Infonium PH Zug 1/2022 Rituale im Schulalltag
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Inhalt Editorial 3 Esther Kamm Was Rituale im Schulalltag bewirken 4–6 Luzia Bürgi und Markus Roos Führungs-Talk: Rituale in der Schulführung 7–8 Christine Hofer und Thomas Bächer Literarisches Lesen als Ritual in der Schule 9–11 Katarina Farkas Stimmen von Studierenden zu Ritualen im Schulalltag 12–13 Drei Fragen an zwei Dozierende 14–15 Zentrum Mündlichkeit ZM 16–17 Klassenrat: Lernen durch ritualisierte Interaktion Stefan Hauser und Judith Kreuz Institut für Bildungsmanagement 18–20 und Bildungsökonomie IBB Pläne machen? Wie Jugendliche die Pandemie erleben Stephan Gerhard Huber und Manuela Egger «Haalari, SitSit und Co. – 21–22 so lässt’s sich in Finnland studieren!» Studierendenkolumne von Nicole Gisler Aus den Leistungsbereichen 23 Veranstaltungen24 2
Editorial Liebe Leserinnen und Leser Ob Geburtstage, wiederkehrende Geschäftsanlässe oder «rites de passage» (Übergangsrituale) wie bei Hochzeiten: Rituale gehören zu unserem Alltag. Indem wir ein Ereignis gemeinsam begehen, stellen wir Gemeinschaft her. An der PH Zug habe ich das Ritual eingeführt, am Neujahrsanlass für alle Mitarbeiten- den einen Blick auf das neue Jahr zu werfen. Dazu greife ich auf das chinesische Horoskop zurück, das ein Tierzeichen mit einem Element verbindet: im Jahr 2022 der Wasser-Tiger. Was Esther Kamm positiv und stark ist, greife ich auf und verbinde es mit den Entwicklungen an der Hochschule. Auffällig ist, dass es jedes Jahr von Neuem heisst: Wer sich tüchtig anstrengt, gelangt zum Ziel – das allerdings wüssten wir auch ohne Horoskop! Pädagogische Rituale beginnen bereits im Kindergarten. Aber was unterscheidet eine wiederkehrende Handlung von einem Ritual? Dieser und weiteren Fragen gehen Luzia Bürgi und Markus Roos in ihrem Beitrag auf Seite 4 nach. Wir haben Studierende gefragt, welche Rituale ihnen im Prakti- kum an einer Schule begegnet sind. Sie schildern ihre Eindrücke und Erlebnisse auf Seite 12. Das Zentrum Mündlichkeit hat sich aus einer forschungsmäs sigen Sicht mit dem Klassenrat auseinandergesetzt. Stefan Hauser und Judith Kreuz zeigen verschiedene Aspekte dieser bewährten Gesprächsform mit Schülerinnen und Schülern auf (Seite 16). Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Prof. Dr. Esther Kamm Rektorin 3
Was Rituale im Schulalltag bewirken Ein Ritual von einer Handlungsroutine zu Spiritualität, Konzentration, Zugehörigkeit, Mit- Funktionen von Ritualen unterscheiden, ist manchmal gar nicht ein verantwortung oder Orientierung an «Grösse- Rituale können im schulischen fach. Beides sind wiederkehrende Tätigkei rem». Damit ist beispielsweise gemeint, sich von Kontext gemäss Kaiser (2003, ten. Doch hinter Ritualen steckt mehr – die einer Gemeinschaft getragen zu fühlen. S. 12) folgende Funktionen über- nehmen: Kinder können durch Rituale Geborgenheit, Halt und Sicherheit erfahren. Wie sich Rituale von Gewohnheiten unter- – eine Quelle der Geborgenheit scheiden sein – eine Möglichkeit, Sicherheit zu Rituale sind in unserem Alltag allgegenwärtig. Zu den Merkmalen, die ein Ritual von Gewohn- gewinnen So wird etwa der Griff zum Handy, zur Zigarette heiten, Brauchtum und regulierenden Prozedu- – Vorhersagbarkeit in komplexen oder das abendliche Zähneputzen häufig als ren unterscheiden, gehören (vgl. Fischedick, gesellschaftlichen Strukturen Ritual bezeichnet. Bei genauerem Hinsehen 2004, S. 14ff.): geben – ein Gegengewicht zu rapiden stellt sich aber die Frage, ob es sich dabei wirk- – Anlass: Ein Ritual steht in Zusammenhang mit gesellschaftlichen Veränderun- lich um Rituale handelt. zeitlichen, räumlichen, biologischen oder so- gen sein zialen Veränderungen (z. B.: Tagesanfang – eine Chance, überschaubare, Rituale haben einen hohen Symbolgehalt oder -ende). konkrete Sozialräume zu schaffen Der Begriff Ritual wurde vom lateinischen Aus- – Ordnung: Rituale haben einen bewussten An- druck ritualis abgeleitet. Er beschreibt eine nach fang und ein klar ersichtliches Ende. Ein Ri- vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle tual wird geplant und es geht ihm ein förm- und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem licher Beschluss oder eine feierliche Absicht Symbolgehalt. Begleitet wird ein Ritual häufig voraus. Es wird daher nie zufällig durchge- von bestimmten Wortformeln und festgelegten führt (z. B.: Die spontane Feier zur Entde- Gesten (vgl. Wikipedia, 2021). Rituale haben ckung der ersten Frühlingsblume gilt somit einen definierten Anfang und ein klares Ende. nicht als Ritual). Sie grenzen sich von Handlungsroutinen (Zähne – Form: Rituale sind förmlich und im Ablauf ste- putzen, Hefte einsammeln) ab. Dies geschieht reotyp, sodass sie jederzeit nachahmbar und durch Merkmale wie Feierlichkeit, Erhabenheit, wiederholbar sind (z. B.: Das Ritual im Mor- Rituale können dazu dienen, dem Schulalltag einen gleichmässigen Rhythmus zu verleihen. 4
Gemeinsame Rituale stärken den Klassenzusammenhalt. genkreis beginnt immer mit dem Abreissen re Erwartungen an das Kind stellt (z. B.: des Kalenderblattes und endet mit der indivi- Mit sechs Jahren trauen die Eltern dem Kind Gütekriterien von Ritualen duellen Wahl des Freispielangebots.) das Fahrradfahren zu (Geschenk: Fahrrad) Rituale sollten folgende Gütekrite- – Motiv: Durch das Motiv, das einem Ritual zu- oder es bekommt ein Erwachsenenbett; es rien erfüllen: grunde liegt, erhalten alltägliche Handlungen verliert die ersten Zähne oder es geht neu zur – Rituale werden gemeinsam und Gegenstände eine gewisse Erhabenheit Schule). durchgeführt und getragen. – Rituale bestehen aus festen, sich (z. B.: Die Kerzen werden bei der Geburts- wiederholenden Handlungs tagsfeier bewusst als Zeichen für jedes ge- mustern. lebte Jahr angezündet). Die Bedeutung des «[…] bei Kindern unterstützen Rituale – Rituale bilden ein bestimmtes Gegenstands liegt nicht mehr in seinem Ge- die gesunde Entwicklung beachtlich. soziales System. – In Ritualen kommt eine gemein- brauchswert (Kerze als Lichtquelle), sondern Sie fördern die Selbstständigkeit, same Leitidee zum Ausdruck. in seinem emotionalen Wert. schulen das Denkvermögen und den – Rituale haben einen besonderen – Archetypische Symbole (Urbilder): Es braucht Ordnungssinn, helfen Krisen zu be- Charakter, der sie von Alltagsfor- dazu zeit- und kulturübergreifende, mit Emo- wältigen und sich an bestimmten men abhebt. – Rituale sind immer ganzheitlich tionen verbundene Handlungsformen und Werten zu orientieren, sie vermitteln angelegt und umschliessen emo- Symbole. Diese sollten von allen Kulturen Vertrauen und Sicherheit. Darüber tionale Dimensionen. unbewusst verstanden werden. Beispiel: Das hinaus helfen Rituale einem Kind, – Rituale bekommen für die betei- Legen eines Steinkreises, das als Zentrierung sich seiner Identität bewusst zu wer- ligten Personen einen hohen Stellenwert und entwickeln sich und Abgrenzung verstanden und vollzogen den.» zu unverzichtbaren Formen. wird. Archetypische Symbole sind Blume, Mu- (Kunze & Salamander, 2008, S. 51) – Rituale sind an ein bestimmtes schel, Weg, Farben, die vier Elemente usw. szenisches Arrangement gebun- (vgl. Wikipedia, 2021) den. – Rituale sind an bestimmte ge- – Wechsel: Jedes Ritual ist mit einem spürbaren Rituale regelmässig hinterfragen genständliche Elemente gebun- Wandel verbunden, durch den entweder eine Rituale bergen Chancen und Risiken. In einer den, die zum Teil festgelegt, zum neue Kompetenz oder ein neuer Status er- sich schnell verändernden Gesellschaft verlie- Teil variabel sind. worben wird. Ein Geburtstagsritual steht am ren Rituale rasch ihren Sinn und werden zu (Kaiser, 2003, S. 5) Übergang in ein neues Lebensjahr, das ande- leeren, sinnfreien Handlungen, sofern sie nicht 5
