INFO Fachbereich Sport - Ausgabe2/2010 Heft36 - KIT
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INFO Fachbereich Sport Regierungspräsidium Karlsruhe • Abteilung 7 Schule und Bildung Ausgabe 2/2010 Heft 36 REGIERUNGSPRÄSIDIUM KARLSRUHE 2/2010 INFO-Fachbereich Sport 1
Im Brennpunkt: HERausgeber Trendsportarten in der Schule IMPRESSUM/INHALTSVERZEICHNIS Regierungspräsidium Karlsruhe Abteilung Schule und Bildung Vorwort 4 Fachbereich Sport Leitartikel Newsport im Sportunterricht 5 Fachartikel und Beiträge aus den Schulen zusammenstellung und Trendsport Turnen 7 redaktion Indiaca 9 Wolfgang Essig Jumpstyle 11 Manfred Reuter Cheerleading, Johann-Philipp-Reis-Schule Weinheim 14 Schulzirkus, Schlossgartenschule Pfinztal-Berghausen 17 Einrad, Grundschule Oberweier 20 Headis 22 druck und gestaltung Regierungspräsidium Karlsruhe Projekte Früh übt sich 25 Sportprojekttag, Otto-Hahn-Gymnasium Nagold 26 www.rpk-sport.de Aktuelle Informationen Statistik Sportabitur 2010 28 Regionalteams Sport an den Staatlichen Schulämtern (Aktualisierung) 31 Buchvorstellung: Fitnessspiele für Kinder und Jugendliche 34 Reihe „Spitzensportler in der Schule“ Interview mit Shanice Kraft, Patrick Domogala, Leichtathletik 35 Pressespiegel 39 ______________________________________________ Der Kürze wegen wird in einigen Artikeln die männliche Substantivform verwendet Redaktionsschluss Heft 1/2011 15. März 2011 2/2010 INFO-Fachbereich Sport 3
Vorwort vorwort In diesem Heft wird das Schwerpunktthema „Trendsportarten im Schulsport“ fortgeführt. Dies erschien uns einerseits wegen des vielfältigen Angebots, welches den Rahmen nur einer Ausgabe des Sport INFO weit überschritten hätte, sowie andererseits wegen der positiven Resonanz von Lesern auf Sport INFO 35, als gerechtfertigt. Wir freuen uns auch in diesem Heft eine Reihe von interessanten Beiträgen zu diesem Thema vorstellen zu können und danken den Autoren ganz herzlich für ihre Mitarbeit. Es ist uns bewusst, dass die hier beschriebenen Beispiele einer Gleichsetzung der Begriffe Trendsport mit Newsport im Sinne der im Leitartikel von Prof. Dr. P. Neumann dargestellten Definitionen nicht in jedem Fall standhalten können. Sportarten wie Turnen oder das aus der Turnbewegung hervorgegangene Spiel Indiaca erscheinen auf den ersten Blick wenig „trendig“ oder gar „new“ zu sein. Im Kontext mit der unzweifelhaften Trendsportart „Le Parcour“, welche in der Ausgabe 35 des Sport INFO vorgestellt wurde oder mit dem in diesem Heft beschriebenen Zirkusprojekt Makkaroni werden Beispiele aufgezeigt, wie auch für das von manchen als angestaubt angesehene Turnen der Brückenschlag zur angesagten Trendsportart möglich wird. Eine andere Frage ist, wie und ob es überhaupt wünschenswert ist, „Newsports“ wie Jumpstyle, Einrad, Inlineskating, Cheerleading oder gar Headis in den Schulsport zu integrieren. Sicherlich wird der reguläre Sportunterricht mit den normalen Klassengrößen hier vielfach an seine Grenzen stoßen. Ganz anders stellt sich jedoch die Situation dar, wenn Trendsportarten in das außerunterrichtliche Sportangebot einer Schule einbezogen werden. Für Sportprojekttage, Schulfeste, AG‘s oder Schullandheimaufenthalte, aber auch im Rahmen der Ganztagsschulbetreuung können diese neuen Bewegungs- und Spielangebote schon allein durch die Attraktivität des Neuen bereichern und eröffnen dem Schulsport neue Möglichkeiten. Häufig steht neben bzw. wegen den oft spektakulären koordinativen Bewegungserfahrungen auch ein erlebnispädagogischer Ansatz im Focus vieler Trendsportarten. Wenn sich wie beim vorgestellten Zirkusprojekt Makkaroni ein viele Jahre währender, nachhaltiger Erfolg einstellt, ist es durchaus berechtigt auch einer Trendsportart einen Platz im Schulcurriculum zu gewähren. Für alle Aktivitäten gelten jedoch Sicherheitsbestimmungen, die im Beitrag der Unfallkasse Baden-Württemberg für die eine oder andere Trendsportart kritisch betrachtet werden und zum Schutz der anvertrauten Schüler aber auch zum Selbstschutz der die Verantwortung tragenden Schulleitungen und Kollegen berücksichtigt werden müssen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass alle Beiträge in einem möglichst breiten sportlichen Spektrum ausgewählt wurden, um unseren geschätzten Leserinnen und Lesern Anregungen für eigene Erfahrungen mit Trendsportarten in der Schule zu geben. Leitthema der nächsten Ausgabe des Sport-INFO wird das Thema „Krafttraining, auch ein Thema für den Schulsport?“ sein. Schulen, die in diesem Themenfeld Erfahrungen gesammelt und Projekte initiiert haben, bitten wir um Beiträge. Die Redaktion 4 INFO-Fachbereich Sport 2/2010
„Ei – was machen die denn da?“ - Newsport im LEITARTIKEL Sportunterricht! Peter Neumann Welchen Stellenwert neue Sportarten (lang) darstellt? Und wer kann zusi- („Macht mir das Waveboarden dauer- im Sportunterricht haben oder in Zu- chern, dass der in der Schule rezipierte haft so viel Spaß, dass ich mir gleich kunft zugesprochen bekommen, hängt „Trendsport“ tatsächlich einen gewis- ein eigenes Board kaufen oder wün- nicht zuletzt von den verantwortlichen sen Neuigkeitswert besitzt? schen muss?“) ebenso wie die Frage Sportlehrkräften sowie von den räum- Bei einer konsequenten Auslegung des nach dem individuellen Sinn und einer lich-materiellen Rahmenbedingungen Trendsportbegriffes sind die Kreise weitergehenden Beschäftigung mit ei- an den Schulen ab. Denn die Bildungs- dessen, was als Trendsport zu bezeich- ner neuen Sportart beispielsweise im pläne (2004) in Baden-Württemberg nen ist, so klein, dass für den Schul- Rahmen einer AG. sehen die Thematisierung neuer Sport- sport womöglich kaum etwas übrig Drittens sollen und können den Schüle- arten im Schulsport ausdrücklich vor. bleibt. Denn Vieles, was den Weg in rinnen und Schülern Ausschnitte aus Doch was sind eigentlich News im den Schulsport gefunden hat, wie In- der aktuellen Bewegungswelt präsen- Schulsport? Wozu sollen News im lineskating, Beachvolleyball oder tiert werden, um Phänomene der ju- Schulsport angeboten werden und wel- Snowboarden, gehört doch schon gendlichen Lebenswelt und Bewe- che Empfehlungen sind für die schul- längst zum etablierten Sport. Deshalb gungswünsche der Jugendlichen auf- sportliche Praxis hilfreich? spreche ich vereinfachend von „News“ zugreifen (vgl. Laßleben & Neumann, im Sport und meine damit einen of- 2004). Denn Schülerinnen und Schüler fenen Pool jener Bewegungsformen, haben durchaus Interesse an neuen Was ist mit News gemeint? die in den letzten 10 Jahren Beachtung Sportarten und monieren einen in die- Obwohl sich die