EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz

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EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
EAA. INSIDE         ENERGIE
                                                                  WISSEN & INFORMATION DEZ | 2016

             NEUE
       TECHNOLOGIEN
      NEUE ENERGIEWELTEN
 Energiewirtschaft nutzt                Handeln für                           Im Mittelpunkt
Innovation mit Fortschritt            den Wettbewerb                            der Kunde
        Neue Technologien für         EAA forciert Erneuerbare auch           EAA – Partner für Energie
   maßgeschneiderte Energielösungen        nach der Förderung                     und Kompetenz
EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
IN ZUKUNFT MIT
           ELEKTROMOBILITÄT
                   Ohne Mobilitätswende – keine Energiewende

             Strom für Mobilität                                                         Hohe Energieeffizienz
         Kilometer mit PKW pro Jahr in Österreich: 88,2 Mrd. Kilometer                Mit der Energiemenge von einem Liter Diesel kommt ein Elektroauto
            Benötigte Energiemenge für Elektromotoren: 14.240 GWh                         dreieinhalb Mal so weit wie ein vergleichbarer Diesel-PKW.

                                                            GWh
                                                                                            Diesel-PKW                   E-PKW
                                                                      30.000

                                                                      20.000
                                                                                                  17 km                   58 km

                                       h
                                  0 GW                                10.000
                          14.24                                                                              Moped                                   E-Moped

km                                                                    0
             88,2 Mrd. km pro Jahr
                                                                                                                 33 km                                    246 km

      Elektromobilität im Trend                                                  Elektroautos sind klimafreundlich
            Verkaufszahlen 2016: Steigerung in den letzten 5 Jahren                            CO2-Ausstoß Elektroautos versus Diesel-PKW

                                                                             %
                                                                         57
                                                                  +1
                                                                +157%
                        90.000 Stk.
                                                                                                  35 kg*
                                                                                                   CO2-Ausstoß

                                                                          %                                                   E-PKW
                                                                   38
                                                                +157%
                                                                  +
                        9.000 Stk.

                                                                                    175 kg*
                                                                         34%            CO2-Ausstoß
                                                                  +5                                                       Diesel-PKW
                         4.000 Stk.
                                                                                           *Co2-Äquivalente pro 1.000 Personenkilometer
                                                                                        (Berechnung der Schadstoffe auf Basis ENTSO-E Mix)

     2 ENERGIE INSIDE DEZ/16                                                                                                        Quelle: VCÖ-Magazin 2016/3
EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
Blick in die Zukunft
                                                                                                                                     INHALT
                                                                                                                                     04 kurz und bündig

                  Zum Geleit                                                                                                         06 E
                                                                                                                                         rfolge im Rückblick –
                                                                                                                                        Herausforderungen in Aussicht
                  In der neuen Ausgabe von EAA-Energie Inside, dem Unternehmensmagazin der EAA-                                         Interview mit der
                  EnergieAllianz Austria, gehen wir der Frage nach, wie neue Technologien den Energiesektor                             EAA-Geschäftsführung
                  verändern werden. Wir betrachten die Risiken, die mit dem Einsatz neuer Technologien ein-
                  hergehen – etwa durch die neuen Strom- und Gaszähler, die Smart Meter, oder die verstärkte                         08 E
                                                                                                                                         nergiewirtschaft nutzt
                  Integration der Erneuerbaren ins Stromnetz. Wird sich dadurch die Gefahr von Blackouts                                Innovation und Fortschritt
                  erhöhen? Das Team von EAA-Energie Inside hat dazu bei namhaften Experten nachgefragt.
                                                                                                                                     10 M
                                                                                                                                         obilität unter Strom
                     Die Erfolge des abgelaufenen Geschäftsjahrs der EAA – es zählte zu den besten in der
                  Unternehmensgeschichte – sind im vorliegenden Heft ebenso Thema wie die erfolgreiche                               14 T
                                                                                                                                         echnologische Entwicklungen
                  Unternehmensentwicklung.                                                                                              verändern die Energiebranche

                  Energie und Mobilität                                                                                              16 S
                                                                                                                                         teigt die Gefahr
                       In der aktuellen Ausgabe berichten wir auch über das Zukunftsthema Elektromobilität                              von Blackouts?
                  und beleuchten dabei die Interessen der Industrie, von Auto- und Batterieherstellern bis
                  hin zu Stromversorgern. Sie erhalten einen umfassenden Überblick in die österreichische                            19 Handeln für den Wettbewerb
                  Ökostromlandschaft und die Ökostromförderungen. Die Frage, die sich stellt, ist, ob die ge-
                  planten Novellen zum Ökostromgesetz zustandekommen. Ein weiteres wichtiges Thema ist                               20 Zwei Strom-Länder
                  die jüngste Entscheidung der EU-Behörde ACER, Österreich und Deutschland ab Mitte 2018
                  in zwei Preiszonen zu teilen. Wir zeigen auf, welche Konsequenzen die Trennung dieser bei-                         22 E
                                                                                                                                         uropas Strommarkt:
                  den Energiemärkte bringen wird: vom Bau von Phasenschiebern bis zur Verteuerung von                                   Von der Vision zur Fiktion
                  Strom.
                                                                                                                                     24 N
                                                                                                                                         eue Kleider für Ökostrom?
                      Gerne präsentieren wir Ihnen die Welt unserer Kunden: Seit mehr als acht Jahren ist die
                  EAA erfahrener, leistungsstarker und zuverlässiger Partner der RWA Lagerhäuser. Wir unter-                         26 I m Mittelpunkt der Kunde
                  stützen unsere Kunden dabei, den Energieverbrauch weiter zu optimieren.
                                                                                                                                     28 U
                                                                                                                                         nser Kunde:
                      Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre mit spannenden Einblicken hinter die                                    Raiffeisen Ware Austria
                  Kulissen der Energiebranche – auf den Punkt gebracht von Ihrem EAA-Team.
                                                                                                                                     30 s
                                                                                                                                         witch:
                  Ihr EAA-Team                                                                                                          Vom Newcomer zum Testsieger

                                                                                                                                     32 W
                                                                                                                                         indkraft-Special:
                                                                                                                                        Was passiert nach
                                                                                                                                        der Förderung?
                  Die EAA-EnergieAllianz Austria legt großen Wert auf Gleichbehandlung. Der Text des Magazins folgt ausschließlich
                  dem Ziel, Information in gut lesbarer Form zu vermitteln. Aus diesem Grund haben wir bewusst auf geschlechts-      34 E
                                                                                                                                         AA-Veranstaltungen
                  spezifische Formulierungen verzichtet und entweder die maskuline oder feminine Bezeichnung gewählt. Im gesam-
                  ten Magazin sprechen wir Frauen und Männer völlig gleichwertig an.

                  Impressum: Unternehmensmagazin der EAA-EnergieAllianz Austria Medieninhaber, Verleger, Herausgeber
                  und Eigentümer: EnergieAllianz Austria GmbH, Wienerbergstraße 11, A-1100 Wien, Tel.: +43 1 904 10-0, E-Mail:
                  office@energieallianz.at Geschäftsführung: Mag. Markus Felder, MSc; Mag. Jörg Sollfelner; Ing. Mag. Christian
                  Wojta, MBA Presse & Kommunikation: Mag. Peter Koller Grafik: Beatrice Bognar, OFFBEAT Graphik & Design
Foto: EAA / Ehm

                  Redaktion: Foggensteiner Public Relations GmbH Coverfoto: Ian Ehm Druck: Druckerei Lischkar Grundlegende
                  Richtung: Unternehmensmagazin mit Energieschwerpunkt Offenlegung der Eigentumsverhältnisse nach dem
                  Mediengesetz: EAA-EnergieAllianz Austria GmbH

                                                                                                                                                  ENERGIE INSIDE DEZ/16 3
EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
kurz und bündig
EAA auf der Kommunalmesse in Klagenfurt                                         Ökostromanteil steigt, Subventionen auch
Die EAA-EnergieAllianz Austria präsentierte sich vom 6. bis 7.                  Der Anteil an Ökostrom hat im Jahr 2015 weiter zugenommen. Mittler-
Oktober auf der Kommunalmesse in Klagenfurt. Die Besucher konn-                 weile stellen Wind-, Kleinwasserkraft und Co bereits 15,9 Prozent des
ten sich zwei Tage lang beim Messestand über die Leistungen der EAA             Endverbrauchs, wie aus dem am 22. September in Wien präsentierten
informieren. Auch Bundesminister Dr. Hans Jörg Schelling besuchte               Ökostrombericht der E-Control hervorgeht. Doch „Grüne Energie“ ist
den EAA-Messestand und zeigte großes Interesse. Mit innovativen                 nicht kostenlos: 2015 wurde Ökostrom mit 755 Millionen Euro geför-
Lösungen und Dienstleistungen für Landeshauptstädte und Gemein-                 dert, heuer soll das Volumen – exklusive Marktpreis – auf 846 Millio-
den konnte die EAA auch heuer wieder überzeugen.                                nen Euro ansteigen. Die staatlichen Subventionen zahlen auch Private
                                                                                – mittlerweile 120 Euro im Jahr pro Haushalt, Tendenz steigend. „Die
                                                                                Ökostromförderung läuft an sich gut, aber sie hat ihren Preis“, sagte
                                                                                E-Control-Vorstand DI Andreas Eigenbauer gegenüber der Tageszei-
                                                                                tung „Die Presse“.

