Blätter aus dem Mutterhaus - 150 Jahre Frankfurter Diakonissenhaus
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EDITORIAL Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat. 1. Petrus 4, 10 Liebe Leserinnen und Leser dieses Blattes, Das ist mein erstes Grußwort als hauptamtlicher soziale Gesundheit. Gaben, die für die seelische und Pfarrer am Frankfurter Diakonissenhaus, und ich auch die soziale Gesundheit wichtig sind, sind uns schreibe es in einer für alle außerordentlichen Zeit: zur Weitergabe anvertraut, weil wir Christinnen und Der Corona-Zeit. Christen sind. So können wir unsere und die Unruhe anderer stillen, weil wir in Gott einen Adressaten Mein Dienstbeginn im Frankfurter Diakonissenhaus dafür haben. Wir können unsere und die Ohnmacht ist von außerordentlichen Umständen geprägt: Ich anderer entkräften, weil wir Gott darum bitten habe zur Adventszeit angefangen, und mit diesem können, das über das Menschenmögliche hinaus zu Festkreis begann zugleich das 150. Jubiläumsjahr mit tun, damit die Krise nicht zur Katastrophe wird. Und einer Vielzahl von wichtigen Gottesdiensten und wir wirken durch Andachten und Gottesdienste der Feiern, die sorgfältig und liebevoll vorbereitet sind Vereinsamung entgegen, denn hier im Gottesdienst und ebenso durchgeführt sein wollen. Und jetzt, kommen Menschen gemeinsam Gott näher, und wir mit dem Monat März, in dessen Mitte ich schreibe, erleben: Wir sind nicht die Einzigen, die ihr Leben als kommt die Corona-Zeit und macht durch vieles ein Leben mit Gott betrachten. einen dicken Strich. Vor zwei Tagen erschien auf unserem Fernsehbildschirm die Nachricht, dass Ich denke, hier können wir von den Italienern und die Bundesregierung bis auf weiteres untersagt Spaniern lernen, die abends ihre Isolation aufbrechen Gottesdienste abzuhalten. Das habe ich mein gan- und sich von Balkonen und aus Fenstern heraus den zes bisheriges Leben lang für unmöglich gehalten: Mut zusingen, dass es schon wieder vorübergehen „Meine“ Bundesrepublik greift so weit in die Grund- wird und das normale Leben wiederkehrt. Das Gebet rechte ein, dass sie religiöse Grundrechte aussetzt! ist auch ein solcher Gesang, der unhörbar für uns Aber die Corona-Welle macht es offenbar nötig – und durch unser Land geht, jedenfalls von vielen prak- möglich. tiziert. Stellvertretend für alle. Es ist sind auch die Kirchen als Gebäude, die eine Erinnerung daran sind, Es ist eine Situation, wie ich sie nur von der Reak- dass Gott in der Welt ist, wie auch immer der oder torkatastrophe von Tschernobyl vor mehr als drei die Einzelne zu ihm steht. Und selbstverständlich Jahrzehnten kenne. Viele Menschen sind unsicher, sind wir, und ganz bestimmt nicht nur die Pfarrer wie es weitergeht: Mit ihrer Gesundheit, der ihrer und Pfarrerinnen, für einander da, zum Reden und Familie, ihrer Verwandten und Freunde, mit Geld und Klagen, Lachen und Träumen. Auch hier kommen die Beruf. Da erscheint es relativ unbedeutend, dass unterschiedlichen Gaben, die wir unser Eigen nennen, die Kirche ihrem Auftrag der Verkündigung und der zum Tragen. „Sakramentsverwaltung“ nicht nachkommen kann und darf. Lassen wir uns von Gottes Gnade ergreifen, und ergreifen wir sie aktiv – im Gebet, im aneinander Die Möglichkeit gemeinsam zu beten, zu singen, Denken, im Kontakt halten und im Weitergeben Gottes Nähe in Brot und Wein zu erleben, das gehört dessen, was uns an Gutem anvertraut ist. Das stärkt zu den Gaben, die uns wirklich guttun. Ein befreunde- alle, nicht zuletzt uns selbst. ter Arzt erinnerte mich gestern daran, dass „Gesund- heit“ dreierlei umfasst: Körperliche, seelische und Pfarrer Alexander Liermann 2 Ausgabe 482, Mai 2020
Willkommensgottesdienst von und für Pfarrer Liermann am 19. Januar 2020 Am 19. Januar 2020 wurde der neue Pfarrer an, doch faktisch erst zum 1. Dezember 2019. des Frankfurter Diakonissenhauses, Alexander Die dazwischen liegenden drei Monate nutzte Liermann, in einem großen Festgottesdienst den Pfarrer Liermann u.a. dazu, einen langen Artikel Menschen seiner künftigen Wirkungsstätte vorge- für das Deutsche Pfarrerblatt zu verfassen, in stellt. Pfr. Liermann predigte zu Jeremia 14, 1-9, dem er einen praktisch-theologischen Rückblick in dem in scharfen Worten nach Gottes Wirkkraft auf seine letzte dienstliche Aufgabe warf. Er war in der Welt gefragt wird. Der oft verständliche 12 Jahre lang Seelsorger für die Soldaten und Zweifel an Gottes Tatkraft löst sich nur auf, wenn Soldatinnen im Rhein-Main Gebiet. Dazu beglei- Gott dem nachkommt, was die Jahreslosung tete er zwei Mal für je viereinhalb Monate die formuliert: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben“. Soldaten der Bundeswehr in Auslandseinsätzen in Kosovo und zuletzt in Afghanistan. Im Anschluss an den Gottesdienst gab das Diako- nissenhaus einen Empfang im Festsaal des Mutter- Pfarrer Liermann nahm auf diese Zeit Bezug, als er hauses. Hier wurden Pfarrer Liermann und seine sich in seiner Antwort auf die Grußworte bei allen „Gemeinde“ mit freundlich-zuversichtlichen Wor- Schwestern, den Haupt- und Ehrenamtlichen des ten durch den Kirchenvorstandsvorsitzenden der Diakonissenhauses und insbesondere bei Oberin Petersgemeinde Herrn Dachsel, seinen Kollegen Heidi Steinmetz für das „Vorschussvertrauen“ Pfarrer Boldt aus Freiburg, die Vorsitzende des bedankte, das ihm hier entgegengebracht wurde Kuratoriums Ursula Stegemann und den Vorstand und wird. Er habe bislang gedacht, dass ihm der Inneren Mission Herrn Hothum, begrüßt. das nach der Bundeswehr nicht ein zweites Mal passieren würde. Gerne lässt er sich eines Besse- Pfarrer Liermann trat formal schon am 1. Sep- ren belehren. tember 2019 seine neue halbe Stelle in Frankfurt Ausgabe 482, Mai 2020 3