Bezeichnung „Trend- und Verbreitung in der Bewegungspra- ser Hinsicht eher konservativen Sport- sport“ im Sprachgebrauch etabliert xis gefunden haben. unterricht (vgl. DSB-SPRINT-Studie, hat, ist eine gewisse begriffliche Un- 2006, S. 142). Zudem bietet Schulsport schärfe zu konstatieren. Beispielswei- für manche Schülerinnen und Schüler se legt Laßleben (2009) folgende um- Wozu sollen News im Schulsport die einzige Gelegenheit, mit neuen fängliche Begriffsbestimmung vor: angeboten werden? Sportarten in Kontakt zu kommen und „Unter Trendsport werden neue, sport- Angesichts der bunten Vielfalt neuer damit vielleicht auch einen Anreiz, sich liche Bewegungsformen verstanden, Bewegungsaktivitäten fällt eine verall- (mehr) zu bewegen. die sich über mehrere Jahre hinweg zu- gemeinernde pädagogische Legitima nehmender Beliebtheit erfreuen. tion schwer. Deshalb müssen die fol- Trendsport wird primär in informellen genden, eher allgemein gehaltenen .Welche Empfehlungen sind für die Kontexten organisiert, betont erlebnis- Hinweise dahingehend konkretisiert schulsportliche Praxis hilfreich? und verlaufsorientiert ausgeübt und werden, dass die spezifischen Förder- vorwiegend nach stilistischen Kriterien potenziale für den betreffenden Sport Wer News für den Schulsport fordert, bewertet. Die durch ihre Verbindung weiter herausgearbeitet werden. Mei- muss wissen, dass dieser Sport mit hochwertigen Sportgeräten exklu- ner Ansicht nach lässt sich eine The- • erstens nicht von allen Akteuren im siven Sportarten werden von den Ak- matisierung von News im Schulsport Schulsport gleichermaßen ge- tiven in ihren Lebensstil eingebunden mit drei didaktischen Intentionen be- schätzt wird, und umfassend kommerzialisiert“ (S. gründen: 45). Erstens soll und kann den Schülerinnen • zweitens kein Garant für gelin- Eingearbeitet sind in diese Nominalde- und Schülern geholfen werden, sich im genden und motivierenden Unter- finition sieben Merkmale, mit deren Feld der News ein Stück weit zu orien- richt ist, Hilfe Unterscheidungen zum traditio- tieren, indem die Schüler eigene moto- nellen Sport getroffen werden: zuneh- rische Erfahrungen sammeln und neue • drittens auch nicht überall angebo- mende Verbreitung (1), Zeitdauer von Sportarten ausprobieren. Dies er- ten werden kann, weil beispielswei- mehreren Jahren (2), Neuigkeitswert scheint notwendig und sinnvoll, weil se räumlich-materielle oder ander- (3), Gestaltungsoffenheit (4), Stilisie- man davon ausgehen kann, dass neue weitige organisatorische Vorausset- rung und Lebensstileinbindung (5), Er- Bewegungsaktivitäten im alltäglichen zungen nicht gegeben sind. lebnis- und Verlaufsorientierung (6), Sportunterricht eher vernachlässigt Exklusivität und Kommerzialisierung werden (vgl. Balz, 2001, S. 4). Angesichts der unterschiedlichen Be- (7). Allerdings bleibt ungesagt, ob und Zweitens sollen und können die Schü- dingungen an Schulen und der Vielzahl inwieweit diese Merkmale erfüllt sein lerinnen und Schüler in ihrer Urteilsfä- möglicher Bewegungsaktivitäten kön- müssen, um von Trendsport sprechen higkeit gefördert werden, indem ihnen nen keine allgemeingültigen Empfeh- zu können. Erschwerend sind zudem mögliche Beurteilungskriterien aufge- lungen für eine Gestaltung formuliert die beiden zeitbezogenen Merkmale: zeigt werden und sich die Auseinander- werden. Aus dem Gesagten lassen Wer hat die Definitionshoheit, um zu setzung mit News nicht auf ein ober- sich jedoch vier Hinweise ableiten: entscheiden, ob eine neue Bewe- flächliches Kennen lernen beschränkt. 1. Um bestehende unterrichtliche gungsform lediglich eine Modeerschei- Zu nennen sind Aspekte einer kri- Zeitzwänge, Benotungsfragen oder nung (kurz) oder einen stabilen Trend tischen Sportkonsumentenerziehung Materialengpässe zu entkräften, 2/2010 INFO-Fachbereich Sport 5
können News vermehrt im außer- der Schülerinnen und Schüler Be- Parcours (vgl. Neumann, 2006). unterrichtlichen Bereich des Schul- achtung finden, wie das Bedürfnis LEITARTIKEL sports angeboten werden, indem nach Exploration („Ich möchte Hea- Literatur beispielsweise entsprechende AG- dis ausprobieren - das kenne ich Balz, E. (2001). Angebote an den Schulen einge- noch gar nicht“), das Bedürfnis nach Trendsport in der Schule. sportpädago- richtet werden (hierzu finden Leser selbstorganisiertem Lernen („Las- gik 25 (6), 2-8. in der Zeitschrift sportpädagogik sen Sie uns mal machen – wir krie- 6/2010 einige praxisnahe Beispiele gen das schon hin!“), das Bedürfnis Bindel, T. (2008). und Anregungen). nach Lernunterstützung („Ich möch- Soziale Regulierung in informellen te auch auf der Slackline gehen; wie Sportgruppen. Hamburg: Czwalina. 2. Um die Schülerinnen und Schüler geht das?“) und das Bedürfnis nach für eine kompetente Teilhabe an in- Präsentation („Guckt mal, wie schnell Deutscher Sportbund (Hrsg.). formellen Praxen des Newsports zu ich die Becher stapeln kann!“). DSB-SPRINT-Studie. Eine Untersu- qualifizieren, sollten die Schüler Wünschenswert ist es also, wenn chung zur Situation des Schulsports in auch lernen, neue Sportarten mög- die Explorationsphasen eher groß- Deutschland. Aachen: Meyer & Meyer lichst selbstständig zu organisieren zügig kalkuliert werden, um den . und über Vermittlungsaspekte zu Schülerinnen und Schülern ein Aus- Laßleben, A. (2009). reflektieren. Denn die Ausübung in- probieren und Kennen lernen der Trendsport im Schulsport. Eine fachdi- formellen Sports beinhaltet neben neuen Geräte oder der Bewegungs- daktische Studie. Hamburg: Czwalina. dem Bewegen auch das Organisie- anforderungen zu erleichtern. Darü- ren und das Vermitteln (vgl. Bindel, ber hinaus sollte den Schülerinnen Laßleben, A. & Neumann, P. (2004). 2008). und Schülern das vorübergehende Trendsport in den Klassen 5-10 als Fa- Aussteigen aus dem Explorations- cette der Lebenswirklichkeit. In Wup- 3. Um News im Schulsport nicht nur prozess und ein unkompliziertes pertaler Arbeitsgruppe (Hrsg.), Schul- punktuell und zufällig, sondern Wiedereinsteigen ermöglicht wer- sport in den Klassen 5-10 (S. 85-98). nachhaltig zu verankern, sollten den, denn solche „Pausen“ sind Schorndorf: Hofmann. Fachschaften an Schulen auf ein wichtig, um Kreativität zu entwi- schuleigenes Curriculum hin ar- ckeln. Neumann, P. (2009). beiten, in dem der Bereich News Die mit Newsports intendierte Auflo- Splashdiving im Sportunterricht? Anre- verlässlich und verbindlich mit je- ckerung des Üblichen im Schulsport gungen zu einem ungewöhnlichen Un- weils einem Unterrichtsvorhaben kann zwar schon als ein „Gewinn“ im terrichtsvorhaben. Lehrhilfen für den (eine Unterrichtsreihe) pro Schuljahr Alltag angesehen werden, doch gilt es sportunterricht 58 (8), 6-9. berücksichtigt wird. Dabei sollten aus fachdidaktischer Sicht, auch jene regionale und örtliche Besonder- Prozesse im Blick zu behalten, die be- Neumann, P. (2006). heiten im Umfeld der Schule Be- schritten werden müssen, um aus Golfvarianten im Schulsport. sportpä- rücksichtigung finden, um An- einem einmaligen Angebot ein dauer- dagogik, 30 (5), 21-35. schlüsse an die Bewegungswelt haftes zu machen: Es gilt, schulspezi- der Schülerinnen und Schüler zu fische Trends zu setzen, beispielswei- Neumann, P., Kittsteiner, J. & Laßle- schaffen. se mit einem jährlich stattfindenden ben, A. (2009). Beachturnier (vgl. Neumann, Kittstei- Beachsport. Seelze: Friedrich Verlag. 