologischen Partnern im Hause. � Jüngste Klinikgründung Seit Januar 2020 gibt es zwei chirurgische Kliniken im St. Marien-Krankenhaus: die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie (Prof. Dr. „ med. Frank Willeke) und die Klinik für Gefäß- chirurgie (Dr. med. Ronald Friedberg). Beide Kliniken haben sich in den letzten Jah- ren außerordentlich gut entwickelt und haben heute überregionale Bedeutung. Die Klinik für Gefäßchirurgie im St. Marien-Krankenhaus ist ein zentraler Bestandteil des Herz- und Gefäß- Ein Aneurysma zentrums Südwestfalen. ist eine tickende Zeitbombe, doch ist den meisten Betroffenen ihr mäßig eine chirurgische Versorgung. Bei ei- Individuell Vorteile und Risiken abwägen Risiko überhaupt nem Aneurysma im absteigenden Abschnitt Die Wahl des Behandlungsverfahrens rich- nicht bewusst. der Aorta werden, sofern eine medikamen- tet sich bei allen Aneurysmen nach deren “ töse Therapie nicht ausreicht, zunehmend Form und Ausdehnung sowie nach dem endoluminal eingesetzte Prothesen ver- Allgemeinzustand des Patienten. Nicht in wendet. Bei der chirurgischen Versorgung allen Fällen ist die endovaskuläre Methode wird der ausgeweitete Teil des Gefäßes auf- geeignet. Insbesondere bei den Aneurys- D R . M E D. geschnitten beziehungsweise entfernt und men im Brustkorb muss bei chirurgischem RONALD FRIEDBERG durch eine rohr- oder Y-förmige Prothese Vorgehen in sehr hohem Alter das Kompli- Chefarzt der ersetzt. Danach wird die Gefäßwand als na- kationsrisiko gegen den zu erwartenden Klinik für Gefäßchirurgie im türliche Umhüllung wieder über der Prothe- Operationserfolg abgewogen werden. Wel- St. Marien-Krankenhaus Siegen se möglichst geschlossen. Als Alternative ches Verfahren also das geeignete ist und hierzu kommt in manchen Fällen das Ein- welche Komplikationen dabei auftreten setzen einer endovaskulären Stentprothese können, ist daher ausführlich mit den be- in Betracht. Sie wird im Aneurysma entfal- handelnden Ärzten zu besprechen. ⁄ tet und trennt es so vom Blutstrom. MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 25
© Foto: Frank Steinseifer PA N O R A M A — 26 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
∕ Seit 2014 findet, auf Initiative der Marien Kliniken, im Nachgang des Siegerländer AOK-Firmenlaufs, die Auszeichnung der Aktion „Fitte Firma“ statt. Im Rahmen einer kleinen Feier- stunde vor dem :anlauf-Büro wurden nun die Erstplatzierten, die INVERS GmbH aus Netphen, die SIEGENIA Gruppe mit Sitz in Wilnsdorf sowie die Stadtverwaltung der Universitätsstadt Siegen, mit einer Urkunde ausgezeich- net. Firmenlauf-Organisator Martin Hoffmann (mittig) und Dr. Christian Stoffers (links) von der Marien Gesell- schaft Siegen überreichten im Beisein von Bürgermeister Steffen Mues die Urkunden. MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101 _ 27
E N T W I C K LU N G — Platz schaffen Das St. Marien-Krankenhaus Siegen startet eine Phase von Sanierungs- und Erweiterungsplanungen M oderne Medizin braucht Raum. Die- se Erkenntnis ist nicht völlig neu, sie hat sich aber durch die Corona-Pan- demie noch einmal verfestigt. Um Patien- ten optimal zu versorgen, muss die Aus- stattung stimmen, aber eben auch Platz: „Mehrbettzimmer sind in Verruf geraten“, weiß Hans-Jürgen Winkelmann, Hauptge- schäftsführer der Marien Gesellschaft Sie- gen. Eine Umstellung auf Ein- und Zwei- bettzimmer sei langfristig angezeigt, aber eben nicht schnell umzusetzen. Das St. Ma- rien-Krankenhaus als größter Betrieb der Marien Gesellschaft Siegen möchte sich die- ser und anderen Herausforderungen stel- len. Dafür wurden Anfang Februar wichti- ge Weichen im Planungsrecht gestellt; der Bauausschuss der Stadt Siegen befand über den Flächennutzungs- und Bebauungsplan rund um das Krankenhaus. Die besondere Schwierigkeit des St. Ma- rien-Krankenhauses ist seine zentrale Lage in der Siegener Innenstadt. Bei der Grund- � Über 160 Jahre steinlegung 1868 am heutigen Standort war Erfahrung noch nicht abzusehen, wie eng es eines Ta- ges werden könnte. Nicht einmal die gegen- überliegende St. Michaels-Kirche hatte es Mit über 160 Jahren Erfahrung in der medi- damals gegeben. Erweitert wurde im Laufe zinischen Versorgung wissen wir als Marien der Jahrzehnte immer wieder, zuletzt war Kliniken, dass die Patientinnen und Patienten 2008 der Eingangs- und Funktionsbereich neben dem Komfort und der Sicherheit der zur Kampenstraße an der Reihe. Behandlung eine wirksame Schmerzlinderung Nach und nach hat die Marien Gesell- wünschen. Diesem Bedürfnis kommen wir auf schaft Siegen Grundstücke in der Umgebung der Grundlage unseres christlichen Leitbildes aufgekauft, um eine bauliche Erweiterung nach. Neben einer hochwertigen medizinischen zu ermöglichen. Auch das ehemalige Gärt- sowie pflegerischen Versorgung ist es uns ein nereigelände „Fischer“ in der Nordstraße Anliegen, unsere Patienten zeitgemäß und gehört dazu. Hier entstehen zunächst neue menschlich zu betreuen. Das beinhaltet einen Parkplätze sowie – nach dem Abriss des al- hohen Unterbringungs- und Verpflegungsstan- ten Ladenlokals – Praxisräume. Weiter wird dard, aber auch eine fürsorgliche und zuge- sehr stark auf den Umbau der Bestandsim- wandte Behandlung mit kurzen Wegen. mobilien gesetzt. Der OP-Trakt und die Not- aufnahme wurden bereits auf neuesten 28 _ MARIEN ∕ KONKRE T Nr. 101
Sie können auch lesen