DOKUMENTATION Dialogforum Sport und Menschenrechte - Rio 2016, soziale Nachhaltigkeit und Menschenrechtsstandards bei Sportgroßevents - FairPlay
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Dialogforum Sport und Menschenrechte Rio 2016, soziale Nachhaltigkeit und Menschenrechtsstandards bei Sportgroßevents DOKUMENTATION 10. März 2016 | Haus des Sports | Wien
22 Inhaltsverzeichnis PROGRAMM3 ZUSAMMENFASSUNG4 INHALTLICHER BERICHT 5 Begrüßung 5 Panel I: Sportgroßereignisse und Menschenrechte am Beispiel von Rio. Die internationale Ebene 7 Panel II: Welchen Beitrag kann Sport für Menschenrechte leisten? Die nationale Ebene 10 Workshops: Menschenrechte, Nachhaltigkeit und der Beitrag Österreichs 14 Abschlusspanel: Zusammenführung und nächste Schritte 15 ANHÄNGE16 Entwurf einer Erklärung des österreichischen Sports 16 Die Grundrechte lt. Charta der Grundrechte der Europäischen Union von 2000 18 Die Menschenrechte lt. Allgemeiner Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 19 Impressum Herausgeber und Medieninhaber: Wiener Institut für internationalen Dialog und Zusammenarbeit (VIDC), Möllwaldplatz 5/3, 1040 Wien, Tel. 01-713 35 94-0, office@vidc.org | Redaktion: Martin Kainz, Kurt Wachter | Text: Moritz Ablinger | Fotos: David Višnjić, fairplay | Layout und Grafik: Sanja Jelic | Wien, September 2016
3 3 PROGRAMM Begrüßung: Walter Posch, Direktor, Wiener Institut für interna- Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten sowie Antidis- tionalen Dialog und Zusammenarbeit (VIDC) kriminierung gelten? Was heißt Good Governance im globali- sierten Sport? Was sind Good-Practice-Beispiele in Sport und 10:00–11:00 Panel 1: Sportgroßereignisse und Menschen- Entwicklung? rechte am Beispiel von Rio. Welche Rolle kann Österreich Julia Bustamante Silva, Menschenrechtsaktivistin, Ins- spielen? Die internationale Ebene. tituto Políticas Alternativas para o Cone Sul (PACS), Rio de Hans Peter Doskozil, Bundesminister für Landesverteidi- Janeiro gung und Sport (BMLVS) Andrea Florence, Strategic Alliance Officer, Terre des Leo Windtner, Präsident des Österreichischen Fuß- Hommes, Genf ball-Bundes (ÖFB), Vizepräsident der Bundes-Sportorga- nisation (BSO) Moderation: Kurt Wachter, fairplay Initiative – Wiener Institut für internationalen Dialog und Zusammenarbeit Evandro Didonet, Botschafter, Brasilianische Botschaft in Österreich (VIDC) Martin Nesirky, Direktor des United Nations Information Rapporteurin: Olivia Machado, Sozialwissenschaftlerin Service Vienna (UNIS) Julia Bustamante Silva, Menschenrechtsaktivistin, Ins- Workshop B: Chancen und Möglichkeiten österreichischer tituto Políticas Alternativas para o Cone Sul (PACS), Rio de Vereine und Verbände, sich lokal und international für Men- Janeiro schenrechts- und Nachhaltigkeitsstandards einzusetzen? Moderation: Ulla Ebner, ORF Radio Ö1 Welche Möglichkeiten gibt es, nationale und regionale Spor- tereignisse nachhaltiger zu gestalten? Welche Bedeutung 11:15–12:45 Panel 2: Welchen Beitrag kann Sport für Men- haben Nachhaltigkeitsstrategien bei in Österreich veranstal- schenrechte leisten? Die nationale Ebene. teten Großereignissen? Welche Verantwortung haben dabei die Verbände und Vereine? Welche nachhaltigen Angebote Sylvia Schenk, Ex-Olympionikin, Transparency Internatio- gibt es überhaupt? Wo gibt es Unterstützung und Informati- nal Deutschland onen? An welche Good Practices kann angeschlossen wer- den? Bernd Brünner, Stellvertretender Geschäftsführer der Georg Tappeiner, Kooperationsmanager, Österreichisches Austrian Development Agency (ADA) Ökologie-Institut / pulswerk Karin Lukas, Ludwig Boltzmann Institut für Menschen- Ewald Roth, Leiter Organisation Karate WM 2016 in Linz / rechte (BIM) Sportdirektor Österreichischer Karatebund Oliver Stamm, Ex-Olympionike, Right to Play Österreich Sepp Hackl, Leiter der Abt. Nachhaltige Entwicklung, Um- Rainer Rößlhuber, Generalsekretär Sportunion Österreich weltbundesamt / Nachhaltiger Sport Moderation: Claudia Unterweger, ORF Radio fm4 Moderation: Katharina Häusler, Ludwig Boltzmann Insti- tut für Menschenrechte 13:00–14:00 Mittagspause Rapporteurin: Anna-Maria Wiesner, Österreichische Bun- des-Sportorganisation (BSO) 14:00–15:45 Workshops 15:45–16:15 Kaffeepause Workshop A: Mega-Sport-Event quo vadis: Wie macht man globale Sportereignisse nachhaltiger? 16:15–17:00 Abschlusspanel: Ergebnisse aus den Work- shops, Erklärung Sport und Menschenrechte und nächste Wie nachhaltig sind Mega-Sport-Events? Was tut (Olympia) Schritte und tat (FIFA-WM) sich in Brasilien? Was wünscht sich die Zi- vilgesellschaft vor Ort von internationaler Seite? Was können Martin Kainz, fairplay Initiative, Wiener Institut für internatio- unterschiedliche Stakeholder_innen beitragen? Welche Rolle nalen Dialog und Zusammenarbeit (VIDC) spielen nationale und internationale Verbände, Sportler_innen Stefan Grasgruber-Kerl, Südwind und die Politik? Welche Standards müssten in Zukunft zur
44 ZUSAMMENFASSUNG Die Nachhaltigkeit von Sportgroßveranstaltun- Ewald Roth als positives Beispiel für eine inter- gen und was auf nationaler und internationa- nationale Sportveranstaltung präsentiert: Die ler Ebene für Menschenrechte getan werden Werte des traditionellen Karatesports wurden kann, waren die Themen eines hochkarätigen mit Menschenrechtsthemen wie Inklusion, Dialogforums am 10. März 2016 in Wien, das Verantwortung und Respekt verknüpft. von der Initiative Nosso Jogo veranstaltet wur- de. Sportminister Hans Peter Doskozil sprach Arbeitsgruppe Sport und Menschenrechte sich dafür aus, die Vergabe beispielsweise der Eine vom Sportministerium initiierte Arbeits- Fußball-Weltmeisterschaft an menschenrecht- gruppe „Sport und Menschenrechte“ wurde bei liche Fragen zu knüpfen. „Die Vergabe an Staa- dem Dialogforum vorgestellt. Sportministerium, ten, in denen Menschenrechte nicht geachtet Österreichische Bundes-Sportorganisation werden, hat noch nie etwas gebracht“, sagt (BSO), ÖFB und die Menschenrechtsinitiative Doskozil. ÖFB-Präsident Leo Windtner zeigte Nosso Jogo („Unser Spiel“) wollen bis Ende sich optimistisch, dass sich die FIFA unter des Jahres eine „Österreichische Erklärung dem neuen Präsidenten Gianni Infantino bes- Sport und Menschenrechte“ ausarbeiten. In sern könnte. „Jetzt können wir reinen Tisch Workshops wurden Vorschläge zum Thema machen und