4. Um dem Aufforderungscharakter ner & Laßleben, 2009), einem Splash- von News gerecht zu werden, diving-Contest (vgl. Neumann, 2009) sollten die spezifischen Bedürfnisse oder einem schuleigenen Disc-Golf- 6 INFO-Fachbereich Sport 2/2010
Ist Turnen eine Trendsportart? FACHBEITRAG PD Dr. Swantje Scharenberg, Geschäftsführerin FoSS Was für eine Frage - so zumindest die Nichtturner! Turnen ist doch so ver- staubt, na gut, vielleicht seit Fabian Hambüchens Erfolgen mag sich dieser Eindruck ein wenig gewandelt haben, aber Trendsport so wie Inline-Skaten ...? Was ist denn Trendsport überhaupt? Nadine Batôt hat sich in ihrer aktuell eingereichten wissenschaftlichen Haus arbeit für das Lehramt an Gymnasien unter dem Titel „Nachbar Frankreich: Jugendkultur & Sportunterricht“ auch mit Trendsport beschäftigt. Sie zitiert Schwier (in Breuer 2003, 18), der Trend- sportarten als „Veränderungsten- denzen des Sports, die mit bewegungs- kultureller Erneuerung und Innovation einhergehen“, definiert. Qualitativ be- trachtet – so Batôt (2010, 14) ist unter Trend eine Neigung oder Vorliebe zu verstehen, die wiederum den Lebens- stil, aber auch den Zeitgeist einer Ge- sellschaft oder einer gesellschaftlichen Gruppe widerspiegelt. „Die Trends der letzten Jahre lassen sich wie folgt zu- sammenfassen: Von vielen klassischen Indoor-Sportarten sind Outdoor-Varian- ten entstanden, die Menschen wollen sich in ihrer Freizeit zunehmend in der Natur, oder wenigstens draußen, auf- halten. Viele neue Varianten finden auf den Straßen statt und nutzen die städ- tische Infrastruktur. Somit wird die oft negativ bewertete Verstädterung zum Vorteil genutzt.“ (Batot 2010, 14; vgl. Breuer 2003, 11). Turnen ist eine klas- sische „Indoor-Sportart“ („Turnvater“ Jahn, dem die deutsche Sprache so wichtig war, wäre allein schon von die- sem Anglizismus entsetzt. Seine Idee zu Beginn des 19. Jahrhunderts war, Auch dieses trifft für Le Parkour zu. Turnen unter freiem Himmel auszufüh- Sollten wir also das Turnen im Schulun- ren. Erst die Verhaftung Jahns und die „Die fachdidaktischen Stellungnahmen terricht anders – nämlich entsprechend Turnsperre führten dazu, dass das Ge- zum Schulsport der Zukunft stimmen der Jugendkultur - verpacken? rätturnen eine Hallensportart wurde. darin überein, dass eine Antwort auf Aber das ist ein anderes hoch interes- den ständigen Wandel des Sports er- Thema der Stunde: Technik-Methodik santes Thema). Mit „Le Parkour“ ist ei- forderlich ist: die allgemeinen Kompe- von Stützsprüngen. Als die siebte Pha- ne Outdoor-Variante entstanden, die tenzen gewinnen an Bedeutung, sie se des Sprunges, die Landung, vorge- dem Bedürfnis speziell junger Men- können durch die traditionellen, wie stellt wird, wird neben der wichtigen schen entgegenkommt, Grenzerfah- auch durch die Trendsportarten vermit- Landeposition darauf hingewiesen, rungen zu machen und aus diesem telt werden (Laßleben 2009, 9). Es soll dass im Turnen die "Punktlandung" ge- Grund Risiko- oder Erlebnissport zu fa- zum Ziel gemacht werden, den Ju- fordert ist. Da die Theorie nunmehr in vorisieren (vgl. Stumm 2004, 63) sowie gendlichen die ‚Aneignungsstrategie‘ die Praxis umgesetzt werden soll, dau- Virtuosität zu leben. „Die Trendsportar- zu vermitteln, die sie für jede Sportart ert es einen Moment bis die denken- ten charakterisieren sich durch ihre verwenden können“ (Batôt 2010, 16), den Aktiven erstaunt fragen: "Warum ‚Zielgruppenspezifik‘, das heißt, sie wobei eine regelkonforme Ausführung ist eine Rolle nach der Landung nicht sprechen bewusst Generationen der nicht höchste Priorität hat, sondern das erlaubt - bei "Le Parkour" wird es doch Gesellschaft an“ – so Batôt (2010, 15). Lebensgefühl der Jugendlichen. auch so gemacht?!" 2/2010 INFO-Fachbereich Sport 7
"Le Parkour"? - was ist das eigentlich? Anders als beim Turnen gibt es bei „Le begriffen wird, wird es dankbar aufge- Eine Trendsportart, eine Kunst! Ein Parkour“ keinen Trainer, sondern Be- nommen. FACHBEITRAG Spektakel in der Stadt, das Papierkör- wegungen werden selbst entwickelt Erneut zurück zum Turnen: Der „Flick- be, Litfasssäulen, Blumenbeete und und erfahren. Stets risikobehaftet und Flack für alle“, das Jugendturnen wie Mülltonnen ebenso mit einbezieht wie stets mit der Frage verbunden „habe es beispielsweise Kathrin Bischoff an- Mauern, Garagen und auch Hochhaus- ich die Voraussetzungen, um diese bietet, das auf Kunststücken aufbaut, schluchten. Was hat das mit Turnen zu Technik auszuführen“, wird situativ ge- wird von jungen Heranwachsenden mit tun? handelt - mit erstaunlich wenigen Ver- Begeisterung ausgeführt. Es ist viel- letzungen! leicht doch das verstaubte Image, das "Le Parkour" lebt von der Kreativität dem Turnen anhaftet und das von etli- des Aktiven, des sogenannten Traceur, Jetzt aber zurück zum Turnen. Was von chen Turntrainern immer weiter tra- demjenigen, der - so die Übersetzung „Le Parkour“ können wir mit in den diert wird, was Turnen unattraktiv er- aus dem Französischen "den Weg eb- Schulsport nehmen? Zunächst erst ein- scheinen lässt, obwohl doch im Grun- net" oder "eine Spur legt", eben seinen mal den Mut, die Freude an der Bewe- de eine richtige Trendsportart in dieser individuellen Bewegungsdrang aus- gung zu fördern. Der Bildungsplan gibt Traditionssportart verborgen ist. lebt. Obwohl diese Bewegungskunst Elemente vor, die im Abitur abgeprüft nicht wettbewerbsorientiert ist, trainie- werden, jedoch ist Turnen mehr ... . ren die Aktiven hierfür mehrstündig Also: Warum stellen wir nicht auch of- täglich - "einfach nur" um elegante, effi- fene Bewegungsaufgaben, statt uns ziente, geschmeidige Bewegungen auf strikte Bewegungsanweisungen Literatur: flüssig präsentieren zu können. Effekti- zurückzuziehen? Die Lösung von Be- Batôt, N. (2010): Nachbar