Geislicher Impuls Diesseits der eigenen Grenzen: Diakonisches Ehrenamt in Gelassenheit Als die berühmte amerikanische Folksängerin Joan Starker Tobak vor allem für leitende Ehrenamtliche, Baez einmal gefragt wurde, ob es nicht ein zu großes die sich darum bemühen, Vernetzungen zu bewerk- Opfer gewesen sei, sich so sehr politisch engagiert stelligen und Menschen zu motivieren. Es liegt auch zu haben – dabei ihre Musikerinnenkarriere vernach- an guten Rahmenbedingungen und Konzepten – aber lässigend – antwortete sie lachend: „Nein, das war eben nicht nur daran. In Markus 4 verweist Jesus überhaupt kein Opfer. Denn es war mir und ist mir auf die Natur, die ihre Zeit kennt. Er vergleicht die wirklich wichtig, mich bürgerschaftlich zu engagie- Mitarbeit am Reich Gottes mit dem, was ein Bauer ren. Das gibt meinem Leben wirklich Sinn!“ jetzt im Frühjahr tut: Er sät aus und … wartet in Gelassenheit! Das Aufgehen der Saat ist nicht seine Freiwillig für und mit anderen arbeiten, Menschen Sache, die Pflege des Aufgegangen dann durchaus in Gemeinschaft zusammenbringen, darin besteht wieder. Am Ende des Vaterunsers heißt es zu unserer ehrenamtliche Arbeit im Kern. Egal, um welche Entlastung: „Denn dein ist das Reich und die Kraft Aufgabe es sich handelt: Es ist dann gut, wenn die und die Herrlichkeit“. Ein großes Ausrufezeichen, Engagierten erfahren, dass sie gebraucht werden, den Erfolg nicht vom eigenen Engagement, am Ende ohne dauerhaft überfordert zu sein. Darin liegt für gar von „Selbstaufopferung aus Liebe“, sondern vor Engagierte im sozialen Bereich immer wieder die allem von Gott zu erwarten. Er hat uns talentiert und Herausforderung: Sich nicht zu überfordern, obwohl befähigt, aber deswegen sind wir nicht die Macher. hier oft Hilfsbedürftige und schwierige Menschen die Und diejenigen, um die wir uns sorgen, führen ein Zielgruppe ausmachen; oder Menschen in schwie- Eigenleben und dürfen durch uns nicht entmündigt rigen Lebenslagen: Krank, gefangen oder auch am werden. Ende des Lebens. Hier zeigt sich, worin sozial- diakonisches Ehrenamt zur Vollblüte kommt: In Vieles von dem kann man hier im Diakonissenhaus Sympathie. Wir gebrauchen den Begriff meist in der mit seinen täglichen Andachten und feierlichen Got- Bedeutung von Hingezogen-Sein zu jemandem. Im tesdiensten lernen: Auf Gott kommt es an – auch und Griechischen liegen darin die beiden Wortbestand- gerade in der Diakonie. Gerade in der Epoche, die teile für Mit-Leiden verborgen. Und tatsächlich: Ein uns zur „Leistungsgesellschaft“ formen will – auch Mensch, der sich für andere uneigennützig einsetzt, zu christlichen „Hochleistungs-Gemeinden“ – ist es ist ein sympathischer Mensch; aber nicht nur das: geradezu lebensrettend, sich daran zu erinnern, dass Meist ist er auch ein liebender Mensch im Sinne von für das Ehrenamt der Betriebsstoff vertrauensvolle herzlichem Zugewandt-Sein. Gelassenheit ist. Bereit sein zu arbeiten, ja! Aber alles hat seine Zeit. Werden und Vergehen, neu Wie kann man im sozial-diakonischen Ehrenamt dau- anfangen und aufhören, ja manchmal auch einfach erhaft mit Liebe tätig sein, ohne seine Grenzen außer aufgeben. Gerade für Menschen, die in Gemeinde Acht zu lassen? Es lebt nicht nur davon, sich für etwas und Diakonie für andere da sein wollen, ist es wichtig, Gutes einzusetzen, sondern auch von der Gelassen- ihr „Amt“, d.h. ihre Aufgabe, für ein Geschenk halten heit, dass letztlich über den Erfolg nicht wir selbst zu können. Und das kann nur, wer um seine Grenzen entscheiden. Es ist das Wissen, dass Gottes Segen weiß, sie wahrt und sich deshalb gern einbringt. auf einem Werk, einem Vorhaben, einer Idee ruhen In vertrauensvoller Gelassenheit. muss, damit etwas daraus wird. Die provokanteste Aussage dazu ist die alttestamentliche Formulierung, Pfarrer Alexander Liermann dass es der Herr den Seinen im Schlaf gibt (Ps. 127). Ausgabe 482, Mai 2020 4
Festschrift zum Jubiläum Wir bieten Ihnen an, die Festschrift bei uns zu bestel- len. Vielen werden wir die Festschrift zuschicken, aber leider können wir es nicht für alle tun. Deshalb warten Sie bitte bis Mitte Juni ab; wenn Sie keine Festschrift bekommen haben, können Sie diese bei uns abholen oder über info@diakonisse.de bestellen. Wir freuen uns über eine Spende. Auch wenn wir unser 150. Jubiläumsfest am 7. Juni nicht so feiern können, wie wir es geplant haben, schauen wir dankbar auf den Beginn unseres Jubilä- umsjahres. Viele Feste haben wir schon gefeiert: Am 8.12.2019 feierten wir in einer vollen Kirche einen festlichen Gottesdienst mit Bachkantate zum Auftakt unseres Jubiläumsjahres. Am 8.1.2020 erfreuten wir uns am Weihnachtslieder- singen an der Krippe in der Kirche mit dem Ensemble „Saitensprünge“ und unserer Kirchenmusikerin. Am 8.2.2020 hatten wir ein gigantisches Wiedersehen mit Ehemaligen aller Ausbildungsstätten – über 120 Menschen haben uns wohlgetan. Am 23.2.2020 erfreute uns ein „Flötenspektakel” „150 Jahre Frankfurter Diakonissenhaus“ – da gibt es mit sieben Querflötistinnen, und am 8.3. feierten viel zu erzählen über Menschen, die es in Geschichte wir ein großes Dankfest und mit zwei Diakonissen und Gegenwart geprägt haben und heute gestalten, 60. Einsegnungsjubiläum. über seine Arbeitsgebiete und seine vielfältigen Verbindungen. Zum 150. Jubiläum erscheint eine Nun sind wir durch Corona ausgebremst und zehren Festschrift, die wir am Festtag, dem 7. Juni 2020, von den Erinnerungen dieser schönen Feste, von verschenken wollten. denen wir auf jeden Fall im nächsten Mutterhausblatt Nun müssen wir unser Fest wahrscheinlich berichten werden. ganz klein halten. Wenn wir überhaupt feiern können. Diakonisse Heidi Steinmetz, Oberin Auch das Buch über die Stifterin des Nellinistifts Rose Livingston und ihre interessante Familie bieten wir unseren Freunden an. Ausgabe 482, Mai 2020 5
Kinderhaus Tragt in die Welt ein Licht Überraschende Besuche im Familiengottsdienst Am Lichtmess-Tag mit dem schönen Datum Kollekte wieder die „Stiftung Hoffnungsbrücke“, 02.02.2020 kamen viele Kinder und Familien, die (World Vision) unterstützen, speziell das Schulpro- meisten aus dem Kinderhaus, zum Familiengottes- jekt in Rukoma in Tansania. dienst in die Diakonissenkirche. Thema war das Licht, Eine ehemalige Kollegin aus dem Kinderhaus hat das von Weihnachten her allen Menschen leuchtet, mit ihrem Mann dort den Aufbau eines Schulgebäu- aber auch das Licht, das der Frühling bringt und Tiere des durch Eigenleistungen und Spenden finanziert. vom Winterschlaf aufweckt, so am Groundhog-Day Wir möchten sie darin unterstützen. Mit einem Teil das Murmeltier. Die Kindergartenkinder der „Frosch- wollen wir deine Anschaffung finanzieren und auch gruppe“ hatten ein kurzes Anspiel und einen Tanz die eines sehr interessanten Tieres, das heute noch vorbereitet. Pfr. Jeffrey Myers hatte zwei besondere erscheinen wird. Besucher zu begrüßen. Außer dem Hahn kam dann noch „Theo“, das Im Gottesdienst stellte sich im Dialog mit Pfarrer Murmeltier” zu Besuch, da jedes Jahr am 2. Feb- Myers unser neuer „Kinderhaus-Wetterhahn“ vor: ruar der Murmeltiertag stattfindet, und das war ja genau heute. Um eine Vorhersage über den weite- Hahn: KIKERIKI, hallo, darf ich mich vorstellen. Ich ren Verlauf des Winters treffen zu können, werden bin der „Neue“,der Nachfolger von Gustav, der mit mancherorts in den Vereinigten Staaten und Kanada Herrn Welsch nach Wiesbaden gezogen ist. Waldmurmeltiere zum ersten Mal im Jahr aus ihrem Da oben ist es ganz schön windig, darum bin ich so Bau gelockt. Wenn das Tier „seinen Schatten sieht“, zerzaust. Ich heiße übrigens Caruso, weil ich so schön das heißt, wenn die Sonne scheint, soll der Winter singen kann. noch weitere sechs Wochen dauern… Pfarrer: Schön, dass du da bist, von nun an kannst Nachdem wir am Ende das Lied „Tragt in die Welt nun du ja zu den Gottesdiensten, zu dem die Kinder aus ein Licht“ gesungen hatten, konnten alle Besucher dem Kinderhaus kommen, immer mal herunterflie- mit einer Kerze ein wenig Licht, und damit verbunden, gen. Wir freuen uns. zuversichtliche Gedanken mit nach Hause nehmen. Am Ende des Gottesdienstes kam eine Kollekte von Hahn: Ja, wenn es dafür ein paar Körner gibt und die über 400,00 € zusammen, die von einem anonymen Gemeinde sich auch freut und es am Ende ordentlich Spender sogar noch auf 500,00 € aufgestockt wurde, im Klingelbeutel klingelt. als hätte es der Hahn Caruso vorausgeahnt. Danke allen Gebern und Geberinnen! Pfarrer: Caruso, man darf nicht betteln. Kollekte geben ist freiwillig. Wir wollen heute mit der Claudia Brähler, Leiterin des Kinderhauses 6 Ausgabe 482, Mai 2020
