Masterplan Leitstelle 2020
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„Um den neuen Bedrohungslagen effizient und ausfallsicher begegnen zu können, müssen Leitstellen dem Stand der Technik und den jeweiligen Entwicklungszyklen der digitalen Möglichkeiten entsprechen. Effiziente Leitstellen sind eine Voraussetzung für den Schutz Kritischer Infrastrukturen.“ AG „Sicherheitsleitstellen“ des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit e. V.
Inhaltsverzeichnis 2 3 Inhalt Neue Möglichkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Erwartungen an BOS-Leitstellen bis 2020. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Wie sieht die Leitstelle der Zukunft aus?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 von Dipl.-Ing. Gerhard Schulz, Polizei Hamburg von Clemens Binninger (CDU) Nicht jeder Trend ist eine Lösung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Definition Leitstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 von Dipl.-Ing. Frank Drägert, IDH-consult von Prof. Dr.-Ing. Peer Rechenbach, HAW Hamburg Anforderungen und Wünsche an die Leitstelle 2020. . . . . . . . . . . . . . . 30 Masterplan Leitstelle 2020 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 von Jürgen Helt, Werkfeuerwehr BASF von Dipl.-Ing. Jörg Marks, Siemens AG – Deutschland Das Aufgabenspektrum der Leitstelle wird größer. . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Ausgangslage: Dezentrale Gefahrenabwehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 von Dipl.-Ing. Thomas Urban, VdS Schadenverhütung GmbH Digitalfunk BOS: Zentrales Kommunikationsmittel Einheitliche Security Technologie am Beispiel Leitstelle. . . . . . . . . . . 33 in der dezentralen Gefahrenabwehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 von Wolfgang Wüst, Bundesverband der Sicherheitswirtschaft e. V. Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben Gefahrenmanagement und Schnittstellen – Sicherheit und Vernetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Technischer Aufbau von „Typischen Leitstellen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 von Wilfried Joswig, Verband für Sicherheitstechnik Europäische Normen für Alarmempfangsstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Die „Leitstelle 2020“ aus Sicht der kommunalen von Alexander Küsel, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Gefahrenabwehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 von Branddirektor Dipl.-Ing. Peter Hartl, Deutscher Städtetag Veränderte Bedrohungslagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Ergebnisbewertung und Zukunftsfragen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Social Media und die Zukunft der Leitstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 von Dr. Clemens Gause, ehem. Geschäftsstelle ZOES e. V. Wir brauchen integrierte zentrale Leitstellen mit Mitglieder der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 modernster Technik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 von Dr. h.c. Ralf Ackermann, Deutscher Feuerwehrverband Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Bestandsaufnahme 4 5 Vorwort Wie sieht die Leitstelle der Zukunft aus? Definition Leitstelle von Prof. Dr.