Frankreich: vität für die eigene Zufriedenheit. Die wegungsaufgaben ist mit Kreativität Jugendkultur & Sportunterricht. Unver- städtische Umgebung reizt besonders für die Aktiven verbunden. Hier wer- öffentlichte Wissenschaftliche Hausar- Jugendliche, diese Sportart auszu den Ergebnisse erreicht, von denen beit für das Lehramt an Gymnasien. üben. mancher Lehrer nicht zu träumen wagt. Karlsruhe (KIT/FoSS) Natürlich dauert es länger, bis die Stets wird in Interaktion mit dem Hin- Schülerinnen und Schüler die eine oder Breuer, C./Michels, H. (Hg.) (2003): dernis die beste Lösung gesucht, wer- andere Aufgabe für sich befriedigend Trendsport-Modelle, Orientierungen den neue Techniken kreiert, wobei die gelöst haben, aber sie strengen sich und Konsequenzen. Aachen: Meyer & Leichtigkeit in der Bewegungsausfüh- auf diese Weise ganz anders an, blei- Meyer-Verlag rung genauso ein Grundgedanke ist ben konzentriert und bewegen sich wie die schnelle und flüssige Überwin- vermutlich mehr als wenn Techniken Laßleben, A. (2009): Trendsport im dung des Hindernisses. Die notwen- nach Anweisungen erlernt werden. Schulsport. Eine fachdidaktische Stu- dige Konzentration auf den eigenen Hier geht es im Übrigen nicht um Be- die. Hamburg: Czwalina Verlag Körper führt zu einem anderen Körper- wegungslandschaften im üblichen bewusstsein und auch zu verändertem Sinn, sondern es sollten schon Anreize Schwier, J. (2003): Was ist Trendsport? Denken, inklusive Ernährungsumstel- besonders für Jugendliche geschaffen In: Breuer, C./Michels, H. (Hg.): Trend- lung und Horchen auf eigene physische werden, die älter als 12 Jahre sind und sport-Modelle, Orientierungen und Signale. Da viele Tiefsprünge bei "Le damit von den öffentlichen Spielplät- Konsequenzen. Aachen: Meyer & Parkour" auftreten und auch hier - wie zen verbannt sind. Konkret heißt das: Meyer-Verlag, 18 - 32 im Turnen - der Kniewinkel bei der Lan- höhere Hindernisse, Hochreck, Spann- dung größer als 90 Grad bleiben sollte, barren etc. Stumm, P. (2004): Sport und Globali- wird die erste Kraftspitze bei der Lan- sierung. Trendsportarten in Deutsch- dung von dem Fußballen aufgenom- In einigen Schulen wurden schon Ver- land, Italien und Spanien. Dissertation. men, dann erfolgt ein Wälzen auf dem suche unternommen, „Le Parkour“ im Wiesbaden: Roswitha Stumm Buch- Boden, um die Dynamik nicht abzu- Rahmen von Sport-Projekttagen anzu- verlag bremsen, sondern umzuleiten. bieten. Da es als Teil von Jugendkultur 8 INFO-Fachbereich Sport 2/2010
Indiaca: einfach zu spielen, aber mit großer AUS DEN SCHULEN Wirkung Sibylle Richter, Theodor-Heuss-Gymnasium, Mühlacker Indiaca ist ein altes Spiel, das schon die sowie ein Baustellenband als Netz be- Einführung von Indiaca als Indianer in Südamerika unter dem Na- nutzt werden. Das 55 g leichte Spielge- Schulsport men Peteca gespielt haben. Erstaunli- rät Indiaca ist ein abgeflachter Hand- cherweise wird es bei uns in sehr un- schlagball mit vier Führungsfedern. Die Grundtechniken terschiedlichen Gruppierungen gespielt unteres Zuspiel und kommt bei diversen Gelegen- heiten zum Einsatz, von Jugendzeltla- Anzahl der Spieler-/innen gern oder Feuerwehr- Sporttagen im Pro Mannschaft sind im Wettkampf 5 Freizeitsport, leistungsorientiertem Spieler, beim Beach- Indiaca 3 Spieler Wettkampfsport, bis hin zu nationalen im Einsatz. Im Sportunterricht kann je und internationalen Meisterschaften in- nach Zielsetzung (z. B. Vorbereitung klusive Weltmeisterschaften im höch- Badminton) auch ein Einzel oder Dop- sten Leistungsniveau. Indiaca wird in pel gespielt werden. 10 europäischen Ländern als Wett- kampfspiel betrieben, ist in Deutsch- land dem Deutschen Turner- Bund Spieldauer (DTB) zugeordnet und international in Bei Zeitspielen werden 2 Sätze à 10 oberes Zuspiel der International Indiaca Association Minuten gespielt, bei Satzspielen bis organisiert, welche für das Regelwerk 25 Punkte. verantwortlich ist (www.indiaca-dtb. de) und die Weltmeisterschaften orga- nisiert. Die wichtigsten Regeln 1: Der Indiacaball darf nur mit der Hand Für den Sportunterricht ist es deshalb oder dem Unterarm berührt werden. sehr gut geeignet, weil 2: Jede Netzberührung ist ein Fehler. 3: Innerhalb der eigenen Mannschaft • der Hand- Augenkontakt in beson- darf dreimal gespielt werden, jedoch derem Maße geschult wird, nicht zweimal hintereinander von Aufschlag • die balltechnischen Grundfertig- derselben Person. keiten leicht erlernbar sind, 4: D ie Spieler stehen auf bestimmten • taktische Spielsituationen übergrei- Positionen, welche sie vor der Aus- fend auch für Badminton und Volley- führung einer Angabe wieder ein- ball erarbeitet werden können, nehmen müssen. • ohne große Vorbereitung schnell Er- 5: Bei jedem Neugewinn des Auf- folgserlebnisse erzielt werden. schlagrechts rotiert die Mannschaft im Uhrzeigersinn um eine Position (Rotationsprinzip). Spielidee: 6: Bei jedem Fehler erhält die gegne- Zwei Teams spielen den Indiacaball so rische Mannschaft einen Punkt. Stellspiel mit der Hand über das Netz ins Feld 7: H interfeldspieler dürfen die Indiaca des Gegners, dass er dort den Boden nur aus dem Vorderfeld (Feldbereich berührt, bevor es zurückgeschlagen vom Netz bis zur Drei-Meter-Linie) werden kann. spielen, wenn sie sie unterhalb der Netzkante schlagen. Die Regeln entsprechen also in wesent- Äußerer Rahmen lichen Teilen den Volleyballregeln (Zähl- Als Wettkampfspiel hat das Spielfeld weise, Aufschlagwechsel, Rotation). eine Größe von 16 x 6,10 m, die zwei Feldhälften sind durch ein Netz ge- trennt. Die Netzhöhe beträgt bei 11- Technik 14- jährigen Mädchen 2,05 m, bei Jun- Analog zum Volleyball kann der Indiaca- gen 2,15 m, bei Mixedmannschaften ball von oben und von unten geschla- Angriff 2,10 m. Bei 15- 18- Jährigen erhöht gen werden, ein „Stellen“ ist möglich, sich es sich um jeweils 10 cm. ebenso ein Schmetterschlag (siehe Für die Schule kann je nach Mann- Abbildungen). schaftsgröße problemlos ein mar- kiertes Volleyball- oder Badmintonfeld 2/2010 INFO-Fachbereich Sport 9