Wenn Lehrpersonen Rituale sinnvoll einsetzen, können sie damit Gefühle regulieren. mit neuem Sinn gefüllt werden. Dieser Grund- gen und Reflexionen einzusetzen sind. Und sie Literatur satz gilt auch für Schulklassen. Rituale dienen funktionieren nur, wenn sie mit einer gewissen Fischedick, H. (2004). Die Kraft der dazu, dem Schulalltag einen gleichmässigen Ernsthaftigkeit umgesetzt werden. Ein Beispiel: Rituale. Stuttgart: Kreuz Verlag Rhythmus zu geben. Sie vermitteln den Kindern Der Rundgang um die Geburtstagskerze würdigt GmbH. Halt, Sicherheit und Geborgenheit, stärken ihr ein erfülltes Lebensjahr eines Kindes. Wie ein- Hüsten, G., Gruber, I. & Winkler- Wohlbefinden und ermöglichen ihnen ein angst- zigartig ein Lebensjahr eines Menschen ist, Menzel, R. (2000). Hilfreiche Ritua- freies Lernen. Wenn Lehrpersonen Rituale sinn- steht im Vordergrund. Es geht nicht darum, die le im Grundschulalltag: Erprobte Ideen, praktische Tipps, Klasse 1–4. voll einsetzen, strukturieren sie den Unter- Kerze möglichst schnell zu umrunden. Damit München: Oldenburg. richtsalltag und regulieren Gefühle. Dies ist dieses Ritual seine Wirkung erzielt, braucht es Kaiser, A. (2003). 1000 Rituale für aber nur möglich, wenn sie den Kindern und der eine einfühlsame Begleitung durch die Lehrper- die Grundschule. Hohengehren: Lehrperson etwas bedeuten – das heisst auch, son. Zudem setzt es ein Wissen um die Bedeu- Schneider. dass sie akzeptiert und freiwillig praktiziert wer- tung solcher Gemeinschaftserfahrungen voraus. Kunze, P. & Salamander, C. den. Sobald ein Ritual von Sinn entleert ist, nur Die Kinder spüren sehr wohl, dass das etwas (2008). Die schönsten Rituale für noch automatisiert abläuft und damit die Ernst- anderes ist, als via Handy einen elektronischen Kinder. Augsburg: Weltbild. haftigkeit verliert, muss es hinterfragt und er- Geburtstagsgruss entgegenzunehmen. Wikipedia. (2021). Wikipedia: neuert (bzw. ersetzt) werden (vgl. Hüsten, Gru- Ritual. https://de.wikipedia.org/ ber & Winkler-Menzel, 2000, S. 11f.). Luzia Bürgi und Markus Roos, Co-Fach- wiki/Ritual. Verifiziert am 25.01.2022. schaftsleitung Bildungs- und Sozialwissen- Ernsthaftigkeit und Bedeutung beimessen schaften Rituale sind anspruchsvolle pädagogische Hand- lungen, die mit entsprechenden Vorüberlegun- 6
Führungs-Talk: Rituale in der Schulführung Christine Hofer, Leiterin der Beratungs Das bunte Leben wirbelt uns derzeit viele Über- stelle für Bildungsfachleute an der PH Zug, raschungswundertüten in den Alltag – sowohl unterhält sich im Führungs-Talk mit Thomas beruflich als auch privat. Wie gelingt es dir, den Bächer, Rektor der Academia Engiadina Fokus nicht zu verlieren? Hast du feste Rituale (Mittelschule), Samedan. Thomas Bächer eingerichtet? erzählt via Teams, welche Rituale ihm wichtig Die eigentliche Arbeit als Führungsperson be- sind und welche sich in der Schulführung ginnt bei mir als Mensch, als Persönlichkeit auf als besonders hilfreich erweisen. dem eigenen Lernweg. Die Flut an Informati onen, E-Mails und Anfragen ist immens. Erwar- Christine Hofer: Thomas, wir haben unseren tungen der unterschiedlichen Anspruchsgrup- PH-internen Austausch vor einiger Zeit rituali- pen sind dauerpräsent. Also schaffe ich mir siert, das heisst, wir haben ein fixes wöchent- Inseln der Ruhe und Konzentration. Denn: Wie liches Zeitfenster eingerichtet. Aus meiner soll ich meine Arbeit gut machen, wenn ich kei- Sicht hat dies mehr Vorausdenken und -planen ne Zeit zum Nachdenken, Reflektieren und Ent- ermöglicht, anstatt den Entwicklungen tenden- wickeln habe? Also habe ich immer am Dienstag ziell hinterherzulaufen. Dieses Vorausdenken ist um 11.00 Uhr eine Sitzung MIT MIR SELBST. in der Führungsarbeit sehr wichtig. Ein inneres waches, mentales Vorwegnehmen und -fühlen von künftigen potenziellen Bewegungen inner- «Ich schaffe mir Inseln der Ruhe und halb des Systems stärkt die eigene Selbstwirk- Konzentration. Jeden Dienstag um samkeitserfahrung im Steuerungs-Ich. Während 11.00 Uhr habe ich eine Sitzung mit ein eher reaktives Nachvollziehen bis hin zu mir selbst.» einem Überrolltwerden von unerwarteten Dyna- miken mit eher schwächenden und überfordern- den Kontrollverlusterfahrungen einhergehen Nun ist Führung – wie auch das Unterrichten kann. und das Beraten – im Kern eine hochkomplexe professionelle Beziehungsgestaltungsaufgabe. Welche ritualisierten Begegnungs- und Zusam- «Vorausdenken ist in der Führungs- menarbeitsformen pflegst du innerhalb deiner arbeit sehr wichtig. Ein waches Vor- Belegschaft? wegnehmen und -fühlen von künfti- Vor der Coronapandemie war es als Lehrperson gen Bewegungen stärkt die eigene sehr wichtig, jedem Kind die Hand zu geben, Selbstwirksamkeitserfahrung.» ihm in die Augen zu schauen und es persönlich zum Unterricht zu begrüssen. Heute ist es der bewusste Gang «maskiert» durch die Schulge- Christine Hofer: Im Austausch mit dir sind mir bäude, ein freundlicher Augenkontakt und eine Rituale begegnet, die du als Führungsperson herzliche Begrüssung auf Distanz. Dennoch war ganz bewusst pflegst, um den erwähnten «Vor- es mir vor Kurzem sehr wichtig, mehreren enga- sprung» gegenüber deinem System herzustellen gierten Mitarbeitenden während eines Sams- und den perspektivischen Zukunfts- und Mög- tageinsatzes meine Wertschätzung auszudrü- Beratungsstelle für Bildungsfachleute lichkeits-Raum mental zu halten. cken. Dies geschah sehr bewusst und Thomas Bächer: Nach den Ferien mache ich persönlich, mit klarem Blickkontakt und einem Die Beratungsstelle für Bildungs- fachleute bietet prozessorientierte jeweils einen Rundgang durch die noch leeren festen Händedruck. Eine scheinbar kleine Geste Begleitungen an – sowohl in päda- Schulgebäude und nehme wahr, was ist, was es mit grosser Wirkung – die Mitarbeitenden füh- gogischen, psychologischen Be- noch braucht, was fehlt, wo Mängel sind oder len sich in ihrem Beitrag, in ihrem zusätzlichen langen als auch in Fragen des auch, welche Stimmung in den Gebäuden Engagement, gesehen. Managements, der Zusammen- arbeit und der Personalentwick- herrscht. Diesen Gang mache ich bewusst, be- lung. Das Angebot richtet sich an vor der Betrieb wieder losgeht, und auch zwi- Lehr-, Führungs- und Betreuungs- schendurch. Jedes Mal, wenn ich durch die ein- «Auch eine kleine Geste – wie ein fachpersonen von Schulen, Mit- zelnen Zimmer fokussiert und mit innerer persönlicher Händedruck – kann arbeitende und Studierende der PH Zug sowie an Mitarbeitende Freude schreite, schaffe ich energetisch den für Wertschätzung ausdrücken.» und Führungspersonen von schul- mich wichtigen Raum für Entfaltung – für alle, ergänzenden Betreuungsange die hier arbeiten. boten. Nähe und Distanz sind nicht erst in Pandemie- beratung-bildungsfachleute.phzg.ch zeiten zum Thema geworden. Als Führungsperson 7