-Ing. Peer Rechenbach Die Leitstelle ist eine regionale Einrichtung, die Hilfeersuchen der Bürger in akuten Notsituationen von Clemens Binninger über die Notrufe bzw. automatische Alarmierungs- anlagen (Einbruchs- oder Gefahrenmeldeanlagen) Die Sicherheitsarchitektur im deutschen Födera- entgegennimmt und nach vorgegebenen Regeln lismus ist dezentral organisiert. Das gilt gerade und Prozessen die zum Schutz, zur Rettung und für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Versorgung der betroffenen Menschen geeigneten Vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Ka- Einsatzkräfte mit entsprechenden automatisch wir- tastrophenhilfe (BBK) bis hin zu den kommunalen kenden Einrichtungen (Einsatzlenkungs- und Doku- Ordnungsbehörden gibt es in unserer Sicherheits- mentations-Systeme) alarmiert und heranführt. Die architektur eigene Zuständigkeiten im Bereich der ergänzenden Anforderungen und Informationen der Clemens Binninger (CDU) öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Brand- Einsatzkräfte werden nach einer ersten Beurteilung Mitglied des Deutschen und Unfallschutzes, des Rettungsdienstes sowie der Situation aufgenommen und in vorbereitete Bundestages und Beirats- des Gesundheitsschutzes. Für Polizei, Feuerwehr, Handlungsprozesse umgesetzt. Erforderliche Re- vorsitzender des ZOES Rettungsdienste und Katastrophenschutz bei der aktionsprozesse, die nicht vorbereitet sind, bedür- täglichen Gefahrenabwehr, bei Naturkatastrophen fen der besonderen Entscheidung entsprechender oder Störfällen mit katastrophalen Wirkungen bis Führungskräfte und/oder der Aktivierung des be- Prof. Dr.-Ing. hin zum Verteidigungsfall und zum Zivilschutz sind nannten Polizei- oder Feuerwehrführers bzw. des Peer Rechenbach die Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und organisatorischen Leiters „Rettungsdienst“ oder kommunaler Ebene aufgeteilt. Diese dezentrale der Katastrophenabwehrleitung. Hochschule für Ange- Struktur war und ist ein Garant dafür, dass Ret- wandte Wissenschaften tungskräfte schnell verfügbar und auf die Risiken Es wird i. d. R. unterschieden zwischen folgenden Hamburg speziell ausgerichtet sind. Leitstellentypen, für die unterschiedliche Anforde- Abteilungsleiter Katastro- rungen sowie Normen und Richtlinien gelten: phen-, Brand- und Bevöl- Bisher existieren für diese unterschiedlichen Zu- kerungsschutz, Hamburg ständigkeitsbereiche bei den Sicherheitsbehörden BOS-Leitstellen (Leitstellen für Polizei, Feuer- (i. R.) und Bevölkerungsschutzorganisationen meist ge- wehr und Katastrophenschutz) trennte Leitstellen, die angesichts neuer Entwick- Leitstellen sind vor diesem Hintergrund Schnittstel- Leitstellen für Kritische Infrastrukturen (wie z. B. lungen vor Herausforderungen stehen. Nicht nur len, die vor allem im Einsatzfall zuverlässig auswer- Stromversorgungsunternehmen, Chemische In- „Jahrhundertfluten“ oder Großunfalllagen erfordern ten, koordinieren und steuern müssen. Wie sieht dustrie, Werkfeuerwehren, Flughäfen und Bahn- eine optimale Zusammenarbeit der Sicherheits- dabei „die Leitstelle der Zukunft“ aus? Wie kann si- höfe) behörden im Einsatzfall. Deutschland steht in den chergestellt werden, dass hilfeleistende Stellen und letzten Jahren auch verstärkt im Fokus terroristi- Dienste auch neuen und wachsenden Bedrohungs- Alarmempfangszentralen (Leitstellen für Stör- scher Bedrohungen, auf die der Bevölkerungsschutz lagen gewachsen sind? Die vorliegende Schrift des meldungen, Einbruchmeldeanlagen, Aufzugs- ebenfalls vorbereitet sein muss. Hinzu kommt eine Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit e. V. befasst notrufzentralen, etc.) rasante Veränderung unserer Kommunikation: Über sich mit diesen und weiteren Fragen. Smartphone und Tablet-PC lassen sich Nachrichten, Informationen und Bilder in Sekunden verbreiten. Clemens Binninger MdB