Überblick über die Stunden einer Unterrichtseinheit zur Einführung von Indiaca Ludger Wessels, Einführung in das Indiacaspiel“ Prüfungsarbeit zur 2.Staatsprüfung, Berlin 2000 AUS DEN SCHULEN Stunde Thema der Stunde Grobziel der Stunde 1. Stunde (Einzelstunde) Der Indiacaball - das unbekannte Flug Die Schüler sammeln neue Bewegungs- objekt. erfahrungen mit dem Indiacaball und or- ganisieren sich ein Spiel. 2. Stunde (Einzelstunde) Einführung des Grundschlags, des Auf- Die Schüler erlernen den Grundschlag, schlags und des Bogenschlags in ver- den Aufschlag und den Bogenschlag in schiedenen Spielformen und Anwendung der jeweiligen Grobform und wenden die- dieser Schlagarten im Spiel ‚2 gegen 2‘ se Schlagarten im Spiel ‚2 gegen 2‘ an. 3. und 4. Stunde (Doppelstunde) Einführung des Dreieckspiels zur Verbes- Die Schüler erlernen das Dreieckspiel und serung des Zusammenspiels innerhalb erweitern ihre Spielfähigkeit im Spiel mit- der eigenen Mannschaft und die Erweite- einander, eignen sich das Positionsspiel, rung der Spielfähigkeit im Spiel ‚3 gegen das Rotationsprinzip sowie die Zählweise 3‘. im Indiaca-Spiel an und können ihre neu erworbenen Fertigkeiten im Spiel ‚3 ge- gen 3‘ anwenden. 5. Stunde (Einzelstunde) Einführung des Stellschlages im Zusam- Die Schüler erweitern ihr Schlagreper- menhang mit der Verbesserung des kon- toire im Spiel mit der Indiaca durch das Er- trollierten Zusammenspiels innerhalb der lernen des Stellschlages in der Grobform, eigenen Mannschaft. verbessern dadurch ihr Zusammenspiel und können diesen Schlag in verschie- denen Spielformen anwenden. 6. und 7. Stunde (Doppelstunde Einführung des Schmetterschlags und Er- Die Schüler können den Schmetterschlag weiterung der Spielfähigkeit auf das Indi- in der Grobform durchführen, wissen, aca-Spiel gegen eine gegnerische Mann- wann dieser Schlag im Spiel durchzufüh- schaft im Spiel ‚5 gegen 5‘. ren ist und erweitern durch die Anwen- dung des Schmetterschlags ihre Spielfä- higkeit auf das Spiel gegen eine gegne- rische Mannschaft im Spiel ‚5 gegen 5‘. 8. Stunde (Einzelstunde) Einführung des Blocks und Komplettie- Die Schüler erlernen die Ausführung des rung des Dreieckspiels zur Standardsitua- Blocks in der Grobform und Vertiefen ihre tion im Indiaca-Spiel. Fertigkeiten im Bereich der ihnen bereits bekannten Schlagtechniken im Indiaca- Spiel in Zusammenhang mit der Durch- führung einer komplexen Übungsform, die das Dreieckspiel zur Standardsituation im Mannschaftsrückschlagspiel Indiaca vervollständigt, erweitern ihre Spielerfah- rungen im Spiel ‚5 gegen 5‘ und schulen dadurch ihre Spielfähigkeit. 9. und 10. Stunde (Doppelstunde) Durchführung einer Indiaca-Meister- schaft (Lernerfolgskontrolle). Aus „Mal was Neues ausprobieren“ in Betrifft Sport 2002 H 5 S.12 - 28 10 INFO-Fachbereich Sport 2/2010
Jumpstyle als Ausdauertanz AUS DEN SCHULEN David Katzer, Martin-Luther-Schule, Rimbach (aus sportpädagogik H2/2009, Friedrich Verlag GmbH Seelze) Jumpstyle ist ein neuer Trend auf euro- und der Mut eine fremde Bewegung zu zen und das Schwitzen ist vorprogram- päischen Tanzflächen. Auch wenn die demonstrieren wiegt bei den Schüle- miert, und das selbst wenn noch nicht musikalischen Wurzeln des Jumpstyle rinnen und Schülern eine nicht per- mal ein Technosong in voller Länge (ca. in die USA reichen, so liegt das Epizen- fekte (und ohnehin kaum authentische) 3 min) durchgetanzt wird (die Puls- trum des neuen Einzel-, Partner- und Vorführung allemal auf. werte während eines einminütigen In- Gruppentanzes zu den schnellen, tervalls mit 14 und 15 jährigen in einer wuchtigen Technobeats in Belgien und Für die Einführung der Grundsprünge neunten Klasse lagen zwischen 150 den Niederlanden. In Deutschland, wie und neuer Elemente ist die angeleitete, und 180 Schlägen/Minute). auch weltweit, findet die Bewegung zeitlupenhafte Demonstration am ef- immer mehr Anhänger. Die Faszination fektivsten. Die Trockenübungen sollten Die Monotonie eines Ausdauerlaufes des beinbetonten Tanzstils ist zum ei- erst mit Musik begleitet werden, wenn wird durch die flotte Musik und die ho- nen durch die spektakuläre Abfolge die isolierten Bewegungen mehrere he kognitive Anforderung für das Erler- von Sprüngen (jumps), Tritten (kicks) Male ohne Unterbrechung wiederholt nen einer koordinativ anspruchsvollen und Drehungen (turns) zu erklären, werden können. Der Einsatz von Musik Bewegung in weite Ferne gerückt. Da zum anderen durch den leichten Ein- stellt die Tänzer dann vor die erste grö- jede Aktion einen Sprung beinhaltet, stieg in die Grundschritte (basics). Die ßere Herausforderung, ob die Sprünge liegt die Beanspruchung im oberen ae- Jugendkultur des Jumpstyle benötigt schon dem Zeitdruck der schnellen roben Bereich oder auch darüber. Ab- weder geschultes Personal, noch ist Bassschläge standhalten. Empfehlens- gesehen davon, dass die hohe Bewe- das Tanzen an einen festen Ort wie wert ist eine gemeinsame, lehrerzen- gungsfrequenz und hohe Beatzahl das Diskotheken oder gar Tanzschulen ge- trierte Erwärmungsphase, in der iso- charakteristische Merkmal des Jump- bunden. Auch wenn diese Jugendkul- lierte Elemente oder einfache Sprung- style z.B. in Abgrenzung vom Hip-Hop tur zunehmend kommerzielle und orga- verbindungen in Intervallen von etwa darstellt, wäre die Reduzierung der nisatorische Strukturen aufweist, so ist einer Minute getanzt werden. Damit Beatzahl ohnehin nur begrenzt wirk- die rasche Verbreitung vor allem auf können gleich mehrere Ziele erreicht sam – das eigene Körpergewicht muss die clevere und informelle Nutzung von werden: Zum einen wird ein allge- fortlaufend vom Boden katapultiert Internetportalen, wie z.B. youtube oder meines Grundrepertoire gesichert, in- werden. Die Intensität lässt sich nur myvideo, zum Austausch von selbstge- dem man aus dem Augenwinkel beo- über die Belastungsdauer und -dichte drehten Tanzchoreographien und bachtet, wer den Takt noch nicht halten steuern, manche Lieder sehen eine selbstkomponierten Musiktiteln zu- kann oder bei bestimmten Bewe- kurze Verschnaufpause vor. Als sehr rückzuführen. gungen Probleme hat. Zum anderen empfehlenswert hat sich das Zuschnei- können in den Intervallpausen auch den und Bespielen von Musik auf ein einfache neue Sprünge vorgeführt wer- Speichermedium (CD, mp3-Player, Der Sportlehrer als Vortänzer? den, auf die in anderen Unterrichtspha- Memory-Stick) herausgestellt. Auf die- Der bekannteste Jumper und soge- sen zurückgegriffen werden kann. Und se Weise können einerseits Intervalle nannte „Vater“ der jungen Szene ist schließlich wird je nach Länge der In- und Pausen exakt bestimmt werden, der gerade mal 19 jährige Niederländer tervalle (s.u.) auch ein intensiver Aus- andererseits entfällt das lästige Stop- Patrick „Jumpen“ Mantizz, der mit sei- dauerreiz gesetzt. pen der Zeit sowie das Hasten zur Mu- ner bereits millionenfach angeklickten sikanlage, um die Wiedergabe zu un- Homepage den Jumpstyle in die Welt terbrechen. Als Lehrkraft gewinnt man tragen möchte. Wenn der Jumpstyle- Jumpstyle als intensives Ausdauer- in den Pausen mehr Zeit und Ruhe, um Vater und