gehörst du hierarchisch zu einer anderen Ebene PH Zug aufgrund deiner Lehrerausbildung in als deine Mitarbeitenden. Wie gehst du mit dieser den 90er-Jahren bestens. Welches Ritual ist hierarchischen Distanz um? dir aus deiner «St. Michaels-Zeit» in Erinnerung Bei der Beziehungspflege zu den Mitarbeiten- geblieben? den helfen «Classroom Walkthroughs». Diese Die Strukturen der Schülerorganisation (Schü- haben sich gut etabliert und finden in regelmäs- lerchef, Tutor, Pontifex, Klassenchefs etc.), wel- sigen Abständen statt: Immer mal wieder werfe che ritualisierte Besprechungen hatten, beein- ich einen Blick in die Schulzimmer. Spontan, drucken mich noch heute. Beispielsweise trafen unangekündigt, wertschätzend und hilfreich, um sich der Schülerchef, der Tutor und die Klassen- gemeinsam mit den Lehrpersonen zu reflektie- chefs regelmässig mit dem Direktor. ren, Eindrücke auszutauschen und Ideen zu ent- An unserer Engadiner Schule pflegen wir diese wickeln. Und: Nehme ich Spannungsfelder un- Kultur auch und führen jährlich drei bis vier ter den Mitarbeitenden wahr, gehe ich häufiger Klassenchefkonferenzen durch. Diese leiten ins Lehrpersonenzimmer, um spontan und infor- zwei ältere Lernende – nach Vorbesprechungen mell ansprech- und spürbar zu sein. mit mir. Dieser Austausch wird von Seiten der Lernenden sehr geschätzt. Er gibt ihnen die Nun gibt es auch die fest installierten formalen Möglichkeit, in einem vorgegebenen Rahmen Rituale wie Mitarbeitendengespräche (MAG), ihre Anliegen, Gedanken oder Bedenken direkt die der Qualitätssicherung und Weiterentwick- einzubringen. Mir bieten sie Gelegenheit, die lung dienen. Wie erlebst und gestaltest du diese Lernenden in ihrem O-Ton abzuholen. vorgegebenen Rituale? Ich lege den MAG-Rhythmus selbst fest. Es Warum ist dir gerade dieses Ritual so wichtig? muss nicht jedes Jahr gleich sein. Im Gespräch Als Führungsperson ist es zentral, alle Men- leite ich meine Fragen so, dass sich die Mit- schen im System zu maximaler Mit- und Selbst- arbeitenden reflektieren und mitteilen können. verantwortung zu ermutigen. Das heisst für Positives wird hervorgehoben, Entwicklungs- mich, die Entscheidungsräume nicht zu eng zu potenzial direkt angesprochen. Diese Gesprä- halten, Verantwortung nach unten zu delegie- che bieten den Mitarbeitenden die Möglichkeit, ren, achtsam zuzuhören, die Menschen in ihrem Thomas Bächer mir als Rektor ein direktes Feedback zu geben Potenzial zu sehen und einzubinden, damit das und mir zu spiegeln, wie sie mich in meiner Füh- System als Ganzes gedeihen kann. Thomas Bächer ist seit März 2021 Mitarbeiter der Beratungsstelle, rungsrolle wahrnehmen. Sie erleben mich da die reflexive Gespräche/Coachings als sehr offenen Zuhörer. Die Fragen stellte Christine Hofer, Leiterin für sämtliche Bildungsfachleute – der Beratungsstelle für Bildungsfachleute an auch für Führungspersonen – an- der PH Zug. bietet. «In Mitarbeitendengesprächen bin ich ein offener Zuhörer. Meine Fragen leite ich so, dass sich die Mitarbeitenden reflektieren und mitteilen können.» Du hast als «Neo-Engadiner» deine wahren Wurzeln im Kanton Zug. In Hünenberg bist du aufgewachsen. Anschliessend hast du das Lehrerseminar St. Michael in Zug besucht. Du kennst also die Vorgängerinstitution der 8
Literarisches Lesen als Ritual in der Schule Der kompetenzorientierte Lehrplan 21 eröff was zeigt, dass es von Zyklus 1 bis 3 als wichti- net neue Möglichkeiten für ritualisierte Akti ge auszubauende Kompetenz gilt. Literarisches vitäten im sprachlichen Lernen. Im Fokus Lesen wird im Lehrplan 21 in den Bereichen dieses Artikels steht das (literarische) Le «Lesen» und «Literatur im Fokus» thematisiert. sen. Er beleuchtet, wie Lehrpersonen andere Lernende brauchen für das literarische Verste- Teilkompetenzen aus dem Bereich Deutsch hen Zeit und Unterstützung durch die Lehrper- im Zusammenhang mit literarischem Lesen son. Wie bei allem Lernen sind Lehrpersonen fördern können. Vorbilder, sie begleiten und fördern. Sie über- nehmen eine aktive Rolle. Im Zyklus 1 werden Grundlagen für das literari- Im Folgenden werden Rituale, ausgehend vom sche Verstehen mittels Bilderbücher und Ge- Lehrplanbereich «Literatur im Fokus», mit den schichten geschaffen, zum Beispiel, indem die Bereichen «Schreiben», «Zuhören» und «Spre- jungen Kinder Geschichten mit Chiffontüchern chen» erläutert und miteinander in Verbindung und Figuren nachlegen, sich im Anschluss an gebracht. An Beispielen wird die untenstehende die Begegnung mit der Literatur verkleiden und Grafik aus der Broschüre «Kompetenzorientier- Rollenspiele durchführen oder sich über Figuren ter Unterricht» (Krieg & Hess, 2017, S. 14), mit und Handlungen mündlich austauschen. «Die ausgewählten Lehrplanbereichen Deutsch ex- Schülerinnen und Schüler können in einem Bild emplarisch und konkret erläutert. eine Figur oder eine Handlung erkennen» (DBK Kanton Zug, 2018, D.2C, 1a). Diese Kompetenz (Literarisches) Lesen als Ritual erwerben Lernende nicht nur in angeleiteten Dem (literarischen) Lesen sind im Lehrplan Situationen, sondern auch in der freien Lesezeit. Deutsch zwei von sechs Bereiche gewidmet, Bereits im Zyklus 1 kann die Lehrperson der Abb. 1: Ansprüche an den kompe- tenzorientierten Unterricht (Krieg & Hess, 2017, S. 14). Erfolgserlebnisse Instruktion und Erfahrungswelt Konstruktion Feedback Reflexion des Lernfortschritts Transparente Lern- und Leistungs- erwartung Spiralprinzip und kumulativer Kompe- tenzaufbau Differenzieren und Individualisieren 9