                             Bundesminister Dr. Hans Jörg Schelling (3.v.r.)
                                    auf der Kommunalmesse Klagenfurt

Österreichs Gaskunden                                                          Serviceleistungen abgefragt. Die sehr guten Werte der vergange-
geben Gasbetreibern Bestnoten                                                  nen Jahre in puncto Kundenzufriedenheit konnten heuer in jedem
Österreichs Gaskunden schätzen ihre Gasanbieter als besonders                  Bereich weiter gesteigert werden. „Unsere Kundinnen und Kunden
zuverlässig und kompetent. Das ergibt eine Untersuchung des                    bewerteten ihre Gaslieferanten hinsichtlich Zuverlässigkeit, Sicher-
Meinungsforschungsinstituts marketmind unter knapp 2.500 Gas-                  heit und Qualität wieder hervorragend“, so Mag. Michael Mock, Ge-
kunden, deren Ergebnisse am 18. Oktober in Wien veröffentlicht                 schäftsführer der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und
wurden. Dabei wurden Zuverlässigkeit, Sicherheit und Qualität der              Wasserfach (ÖVGW).

Sonnentherme                                                                   Kindertherme mit abwechslungsreichen Thermenvergnügen für Babys,
Lutzmannsburg wieder EAA-Kunde                                                 Kleinkinder und Ruhesuchende. Auf 1.500 Quadratmetern können sich
Die Sonnentherme BetriebsgesmbH ist wieder Kunde der EAA-Ener-                 die Gäste in der Ruhetherme erholen oder in der Erlebnistherme zwei
gieAllianz Austria. Die EAA wird bis Ende 2019 jährlich 14,1 Millionen         der längsten Indoor-Wasserrutschen Österreichs ausprobieren.
Kilowattstunden Gas und 5,6 Millionen Kilowattstunden Strom lie-
fern. EAA-Geschäftsführer Mag. Markus Felder freut sich: „Nach 15
Jahren kommt die Sonnentherme wieder zu uns zurück.“ Mag. Harald
Zagiczek, Geschäftsführer der Sonnentherme Lutzmannsburg-Fran-
                                                                                                                                                        Fotos: istock, EAA, Sonnentherme BetriebsgesmbH

kenau, hebt neben der hohen energiewirtschaftlichen Kompetenz
die regionale Verankerung der EAA hervor: „Die Sonnentherme Lutz-
mannsburg-Frankenau positioniert sich als touristischer Leitbetrieb
im Mittelburgenland. Dies kann nur dann gelingen, wenn die gesamte
‚Destination Lutzmannsburg‘ und die Region Mittelburgenland in Ein-
klang gebracht werden können. Dabei ist die EAA für uns der ideale
Anbieter, der uns als regionaler Partner in allen Energiefragen zur Seite
                                                                                                                         Sonnentherme Lutzmannsburg
steht.“ Die Sonnentherme in Lutzmannsburg ist Europas führende

4 ENERGIE INSIDE DEZ/16
EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
KASTNER-Gruppe setzt auf
                                 EAA-Strom aus Wasserkraft
                                 Die KASTNER GroßhandelsgesmbH, Österreichs Multifachgroßhändler Nummer
                                 1, wird ab 2017 von der EAA-EnergieAllianz Austria jährlich mit rund acht Mil-
                                 lionen Kilowattstunden (kWh) Strom aus Wasserkraft beliefert, um Ressourcen
                                 zu schonen und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Die benötig-
                                 ten Strommengen kommen dabei zu einem überwiegenden Teil aus Wasserkraft
                                 und verursachen keine Kohlendioxid-Emissionen (CO2). Dadurch spart die Firma
                                 KASTNER an den Standorten in Wien, Niederösterreich und Burgenland in Summe
                                 rund 1.500 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Christof Kastner, geschäftsführender Gesell-
                                 schafter der KASTNER GroßhandelsgesmbH: „Zur Reduktion des CO2-Ausstoßes
                                 wurden unsere sämtlichen Standorte auf 100 Prozent Ökostrom umgestellt. Die
                                 EAA ist für uns der ideale Anbieter, dem es möglich ist, alle unsere Standorte mit
                                 erneuerbarer Energie zu versorgen." „Mit der Entscheidung zur Zusammenarbeit
                                 mit der EAA und für die Produktqualität EAA-Aqua zeigt die Unternehmensgruppe
                                 KASTNER, dass ihr ein Beitrag zum ressourcenschonenden Energieeinsatz und zur
                                                                                                                                                       KASTNER-Gruppe, Firmenzentrale Zwettl
                                 CO2-Reduktion wichtig ist", ist EAA-Geschäftsführer Jörg Sollfelner überzeugt.

                                 EAA liefert Strom für
                                 Österreichs größte Gasspeicher der RAG
                                 Die RAG, Rohöl-Aufsuchungs Aktiengesellschaft, fördert seit rund 60
                                 Jahren natürliches Erdgas und Rohöl und ist damit eines der traditi-
                                 onsreichsten Explorations-, Produktions- und Gasspeicherunterneh-
                                 men Österreichs. Kerngeschäft sind die Aufsuchung und Förderung
                                 von Öl und Gas sowie die Speicherung und der Handel mit diesen
                                 Produkten. Bohrtätigkeiten und andere kerngeschäftsnahe Dienst-
                                 leistungen sowie Projekte im Bereich erneuerbarer Energien – wie
                                 Geothermie – runden die Geschäftsfelder ab. Ab 1.1.2017 wird die
                                 RAG von der EAA mit rund 160 Millionen Kilowattstunden Strom pro
                                 Jahr beliefert. Auf die Anforderungen des Gasmarktes muss die RAG
                                 rund um die Uhr reagieren, daher muss auch die Stromversorgung                                                            Stora Enso Werk: Ybbs an der Donau
                                 jederzeit sichergestellt sein. Denn beim sogenannte Einspeichern und
                                 Ausspeichern von Erdgas müssen in kurzer Zeit große Strommengen                       Stora Enso mit grünem EAA-Strom
                                 abgerufen werden können. Gerade in der Übergangszeit stehen kurz-                     Sägen, trocknen, weiterverarbeiten – jährlich durchlaufen rund
                                 fristige Ein- und Ausspeisungen und damit hohe Leistungsschwan-                       2,5 Millionen Festmeter Holz allein die drei Stora Enso Sägewerke
                                 kungen auf der Tagesordnung. Finanzvorstand Dr. Michael Längle                        in Österreich. Holz ist das führende Baumaterial in puncto Umwelt-
                                 freut sich auf die Zusammenarbeit mit der EAA: „Damit wird die RAG                    freundlichkeit und Nachhaltigkeit. Nun hat das Unternehmen einen
                                 als größter Erdgasspeicherbetreiber Österreichs von einem kompe-                      neuen Stromliefervertrag mit der EAA-EnergieAllianz Austria abge-
                                 tenten Partner nicht nur mit viel Engagement und zu günstigen Prei-                   schlossen. Ab 2017 wird die EAA vier Werke der Wood Products Divi-
                                 sen, sondern auch verlässlich mit Energie versorgt."                                  sion ausschließlich mit Strom aus nachhaltigen Energiequellen ver-
                                                                                                                       sorgen. An den österreichischen Standorten Ybbs, Brand und Bad St.
                                                                                                                       Leonhard wird in Zukunft der Strom zu 85% aus Wasserkraft bezogen,
                                                                                                                       der Rest aus Photovoltaik, Wind und Biomasse. Das bayerische Werk
                                                                                                                       Pfarrkirchen wird zur Gänze mit Strom aus Wasserkraft beliefert.
                                                                                                                       Durch konsequente Effizienzmaßnahmen konnte der Stromverbrauch
                                                                                                                       in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesenkt werden. Allein im
                                                                                                                       letzten Jahr verbrauchten die drei österreichischen Werke im Schnitt
                                                                                                                       7,3% weniger Strom als im Jahr zuvor. „Für uns ist die Umstellung
                                                                                                                       auf Grünstrom eine logische Konsequenz aus unserem Bekenntnis zu
Fotos: istock, EAA, Stora Enso

                                                                                                                       Nachhaltigkeit und Umweltschutz“, erklärt Mag. Herbert Jöbstl, Ge-
                                                                                                                       schäftsführer von Stora Enso Wood Products in Zentraleuropa. Durch
                                                                                                                       diese Maßnahme wird insgesamt eine jährliche Einsparung von über
                                 Mag. Christian Wojta (EAA), Dr. Michael Längle (RAG) und Mag. Jörg Sollfelner (EAA)
                                                                                                                       19.000 Tonnen CO2 erwartet.