alte Praktiken hinter uns lassen“, „Sport und Menschenrechte“ diskutiert. Diese meint der Oberösterreicher. Darauf hofft auch umfassen u. a. transparente und demokratische Sylvia Schenk von Transparency International, Vergabekriterien, die Ausstattung von Sport- einer NGO mit Fokus auf Korruptionsbekämp- ler_innen mit Bekleidung, die unter Einhaltung fung. Aber, so die ehemalige Olympionikin: von sozialen und ökologischen Standards pro- „Es wird sich nicht alles von heute auf morgen duziert wurde, die Bekämpfung jeder Form von ändern“. Diskriminierung sowie die nachhaltige Nutzung von Sportstätten. Die Ergebnisse aus dem Di- Im Fokus standen auch die Olympischen Spie- alogforum werden von der AG in ihrer weiteren le in Rio de Janeiro. „Olympia soll ein Fest für Arbeit aufgegriffen. Sportlerinnen und Sportler sein, aber auch für die lokale Bevölkerung. Die Einwohnerinnen Appell für verbindliche Menschenrechtsstan- und Einwohner von Rio zahlen momentan einen dards hohen Preis für die Olympischen Spiele in ihrer Nosso Jogo setzt sich für verbindliche Men- Stadt. Sie sind konfrontiert mit Vertreibungen, schenrechtsstandards bei Sportgroßereignis- gesteigerter Polizeigewalt und verschwendetem sen ein. Dazu wurde im Frühjahr 2016 eine Steuergeld“, beklagte die brasilianische Men- Petition gestartet, adressiert an IOC-Präsident schenrechtsaktivistin Julia Bustamante Silva Thomas Bach. Sie fordert ein Ende der Zwangs- vom Instituto Políticas Alternativas para o Cone umsiedlungen, der Polizeigewalt und der Sul (PACS). Wegen der Fußball-WM 2014 und Verschwendung von Steuergeld in Rio. Sylvia den Olympischen Spielen 2016 in Rio verloren Schenk von Transparency International unter- über 60.000 Menschen ihr Zuhause. stützt den Appell nach verpflichtenden Leitlinien für Sport und Menschenrechte: „Sportverbände Doskozil: „Stärkung von Menschenrechten in sind nicht nur für die organisatorische Durch- den Austragungsländern“ führung eines Events verantwortlich. Erste Beim Dialogforum „Sport und Menschenrech- Schritte in eine positive Richtung sind erkenn- te“ diskutierten über 110 Vertreter_innen des bar: Das IOC mit der Agenda 2020 und die FIFA Sports, Aktivist_innen, Wissenschaftler_innen mit dem Auftrag an den Menschenrechtsexper- und Politiker_innen über Maßnahmen zur ten John Ruggie haben schon wichtige Weichen Förderung von sozialer Entwicklung im Rah- gestellt.“ men von Sportgroßereignissen. „Sport kann gesellschaftliche Verhältnisse zum Positiven ändern“, so die Einschätzung von Sportminister Doskozil. „Das internationale Ziel muss sein, die Menschenrechte und die Arbeitsrechte in den Austragungsländern zu stärken. In Österreich versuchen wir, den Sport als Botschafter zu nützen, zum Beispiel in der aktuellen Diskus- sion rund um Flüchtlinge und Integration.“ Die Karate-WM 2016 in Linz wurde vom Organisator
5 5 INHALTLICHER BERICHT Am 10. März stand im Wiener Haus des Sports Den Anfang machte um 10 Uhr eine hochkarä- die Veranstaltung „Dialogforum Sport und Men- tige Podiumsdiskussion zum Thema „Sportgro- schenrechte“ unter der Schirmherrschaft von ßereignisse und Menschenrechte am Beispiel Minister Hans Peter Doskozil am Programm. Vor- von Rio. Welche Rolle kann Österreich spielen? bereitet in der AG Sport und Menschenrechte1, Die internationale Ebene“ mit Hans Peter Dos- organisiert vom Wiener Institut für internationa- kozil sowie dem brasilianischen Botschafter len Dialog und Zusammenarbeit (VIDC) im Rah- Evandro Didonet und ÖFB-Präsident Leo Windt- men der Initiative Nosso Jogo, unterstützt von ner. Dazu saßen am Podium die brasilianische der Dreikönigsaktion und Südwind, gefördert Aktivistin Julia Bustamante, die bei der NGO von der Österreichischen Entwicklungszusam- Instituto Políticas Alternativas para o Cone Sul menarbeit waren 110 Menschen der Einladung in Rio de Janeiro aktiv ist, und Martin Nesirky, gefolgt. Vertreterinnen und Vertreter der Politik, Direktor des United Nations Information Service des Spitzen- und Breitensports, von NGOs aus Vienna. Moderiert wurde das Panel von der Jour- Brasilien und Österreich waren gekommen, um nalistin Ulla Ebner vom ORF Radio Ö1. gemeinsam Menschenrechtsstandards bei Sportgroßveranstaltungen zu diskutieren. Zunächst folgte aber die Begrüßung durch Walter Posch, Geschäftsführer des VIDC. Begrüßung Walter Posch, Direktor VIDC Herr Bundesminister, Exzellenz, Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich darf Sie zum „Dialogforum Sport und Menschen- rechte“ als Geschäftsführer von VIDC-fairplay recht herzlich begrüßen. Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, erstmals heimische und in- ternationale NGO-Aktivist_innen, Wissenschaft- ler_innen, Vertreter_innen des österreichischen Sports und Entscheidungsträger_innen aus der Politik an einen Tisch zu bringen, um sich über die Förderung von Menschenrechten auszutau- schen. Diesbezüglich gebührt ein besonderer Dank allen Mitgliedern der neuen „Arbeitsgruppe Botschafter, unserer Einladung gefolgt sind, Sport und Menschenrechte“ im Sportministe- obwohl wir vor zwei Jahren im Rahmen der Fuß- rium, das diese Organisation unterstützt. Dank ball-Weltmeisterschaft in Brasilien auch Sträuße gilt außerdem der Bundes-Sportorganisation, ausgefochten haben. Herzlichen Dank für Ihre dem ÖFB und insbesondere unseren Koopera- Teilnahme, Sie verleihen der Veranstaltung da- tionspartner_innen: der Dreikönigsaktion, Süd- mit ein entsprechendes Gewicht. wind, sowie natürlich der Austrian Development Aktuell gibt es drei Bedrohungen für den Agency, die diese Initiative seit mittlerweile Sport: das ist zum Ersten Doping. Zum Zweiten mehreren Jahren unterstützt und vor allem ist es die systemische Korruption innerhalb bei internationalen Aktionen an unserer Seite der Sportverbände und zum Dritten politische steht. Ich bedanke mich auch, dass Sie sich Bornierung, um nicht zu sagen Blödheit. Der an unseren Panels beteiligen. Ich freue mich Bekämpfung dieser dritten Bedrohung hat sich vor allem, dass Sie, Herr Minister, und Sie, Herr VIDC-fairplay seit nunmehr zwanzig Jahren ver- 1. Die AG Sport und Menschenrechte wurde im Herbst 2015 unter der Leitung des Sportministeriums (BMLVS) mit Beteiligung der Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO) und des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) initiiert.