Bestandsaufnahme 6 7 Geleitwort Masterplan Leitstelle 2020 von Dipl.-Ing. Jörg Marks Mit der vorliegenden Schrift haben wir die Ergeb- nisse der Arbeitsgruppe „Sicherheitsleitstellen“ des Wie können wir gewährleisten, dass hilfeleistende Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit e. V. zusam- Stellen aller Art auch neuen und zunehmenden Be- mengefasst. Wir wollen diese Ergebnisse der Öf- drohungslagen gewachsen sind? Wir wollen Ihnen fentlichkeit vorstellen und sie zur Diskussion stel- mit der vorliegenden Schrift zeigen, dass es bei die- len. Zudem haben wir Experten aus dem deutschen ser Fragestellung nicht „bloß um die Ausstattung Raum dazu eingeladen, ihre Sichtweise in separa- von Leitstellen“ geht, sondern um ein zentrales Ele- ten Autorenbeiträgen beizusteuern. Zur einfachen Leitstellenprojekte heute ment Öffentlicher Sicherheit. Unterscheidung haben wir die Ergebnisse unserer Generell lässt sich heute Folgendes bei so gut wie allen Leitstellenpro- Arbeitsgruppe grau hinterlegt. Insgesamt – so mei- jekten feststellen: Die Arbeitsgruppe „Sicherheitsleitstellen“ des Zu- ne ich – haben wir uns inhaltlich ehrgeizige Ziele kunftsforums Öffentliche Sicherheit e. V. diskutiert gesteckt. Uns geht es darum, einheitliche Security Es handelt sich um meist „technologische Einzelprojekte“ mit unter- seit 2010 die Frage, wie „Einheitliche Security Tech- Technologie am Beispiel von Leitstellen voranzutrei- schiedlichen Beschaffungszyklen. nologie am Beispiel von Leitstellen“ einen Beitrag ben und dabei auch die Prozesse zur Herstellung ei- zur Öffentlichen Sicherheit beisteuern kann. Denn ner Leitstelle, ihres Betriebes sowie die Ausbildung Vielfältige proprietäre Subsysteme in der Leitstelle liefern eine Viel- die Bedrohungslagen für Länder, Städte und Ge- aller beteiligten Mitarbeiter nicht aus dem Auge zu zahl von nicht vereinheitlichten Informationen an das Steuerungs- meinden haben sich innerhalb der letzten Jahre er- verlieren: system (i. d. R. ein Einsatzleitsystem, das diese nach vorgegebenen XXXXXXX Dipl.-Ing. Jörg Marks heblich verändert. Wir fragen: Einzelfalldefinitionen individuell verarbeitet): Jede Leitstelle ist ein Vorsitzender der Arbeits- um Kosten zu sparen (sowohl bei den Betreibern „Unikat“. gruppe „Sicherheitsleit- Konnten „Katastrophenschützer“ und ihre Tech- als auch bei der Industrie), Es werden zunehmende Spezialisierungserfordernisse auf „Beschaf- stellen“ beim Zukunfts- nik diesen neuen Bedrohungslagen folgen? um technische, kaufmännische und prozessuale ferseite“ und im Betrieb benötigt. Diese werden aber heute eher forum Öffentliche Sicher Wie wird eine Leitstelle heute ausgestattet, wie Verbesserungen aufzuzeigen, „eingespart“. heit e. V. wird sie beschafft* und wie sieht der Betrieb in- um Möglichkeiten der temporären Vernetzung Es gibt ein diffuses Bild für die Industrie zur technischen Ausrichtung Leiter Business Line BOS- nerhalb ihres „Lifecycles“ aus? unterschiedlicher Leitstellen voranzutreiben, von Leitstellen: „Was soll morgen entwickelt werden?“ Leitstellen Deutschland Wie steht es um die Integration moderner Tech- um Security-Technik „Made in Germany“ ein Ge- Es gibt lange „Standzeiten“ der Technik. Dadurch ergibt sich eine Leiter Region Ost der niken, die komplett neue und hoch integrierte sicht zu geben. große Technologiebreite im Bestand. Building Technologies bei Vernetzungsmöglichkeiten bieten? der Siemens AG - Deutsch- Hohe Kosten bei Organisation, Betrieb und Investition Welche Folgen ergeben sich in Deutschland (und land, Sektor Infrastructure auch in vielen anderen Ländern) durch eine de- Ein zu hohes projektspezifisches „Customizing“ im Verhältnis zur & Cities zentrale Organisation, in der „jeder seins macht, Standardsoftware verursacht hohe Kosten bei Beschaffern, Betrei- pflegt und beschafft“? bern und Lieferanten. Der finanzielle und verwaltungstechnische Pfle- Entkoppelte Zyklen von Beschaffung, Entwicklung und Finanzie- geaufwand für Leitstellen steigt ständig, aber: rungsmodellen Ist eine übergreifende Vernetzung in Deutsch- Immer wiederkehrende Diskussionen bzgl. Datenschutz versus Infor- land überhaupt gewünscht? mationsaustausch Quelle: Siemens *Beschaffung gemäß VOB/B, VOB/L oder EVT-IT
