Innovative Verwaltungsführung: Public Management und Good Governance - Öffentlicher Dienst

Die Seite wird erstellt Marion Geißler
 
WEITER LESEN
Innovative Verwaltungsführung: Public Management und Good Governance - Öffentlicher Dienst
S kr i p t u m

für die modulare Grundausbildung der Verwendungsgruppen A1
          u. A2 und der Entlohnungsgruppen v1 u. v2

    Innovative Verwaltungsführung:
     Public Management und Good
              Governance
                           (GA 21b)

                     Mag. Michael Kallinger
                Mag.a Sandra Kastenmeier-Krula
      (BM für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport)

    BM für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport III/B/6
                             2020

                                                                  1
Innovative Verwaltungsführung: Public Management und Good Governance - Öffentlicher Dienst
INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT                                                           3

MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG                                    4

  Die klassische öffentliche Verwaltung                           4

  New Public Management                                           5
    Kundenorientierung                                            6
    Wirkungsorientierung                                          8
    Qualitätsorientierung                                         8
    Wettbewerbsorientierung                                      11
    Umfassender Einsatz der Instrumente des NPM – Fallbeispiel
    Studienbeihilfenbehörde                                      15
    Kritik an NPM                                                16

  Good Governance (Gutes Regieren)                               16
    Governance-Modell der OECD                                   18

  Innovation                                                     18

VERWALTUNGSREFORM IN ÖSTERREICH- GESCHICHTE
UND GEGENWART                                                    21

  Geschichtlicher Rückblick                                      21

  Verwaltungsreformen ab 1990                                    21
    Das Projekt Verwaltungsmanagement (1988-1994)                21
    Die Verwaltungsinnovationsprogramme (1997-2006)              21
    Die Verwaltungsqualitätsoffensive 2007-2008                  23
    Arbeitsgruppe „Verwaltung neu“                               24

  Verwaltungsreformen ab 2010                                    25

ERFAHRUNGEN AUS REFORMPROJEKTEN                                  28

LITERATURVERZEICHNIS                                             29

Verwaltungsakademie des Bundes – GA 21b                           2
Innovative Verwaltungsführung: Public Management und Good Governance - Öffentlicher Dienst
VORWORT

Vorwort

Dieses Skriptum soll Sie beim Besuch der Lehrveranstaltung GA21b
unterstützen – Sie können sich im Vorhinein einen Eindruck über die
behandelten     Themen     verschaffen,   grundlegende     Begriffe
kennenlernen und werden später vielleicht das eine oder andere
nachschlagen.
Welche Modelle der Verwaltungsführung gibt es?
Ist „New“ Public Management noch aktuell?
Was waren wichtige Reformprojekte der österr. Verwaltung in den
letzten Jahren?
Was versteht man im Bereich der öffentlichen Verwaltung unter
Innovation?
Diese und natürlich viele andere Fragen werden behandelt. Das
Skriptum bietet Ihnen Definitionen und eine Gegenüberstellung der
gängigen Public Management-Modelle und Umsetzungsbeispiele aus
der österreichischen Bundesverwaltung. Am Schluss des Skriptums
finden Sie einige wichtige Web-Adressen und Bücher zum Thema
aufgelistet.

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                          3
Innovative Verwaltungsführung: Public Management und Good Governance - Öffentlicher Dienst
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

Modelle der Verwaltungsführung
Die Verwaltungswissenschaft hat verschiedene Modelle der
Verwaltungsführung entwickelt. Diese Modelle werden in der
wissenschaftlichen Analyse, Diskussion und Lehre verwendet, aber
teilweise auch in der politischen Debatte. Innerhalb der Verwaltung
werden die Modelle bei der Konzeption von Verwaltungsreform-
Programmen und auch im praktischen Management angewendet. Im
zeitlichen Ablauf betrachtet, war nach der klassischen öffentlichen
Verwaltung, von circa 1990 bis 2005 New Public Management das
gängigste Modell, dann kristallisierte sich das Modell Governance als
dominierend heraus. Mit der „Innovation Union“ als Teil der Europe
2020 Initiative und dem Horizon 2020-Förderprogramm für
Forschung und Innovation (mit einem Fördervolumen von 70 Mrd €)
wurde das Thema Innovation stark gepuscht. Näheres zu Innovation in
der     öffentlichen  Verwaltung       und     den    Modellen   der
Verwaltungsführung finden Sie auf den folgenden Seiten.

Die klassische öffentliche Verwaltu ng
Die klassische öffentliche Verwaltung wird oft als Ausgangsbasis
verwendet, um davon abgeleitet bzw. darüberhinausgehend neue
Modelle zu entwerfen. Die klassische öffentliche Verwaltung wurde
modellmäßig vom deutschen Soziologen Max Weber 1921
beschrieben. Als Modell bis in die 1980er-Jahre gültig, war die
klassische Verwaltung geprägt durch
 Zentrale Steuerung
 Starre Hierarchie und die
 Betonung der schriftlichen Kommunikation und des Dienstwegs.

Zentrale Steuerung bedeutet beispielsweise, dass, überspitzt gesagt,
auch geringfügige Angelegenheiten nachgeordneter Dienststellen von
der Zentralstelle des Ministeriums geregelt werden, wenn also zum
Beispiel der Verbrauch von Büromaterial in einer Schule in
Vorarlberg vom Ministerium in Wien gesteuert wird (fiktives
Beispiel). Eine solche Detailsteuerung auf Distanz ist einerseits
aufwändig und führt andererseits auch zu Widerstand und
Umgehungsversuchen seitens der „Gesteuerten“.
Starre Hierarchie besagt, dass vom Minister / von der Ministerin
ausgehend, über Sektions- und Abteilungsleitung (fallweise
GeneralsekretärInnen, GruppenleiterInnen, ReferatsleiterInnen) eine
klare Weisungshierarchie bis zu den ReferentInnen besteht. Diese
Hierarchie besteht prinzipiell in anderen Modellen weiterhin, ist aber
in Ansätzen durch Stabsstellen oder eine (abteilungs-, sektions- oder
ressortübergreifende) teamorientierte Zusammenarbeit in Projekten
aufgeweicht.
Die Kommunikation lediglich schriftlich und über den Dienstweg
abzuwickeln, ist oft umständlich, kostet Zeit und schafft unnötige
Distanz. In gewissen Bereichen ist schriftliche Kommunikation und

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                             4
Innovative Verwaltungsführung: Public Management und Good Governance - Öffentlicher Dienst
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

aktenmäßige    Abwicklung       aber      für   die   Klarheit   und
Nachvollziehbarkeit unerlässlich.
Die genannten Merkmale einer klassischen öffentlichen Verwaltung
fallen mit der Weiterentwicklung nicht weg, sie werden aber durch
andere Grundsätze ergänzt.
Max Weber beschreibt in „Wirtschaft und Gesellschaft“ (1921), auf
den Seiten 551f, die klassische öffentliche Verwaltung im Einzelnen
durch folgende Prinzipien:
   1. Prinzip der festen, durch Regeln geordnete Kompetenzen
   2. Prinzip der Amtshierarchie und des Instanzenzuges
   3. Die moderne Amtsführung beruht auf Schriftstücken (Akten),
      welche aufbewahrt werden.
   4. Die Amtstätigkeit setzt eine eingehende Fachschulung voraus.
   5. Die amtliche Tätigkeit nimmt die gesamte Arbeitskraft des
      Beamten in Anspruch.
   6. Die Amtsführung erfolgt nach generellen, erlernbaren Regeln.
Das Modell der klassischen öffentlichen Verwaltung blieb bis in die
80er-Jahre des 20. Jahrhunderts bestimmend und die Prinzipien, die
Weber vor rund 100 Jahren formuliert hat, beschreiben einige
Charakteristika der Verwaltung, die nach wie vor zu einem großen
Teil gültig sind.
Beginnend mit der Ölpreiskrise von 1973/74 (in Folge des Jom-
Kippur-Kriegs) änderten sich die politischen und wirtschaftlichen
Verhältnisse jedoch. Die stabile Zeit des Nachkriegsaufschwungs mit
Vollbeschäftigung,        hohem        Wirtschaftswachstum       und
Budgetüberschüssen ging zu Ende. Der Druck auf die Verwaltung
stieg. Mit Margaret Thatcher (britische Premierministerin 1979-1990)
und Ronald Reagan, der 1981 US-Präsident wurde (bis 1989), kamen
konservative PolitikerInnen an die Macht, die den Staat generell
zurückdrängen wollten. So bildete sich ein neues Modell der
Verwaltung heraus, das später als New Public Management bezeichnet
und über alle politischen Richtungen hinweg akzeptiert werden sollte.
In Österreich fanden mehrere Umsetzungswellen des NPM statt, ein
erster großer Schub mit dem Programm „Verwaltungsmanagement“,
das von 1988 bis 1994 umgesetzt wurde (siehe auch S. 23)