Klasse zwei Mal pro Woche 10–15 Minuten Zeit mann, 2003). Das Lesetagebuch können Ler- Fachberatungen im Bereich geben für Bilderbücher oder geeignete Erstlese- nende bereits im Zyklus 1 verfassen, wobei der Deutsch und Deutsch als texte. Diese Lesezeit, in der sich Lernende aktiv Anteil der Texte knapp ist, dafür andere Formen Zweitsprache mit Lesestoff auseinandersetzen, sollte attraktiv der Auseinandersetzung mit dem Gelesenen Die PH Zug bietet professionelle gestaltet und ein festes Ritual sein. Findet die stattfinden. Angebote zu fach- und unterrichts- bezogenen Themen und Frage freie Lesezeit regelmässig statt, trägt dies zum stellungen an. Lehrpersonen und kumulativen Kompetenzaufbau bei (vgl. Abb.1). Feedback geben und Ziele festhalten Schulteams erhalten fachliche Eine Individualisierung (vgl. Abb. 1) ergibt sich, (Literarisches) Lesen, das mündliche oder schrift Anregungen, die im Austausch wenn die Lernenden ihre Lektüre selbst aus- liche Verarbeiten von Texten, braucht Zeit. Be- vertieft werden können. wählen dürfen. Wichtig ist, dass alle Kinder bei sonders erfolgsversprechend und förderorien- Die ersten 30 Minuten Beratung der Wahl der Lektüre angeleitet werden und tiert sind regelmässige, ritualisierte Formen. sind für Lehrpersonen und Schul- leitungen im Kanton Zug kosten- dabei ermutigende Unterstützung durch die Statt zu beurteilen, hat die Lehrperson in die- los. Lehrperson erleben. sen Kontexten die Chance, das Lesen und die damit verbundenen mündlichen und schrift dienstleistungen.phzg.ch Lernzuwachs mit einem Lesetagebuch lichen Produkte förderorientiert zu kommentie- reflektieren ren und Feedback (vgl. Abb. 1) zu geben. Mit Das ritualisierte Lesen von literarischen Texten dem Feedback sind Hinweise der Lehrperson, ab dem Zyklus 2 erfolgt im Rahmen einer freien wie sich die Einzelnen weiterentwickeln können Lesezeit, die je nach Klassenstufe wöchentlich (Instruktion und Konstruktion, vgl. Abb. 1), 20–45 Minuten umfasst. Sie bietet sich für den gemeint. Solche Gespräche tragen zum Erfolgs- Kompetenzausbau in weiteren Bereichen, z. B. erlebnis (vgl. Abb. 1) der Lernenden bei. Wenn Mündlichkeit und Schreiben, an. Dabei ist wich- die Lehrperson die individuellen Ziele beim tig, dass die Lernenden ihren Lernzuwachs re- Erstgespräch erläutert und schriftlich festhält, flektieren (vgl. Abb. 1), indem sie beispielswei- können sie bei einem nächsten Gespräch über- se ein Lesetagebuch schreiben und sich mit der prüft werden. Dabei wird idealerweise ein Erfolg Lehrperson über Gelesenes oder die Inhalte des sichtbar. Lesetagebuchs austauschen. Anregungen dazu, was Schülerinnen und Schüler in einem Lese- Lesefreundliche Klassenzimmer tagebuch festhalten sollten, gibt es beispiels- und die Rolle der Bibliothek weise in der didaktischen Einführung im Lehrer- Viele Tipps zum lesefreundlichen Klassenzim- kommentar des Lesebuchs «federleicht & mer finden sich in der Broschüre «So macht vogelfrei» (Wenzinger, Löliger & Bertschi-Kauf- Lesen Freude – Leseförderung konkret» (DVS Lernende leihen Bücher aus, die sie in der freien Arbeitszeit lesen. 10
Eine gemütliche Atmosphäre unter- stützt die Freude am Lesen. Kanton Luzern, 2019). Für die freie Lesestunde an Publikationen mit praktischen Hinweisen leihen sich alle Lernenden in der Bibliothek dazu haben unter anderem Kaspar Spinner und eines oder mehrere Bücher aus, die sie während Gerhard Haas verfasst. Die Empfehlungen die- der freien Arbeitszeit lesen. Diese Phase des ser beiden Autoren sind Grundlagen für den Lernens bietet eine Chance, die überfachlichen Lehrplanbereich «Literatur im Fokus» (DBK Kan- Kompetenzen zu erweitern und zu vertiefen. Es ton Zug, 2018, D.6., 1). Dort steht explizit, dass geht um die personalen (z. B. Kann ich still und die Lernenden sich «spielerisch und kreativ ge- konzentriert ein Buch lesen?), sozialen (z. B. staltend» mit literarischen Texten auseinander- Literatur Kann ich mich in eine Figur eindenken und mich setzen. Diese Zugangsweisen machen Literatur mit ihr auf eine imaginäre Reise begeben?) und erlebbar und ermöglichen einen Bezug zur Dienststelle Volksschulbildung (DVS) Kanton Luzern (2019). methodischen Kompetenzen (z. B. Kann ich mir Erfahrungswelt (vgl. Abb. 1). So macht Lesen Freude. Leseförde- Ziele der freien Lesezeit setzen und einzelne rung konkret. Aktual. Auflage. Schritte gezielt planen?). Für das in Klassenzimmern verbreitete «Pult- volksschulbildung.lu.ch. Verifiziert Um das Klassenzimmer lesefreundlich zu ge- buch», in dem jeweils für wenige Minuten ge- am 22.02.2022. stalten, wird in einigen Klassen im Technischen/ lesen wird, eignen sich Bücher mit kurzen Direktion für Bildung und Kultur Textilen Gestalten ein Bezug für ein Kissen ge- Texten wie Witzen und Anekdoten, mit Erklä (DBK) Kanton Zug (2018). Lehrplan 21 Kanton Zug. zg.ch/ näht, welches die Lernenden für die freie Lese- rungen zu Redewendungen oder Zeitschriften. behoerden/direktion-fur-bildung- zeit nutzen können, um es sich irgendwo im Romane sind nicht zu empfehlen, da man für und-kultur/amt-fur-gemeindliche- Klassenzimmer gemütlich einzurichten. Solches das Lesen eines Romans längere Zeiteinheiten schulen/inhalte-ags/lehrplan-21. trägt zum lesefreundlichen Klassenzimmer bei. braucht, um in die Geschichte einzutauchen. Verifiziert am 22.02.2022. Haas, G. (2021). Handlungs- und Lernende setzen sich spielerisch mit Katarina Farkas, Fachschaftsleiterin Produktionsorientierter Literatur- unterricht. Theorie und Praxis eines literarischen Texten auseinander Fachdidaktik Deutsch und Deutsch als «anderen» Literaturunterrichts für Der Gruppenaustausch über Gelesenes sowie Zweitsprache die Primar- und Sekundarstufe. die Gestaltung von Fotoromanen, Zeichnungen 14. Aufl. Seelze: Kallmeyer Klett. und Figurenbeschreibungen dienen dem literari- Krieg, M. & Hess, K. (2017). schen Verstehen und können mit weiteren Kom- Kompetenzorientierter Unterricht. petenzen, beispielsweise der Medienbildung, Orientierung. Zug: DBK, AgS. kombiniert werden. Weitere Ideen dazu finden Wenzinger, R., Löliger, W. & Bert- sich nicht nur in der erwähnten Broschüre, son- schi-Kaufmann, A. (2003). Kom- dern auch in der Fachliteratur unter dem Stich- mentar zum Lesebuch 4. Schuljahr federleicht & vogelfrei. Buchs: Lehr- wort «handlungs- und produktionsorientierte mittelverlag des Kantons Aargau. Verfahren» (vgl. auch Haas, 2021). Eine Vielzahl 11
Rituale im Schulalltag: Studierende berichten von ihren Praxiserfahrungen Studentinnen und Studenten der PH Zug begleiten während ihrer Praxiseinsätze bereits selbständig Rituale mit den Kindern. Wir haben sie zu ihren Erfahrungen und Erkenntnissen befragt. «An vielen Ritualen halten die Kinder fest. Ein Beispiel: Wir singen jeden Morgen im Kreis dasselbe Lied. Ich würde das schon lange gerne ändern, aber die Kinder wollen davon nichts wissen.» Claudia Torriani, Kindergärtnerin im Studium Stufenerweiterung Primarstufe «Rituale eignen sich sehr, um den Un- terricht aufzulockern. Man kann mit Ritualen gut Übergänge gestalten und die Kinder sind stets mit viel Freude dabei.» Stefanie Mahler, Studentin Kindergarten/Unterstufe «Ich finde, Rituale sollten ein ‹Safe Space› sein. Wenn ein scheues Kind den wöchentlichen Klassenrat nicht leiten will, muss es das auch nicht. Die Kinder sollten sich von den Ritualen nicht unter Druck gesetzt fühlen.» Marc Petrovic, Student Primarstufe 12