Bestandsaufnahme 8 9 Bestandsaufnahme Digitalfunk BOS: Zentrales Ausgangslage: Dezentrale Kommunikationsmittel in der Gefahrenabwehr dezentralen Gefahrenabwehr Die föderalistische Sicherheitsstruktur Deutsch- le Regelungen bestimmt, auf der internationalen Der Digitalfunk BOS ist das neue Kommunikati- lands ist komplex: Sie ist verbunden mit der Zustän- Bühne für die Innere Sicherheit in Europa oder sie onsmittel aller Behörden und Organisationen mit digkeit der Länder, der Städte, Kreise und Kommu- fungiert als „zivilrechtliche Institution“ der Bundes- Sicherheitsaufgaben in Deutschland. Er vereint und nen in allen Fragen der öffentlichen Sicherheit und wehr bei Auslandseinsätzen. Innerhalb des beste- vereinheitlicht die Kommunikation und löst die ver- Aufbauphasen Ordnung; mit dem Brand- und Katastrophenschutz, henden Sicherheitsverbundes arbeitet sie eng mit schiedenen, voneinander unabhängigen, analogen dem Rettungsdienst sowie dem Gesundheits- den Polizeien und anderen Sicherheitsbehörden von Funknetze sukzessive ab. Den Polizeien des Bundes Aufbau und Errich- schutz. Bund und Ländern und darüber hinaus mit vielen und der Länder, den Feuerwehren, Rettungsdiens- tung begonnen ausländischen Grenzbehörden zusammen. ten und Hilfsorganisationen sowie dem THW steht Die 16 eigenverantwortlichen Länder mit derzeit damit ein einziges bundesweites BOS-Digitalfunk- Integration in das ca. 630 Landkreisen verwalten sich dezentral. In Zudem hat der Bund in seiner Zuständigkeit für netz zur Verfügung. Netz Deutschland gibt es darüber hinaus gegenwärtig den Zivilschutz Vorsorge getroffen. Die Einheiten ca. 100 verschiedene Organisationen und Behörden und Einrichtungen des Zivilschutzes werden von Im August 2013 waren 364.000 Teilnehmer im BOS- Betrieb begonnen (Feuerwehr- und Polizei-Organisationen, Bundes- den kommunalen Gebietskörperschaften geführt Digitalfunknetz registriert, vier Millionen Gruppen grenzschutz, Deutsches Rotes Kreuz, Technisches bzw. betrieben. Seit Beginn der siebziger Jahre wird rufe wurden abgesetzt. Bereits heute ist das BOS- Hilfswerk, um nur einige zu nennen). Ihre inhaltliche der Katastrophenschutz der Länder (Einheiten der Digitalfunknetz das weltweit größte, auf dem Stand: September 2013 Ausgestaltung findet sich in den entsprechenden Feuerwehren, der Rettungsdienste und des Kata TETRA-Standard basierende Funknetz. Der Aufbau Quelle: BDBOS landesgesetzlichen Regelungen wieder. Auch die strophenschutzes mit den dort integrierten Hilfsor- und die Inbetriebnahme des BOS-Digitalfunknetzes Ausrüstung und Beschaffung für all diese Behör- ganisationen) quantitativ und in bestimmten Spe- verlaufen parallel zueinander. Während der Digital- den und Organisationen erfolgt in der Regel durch zialbereichen qualitativ durch den Bund erweitert, funk BOS bereits in zahlreichen Regionen Deutsch- eigenständige Organisation je nach Einzelfall. Es um z. B. auch den besonderen Anforderungen im lands im täglichen Einsatz genutzt wird, wird das besteht zunehmender Kooperationsbedarf zwi- Verteidigungsfall zu genügen. Diese Erweiterung Netz in wenigen Regionen noch ausgebaut. Mehr Funktionen, schen Bund, Ländern und Kommunen, sowie zwi- orientiert sich dabei ausschließlich an den Anforde- mehr Möglichkeiten schen den jeweiligen Behörden und Organisationen. rungen, die sich im Zivilschutz ergeben könnten. Sie Von den rund 4.500 vorgesehenen Basisstationen Vergangene und aktuelle Ereignisse erweitern den dienen nicht zum Schutz vor besonderen örtlichen waren am 16. September 2013 