Kinderhaus Mal was anderes: Obstbaumschnitt durch Pfarrer und Kinder Nachdem ein erster Termin zum Schneiden von wurde. Als drei der sechs Bäume kaum noch wieder- sechs kleinen Obstbäumen im Außenbereich des zuerkennen waren, weil von allem Wildwuchs befreit, Kinderhauses wegen Regens abgesagt worden war, da waren dann die Jacken der „Waldarbeiter“ durch- kamen Ende Februar Pfarrer Liermann und eine weicht, und man stellte die Arbeiten ein. „Abordnung“ der Hortgruppe dann doch im Regen zusammen! Im nächsten Jahr folgt Teil zwei des Projekts, nach- dem alle hoffentlich sehen konnten, dass es den Minori, Valentina, Liam und Mihail, begleitet von Bäumen nicht geschadet hat, gründlich getrimmt Frau „Karotte“ Blum, ließen sich von Pfarrer Liermann worden zu sein. in die Kunst des Bäumestutzens einführen. Pfarrer Alexander Liermann Pfarrer Liermann kommt erstens vom Land, wo seine Familie mehrere Baumstücke besitzt, und zweitens hatte er in seiner Landgemeinde Rodheim v.d.H. einst einen Obstbaumschnittlehrgang gemacht. Sehr schnell ging es dann zu Werke, und als Pfarrer Liermann sah, wie gut die Mädchen und Jungs mit den Sägen umgingen, gab er grünes Licht zum ener- gischen Arbeiten. Eine knappe Stunde lang sägten die Kinder um die Wette, und Pfarrer Liermann hatte seine Not, immer rechtzeitig neue Äste zu bestimmen, an denen weitergearbeitet Abschied von der Redaktion Liebe Leserinnen und Leser, nach vielen Jahren der Mitarbeit in der Redaktion des tigkeit und den Reichtum des Diakonissenlebens und Mutterhausblatts haben Schwester Elisabeth Breiten- der Arbeitsbereiche des Diakonissenhauses mit Tex- bach und ich am 31. Dezember 2019 diese Aufgabe ten und Fotos beschrieben und das Mutterhausblatt beendet. Schwester Elisabeth hat bei der Gestaltung für unsere Leser interessant und anregend gestaltet mitgewirkt, Bilder ausgewählt, auch Bildbetrachtun- haben. Wir danken denen, die uns durch Dank oder gen u.a. geschrieben. Ich habe 1976 von Schwester Kritik angeregt und ermutigt haben, und allen, die Margarethe Lachenmann, meiner Tante, die Schriftlei- mit einer Spende geantwortet haben. Bleiben Sie tung übernommen und 2009 an Herrn Pfarrer Welsch weiterhin mit dem Frankfurter Diakonissenhaus, sei- abgegeben und weiterhin Texte verfasst. Nun lese ich nen Schwestern und denen, die hier beruflich oder noch Korrektur und schreibe auf Wunsch Beiträge. ehrenamtlich arbeiten, verbunden durch Anteilnahme Die Arbeit für das Mutterhausblatt hat uns viel Freude und Fürbitte. Gott behüte und segne Sie! gemacht. Wir haben viel gelernt und viel Segen erlebt. Wir danken allen, die durch ihre Beiträge die Vielsei- Ihre Schwester Hanna Lachenmann Ausgabe 482, Mai 2020 7
Freiwilligenarbeit Engagier dich glücklich Mit diesem Slogan wirbt die Fachstelle „engagiert! Mitgestalten“ der Evangelischen Kirche in Kurhessen-Waldeck für das freiwillige Engagement. Wir haben von Seiten unserer Redaktion einige dieser Veränderungen ist neben dem traditionellen Fragen zu diesem Glücksbringer Ehrenamt an Ursula Begriff Ehrenamt auch die Etablierung der Begriffe Stegemann, Referentin für Freiwilliges Engagement Freiwilliges Engagement oder Bürgerschaftliches in der Diakonie Hessen, gestellt. Engagement. Sozialpolitische und gesellschaftliche Entwicklungen wie der demografische Wandel, die „Frau Stegemann, macht freiwilliges veränderten Familien- und Arbeitsstrukturen oder Engagement glücklich?“ die Integrationsbemühungen, haben die Formen und Bedingungen des Freiwilligen Engagements Ja, freiwilliges Engagement oder Ehrenamt macht beeinflusst. Veränderungen sind z.B. spürbar in den dann glücklich, wenn ich es gerne mache, mit dem Zugängen zu den Engagementfeldern oder der Dauer Herzen dabei bin und der Rahmen stimmt. Bestimmte des Einsatzes. Engagierte man sich früher eher der Faktoren müssen zusammenkommen, damit Men- Familientradition folgend in bestimmten Bereichen, schen nach getaner Arbeit zufrieden und froh nach so spricht man heute davon, dass die Interessenori- Hause gehen. entierung vor der Verbandsorientierung kommt. Das heißt, Menschen suchen sich Bereiche und Themen Was sind das für Faktoren, die zum aus, wo ihr Interesse liegt, für die ihr Herz schlägt. gelingenden Engagement gehören? Ein Teil der Freiwilligen engagiert sich lieber im zeit- lich begrenzten Rahmen. Sie arbeiten in Projekten, Trotz aller Individualisierungsprozesse wollen Men- deren Ende absehbar ist, da sie sich berufsbedingt schen dazu gehören, sie wollen Teil von etwas sein. nicht langfristig festlegen können oder Verschiede- Die Motivation, warum Menschen sich für andere nes ausprobieren wollen. Auch das einmalige Enga- engagieren, sind ganz unterschiedlich, tendieren aber gement nimmt in den letzten Jahren immer mehr zu. oftmals genau in diese Richtung. Viele wollen mit anderen etwas gemeinsam machen, Spaß haben und Betreffen diese Veränderungen nur die neue Leute kennenlernen. Aber auch der Gedanke Freiwilligen selbst, oder hat sich auch „ich kann mit meinem Engagement die Gesellschaft etwas in den Einrichtungen der Diakonie mitgestalten“ spornt viele an. Die meisten suchen oder der Kirche geändert? eine sinnvolle Tätigkeit, die sich gut ins Leben und in den Alltag integrieren lässt. Andere haben den Ja sicher, auch die Organisationen müssen sich die- Wunsch, im Ehrenamt Neues zu lernen und sich sen Veränderungen anpassen, damit sie weiterhin weiterzubilden. Das bedeutet also, das Engagement Freiwillige gewinnen und auch halten können. Die muss zu den Menschen passen. Rahmenbedingungen für das freiwillige Engagement wurden in den letzten Jahren von vielen Einrichtun- Hat sich da in den letzten Jahren etwas gen stetig weiterentwickelt und verbessert. Dazu geändert? gehören eine gute Einführung und Begleitung der Freiwilligen genauso wie der Versicherungsschutz, Die gesellschaftlichen Veränderungen betreffen die Einhaltung des Datenschutzes und die Erstattung auch das Engagement der Menschen. Ein Ausdruck entstandener Auslagen. Wenn notwendig, wird den 8 Ausgabe 482, Mai 2020