«Bei den Ritualen kehrt Ruhe ein. Und wenn nicht – fordern Kinder diese un- tereinander ein. Es sind gemein- schaftliche, feierliche Erlebnisse, die den Kindern sehr wichtig sind.» Leila Brunner, Studentin Kindergarten/Unterstufe «Mir gefallen Rituale besonders, wenn sie der gesamten Klasse Freude bereiten. Ein Beispiel: Das Geburts- tagskind darf ein Spiel wünschen, das nachher die ganze Klasse spielen darf.» Adrian Uhr, Student Primarstufe «Ein Ritual am Anfang lässt die Kinder in Ruhe ankommen. Mir gefallen vor allem Rituale in Kombination mit Musik. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass Rituale nicht zu lange dauern sollten.» Janine Hefti, Studentin Kindergarten/Unterstufe 13
Drei Fragen an … … Roland Isler Welchen Stellenwert haben Rituale für dich? Für mich persönlich ist es zu einem Ritual ge- worden, dass ich jeweils kurz vor Lehrveranstal- tungen an der PH Zug einen Moment innehalte, mich auf den Atem fokussiere, um ganz ins Hier und Jetzt zu kommen. Gleichzeitig spreche ich mir stärkende Affirmationen zu. Dies hilft mir, mich positiv auf den Unterricht einzustimmen und erwartungsfroh die Studierenden zu emp- fangen. Du warst früher Primarlehrer. Welche Erfahrun- Roland Isler, Dozent Bildungs- und gen mit Ritualen sind dir besonders in Erinne- Sozialwissenschaften, PH Zug rung geblieben? Das Singen mit der Klasse bei Unterrichts beginn, die Phantasiereisen zur Entspannung oder mein Vorlesen am Freitagnachmittag waren Rituale, welche die Kinder und ich selbst sehr schätzten. Welche Erkenntnisse ziehst du aus diesen Ritualen? In den oben genannten Beispielen zeigen sich Rituale als Handlungsroutinen in einer Über- gangssituation, z. B. als Einstimmung auf etwas Neues oder als Abschluss einer Situation (Schulschluss am Freitag). Sie beinhalten aber auch Handlungen, welche die emotionale Be- findlichkeit verändern oder durch gemeinsame Aktivitäten – wie das gemeinsame Singen – Verbundenheit stiften. Das gemeinsame Singen bei Unter- richtsbeginn haben beide als beson- ders schönes Ritual in Erinnerung. 14
… Rahel Katzenstein Welchen Stellenwert haben Rituale für dich? «Alles hat seine Zeit», heisst es im biblischen Weisheitsbuch Kohelet. Allem seine Zeit zu geben heisst, die Vielfalt des Lebens zu würdi- gen. Rituale können helfen, den verschiedenen Dingen im Leben ganz bewusst ihren Raum zu geben, sodass nicht alles ineinander zu einem braunen Mus verfliesst. Es heisst, die Schule habe aufs Leben vorzubereiten. Was aber ist «das Leben»? Das Leben findet dort statt, wo WIR SIND. Ganz da zu sein ist jedoch gar nicht so einfach, in einer Welt, in der im Sekundentakt E-Mails, WhatsApp- und Push- Rahel Katzenstein, Dozentin nachrichten eintreffen und wir unter Druck Fachdidaktik Natur, Mensch, Gesellschaft, PH Zug stehen, uns instantan mit der Welt zu vernet- zen. Rituale können helfen, aus dem Funktions- modus in die Wahrnehmung zu kommen. Du warst früher Unterstufenlehrerin. Welche Erfahrungen mit Ritualen sind dir besonders in Erinnerung geblieben? Am Morgen im eigenen Tempo ankommen dür- fen und aus dem Atelierangebot eine Stillarbeit aussuchen oder an etwas Angefangenem wei- terarbeiten, das gemeinsame Guten-Morgen- Lied in verschiedensten Sprachen, das Schluss- lied am Ende des Morgens, der Ablauf des Klassenrates. Welche Erkenntnisse ziehst du aus diesen Ritualen? Allem seine Zeit zu geben ist auch wichtig im PH-Alltag. Ich nehme immer wieder einen An- lauf, als Dozentin das zu leben, was ich den Studierenden predige. Zeit, um sich anspre- chen und berühren zu lassen: Bereits wenn man ins Zimmer kommt, durch eine Frage, durch Bilder oder Gegenstände angeregt wer- den, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Zeit, um sich zu erinnern: Zu Beginn mithilfe des Lernheftes zurückblicken und sich verge- genwärtigen, was einen die Woche zuvor be- schäftigt hat, um so den Faden aufnehmen und daran anknüpfen zu können. Zeit, Gedanken zu ordnen und festzuhalten: Am Ende einer Lek- tion aufschreiben, was berührt hat und wichtig geworden ist. Zeit, um mich wahrzunehmen: Vor Beginn einer Lektion und/oder bevor ich zu sprechen beginne, mich wahrnehmen, so wie ich jetzt gerade da bin. Wie meine Füsse auf dem Boden stehen. Wie mein Atem fliesst. Das Die Fragen stellte Miriam Mahler, Geheimnis der Präsenz. Fachspezialistin Kommunikation & Marketing, PH Zug. 15
ZM Klassenrat: Lernen durch ritualisierte Interaktion Der Klassenrat hat sich an vielen Schulen häufig beobachtet wird, ist die Gefallensrunde. als ein bewährtes Unterrichtsformat etab Während der Gefallensrunde sind die Schülerin- liert. Eine wichtige pädagogische Aufgabe nen und Schüler gebeten, sich zu einem Ereig- ist dabei, die Balance zwischen Struktur nis oder einem Erlebnis der vergangenen Woche und individuellen Entfaltungsmöglichkeiten zu äussern, das ihnen besonders gut gefallen zu finden. hat. Neben einem festen Ablauf mit zumeist festgelegter Rederechtsvergabe gehören in vie- Der Klassenrat wird auf unterschiedlichen len Klassenräten auch bestimmte sprachliche Schulstufen praktiziert und orientiert sich an Muster dazu: einer Vielfalt pädagogischer Zielsetzungen. Schülerinnen und Schüler treffen sich in regel- mässigen Abständen zum Klassenrat, um ge- «Die Kinder reichen einen Stein umher meinsam Antworten und Lösungen für ihre und immer das Kind, das den Stein Fragen und Probleme zu finden. In einem rituali- in der Hand hält, darf etwas erzählen. sierten Rahmen werden dabei sprachliche und Es sagt jede und jeder etwas und soziale Kompetenzen gefördert. Daneben wird begründet das Gesagte. Zum Beispiel: dem Klassenrat auch eine besondere gemein- Mir hat die Handarbeit gefallen, weil … schaftsbildende Funktion attestiert, was in ver- Nicht nur: Mir hat die Handarbeit schiedenen Ritualtheorien als zentrales Merk- gefallen.» mal von Ritualen gilt (z. B. Wulf, 2005). Der Klassenrat schafft partizipative Mit den Formulierungsvorgaben verbindet sich Strukturen im Schulalltag die Idee sogenannter transitorischer Normen Ein wichtiges Anliegen des Klassenrats ist es, (Feilke, 2015). Es handelt sich dabei um vor partizipative Strukturen in den schulischen All- übergehend gültige und in bestimmten Kontex- tag zu integrieren. So erfahren die Kinder ten einzuhaltende Normen, die beim Aufbau Selbstwirksamkeit. Insbesondere der Ritualisie- sprachlicher Kompetenzen die Funktion eines rung von Klassenratsinteraktionen wird ein ho- Gerüsts (engl. scaffold) haben. Transitorische hes lernförderliches Potenzial zugeschrieben. Normen können im Rahmen eines Erwerbspro- Das Einüben fester Abläufe und die Orientie- zesses wichtige Zwischenschritte auf dem Weg rung an sprachlichen Routinen wird mit dem zum Erreichen der Zielnorm darstellen. Ziel verbunden, die Schülerinnen und Schüler Ritualisierte Interaktionspraktiken wie die Ge- zur selbstständigen Teilnahme und Teilhabe am fallensrunde können sich beispielsweise für Klassenrat zu befähigen. Diesen Anspruch for- den Erwerb argumentativer Gesprächskompe- muliert eine Lehrperson folgendermassen: tenz anbieten: Die Schülerinnen und Schüler üben dabei, ihre Meinungen zu begründen. Ähnlich wie spielerische Lernsettings können «Am Anfang achte ich auf die Regelmäs- auch Rituale eine entlastende Wirkung aufwei- sigkeit. Mechanismen müssen einfach sen, denn sie bieten den Schülerinnen und sein, bewusst gemacht und verinnerlicht Schülern durch die festen Strukturen eine Ver- werden können. Nach einer gewissen haltenssicherheit, die es ihnen ermöglicht, sich Zeit ziehe ich mich immer mehr zurück.» ganz auf die einzuübende sprachliche Praktik zu konzentrieren. SNF-Projekt Wenn man unter Ritual – in einem breiten Sinne – Gesprächsroutinen zwischen Stütze Der Schweizerische Nationalfonds eine «formalisierte und wiederholbare Sequenz und Korsett (SNF) unterstützt das Projekt des von sozialen Praktiken meist symbolischen Cha- Wie unsere Beobachtungen von Klassenratssit- Zentrums Mündlichkeit ZM «Der rakters» (Meyer, 2016, S. 463) versteht, dann zungen verschiedener Schulstufen nahelegen, Klassenrat als kommunikative lässt sich dieses Begriffsverständnis sowohl auf kann das Einfordern von sprachlichen Routinen Praktik – ein gesprächsanalyti- scher Zugang» (2018 bis 2022). den Klassenrat als Ganzes als auch auf Teile aber auch eine Kehrseite aufweisen. Dies lässt Untersuchungsgegenstand sind des Klassenrats anwenden. sich beobachten, wenn vorgegebene sprach- die Beteiligungsarten im Klassen- liche Handlungen in einem mechanischen Sinne rat, die aus einer gesprächs- und Die Gefallensrunde als Lernanlass reproduziert werden. Sie stellen dann keine interaktionslinguistischen Pers- pektive untersucht werden. Ein solches ritualisiertes Element, das in unse- kognitiv herausfordernden Aufgaben mehr dar. rem laufenden SNF-Projekt (siehe Infobox) Eine Folge kann sein, dass ein sprachliches 16
ZM Im Klassenrat erfahren Schülerinnen und Schüler Selbstwirksamkeit. Muster lediglich als schulisches Erfordernis Potenzial innewohnt, verschiedene Kompetenz- «abgearbeitet» wird und inhaltlich leerläuft. Dies bereiche zu koppeln und zugleich an der Le- Literatur zeigt folgende Äusserung von einem Sechst- benswirklichkeit der Kinder anzuknüpfen. Mit Feilke, H. (2015). Transitorische klässler: Blick auf sprachliches und soziales Lernen bie- Normen. Argumente zu einem ten Rituale verschiedenartige Lernanlässe und didaktischen Normbegriff. In Di- daktik Deutsch, 38, 115-136. können für unterschiedliche Erwerbsprozesse «Mir hat es nicht gefallen, dass mein Ball dienen. Eine gute Balance zwischen Struktu- Lepschy, A. (2002). Lehr- und Lernmethoden zur Entwicklung kaputt ist, weil er kaputt ist.» riertheit und Orientierung einerseits und indivi- von Gesprächsfähigkeit. In G. Brün duellen Entfaltungsmöglichkeiten andererseits ner, R. Fiehler & W. Kindt (Hrsg.), zu finden, stellt dabei eine wichtige pädagogi- Angewandte Diskursforschung. Band In vielen Kompetenzdefinitionen wird jedoch sche Aufgabe dar. 2: Methoden und Anwendungsberei- che (S. 50–71). Radolfzell: Verlag gerade die Fähigkeit zur situationsspezifischen für Gesprächsforschung. Anwendung als ein Kernelement von Kompetenz Stefan Hauser, Leiter ZM, und Judith Kreuz, Meyer, Ch. (2016). Rituale. In betont: Gesprächsfähig ist, wer in jeweils spezi- Dozentin Zentrum Mündlichkeit ZM L. Jäger, W. Holly, P. Krapp & fischen Sprechsituationen aktuell notwendige S. Weber (Hrsg.), Sprache – Kul- kommunikative Handlungsentscheidungen tref- Die Zitate stammen von Interviews mit Lehrperso- tur – Kommunikation. Ein internatio- fen und sprechsprachlich angemessen handeln nen und Schülerinnen und Schülern der Primarstufe. nales Handbuch zur Linguistik als Kulturwissenschaft (S. 463–71). kann (vgl. Lepschy 2002, S. 53). Berlin: Mouton de Gruyter. Rituale bieten vielseitige Chancen Wulf, Ch. (2005). Zur Genese des Sozialen. Mimesis. Performativität. Abschliessend können wir festhalten, dass Ritual. Bielefeld: Transcript. schulischen Ritualen wie dem Klassenrat das 17
B IB Pläne machen? Wie Jugendliche die Pandemie erleben Während der Pandemie fallen viele Vorhaben einem Tag auf den anderen ihr Lernen und Arbei- ins Wasser – so manches Ritual muss wei ten neu organisieren. Dieses von ihnen plötzlich chen. Die aktuelle Schul-Barometer-Inter erwartete Mehr an Selbstständigkeit einzulösen, viewstudie mit jungen Erwachsenen in der fiel vielen schwer. Insbesondere das eigene Ein- Schweiz, Deutschland und Österreich zeigt: teilen der Aufgaben wurde als grosse Hürde Den Jugendlichen wird viel abverlangt. wahrgenommen. Insgesamt resultierte aus der Fernunterrichtserfahrung für die Interviewten Covid-19 hat weitreichende Auswirkungen. Ins- jedoch ein Zugewinn an Selbstständigkeit. besondere für Jugendliche und junge Erwachse- ne bedeuteten die vergangenen beiden Jahre viel Veränderung und Einschränkung. Die ak «Ich finde es irrsinnig positiv, dass man tuelle Teilstudie «Generation C» des Schul-Baro- sich selbst mal organisieren muss. Dass meters (schul-barometer.net) will deshalb de- man auch mal so einen kleinen Stups taillierter verstehen, wie diese Zeit von jungen kriegt.» (I8, Abs. 483–486) Erwachsenen erlebt wurde. Hierzu wurden jun- ge Erwachsene zwischen 17 und 21 Jahren aus der Schweiz, Deutschland und Österreich zu Mit der Herausforderung, sich die Aufgaben ihren Erfahrungen, Meinungen, Sorgen und selbst einzuteilen, ging auch die Schwierigkeit Wünschen interviewt. einher, sich täglich zu motivieren. Der Unter- richtseinsatz hat deshalb bei einigen Interviewten Zwischen «Ich bin offener geworden!» und abgenommen – nicht zuletzt aufgrund fehlender «Es war einfach viel zu viel.» Verbindlichkeit, sich in die Online-Lektionen zu- Aufgrund der Schulschliessungen und des Fern- zuschalten. Für einige war das sogar der Aus unterrichts zu Beginn der Pandemie mussten die löser, die Schule oder das Studium abzubrechen. Jugendlichen und jungen Erwachsenen von Gleichzeitig gab es andere, welche die Lernzeit Fröhliche, unbeschwerte Momente mit Gleichaltrigen fehlen während der Pandemie. 18