insgesamt 3.961 Der Digitalfunk BOS verfügt im Vergleich zum Ana- Bundesanstalt für den Erfahrungshorizont, doch verlangen sie zunehmend Risiken, für die ausschließlich die Länder mit den Standorte mit Systemtechnik ausgestattet und logfunk über entscheidende Vorteile. Er ist hoch- Digitalfunk der Behörden auch erhöhte Anstrengungen zur Vermeidung von Kommunen verantwortlich sind. 3.515 Basisstationen in das BOS-Digitalfunknetz verfügbar, abhörsicher und bietet eine wesentlich und Organisationen mit Schäden oder zur schnellen qualifizierten Rettung. integriert. Die Netzabdeckung des BOS-Digitalfunk- bessere Sprachqualität. Umgebungslärm wird bei Sicherheitsaufgaben netzes umfasst aktuell 86 % der Fläche der Bundes- der Sprachübertragung weitgehend herausgefil- (BDBOS) Diese dezentrale Struktur ist und war ein Garant da- republik Deutschland. Die Nutzung des Digitalfunk tert. Zudem verfügen die Digitalfunkgeräte über für, dass Rettungskräfte schnell verfügbar und auf BOS ist bereits in allen in Betrieb genommenen eine Notruftaste, deren Betätigung eine direkte die örtlichen Risiken speziell ausgerichtet sind. Ge- Netzabschnitten möglich. Deutschlandweit wird die Sprechverbindung mit Vorrang vor allen anderen fahren durch Naturereignisse, Störfälle oder durch Funkversorgung im Wesentlichen bis Ende 2014 er- Teilnehmern aufbaut. Dieser Notruf wird, je nach von Menschenhand vorsätzlich verursachte Ereig- reicht sein. Konfiguration, an die zuständige Stelle oder in die nisse, die zu Katastrophen führen können, wurden jeweilige Gruppe durchgestellt. Hierbei wird au- berücksichtigt und durch vorbeugende Maßnahmen Seit Mai dieses Jahres hat die Bundesanstalt für tomatisch auch die aktuelle oder letzte bekannte in ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und in ihren fa- den Digitalfunk der Behörden und Organisationen GPS-Position übermittelt. Der Notrufende kann so talen Wirkungen nachhaltig reduziert. mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) alle 62 geplan- schnell lokalisiert und die entsprechende Hilfe ziel- ten Vermittlungsstellen in das BOS-Digitalfunknetz gerichtet entsandt werden. Ein weiteres wichtiges Element staatlicher Sicher- integriert. Die beiden Netzverwaltungszentren in heitsvorsorge stellt die Zivilverteidigung mit dem Hannover und Berlin, die für die Überwachung und Zivilschutz als Aufgabe des Bundes dar. Während die die Steuerung des Digitalfunk BOS zuständig sind, Teilnehmer und Gruppenrufe Länder also für die Feuerwehr, den Rettungsdienst befinden sich im Betrieb. Der Aufbau des Kernnet- und den Katastrophenschutz in der täglichen Ge- zes des BOS-Digitalfunknetzes ist abgeschlossen. Anzahl Gruppenrufe in Mio. Teilnehmer in HTsd. fahrenabwehr, bei Naturkatastrophen oder Störfäl- 4,0 3,9 4,0 4,0 3,6 4,0 len mit katastrophalen Wirkungen zuständig sind, Im Juni 2013 wurde die Migration des Nutzereigenen 3,4 3,2 hat der Bund dieselbe Verpflichtung für den Vertei- Managements (NEM) abgeschlossen. Mit dem NEM 3,0 3,0 digungsfall sowie für die Absicherung der Landes- steht den Nutzerinnen und Nutzern des Digitalfunk 2,0 2,0 grenzen; beides ist eng mit den Verantwortungs- BOS ein bundesweit einheitliches Instrument zur bereichen der Europäischen Union verflochten. Die zentralen Verwaltung von Funkteilnehmern, End- 1,0 1,0 Bundespolizei beispielsweise nimmt nicht nur im geräten und Diensten zur Verfügung. Die Funkteil- 0 0 Sicherheitssystem der Bundesrepublik Deutschland nehmer und Rufgruppen können nun eigenständig März April Mai Juni Juli Aug. 2013 umfangreiche und vielfältige polizeiliche Aufgaben und je nach Bedarf und Einsatzlage administriert Quelle: BDBOS wahr, sondern sie wirkt auch, durch supranationa- werden.