66 schrieben: Sei es der Kampf gegen individuellen selbstverständlich sein sollten, wie Fairness, Rassismus und Nationalismus, sei es aber Diversität und Inklusion. Es geht auch um men- auch der Kampf gegen strukturelle, politische schenwürdige Rahmenbedingungen bei Sport- Gewalt. Wir wissen natürlich, dass diese Watch- veranstaltungen. Man muss, um das plakativ zu dog-Funktion, die wir haben, nicht immer ange- formulieren, also auch darüber nachdenken, ob nehm ist und dass wir uns auch Feindschaften Sportgroßveranstaltungen an Staaten vergeben machen. Aber wir freuen uns, dass es uns werden sollten, in denen die Diskriminierung trotzdem gelungen ist, Bewusstsein zu schaf- von Frauen in der Verfassung festgeschrieben fen und dass auch größere Organisationen, wie ist. beispielsweise die UEFA, von uns lernen. Ich Heute werden die vielen Facetten der Themen denke da an die „Respect“-Kampagne eben der soziale Nachhaltigkeit und Menschenrechts- UEFA, die auf unserem Mist gewachsen ist. Ich standards zur Sprache kommen und es wird um denke aber auch an die Broschüre zum Thema eine gemeinsame Verantwortung gehen. Ver- Homophobie, die wir gemeinsam mit dem ÖFB antwortung seitens der Verbände, aber auch der herausgegeben haben. Es hat sich sehr viel Vereine, der Athlet_innen, der Medien, der Politik. getan und das zeigt auch, dass Veränderung Sprechen wir miteinander, hören wir einander immer möglich ist – auch wenn es nicht immer zu und lernen wir voneinander. Auch wenn das leicht ist. Das ist auch der Grund, warum wir manchmal wehtut und Kritik geäußert wird: klu- auch in Zukunft ein wachsames Auge auf Sport- ge Staaten fördern ihre Kritiker_innen, nicht so großveranstaltungen werfen werden und auf kluge sperren sie ein. In diesem Sinn: Viel Erfolg Ihre Unterstützung hoffen. Es geht uns nämlich im Sinne des Sports und der Menschenrechte. nicht um jene Prinzipien, die im Sport eigentlich
7 7 Panel I: Sportgroßereignisse und Menschenrechte am Beispiel von Rio. Die internationale Ebene Ulla Ebner, ORF Radio Ö1: Auch von meiner Gesellschaft zurechtzufinden. Auch das ist eine Von links nach rechts: Angela Kemper (DKA, Seite aus einen schönen guten Morgen. Mein Menschenrechtsfrage. Übersetzung) und Julia Name ist Ulla Ebner, ich bin Radio-Journalistin Aber es geht natürlich auch um andere Men- Bustamante, Martin bei Ö1. 2014 war ich während der WM selbst in schenrechtsfragen, um jene, die im Zusam- Nesirky, Leo Windtner, Ulla Brasilien und habe mich dort mit den Protesten menhang mit der Vergabe von Sportgroßevents Ebner, Hans Peter Doskozil, und der internationalen Kritik an den Menschen- aufkommen. Ich bin der Meinung, wir müssen Evandro Didonet rechtsverletzungen beschäftigt. All das wird diese Vergabe auch an menschenrechtliche Pa- Thema dieses ersten Podiums sein. rameter knüpfen. Es gibt immer jene Leute, die Ich möchte mit Ihnen beginnen, Herr Bun- sagen, die Vergabe an ein Land mit zweifelhaf- desminister. Sportgroßveranstaltungen wie ten menschenrechtlichen Standards stellt diese Fußball-Weltmeisterschaften und Olympische erst zur Diskussion, aber ich bin mir da nicht Spiele standen zuletzt immer wieder in der sicher. Was haben Vergaben in solche Staaten öffentlichen Kritik. Menschenrechtsverletzun- je gebracht? Ich glaube: Nichts Substanzielles. gen sind in den Austragungsländern oft an der Man sieht das ja auch in Brasilien recht gut, Tagesordnung. Wie kann man das ändern und wo es jetzt zu massiven Zwangsumsiedlungen welche Akzente können Sie überhaupt setzen? kommt. Da stellt sich natürlich die Frage: Hat man mit Olympia in Rio de Janeiro den Men- Hans Peter Doskozil, Bundesminister für schenrechten geholfen? Ulla Ebner, ORF Radio Ö1 Landesverteidigung und Sport: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich Ebner: Die FIFA steht ja immer wieder im Mittel- zuerst für die Einladung bedanken. Es geht um punkt der Kritik. Auf der einen Seite wegen Kor- ein sehr wichtiges Thema, bei dem sich gleich ruption, aber auch die Vergabe von Weltmeister- auch die Frage stellt, wie wir uns ihm nähern schaften nach Katar und Russland wurde von wollen. Es geht bei Nachhaltigkeit im Sport Menschenrechtsorganisationen heftig kritisiert. nämlich nicht nur um Förderprojekte, um die Aktiv gegensteuern, so wirkt es zumindest, tut Unterstützung von Sportevents und der Errich- der Weltverband aber nicht. Wann ändert sich tung von Sportstätten. Wir müssen den Sport das und welche Rolle kann der ÖFB bei einem auch als Botschaft begreifen. Sport, und das Kurswechsel spielen? ist gerade jetzt sehr wichtig, ist ein Vehikel der Hans Peter Doskozil, Integration. Wir können mithilfe von ganz ver- Leo Windtner, ÖFB-Präsident: Zunächst ein- Bundesminister für schiedenen Sportarten und einer breiten Palette mal möchte auch ich mich für die Einladung Landesverteidigung und von Vereinen Menschen helfen, sich in unserer bedanken, es geht um eine sehr zentrale und Sport
88 aktuelle Angelegenheit unseres Sports. Aktuell Ebner: Was entgegnen Sie einer solch heftigen auch deshalb, weil ich vor 13 Tagen [Anm.: am Kritik, Herr Botschafter? Verstehen Sie diese 26. Februar 2016] in die Höhe gesprungen bin, Einschätzung? weil Gianni Infantino zum FIFA-Präsidenten ge- wählt wurde. Das ist, erstens, ein Zeichen, dass Evandro Didonet, brasilianischer Botschaf- es einen Aufbruch in der FIFA gibt und wir jetzt ter in Wien: Vielen Dank für die Einladung. Ich neue Wege beschreiten können. Wir können möchte dem Gesagten etwas widersprechen. den Wandel zu einer modernen Organisation Ich finde es unfair, wenn man Brasilien als Bei- Evandro Didonet, schaffen. Zum Zweiten war die Wahl Infantinos spiel für die Menschenrechtsverletzungen im brasilianischer Botschafter aber auch deshalb so wichtig, weil bei einer Rahmen von Sportgroßveranstaltungen nennt. in Wien Wahl des Scheich Salman sich natürlich gewis- Es gibt einen dramatischen sozialen Fortschritt. se Fragen gestellt hätten, vor allem im Bereich Die Demokratie ist in Brasilien sehr stark: Die der Menschenrechte. Das wäre ein fatales Sig- Presse ist frei, die Justiz sehr unabhängig. Ge- nal gewesen. rade an den Demonstrationen gegen die Präsi- Jetzt aber können wir diese Diskussion füh- dentin Dilma Rousseff und die Verfahren gegen ren und uns mit den Kritiken der letzten Jahre ihren Vorgänger, Lula, sieht man das ja sehr gut. auseinandersetzen. Ja, es gibt eine Tendenz hin Die Zivilgesellschaft wird immer stärker. zur Vergabe in totalitäre Staaten. Man muss sich Sicher gibt es Probleme bei den Menschen- aber auch fragen, warum das so ist. Warum will rechten, das will ich nicht bestreiten. Aber die in Europa, zum Beispiel in Hamburg, die Bevöl- Regierung weiß das und sie behandelt dies prio- kerung nicht mehr, dass dort Olympische Spiele ritär. Die Sozialleistungen für