New Public Management
New Public Management (NPM) ist dadurch gekennzeichnet, dass es
einen betriebswirtschaftlichen, auch marktwirtschaftlichen Blick auf
die Verwaltung richtet. Die Einführung von betriebswirtschaftlichen
Instrumenten und Effektivitätsbetrachtungen stehen dabei im
Vordergrund. Ein grundlegender Artikel aus dem Jahr 1991 von
Christopher Hood mit dem Titel „A Public Management for all
seasons?“ nennt folgende Merkmale als kennzeichnend für NPM
(zitiert nach Schedler, Proeller 2006):

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                              5
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

    1. Praktisches professionelles Management: aktive, sichtbare, mit
       Handlungsfreiheit ausgestaltete Führung im öffentlichen
       Sektor.
    2. Explizite Leistungsstandards und –messgrößen: Ziele,
       Erfolgsindikatoren, vorzugsweise in quantifizierbarer Form.
    3. Größere Betonung der Output-Steuerung: Mittelzuteilung und
       Honorierung mit gemessener Leistung verknüpft.
    4. Disaggregation von Einheiten im öffentlichen Sektor:
       Aufbrechen früherer monolithischer Gebilde in kleinere,
       dezentralere und selbständigere Einheiten; Arbeiten mit
       Globalbudgets; Umgang miteinander mit einem gewissen
       Abstand.
    5. Mehr Wettbewerb im öffentlichen Sektor: Befristete Verträge
       und öffentliche Ausschreibungen.
    6. Betonung     von   privatwirtschaftlichen Führungsstilen:
       Abrücken von militärisch-hierarchischen Stilen, mehr
       Flexibilität in Anstellung und Honorierung, mehr PR-
       Techniken.
    7. Betonung größerer Disziplin und                   Sparsamkeit        im
       Ressourceneinsatz:   Kostenreduktion,              Erhöhung         der
       Arbeitsdisziplin, Widerstand gegen               Forderungen        der
       Gewerkschaften.

Ein sehr bekanntes Buch über NPM wurde im Jahr 2000 von Kuno
Schedler und Isabella Proeller (damals Universität St. Gallen) heraus
gegeben: „New Public Management“, derzeit in der 5. Auflage, Bern:
Haupt Verlag. Darin sind Kundenorientierung, Leistungs-
Wirkungsorientierung, Qualitätsorientierung und Wettbewerbs-
orientierung als die strategischen Zielrichtungen des NPM dargestellt.

Kundenorienti erung
Der Ausdruck „Kunde“ im Zusammenhang mit der Verwaltung stößt
manchmal auf Ablehnung. Mit dem Begriff Kundenorientierung ist
hier gemeint, dass die Bürgerin/der Bürger mit Wertschätzung und
Respekt behandelt wird, freundlich und zuvorkommend. Anders als
KundInnen in einem Geschäft können die KundInnen der Verwaltung
ja meist nicht einfach in ein anderes „Geschäft“ gehen, wenn sie sich
schlecht behandelt fühlen. Im Unterschied zu Ausdrücken wie
„Steuerpflichtige“ oder „Rechtsunterworfene“ bringt das Wort
„Kunde“ auch den Servicecharakter zum Ausdruck.
Fallbeispiele:
Beispiel 1: Optimierung der Abfalllogistik in der Marktgemeinde Birkfeld
Das Projekt (Umsetzung Herbst 2015) befasste sich mit der Digitalisierung
abfallrelevanter Objekte (inklusive Veranschaulichung der Touren der
Müllfahrzeuge, Standorte der Mülltonnen, etc.) in einer Gemeinde und einer
damit verbundenen Optimierung der ökologischen und ökonomischen
Parameter. Für die Implementierung neuer Tourenabläufe werden

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                      6
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

Visualisierungstechniken      (mit    anschaulicher    Darstellung    mittels
Geoinformations-System) mit der Einführung einer Bürger-App kombiniert.
BürgerInnen können damit individuell den Bedarf der Müllabholung
anpassen und damit unnötige Kosten und Fahrten reduzieren. Durch diese
aktive, direkte und unkomplizierte Art der Einbeziehung wird weiters auch
das Bewusstsein für umweltrelevante Themen und der bewusste Umgang
mit Ressourcen gestärkt. Die Digitalisierung der Abläufe ermöglicht eine
innovative, ökologische Sicht auf die Abfallproblematik. Durch die App wird
der Zugang noch nutzerfreundlicher, die Visualisierungstechniken machen
Abfalllogistik bzw. Abfallreduktion und -vermeidung anschaulich und greifbar.
Beispiel 2: Psychologische Online-Beratung im Chatroom (Psychologische
Studierendenberatung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft
und Forschung)
Dieses seit Herbst 2014 angebotene Service der Psychologischen
Studierendenberatung ermöglicht Studierenden und StudieninteressentInnen
eine persönliche 1:1 online-Beratung in geschütztem Rahmen eines
Chatrooms. Anonymität und höchste Datenschutzstandards sind garantiert.
Insbesondere bei Studierenden – der Zielgruppe des Chatrooms – ist der
Einsatz neuer Medien selbstverständlich und deswegen ein wichtiger
Kommunikationskanal. Die Beratung erfolgt durch PsychologIen. Durch das
innovative Konzept werden auch (potenzielle) Klient/innen erreicht, die keine
persönliche Beratung in Anspruch nehmen könnten, sei es aufgrund von
großen räumlichen Distanzen, eingeschränkter Mobilität, sozialer
Benachteiligung, familiärem Hintergrund etc. Um Sprachbarrieren zu
überwinden, ist auch eine Beratung auf Englisch möglich.
Dieses Projekt verfolgt einen innovativen Weg der Kundenorientierung und
hat auch auf internationaler Ebene Beachtung gefunden.