Freiwilligenarbeit Aufgeschnappt Engagierten ein Angebot für Fortbildung und Qua- Zeitgewinn durch eine lifizierung gemacht. Ein ganz wichtiger Aspekt ist Stunde weniger am Tag? die Anerkennungskultur, denn die Menschen wollen gesehen werden. Ihr Wissen, ihre Erfahrungen und Fähigkeiten, ihre Mühen und die Zeit, die sie ein- Die Frage – Was würden Sie tun mit einer bringen, müssen eine Würdigung erfahren. Diese Stunde mehr am Tag? – lässt sich sicherlich Anerkennungskultur ist in ihrer Ausgestaltung ganz leicht beantworten: länger schlafen, Sport unterschiedlich, sie sollte zur Einrichtung und den machen, ein Buch lesen, eine Freundin dort arbeitenden Menschen passen. besuchen, etwas Neues ausprobieren und so weiter und so fort. Das hört sich ja nun sehr glücksbringend an, ist das immer so? Gibt es keine Probleme? Aber mit einer Stunde weniger am Tag – wie bei der erfolgten Zeitumstellung zur Sommer- Natürlich gibt es auch Probleme, da wo Menschen zeit vor einigen Wochen? zusammen arbeiten, menschelt es. Ärger und Kon- flikte gehören im freiwilligen Engagement genauso Auf eine Stunde vergeudeter Zeit durch dazu wie immer im Leben. Sei es, dass die Chemie Sorgen und Seufzen, Angst und Ärger, Neid nicht stimmt, Menschen mit ihrer Aufgabe über- oder und Nichtigkeiten – gerade in Zeiten des unterfordert sind, sie unzuverlässig werden oder die Corona-Virus – könnte man gut verzichten. Einrichtungen andere oder zu große Erwartungen Also alle negativen Gedanken für den Tag in an die Freiwilligen haben. Es gibt noch viele Gründe die eine zu „verlierende“ Stunde packen und mehr, wichtig ist es jedoch, dass diese Störfaktoren verabschieden. gesehen, benannt und besprochen werden, und wenn das Helfen nicht mehr gut tut, ist es auch gut Vielleicht ist es genau das, was wir mit geist- sich zu trennen. lichem Leben tun! Wir verarbeiten Seufzen, Angst, Ärger, Neid Frau Stegemann, wollen Sie uns noch etwas und irrige Wünsche in Gebet und Gesang und mit auf den Weg geben? verabschieden sie für diesen Tag in Richtung Himmel. Was für manche Zeitgenossen ver- „Es läuft auch so“, funktioniert nicht. Die Einrichtun- lorene Zeit ist, das ist für uns ein Freiwerden gen und Organisationen, die ich berate, versuche ich von Belastendem. Es „kostet“ vielleicht eine dafür zu gewinnen, eine gute Freiwilligenkoordination Stunde am Tag zum Glockengeläut ein Gebet zu etablieren. Es braucht eine Person, die zuständig zu sprechen, an einer Andacht teilzunehmen, ist für die Engagementförderung, und gute Rahmen- ein Stück Bibel zu lesen oder ein, zwei Lieder bedingungen, um Freiwillige zu gewinnen und zu zu singen, aber genau das bedeutet einen halten. Im Notfall, wie z.B. bei Flutkatastrophen oder Zeitgewinn an unbesorgtem Dasein! in der Flüchtlingsbetreuung 2015, erklären sich viele ganz schnell bereit, etwas zu tun und zuzupacken. In den Wochen, die hinter uns liegen, hat Das ist toll und zeichnet unseren gesellschaftlichen uns Corona das gelehrt: Die Sorge geht im Zusammenhalt aus. Aber auf Dauer braucht es die Leben immer mit. Aber sie darf unser Leben eben benannte Engagementförderung, damit im nicht ständig überschatten. Dagegen hilft die Engagement die Freiwilligen und die Einrichtungen eine entscheidende Stunde weniger: Unser glücklich werden. geistliches Innehalten. Ursula Stegemann Vorsitzende des Kuratoriums Pfarrer Myers/ Pfarrer Liermann Ausgabe 482, Mai 2020 9
Ehrfahrungsbericht: Freiwillig leiten Diakonissen: Freiwillig anders 2015 wurde ich gefragt, ob ich mich im Kuratorium So ein Abschluss lädt ein, ehrlich zu hinterfragen: des Frankfurter Diakonissenhauses engagieren Konnte ich mich in der Weise einbringen, wie ich es mir möchte. Da ich viel Unterstützung erfahren habe bei erhofft habe? Wurde ich gehört? Was nehme ich mit? den Arbeiten im Archiv im Rahmen meiner Disserta- Abschließend kann ich sagen: Ich habe großen tion und in den Interviews mit den Diakonissen, habe Respekt vor der Lebensleistung der Diakonissen und ich zugesagt und wurde in der Mitgliederversamm- werde auch weiterhin mit den Schwestern verbunden lung für vier Jahre gewählt. bleiben. In einer Umfrage war das Bild des „alten Baumes mit neuen Ästen“ ein Hoffnungsbild, das die Heute denke ich: Es waren ein Stück Dankbar- Diakonissen für die Zukunft benannt haben. keit und Interesse, die mich in dieses Ehrenamt gebracht haben. Für mich war die Zeit im Kurato- Ich wünsche dem Frankfurter Diakonissenhaus, rium interessant und gleichzeitig aufreibend. So dass sich dieses Hoffnungsbild weiter ausgestaltet finde ich es gut, dass freiwilliges Engagement und konkretisiert. zeitlich befristet ist und auch zu Ende gehen darf. Dr. Rose Schließmann An jedem Sonntag freut sich Frau B. auf den Kirche den Gottesdienst zu erle- Gottesdienst. Eine Ehrenamtliche, Frau Jeschonneck, ben und Segen, Trost und Hoff- wird sie wie immer mit dem Rollstuhl in die Diako- nung für ihre letzte Lebenszeit nissenkirche fahren. Schon ist sie da, hilft ihr beim mitzunehmen? Anziehen einer Jacke, dann geht’s durch den Garten zur Kirche. Die erste Reihe ist für Rollstühle reser- Wir suchen freiwillige Helfer und viert. Gleich geht sie zurück ins Nellinistift; dort Helferinnen, die einmal im Monat wartet schon die nächste Gottesdienstbesucherin oder öfter regelmäßig diesen auf sie. schönen wichtigen Dienst tun. Sie werden selbst erfahren, dass Auch ein weiterer Ehrenamtlicher, Herr Steinbeißer, er Freude macht. ist mit einer Rollstuhlfahrerin unterwegs, im Flur wartet schon Herr K. auf ihn. Wenn Sie Freude am Mitmachen haben, wenden Sie sich bitte Wer ist bereit, alten hilfsbedürftigen Menschen zu an Pfr. Alexander Liermann ermöglichen, mit der Gemeinde in unserer schönen (alexander.liermann@diakonisse.de). 10 Ausgabe 482, Mai 2020