arme Familien sind Julia Bustamante, stattfinden? Darüber müssen wir nachdenken. dafür nur ein Beispiel. Es gibt affirmative action, Aktivistin aus Rio de um die Diskriminierung von Schwarzen zu be- Janeiro Ebner: Julia Bustamante, Sie kommen aus Rio kämpfen. Die Leistungen brasilianischer Athle- de Janeiro. Vor zwei Jahren hat dort die Welt- tinnen und Athleten bei den Paralympics sind meisterschaft im Fußball stattgefunden, im toll und zeigen Sensibilität auch im Umgang mit Sommer stehen die Olympischen Spiele am Pro- Menschen mit Behinderung. Wenn man über gramm. Wie erleben Sie die Stadt im Moment? Menschenrechte in Brasilien redet, muss man die positiven Beispiele betonen. Julia Bustamante, Aktivistin aus Rio de Jan- eiro: Ich bin sehr dankbar für die Einladung und Ebner: Kommen wir von Brasilien zur internati- das ich heute hier die Möglichkeit habe, über onalen Ebene und zur gesamten Welt. Die UNO, das zu sprechen, was gerade in Rio passiert. Herr Nesirky, hat sich in letzter Zeit intensiver Denn was gerade in meiner Heimatstadt pas- mit Sport auseinandergesetzt. Er soll ein Vehikel siert, dauert schon seit den Vorbereitungen für für Menschenrechte und Frieden sein. Inwiefern die WM im Jahr 2014 an, verstärkt sich aber ge- kann der Sport dabei eine Rolle spielen? rade. Die Ausgaben für Olympia, wie schon da- vor für die WM, haben Kürzungen im Bildungs- Martin Nesirky, Direktor des United Nations und Gesundheitsbereich zur Folge. Das zeigt die Information Service Vienna: An erster Stelle Prioritäten der Regierung. Aber das ist nur ein möchte ich mich für die Einladung bedanken. Aspekt der momentan herrschenden Politik. Sie haben natürlich vollkommen recht, die UNO Die schon angesprochenen Zwangsumsied- hat sich in den letzten Jahren verstärkt um den lungen erreichen momentan neue Dimensio- Sport bemüht. Das beste Beispiel hierfür ist nen. 70.000 davon hat es in den letzten Jahren sicher die Arbeit des UN-Büros mit dem Namen gegeben. Es ist schwer, sich ein genaues Bild „Sport for Development and Peace“, das 2001 davon zu machen, weil es kaum offizielle Anga- gegründet wurde. Man versucht dort aufzu- ben und Informationen gibt. Momentan ist vor zeigen, dass der Sport einzigartig ist und eine allem die Villa Autódromo von den Bauvorhaben unglaubliche Möglichkeit ist, Menschenrechte der Mächtigen betroffen. 1.500 Menschen woh- zu stärken. Auf Sport-Großveranstaltungen nen dort, es soll dort aber der Olympische Park liegen die Augen der ganzen Welt. Dort kom- entstehen. Die Umsiedlungen passieren dort men Tausende Athlet_innen und Millionen von zum Teil ohne öffentlichen Bescheid und unter Zuseher_innen aus der ganzen Welt zusammen Einsatz von Gewalt. Zum Teil werden Wasser und und überwinden dabei Grenzen und feiern ge- Strom abgeschalten, die Leute haben Angst. Es meinsam. ist ein Kriegsszenario. Was mit der Vila Autódro- Es ist Ban Ki-moon als Generalsekretär auch mo passiert, ist ein Symbol für alles, was schie- sehr wichtig, dass im Zuge von Sportveranstal- fläuft. Die Olympischen Spiele finden nicht für tungen Menschenrechte nicht verletzt werden, uns und die Bevölkerung Rios, sondern für das deswegen hat er in Sotschi auch sehr klare Wor- Glück einiger weniger statt. te dementsprechend verloren.
9 9 Ebner: Wir haben jetzt leider nur mehr kurz Zeit dership Programme“ unter UN-Sonderberater für eine zweite Runde, ich bitte Sie also um sehr Wilfried Lemke betonen. Das ist ein Programm prägnante Antworten. Ich beginne wieder mit der Vereinten Nationen, wird aber tatkräftig vom Ihnen, Herr Minister. Sie sind noch nicht sehr IOC unterstützt. Junge Sportler lernen da sehr lange im Amt. Was ist im Sportressort beson- bald, was es heißt, Verantwortung zu überneh- ders von Bedeutung? men und über den Tellerrand zu blicken. Doskozil: Uns ist es sehr wichtig, dass das Zu- Ebner: Im August, also in etwas mehr als fünf sammenspiel zwischen Wirtschaft und Spitzen- Monaten, werden in Rio de Janeiro die Olympi- Leo Windtner, sport ausgewogen ist. Die Wirtschaft hat natür- schen Spiele eröffnet. Wie sehen die Vorberei- ÖFB-Präsident lich Interesse daran, vom Sport zu profitieren tungen aus? Gibt es noch Probleme? und ihn zu sponsern. Das ist ja an sich nichts Verkehrtes. Dadurch ergeben sich verschiedene Didonet: Die Vorbereitungen für Rio 2016 laufen Möglichkeiten. Zum einen profitiert der Sport nach Plan. Es gibt, soweit ich weiß, auch keine finanziell davon, aber auch die Spitzensportler Berichte über größere Demonstrationen. Das selbst können vom Engagement der Wirtschaft muss man ja auch im Rückblick über die WM Nutzen ziehen, gerade was Karrieremöglichkei- im Jahr 2014 sagen. Die Organisation war fa- ten nach der aktiven Zeit betrifft. belhaft, es gab kein Chaos und auch keine De- Wir müssen aber auch immer aufpassen, monstrationen. Alles ist gut gelaufen, das muss dass der Sport nicht zu sehr kommerzialisiert man jetzt auch mal in den Medien und in Europa wird. Zwischen dieser Gefahr und der notwen- anerkennen. Martin Nesirky, Direktor digen Rolle der Wirtschaft im Sport ist es ein des United Nations Infor- schmaler Grat, auf dem es zu balancieren gilt. Ebner: Diesmal die Gegenfrage an Sie, Frau mation Service Vienna Bustamante: Gehen Sie mit dieser Einschätzung Ebner: Jetzt haben wir vom Spannungsverhält- d’accord? nis zwischen Sport und Wirtschaft gehört. Wie sieht es um das Verhältnis zwischen Sport und Bustamante: Umso näher Olympia kommt, Politik aus, Herr Präsident? umso stärker werden die Menschenrechtsver- letzungen. Vor allem die staatliche Gewalt gegen Windtner: Der Sport wird die Politik immer Arme und Demonstranten nimmt zu. Das ist im brauchen, aber er darf sich nicht gebrauchen Moment auch unsere zentrale Forderung: ein lassen. Man darf nicht die Sportler vorschicken, Ende der Gewalt. um politische Probleme zu lösen. Das muss die Wie sich die Situation dann im Sommer dar- Politik schon selbst erledigen. Vor allem aktive stellt, kann ich nicht sagen. Es kann noch viel Sportler darf man nicht benutzen. passieren. In meinen Augen braucht es die Soli- Aber natürlich müssen sich der Sport und die darität mit den Betroffenen und eine Solidarität Sportverbände ihrer politischen Rolle bewusst zwischen den Völkern. Nur so können wir ver- sein. Der neue FIFA-Präsident, Gianni Infantino, hindern, dass sich die Fehler der Vergangenheit hat ein so genanntes Legendenteam für Men- wiederholen. schenrechte vorgeschlagen. Da sollen verdiente Fußballer wie Pelé und Zinedine Zidane daran teilhaben und Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Fußball thematisieren. Mit solchen Namen hätte das dann auch ein Ge- wicht. Generell sehe ich bei der FIFA viel Gutes und eine Sensibilität für diese Probleme. Das wird zwar eine Zeit dauern, aber ein Ozeanriese braucht eben seine Zeit zum Manövrieren. Ebner: Man redet sehr oft von den negativen Entwicklungen und den dunklen Seiten des Sports. Wie nehmen das die Vereinten Nationen wahr? Nesirky: Ich glaube auch, dass es einige positi- ve Entwicklungen gibt. Die Schritte der FIFA sind ja schon angedeutet worden. Das Internationale Olympische Komitee, das IOC, leistet aber auch einen besonderen Beitrag zu einer besseren Zukunft. Ich möchte da speziell das „Youth Lea-