Ein Aspekt des Themas Kundenorientierung, der derzeit auch
international starke Beachtung findet, ist die Verringerung des                 Vereinfachung von
                                                                                Amtswegen
bürokratischen Aufwands für BürgerInnen und Unternehmen, also die
Vereinfachung bzw. Abschaffung von Amtswegen bzw. aufwändigen
bürokratischen Regelungen. Diese Diskussion ist auch unter den
Begriffen Deregulierung (Vereinfachung staatlicher Vorschriften)
oder Better Regulation (bessere Gesetzgebung) bekannt.
Beispiel 3: Vereinfachungsmaßnahmen auf nationaler Ebene in Europa
Diese Vereinfachungsmaßnahmen sind vor allem für ältere Menschen,
chronisch Kranke und Behinderte wichtig, für die Amtswege mit viel Mühe
verbunden sein können, wie es eine niederländische Broschüre aufzeigt.
Amtsweg: Beantragung einer Unterstützung für Behinderte

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                    7
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

Quelle: Broschüre „Nine routes along Dutch Bureaucracy“

Beispiel 4: Übermittlung von Rezepten direkt an die Apotheke
Mittlerweile wurden in Österreich für zahlreiche Services E-Government-
Lösungen geschaffen. Ein neuer Ansatz sind proaktive Services, zum
Beispiel die amtswegige Ausstellung einer Behinderten-Parkberechtigung,
die antragslose Familienbeihilfe oder die automatische Weiterführung des
Antrags auf Studienbeihilfe (Systemantrag).Während der durch die Krankheit
COVID-19 ausgelösten Krise im Frühjahr 2020 wurden ebenfalls zahlreiche
neue Vereinfachungen für „Amtswege“ umgesetzt, beispielsweise die
Weiterleitung von ärztlichen Rezepten direkt an die Apotheken, teilweise
inklusive Lieferung der Medikamente an die PatientInnen.

Wirkun gsorienti erun g
Eine wirkungsorientierte Steuerung der Verwaltung wurde in Österreich auf
Bundesebene durch die Haushaltsrechtsreform beispielgebend umgesetzt
(vertiefte Behandlung im Seminar GA21a).

Qualitätsori entierung
Unter „Qualität“ in der öffentlichen Verwaltung wurde                        Recht- und
traditionellerweise die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der                     Ordnungsmäßigkeit ist
                                                                             nicht alles
Entscheidungen der Verwaltung, der Bescheide, verstanden. Der
korrekte Vollzug rechtlicher Normen stand im Mittelpunkt. Ein
Bescheid ist entsprechend den rechtlichen Regelungen und von den
zuständigen Verwaltungsbehörden zu erlassen.              In einer
umfassenderen Betrachtung stellen sich aber weitere Fragen: wusste           Zeitfaktor,
der/die Betroffene überhaupt von seinem/ihrem Anspruch? Hat er/sie           Verständlichkeit
die zuständige Behörde ausfindig gemacht? Ist der Bescheid
verständlich formuliert? Wird der Bescheid so rasch erlassen, dass er
seinen Zweck erfüllen kann? Beispielsweise im Sozial- und im
Asylbereich wird die Wirkung der Verfahren gefährdet, wenn sie
nicht rasch genug durchgeführt werden.
Das heißt, dass zusätzlich zu den Kriterien der Recht- und
Ordnungsmäßigkeit weitere Qualitätsmerkmale zu berücksichtigen
sind, wie der Zeitfaktor, die kundengerechte Informationsaufbereitung

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                 8
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

und der Ablauf des Kommunikationsprozesses. Auch die Definition
von Qualität in der ISO-Norm bezieht sich auf die Kundensicht:
„Qualität bedeutet das Erfüllen von Erwartungen und Erfordernissen.“            Definition von Qualität:
                                                                                Einbeziehung der
Damit ist aber z.B. im Fall einer Steuervorschreibung nicht gemeint,            Kundensicht
dass diese möglichst gering ist, sondern, dass behördliche
Entscheidungen vorhersehbar und nachvollziehbar sind.
Exkurs: Einsatz    von   Qualitätsmanagement      in   der   österreichischen
Verwaltung
Mit dem Einzug des New Public Management ab den 1990er-Jahren rückte
auch Qualitätsmanagement in den Fokus der Öffentlichen Verwaltung mit
dem Ziel, die Verwaltungsabläufe effizienter und effektiver zu gestalten. Um
den Einsatz dieser betriebswirtschaftlich orientierten Instrumente aus der
Privatwirtschaft erfolgreich zu gestalten, ist es jedoch ratsam, diese an die
Spezifika des Öffentlichen Dienstes anzupassen. Unter diesem Blickwinkel
wurde auf europäischer Ebene in einem kooperativen Prozess ein
gemeinsames Qualitätsmanagementinstrument, maßgeschneidert für die
öffentlichen Verwaltungen Europas erarbeitet – der Common Assessment
Framework (CAF).
Der     CAF       ist    ein     leicht     anwendbares,    kostengünstiges
Qualitätsmanagementinstrument auf Fragebogenbasis zur umfassenden
Selbstbewertung von Organisationen. Er liefert rasch ein Bild über die
Stärken     und       Schwächen       einer    Organisation   sowie     ihre
Entwicklungspotentiale. Die Bewertung beruht auf einem systematischen
Kommunikationsprozess eines „bunt“ zusammengesetzten, interessierten
Teams, stellvertretend für die gesamte Organisation.
Im ersten Schritt erfolgen Einzelbewertungen aller Teammitglieder zu 9
Themenfeldern anhand des Fragebogens. Konkrete Beispiele zu den
Themenfeldern erleichtern dabei das Verständnis. Im nächsten Schritt
werden gemeinsam erkannte Stärken und Entwicklungspotentiale
festgehalten. Dabei liefert die Diskussion unterschiedlicher Sichtweisen
zumeist wertvolle Impulse.

Abbildung: Die neun Themenfelder des CAF
Das    Ergebnis     des    Prozesses     ist   ein    „Aktionsplan“   mit
Verbesserungsmaßnahmen und Zeitplan für die Umsetzung und
verantwortlichen Personen. Oftmals lassen sich einige Verbesserungsideen
als sogenannte „Quick-wins“ unmittelbar und unkompliziert umsetzen; ein

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                    9
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

erster, konkret sichtbarer Schritt in Richtung Weiterentwicklung der
Organisation.
Im Rahmen jeder weiteren CAF-Durchführung wird dann geprüft, welche
Veränderungen und Entwicklungen stattgefunden haben und inwieweit die
Maßnahmen des Aktionsplans umgesetzt wurden. Dadurch wird bei
regelmäßiger CAF-Durchführung ein kontinuierlichen Verbesserungsprozess
der Organisation in Gang gesetzt, der auf dem PDCA-Zyklus (Plan=Planen,
Do=Umsetzen, Check=Überprüfen, Act=Weiterentwicklen und Anpassen)
beruht.

Abbildung: PDCA-Qualitätskreislauf
Wichtig ist eine professionelle Implementierung des             CAFs    mit
entsprechender Schulung und Hilfestellung bei der Nutzung.
Version CAF-2020:
Im November 2019 wurde auf europäischer Ebene der CAF 2020 vorgestellt.
Diese CAF-Version stellt eine Weiterentwicklung des CAF mit dem Fokus
auf aktuellen Herausforderungen der öffentlichen Verwaltung dar. Die
Themen „digitale Transformation“, die Nachhaltigkeit, Innovation, Diversität
und Agilität werden auf die Teilsysteme der Organisation wie Führung,
Personalmanagement,        Prozesse   heruntergebrochen       und    durch
entsprechende Fragen und Beispiele konkretisiert. Durch diese Anpassung
des Instruments erfolgt auch eine Sensibilisierung der CAF-AnwenderInnen
für diese relevanten Bereiche.

Abbildung: Modell des CAF 2020 (Quelle: KDZ)
Die CAF-2020 Broschüre liegt derzeit in englischer Sprache vor, eine
deutsche Übersetzung folgt im Frühjahr 2020.
Das CAF-Gütesiegel
CAF-Anwender-Organisationen können ein CAF-Gütesiegel „Effektive CAF-
User“   beantragen.     Der    CAF-Gütesiegel-Prozess      ist    ein

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                  10
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

zertifizierungsähnliches System, das den Organisationen, die den CAF
anwenden, den korrekten Einsatz des Instruments bestätigt sowie die
Effektivität des eingeschlagenen Weges zur Weiterentwicklung im Sinne des
Qualitätsmanagements. Die Beurteilung der Organisationen erfolgt dabei
von unabhängigen, externen Qualitätsmanagement-ExpertInnen und bietet
damit eine wertvolle Außensicht, ergänzend zur Selbstbewertung.