Freiwilligenarbeit in der USA Im Zentrum der amerikanischen Werte und Kirchen liegt der „volunteer spirit“ Die beständigste und wichtigste Frage im Leben lautet: Was tust du für andere? Martin Luther King, Jr. Vor zwei Jahren haben meine Frau und ich als Teil Kirche, sondern auch in zahlreichen einer Delegation deutscher und schweizerischer Vereinen und Gruppen und karitativen Organisa- Pfarrer und Pfarrerinnen Kirchen und diakonische tionen wie Rotary and Lions Club, World Vision Einrichtungen in der US-amerikanischen Großstadt und Habitat for Humanity. Viele dieser weltweiten Chicago besucht. An einem der Sonntage waren wir Organisationen sind in den USA entstanden. Ob in der prominenten Trinity Church in South Side zu durch einen fehlenden Staatsapparat oder durch Gast, wo der ehemalige US-Präsident Obama und das Selbstverständnis der Christen – oder höchst- dessen Familie Mitglieder waren. Im Gottesdienst wahrscheinlich eine Mischung aus beidem – wächst wurden nicht nur die neuen Mitglieder der Gemeinde und gedeiht freiwilliges Engagement sowie die Ent- vorgestellt, sondern – und das mit einer gewissen stehung neuer karitativer Gruppen seit eh und je in Selbstverständlichkeit – auch die jeweiligen Aufga- der Neuen Welt. ben, die ihnen von der Gemeinde übertragen wurden. Dazu bekam jedes neue Gemeindeglied einen Mentor, Wo der Staat oder die Stadt nicht genug für in Not der sie oder ihn begleiten und helfen sollte, in der geratene Menschen tut, müssen die Kirchen wie Gemeinde Fuß zu fassen und die eigenen Gaben andere karitative Organisationen antreten. An der zu entfalten. Basis fühlen sich deshalb die Menschen verpflichtet zu handeln: eine Suppenküche zu organisieren oder Freilich ist nicht jede Gemeinde in der Lage, sich Schulmaterialien für die Kinder in Gegenden mit nied- so fürsorglich um neue Gemeindeglieder, die frisch rigen Einkommen zu sammeln oder einen Besuchs- Konfirmierten oder ehrenamtlich Mitarbeitende zu dienst im naheliegenden Altenheim zu organisieren. kümmern. Doch das ehrenamtliche Engagement, Unter den Millionen Ehrenamtlichen in den USA der „volunteer spirit“, gehört eben für unzählige engagiert sich etwa ein Drittel in der Kirche. Und die Menschen zum Christsein – oder zur Mitgliedschaft in Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement steigt. einer christlichen Kirche. Dementsprechend wird man Laut der jüngsten Umfrage leisteten US-Amerikaner überall und insbesondere in der Kirche eingeladen, im vergangenen Jahr 6.9 Milliarden Stunden ehren- sich zu engagieren und seine Talente einzubringen. amtliche Arbeit mit einem wirtschaftlichen Wert von ca. $167 Milliarden. Einerseits lässt sich das große freiwillige Engagement durch die gewachsenen politischen und kirchlichen Gerade in der Reformierten Kirche in den USA, der Strukturen in den USA erklären. Denn angesichts der ich selbst angehöre, wird das diakonische Enga- Abwesenheit eines durch Steuern finanzierten sozia- gement hoch gehalten. Dies geht zum Teil auf das len Netzes, wie man es in Deutschland und anderen Amtsverständnis des Reformators Johannes Calvin Ländern Europas kennt, ergab sich von Anfang an zurück, der das Diakonenamt als eines der vier Ämter in den freiheitsliebenden Vereinigten Staaten die in der christlichen Gemeinde ansah und hochhielt. Notwendigkeit eines starken ehrenamtlichen Enga- Eine meiner Schwägerinnen beispielsweise engagiert gements sowie einer großen freiwilligen Spenden- sich ehrenamtlich als „Diakonin“ in ihrer presbyteria- bereitschaft. nischen Gemeinde. Während der Woche ist sie immer wieder unterwegs, um Familien, die eine Geburt oder Natürlich engagieren sich die US-Amerikaner – so einen Schicksalsschlag erlebt haben, ein warmes wie in Deutschland und anderswo – nicht nur in der Essen zu bringen und sich nach ihrem Wohlergehen Ausgabe 482, Mai 2020 11
zu erkundigen. „Freut euch mit den Fröhlichen, weint Ausbildung und beruflichen Standards hierzulande mit den Weinenden“ (Röm. 12,15). untermauert jene Professionalität. Gemeindeglieder zahlen Kirchensteuer, dadurch wird viel soziales Wo eine Förderung durch Kirchensteuermittel Engagement den „Profis“ anvertraut, sei es in der fehlt, müssen Gemeinden nicht selten selbst eine Arbeit mit Obdachlosen oder Flüchtlingen oder bei neue Orgel finanzieren oder die Reparatur eines den Themenfeldern Arbeitslosigkeit oder Altersarmut. Gemeindehausdachs in die Hand nehmen. Gerade dadurch fühlen sich zahlreiche Menschen mit ihrer Übertragbar für die Kirchen diesseits des Atlantiks Kirche – als Gebäude wie als Gemeinschaft – eng könnte ein stärkeres Ansprechen der einzelnen verbunden. Und dadurch, dass man sich gebraucht Menschen sein. Wie oft wird die Bereitschaft anderer fühlt und dann selbst entscheidet, wieviel man an unterschätzt, sich zu engagieren. Dabei kann die Zeit, Talenten und Geld geben möchte und wohin Kirche vor Ort eine wichtige Rolle spielen, wenn es das alles fließt, gehört freiwillige Arbeit zum Herzen darum geht, Menschen zu helfen, ihre einzigartigen einer jeden Kirchengemeinde. Gaben und Talente wahrzunehmen und einzusetzen und dadurch Teil einer sinngebenden Gemeinschaft zu In Deutschland – und dies hat viele Vorteile – ist werden – wie zum Beispiel am Diakonissenhaus und das diakonische Engagement zum großen Teil pro- an der Diakonissenkirche! fessionalisiert. Die starke Betonung von Bildung, Pfarrer Jeffrey Myers Haupt- und ehrenamtlich in der Gemeinde Danken gelernt beim Helfen Meine Frau und ich gehören schon seit 23 Jahren Aus dem Besuchsdienst im Krankenhaus haben wir zu den Ehrenamtlichen im Diakonissenhaus. Ein Erfahrungen mit alten und gebrechlichen Menschen befreundetes Ehepaar hat uns eingeladen, im Diako- gemacht. Sie sind dankbar, wenn man sich mit ihnen nissenkrankenhaus in der Gruppe der Evangelischen beschäftigt, ihnen zuhört und ein freundliches Wort Krankenhaus- und Altenheimhilfe, den sog. Grünen für sie hat. Ein unvergessenes Erlebnis war für mich Damen und Herren, mitzumachen. ein Besuch bei einem schwerkranken Mann. Seine Frau bat mich, bei ihm zu bleiben, während sie etwas Mittwochs waren wir vormittags im Besuchsdienst erledigen musste. Während ihrer Abwesenheit ist der tätig, nachmittags haben wir im Nellinistift im Stifts- Mann gestorben. Die Frau war sehr dankbar, dass er café geholfen. Nachdem die Geriatrie, die letzte nicht allein sterben musste, und auch dafür, dass sie Abteilung des Krankenhauses, ins Markuskranken- nicht allein am Totenbett stehen musste und mit mir haus umgezogen ist, wirken wir dort beim wöchent- sprechen konnte. lichen Erzählcafé mit. Wir haben durch unseren Dienst an alten und kran- Beim wöchentlichen Stiftscafé im Nellinistift gibt es ken Menschen gelernt, dankbar zu sein für unsere vielerlei zu tun: Wir decken die Tische, kochen Kaffee, Gesundheit. Kraft dazu gibt uns der christliche holen und bedienen die Gäste; manche brauchen Glaube, der uns zeigt, dass in den kranken und Hilfe beim Essen. Dann wird gesungen und etwas schwachen Menschen Jesus nahe ist: „Ich bin krank Unterhaltsames vorgelesen. Die Heimbewohnerinnen gewesen, und ihr habt mich besucht. Was ihr getan und Heimbewohner freuen sich auf diese Stunde im habt einem unter meinen geringsten Brüdern, das schön geschmückten Raum in fröhlicher Runde. Dann habt ihr mir getan.“ bringen wir sie wieder in ihr Zimmer. Irma und Walter Michel 12 Ausgabe 482, Mai 2020