IB B Der Wunsch nach Präsenzunterricht ist gross. aktiv genutzt und mehr für den Unterricht ge- «Ein paar Schüler haben gesagt, sie wol- macht haben. len wirklich nicht aus dem Haus gehen, weil sie einen Elternteil hatten, der sehr gefährdet ist.» (I7, Abs.104–106) «Normalerweise, wenn man in der Schu- le ist, kann man auch noch zum Unter- richt gehen. Aber wenn ich zuhause bin, Länderspezifisch zeigt sich, dass Schweizer allein, dann fällt mir das auch ziemlich Jugendlichen das Regeleinhalten leichter fällt. leicht, mal zu sagen, ‹okay, heute gehe Dies, weil es nur wenige Regeln gibt, keine Aus- ich einfach mal nicht zum Zoom-Unter- gangssperren und nur temporäre enge Kontakt- richt›.» (I1, Abs. 94–97) beschränkungen verordnet wurden. Junge Schweizer Interviewte scheinen, im Gegensatz zu jenen aus Österreich und Deutschland, auch «Mein hauptsächlicher Grund, dass ich weniger Angst vor einer Ansteckung zu haben. das Studium abgebrochen habe, war, dass ich einfach mit diesem ganzen digi- talen Lernen nicht so gut klarkam. Also «Ich fand es irgendwie responsible von ich fand, dass es einfach viel zu viel war denen, dass sie einen Lockdown ge- und dass man viel zu wenig soziale Inter- macht haben, dass sie besser verstehen, aktion hatte mit anderen Studenten.» wie können wir das bekämpfen, und so.» (I23, Abs. 14–22) (I6, Abs. 294–296) Gehorchen oder rebellieren? Doch die jungen Erwachsenen verspüren auch Während der Pandemie war für alle herausfor- einen starken Drang nach Normalität wie bei- dernd, die in schnellem Wechsel getroffenen spielsweise dem Feiern. Deshalb brechen eini- politischen Entscheidungen zu erfassen und ge die Regeln und es finden illegale Feste statt. umzusetzen. Hier erwähnen die Interviewten, dass sie so gut wie möglich die Regeln befol- gen – aus Verständnis, um Risikogruppen zu «Was ich auch des Öfteren schon gehört schützen oder um sich einfach regelgetreu zu habe von Freunden, dass es auch in Ber- verhalten. lin immer noch eine After-Szene gibt. Die 19
B IB treffen sich irgendwo in einer Location versitäre Bildung entstanden: Vorbereitungs oder bei irgendjemandem zu zwanzigst, angebote wie Infotage oder Praktika gibt es feiern und hören Techno.» (I1, Abs. 329– nicht und ursprüngliche Pläne waren plötzlich 332) nicht mehr umsetzbar. Viele wissen nicht, was sie nach dem Abschluss machen wollen – und können. Vorausplanung ist durch die ungewisse Erfahrungen sammeln – funktioniert das pandemische Lage nicht mehr möglich. Die Ent- im Elfenbeinturm? scheidungen fallen viel spontaner aus. Auch im Bereich Dating und Sexualität konnten sich die Jugendlichen nicht ausleben. Aufgrund der sehr reduzierten Freizeitangebote gab es «Die Hälfte von unserer Klasse weiss nur wenige Möglichkeiten, jemanden zu treffen noch nicht mal, was sie machen will. (.) oder neu kennenzulernen. Zudem waren die Und das finde ich eigentlich schon be- Eltern plötzlich ständig zu Hause, und die jun- denklich.» (I5, Abs. 355–356) gen Erwachsenen konnten sich nicht mehr un- gestört bei jemandem treffen. Auch die Angst vor einer Ansteckung mit Covid-19 stellte ein «Es gibt keinen Tag der offenen Tür, keine Hemmnis dar. Schnuppertage, rein gar nichts.» (I5, Abs. 346–347) «Ich wäre auch in eine Phase hineinge- kommen, wo man da vielleicht, auch Hinzu kommt die Angst vor dem Einstieg in die sexuell, mehr ausprobiert hätte. Jedoch berufliche/universitäre Bildung. Die jungen Er- wüsste ich gar nicht, ob ich es dann wirk- wachsenen fürchten sich davor, in Distanzlehre lich gemacht hätte, wenn alles normal einsteigen zu müssen. Der Wunsch nach Prä- gewesen wäre.» (I17, Abs. 537–541) senzunterricht ist gross – um sowohl die Atmo- sphäre, die neue Örtlichkeit, als auch die Mit- studierenden «live» zu erleben. Das Sammeln von Erfahrungen, ein zentraler Baustein für die Bewältigung der Entwicklungs- Stephan Gerhard Huber, Leiter, und Literatur aufgaben in der Adoleszenz, fehlt den Jugend- Manuela Egger, wissenschaftliche Zum Thema liegt eine umfangrei- lichen. Um die Einsamkeit zu bekämpfen, haben Mitarbeiterin Institut für Bildungsmanage- che Sammlung an Veröffentlichun- sich deshalb im vergangenen Jahr einige junge ment und Bildungsökonomie IBB gen vor, siehe schul-barometer.net Erwachsene in eine Beziehung gestürzt, um Darüber hinaus erscheint in Kürze: einen sogenannten Corona-Buddy zu haben. Die Zitate wurden im Rahmen der Interviewstudie Huber, S.G., Helm, C. & Schneider, erfasst und transkribiert. Die Angaben in N. (Hrsg.) (in Druck). COVID-19 und Jeder Plan könnte ins Wasser fallen den Klammern bezeichnen die Nummer der/des Bildung – Studien und Perspektiven. Münster, New York: Waxmann. Bei den Interviewten ist eine grosse Planungs- Interviewten und Zeilennummern (Absatz) im unsicherheit in Bezug auf ihre berufliche/uni- Transkript. 20
Ko l um ne «Haalari, SitSit und Co. – so lässt’s sich in Finnland studieren!» Nicole Gisler ist als angehende Primarlehre rin im dritten Ausbildungsjahr. Das zweit letzte Semester hat sie an der Åbo Akademi in Finnland verbracht. Wie sich das finnische Studierendenleben vom schweizerischen unterscheidet, beschreibt sie in dieser Kolumne. Von August bis Dezember 2021 verbrachte ich mein Auslandsemester in Vaasa, Finnland. Vaasa ist eine typische Studierendenstadt und ist offi- ziell bilingual. 71 % der Bevölkerung spricht Fin- nisch und 25 % Schwedisch. Die Studierenden machen rund einen Drittel der Bevölkerungszahl aus und teilen sich auf fünf verschiedene Uni- versitäten und Hochschulen auf. Ich studierte «Teacher Education» an der Åbo Akademi. Durch diesen Aufenthalt lernte ich die finnische Studierendenkultur kennen, welche einige inte Overall ist nicht gleich Overall – ressante Unterschiede zur Kultur an Schweizer auf die Aufnäher kommt es an. Schulen und Universitäten aufweist. «Haalari», die finnische Studierendenkleidung zieher. Sie erstrahlen in bunten Farben, wobei Die Overalls gehören nicht zur offiziellen Uni- jede für eine Fakultät steht. Da gleiche Farben Etikette, vielmehr dienen sie als bequeme Über- bei mehreren Hochschulen und Universitäten Angehende Lehrpersonen tragen einen violetten Haalari. 21