Abbildung: CAF-Anwenderorganisationen in Österreich (Quelle KDZ)

Besonders intensive und teilweise auch flächendeckende Anwendung fand
der CAF in der Finanzverwaltung, der Stadt Wien, dem Land Steiermark
inklusive aller Bezirkshauptmannschaften sowie in Tirol. In Österreich gibt es
rund 300 CAF-AnwenderInnen, europaweit etwa 4000. Weiterführende
Informationen finden Sie unter: www.caf-zentrum.at
Neben dem CAF kommen im öffentlichen Dienst Österreichs auch
andere Qualitätsmanagement-Systeme zum Einsatz wie zB. ISO-
Norm, EFQM-Modell sowie QIB im Schulbereich.

Wettbewerbsorientierung
Bei der Wettbewerbsorientierung geht es um die Frage, inwieweit
Personen und Organisationseinheiten einer Konkurrenz ausgesetzt
sind. Befristete Bestellungen, etwa von Führungskräften, sind ein
Beispiel für Wettbewerbsorientierung. Bei Organisationseinheiten wie
etwa dem Fuhrpark oder Reinigungsdiensten kann der Wettbewerb
durch den Vergleich mit privaten Firmen erfolgen, wobei sich die
Kriterien auf Preis, Qualität und Service beziehen können. Eine
Auslagerung/Fremdvergabe kann die Konsequenz daraus sein. Wie
aus dem genannten Beispiel zu ersehen ist, steht dieses strategische
Ziel der Wettbewerbsorientierung im Zusammenhang mit der Frage
der Privatisierung staatlicher Leistungen, wobei das Ausmaß von
Privatisierungen eine politische bzw. ideologische Frage ist. Am
Beispiel der Reinigungsdienste ist gut zu sehen, dass der Preis der
Leistung sehr direkt mit der Entlohnung der Beschäftigten
zusammenhängt.
Wettbewerbe (Verwaltungspreise)
Wettbewerbe stellen eine Art von simulierter Konkurrenz für
öffentliche Verwaltungen dar. Neue Ansätze und gute Umsetzungen
werden von einer Jury ausgewählt und prämiert. Durch die damit
Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                    11
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

verbundene Publizität werden diese Modelle unterstützt und
verbreitet, eine Vernetzung findet statt und Lernprozesse werden in
Gang gesetzt.
Von        der    Sektion       „Öffentlicher     Dienst      und
Verwaltungsinnovation“(nun BMKÖS, vormals Bundeskanzleramt)
werden Verwaltungspreise auf verschiedener Ebene organisiert bzw.
unterstützt: der Österreichische Verwaltungspreis, der European
Public Sector Award (EPSA) und der United Nations Public Service
Award (UNPSA).
Der Österreichische Verwaltungspreis
Grafik für die Marginalspalte:

Der Österreichische Verwaltungspreis ist ein renommierter
Wettbewerb für innovative Projekte des öffentlichen Dienstes in
Österreich, der rund alle 2 Jahre von der Sektion III „Öffentlicher
Dienst und Verwaltungsinnovation“ (BMKÖS) ausgeschrieben wird.
Ziel ist es, zukunftsweisende Projekte auszuzeichnen, diese öffentlich
zu präsentieren und im Sinne der Nachhaltigkeit und Transparenz,
wertvolle Lernerfahrungen und das generierte Wissen für andere
Verwaltungsorganisationen nutzbar zu machen.
Alle teilnehmenden Projekte werden in die öffentliche Datenbank
www.verwaltungspreis.gv.at        aufgenommen.       Diese      umfasst
mittlerweile rund 500 Innovationsprojekte von Bund, Land sowie
Städte-    und      Gemeindeverwaltungen        und     ausgegliederten
Organisationen. Neben vielfältigen Filter- und Sortierfunktionen
enthält die Datenbank jeweils Kurzbeschreibungen der Projekte und
Kontaktdaten der Projektverantwortlichen und ermöglicht damit einen
unkomplizierten Austausch und eine Vernetzung der Verwaltungen
untereinander. Die Datenbank bietet einen guten Überblick über die
Innovationsvielfalt des öffentlichen Dienstes in Österreich.

Abbildung: Einreichungen des Österreichischen Verwaltungspreises

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                             12
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

Nach jedem Verwaltungspreisdurchgang finden weiters mehrere
Transferveranstaltungen zu aktuellen Themen statt. Diese
Workshopreihe mit dem Titel „Im Fokus“ stellt jeweils
Vorzeigeprojekte zu dieser Thematik näher vor (zB. „Daten als
Grundlage der Verwaltung“, „Soziales und Gesundheit“,...) und bietet
die Gelegenheit zum direkten Austausch und Diskussion mit
FachexpertInnen und PraktikerInnen.
Der Österreichische Verwaltungspreis dient auch der Impulssetzung
im Bereich Innovation. Die Auswahl der Einreichkategorien variiert
über die Jahre und spiegelt jeweils aktuelle Themen und
Herausforderungen des öffentlichen Dienstes wider. Während der
Schwerpunkt in den Jahren 2005-2008 vor allem auf
Einsparungspotentialen, die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung
und Wirtschaft sowie Bürgerorientierung (im passiven Sinn) lag,
rückten ab 2010 die „aktive BürgerInnenmitwirkung“ und Gender-,
Diversitäts und Integrationsaspekte in den Vordergrund. In den letzten
Jahren geht es vermehrt um erfolgreiche Strategien im Umgang mit
dem demographischen Wandel (auch im Hinblick auf die in den
nächsten Jahren massive Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst),
verwaltungsübergreifende Zusammenarbeit und Co-Creation sowie
digitale Services und innovatives Servicedesign.
Der Österreichische Verwaltungspreis 2019 stand unter dem Motto
„Gemeinsam innovativ“. Insgesamt haben 93 Projekte in folgenden 5
Kategorien teilgenommen:
   1. Führung und Steuerung für mehr Effizienz
   2. Innovatives Service Design und digitale Services
   3. Co-Creation und Kooperationen
   4. Der Arbeitgeber „Öffentlicher Dienst“ bleibt fit für die
      Zukunft - Nachhaltige Gestaltung des Arbeitsumfeldes unter
      Berücksichtigung des demographischen Wandels
   5. Sonderpreis des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation
      und Technologie und des Bundesministeriums für
      Digitalisierung      und       Wirtschaftsstandort     zur
      Innovationsfördernden Öffentlichen Beschaffung (IÖB).
      Beschaffung von Innovation
Siegerprojekte 2019 in den Kategorien 1-5:
   1. Grünraummanagement der Wiener Stadtgärten (Magistrat der
      Stadt Wien, Wiener Stadtgärten)
   2. Wien gibt Raum (Magistrat der Stadt Wien, Rechtliche
      Verkehrsangelegenheiten)
   3. Einsatz Demenz - Kompetenz im Umgang mit Demenz für die
      Polizei (Bundesministerium für Inneres, Sicherheitsakademie)
   4. Demographie-Paket      des    Landes    NÖ         (Amt     der
      Niederösterreichischen Landesregierung)

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                            13
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

   5. Biologische Permanentreinigung von Küchenabluftsystemen
      (Amt der Oberösterreichischen Landesregierung)

European Public Sector Award (EPSA)
Grafik für die Marginalspalte:

Europaweit wird seit dem Jahr 2007 der europäische Verwaltungspreis
„European Public Sector Award“ (EPSA) ausgeschrieben, ebenfalls in
2-jährlichem Abstand. Veranstalter des EPSA ist das European
Institute of Public Administration (EIPA) in Maastricht in den
Niederlanden. Die aktive Mitwirkung Österreichs, sowohl im Steering
Committee (der Planungs- und Steuerungsgruppe) als auch bezüglich
der großen Anzahl teilnehmender Projekte hat bereits langjährige
Tradition.
Auch beim EPSA geht es nicht nur um die Prämierung von
Vorzeigeprojekten öffentlicher Verwaltungen, sondern der Fokus liegt
vielmehr auf europaweiter Vernetzung und Zusammenarbeit. Der
EPSA sieht sich als „Lernplattform“ für innovative Projekte und
Spitzenlösungen im öffentlichen Dienst. Die Datenbank www.epsa-
projects.eu stellt eine Sammlung relevanter EPSA-Projekte ab 2007
dar.
Der EPSA 2019 widmete sich dem Thema „New Solutions to
Complex Challenges“ und vergab folgende Preise:
   1. European and National category: Portugal    "Simplex+
      Program”, Programm zur Verwaltungsmodernisierung unter
      starker Einbeziehung der BürgerInnen
   2. Regional category: Belgien "Groeipakket”, Familien- und
      Kinderwohlfahrtsprogramm
   3. Supra-local and Local category (für Österreich: Bezirks- und
      Gemeindebene): Spanien, Barcelona "Rooftop Gardens:
      Growing greens for social inclusion", Integrationsprojekt für
      Personen mit Behinderung

Insgesamt wurden 158 Innovationsprojekte aus 28 Ländern
eingereicht. Erwähnenswert ist, dass Österreich traditionell sehr gut
beim EPSA abschneidet und auch 2019 zwei österreichische Projekte
für einen Preis nominiert waren.

United Nations Public Service Award (UNPSA)
Grafik für die Marginalspalte:

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                           14
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

Der United Nations Public Service Award (UNPSA) ist ein weltweiter
Qualitätswettbewerb, der von den Vereinten Nationen jährlich
veranstaltet wird. Prämiert werden Projekte öffentlicher
Verwaltungen, die sich durch besondere Innovationen auszeichnen.
Die Preise werden in den folgenden Kategorien vergeben:
    Category 1: Delivering inclusive and equitable services for all
     (inclusive: allen Bevölkerungsgruppen offenstehend, also
     barrierefrei, diversitätsgerecht. Equitable: gerecht)
    Category 2: Promoting integrated mechanisms for sustainable
     development
    Category 3: Developing transparent and accountable public
     institutions (Transparenz, klare Verantwortung)
    Category 4: Promoting digital transformation in the public
     sector
    Category 5: Promoting gender responsive public services to
     achieve the SDGs (Sustainable Development Goals,
     Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen)

Im Jahr 2019 gewann das österreichische Projekt „Kompetenzcheck
berufliche Integration - ABZ*Kompetenzcheck“ (eingereicht von
ABZ* Austria) einen Preis in der Kategorie Promoting gender
responsive public services to achieve the SDGs / Gender Equality. Das
Projekt bietet MigrantInnen Unterstützung bei der beruflichen
Integration in Österreich.

Auch in den Jahren davor war Österreich erfolgreich. So siegte 2018
das Projekt „Initiative: Talents for Austria“ (Trofaiach, Kärnten), ein
Integrationsprojekt für jugendliche MigrantInnen und im Jahr 2014
gewann das Projekt            „Open-Data-Portal,     data.gv.at“, ein
Kooperationsprojekt des Bundeskanzleramts mit Ländern und
Gemeinden, einen Hauptpreis.

Um fassender Einsatz der Inst rum ente                  des     NPM     –
Fallbei spi el Studienbeihilf enbehörde
Die Studienbeihilfenbehörde (Stbh) ist als nachgeordnete Dienststelle des
BMBWF für die Zuerkennung und Auszahlung von Stipendien für
Studierende zuständig. In dieser Behörde wurden über viele Jahre hinweg
eine Reihe von Managementinstrumenten eingeführt und zu einem
umfassenden System weiter entwickelt.
      Personalmanagement:       Eignungstests,   Jahresarbeitszeitmodell,
       Mentoring
      Informationstechnologie (IT): Fachapplikation STUBIS, SAP,
       automatischer Datenaustausch mit zahlreichen Institutionen,
       automatisierte Verlängerung der Anträge
      Öffentlichkeitsarbeit,     Kundenmanagement:           umfangreiche
       Information, jährliche Kundenbefragungen
      Qualitätsmanagement: ISO-Zertifizierung, Einsatz des Common
       Assessment Frameworks

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                15
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

       Kosten-Leistungsrechnung,    Controlling,   Benchmarking   mittels
        Kennzahlen
Durch den konsequenten und integrierten Einsatz dieser Instrumente hat die
Studienbeihilfenbehörde hervorragende Ergebnisse erzielt und auch
zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen gewonnen.

Kritik an NP M
Im politischen Diskurs wird NPM dahingehend kritisiert, dass es den
Rückbau des Staates fordere und einseitig Privatisierungen
begünstige. Die wissenschaftliche Kritik besagt, dass NPM von einer
zu großen Ähnlichkeit zwischen Staat und privatem Sektor ausgeht,
obwohl sich der Staat am Gemeinwohl zu orientieren hat, während der
Privatsektor durch Gewinnmaximierung gekennzeichnet ist.
Es soll auch nicht verschwiegen werden, dass Ausdrücke aus dem
Bereich des New Public Management manchmal auch rein rhetorisch
verwendet werden, als Schlagwörter, die Modernität vermitteln sollen.
Teilweise geht es auch darum, in schönerer Formulierung
Einsparungen zu umschreiben, die etwa als „Reallokation von
Ressourcen“, oder „Steigerung der Effizienz“ bezeichnet werden.

Good Governance (Gutes Regieren)
Das NPM betrachtete die einzelne Organisation und ihre Führung
nach (betriebs)wirtschaftlichen Prinzipien. Dabei fanden zwei Aspekte
nur geringe Berücksichtigung: die Qualität der politischen
Entscheidungsfindung und die Zusammenarbeit der Behörden
untereinander. Unter anderem aus diesen Beschränkungen heraus
wurde das Good-Governance-Modell entwickelt, das ab dem Jahr
2000 immer stärker in den Vordergrund getreten ist. Ein wichtiges
Dokument, in dem die Grundsätze dieses Modells dargestellt werden,
ist das Weißbuch der Europäischen Kommission mit dem Titel
„Europäisches Regieren“ (auf Englisch: ”European Governance“), das
im Jahr 2001 veröffentlicht wurde. In dem Dokument werden fünf
Grundsätze des „guten Regierens“ erläutert.
Offenheit – Partizipation – Verantwortlichkeit – Effektivität –              Die 5 Grundsätze des
Kohärenz                                                                     guten Regierens

Zu der Erläuterung der fünf Grundsätze vergleiche EU-Kommission
(2001).
   Offenheit: die staatlichen Organe sollen offen (transparent)
    arbeiten und den BürgerInnen erklären, wie und warum
    Entscheidungen zustande kommen, beispielsweise auf einer
    Webseite. Sie sollen eine Sprache verwenden, die alle verstehen
    können. Offenheit ist wichtig, weil sie helfen kann, das Vertrauen
    in den Staat (Politik und Verwaltung) zu stärken.
   Partizipation (Beteiligung, Mitwirkung): Partizipation bedeutet
    die Einbeziehung von BürgerInnen und Interessensgruppen in die
    politische Entscheidungsfindung. Viele Beispiele dafür sind im
    Umweltbereich zu finden. Die Darstellung eines österr.
    Fallbeispiels, der Gesundheitsziele Österreich, finden Sie auf Seite
    16.
Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                16
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

   Verantwortlichkeit: Jede staatliche Institution sollte den
    BürgerInnen erklären können, was sie tut, und dafür die
    Verantwortung übernehmen. Das Gegenteil davon wäre, die
    Verantwortung zwischen den Behörden hin- und herzuschieben
    bzw. den Bürger/die Bürgerin im Kreis zu schicken.
   Effektivität (Wirksamkeit): Staatliche Politik bzw. die
    Maßnahmen der Verwaltung, die sie umsetzen, müssen wirksam
    sein, zur richtigen Zeit kommen, und auf der Grundlage von klaren
    Zielen erfolgen. Bei vielen BürgerInnen ist das Vertrauen in die
    Wirksamkeit staatlicher Politik verloren gegangen, z.B. was die
    Sicherung der Arbeitsplätze, der Pensionen oder den Kampf gegen
    die steigenden Lebenshaltungskosten betrifft.
   Kohärenz        (Gleichklang,  Abstimmung):      Die    politische
    Ausrichtung und das konkrete Handeln (der Verwaltung) müssen
    kohärent sein. Diese Kohärenz gilt von der europäischen bis zur
    lokalen Ebene. Herausforderungen wie der Klimawandel ließen
    sich überhaupt nur durch global gleichgerichtete Maßnahmen
    beeinflussen.