1010 Von links nach rechts: Rainer Rößlhuber, Karin Lukas, Oliver Stamm, Claudia Unterweger, Bernd Brünner, Sylvia Schenk Panel II: Welchen Beitrag kann Sport für Menschenrechte leisten? Die nationale Ebene Nach einer kurzen Pause ging es mit einem Sylvia Schenk, Ex-Olympionikin, Transparency zweiten Panel weiter. Thema war dann „Welchen International Deutschland: Vielen herzlichen Beitrag kann Sport für Menschenrechte leis- Dank für die Einladung. Ich möchte zuerst auch ten? Die nationale Ebene“, moderiert wurde noch etwas zur vorherigen Diskussion sagen. das Podium von FM4-Moderatorin Claudia Un- Denn das Thema der Menschenrechtsverlet- terweger. Am Podium saß Sylvia Schenk, die die zungen in Austragungsländern ist nicht aus- Arbeitsgruppe Sport der NGO „Transparency In- schließlich bei Sportverbänden ein Problem, da ternational Deutschland“ leitet. Schenk war dazu muss man schon differenzieren. Als 2007 die 1972 selbst Olympionikin. Das gilt auch für Oli- Männer-WM nach Brasilien vergeben wurde, da ver Stamm, der für Österreich 2000 in Sydney hat es auch aus der deutschen Wirtschaft viele Claudia Unterweger, Radio FM4 bei den Olympischen Spielen antrat. Heute ist Stimmen gegeben, die das begrüßt haben. Auch er Botschafter von Right to Play Österreich. Um in den Medien wurde das damals kaum disku- die Perspektive der unzähligen Sportvereine in tiert. Klar hat da die FIFA vor allem in letzter Zeit Österreich zu schildern, saß Rainer Rößlhuber, oft eine unrühmliche Figur gemacht, aber so zu Generalsekretär der Sportunion, am Podium. Für tun, als wäre das nur ihr Problem, würde zu kurz die internationale Ebene auf diesem Panel sorg- greifen. Und wir bewegen uns da gesamtgesell- ten Karin Lukas vom Ludwig Boltzmann Institut schaftlich in die richtige Richtung. Dass das IOC für Menschenrechte und Bernd Brünner von den Host-City-Vertrag transparent machen will, der Austrian Development Agency, ein zentraler dass die FIFA über menschenrechtliche Verga- Fördergeber von VIDC und fairplay. bekriterien diskutiert, all das war vor einigen Jahren ja noch undenkbar. Die Unternehmen Claudia Unterweger, Radio FM4: Frau Schenk, selbst waren auch bis 2011 den Menschen- Sylvia Schenk, Ex-Olympio- ich möchte mit Ihnen beginnen. Am ersten Podi- rechten nur sehr oberflächlich verpflichtet. Das nikin, Transparency Inter- um wurde viel über Menschenrechtsverletzun- hat nicht nur mit dem Sport zu tun, das ist ein national Deutschland gen im Rahmen von Sportgroßveranstaltungen gesamtgesellschaftliches Thema. geredet. Sie waren selbst als Olympionikin bei den Olympischen Spielen 1972 in München Unterweger: Herr Stamm, auch Sie waren Olym- aktiv und leiten jetzt die „Arbeitsgruppe Sport“ pionike. Sie sind gemeinsam mit Nik Berger von Transparency International. Wie schätzen 2000 in Sydney im Beach-Volleyball für Öster- Sie die großen Sportdachverbände der Welt ein? reich angetreten. Was sind Ihre Erinnerungen an das Turnier? Haben Menschenrechtsverlet-
11 11 zungen da eine Rolle gespielt und wie haben Sie Podium an, ist ein Vehikel für gewisse Themen, das als Aktiver wahrgenommen? die ganz eindeutig mit Menschenrechten ver- knüpft sind. Wenn man sich zum Beispiel die Oliver Stamm, Ex-Olympionike, Right to Play 17 UN Development Goals ansieht: Da geht es Österreich: Es freut mich sehr, heute hier sein zu um Umweltthemen, um Geschlechtergleichheit, dürfen, deshalb möchte ich mich für die Einladung um Frieden. All das kann man ja über den Sport bedanken. Die Olympischen Spiele in Sydney kommunizieren. Das ist auch unsere Aufgabe. 2000 waren, würde ich sagen, die letzte Sport- Es geht eben darum, und dafür ist diese Veran- großveranstaltung, wo es keine großen Proteste staltung ein schöner Rahmen, die Probleme in gab. Zwar hat es im Vorfeld wegen dem Umgang Brasilien auch in Österreich zu thematisieren. Bernd Brünner, Stellver- mit den Aborigines Kritik gegeben, aber das ist mit tretender Geschäftsführer den Diskussionen heutzutage nicht vergleichbar. Unterweger: Frau Lukas, Sie beobachten Men- der Austrian Development Agency Es gab keine Menschenrechtsverletzungen wie in schenrechte und Verstöße dagegen auf der China und Russland. Das nur vorweg. ganzen Welt. Welche Rolle spielen Sportverbän- Ich glaube nicht, dass sich aktive Sportle- de dabei, im positiven wie im negativen Sinne? rinnen und Sportler zu Menschenrechtsver- letzungen äußern sollten. Dafür sind sie nicht Karin Lukas, Ludwig-Boltzmann-Institut für Men- ausgebildet und auch nicht zuständig. Ein schenrechte: Zunächst einmal, und da möchte ich Sportler hat nur eine gewisse, meist recht kurze mich auch auf meine Vorrednerin beziehen, halte Zeit, um sportlich erfolgreich zu sein. Oft gibt ich Differenzierungen gerade bei so heiklen The- es beispielsweise die Möglichkeit an Olympia men für sehr wichtig. Die FIFA, das IOC oder gewis- teilzunehmen nicht. Dass sich dann Sportle- se Unternehmen, die in Sportgroßveranstaltungen rinnen und Sportler dem Risiko aussetzen, mit investieren, müssen die Menschenrechte ja nicht politischen Äußerungen Unmut auf sich zu zie- schützen, sondern sie achten. Das ist ein feiner Karin Lukas, Ludwig-Boltz- hen und ihre Nominierung zu gefährden, würde Unterschied, der aber auch für uns wichtig ist. Es mann-Institut für Men- ihnen viel zu viel abverlangen. liegt am Staat, die Einhaltung der Menschenrechte schenrechte zu gewährleisten und sie zu schützen. Das hat Unterweger: Herr Rößlhuber, wir haben jetzt viel gewichtige Folgen, wie und an wem Kritik geäußert über Verbände und die großen Organisationen werden sollte. Ich glaube, man muss da immer des Sports geredet. Welche Rolle spielen Men- sowohl die Organisationen als auch die Staaten in schenrechte bei den Vereinen und beim Brei- die Pflicht nehmen. tensport in Österreich? Nur als Beispiel: Es gab 2012, vor den Olym- pischen Spielen in London, massive Kritik an Rainer Rößlhuber, Sportunion Österreich: Adidas, weil es Medienberichte über verheeren- Zunächst möchte ich mich natürlich auch sehr de Zustände in Asien gab, wo Adidas-Produkte für die Einladung bedanken. Das Thema Men- erzeugt wurden. Da hat es einen öffentlichen schenrechte, das merkt man ja gerade jetzt, ist Druck gegeben, auf den Adidas reagiert hat. in Österreich jeden Tag wichtig. Homophobie, Seitdem haben sie einige positive Maßnahmen Sexismus, Prävention gegen Missbrauch. All