ne uml Ko Nicole Gisler Ein Teil er Universität Åbo Akademi ist in einer ehemaligen Baumwollspinnerei untergebracht. vorkommen können, steht zudem der Name der «SitSit», die finnische Art zu feiern Bildungseinrichtung auf dem Rücken. Klassen- Eine weitere Tradition des finnischen Studieren- lehrpersonen und Heilpädagoginnen und -päda- denlebens sind die «SitSit». Dies sind Dinner- gogen tragen Violett, Medizinstudierende Weiss. Abende, bei denen oftmals viel gesungen, ge- lacht und vor allem getrunken wird. Die Abende Das Studierendenleben spiegelt sich sind meist mit Mottos und einem entsprechen- im Overall den Dresscode versehen, wobei der Studieren- Jede Studentin, jeder Student individualisiert denoverall nicht fehlen darf. An diesen Aben- den Overall mit zahlreichen Aufnähern, soge- den sind zahlreiche Regeln einzuhalten – nannten Patches. Diese können bei Studieren- andernfalls muss man eine unangenehme Stra- denpartys, Sportveranstaltungen, Vereinsmit- fe über sich ergehen lassen. Kollektive Spiele gliedschaften, von anderen Unis oder Firmen und Wettbewerbe versüssen den Abend. ergattert werden. Zwei bis sechs Euro kosten solche Stoffflicken; bei der Teilnahme eines Was bleibt, sind grossartige Erinnerungen Events sind sie im Eintrittspreis inklusive. Je Ein bisschen verrückt ist das alles schon, doch mehr Patches, umso höher das Ansehen, umso so sind die Finnen eben. Im Alltag eher still und aufregender das Studierendenleben. Das Motto zurückhaltend, um dann zu überraschen und lautet: «Pimp my Overall», mit Nadel und Faden. sich keine Gedanken zu machen, was die ande- ren darüber denken. Zurück bleiben grossartige Ein weiteres ungeschriebenes Gesetz: Ein Over- Erinnerungen mit vielen Erlebnissen und man- Mehr zu Finnland und dem all darf niemals gewaschen werden, ausser am ches «rare Finnish smile»! dortigen Studierendenleben 1. Mai und selbst dann nur mit einer speziellen im Blog von Nicole Gisler: Seife. Manche Finnen tauschen Teile ihrer Over- Nicole Gisler ist angehende Primarlehrerin alls, zum Beispiel einen Arm oder ein Bein, mit und absolviert zurzeit das letzte Ausbil- Studierenden anderer Fakultäten. Dies kann ein dungsjahr an der PH Zug. Zeichen guter Freundschaft (Arm) oder Partner- schaft (Bein) sein. Grundlegend bildet der «Haa- lari» einen Spiegel der Studienzeit eines jeden finnischen Studierenden. 22
PH Zu g Aus den Leistungsbereichen Zweite Durchführung CAS «Mathematisches Lernen in der Sackgasse?» Ab September 2022 startet ein weiterer CAS- Studiengang zur Frage «Mathematisches Ler nen in der Sackgasse?». Das Angebot richtet sich an Lehrpersonen und schulische Heilpäda- goginnen und -pädagogen, die mit rechen- schwachen Schülerinnen und Schülern arbeiten oder mit besonders heterogenen Lehr- und Lernbedingungen konfrontiert sind. Die Zusatz- ausbildung gibt Antworten in Form kompetenz- Sabina Staub wird neue Studienleiterin orientierter Abklärungen und fachdidaktischer Berufspraxis Umsetzungen in unterrichtlichen und therapeu- Sabina Staub übernimmt am 1. April 2022 die tischen Settings. Sie wird von Prof. Dr. Kurt Leitung der Berufspraxis von René Hartmann, Hess geleitet. der Ende März in Pension geht. Wir freuen uns Anmeldeschluss ist am 30. Mai 2022. auf die Zusammenarbeit. male.phzg.ch Fortsetzung des Weiterbildungsangebots für Kompetenzzentrum Mathematisches Denken Animatorinnen und Animatoren ICT und Lernen (MaDeL) Nach erfolgreichem Abschluss der ersten bei- Gut zu wissen: Das Kompetenzzentrum MaDeL den Jahrgänge startet das Weiterbildungsange- macht verschiedene Angebote zu wirkungsvol- bot ICT im Herbst 2022 zum dritten Mal. Die lem Lehren und Lernen im Mathematikunter- Weiterbildung richtet sich an aktuelle und künf- richt. Dazu gehören Beratungen, Dienstleistun- tige Animatorinnen und Animatoren ICT der ge- gen und Weiterbildungen, die massgeschneidert meindlichen Schulen und beinhaltet Präsenz- auf Fragen und Bedürfnisse von Lehrpersonen veranstaltungen, Selbststudienanteile sowie und Schulischen Heilpädagoginnen und -päda- schulalltagsnahe Projekte. Inhaltlich stehen die gogen ausgerichtet werden. fachliche und fachdidaktische Vertiefung sowie madel.phzg.ch Beratungswissen im Zentrum. Die bewährte Form der individuellen Modulgestaltungsmög- lichkeiten wird beibehalten. Weitere Informa tionen zum dritten Durchgang folgen Ende März 2022. Mehr Infos: weiterbildung.phzg.ch > Angebote Weiterbildung > Medien und Informatik 23
Veranstaltungen Covid-19: Finden Veranstaltungen statt? Sa, 21.05.2022 Impressum Aufgrund der aktuellen Situation rund um Klangstab, Trommel und viel mehr – spieleri- Infonium, externes Publika- Covid-19 ist ungewiss, ob und in welcher Form scher Umgang mit Instrumenten im Zyklus 1 tionsorgan der PH Zug. die aufgeführten Veranstaltungen stattfinden Sa, 04.06.2022 Erscheint zweimal jährlich. können. Aktuelle Informationen dazu finden Sie Weltmusik im Schulunterricht Auflage: 3200 Exemplare auf unserer Website: veranstaltungen.phzg.ch Mi, 31.08.2022 Herausgeberin Einführungsworkshop für Lehrpersonen für das PH Zug Einblicke ins Studium Mitsingkonzert «Durch den Advent mit Zipf, Zugerbergstrasse 3 Haben Sie Freundinnen, Freunde oder Bekannte, Zapf, Zepf und Zipfelwitz» 6300 Zug die Lehrerin oder Lehrer werden möchten? Tel. +41 41 727 12 40 Für Interessierte finden an der PH Zug regel- Musikprojekte für Schulklassen – nach Absprache: kommunikation@phzg.ch mässig Infoveranstaltungen statt: Klassenprojekt mit tönstör.ch: Küchenmaschi- www.phzg.ch nen Improvisation – mit Alltagsmaterialien mu- Gesamtes Studienangebot: sikalische Inszenierungen erschaffen Redaktion Mo, 28.02.2022, 13.30–16.00 Uhr, PH Zug musikworkshops.phzg.ch Nicole Suter (Leitung) Do, 03.03.2022, 19.00 Uhr, online Miriam Mahler Studienvariante pi: Vorankündigung Fotos Mi, 23.02.2022, 19.00 Uhr, online Archiv PH Zug Mi, 16.03.2022, 19.00 Uhr, PH Zug Advent mit Zipf, Zapf, Zepf und Zipfelwitz Adobe Stockfotos Mehr Infos und Anmeldung: Passend zur Adventszeit wird das Stück «Zipf, Miriam Mahler infoanlaesse.phzg.ch Zapf, Zepf und Zipfelwitz» der Komponistin Nicole Gisler Stephanie Jakobi-Murer für Kinder der Unterstu- Alexandra Wey Symposium Begabung fe und Familien in den Kantonen Zug, Schwyz Sind Selbstgestaltung, Lernmotivation und und Uri aufgeführt. Mit lokalen Kinderchören, Abo-Bestellungen/ Erfolg genug oder darf die Gesellschaft auf die der Zuger Sinfonietta sowie Schauspielerinnen Adressänderungen klugen Köpfe von morgen als verantwortlich und Schauspielern. kommunikation@phzg.ch Handelnde hoffen? Das Symposium Begabung Schülervorstellung: Di, 29.11.2022, 09.00 Tel. +41 41 727 12 40 sucht nach Antworten. und 10.30 Uhr Sa, 12.03.2022, 08.45–16.00 Uhr, PH Zug Öffentlich: Mi, 30.11.2022, 15.00 Uhr © Februar 2022, PH Zug symposium-begabung.phzg.ch und evtl. 17.00 Uhr Theater Casino Zug Musikworkshops Die Animation für Schulmusik bietet halbjähr- Der Ticketvorverkauf startet im Sommer 2022. lich ein vielseitiges Angebot von Musikwork- Weitere Infos folgen unter: shops an. Dieses richtet sich an musikbegeis- veranstaltungen.phzg.ch terte Lehrpersonen, die gerne neue Ideen und Anregungen in ihren Unterricht einbringen. Musikworkshops für Lehrpersonen Mi, 23.03.2022 Von der Geschichte zu Musik und Tanz – vielfältige Umsetzungsideen im Zyklus 1 Do, 07.04.2022 Neue Lieder braucht das Zuger Land! – Lust auf einen frischen Strauss an Frühlings- und Som- merliedern für den Schulalltag? Fr, 06.05.2022 und Sa, 07.05.2022 Spontanität, Humor und Auftrittskompetenz im Unterricht 24
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