Haupt- und ehrenamtlich in der Gemeinde »Eines jeden Wege liegen offen vor dem Herrn, und er hat acht auf aller Menschen Gänge.« (Sprüche 7,21) In seinem 1. Brief an die Korinther schrieb Paulus: bastelten, sangen, spielten, und so manches Kinder- „Über die Gaben des Geistes aber will ich euch, gottesdienst-Element floss mit ein. Bald kamen rund Brüder und Schwestern, nicht in Unwissenheit 15 Jungs. Als sie etwa 9 Jahre alt waren und nur lassen. … Es sind verschiedene Gaben; aber es ist noch Fußball spielen wollten, von dem ich kaum eine ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber Ahnung hatte, gab ich die Jungs ab und stieg ins es ist ein Herr.“ Team der Mädchenjungschar mit ein. Im Laufe der Jahre waren es auch für mich ver- schiedene Ämter: hauptamtlich über 20 Jahre Nach meiner Bevollmächtigung zur Prädikantin ver- Gemeindesekretärin und sehr unterschiedlich auch schoben sich allmählich meine Schwerpunkte. Die ehrenamtlich. Als nach meinem Renteneintritt Kir- Kinderarbeit trat zwar immer mehr in den Hinter- chenvorstandswahlen stattfanden, konnte ich zwölf grund; doch als Märchentante war ich noch dabei. Jahre lang das Gemeindeleben auch von der anderen Nach unserem Umzug 2012 war ich als „Oma Elke“ Seite kennen lernen. auch hier im Kinderhaus noch etwa vier Jahre tätig und brauchte dazu nur mit dem Aufzug ein paar Mein Ehrenamt begann mit dem Kindergottesdienst, Stockwerke tiefer zu fahren. Mit den „Wackelzähnen“ zu dem unsere Tochter Sabine gehörte. Etwas später entstanden die lustigsten Geschichten. Die Kinder besuchte sie als angehende Erzieherin die Fachschule zogen aus einem Körbchen vier unterschiedliche im Diakonissenhaus. Heidi Steinmetz, damals noch Begriffe, die aber nie richtig zusammen passten... keine Diakonisse, war in ihrer Parallelklasse; und ich lernte als Elternvertreterin einige Diakonissen Weil »alles seine Zeit hat«, wie es schon der Prediger kennen. In diese Zeit fiel auch meine Lektorenaus- schrieb, beendete ich in meiner „alten“ Gemeinde bildung. meine Kirchenvorstandsarbeit am Ende der Legisla- Mitte der 90er Jahre wurde eine Prädikanten-Aus- turperiode, meldete mich 2015 in der Diakonissenge- bildung angeboten, an der auch Schwester Gerda meinde an und war hier zwei Jahre Teil des Kirchen- Brügelmann teilnahm. Die Liebe zur Verkündigung vorstands. Zum 1. Januar 2019 wurde die Auflösung wurde bei all meinen ehrenamtlichen Aufgaben zum der »Evangelisch-Lutherischen Gemeinde des Frank- Schwerpunkt. Hier bin ich nach wie vor mit Leib und furter Diakonissenhauses« nach der Gemeindeord- Seele dabei, leite immer wieder Wochenschluss- nung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau andachten und wirke in vielen Gottesdiensten mit. beschlossen. Neben manchem, was meiner Arbeit im Außerdem unterstütze ich das Pfarrbüro des Diako- Gemeindebüro entsprach, ist die gottesdienstliche nissenhauses bei der Gestaltung von Plakaten, Hand- Mitarbeit für mich sehr wichtig. Während meiner zetteln und Plänen aller Art. Ich habe ja reichliche Prädikantenarbeit war ich in einigen Frankfurter Vorerfahrungen als Gemeindesekretärin. Gemeinden unterwegs und musste mich immer wie- der auf eine andere Liturgie vorbereiten. Diese Viel- In meiner Heimatgemeinde (Frankfurter Vorort) gab falt war sehr interessant und spannend. Das ist auch es damals eine rege Kinder- und Jugendarbeit. Die ein Grund dafür, dass ich keine große Mühe hatte, Mädchen trafen sich bereits ab 6, die Buben aber mich in der besonderen lutherischen Liturgie des Dia- erst ab 10 Jahren. Das fand ich ungerecht und konissenhauses mit ihren gregorianischen Gesängen beschloss, nach Rücksprache mit dem Pfarrer, dies zurechtzufinden. Im Gegenteil: ich bin hier richtig hei- zu ändern. Als Mutter zweier Mädchen waren mir misch geworden und hoffe, dass es mir vergönnt sein Jungs zwar fremd, aber ich dachte: Kind ist Kind, wird, noch möglichst lange mitarbeiten zu können. und legte voller Begeisterung und Freude los. Wir Elke Mathesius Ausgabe 482, Mai 2020 13
Ehrenamt Mitmachen und dazu gehören Ein Gesprächsbericht Seit 6 Jahren wird das Waffelcafé des Diakonissen- hauses von Ehrenamtlichen geführt. Am letzten Samstag im Monat öffnet es seine Türen und wird zum Treffpunkt ganz unterschiedlicher Menschen aus dem Holzhausenviertel und dem „Reich des Diakonissenhauses“. Jetzt sind die Gäste gegangen, ich sitze mit drei der aktivsten freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Diakonissenhauses zusammen. Das sind Jens Lange, der die personelle Mitte des Cafés ist, Eva Benedek, die heute zum ersten Mal dabei war, und Carmen Reinhardt. Sie kam heute extra zu diesem Gespräch. Alle drei sind Ehren- amtliche mit persönlicher diakonischer Geschichte. Jens Lange ist Diakon und kommt ursprünglich aus Thüringen, Eva Benedek hat sich nach 5 Jahren als Frau Reinhardt und Frau Benedek ergänzen, dass Probeschwester doch dagegen entschieden Diako- es auch für den für die Gottesdienstkultur so wich- nisse zu werden, und Carmen Reinhardt war sogar tigen Chor schwer ist, verlässliche Sängerinnen eingesegnete Diakonisse, hat die Gemeinschaft aber zu finden, die den Diakonissen eine Verstärkung nach mehr als 10 Jahren verlassen. Beide haben wären. „Ich will mich ja selbst auch mal in meiner nach langer Pause den Weg zurück in die Nähe des Wohnortgemeinde im Gottesdienst blicken lassen…“ Hauses gefunden. Carmen Reinhardt nimmt längst sagt Frau Reinhardt „…Ja und ich bin ja auch Prä- wieder Aufgaben als Prädikantin, Lektorin und als dikantin und hab´ immer mal Dienst woanders.“ Stimme im Diakonissenchor war. Eva Benedek singt Nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu: „Aber das im Chor und wirkt bei verschiedenen Diensten im Psalmensingen, das ist mir ungeheuer wichtig. Das Gottesdienst mit. bedeutet mir ganz viel. Geistlich richtig aufgehoben bin ich eigentlich nur in dieser Liturgie“. Frau Rein- „Das Waffelcafé ist als einziges Arbeitsfeld tat- hardt und Frau Benedek schauen sich an. „Diese sächlich von den Schwestern auf uns Ehrenamt- Jahre unter den Diakonissen, die sind bis heute liche übergegangen“ beginnt Jens Lange unser prägend für uns. Manchmal werden wir gefragt: Hört Gespräch. „Es gab eine ganze Reihe Versuche, das das denn nie auf mit Euch und den Diakonissen?“ auf anderen Feldern auch zu schaffen, aber aus verschiedenen Gründen ging das nicht gut. Nicht Es scheint so, als würde es nicht aufhören mit der beim Kirchendienst und nicht bei der Hostienberei- Nähe zum Diakonissenhaus – zumindest solange tung. Und beim Gartendienst auch nicht wirklich. die Schwestern leben. Vor einem Jahr haben die Beim Hostienbacken hing es auch an der techni- drei einen Bibelkreis gegründet, zu dem auch zwei schen Umsetzung: Den Teig hinzubekommen, das Schwestern gehören. Einmal im Monat treffen sie ist schon eine Kunst. Wir hatten 80 % Ausschuss“. sich, um sich geistlich auszutauschen. Ausgabe 482, Mai 2020 14