das in der Sportartikelproduktion in China und In- sind Themen, mit denen wir als Sportvereine dien gesetzt. Da geht es um Sicherheit in den uns jeden Tag konfrontiert sehen. Aber man Produktionsstätten, aber auch Überstundenre- muss auch sehen, dass es eben ehrenamtliche gelungen. Es gab da in der Sportartikelindustrie Funktionäre sind, die die Vereine tragen. Wir insgesamt große Fortschritte. Leider ist man auf bewegen uns da in einem Spannungsfeld. Wir Baustellen davon noch weit entfernt, aber die- müssen etwas für die Menschenrechte tun, ses Beispiel zeigt ja, wie es gehen kann. aber gleichzeitig können wir auch den Ehren- Im Rahmen von Nosso Jogo werden wir als amtlichen nicht immer mehr umhängen. Wir Boltzmann Institut überprüfen, wie österreichi- brauchen da auch Unterstützung und Konzepte, sche Unternehmen in Rio agieren und wofür sie die sich dieser Probleme bewusst sind. verantwortlich sind. Wir werden uns ganz genau anschauen, wie es da beispielsweise auf den Unterweger: Sie wollen mit Ihrer Arbeit, Herr Baustellen zugeht. Brünner, Entwicklungszusammenarbeit und Sport zu einer gemeinsamen Angelegenheit Unterweger: Die Frage wurde ja auch schon machen. Wie lassen sich diese beiden Dinge am ersten Panel gestellt, aber aus Ihrer Sicht, zusammendenken? Frau Schenk: Gibt es Fortschritte in Hinsicht auf Sportgroßveranstaltungen? Bernd Brünner, Stellvertretender Geschäfts- führer der Austrian Development Agency: Schenk: Zunächst wollte ich noch was zur Rolle Vielen Dank für die Einladung. Sport, und damit der Sportlerinnen und Sportler sagen: Ich glaube knüpfe ich ja an einige Vorredner und das erste ja, und da muss ich Herrn Stamm ein bisschen
1212 widersprechen, dass man Sportlerinnen und Integration passiert dadurch ja nicht, da gibt es Sportlern selbst überlassen muss, ob sie sich keinen Automatismus. Es braucht aktive Maß- politisch äußern wollen. Ich denke da nur an nahmen, damit der Sport integrativ wirkt. Es ist die Outfits des deutschen Teams im Regen- ja oft die Rede vom Nationalteam und dass dort bogen-Look, das ist doch wunderbar. Oder an gezeigt wird, wie gut die Integration funktioniert. lackierte Fingernägel in den Regenbogenfarben, Das mag ja stimmen, aber es geht eben auch wie bei der Leichtathletik-WM in Moskau 2013. um jene, die nicht so talentiert sind wie die Ala- Sportlerinnen und Sportler erreichen mit sol- bas dieser Welt. Auch die muss man erreichen. chen einfachen Botschaften einfach viel mehr Oliver Stamm, Ex-Olym- Leute, als die schönsten Reden von irgendwel- Unterweger: Was braucht es, um Menschen- pionike, Right to Play chen Funktionären es tun. Deswegen sollte man rechte nachhaltig zu stärken, Frau Lukas? Wel- Österreich es den Athletinnen und Athleten wirklich selbst che Rolle können wir alle spielen, was müssen überlassen. Man kann niemandem vorschrei- aber auch die Unternehmen oder die Sportver- ben, sich politisch zu äußern, aber man sollte es bände selbst machen? auch niemandem verbieten. Grundsätzlich glaube ich auch, dass es einen Lukas: Ich glaube, zum einen braucht es Druck gewissen Fortschritt in menschenrechtlichen auf die Unternehmen, damit sie um die Wich- Fragen gab. Ich habe es ja zuerst schon angedeu- tigkeit der Menschenrechte wissen und dass tet, aber heute dienen Sportgroßveranstaltungen sie sich in dieser Hinsicht verpflichten. Zum nicht mehr als Marketing für das Austragungs- anderen braucht es aber auch ein Risikoma- land. Früher waren sie das, aber heute werden im nagement der Unternehmen selbst. Lohnt es Zuge der Vergabe ja Menschenrechte immer the- sich, in gewissen Regionen zu investieren oder matisiert. Eine WM wie 1978 im diktatorischen zu bauen, wenn dort mit Menschenrechtsver- Rainer Rößlhuber, Gene- Argentinien wäre heute nicht mehr denkbar. letzungen zu rechnen ist? Schließlich gibt es da ralsekretär Sportunion Österreich auch einen Marktdruck, untragbare Zustände Unterweger: Herr Stamm, Sie sind Botschafter sind sehr schlecht für das Marketing. von Right to Play Österreich. Was ist das für eine Wir können jedenfalls nicht abwarten und Organisation und welche Arbeit leistet sie in auf staatliche Maßnahmen oder Reformen und Hinsicht auf Menschenrechte im Sport? Verpflichtungen der Sportverbände warten. Es braucht öffentlichen Druck der Zivilgesellschaft Stamm: Right to Play wurde im Rahmen der auf die Unternehmen, damit Menschenrechte Olympischen Winterspiele 1994 in Lillehammer und ihre Einhaltung ein für allemal im Bewusst- gegründet, federführend war damals der norwe- sein verankert werden. gische Eisschnellläufer Johann Olav Koss. Da hat man versucht, das gesellschaftlich-soziale Po- Diskussion tential, das der Sport hat, zu organisieren und zu In der anschließenden Diskussion mit dem nutzen. Sport ist ein effizientes und kostengüns- Publikum ging es um fair produzierte Sport- tiges Mittel, disprivilegierte Gruppen zu stärken kleidung und die Missstände in Brasilien. Auch – das reicht von Frauen bis hin zu Flüchtlingen. darüber, wie es um die Zusammenarbeit zwi- Fußball zum Beispiel kann man ja auf der ganzen schen Sportvereinen und Flüchtlingsinitiativen Welt spielen. Es braucht nicht mehr als vier Steine aussieht, wurde gesprochen. für die Tore und einen Ball. Wenn es keine Eltern Dazu führte Sylvia Schenk die Fortschritte, gibt, die Werte vermitteln, kann das der Sport die die FIFA mit den beschlossenen Reformen übernehmen. Gerade in Kriegsgebieten, wo den andeutet, aus und äußerte sich optimistisch ob Kids oft die Vaterfigur fehlt, ist das enorm wichtig. der Zukunft des Weltsportverbandes. Vor allem Aber man sieht ja auch gerade in Österreich, dass die gestärkte Rolle der Frauen und die Zerschla- der Sport eine integrative Rolle übernehmen gung des „Old Boys Network“ stimmte Schenk kann. Auch Flüchtlinge hier sind dankbar, wenn hoffnungsfroh. sie Sport machen können – und es hilft ihnen Diskutiert wurde auch die Situation in Brasili- auch, sich einzuleben. en. Peter Mennel, Generalsekretär des Österrei- chischen Olympischen Komitees, rief zu mehr Unterweger: Herr Rößlhuber, wie gehen Sie in Genauigkeit und einem differenzierteren Blick den Vereinen mit dem Thema Integration um? im Diskurs auf. So bezweifelte er die Zahl der 70.000 Zwangsumsiedlungen im Zusammen- Rößlhuber: Klar kriegt man gesellschaftliche hang mit den Olympischen Spielen, da es sich Stimmungen auch im Verein mit. Der Verein ist dabei nur um eine Schätzung handle. Auch wä- die Gesellschaft im Kleinen, wo man auch Vor- ren viele jener Leute, die aus der Villa Autódro- urteile abbauen kann. Zum einen ist der Sport mo ausgezogen wären, froh darüber gewesen. ja per se verbindlich, weil gewisse Hindernisse, „Die Recherche vor Ort ergab ein anderes Bild wie beispielsweise die Sprache, wegfallen. Aber als hier gezeichnet wurde“, sagte Mennel.