                                                                                                                                                                 ENERGIE INSIDE DEZ/16 5
EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
Die Geschäftsführung der EAA im Gespräch:

             Erfolge                          im RÜCKBLICK
                HERAUSFORDERUNGEN                                                 IN AUSSICHT

               Die Geschäftsführer der EAA, Markus Felder, Jörg Sollfelner UND
               Christian Wojta nehmen zur Geschäftsentwicklung der EAA Stellung:

                                 Wie beurteilen Sie das                           das abgelaufene Geschäftsjahr zu den besten
                                 abgelaufene Geschäftsjahr?                       in der Geschichte der EAA. Aber das ist kein
                                 Wojta: Wie sich nach dem Ende des Geschäfts-     Grund, uns auf dem Erfolg auszuruhen.
                                 jahrs zeigte, hat sich die Fusion von e&t und
                                 EAA sehr erfreulich auf die Unternehmenszah-     Was hat das Geschäftsjahr
                                 len ausgewirkt: Am deutschen Markt ist die Si-   am meisten geprägt?
                                 tuation wie erwartet schwierig, während wir in   Felder: Die größte Herausforderung lag darin,
                                 Österreich weiter zulegen. Hervorzuheben sind    aus zwei unterschiedlichen Unternehmens-
                                 sowohl das Handelsgeschäft als auch die Er-      kulturen eine gemeinsame Perspektive für die
                                 gebnisse der Tochtergesellschaften switch und    Zukunft zu entwickeln. Nach der Fusion im Ok-
                                 Naturkraft.                                      tober des vergangenen Jahres wurde mit den
                                                                                  Führungskräften eine umfassende Zielematrix
                                 Sollfelner: Die Preisentwicklungen an den        für das neue Unternehmen erarbeitet. Seit 1.
                                 relevanten internationalen Energiebörsen         Oktober ist diese die Grundlage der operativen
                                 haben eine turbulente Entwicklung durch-         Geschäftstätigkeit des Unternehmens und bil-
                                    laufen. Wir registrieren, dass das Zusam-     det die Basis für die Ziele unserer Mitarbeiter.
                                        menrücken von Handel und Vertrieb         Das neue Geschäftsjahr ist der Beginn einer
                                           eine Entscheidung zum richtigen        neuen Ära.
                                               Zeitpunkt war. Durch die erst-
                                                   malige Konsolidierung der      Wohin geht die Reise der EAA?
                                                      Vertriebs- und Handel-      Sollfelner: Wir haben mehrere Schwerpunkte
                                                          sergebnisse in der      in der Unternehmensentwicklung. Im Mittel-
                                                              EAA-Bilanz zählt    punkt steht eine Verbesserung in puncto Wett-
                                                                                  bewerbsfähigkeit. Unter dem Gesichtspunkt
                                                                                  der Erweiterung unserer Geschäftstätigkeiten
                                                                                  für die EAA-Gruppe gibt es Neuigkeiten in
                                                                                                                                     Foto: istock

                                                                                  mehreren Bereichen zu vermelden.

6 ENERGIE INSIDE DEZ/16
EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
Mag. Markus Felder, MSc, Mag. Jörg Sollfelner, Mag. Christian Wojta, MBA (v.l.)

                    Welche Neuerungen meinen Sie?                 Die EAA hat ein großes Know-how und po-           in Österreich auszubauen und das Ergebnis
                    Wojta: Nach dem Ausscheiden unserer           sitioniert sich am österreichischen Markt         in Summe konstant zu halten. Das lässt uns
                    Gesellschafter aus der Gasvertriebs- und      als kompetenter Dienstleister zur Vermark-        zuversichtlich in das kommende Jahr blicken.
                    -handelsgesellschaft EconGas hat die          tung von Windkraftanlagen, die aus der
                    EAA ab 1. September die Tätigkeiten der       OeMAG-Förderung fallen.                           Sollfelner: Es war ein gutes Geschäfts-
                    Gas-Bilanzgruppe als Dienstleister für                                                          jahr. Zufrieden sind wir als Geschäfts-
                    einen Großteil der EAA-Gruppe übernom-        Ihre Schwerpunkte                                 führung damit, dass wichtige Schritte ge-
                    men. Die EAA-Gruppe versorgt mehr als 1,1     im Vertriebsgeschäft?                             setzt wurden, um den wirtschaftlichen
                    Millionen Kunden mit Erdgas. Wir wollen       Wojta: Die Vertriebsoffensive zur Rück-           Erfolg des Unternehmens auch zukünf-
                    beim Gasgeschäft unsere gute Position auf     gewinnung     von      verlorengegangenen         tig sicherzustellen und weiter auszubau-
                    dem Markt stärken und weiter ausbauen.        Großkunden läuft weiter sehr gut. Die-            en. Was das tägliche Geschäft betrifft,
                                                                  se Aktion sichert Marktanteile in unseren         werden wir uns sicher nicht auf den
                    Felder: Am ersten Oktober startete die        Heimmärkten und wird die Marktführer-             Lorbeeren ausruhen.
                    EAA mit der Vermarktung von Energie aus       schaft im Großkundensegment weiter
                    Windkraftanlagen in ein neues Zeitalter.      ausbauen. Unser Ziel ist es, Industrie- und       Wenn Sie in das kommende
                    Die Experten der Abteilung Trading in der     Großkonzerne in allen Bereichen umfassend         Jahr blicken, was sind Ihre Wünsche?
                    EAA übernehmen die direkte Vermarktung        zu betreuen, um sie von der Servicequalität       Wojta: Wir werden den eingeschlagenen
                    der Windenergie an den Börsen. Die As-        der EAA zu überzeugen: von der punktge-           erfolgreichen Weg in Österreich weiter
                    set-Optimierung dieser Kraftwerke erfolgt     nauen Prognose, über fachkundige Analy-           fortsetzen. Für den Vertrieb in Deutschland
                    durch die Spezialisten in der Energie Bur-    sen des Kundenmanagements bis zu maß-             sollte es möglich sein, die Geschäfte wieder
                    genland Vertrieb GmbH & Co KG.                geschneiderten Dienstleistungsangeboten           stärker auszubauen, um die Neukundenge-
                                                                  und Services.                                     winnung zu forcieren.
                    Was ist der Vorteil für den Kunden?
                    Sollfelner: Die Vermarktung von Windkraft     Sind Sie mit der bisherigen                       Felder: Im kommenden Jahr wird ein weite-
                    ist eine neue, große Herausforderung. In      Entwicklung zufrieden?                            rer Schwerpunkt der Ausbau und die Erwei-
                    den nächsten Jahren wird eine Vielzahl von    Felder: Der Wettbewerb am österreichi-            terung von energienahen Dienstleistungen
                    Windkraftanlagen keine staatlichen Einspei-   schen und deutschen Energiemarkt hat seit         innerhalb der EAA-Gruppe sein. Das ge-
Foto: EAA / Pröll

                    setarife mehr bekommen und von den Be-        Jahren an Intensität zugenommen. Es ist im        meinsame Portfolio soll je nach Zielgruppe
                    treibern selbst vermarktet werden müssen.     vergangenen Jahr gelungen, den Marktanteil        am Markt positioniert werden.

                                                                                                                                           ENERGIE INSIDE DEZ/16 7
EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
ENERGIEWIRTSCHAFT
NUTZT
                   Innovation UND
                   Fortschritt

  8 ENERGIE INSIDE DEZ/16
EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
Freitag, 28. Oktober, 17.32 Uhr
Wienerberg, 1100 Wien
Wolfgang hat sich ein Elektroauto zur Probefahrt ausgeborgt. Zu Beginn geht es gleich auf die
Südautobahn Richtung Baden. Lukas ist beeindruckt: „Ich bin noch nie 130 km/h rein elektrisch
gefahren.“ 185 Kilometer Reichweite zeigt der Tachometer im Helenental, bevor es über die kurvenreiche
Strecke nach Heiligenkreuz und Alland wieder auf die Autobahn geht. Nach zwei Stunden Fahrt muss
getankt werden - Strom bei der Schnellladestation am Wienerberg. Nach 13 Minuten geht es weiter.
                                                                                                            Foto: EAA / Ehm

                                                                                  ENERGIE INSIDE DEZ/16 9
EAA.ENERGIE INSIDE - Energie Allianz
Mobilität Strom

                                                                          UNTER
In die aktuelle Diskussion über Elektromobilität spielen viele Faktoren hinein:
Die Ziele der UN-Klimakonferenzen etwa, der EU-Energiefahrplan 2050 sowie die
kühnen Absichten der einzelnen Länder und natürlich die Interessen der Industrie –
von Autobauern, Batterieherstellern bis hin zu Stromversorgern. Eine Momentaufnahme.