Guru in diesem Alter bereits training die nächste Sprungübung anzukündi- eine so große Tanzgemeinde auf die Auch wenn Jumpstyler überwiegend gen, und durch den vorgegebenen und Beine stellen konnte, klingen Beden- auf einem Fleck bleiben und sich nicht wiederholbaren Ablauf erhält die Lern- ken tanzunerfahrener Sportlehrer, Ähn- nennenswert fortbewegen, so gibt es gruppe eine feste Struktur mit Wieder- liches mit einer Klasse zu erreichen, neben dem geringen Platzbedarf und erkennungswert. Eine Taktung von 60 gar nicht so abwegig. Denn die Tanz- der Hallentauglichkeit einen weiteren Sekunden Belastung zu 30 Sekunden sprünge sehen zwar auf den ersten gewichtigen Grund, diesen Tanz mit Pause zum Verschnaufen und Ansagen Blick einfach aus, doch die hohe Beat- Kindern und Jugendlichen durchzufüh- der folgenden Übung hat sich als prak- zahl von ungefähr 150 Schlägen pro Mi- ren: Ohne dass die Schülerinnen und tikabel erwiesen. Ein Jumpstyle Tutori- nute und die rasante Abfolge der ein- Schüler es als solches wahrnehmen, al für die Einführung von einzelnen Ele- zelnen Elemente wollen erst einmal absolvieren sie ein intensives Intervall- menten oder für die Erwärmung im beherrscht werden, um all zu viele training, das je nach Dauer etwa 300m Sportunterricht kann mit dem Stich- Knoten in den Lehrerbeinen zu verhin- Läufen im Stadion entspricht. Sobald wort „MLS Jumpstyle Erwärmung“ dern. Allerdings ist die motivierende sie in der Lage sind, eine Abfolge aus bei youtube gefunden werden. Wirkung des Lehrervorbildes gerade einfachen Sprüngen fortlaufend im bei einem so schülernahen Bewe- Takt zu wiederholen, macht sich sehr Die vorrangig zutreffende Trainingsme- gungsinhalt nicht zu unterschätzen. Die schnell die Beanspruchung des Herz- thode im Jumpstyle ist daher die inten- Bereitschaft einen „coolen“ Techno- Kreislauf-Systems bemerkbar. Bereits sive, bei fortgeschrittenem Können und tanz im Unterricht zu thematisieren nach wenigen Takten pochen die Her- ausgeprägterer Ausdauerleistungs 2/2010 INFO-Fachbereich Sport 11
fähigkeit auch die extensive Intervall- gängliche Informationsmaterial im In- Im weiteren Verlauf der Unterrichtsein- methode. Ein aerobes Ausdauertrai- ternet bieten sich selbstständige Lern- heit können mit Hilfe von angeleiteten AUS DEN SCHULEN ning mit der Dauermethode („Laufen methoden ebenso an wie die Einbin- Internetvideos Ideen für eigene Chore- ohne zu schnaufen.“, >30 min Bela- dung der Medienkompetenz der Ju- ografien zusammengestellt und entwi- stungszeit) als zentrale Trainingsform gendlichen. Bei der Ankündigung einer ckelt werden. ist für das Jumpstyle-Tanzen ausge- Hausaufgabe im Sport schaut man als schlossen. Lehrer zunächst einmal in ziemlich per- Auf dem Weg zu einem selbstge- plexe Gesichter, jedoch ist die Neugier drehten Jumpstyle-Video war es für Schüler sind mit Internet- oder Audio geweckt, wenn sie aus einer Videore- die Schüler von großer Bedeutung, editor-Anwendungen Lehrern oftmals cherche bei youtube im Internet be- Rückmeldungen über ihren jeweiligen voraus; wer sich dennoch die Musik steht. Dazu wurde eine Internetadres- Könnensstand zu erhalten. Anhand von selbst zuschneiden möchte, kann dies se mit einem bestimmten Jumpstyle drei Kriterien, (1) Rhythmik/Synchroni- auf einfache Weise mit dem kosten- Tutorial vorgegeben und mit der Aufga- tät, (2) allgemeiner Bewegungsein- losen Audioprogramm Audacity auspro- be verbunden, die Tanzabfolge zu Hau- druck und (3) Anspruch der Tanzele- bieren: Eine sehr gute Beschreibung se zu studieren. Diese diente dann als mente haben sich die Gruppen entwe- von der Installation bis zu den ersten Vorlage für die nächste Stunde und half der gegenseitig oder selbst beurteilt Arbeitsschritten gibt es unter http:// besonders denen, die sich unter Beo- und konkrete Verbesserungsvorschlä- www.lehrer-online.de/nl-audacity.php bachtung überwinden mussten, die ge erarbeitet. Gewinnbringend waren als pdf-Datei ‚Audacity Tutorial’. Tanzfläche zu betreten. Die vielen neu- sowohl die Videoaufnahme im zweiten en Elemente in den Kleingruppencho- Drittel der Einheit, bei der sich die Jumpstyle übt auf die meisten Kinder reographien waren der erfreuliche Be- Gruppen mit Hilfe eines Diagnosebo- und Jugendlichen im Sportunterricht ei- weis für die zusätzliche Heimarbeit. gens selbst analysiert haben, als auch ne große Faszination aus und stellt eine das Vorführen vor der Klasse. Beide willkommene Abwechselung innerhalb Mädchen wünschen sich zwar häufig Methoden konnten den Gruppen ihren einer Unterrichtseinheit zur Ausdauer- eine stärkere Berücksichtigung von weiteren Übungsbedarf bzw. noch schulung dar. Wenn nicht die kreative tänzerischen Inhalten im Sportunter- auszuschöpfendes Entwicklungspo- Gestaltung einer Choreographie im Mit- richt, bei den Internetvideos ist aller- tenzial aufzeigen. telpunkt steht, sondern der Ausdauer- dings eine deutliche männliche Domi- aspekt, so wird Jumpstyle wegen der nanz festzustellen. Unabhängig von Der didaktische Dreiklang für die Ver- hohen Intensität realistischerweise nur stereotypen Rollenbetrachtungen war mittlung der Sprungelemente wird hier eine Unterrichtsphase, wie z.B. die Er- die Freude über den neuartigen Tanz mit den Schritten (1) Demonstration, wärmung ausfüllen. Denkbar ist aber im Unterricht auffallend emanzipiert. (2) Nachvollziehen und Nachmachen, auch die Kopplung mit anderen Aus- Die Erfahrungen in mehreren puber- (3) Üben und Beherrschen definiert. dauersportarten in Form eines Intervall- tären Klassen der Mittelstufe haben je- Das Erlernen neuer Jumps und selbst trainings, bei dem die Jumpstyle-Tanz- denfalls gezeigt, dass mit diesem Be- entwickelter Sprungfolgen in kreativen einlagen die intensiven Belastungsin- wegungsinhalt ein ungezwungenes Gruppenarbeitsphasen geschieht – je tervalle füllen und von Entlastungspha- Zusammenarbeiten der Geschlechter nach Lerngruppe – weitgehend selb- sen z.B. mit lockerem Traben gefolgt im Sinne eines koedukativen Sportun- ständig und nach dem Prinzip „Lernen werden. terrichts ohne nennenswerte Pro- durch Lehren“, wodurch die Rolle der bleme möglich ist. Jumpstyle ermögli- Lehrkraft als Vortänzer in den Hinter- cht neben einer zusätzlichen Perspekti- grund tritt oder phasenweise gar obso- Jugend(lern-)kultur ve auf die Trainingsmöglichkeiten von let wird, jedoch als methodischer Leiter Die Wissensweitergabe erfolgt in die- Ausdauer vor allem auch einen ande- um so mehr gefordert ist. Das Produkt ser Jugendszene vor allem mit Hilfe ren Eindruck der jeweiligen Lerngrup- der Erarbeitungsphase