13 13 Julia Bustamante entgegnete darauf, dass es großveranstaltungen bringe Menschenrechte Am Dialogforum nahmen über 100 Teilnehmer_innen schlicht sehr wenige offizielle Zahlen in diesem ins Austragungsland, widersprach Brosz. Für ihn aus den Bereichen Sport, Zusammenhang gibt und die Informationspo- macht es schlicht keinen Sinn, in einem Land Menschenrechte, Wissen- litik der Regierung ganz und gar nicht optimal wie Katar eine Fußball-WM spielen zu lassen. schaft und Politik teil. verläuft. Die Statistiken, mit denen Bustamante „Das Wetter, die Menschenrechte, die Größe und ihr Institut arbeiten, sind aber solche, die – all das spricht dagegen. Eine solche Ent- von der Stadtregierung Rios veröffentlicht wer- scheidung kann nur durch Inkompetenz oder den. Was freiwillige Umsiedlungen aus der Villa Korruption erklärt werden. Das hat nichts mit Autódromo betrifft, sagte Bustamante: „Es ist Menschenrechten zu tun“, so Brosz. grundsätzlich natürlich schon vorstellbar, dass Zum Abschluss der Diskussionen sowohl auf jemand freiwillig von dort wegzieht. Aber die dem Podium als auch im Publikum rief Ursula Leute müssen in einem sehr schnellen Tempo Werther-Pietsch vom Bundesministerium für ihre Wohnungen verlassen und sich um neue Äußeres zu einer stärkeren Zusammenarbeit umsehen – einfach ist das auf gar keinen Fall.“ zwischen dem Sport- und dem Außenministe- Dieter Brosz warf zudem einige Fragen in den rium auf. „Menschenrechte spielen bei uns bei Raum, die er im Zuge des ersten Panels nicht der Entwicklungszusammenarbeit eine immer stellen konnte. Zum einen stellt sich für ihn die wichtigere Rolle. Der Sport findet dabei aber Frage, wie Sportminister Doskozil mit den kom- keine Berücksichtigung. Das sollte sich schleu- menden Sportgroßveranstaltungen in Rio und nigst ändern“, sagte Werther-Pietsch. vor allem mit der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland 2018 umgehen wird. Wird er, sollte sich das österreichische Nationalteam qualifi- zieren, anreisen? Wird er die Menschenrechts- verletzungen in Russland thematisieren? Auch an Herrn Windtner verlor Brosz einige Worte. So widersprach er zunächst seiner sehr positiven Einschätzung des neuen FIFA-Präsi- denten Gianni Infantino. „Es kann ja sein, dass dieser unter den fünf Kandidaten der beste war“, sagte Brosz. „Dies macht ihn aber noch Peter Mennel, General- Dieter Brosz, Sportsprecher Ursula Werther-Pietsch, lange nicht zu einem Vorzeigepräsidenten. sekretär des Österrei- des Grünen-Parlaments Bundesministerium für Das hätte der ÖFB auch sagen können.“ Auch chischen Olympischen clubs Äußeres Windtners Einschätzung, die Vergabe von Sport- Komitees
1414 Workshops: Menschenrechte, Nachhaltigkeit und der Beitrag Österreichs Teilnehmer_innen von Nach einer einstündigen Mittagspause folgten Gleichzeitig wurden in Workshop B „Chancen Workshop A sowie Georg ab 14 Uhr zwei Workshops. Workshop A stand und Möglichkeiten österreichischer Vereine Tappeiner (Österr. Ökologie- Institut) und Katharina unter dem Motto „Mega-Sport-Event quo va- und Verbände, sich lokal und international Häusler (Boltzmann Ins- dis: Wie macht man globale Sportereignisse für Menschenrechts- und Nachhaltigkeits- titut für Menschenrechte) nachhaltiger?“. Dort diskutierten gut 30 Teil- standards einzusetzen“ besprochen. Dort von Workshop B. nehmer_innen knapp zwei Stunden mit Julia berichtete unter anderen Ewald Roth, der die Bustamante und Andrea Florence von der NGO Karate-WM 2016 in Linz organisiert. Es ging Terre des Hommes. Dabei ging es viel um die um die Schwierigkeiten, aber auch die Vorzüge Situation in Brasilien. Welche Rolle spielte die eines solchen „Green Events“, was man daraus WM für die Entwicklung und die Menschen- lernen könnte, wie derartige Veranstaltungen rechte des Landes, welche Rolle werden dabei in Zukunft die Regel werden könnten. Auch die Olympischen Spiele einnehmen? Neben Georg Tappeiner vom Österreichischen Ökolo- dieser Analyse wurde aber auch diskutiert, wie gie-Institut und Sepp Hackl aus dem Umwelt- sich die Rolle bessern könnte. Dabei gab es bundesamt sprachen über ihre Erfahrungen unterschiedliche Einschätzungen: Denn wäh- in der Arbeit mit österreichischen Vereinen. rend die lokalen Aktivist_innen die negativen Sie machten darauf aufmerksam, dass die Entwicklungen in den Vordergrund stellten und Rahmenbedingung für die österreichischen meinten, dass vor allem für die arme Bevöl- Vereine das Ehrenamt bleibt und es deswegen kerung gar nichts getan wurde, hatten anwe- nicht um die Einforderung von verpflichtender sende Journalisten, die Brasilien im Zuge der Mehrarbeit dieser Leute gehen kann. Vielmehr WM und darüber hinaus besucht hatten, eine solle die Unterstützung im Vordergrund stehen andere Einschätzung. und darüber nachgedacht werden, wie man Dennoch bestand Einigkeit darin, dass man niederschwellig und kostengünstig nachhal- die lokale Zivilgesellschaft dabei unterstüt- tige Arbeit in den Vereinen stärken kann. Wie zen müsse, mit ihren Wünschen gehört zu kann man also Förderungen in dieser Hinsicht werden. Außerdem wurde diskutiert, ob es sinnvoll einsetzen, welche Mindeststandards Good-Practice-Beispiele für die Austragung kann man einfordern? Viel Aufmerksamkeit internationaler Großveranstaltungen gibt. Was erhielt dabei die Webplattform www.nachhalti- könnten aber auch nationale und internatio- ger-sport.at, auf der Vereinsarbeit einem ano- nale Sportverbände tun, damit die Nachhal- nymen Nachhaltigkeits-Selbsttest unterzogen tigkeits-Debatte nicht unter den Tisch fällt? werden kann. Vor einem ähnlichen Hintergrund Kontrovers wurde dabei der Wunsch nach Si- wurde diskutiert, ob es Wettbewerbe für Green cherheit und Präsenz der Exekutive seitens der Events geben soll und wie diese aussehen Athletinnen und Athleten und die Forderung könnten. nach weniger Repressionsmaßnahmen gegen Gefordert wurde eine kontinuierliche Vernet- die ansässige Bevölkerung diskutiert. zung zwischen Vereinen und Verbänden, um gemeinsame Erfahrungen nutzbar zu machen.