Der Individualverkehr steht vor seinem größten         „Wir müssen uns auf eine normale, stetige Ent-        „Mit dem E-Mobilitätsbonus
Wandel seit Jahrzehnten. Europas Politik und           wicklung einstellen“, sagt der Kenner der Auto-       für private E-PKW wurde ein
Industrie investieren hunderte Millionen Euro in       mobilbranche. Denn ein Hauptproblem liege nach        wichtiges Anliegen des BEÖ
die Entwicklung von Elektroautos und Batterien.        wie vor bei den Batterien. Sie seien noch zu teuer.   aufgegriffen.“
Das engagierte Ziel des Regierungsprogramms            Mit rund 10.000 Euro spielen die Akkukosten bei-
Elektromobilität der Deutschen Bundesregierung         spielsweise bei einem Fahrzeug der Golf-Klasse
ist es, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf     mit reinem Elektro-Antrieb keine unwesentliche
die Straße zu bringen. Bis 2030 sechs Millionen.       Rolle. „Obwohl sich das Verhältnis Kosten pro Ki-
Politik, Industrie und Verbraucher sehen in den        lowattstunde weiter verbessert, ist es noch nicht
Fahrzeugen mit Stromantrieb eine Lösung, die           absehbar, wann die Elektroautos kostenseitig
individuelle Mobilität klimafreundlich und res-        wirklich wettbewerbsfähig sein werden“, so Iser-
sourcenschonend zu gestalten.                          mann. Der Schlüssel zum Erfolg liege in besseren
Vor allem Elektrofahrräder haben in den vergan-        und günstigeren Lithiumionen-Akkus. Derzeit
genen Jahren einen Boom erlebt. Und das Inte-          fahren bessere Elektroautos mit einer Batteriela-
                                                                                                             Ing. Jürgen Halasz
resse für Elektromobilität nimmt seit 2011 zu:         dung bis zu 250 Kilometer weit. Tesla ermöglicht      Geschäftsführer des Bundesverbands
Vor allem bei E-Bikes registriert Jürgen Halasz,       mit dem Model 3 eine Reichweite von 345 Kilo-         Elektromobilität Österreich (BEÖ)
Geschäftsführer des Bundesverbands Elektro-            meter und startet preislich bei 35.000 US-Dollar.
mobilität Österreich, wie er sagt „reges Interesse“.
Doch eine Elektro-Revolution des Individualver-            Erst wenn der Großteil der Elektrofahrzeuge
kehrs und das völlige Verschwinden von Ver-            eine Reichweite von mindestens 300 Kilometer          „Es ist noch nicht
brennungsmotoren darf so bald nicht erwartet           und mehr zu einem Preis um die 30.000 Euro er-        absehbar, wann
werden. Trotz intensiver Berichterstattung und         möglicht, wird Elektromobilität von der Mehrheit      Elektroautos
technischer Kraftanstrengungen ist der tatsäch-        der Konsumenten als alltagstauglich empfunden         kostenseitig wirklich
liche Durchbruch noch nicht absehbar. Um eine          werden.                                               wettbewerbsfähig
realistische Entwicklung zu prognostizieren, sind                                                            sein werden."
die drei Hauptfaktoren zu analysieren: Reichweite,     Volle Ladung
 Ladeinfrastruktur und der Preis.                          Es vergeht indes kaum ein Monat, in dem
                                                       unbekannte oder renommierte Autohersteller,
Warten auf den                                         Zulieferer oder Entwickler nicht mit Neuheiten
endgültigen Durchbruch                                 aufwarten: Sei es mit einem neuen Modell, einer
     Wiederkehrende Einwände gegen Elektromo-          Innovation im Akku-Bereich oder bei Ladestatio-
bilität sind heute noch die mangelnde Reichwei-        nen. Und gerade hier wird sich das Thema auch
te, die große Aufladedauer und der hohe Preis.         entscheiden, sagen Experten. In manchen Städ-
Trotz der derzeitigen Dynamik bei der Entwick-         ten Europas, etwa in Paris oder Mailand, ist die
                                                                                                                                                  Fotos: Veit, TU Darmstadt

lung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen warnt           Ladeinfrastruktur bereits ganz gut ausgebaut.
                                                                                                             Prof. Rolf Isermann
Rolf Isermann, Professor für Regelungstechnik          In anderen Großstädten Europas sind Elektro-
                                                                                                             Professor f. Regelungstechnik
und Prozessautomatisierung an der Technischen          tankstellen bestenfalls in Tiefgaragen installiert.   und Prozessautomatisierung
Universität Darmstadt, vor allzu großer Euphorie:      Die EU-Kommission plant, laut einem Bericht im        TU, Darmstadt

10 ENERGIE INSIDE DEZ/16
deutschen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, Auflademöglichkei-            zu EAA-Energie Inside: „Wir haben eine sehr gute Verbindungs-
               ten für Elektroautos in Europa einheitlich zu forcieren. Schon beim       technik. Das führt zu weniger Innenwiderstand, was automatisch
               Hausbau soll laut dem Bericht künftig an eine Auflademöglichkeit          einen geringen Energieverlust ergibt. Durch unser Patent haben wir
               für Elektrofahrzeuge gedacht werden. Die EU-Kommission wolle              etwa zehn Prozent mehr nutzbare Energie.“ Kreisel verbindet bis zu
               durchsetzen, dass Einfamilienhäuser und andere kleinere Gebäu-            8.000 Zellen und mehr. Die Akkus erwärmen sich auch weniger als
               de mindestens über eine entsprechende Vorverkabelung verfügen             jene anderer Hersteller. Für das Akku-Know-how der Österreicher
               müssen, berichtete das Nachrichtenmagazin Mitte Oktober unter             interessieren sich mittlerweile auch große Hersteller wie BMW und
               Berufung auf einen Entwurf zur Änderung des EU-Energieeffizienz-          Volkswagen. Derzeit ist die Kapazität noch auf eine 800 Quadratme-
               pakets. Bei größeren Gebäuden müsse wenigstens einer von zehn             ter große Garage beschränkt. Im März 2017 wird das neue Werk in
               Parkplätzen mit einer festen Ladestation ausgestattet sein. Von der       Reinbach bei Freistadt eröffnet. Kreisel: „Es geht schon voll los und
               Neuregelung, die spätestens 2023 in Kraft treten soll, wären Neu-         wir sind mitten drin.“
               bauten ebenso betroffen wie Sanierungsobjekte.
                                                                                         Vorreiter Norwegen
               Österreicher spielen Schlüsselrolle                                            Ein Vorbild für Elektromobilität ist Norwegen. Der norwegische
                    Damit sich Elektrofahrzeuge vollständig durchsetzen, werden          Ressortkollege des österreichischen Verkehrsministers Jörg Leicht-
               neben einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur vor allem stärkere         fried vermeldete vergangenes Jahr das 50.000ste zugelassene
               und günstigere Batterien benötigt. Daher verfolgen alle Batterie-         E-Fahrzeug. Bei rund fünf Millionen Einwohnern ist das ein stolzes
               hersteller weltweit das gleiche Ziel: Mehr Leistung aus leichteren        Ergebnis. Knapp ein Fünftel aller Neuzulassungen sind im Land der
               und günstigeren Akkus. Unbestrittener Marktführer ist Panaso-             Fjorde somit strombetrieben. Und Oslo plant ab 2025 ausschließlich
               nic, dessen Batterien hunderttausende Hybridmodelle der Marken            Elektrofahrzeuge für den Straßenverkehr zuzulassen. Innerhalb der
               Toyota und Lexus antreiben. Doch die europäische Industrie bläst          EU haben laut European Automobile Manufacturers Association die
               zur Aufholjagd, um bei der Schlüsseltechnologie nicht den An-             Niederlande, Großbritannien und Deutschland die Nase vorn: Die
               schluss zu verpassen. Ein Unternehmen aus Österreich spielt als           Holländer haben 2015 mehr als 43.000 E-Fahrzeuge neu zugelas-
               Zulieferer der Autokonzerne eine zunehmend wichtige Rolle: Krei-          sen. An zweiter Stelle lag Großbritannien mit 29.000 Kraftfahrzeu-
               sel Electric GmbH mit Sitz im Mühlviertler Freistadt. Hier haben die      gen, vor Deutschland und Frankreich mit jeweils rund 23.000 Elek-
               drei Kreisel-Brüder einen Akku entwickelt, der durch seine spezielle      troautos. Darauf folgten Schweden (8.600), Dänemark (4.650) und
               Bauweise leichter ist, mehr Reichweite verspricht und langlebiger         Belgien (3.850) sowie Österreich mit 2.700 Neuzulassungen – noch
               ist als die Batterien anderer Hersteller. „Diese Brüder sind besser als   vor großen südeuropäischen Ländern wie Italien oder Spanien.
               Tesla“, titelte „Enorm“, das deutsche Magazin für gesellschaftlichen
               Wandel, in einem Bericht über die Kreisels, denn „mit ihrer Erfindung     Anreize für Elektromobilität
               wäre die große Schwachstelle der Elektromobilität ausgemerzt“.                Der Ausbau der Elektromobilität wird sowohl in Deutschland als
               Die Brüder benutzen im Gegensatz zu anderen Anbietern statt der           auch in Österreich forciert. Seit Juli 2016 erhalten alle Bürger, die in
               Flachzellen die in Laptops und Elektrogeräten üblichen Rundzellen.        Deutschland ein Elektroauto erstmals anmelden, einen „Umweltbo-
Foto: istock