Das Governance-Modell stellt eine Weiterentwicklung der Theorien
zur Verwaltungsführung dar und bedeutet nicht, dass alle wesentlichen
Prinzipien der klassischen öffentlichen Verwaltung und des NPM
damit über den Haufen geworfen werden. Eine prägnante
Kurzbeschreibung von Governance stammt von Prof. Hermann Hill
von der deutschen Verwaltungsuniversität Speyer. Er bezeichnet
Governance     als     „Qualität    der    Zusammenarbeit         und
Entscheidungsfindung zwischen staatlichen und gesellschaftlichen
Gruppen in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse.“

Fallbeispiel: Partizipative Erarbeitung der Österr. Gesundheitsziele
Im Jahr 2011 wurde im Ministerrat beschlossen, Gesundheitsziele für
Österreich zu erarbeiten, mit dem Hauptziel, ein längeres Leben in
Gesundheit zu ermöglichen. Rund 40 Institutionen aus Politik und
Gesellschaft wurden zu diesem Prozess eingeladen und erarbeiteten
innerhalb eines halben Jahres einen Vorschlag zu den Gesundheitszielen.
Für ein weiteres halbes Jahr war die Bevölkerung eingeladen, ihre
Anregungen auf einer Online-Plattform einzubringen. Im Sommer 2012
beschlossen die Bundesgesundheitskommission und der Ministerrat
schließlich 10 Gesundheitsziele für Österreich,als Rahmen für die Steuerung
des Gesundheitswesens mit einem Zeithorizont von 20 Jahren. Die
Gesundheitsziele dienen allen wichtigen Organisationen auf Bundes- und
Länderebene als gemeinsamer Leitfaden für ihr Handeln („Health in all
Policies“ Ansatz). Die weitere Umsetzung erfolgte in Arbeitsgruppen, in
denen ebenfalls zahlreiche Institutionen vertreten waren.
Im Zuge der Corona-Krise 2020 wurde der Begriff Good Governance
verwendet, um jene Staaten zu kennzeichnen, die die Krise besser
bewältigten als andere, z.B. Sueddeutsche Zeitung vom 12.4.2020,
https://www.sueddeutsche.de/politik/corona-staaten-regierungen-
1.4873742 : „Wer über eine funktionierende Bürokratie verfügt, wo
das Gesundheitssystem gut finanziert ist, wer auf den Rat von
Fachleuten hört, wo der Staat Vertrauen genießt als Dienstleister
seiner Bürger - dort kommt man mit der Krise klar“.
Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                 17
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

Governance-Modell der OECD
Im Jahr 2018 veröffentlichte die OECD ein „Framework on Sound
Public Governance“, also einen Rahmen für gute (eigentlich
„vernünftige“, „solide“) Regierungsführung, dessen Entwurfsversion
im Public Governance Committee der OECD verabschiedet worden
war. Das Framework beschreibt Werte und „Enablers“
(Voraussetzungen, „Ermöglicher“ für eine fortschrittliche Politik und
Verwaltung.
Folgende Werte werden von der OECD genannt:
 Integrität
 Offenheit und Transparenz
 Inklusion, Beteiligung, Gleichberechtigung der Geschlechter,
  Diversität
 Verantwortlichkeit, Rechtsstaatlichkeit

Weiters formuliert die OECD folgende Voraussetzungen für ein gutes
Regieren:
 Engagement, visionäre Führung (Commitment, vision and
  leadership
 Gerechte und faktenorientierte Politik
 Ministerienübergreifende Koordinierung (Whole-of-government
  co-ordination
 Innovation und Change Management

Innovation
Die bisher genannten Modelle streben eine zielgerichtete
Weiterentwicklung der Verwaltung an, beispielsweise in Richtung
einer besseren Kundenorientierung, Erhöhung der Transparenz etc..
Unter Innovation hingegen versteht man grundsätzlich jede Form der
Neuerung, insbesondere sprunghafte, umfassende Neuerungen
(Disruptionen). Es gibt zahlreiche Definitionen für Innovation, hier
soll eine Definition aus dem wirtschaftlichen Bereich sowie eine
Defintion der OECD (Organisation for Economic Cooperation and
Development), einer internationalen Organisation, die sich stark mit
dem Thema Innovation beschäftigt, angeführt werden.
Definition nach Aichner et al. (2000): „Innovationen sind im Ergebnis
qualitativ neuartige Produkte, Verfahren und Vorgehensweisen, die
eine Organisation erstmals in den Markt oder intern einführt. Um von
einer Innovation sprechen zu können, muss mit diesen neuartigen
Produkten oder Vorgehensweisen auch wirtschaftlicher und/oder
sozialer Nutzen verbunden sein.“
Definition nach OECD (2017): Public sector innovation: is a new or
significantly altered process or approach that is novel, that has been
implemented in some form, and that is intended to deliver better
public outcomes by achieving increased efficiency, effectiveness, and
citizen,    user     or    employee     satisfaction.    (Übersetzung:
Verwaltungsinnovation ist ein neuer oder stark veränderter Prozess
oder Vorgangsweise, der/die neuartig ist und in der Realität umgesetzt
Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                            18
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

wurde mit dem Ziel, bessere Wirkungen bei der Bevölkerung zu
erzielen und die Effizienz, Effektivität sowie die Bürger-, Kunden-
oder Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen.)
Die OECD sieht fünf Rahmenbedingungen für Innovation:
    1. Personalmanagement: Förderung von Innovationskompetenz,
       Innovationskultur, Anreize, New ways of Working.
    2. Wissensmanagement: Freier Fluss von Daten, Informationen
       und Wissen.
    3. Organisationsstrukturen: neue Organisationsstrukturen (österr.
       Beispiel: GovLabAustria), Partnerschaften mit Stakeholdern in
       Zivilgesellschaft und Wirtschaft
    4. Unterstützende (nicht hemmende) Regeln und Prozesse
    5. Messung von Innovation

Für verschiedene Arten von Innovation hat die OECD folgendes
Modell entwickelt:

Fallbeispiel Innovation während der COVID-19-Pandemie
Im Zug der Corona-Krise kam es im Frühjahr 2020 zu einschneidenden
Einschränkungen für die Bevölkerung (Ausgangsbeschränkungen,
Quarantäne). In dieser Zeit wurden seitens der österr. Politik und Verwaltung
zahlreiche neue (innovative) Maßnahmen ergriffen, von denen einige im
Folgenden angeführt sind:
       Breite Anwendung von Telearbeit und Videokonferenzen im
        öffentlichen Dienst
       Nutzung     von      anonymisierten Bewegungsdaten               der
        Mobilfunkanbieter (in anderen Ländern auch Nutzung               zur
        Überwachung von Quarantäne)
       Überwachung der Gesundheit der in Quarantäne Befindlichen per
        App (Stadt Wien, wien.gv.at/homecare)
       Einführung der Stopp Corona-App zur Kontaktverfolgung
       Dashboard des Gesundheitsministeriums zu COVID-19