Ehrenamt „Aber sagt mal: Wie ist das denn in der Zusammenar- ungewissen Zukunft steht. „Wir sehen uns diesem beit mit den Ehrenamtlichen, die nicht kirchlich sind, Haus ganz stark verbunden. Aber wir haben kein die aus ganz anderen Gründen dabei sind? Gibt´s da Zeichen dafür, können das nach außen nicht sicht- Schwierigkeiten?“ bar machen“, sagen Eva und Carmen. „Wir sind fast Frau Benedek winkt ab: „Also, ich war ja heute zum überall aktiv hier, aber ich kann, wenn ich gefragt ersten Mal hier, aber ich kann schon sagen: Das ist werde, wer ich im Diakonissenhaus bin, nichts schon diakonisch hier. Alle unterstützen sich gegen- sagen“. Es liegt die Frage in der Luft, ob es nicht seitig, ich bin sehr freundlich von allen in die Arbeit eine neue zeitgemäße Form einer Gemeinschaft in eingeführt worden. Sehr herzlich hier und partner- der Tradition des Diakonissenhauses geben könne. schaftlich. Auf den Jens richten sich alle aus, und „Was macht denn für Sie die Zugehörigkeit zu einer das passt!“ >Diakonischen Gemeinschaft< eigentlich aus?“ will ich wissen. Die Antwort lässt nicht auf sich warten: Jens sagt etwas zu seiner Motivation für das Waffel- „Sich der geistlichen Gemeinschaft zugehörig fühlen café. Er sei ja Thüringer, aber weil seine eigentliche und ehrenamtlich mitzuwirken – nach seinen jeweili- Heimat so weit weg ist und er sich nicht nur als Flug- gen Gaben“, antwortet Carmen. Sollte man hier von begleiter versteht, sondern eben auch als Diakon, ist Verpflichtung reden, frage ich. „Nein, es geht mehr er hier so aktiv. „Schwester Marlis hat mir vor Jahren um Verbindlichkeit als um Verpflichtung“, ist die die Tür zum Haus geöffnet. Und das Waffelcafé ist Antwort. Es taucht die Idee auf, ob nicht vielleicht ein Ort der Begegnung für ganz unterschiedliche die Oblaten-Kongregationen der katholischen Kirche Menschen. Das tut mir gut, und es ist mir wichtig, ein Anregung sein könnten – „Weltliche“, also Unge- dass wir so einen Ort gerade hier möglich machen!“ weihte, die ein Leben im Geiste eines Ordens führen. Eva hört interessiert zu und ist noch sichtlich begeis- Doch auch hier ist das Diakonissenhaus ohne Dia- tert von ihrem ersten Besuch im Café. Die Gegenwart konissen kein schöner Gedanke. „Wer braucht das der Schwestern ist auch hier im Waffelcafé wichtig. Diakonissenhaus als das was es ist? Heute, in naher „Das Wichtigste für mich sind die Schwestern. Es Zukunft? Und wenn ja, passt das zu uns?“, das hat mir heute so gut getan, mich endlich mal wie- scheint zur gegenwärtigen Leitfrage zu werden. Bei der mit Schwester Hanna Lachenmann unterhalten der Antwort auf diese Frage sind sich alle schnell zu haben“ sagt Eva. Carmen erzählt davon, wie das einig: „Auf jeden Fall wird das Diakonissenhaus Tragen der Tracht für Vertrauenswürdigkeit sorgt: gebraucht! Viele Pfarrer wissen das, die Pilger- und „Ich trug noch keine Tracht und war mit Diakonis- Gästearbeit zeigt das, die Belegung des Gäste- und sen in Tracht unterwegs. In einem Bahnhof wollte Tagungshaues und nicht zuletzt das Waffelcafé!“ Für einmal eine Gruppe fremder Frauen wissen, wo diese drei steht das Diakonissenhaus eher vor einem die Toiletten seien. Ich kam gerade von dort und neuen Anfang als am Ende von etwas Altem. sagte es ihnen. Aber die Frauen setzten sich erst in Bewegung, nachdem eine Diakonisse meine Angaben Das Interview führte Pfarrer Alexander Liermann bestätigt hatte!“ Jens weiß zu bestätigen, dass eine Uniform allein schon etwas ausmacht. Wenn er in der Lufthansa-Uniform zum Dienst fährt, hat er oft schon vier bis fünf Gespräche mit Flugreisenden geführt, die überhaupt nicht mit ihm an Bord gehen. Die Uni- form zieht Menschen an. Aber hier im Diakonissenhaus geht es um mehr als die Tracht. Es geht um eine geistliche Gemeinschaft, die eine große kirchen- und gesellschaftsprägende Vergangenheit hat, und die nun vor einer noch Ausgabe 482, Mai 2020 15
Heimgegangen Diakonisse Elfriede Schmidt geboren am ren, dass unser Herr Jesus mich nie allein ließ. 3. August 1931 in Eine große Hilfe und Stärkung war mir die klare Wort- Frankfurt a.M., verkündigung und unsere schwesterliche Gemein- gestorben am schaft auf der Station.“ In ihr reifte der Entschluss, 8. Januar 2020 in Gott als Diakonisse zu dienen. Im März 1954 trat Frankfurt a.M. sie in die Schwesterngemeinschaft des Diakonissen- mutterhauses ein. Schwester Elfriede war ein Frankfurter Kind. Gern Nach dem Kennenlernen verschiedener Arbeitsge- hat sie erzählt, wie sie die biete lernte Schwester Elfriede die Krankenpflege und Stadt erlebt hat beim Ein- legte im März 1956 das Examen ab. Nach verschiede- kauf auf der Schirn, dem Markt auf dem Römerplatz nen Arbeitseinsätzen und der Diakonissenausbildung oder mit ihrem Großvater bei Pferderennen auf der in Diakonischen Kursen wurde sie im November 1963 Rennbahn. Mit Gedichten und Geschichten, oft in eingesegnet. Ihr Einsegnungswort hat Schwester Frankfurter Mundart, hat sie die Schwestern erfreut. Elfriede auf ihrem Lebensweg begleitet und ihr Halt und Kraft gegeben: Schwester Elfriede wuchs in Frankfurt-Niederrad auf; mit ihrer jüngeren Schwester verband sie zeitlebens ein herzliches Verhältnis. Nach Schulabschluss und Auf alle Gottesverheißungen ist in Jesus Konfirmation im März 1946 war sie zwei Jahre lang Christus das Ja; darum sprechen wir auch in der Niederräder Pfarrfamilie Rau als Haushalts- durch ihn das Amen, Gott zur Ehre. hilfe tätig, eine segensreiche Zeit, von der sie gern 2. Korinther 1,20 erzählte. Sie ging in den Mädchenkreis, besuchte alte und kranke Menschen in der Gemeinde und half im Kindergarten. Dabei zeigte sich ihre Begabung In den nächsten Jahren hat Schwester Elfriede an für den Umgang mit Kindern; das Pfarrersehepaar verschiedenen Orten als Kinderschwester oder als Rau empfahl ihr den Beruf der Kindergärtnerin. Gemeindeschwester gearbeitet. Dann bekam sie die So besuchte sie ab April 1948 den einjährigen Aufgabe, die Haushaltslehrlinge in ihrer Ausbildung Wissenschaftlichen Vorkurs des Kindergärtnerin- und im Internat zu begleiten. Sie war zuständig für nenseminars und konnte danach die Ausbildung als ihre Arbeitseinsätze und Berichte und gestaltete mit Kindergärtnerin und Hortnerin beginnen. ihnen die Freizeit. Sie hat sie ermutigt und gefördert und ihnen in schwierigen Situationen geholfen. Noch Nach bestandenem Examen war ihr erster Arbeits- einmal wurde sie in die Gemeindekrankenpflege platz der Kindergarten in Fronhausen/Lahn. Hier gerufen. Ihre letzte Aufgabe war die Begleitung lernte sie die Vielfalt der Gemeindearbeit kennen, und Pflege der alten Schwestern im Mutterhaus, zu der neben der Kranken- und Altenpflege die zusammen mit anderen Schwestern und Mitarbei- Leitung von Jugend- und Frauengruppen und der terinnen, ein Dienst, der ihr viel Freude machte. Kindergottesdienst gehörte. Sie fragte sich, woher man die Kraft für diesen Dienst bekommen könnte. Was Schwester Elfriede ausmachte, war ihre Bereit- Später schrieb sie in ihrem Lebenslauf: „Jetzt schaft, sich immer wieder auf den Weg in ein neues lernte ich so recht verstehen, was das Wort Jesu Arbeitsfeld zu machen und dort ihre Gaben und Erfah- bedeutet ‘Ohne mich könnt ihr nichts tun‘. Ich rungen einzubringen. Mit einer gewissen Heiterkeit lernte, dass wir jeden Tag neu um Kraft und ging sie durchs Leben. Mit ihrer Freundlichkeit und Freudigkeit bitten müssen, und ich durfte erfah- Fröhlichkeit hat sie vielen Menschen wohlgetan. Im 16 Ausgabe 482, Mai 2020