               Und anders als bei Tesla werden die Zellen nicht zusammenge-              nus“ in Höhe von 4.000 Euro. Zusätzlich dürfen Kommunen Elek-
               schweißt, sondern per Laser miteinander verbunden. Markus Kreisel         troautos im Verkehr bevorzugen: ihnen etwa das Recht geben, die

                                                                                                                                    ENERGIE INSIDE DEZ/16 11
Busspur zu benützen oder kostenlos zu parken. In Österreich gelten    Wirtschaftswachstum
seit 1. Jänner 2016 neue Grundlagen für Betriebe: Rein elektrisch        Laut einer Studie von Wirtschaftsministerium, Wirtschaftskam-
betriebene Firmenfahrzeuge können von der Vorsteuer abgesetzt        mer Österreich und Industriellenvereinigung würde der Umstieg
werden. Bis Mitte Oktober konnten Kommunen und Betriebe die          auf Elektromobilität neue Arbeitsplätze schaffen und zusätzliches
Umweltförderung des Landwirtschaftsministeriums kassieren: Die       Wirtschaftswachstum auslösen – zumindest bis etwa ins Jahr 2030.
Betriebe bekamen maximal 30 Prozent des Kaufpreises und 3.000        Experten wie der Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung,
Euro. Ab 1. Jänner 2017 kopiert Österreich das deutsche Modell:      Mag. Peter Koren, erwarten bis dahin eine Dominanz von Fahrzeu-
Das Verkehrsministerium und das Ministerium für ein lebenswer-       gen mit Verbrennungsmotor. „Der Weg zur reinen Elektromobilität
tes Österreich wollen gemeinsam mit Automobilimporteuren den         wird, wie die Studie zeigt, noch Zeit benötigen. Wir werden daher
Ankauf von Elektrofahrzeugen und Ladeinfrastruktur mit 72 Mil-       auch Übergangstechnologien, wie etwa Hybrid, Plug-in-Hybride
lionen Euro fördern. Die Ankaufförderung für Elektrofahrzeuge        und Range Extender, benötigen“, sagt Koren. Bis dahin würden durch
für Neuwagenkäufe kann ab 1. Jänner 2017 beantragt werden. Ab        die Elektromobilität kaum Arbeitsplätze verlorengehen. Michael
März gibt es dafür eine eigene Webseite. Privatpersonen erhalten     Brecht, oberster Betriebsrat von Daimler, warnte im September in
4.000 Euro für vollelektrische PKW oder Autos mit Brennstoffzelle.   einer Presseaussendung vor einem längerfristigen Abbau von Ar-
Plug-in-Hybride werden mit 1.500 Euro gefördert. Wichtig seien       beitsplätzen: „Die Herstellung des Verbrennungsmotors ist komplex
laut Halasz auch einfachere Bewilligungen für Heim-Ladestationen     und arbeitsintensiv, der Bau eines Elektromotors viel einfacher. Das
für mehrspurige Kraftfahrzeuge. Denn diese können im Gegensatz       Verhältnis der Anzahl an Arbeitsplätzen beim Elektromotor zu Ver-
                                                                                                                                            Foto: istock

zu einspurigen Fahrzeugen nicht an einer Haushaltssteckdose be-      brenner ist grob eins zu zehn.“ Um einen Beschäftigungsschwund
tankt werden.                                                        zu vermeiden, müsse die Elektroauto-Offensive laut Brecht in

12 ENERGIE INSIDE DEZ/16
UNTERSCHIEDLICHE AKKUS FÜR ELEKTROFAHRZEUGE

       Blei-Säure-Akkus wurden wegen des geringen Herstellungsprei-             Lithium-Ionen-Akkus sind die aktuelle Variante der Trakti-
       ses in E-Fahrzeugen verwendet. Aufgrund der großen Masse, der            onsbatterien. Vorteile sind die hohe Energiedichte in Verbindung mit
       geringen Energiedichte und ihrer Temperaturabhängigkeit sind die         einem geringen Gewicht. Bei häufiger Teilentladung gibt es keinen
       Blei-Säure-Akkus wenig geeignet für leistungsstarke E-Fahrzeuge. Bei     Kapazitätsverlust. Häufiges Nachladen und flache Zyklen werden
       fachgerechter Entsorgung kann die Bleisäure neutralisiert und das Blei   empfohlen. Der Einsatz bei sehr hohen und sehr niedrigen Temperatu-
       fast vollständig zurückgewonnen werden.                                  ren wird als problematisch gesehen. Die Akkus beinhalten Metalle wie
                                                                                Kupfer und Aluminium und Übergangsmetalle wie Kobalt und Nickel.
       Nickel-Metallhydrid-Akkus werden wegen ihrer hohen                       Beim Recycling ist Vorsicht geboten: Defekte Lithium-Akkus können
       Energiedichte und der geringen Selbstentladung als Traktionsakku in      Brände auslösen. Altmüllentsorger fordern deshalb eine Markierung
       Hybridfahrzeugen verwendet. Sie speichern elektrische Energie für die    der Akkus sowie eine von anderen Batterien gesonderte Sammlung und
       Fortbewegung und nehmen die Rekuperationsenergie der Nutzbremse          Lagerung.
       auf. Dafür werden Hochstromzellen eingesetzt, die trotz geringerer
       Kapazität die notwendige hohe Strombelastung bei gutem Wirkungs-         Lithium-Polymer-Akkus sind eine Weiterentwicklung der
       grad realisieren können. Die Akkus beweisen eine hohe Belastbarkeit,     Lithium-Ionen-Akkus, die keine flüssigen Elektrolyte enthalten,
       auch bei häufigen Teilladungen gibt es keinen Kapazitätsverlust. Bei     sondern eine gelartige bis feste Folie auf Polymerbasis. Die Akkus
       Überladung altern die Akkus durch das Erwärmen. Die Akkus werden         sind preiswert in der Herstellung, sehr leistungsstark und können in
       ohne giftige Schwermetalle hergestellt. Sie haben eine vergleichsweise   beliebigen Formen gebaut werden. Bei Überladung besteht die Gefahr
       gute Umweltbilanz.                                                       des Aufblähens, wodurch sich die Akkus selbstentzünden. Daher ist zur
                                                                                Ladung ein spezielles Li-Akku-Ladegerät erforderlich.
       Natrium-Nickelchlorid-Akkus erfordern eine hohe
       Betriebstemperatur. Dadurch wird trotz thermischer Isolation eine        Lithium Eisenphosphat-Akkus sind ebenfalls eine Weiter-
       Heizung notwendig. Die Batterie hat eine hohe Energiedichte und weist    entwicklung der Lithium-Ionen-Akkus. Sie sind geeignet für hohe La-
       keine elektrochemische Selbstentladung auf. Die Ausgangsstoffe sind      deströme, die Ladedauer bleibt kurz. Für die gleiche Kapazität haben sie
       in ausreichenden Mengen preiswert vorhanden. Eine Vollladung des         ein höheres Gewicht und mehr Platzbedarf als Lithium-Polymer-Akkus.
       Akkus dauert vergleichsweise lange. Der Akku ist auch als ZEBRA-Bat-     Die Umweltverträglichkeit ist wegen des Verzichts auf Kobalt allerdings
       terie bekannt (zero emission battery research activity). Dank der Ver-   besser.
       wendung relativ unbedenklicher Rohstoffe wie Natriumchlorid, Nickel,
       Eisen, Kupfer und Aluminiumoxyd ist er umwelttechnisch vorteilhaft.