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                   19
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

       Gesamte Abwicklung von Corona-Fällen über die Telefonnummer
        1450
       Dringende Vernehmungen per Videokonferenz
       Einführung von Distance Learning in Schulen, Universitäten,
        Fachhochschulen und an der Verwaltungsakademie
       Zahlreiche Verwaltungsvereinfachungen
       Digitaler Krisenstab zur Bekämpfung von Fake News (BKA)
Weitere interessante Projekte in dieser Zeit:
       Wiener Linien drucken Schutzschilde mit dem 3D-Drucker
       KI-basiertes  Screenen      von     zwei   Milliarden   Wirkstoffen
        (Kooperationsprojekt der Universität Graz)
       Veranstaltung eines großen Hackathons (Deutschland)
       …
In den nächsten Monaten werden diese Maßnahmen zu evaluieren sein, um
feststellen, was davon unter welchen Voraussetzungen in den Regelbetrieb
übernommen werden kann. Bei der Telearbeit im März und April 2020
wurden bspw. zu einem gewissen Teil private PCs und Telefone genutzt,
was aus mehreren Gründen zu überdenken ist (Datensicherheit,
Dienstrecht). Für Videokonferenzen und andere Formen der Kollaboration
wurden zahlreiche unterschiedliche Tools genutzt, die hohen
Sicherheitsanforderungen tlw. nicht gerecht werden.

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                                 20
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

Verwaltungsreform          in   Österreich   -   Geschichte    und
Gegenwart
Geschichtlicher Rückblick
Warum werden lang zurückliegende Ereignisse hier erwähnt?
Manchmal stellen Reformkonzepte den Anspruch, jetzt komme DIE
Verwaltungsreform, und nachher werde alles anders und besser.
Reformen sind aber als Anpassung an veränderte Umstände zu
verstehen und realistisch betrachtet wird Sie dieses Thema wohl auf
Ihrem weiteren Berufsweg in der Verwaltung ständig begleiten.
Von „Reformen“ der Verwaltung war bereits zu Zeiten Maria             Maria Theresia
Theresias (1717-1780, Regierungszeit: 1740-1780) die Rede. Maria
Theresia setzte umfangreiche Reformen unter anderem im Bildungs-
und Gesundheitsbereich um. Durch eine Reform der
Finanzverwaltung sollte das Steueraufkommen erhöht werden und so
die Finanzierung eines großen Heeres zu ermöglichen. Nach dem 1.
Weltkrieg kam es in den 20er-Jahren zu einer Neuorganisation und
Verkleinerung der österreichischen Verwaltung – aus dem großen
Vielvölkerstaat war ein Kleinstaat geworden. Österreich hatte hohe
Schulden aus Völkerbund-Anleihen und musste 80.000 Beamte
entlassen (von der Größenordnung her ist das vergleichbar mit den
Maßnahmen in Griechenland im Gefolge der Finanzkrise 2008). Auch
nach dem 2. Weltkrieg hat das Thema Verwaltungsreform Eingang in
fast alle Regierungsprogramme gefunden.

Verwaltungsreformen ab 1990

Das Proj ekt Verwaltungsm anagem ent (1988 -1994)
Dieses Reformprogramm wurde 1994 unter dem Bundesminister für
Föderalismus und Verwaltungsreform Jürgen Weiss abgeschlossen.
Hier war durch die Vorbereitung auf den EU-Beitritt Österreichs
(1995) eine neue Dynamik entstanden. Die zentralen Leitlinien aus
dem Regierungsprogramm 1990, die im Großen und Ganzen bereits
dem Modell des New Public Management entsprechen, waren
folgende:
   1. Besoldungs- und Dienstrechtsreform - .
   2. Verwaltung effizienter, rascher und bürgernäher organisieren.   Effizient, rasch und
                                                                      bürgernah
      Vereinfachung von Formularen und Amtswegen.
   3. Aufbau von Kostenrechnung und Controlling                       Kostenrechnung und
                                                                      Controlling
   4. Abbau von Mehrfachkompetenzen im föderalen Staat
Einige dieser Forderungen sind auch heute noch nicht befriedigend
umgesetzt.

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                          21
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

Die Verwaltungsinnovation sprogram m e (1997-2006)
Ende 1997 wurde das erste „Verwaltungsinnovationsprogramm der
Bundesregierung“ beschlossen, später kurz VIP-1 genannt, das             Verwaltungs-
                                                                         innovationsprogramm
ebenfalls stark von den Grundsätzen des NPM inspiriert war Das           VIP-1
Verwaltungsinnovationsprogramm fasste eine Vielzahl von
Reformmaßnahmen unter einem Dach gemeinsamer Zeile zusammen.
Im Rahmen der damaligen Koalitionsregierung wurde es von Mag.
Wilhelm Molterer (damals Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft) und Dr. Wolfgang Ruttenstorfer (damals
Staatssekretär im Finanzministerium) getragen. Die wesentlichen
Ziele des VIP-1 lauteten:
   Umbau vom Hoheits- zum Dienstleistungsstaat
   Jährliche Steigerung der Produktivität der Verwaltung um 2-3%
   Schrittweise      Einführung       einer      wirkungsorientierten
    Verwaltungsführung
   Einführung eines effizienten Personalmanagements

Mit „Produktivitätssteigerung“ war gemeint, dass bei einer als
gleichbleibend angenommen Menge von Arbeit die Zahl der
Bediensteten um 2-3% jährlich gesenkt werden kann. Die wichtigsten
Projekte des VIP-1waren:
   Der elektronische Amtshelfer www.help.gv.at
   Die Erstellung eines Leitbildes der Bundesverwaltung
   Die Definition von Leistungskennzahlen
   Die Einführung der Flexibilisierungsklausel
   Ein neues Vertragsbedienstetenrecht

In den Jahren 2000 und 2003 (jeweils nach Bildung einer neuen
Regierung) wurde das VIP neu aufgesetzt. Die inhaltlichen
Schwerpunkte der Reformen in diesen Jahren waren die E-
Government-Offensive, Restrukturierungen in den Bereichen Finanz,
Justiz und Inneres, die Einführung von betriebswirtschaftlichen und
Personalentwicklungs-Instrumenten sowie die Reorganisation der
Supportleistungen und verschiedene Ausgliederungen. Diese
Reformthemen sind auch wichtige Merkmale von NPM, das heißt,
man kann sagen, dass durch diese Projekte NPM in der
österreichischen Bundesverwaltung breit umgesetzt wurde.

E-Government
Die markantesten Änderungen gab es sicherlich im technischen
Bereich. Für die BürgerInnen wurden zahlreiche Online-
Anwendungen entwickelt, die zum Großteil über das 1997 online
gegangene help.gv.at zugänglich waren (Help.gv.at wurde 2019 durch
die neue E-Government-Plattform oesterreich.gv.at abgelöst). Diese
Bemühungen erzielten internationale Beachtung und führten dazu,
dass Österreich im E-Government-Ranking der EU-Kommission
Österreich ab 2006 für etliche Jahre auf Platz 1 lag. Weitere
wegweisende Produkte der E-Government-Offensive waren die

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                            22
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

ministerienübergreifende Einführung des ELAK (Elektronischer Akt),
der Einsatz von betriebswirtschaftlicher Standardsoftware (SAP) und
die beginnende Umstellung auf Voice-over-IP-Telefonie.