kann schließlich von angeleiteten Videos (jumpstyle tu- pe als Kontrast zu herkömmlichen Aus- durch selbst gefilmte Jumpstyle Tutori- torials), die zuhauf bei Internetportalen dauersportarten. als oder Gruppenchoreografien doku- z.B. unter www.youtube.com oder mentiert und eventuell auch für andere www.myvideo.de kostenfrei ange- im Internet verfügbar gemacht werden. schaut oder auch für Präsentations- Schrittfolge für den Unterricht Beispiele für Gruppenchoreografien der zwecke im Unterricht mit dem kosten- Für tanzunerfahrene Lehrer kann die Klasse 9 D der Martin-Luther-Schule in losen Real Player (http://www.europe. Hürde für eine Unterrichtseinheit zum Rimbach nach einer Unterrichtseinheit real.com/player/win/) auf den eigenen Thema Jumpstyle niedrig bleiben, über sechs Wochen können ebenfalls oder einen Schul-Laptop geladen wer- wenn früh schülerorientierte Metho- bei youtube angesehen werden. den können. den angewandt werden, die eine selbstständige Steigerung des Schwie- Um den informellen und lässigen Cha- rigkeitsgrades in den verschiedenen Standardtänze beim Jumpstyle rakter des Jumpstyle zu erhalten, be- Leistungsgruppen ermöglichen. Nach- Beim Jumpstyle werden folgende dient man sich für die Behandlung im dem eine einfache Abfolge mit Basise- Tanzformationen unterschieden: Beim Unterricht idealerweise der originären lementen ohne Änderung der Tanzrich- Einzeltanz (freestyle) muss nicht nach Vermittlungsmethoden der Szene. Ist tung (Basics) von den Schülerinnen einer festgelegten Schrittabfolge ge- z.B. das klassische Aerobic fast aus- und Schülern gelernt wurde, bietet es sprungen werden. Die Improvisation schließlich lehrerzentriert, so lernen sich bereits an, Ideen für 180° und von ausgefallenen Sprüngen (tricks) neue Jumper großteils autodidaktisch 360° Drehungen in Kleingruppen aus- steht im Vordergrund und kann für ein- oder in informeller Partner- und Klein- zuprobieren, dann im Plenum sammeln zelne Schülerinnen und Schüler als zu- gruppenarbeit. Durch das leicht zu- und vor der Klasse aufführen zu lassen. sätzliche Herausforderung bereitgehal- 12 INFO-Fachbereich Sport 2/2010
ten werden. Der Partnertanz (duo- jump) stellt zwar wegen der iden- AUS DEN SCHULEN tischen Bewegungsausführung eine gesteigerte Anforderung dar, ist jedoch für den Unterricht eine gute Möglich- keit neue Sprünge zu entwickeln und einzustudieren. Körperkontakt ist beim Jumpstyle nur im Duo-Jump als ge- plante Tanzbewegung wie z.B. die Be- rührung der Fußinnen- und -außensei- ten vorgesehen. Der Kleingruppen- tanz mit drei bis sechs Jugendlichen dürfte für den Schulsport die dominie- rende Sozialform darstellen. Auch Klas- sengrößen von 30 Schülern können 2. Wechselsprung: Direkt nach die- selbst in kleinen Hallen gut arbeiten, sem Auftakt springst du wieder chrittsprung: Aus der vorange- 5. S ohne sich gegenseitig in die Quere zu hoch und bewegst den rechten Fuß gangenen Position springst du hoch kommen. Die Ergebnisse der Gruppen- vor, den linken zurück. In dieser Posi- und landest in einer Schrittstellung arbeit können in einem Wettkampf tion landest du und wechselst beim mit leicht gebeugten Knien, der linke (battle-jump) präsentiert und so von nächsten Sprung die Beinstellung, Fuß unter dem Körper, die rechte der Klasse gewürdigt werden. Die links vor, rechts zurück. Fußspitze berührt hinten den Boden. Rückmeldung über die Qualität der Vorführung sollte durch einen Konsens Dann wieder bei 3. mit dem Doppel- über Bewertungskriterien (s.o.) geleitet kick (rechts) beginnen und die Abfolge werden. Der Gruppentanz (group- fortlaufend in einer Endlosschleife jump) mit der gesamten Klasse stellt springen. In einer folgenden Phase ein besonderes Erlebnis dar und si- können die Schülerinnen und Schüler chert gleichzeitig ein Grundrepertoire neue Tricks hinzufügen und Möglich- an Sprüngen. Als motivierendes Ziel keiten für eine Drehung erarbeiten. kann eine Klassenvorführung z.B. als Tanzeinlage auf dem Pausenhof oder als Zwischenprogramm einer Schulver- Quellen und Links anstaltung gesteckt werden. Wagner, Yvonne. ‚Jumpstyle, Hier steht der Körper unter Strom’ auf Und so geht‘s: www.faz.net (09.08.08). Grundlage für die Beschreibung ist ein www.jumpstyle-lernen.de Jumpstyle Tutorial auf der Homepage 3. Doppelkick (rechts): Während du www.jumpstyle-lernen.de . das rechte Bein mit der Sohle nach www.youtube.com vorne kickst, springst du mit dem lin- Grundsätzlich kommt auf jeden Schlag ken Fuß vom Boden ab. Dieser Ab- Audioprogramm: ein Sprung. Zu Beginn empfiehlt es lauf wird zweimal durchgeführt. http://www.lehrer-online.de/nl-audaci- sich die Abfolge sehr kleinschrittig und ty.php ohne Musik durchzuführen. Für die Ar- (Anette Beierl, Audacity Tutorial, Zu- me ist keine festgelegte Bewegung griff am 14.10.08) > sehr verständliche vorgesehen, sie schwingen locker mit. Anweisung zum Installieren und ersten Anwendung von Audacity und der mp3-Enkodierungsdatei Lame 4. Vor- und Rückkick (links): Nach den Doppelkicks (rechts) springst du auf den rechten Fuß und kickst gleichzeitig mit dem linken Fuß zu- 1. Auftaktbewegung: Die Füße ste- erst nach vorne. Während du mit hen auf gleicher Höhe schulterbreit dem rechten Fuß erneut hoch- nebeneinander. Spring zweimal nach springst, kickst Du mit dem linken einander auf und ab. nach hinten. 2/2010 INFO-Fachbereich Sport 13
Teamsport Cheerleading – ein Unterrichtsversuch AUS DEN SCHULEN unter den Aspekten Kooperationsfähigkeit und Gruppendynamik Tanja Gentz, Johann-Philipp-Reiss-Schule Weinheim In den USA längst populärer Breiten- sport, entspricht Cheerleading in Deutschland eher einer „neuen“ Sport- art1. Wettkampforientiertes Cheerlea- ding umfasst Elemente des Tanzens, des Turnens sowie der Akrobatik und kombiniert diese mit Showelementen (vgl. Dzikus, Brand; Wagner). Damit fällt es unter den Trendsportarten in die Rubrik „Trendvarianten traditioneller Sportarten“ Im Folgenden wird ein Unterrichtsver- such vorgestellt, der die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Cheerlea- dings im Schulsport erprobte und diese Sportart unter einer übergeordneten pädagogischen Akzentuierung betrach- tete. Diese Akzentuierung rückt das soziale Lernen in den Vordergrund, wo- bei insbesondere die Aspekte Grup- pendynamik und Kooperation als Schwerpunkt gewählt wurden, wo- durch der Teamsport-Charakter beson- ders hervorgehoben wird. Cheerleading als Wettkampfsport wird paarweise, zu fünft oder in Gruppen mit ca. 8 bis 25 Cheerleadern durchge- führt. Grundelemente beim Cheerlea- ding bilden die so genannten Motions. Damit