Autokonzernen Hand in Hand mit einem Umbau der Produktion ge-                   rie und wieder zurück. Die Traktionsakkus der E-Fahrzeuge nehmen
hen. Für den österreichischen Arbeitsmarkt müsse laut Halasz „die               also überschüssige Energie auf und speisen sie bei Bedarf wieder in
gesamte Wertschöpfungskette betrachtet werden“. Er erkennt spe-                 das Stromnetz ein. Bevor allerdings Elektroautos eine Schlüsselrolle
ziell für die Zulieferindustrie eine große Chance, sich für die Zukunft         als Stromspeicher für Regelleistung spielen, müsste eine kritische
entsprechend zu positionieren.                                                  Masse von etwa 25.000 Fahrzeugen erreicht werden. Nicht nur
                                                                                Volkswagen und E.On, auch BMW und Vattenfall, Daimler und RWE
 Stromnetz und Elektroautos verschmelzen                                        schmieden dazu in Deutschland neue Allianzen. Zwei Industriebran-
     Elektromobilität kann auch eine Lösung zum Speichern von                   chen, die noch nie zuvor miteinander zu tun hatten, müssten ihr je-
überschüssiger erneuerbarer Energie werden: Der Strom aus rege-                 weiliges Wissen vereinen, verlässliche Standards schaffen und nicht
nerativen Energien schwankt in der Erzeugung. Bei Überproduktion                zuletzt für beide Seiten lukrative Vermarktungsmodelle entwickeln.
müssen derzeit etwa Windräder abgeschaltet werden oder der Strom
könnte gespeichert und bei Bedarf wieder entnommen werden. Da                        Prof. Rolf Isermann von der Technischen Universität Darmstadt
das Netz selbst keinen Strom speichern kann, sollen in Zukunft die              sieht abschließend eine positive Entwicklung der Elektromotoren im
Lithiumionen-Batterien der parkenden und an das Stromnetz ange-                 Auto der Zukunft. Dennoch ist er überzeugt, dass Elektro- und Hy-
schlossenen Autos überschüssige Kilowattstunden aufnehmen und                   bridfahrzeuge auf absehbare Zeit kein Massenphänomen werden.
bei steigendem Bedarf wieder abgeben. Halasz: „Elektrofahrzeuge                 Allenfalls in Nischen, im Innenstadtverkehr, für Fuhrparks und für
haben als mobile Speicher Potential, weil sie so zur Stabilisierung             Stadtbusse, könnten sie sich wirtschaftlich behaupten. So rechnet
der Stromnetze beitragen können. Daraus ergibt sich ein noch grö-               er damit, dass auch noch über das Jahr 2020 hinaus Autos mit Ver-
ßerer volkswirtschaftlicher Gesamtnutzen der Elektrofahrzeuge.“                 brennungsmotoren das Straßenbild bestimmen werden. Diese al-
Einfach ist dieses Ziel allerdings nicht zu erreichen. Einen Parkplatz          lerdings – dank Leichtbau, mehr Variabilitäten, weiter verbesserten
mit zahlreichen Steckdosen auszustatten, reicht bei weitem nicht                Brennverfahren und Abgasbehandlungsmethoden der Benzin- und
aus. Denn Strom muss zwischen Netz und Autobatterie kontrolliert                Dieselmotoren – mit Verbrauchswerten von etwa drei Litern auf 100
in beide Richtungen fließen können – vom Netz in die Autobatte-                 Kilometern.

                                                                                                                                ENERGIE INSIDE DEZ/16 13
Technologische Entwicklungen
verändern die Energiebranche
Neue Technologien und die Digitalisierung werden den Energiesektor stark verändern.
Unternehmen werden mit immer größerer Geschwindigkeit immer mehr Daten aus immer
mehr Quellen verarbeiten. Welche Vorteile, Gefahren oder Herausforderungen kommen
auf Österreichs Energiekunden und Unternehmen zu?

Der technische Fortschritt ist ein starker Treiber. Auch in der
Energiewirtschaft. Ing. Mag. Christian Schober, Geschäftsführer                                        „Österreichs Kraftwerke leiden unter dieser
der Kapsch Smart Energy GmbH, sieht die Energiewirtschaft vor                                          Marktsituation, da sie zwar als Ausgleichs-
einem starken Umbruch. Dieser Wandel hat regulatorische Ur-                                            energielieferant für die volatilen erneuerba-
                                                                                                       ren Energieversorger erforderlich sind, durch
sachen, wird aber auch technologisch getrieben: „Aufgrund von                                          diesen Umstand nun aber zu einem großen
neuen Geschäftsmodellen werden“, wie er sagt, „die bestehenden                                         Teil unwirtschaftlich geworden sind."
Energienetze modernisiert werden müssen. Das beginnt bei Smart
Metering, also beim letzten Knotenpunkt über die Trafostationen,
wo intelligente Steuerungsmechanismen eingesetzt werden, bis
                                                                               Mag. Christian Schober, Geschäftsführer der Kapsch Smart Energy GmbH
hin zu Energieunternehmen, wo eine Vielzahl neuer Applikationen
und Prozesse erforderlich ist.“ Innovationen betreffen aber nicht              Gerade die Netze bergen noch viel technisches Verbesserungspo-
nur die Integration von erneuerbaren Energien, sondern auch den                tenzial: Durch den Ausbau von Hochspannungs-Gleichstrom-Über-
Netzbetrieb.                                                                   tragungs-Netzen oder den Bau von Supra-Stromleitungen können die
                                                                               Netze der Zukunft noch leistungsfähiger werden.

                                                                               Intelligente Stromnetze
                         „Einige Unternehmen sind in diesem Bereich
                         bereits sehr innovativ und stellen sich aktiv            In den vergangenen Jahren sind Photovoltaikanlagen auf ländlichen
                         den neuen Herausforderungen, wie etwa                 Hausdächern regelrecht wie Pilze aus dem Boden geschossen. Auch
                         der vermehrten Integration erneuerbarer               speisen immer mehr Windkraftanlagen Strom in die Netze ein. Um die
                         Energien."                                            neuen Quellen in die bestehende Struktur zu integrieren, gibt es zwei
                                                                               Lösungen: Einerseits kann die bestehende Infrastruktur weiter ausge-
                                                                               baut werden, es können also Umspannwerke, Transformatoren, weitere
                                                                               Hochspannungsleitungen, Speicher und Kraftwerke errichtet werden,
Ing. Leo Kammerdiener, Verantwortlicher für Smart Metering bei der E-Control
                                                                               oder die bestehenden Netze werden intelligent gesteuert, um Erzeu-
Wende der                                                                      gung und Verbrauch möglichst gut miteinander in Einklang zu bringen.
österreichischen Energieversorgung?                                            Diese „schlauen“ Netze werden „Smart Grids“ genannt. Derzeit werden
   Schober sieht, dass „vor allem Entwicklungen auf europäischer               die meisten Stromzähler in Österreich nur einmal jährlich abgelesen.
Ebene die Energieversorgung Österreichs beeinflussen, da Europa                Das gibt wenig Aufschluss darüber, was auf Verbraucherseite passiert.
inhomogen agiert, wenn es um die Energiestrategie geht“. Während               Um das zu ändern, sollen die bisherigen Ferraris-Zähler durch neue
Polen auf Kohle setzt und Tschechien oder Frankreich auf Atom-                 Zähler, die „Smart Meter", ersetzt werden. Nur durch den ständigen
energie, geht Deutschland mit dem Ausstieg aus der Atomenergie                 Informationsaustausch zwischen den Erzeugungsanlagen, den Netz-
einen anderen Weg. Der massive Ausbau erneuerbarer Energie, vor                komponenten, den Speichern und den Verbrauchern kann eine flexible
allem in Deutschland, habe eine Preissenkung weit über die deut-               Reaktion auf Veränderungen im Netz gewährleistet werden.
                                                                                                                                                         Fotos: E-Control, Kapsch

schen Grenzen hinaus bewirkt und andere Erzeugungsmodelle un-
attraktiv gemacht. Daneben beeinflussen Kohlekraftwerke, die in                Basis für eine smarte Energie-Zukunft
EU-Ländern am Netz sind, die Fördermechanismen für die Erneuer-                  Gesetzlich gefordert ist in Österreich der Rollout von 95 Prozent der
baren in anderen Mitgliedsstaaten.                                             Smart Meter bis Ende 2019, auf EU-Ebene 80 Prozent bis 2020 und in