15 15 Abschlusspanel: Zusammenführung und nächste Schritte Die Ergebnisse der Workshops und Forderungen wurden aufgezeichnet und dann im Rahmen des Abschlusspanels, moderiert von Martin Kainz von VIDC-fairplay, vorgestellt. Zunächst aber stellte Stefan Grasgruber-Kerl von Südwind einen Entwurf einer Erklärung des österreichi- schen Sports zum Thema „Sport und Menschen- rechte“ aus der gleichnamigen Arbeitsgruppe im Sportministerium vor [siehe Anhang]. Der Entwurf gliedert sich in vier Teile. Der erste ist dabei die Präambel, in der grundsätzliche Auch die Zusammenarbeit von zivilgesellschaft- Das Abschlusspanel, von links nach rechts: Stefan Prinzipien festgehalten werden. So heißt es dort: lichen Gruppen, die Menschenrechtsverlet- Grasgruber-Kerl, Martin „Sport vermag es, Menschen einander unabhän- zungen im Rahmen von Sportveranstaltungen Kainz, Anna-Maria Wieser, gig ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Herkunft, kritisieren, wurde thematisiert. Vor allem eine Olívia Machado. Religion oder Weltanschauung, Alter, Geschlecht, internationale Kooperation, beispielsweise zwi- sexuellen Orientierung oder unterschiedlichen schen NGOs in Brasilien und Russland wurde Voraussetzungen näherzubringen und Diskrimi- angedacht. nierung und Grenzen zu überwinden“. In Workshop B hingegen stand, wie schon Der zweite Teil beschäftigt sich dann damit, wie das Thema verriet, die nationale Ebene im Vor- diese Gedanken in Österreich umgesetzt und ge- dergrund. Es ging, wie Rapporteurin Anna-Maria fördert werden können. Als Paradebeispiel nann- Wieser von der Österreichischen Bundes-Spor- te auch Grasgruber-Kerl dabei die Karate-WM in torganisation zusammenfasste, auch um das Linz. Darüber hinaus geht es im Entwurf, drittens, Anknüpfen an bereits etablierte Formen der auch darum, wie Menschenrechtsstandards Nachhaltigkeit. So sei die im Oktober stattfinden- international gefördert werden können. Gefordert de Karate-WM in Linz ein Paradebeispiel für ein wird dort vor allem, dass sich der österreichi- „Green Event“. Die Veranstaltung sei ökonomisch, sche Sport, im Rahmen seiner Möglichkeiten, sozial und ökologisch nachhaltig. Beispielsweise für Menschenrechte starkmacht und vor allem würden die Bewerbe für Menschen mit Beein- bei Sportgroßveranstaltungen ein wachsames trächtigung am gleichen Ort und abwechselnd Auge auf potentielle Verletzungen wirft. Schließ- mit den Wettkämpfen der Menschen ohne Beein- lich stellt sich im vierten Teil die Arbeitsgruppe trächtigung stattfinden. „Man muss das Rad nicht selbst vor und schildert ihren Werdegang sowie neu erfinden“, sagte Wieser zusammenfassend. mögliche Perspektiven. Eine ähnliche Feststellung erlaubt auch die Den zweiten Teil des Abschlusspanels bilde- Homepage www.nachhaltiger-sport.at. Dort kann ten dann, wie angedeutet, die Präsentationen mittels anonymer Umfrage überprüft werden, wie aus den Workshops. Die Sozialwissenschafterin nachhaltig die eigene Vereinsarbeit bereits pas- Olívia Machado, die als Rapporteurin die Diskus- siert und sich zudem erkundigen, was günstige sionen des Workshops A mitschrieb, präsentier- Möglichkeiten wären, sie zu verbessern. Es ginge te folgende Ergebnisse: Eine Etablierung von auch grundsätzlich nicht um Zusatzverpflich- verpflichtenden Menschenrechtsstandards tungen der Vereine und ihrer ehrenamtlichen für die Vergabe von Sportgroßveranstaltun- Mitarbeiter_innen, wie dies bereits beim zweiten gen. Dazu zählt unter anderem die Bekämpfung Panel angesprochen wurde. Vielmehr müsse von strukturellem Rassismus im Sport und in man ihnen Angebote aufzeigen und sie nieder- den Staatsapparaten, aber auch das menschen- schwellig motivieren, sich für eine nachhaltige würdige Leben der Bewohner_innen der Austra- Vereinsarbeit zu engagieren. gungsländer oder -städte. Ebenso wurden die Abschließend stellte Georg Tappeiner dem Entmilitarisierung der Polizei und die Wichtigkeit Plenum den Vorschlag aus dem Workshop vor, der Demonstrationsfreiheit betont. eine Folgeveranstaltung nach Olympia in Rio Darüber hinaus wurden im Workshop A die und der Karate-WM in Linz zu veranstalten. Möglichkeiten der Proteste gegen Missstände Abermals könnten dann verschiedene Perspek- im Rahmen von Sportveranstaltungen disku- tiven zusammengetragen und Dinge gebündelt tiert. So sei es wichtig, den Betroffenen eine werden. Stimme zu geben und eine so genannte Öffent- Ein Vorschlag, der sowohl vom Publikum als lichkeitsarbeit von unten zu ermöglichen, damit auch von den Veranstalter_innen dankbar aufge- nicht nur die Veranstalter_innen gehört werden. nommen wurde.
1616 ANHÄNGE Entwurf einer Erklärung des österreichischen Sports, 10.03.2016, Dialogforum Präambel gesellschaftlichen Zusammenhalt tritt der ös- terreichische Sport für die Einhaltung von Men- Sport vermag es, Menschen einander unab- schenrechten bei internationalen Bewerben in hängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Österreich, bei Bewerben auf Bundesebene, auf Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Alter, Regional-Ebene sowie im täglichen Vereinsle- Geschlecht, sexuellen Orientierung oder unter- ben ein. Ausgehend von der Charta der Grund- schiedlichen körperlichen Voraussetzungen rechte der Europäischen Union (GRCh)3 setzt näherzubringen und Diskriminierung und Gren- sich der Sport in Österreich im Rahmen seiner zen zu überwinden. Die sportlichen Prinzipien Möglichkeiten dafür ein, dass: proklamieren Nicht-Diskriminierung, Gleichheit, • Vergabekriterien, die transparent und demo- Inklusion, Respekt und gegenseitiges Verständ- kratisch sind, für einen nachhaltigen Sport nis. All dies sind grundlegende Prinzipien der stehen (siehe www.nachhaltiger-sport.at) Menschenrechte. und Menschen-, Arbeits-, Kinderrechte sowie Für die Integrität und Legitimität des Sports ist Umweltschutzbedingungen und Antidiskrimi- es zentral, dass entsprechend dieser Prinzipien nierung berücksichtigt werden; Sportereignisse auch in Zukunft in einem positi- ven Licht erscheinen und Menschenrechtsver- • die nachhaltige Nutzung von Sportstätten letzungen im Vorfeld, während und nach diesen gewährleistet ist; Ereignissen verhindert werden. Gerade aufgrund ihrer enormen gesell- • die Einbindung von Events in Jugend-, schaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung, Kinder-, und Bildungsprogramme besteht; ihrer integrierenden Potenziale und Werte hat die Sportbewegung die Möglichkeit, bei der • für die Vergabe von Bauaufträgen und Be- Realisierung einer inklusiven Kultur der Men- schaffung sowie Einkleidung und Sportartikel schenrechte voranzugehen und diese in allen rund um das Sportereignis sowohl arbeits- Bereichen und auf allen Ebenen des Sports im rechtliche als auch ökologische Kriterien alltäglichen Vereinsleben zu fördern. beachtet werden; Die österreichische Sportbewegung ist sich ihrer Verantwortung bewusst und tritt aktiv für • jede Form von Diskriminierung, insbesondere die Förderung der Menschenrechte ein. aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientie- rung, Hautfarbe sowie ethnischer oder nati- Umsetzung von onaler Zugehörigkeit keinen Platz findet und Menschenrechtsstandards und präventiv dagegen vorgegangen wird. Nachhaltigkeitsstrategien bei Sportereignissen in Österreich und auf Nachhaltigkeit und bindende Verbands- und Vereinsebene Menschenrechtsstandards bei Sportgroßereignissen außerhalb Angelehnt an das Weißbuch Sport sowie die Österreichs Prinzipien der Good Governance der Europä- Aufbauend auf die nationalen Maßnahmen ischen Union2, an die Initiative „Nachhaltiger setzt sich der österreichische Sport auch auf Sport“ sowie auf nationaler Ebene erarbeitete internationaler Ebene im Rahmen der gegebe- Strategien gegen Diskriminierung und für nen Möglichkeiten für die Förderung der Men- 2. http://ec.europa.eu/sport/policy/organisation_of_sport/good_governance_en.htm 3. Der Sport hat das Potenzial, die Grundrechte in ihrer Gesamtheit zu fördern, insbesondere aber die im Anhang her- vorgehobenen Art. 1 Würde des Menschen, Art. 3 Recht auf Unversehrtheit, Art. 8 Schutz personenbezogener Daten, Art. 10. Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, Art. 12 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Art. 14 Recht auf Bildung, Art. 15 Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten, Art. 21 Nichtdiskriminierung, Art. 22 Vielfalt der Kulturen, Religio- nen und Sprachen, Art. 23 Gleichheit von Männern und Frauen, Art. 24 Rechte des Kindes, Art. 25 Rechte älterer Mens- chen, Art. 26 Integration von Menschen mit Behinderung, Art. 37 Umweltschutz.
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