sind vor allem definierte Armbe- wegungen gemeint, die eine charakte- ristische Härte und abrupte Ausfüh- rung verlangen und sich durch die ver- schiedenen Teilbereiche des Cheerlea- dings ziehen (vgl. Lopez Hernandez de Alba). Um dem Charakter dieser Sportart ge- recht zu werden, wurden möglichst viele Teilbereiche des Cheerleadings thematisiert. Im Bereich Dance sind grundsätzlich Gruppendynamik und Kooperation als übergeordnete pädagogische Akzentuierung (eigene Tanzstile wie Jazz, Hip-Hop und Funk Darstellung) möglich. In dieser Einheit wurden ein- fache Grundschritte aus der Aerobic wurden gemäß dem Könnensniveau viert oder zu fünft (Partnerstunt) aus- wie Sidestep, V-Step, Grapevine, Pivot der Schülerinnen die Elemente Hand- geführt werden können. Eine Zusam- Turn und Jumping Jack mit verschie- stand, Rad, Rondat und Partnerboden- menstellung von mehreren Double denen Motions kombiniert. Zudem ka- gang verwendet. Besonders eindrucks- stunts und Partnerstunts nennt man men verschiedene Raumaufteilungen voll ließen sich generell Flick-Flack und Pyramide. Bei den Stunts kommt die und rhythmische Gestaltungsmöglich- Salto bei entsprechendem Könnensni- pädagogische Perspektive „Helfen – keiten zum Einsatz. Jumps (turne- veau der Schüler integrieren. Sichern – Kooperieren“ besonders zum rische Sprünge) wurden in den Tanz Der Bereich Stunts erwies sich als be- Ausdruck, da damit das Gelingen der eingebaut. sonders reizvoll für die Schülerinnen. Stunts und das Verletzungsrisiko steht Im Bereich Tumbling (Bodenturnen) Stunts sind akrobatische Elemente, die und fällt. In dieser Einheit kamen die zu zweit (Doublestunt), zu dritt, zu Doublestunts Shoulder Sit, Rear Tigh 14 INFO-Fachbereich Sport 2/2010
Stand sowie die Partnerstunts Low Stand, Russian Split und Double Base AUS DEN SCHULEN Elevator zur Anwendung. Diese sind aufgrund ihres Schwierigkeitsniveaus relativ schnell erlernbar. Leistungsbe- stimmende Merkmale sind insbeson- dere bei den Stunts Körperbaumerk- male wie die Körpergröße oder das Körpergewicht. Besonders günstig für eine Cheerleadinggruppe ist die Hete- rogenität der Körperbaummerkmale, weshalb das Cheerleading gut für den Schulsport geeignet ist, in dem man in der Regel sehr heterogene Gruppen vor findet. Cheers und Chants, sogenannte An- feuerungsrufe, auf die eine bestimmte Bewegungsfolge zugeschnitten ist (vgl. Lopez Hernandez de Alba), wur- Teilbereiche des Cheerleadings (eigene Darstellung) den nicht behandelt, da Anfeuerungs- rufe leer wirken, wenn es kein Football- und ein Schlussbild. Außerdem wur- Durch das differenzierte Angebot konn- Team gibt, welches angefeuert wer- den nun alle Teile zur Gesamtchoreo- te eine große Zahl an Schülerinnen er- den kann (vgl. Wagner). grafie zusammengefügt, auf Video auf- reicht werden. Dies zeigt sich auch da- Die Teilbereiche werden von der Lehr- genommen und gemeinsam ange- durch, dass keine der Schülerinnen bei person in eine Gesamtchoreografie schaut. der Befragung angab, dass sie keine eingebettet, die wie folgt gegliedert ist Lust hätte, an der Choreografie weiter Die Unterrichtseinheit wurde mittels zu arbeiten. Teil Zählzeiten Aktionsformen Interpret, Musiktitel 1 4x8 Vorbereitung/Einlaufen Hannah Montana, 4x8 Dance mit Jumps „Nobody’s perfect“ 2 4x8 Double- und Partnerst- Bodyrockers, “I like the unts/Tumbling way you move” 3 8x8 Dance mit Jumps Laura Hunter, “Work me down” 4 4x8 Pyramide Hannah Montana, 2x8 Schlusspose „Nobody’s perfect“ Gliederung der Gesamtchoreografie Fragebogen evaluiert. Deren Auswer- Die Gesamtchoreografie wurde in 4 tung ergab, dass die Schülerinnen das Doppelstunden erarbeitet. In der ersten Wesen dieser Sportart erfasst haben. Doppelstunde wurden die Tanz-Teile – Sie haben sich innerhalb kurzer Zeit ei- Teil 1 und 3 – im Klassenverband erar- ne Choreografie zu Eigen gemacht und beitet. Diese wurden in den weiteren konnten das Ergebnis ihrer Leistung Doppelstunden geübt. auf Video betrachten. Besonderes Au- In der zweiten Doppelstunde erarbei- genmerk möchte ich an dieser Stelle teten die Schülerinnen eigenständig in auf den Faktor „Motivation“ lenken: so Gruppen von 4-6 Personen Double- stellte sich bereits vor Beginn der Un- Partnerstunts und Tumbling-Elemente terrichtseinheit heraus, dass die Schü- Vertrauensfördernde Übung: Fall vom Kasten an verschiedenen Lernstationen und lerinnen durch das Thema selbst, die fügten diese schließlich zu einer Klein- Trendsportart Cheerleading, hoch mo- gruppenchoreografie zusammen, wel- tiviert waren. Im Sinne einer positiven che in den weiteren Doppelstunden in Gruppendynamik konnte während der die Gesamtchoreografie eingebaut Unterrichtseinheit neben der Aufga- wurde. benorientierung der Gruppe zuneh- Die dritte Doppelstunde diente der Ver- mend eine sozial-emotionale Orientie- tiefung der Stunts. Unter Anleitung der rung der Schülerinnen beobachtet wer- Lehrperson wurde der Double Base den. Dies zeigte sich im verantwor- Elevator, ein etwas schwierigerer Part- tungsvollen Umgang der Schülerinnen ner-Stunt, in zwei Gruppen erarbeitet. miteinander und den von den Schüle- In der vierten und letzten Doppelstun- rinnen im Fragebogen beschriebenen de erarbeiteten die Schülerinnen mit positiven Auswirkungen auf den Zu- der gesamten Gruppe eine Pyramide sammenhalt in der Gruppe. Schülerinnen helfen sich beim Handstand 2/2010 INFO-Fachbereich Sport 15
AUS DEN SCHULEN Step In zum Double Base Elevator Double Base Elevator Schülerinnen helfen sich gegenseitig beim Low Stand Rear Tigh Stand (vorne) und Shoulder Sit Ausgelassene Stimmung beim „Dance“ (hinten) Literatur: Dzikus, Lars; Brandt, Torsten (2006). Lopez Hernandez de Alba, Miriam Wagner, Maili-Susanne (2008). Turnen, Tanz und Akrobatik neu ver- (2004). Cheerleading. packt. Cheerleading im Sportunter- Cheerleading. Technik, Training, Show. In Sport Praxis 8/2008. Wiebelsheim: richt. Aachen: Meyer & Meyer Verlag. Limpert Verlag. In Sportpädagogik 2/2006, American Sports. Seelze: Friedrich Verlag. 1 siehe hierzu auch Lopez Hernandez de Alba (2004), S. 13f. 2 „Oft wird Cheerleading in der Öffentlichkeit und damit auch in der Auffassung der Schülerinnen und Schüler nicht als eigenständige Sportart be- trachtet, sondern eher als visuelle Auflockerung einer Sportveranstaltung empfunden (Schöne Mädchen und Frauen mit Puscheln )“ (Dzikus, Brandt 2006, S.38). Wettkampforientiertes Cheerleading rückt den sportlichen Charakter in den Vordergrund und entspricht dieser Vorstellung nicht. 16 INFO-Fachbereich Sport 2/2010
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