14 ENERGIE INSIDE DEZ/16
Deutschland 80 Prozent bis voraussichtlich 2030. Die Umstellung von        von umfassenden neuen IT-Systemen und Prozesse für den Betrieb und
                5,5 Millionen Zählpunkten in Österreich wird prognostizierte Kosten        hocheffiziente Taktung der Rolloutteams in der Fläche zur Ausrollung
                von 1,5 bis 2 Milliarden Euro verursachen und wird wohl länger dauern      der gesamten Technologie. Hier gilt es, große Unterschiede zwischen
                als bis Ende 2019, darin sind sich Experten einig. Dr. Peter Deschkan,     städtischen und ländlichen Strukturen zu optimieren. Die meisten Sys-
                Leiter der Abteilung Metering der Wiener Netze GmbH, sieht derzeit ei-     teme, die derzeit in Österreich implementiert werden, basieren auf der
                nen klaren Willen aller österreichischen Netzbetreiber zum Rollout von     sogenannten PLC (Powerline-Communication) Technologie. In der Pra-
                zukunftssicheren Gesamtsystemen:                                           xis zeigt sich, dass die Bandbreiten dieser Technologie von den vorhan-
                                                                                           denen Störquellen im Netz abhängig sind und die Erreichbarkeit der
                                         „Alle der großen und viele kleine Netzbetrei-     Geräte verbesserungsfähig ist.
                                         ber befinden sich aktuell in umfangreichen
                                         Vergabeverfahren oder bereits am Start            Smart Meter: Zwischen Nutzen,
                                         von Teilsystemen als Basis für den flä-           Ablehnung und Gleichgültigkeit
                                         chendeckenden Rollout. Ein Großteil der
                                                                                              Smart Meter stellen den individuellen Stromverbrauch zeitnah auf
                                         Netzbetreiber bekennt sich dabei zumindest
                                         zur Erreichung des 80-prozentigen Zieles          einen Blick zur Verfügung. Auf diese Daten hat ausschließlich der Netz-
                                         der EU.“                                          betreiber sowie der Kunde selbst Zugriff. Mit Zustimmung des Kunden
                                                                                           werden einmal am Tag alle 15-Minuten-Werte übermittelt. „Einige
                                                                                           Kunden sind in diesem Zusammenhang besorgt über die vermeintli-
                Dr. Peter Deschkan, Leiter der Abteilung Metering der Wiener Netze GmbH
                                                                                           che Echtzeitüberwachung“, sagt Kammerdiener: „Aus technischer Sicht
                   Auch wenn der vom Wirtschaftsminister vorgegebene Zeitraum für          besteht hier kein Grund zur Sorge. In den Medien wird über diese Tat-
                den Rollout nicht erreicht wird, kann laut Schober davon ausgegangen       sachen aber oftmals falsch berichtet, was zur nächsten Hürde führt:
                werden, dass die Mehrheit der Österreicher bis Ende 2020 über einen        Kundenakzeptanz. Neben den technischen Herausforderungen dürfen
                Smart Meter verfügt. „Dieses Szenario gilt allerdings nur dann, wenn       der Kunde und dessen Bedürfnisse nicht vernachlässigt werden. Hier
                die aktuell eingesetzten Technologien, die ja noch unerprobt sind, auch    ist noch Verbesserungspotenzial vorhanden.“ Smart Meter werden, geht
                tatsächlich in einem Rollout funktionieren. Derzeit fehlen für die neuen   es nach einer österreichweiten Umfrage im Rahmen des EU-Projekts
                Technologien noch die Erfahrungswerte“, sagt er. „Die Smart Meter und      „You are a Smart Consumer – UsmartConsumer“, von den Konsumen-
                die zentralen Softwaresysteme müssen perfekt ineinandergreifen. Hier       ten kaum als geeignetes Werkzeug gesehen, um Strom und Kosten zu
                sind herausfordernde Service Level Agreements von den Netzbetreibern       sparen. Als größter Nutzen wird die erhöhte Transparenz bei Strom-
                gefordert“, sagt Deschkan. Die hohen technologischen und organisa-         verbrauch und -rechnung genannt. Gleichzeitig sehen aber auch 17
                torischen Erwartungen der Netzbetreiber und Realisierungskonzepte          Prozent der Verbraucher überhaupt keinen Nutzen im Smart Meter. Tat-
                der Industrie müssen nun in die Tat umgesetzt werden. Laut Deschkan        sache ist jedenfalls, dass immer mehr Menschen Energie im Haushalt
Foto: Gasnetz

                heißt das vor allem für die großen Netzbetreiber Austausch und Neuge-      effizient nutzen wollen, um nicht nur das eigene Budget, sondern auch
                staltung eines Großteils der bestehenden IT-Systeme, Implementierung       die Umwelt zu schonen.

                Hochspannungs-                                                             Supra-Stromleitungen
                Gleichstrom-Übertragung                                                    Supra-Stromleitungen transportieren beim gleichen Durchmes-
                Bei der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) transportie-           ser etwa fünfmal so viel Strom wie Kupferkabel. Im Kabelstrang
                ren die Leitungen Gleichstrom, da die Übertragungsverluste geringer        einer Supra-Stromleitung sind viele schmale Supraleiter-Streifen mit-
                sind als bei Wechselstrom. Für den unterirdischen Stromtransport über      einander verwoben. Jeder Gewebeschlauch bedient eine Phase des
                weite Wege gilt diese Technik bereits als Standard. In Indien oder Chi-    Drehstrom-Netzes. Ummantelt ist dieser Kern von kühlendem Stick-
                na wird HGÜ großflächig eingesetzt. Die Investitionen sind zwar deut-      stoff (minus 180 Grad Celsius). Die Hochtemperatur-Supraleiter (HTS)
                lich höher als bei herkömmlichen Übertragungsnetzen, dafür sind die        sind technisch und wirtschaftlich eine sinnvolle Möglichkeit, um den
                Leitungen leistungsstärker und effizienter. Das erste Projekt dieser Art   weiteren Ausbau städtischer Stromnetze mit Hochspannungskabeln zu
                wurde in Europa 2013 auf einer Strecke von 65 Kilometern zwischen          vermeiden. Sie könnten bestehende Umspannungswerke einsparen und
                Frankreich und Spanien fertiggestellt.                                     damit urbane Nutzflächen freimachen.

                                                                                                                                      ENERGIE INSIDE DEZ/16 15
STEIGT DIE GEFAHR VON

                         BLACK O U T S ?
Wie die verstärkte Integration der Erneuerbaren ins Stromnetz und der Einsatz neuer Technologien wie
etwa Smart Meter die Volatilität erhöhen und die Energieinfrastruktur bedrohen können. Oder ist die
Angst vor Blackouts übertrieben?
Österreich war 2015 laut Energie-Control Austria durchschnittlich 42                Laut IT-Experte und Vorstand der HiSolutions AG Prof. Timo Kob
Minuten ohne Strom. Österreich zählt damit zu den bestversorgten               „schützt uns“, dass die „bösen Jungs mit Cyber-Sabotage kein Geld
Ländern Europas und der Welt und erreicht eine Versorgungssicher-              verdienen können“ und sie sich daher „eher auf virtuellen Bankraub“
heit von 99,91 Prozent. Trotz dieser guten Werte steigen die Risiken           fokussieren. Wenn aber Akteure auftauchen, denen es nicht um
für die Stromversorgung. EAA-Energie Inside hat bei Experten nach-             Bereicherung geht, sondern um Erpressung oder Destabilisierung,
gefragt, ob intelligente Mess- und Zählsysteme, sogenannte Smart               „sieht die Sache anders aus“. Solche Szenarien seien leider sehr
Grids, die Energieinfrastruktur anfälliger für Störungen und Angriffe          realistisch. Aus diesem Grund wurden Initiativen wie die EU-NIS-Richt-
von außen machen.                                                              linie ins Leben gerufen. Die Festlegung gemeinsamer, europäischer
                                                                               Cybersicherheitsstandards und die Verstärkung der Zusammenar-
Täglich Cyberangriffe auf Energieversorger                                     beit zwischen EU-Ländern sollen Unternehmen dabei helfen, sich zu
    Bis zum 23. Dezember 2015 gab es in Europa viele Angriffe auf              schützen. Aber auch Angriffe auf verknüpfte Infrastrukturnetze der
Energieversorger, größere Folgen blieben aus. Die Hackergruppe                 Unions-Mitglieder sollen damit vermieden werden. Die EU-Mitglieds-
Dragonfly schleuste etwa schädliche Software in Systeme westlicher             staaten haben bis 2018 Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht
Netz- und Pipelinebetreiber ein und schaffte es, Windkraft- und Bio-           umzusetzen – in Österreich etwa durch das Cybersicherheits-Gesetz.
gasanlagen fernzusteuern – bis ihre Aktivitäten enttarnt wurden.               Allerdings, so Kob:

     Am 23. Dezember 2015 änderte sich das: Die Ukraine wurde zum
weltweit ersten Land, in dem ein Blackout durch einen Cyberangriff                                                 „WIR WERDEN WEDER BEI DER
ausgelöst wurde. Untersuchungsberichte besagen, dass dieser Angriff                                           VORBEUGUNG NOCH BEI EINER GUTEN
auch in anderen Netzen Europas funktionieren würde. Das hätte eine                                                 KRISENBEWÄLTIGUNG IM FALLE
Kettenreaktion und verheerende Auswirkungen zur Folge. So wie das                                               EINES FALLES DORT SEIN, WO WIR
fast am 2. Mai 2013 passiert wäre: da schrammte die Stromversorgung                                                           STEHEN SOLLTEN.“
Mitteleuropas knapp an einem Totalabsturz vorbei. Die Ursache: eine
simple Zählerabfrage im süddeutschen Erdgasnetz. Bei der Inbetrieb-
nahme eines neuen Gas-Leitsystems geriet ein regulärer Steuerungs-
                                                                               Prof. Timo Kob, IT-Experte und Vorstand der HiSolutions AG
befehl ins System der europäischen Stromnetze. Die Folge war eine
enorme Datenflut. Das Steuerungssystem wurde für Stunden lahmge-                   Das liegt am System. Bisher war die Energieversorgungsinfrastruk-
legt. Mitarbeiter in Kraftwerken halfen, das Schlimmste zu verhindern.         tur auf eine lange Lebensdauer ausgelegt. „Jetzt kommen aber immer
                                                                               mehr neue Technologien ins Spiel“, sagt Herbert Saurugg, Major beim
                                                                               Österreichischen Bundesheer im Bereich IKT- und Cyber-Sicherheit.
                                 „ES GIBT EINE STETIG WACHSENDE                „Diese haben kürzere Lebenszeiten und bringen völlig andere Anforde-
                              ANZAHL VON PERSONEN, DIE ÜBER DAS                rungen an den Betrieb mit.“ Damit und durch die Vernetzung steige die
                                TECHNISCHE KNOW-HOW VERFÜGEN,                  Gefahr, dass etwas Unvorhergesehenes geschieht. Dem stimmt Marc
                                HACKERANGRIFFE DURCHZUFÜHREN.                  Elsberg, Autor des Bestsellersromans „Blackout“, zu: „Wir haben durch
                                                                                                                                                          Fotos: Cognosec, Hi SolutionsAG