Strukturreformen
In zahlreichen Restrukturierungen wurde angestrebt, optimale Größen
von Organisationseinheiten zu schaffen und Parallelstrukturen zu
vermeiden. So wurden im Projekt „team 04“ Polizei und Gendarmerie
zusammengelegt. Ziel dieser größten Umgestaltung in der Geschichte
der österreichischen Exekutive war ein Abbau der internen Bürokratie,
die Verringerung der Hierarchiestufen und die Straffung der
Arbeitsabläufe. Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenfassung der
Buchhaltungen       der     Ministerien    zu     einer    zentralen
Buchhaltungsagentur.

Einführung von betriebswirtschaftlichen Instrumenten
Mit der Kosten-Leistungsrechnung, Qualitätsmanagement und
Evaluierungen wurden zahlreiche betriebswirtschaftliche Maßnahmen
durchgeführt. Bei den Supportleistungen (Druckereien, Fuhrpark,
handwerkliche Dienste, Transport, Reinigung) kam es zu
Zusammenlegungen und Ausgliederungen.

Personalmaßnahmen
In mehreren Ressorts liefen Aus- und Weiterbildungsinitiativen, die
auch moderne Methoden wie E-Learning einschlossen. Mentoring-
und Coaching-Konzepte ergänzten diesen Schwerpunkt.
Durch     die    Zusammenfassung       der   Projekte   in   einem
Verwaltungsinnovationsprogramm wurde sichergestellt, dass die
wesentlichen Gruppen, die in einem Steuerungsgremium vertreten
waren, u.a. die Personalvertretung, die Reformen mittrugen und dass
die eingesetzten Instrumente aufeinander abgestimmt waren.

Die Verwaltungsqu alität soffensi ve 2007 - 2008
Die österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr.
Gusenbauer startete im Jahr 2007 die Verwaltungsqualitätsoffensive
(VQO).     Ausgangspunkt     war     der    politische     Wille   im
Regierungsprogramm,      wo    unter     dem Punkt         „Verstärkte
Bürgerorientierung“ ein hohes Tempo der Verwaltungsabläufe unter
Wahrung      der    Rechtssicherheit,     sowie      Effizienz    und
Kundenorientierung als wichtigste Ziele einer modernen Verwaltung
genannt wurden. Weiters waren darin Standards für Erledigungen
angesprochen, sowie die Anwendung von Qualitätsnormen.
Neben      dem     Abschluss     laufender   Projekte     aus    dem
Vorgängerprogramm VIP wurden rund 40 neue Projekte initiiert.
Dabei standen sowohl die Verbesserung der Leistungsqualität, als
auch Einsparungseffekte im Mittelpunkt. Nachfolgend finden Sie
einige Stichwörter zu Projekten der Verwaltungsqualitätsoffensive.
    E-Government: Elektronische          Zustellung,    E-Rechnung,
     Zeitstempeldienst

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                            23
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

     Personalmanagement:                 Skills-Management-Datenbank,
      Vorgesetztenbeurteilung
     Integrität: Verhaltenskodex für öffentlich Bedienstete
     Steuerung:    Ausweitung      der  Flexibilisierungsklausel,
      Vorbereitung Haushaltsrechtsreform

Arbeitsgruppe „Verwaltung neu“
Im Regierungsprogramm vom Dezember 2008 (Regierung Faymann I)
wurde unter dem Titel „Verwaltung neu“ eine Reihe von
Reformvorschlägen genannt und im Februar 2009 eine Arbeitsgruppe
zur Erarbeitung von Konsolidierungsmaßnahmen eingesetzt, welche
sich aus politischen EntscheidungsträgerInnen (Bundeskanzler,
Bundesminister für Finanzen, zwei Landeshauptleuten) und aus
ExpertInnen (IHS, WIFO, Staatsschuldenausschuss, KDZ-Zentrum für
Verwaltungsforschung)     zusammensetzte.    Die    Arbeitsgruppe
bearbeitete insgesamt elf Arbeitspakete in den unterschiedlichsten
Handlungsfeldern:
   Paket 1: Pensionen
   Paket 2: Bildung
   Paket 4: Wissenschaft und Forschung
   Paket 5: Effizientes Förderwesen
   Paket 6: Bürgerorientierung und Deregulierung
   Paket 7: Effizienz der Verwaltung
   Paket 8: Aufgabenreform und Strukturbereinigung
   Paket 9: Finanzausgleich und Haushaltsrecht
   Paket 10: Gesundheit und Pflege
   Paket 11: Umwelt, Infrastruktur, öff. Unternehmen und Fonds.

Die Arbeitsgruppe ging dabei wie folgt vor: In einem ersten Schritt
führten die ExpertInnen eine Problemanalyse in dem jeweils
vorgegebenen Handlungsfeld durch. In einem nächsten Schritt wurden
in einem Vorbereitungsgremium aus VertreterInnen der Verwaltung
und aus den ExpertInnen Lösungsansätze zu den aufgezeigten
Problemen erarbeitet.
Im Rückblick lassen sich für die Regierung Faymann 1 beispielhaft
folgende Umsetzungen darstellen:
     Schaffung von mehr Transparenz im Bereich Parteispenden,
      Inserate, Nebentätigkeiten von Abgeordneten
     Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit: 120 Sonderbehörden
      wurden auf 9 Landesverwaltungsgerichtshöfe und zwei
      Bundesverwaltungsgerichte reduziert
     Schaffung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl
     Personaleinsparungen

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                             24
MODELLE DER VERWALTUNGSFÜHRUNG

Verwaltungsreformen ab 2010

Regierungsprogramm von 2013 (Faymann II)
Auch das Regierungsprogramm von 2013 (Faymann II)enthielt eine
Reihe von Planungen zu Verwaltungsreformprojekten:
    Weiterentwicklung der Wirkungsorientierung: Vereinfachte
     Wirkungsfolgenabschätzung, Koordination der Gender-Ziele
     (umgesetzt)
    Amt der Bundesregierung (nicht umgesetzt)
Etliche Themen aus dem Regierungsprogramm 2013 lassen sich
Governance-Schwerpunkten zuordnen:
    Partizipation, Transparenz, Zusammenarbeit mit der
     Zivilgesellschaft/Wirtschaft
           o Mitbestimmung/Partizipation von Jugendlichen (S. 26):
             SchülerInnenparlament, Jugendgemeinderäte, E-
             Partizipation
           o Freiwilliges Engagement der BürgerInnen soll
             attraktiver werden (S. 56)
           o Umsetzung Nationaler Aktionsplan „Bewegung“ durch
             gemeinsame Strukturen der betroffenen Institutionen
             (S. 67)
           o BMI: umfassende Zusammenarbeit von staatlichen und
             privaten Sicherheitsakteuren, verstärkte Kooperation
             mit der Wirtschaft, Wissenschaft und privaten
             Sicherheitsdienstleistern, Evaluierung des bestehenden
             Netzes an Gewaltschutzeinrichtungen
           o Informationsfreiheit statt Amtsgeheimnis (S. 98)
           o Zivilgesellschaftliche Institutionen stärken (S. 99)
           o Open Government Data (S. 99)
    Kohärenz
           o Gemeinsame Weiterentwicklung des gesamten
             öffentlichen Dienstes in Österreich (S. 94)
           o Zentrale Koordinierung der Gleichstellung (S. 95)
           o Harmonisierung der Rechnungslegungsvorschriften für
             alle öffentlichen Haushalte (S. 103)

Die Regierungsprogramme von 2017 und 2020, Antrittsrede von
Bundeskanzlerin Bierlein
Regierungsprogramm 2017 (Regierung Kurz I)
Aus Seite 13 des Regierungsprogramms, also an prominenter Stelle
(das gesamte Regierungsprogramm umfasst 182 Seiten), werden im

Verwaltungsakademie des Bundes - GA 21b                             25
Sie können auch lesen