Heimgegangen Feierabend war es ihr ein Anliegen, ihre Mitschwes- eigenen körperlichen Beschwerden hat Schwester tern im Nellinistift zu besuchen, besonders Schwester Elfriede ohne Klagen ertragen. Nun hat Gott sie Gertrude König, mit der sie einen Bibelkurs besucht heimgerufen in die himmlische Heimatstadt. hatte. Gern hat sie mit ihr vertraute Lieder gesungen und sie dadurch getröstet in ihrer Schwachheit. Ihre Diakonisse Hanna Lachenmann Diakonisse Gertrude König geboren am Das Krankenhaus wurde ihr Arbeitsgebiet, wo sie 7. April 1935 in bald Verantwortung in der Anleitung von Schülerin- Wissenbach/Dillkreis, nen und Schülern übernahm. Nach dem Besuch der gestorben am Schwesternhochschule konnte sie ihr Wissen und 5. November 2019 ihre Erfahrung im Unterricht in der Krankenpflege- in Frankfurt a.M. schule, in der Krankenpflegehilfeschule und in der Altenpflegeschule weitergeben. Nach einer Weiter- Schwester Gertrude wuchs bildung als Pflegedienstleiterin übernahm sie 1973 mit zwei Geschwistern in die Pflegedienstleitung im Diakonissenkrankenhaus. Haiger in einem frommen Elternhaus auf. Begegnun- Ein Jahr Mitarbeit in der Pflegedienstleitung des gen mit Schwestern des Frankfurter Diakonissenhau- evangelischen Krankenhauses in Mettmann brachte ses, die dort in der Gemeinde und im Krankenhaus ihr neue Erfahrungen. Von 1984 bis 1993 war sie tätig waren, weckten in ihr schon mit zwölf Jahren Pflegedienstleiterin des Altenpflegeheims Johannes- den Wunsch, Diakonisse zu werden. stift in Gießen, das damals erweitert und moderni- siert wurde. Dann übernahm sie die Leitung eines Nach dem Schulabschluss arbeitete sie als Helferin im Bereichs im Nellinistift. Haigerer Krankenhaus. Zur Ausbildung als Kranken- schwester kam sie in die Krankenpflegeschule des In ihrem Bericht zum 50. Einsegnungsjubiläum Frankfurter Diakonissenhauses im Markuskranken- schrieb sie: „Ein besonderes Anliegen waren mir haus, wo sie 1955 das Krankenpflegeexamen ablegte. die Schwerkranken und die Sterbenden mit ihren Angehörigen. Ebenso wichtig waren mir auch die 1956 folgte sie dem Ruf in die Diakonissengemein- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir waren drei schaft, den sie schon als Kind gespürt hatte. Nach Diakonissen in der Leitung der Wohnbereiche, verschiedenen Einsätzen in Gemeinden und im 1956 die sich gegenseitig unterstützt haben mitsamt den wieder eröffneten Diakonissenkrankenhaus und Kur- Mitarbeiterinnen. Viel Freude bereitete mir die Aus- sen zur Ausbildung als Diakonisse wurde Schwester gestaltung von Festen und Feiern.“ Gertrude 1964 eingesegnet. Ihr Einsegnungswort: Im Feierabend hat Schwester Gertrude trotz manchen Ich will dich unterweisen und dir den Weg körperlichen Beschwerden kleine Dienste im Nellini- zeigen, den du gehen sollst; stift übernommen. Nach einem Schlaganfall wurde ich will dich mit meinen Augen leiten. Schwester Gertrude sieben Jahre lang im Nellinistift Psalm 32,8 gepflegt. So hat sie an sich erfahren, was sie selbst Ausgabe 482, Mai 2020 17
Heimgegangen in ihrem Diakonissenleben als Krankenschwester mit dass Gottes Augen über ihr wachen und sie durch Fachkompetenz und Hingabe geübt hat. Sie wurde jeden Tag leiten. Still und friedlich ist sie für immer täglich von Mitschwestern besucht; auch als sie eingeschlafen. nicht mehr sprechen konnte, hat sie mit ihnen Lieder Bei der Aussegnung sangen wir ihr Einsegnungslied, gesungen, die ihr vertraut waren. Gerade als sie auf das sie sehr liebte: „Mein Seel, o Herr, muss loben tägliche Hilfe angewiesen war, die anzunehmen ihr dich, du bist mein Heil, des freu ich mich.“ schwer fiel, wurde ihr bewusst, wie sehr ihr Gottes Hilfe ein Trost war. Sie wusste im tiefsten Inneren, Diakonnisse Hanna Lachenmann Das Frankfurter Diakonissenhaus als Gastgeber Gast sein im Frankfurter Diakonissenhaus Im schönen, ruhig gelegenen Gebäude des Mutter- Die Gäste können im großen Garten und im nahe hauses stehen 16 Zimmer mit 25 Betten für Gäste gelegenen Holzhausenpark Ruhe und Erholung bereit für Übernachtungen mit oder ohne Frühstück. finden. Museen und andere kulturelle Angebote in der Innenstadt sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln Gruppen können hier in Seminarräumen mit guter schnell zu erreichen. technischer Ausstattung mit oder ohne Übernach- Die Gäste sind zu den Gottesdiensten und Andachten tung und Verpflegung Tagungen halten. Der Festsaal und zur stillen Einkehr in der Kirche eingeladen. mit 150 Plätzen, mit Tischen 120 Plätzen, kann für Ein Gutschein für einen Aufenthalt in unserem Haus größere Gruppen, aber auch für festliche Veranstal- eignet sich als besonderes Geschenk. tungen gemietet werden, mit oder ohne Verpfle- gungsservice. Anmeldung per Telefon (069/271 343 252) oder E-Mail (gaeste@diakonisse.de) Impressum Herausgeber: Frankfurter Diakonissenhaus, Cronstettenstraße 57 − 61, 60322 Frankfurt am Main, Tel: 069 / 271 343 250; Fax: 069 / 271 343 200, info@diakonisse.de, www.diakonisse.de Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Mainz, IBAN: DE86 5502 0500 0004 6007 00 Redaktion: Vorstand Oberin Diakonisse Heidi Steinmetz (V.i.S.d.P., Schriftleitung), Pfarrer Alexander Liermann Fotos: Titelbild Martin Leissl; S. 6 Tatjana Claas; S. 7 Tamina Probst ; S. 10 unten Rainer Sturm_pixelio.de; S. 11 Capri23auto/ pixabay.com; S. 19 Martin Quast_pixelio.de; nicht weiter aufgeführte Fotos: privat Druck: Gemeindebriefdruckerei, 29393 Groß Oesingen, Auflage: 5.500 Die Angaben zum Datenschutz finden Sie unter www.diakonisse.de/index.php/ueber-uns/impressum. Wenn Sie die Blätter aus dem Mutterhaus nicht mehr erhalten wollen, teilen Sie uns das bitte schriftlich über info@diakonisse.de oder postalisch mit (Adresse s. Herausgeber). 18 Ausgabe 482, Mai 2020
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