                                        DAS IST EINE GEFÄHRLICHE               die steigende Komplexität und Vernetzung des gesellschaftlichen Ge-
                                                  ENTWICKLUNG.“                samtsystems einen ‚Moloch‘ geschaffen. Durch diesen sind Infrastruk-
                                                                               turen wie Energie, Mobilität, Banken, die Lebensmittelindustrie oder die
                                                                               Wasserversorgung verletzlich geworden. Schon ein kleiner Fehler oder
Oliver Eckel, Geschäftsführer der auf IT-Sicherheit spezialisierten Cognosec   eine Störung kann heute quer durch das gesamte System schlagen.“

16 ENERGIE INSIDE DEZ/16
Steigende Vernetzung                                                     Gefährliche Erneuerbare?
                             „Gleichzeitig mit dem wachsenden Vernetzungsgrad nimmt die               Rund 6.000 Kilometer Übertragungsnetze gehen durch Österreich.
                         Steuerbarkeit mit unseren bisherigen Methoden ab“, sagt Saurugg: Ei-     Damit es zu keiner Unter- oder Überversorgung kommt, sind sie in
                         nerseits kann durch neue Technologien die Ausfallwahrscheinlichkeit      Europa synchron zusammengeschaltet. Sie werden von Netzbetreibern
                         reduziert werden. Gleichzeitig können sich in weit vernetzten Syste-     abhängig von der Volatilität der Stromerzeugung geregelt.
                         men Störungen leichter und rascher ausbreiten – auch über System-            Was den Betreibern aber zu schaffen macht, ist der fortschreitende
                         grenzen hinaus. Der Offizier warnt davor, dass ein Blackout unsere       Ausbau der erneuerbaren Energien. Denn Windkraft exakt vorherzusa-
                         gesamten stromabhängigen Infrastrukturen und Services betreffen          gen, ist unmöglich, da Böen überraschend entstehen und Windparks
                         würde.                                                                   dann plötzlich Strom produzieren. Aber auch die schwer prognostizier-
                                                                                                  bare Stromerzeugung durch Solarparks macht es herausfordernd, das
                              IT-Experte Kob zeigt ein weiteres Bedrohungspotenzial auf: „Da      österreichische und damit das europäische Leitungsnetz zu regeln und
                         keine Technologie hundertprozentig sicher ist, erhöht jede Technolo-     zu stabilisieren. Um das Netz nicht zu überlasten, können diese Über-
                         gie, die zusätzlich ins Netz und in die Energieversorgungskette einge-   schüsse in Pumpspeicherkraftwerken zwischengespeichert werden.
                         bracht wird und keine ältere Technologie ersetzt, auch die Gefahr. Die
                         meisten Risiken gehen gar nicht von neuen Technologien aus, sondern          Die Austrian Power Grid AG (APG) hat also alle Hände voll zu tun:
                         vom Vernetzen mit bestehenden, die ursprünglich gar nicht dafür ge-      Es gebe zwar keinen Grund für Panik, aber „der Grat zwischen Versor-
                         dacht waren.“                                                            gungssicherheit und Blackout ist schmäler geworden“, sagte Gerhard
                                                                                                  Christiner, technischer Vorstand der Austrian Power Grid (APG), heuer
                         Mehr Angriffsmöglichkeiten durch Smart Meter?                            im Rahmen des Energietags der Sparte Industrie in der Wirtschafts-
                              Bei der informationstechnischen Vernetzung kommen intelli-          kammer Oberösterreich. Aus seiner Sicht fehlt es in Europa an einem
                         gente Stromnetze, die Smart Grids, ins Spiel. „Sie wurden vor Jahren     „steuernden Element“ bei der Energiepolitik. Während die EU-Kom-
                         als die Lösung für viele Probleme verkauft“, so Major Saurugg:           mission einen Binnenmarkt für Strom anstrebe, werde Versorgungssi-
                                                                                                  cherheit oft national, und zwar komplett unterschiedlich, definiert. So
                                                                                                  fördert Deutschland die erneuerbaren Energiequellen massiv, während
                                                      „HEUTE ZEIGT SICH, DASS SIE DAVON           etwa Polen auf Kohle setzt und Frankreich oder Tschechien auf Nukle-
                                                   NUR WENIG ERFÜLLEN KÖNNEN. GLEICH-             arenergie. Gleichzeitig werde viel zu wenig in den Ausbau der großen
                                                   ZEITIG WIRD IMMER KLARER, DASS WIR             Übertragungsleitungen investiert. Um dem Zuwachs an Erneuerbaren
                                                     DAMIT EIN MASSIVES RISIKO FÜR DIE            langfristig gewachsen zu sein, ist der Ausbau der Infrastruktur aber
                                                      INFRASTRUKTUR IN KAUF NEHMEN.“              essentiell.

                                                                                                      Prinzipiell sind erneuerbare Energieträger nicht problematisch.
                                                                                                  Aber es wurde offenbar darauf vergessen, Sicherheitsstrukturen in
                         Major Herbert Saurugg, MSc, IKT- und Cyber-Sicherheit,
                         Österreichisches Bundesheer                                              das Gesamtsystem einzubauen. „Die resiliente Infrastruktur ist nicht
                                                                                                  mit dem rasanten Ausbau der Erneuerbaren mitgewachsen“, sagt Ro-
                              Sorgen mache dem IT-Experten Kob die geplante massenhafte           manautor Elsberg:
                         Verbreitung gleicher Geräte: „Das ist ähnlich wie in der Landwirt-
                         schaft mit Monokulturen. Taucht eine erfolgreiche Bedrohung auf,
                         ist sie sehr schwer einzudämmen und es kann sich daraus schnell
                         ein Gau entwickeln.“ Durch die beabsichtigte Vernetzung und den                                           „GRUNDSÄTZLICH MANGELT ES IN
                         Einsatz von Smart Metern beim Endkunden können sich Ansätze für                                           UNSEREN KOMPLEXEN SYSTEMEN
                         kriminelle Handlungen ergeben – bis hin zur Sabotage und Störung                                       HÄUFIG AN ‚RESILIENZ PER DESIGN‘.“
                         ganzer Stromnetze. Grund: Smart Meter sind Computer in einer
                         weitgehend ungesicherten Umgebung beim Endkunden. Laut dem
                         IT-Offizier gehe aber „die primäre Gefahr nicht von einem digitalen
                         Zähler aus, sondern von dem in Österreich vorgeschriebenen Fern-
                                                                                                  Marc Elsberg, Autor des Bestsellerromans „Blackout“
                         wirksystem“. Der österreichische Smart Meter ist nämlich kein rei-
                         ner Zähler, sondern kann auch aus der Ferne abgeschaltet werden.         Angst vor Blackouts übertrieben
                         Dieser sogenannte „Breaker“ sei daher auch die große Sicherheits-            Univ.-Prof. Reinhard Haas vom Institut für Energiesysteme und
                         schwachstelle. Darüber sind sich Datenschützer wie Hans Zeger von        Elektrische Antriebe an der TU Wien schätzt die Situation weni-
                         der ARGE Daten einig. Ohne Breaker wäre das Risiko bedeutend ge-         ger kritisch ein: „Aus energiewirtschaftlicher Sicht wird die Gefahr
                         ringer, sagen sie. Es gilt: Je geringer die Angriffspunkte, desto bes-   von großflächigen Stromausfällen in Zukunft nicht ansteigen.“ Er
Fotos: Wastian, Ilgner

                         ser. Das stellte auch schon die Deutsche Bundesnetzagentur 2011          sieht zwar „unkalkulierbare Risiken aufgrund höherer Gewalt. Das
                         fest: „Intelligente Stromnetze brauchen Smart Meter an strategisch       war aber schon vor 50 Jahren so und daran wird sich künftig auch
                         wichtigen Netzpunkten. Aber nicht in jedem Haushalt.“                    nichts ändern.“

                                                                                                                                              ENERGIE INSIDE DEZ/16 17
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