Bestandsaufnahme 10 11 Technischer Aufbau von „Typischen Leitstellen“ Auch die schmalbandigen Datendienste des Digital- Einsatzerfahrungen Grundsätzlich sind die regionalen Polizeieinsatz- Führungsorgane (wie z. B. Bundespolizei, etc.) sind funk BOS, wie beispielsweise Statusinformationen, zentralen und Rettungsleitstellen der Länder und aufgrund der gesetzlichen Aufgabenzuweisung GPS-basierte Fahrzeug- und Personenortung oder Einer der wesentlichen Vorteile des Digitalfunk BOS Kommunen die Instanzen, die weitgehend „unqua- zu einem weitaus geringeren Anteil durch die be- Kurznachrichten, eröffnen neue Möglichkeiten für gegenüber dem Analogfunk ist die Möglichkeit, lifizierte Notrufe“ über den europaweiten Notruf 112 schriebenen extrinsischen Einflussfaktoren geprägt die Kommunikation. Durch die GPS-basierte Fahr- Funkteilnehmer zentralgesteuert und BOS-über- oder den Polizeiruf 110 entgegen nehmen. Die un- (grundsätzlich keine Notrufe, keine Einbruchmel- zeug- und Personenortung können Anfahrtswege greifend in Gruppen zusammenzuschalten. Diese qualifizierten Notrufgespräche müssen durch den deanlagen usw.). Dort stehen regelmäßig prognos- optimiert und Einsatzkräfte besonders an großen Funktion zahlt sich insbesondere bei Großschadens- Disponenten in eine verwertbare Struktur überführt tische, auf den präventiven Bereich ausgerichtete und unübersichtlichen Einsatzstellen effektiv ko- lagen aus. Zugleich sind derartige Lagen regelrechte werden. Als Ergebnis wird überwiegend ein „Wenn- Dispositionsabläufe im Vordergrund. ordiniert werden. Die Übermittlung von Kurznach- Härtetests für den Digitalfunk BOS, schließlich grei- Dann-Prozess“ gestartet. Das bedeutet, dass auf- richten ermöglicht im Bereich der Übermittlung von fen hierbei verhältnismäßig viele Nutzer zeitgleich grund einer Schadens- oder Gefahrenmeldung an In einer weitergehenden hierarchischen Struktur Einsatzaufträgen eine Vereinfachung der Abläufe. auf die gleiche Funkinfrastruktur zu. einem definierten Ort, in Abhängigkeit zur gemel- werden bei eskalierenden Ereignissen die überge- Möglich ist zudem die aktive sowie passive Alarmie- deten Situation, vorher definierte Ressourcen auto- ordneten Stellen informiert bzw. aktiviert. Immer rung der Einsatzkräfte durch den Dienst „Call Out“ Bei zahlreichen Großschadenslagen konnte sich matisch aktiviert und entsandt werden. Alle ande- dann, wenn nicht mehr durch einen vorher definier- (Alarmierung). das Leistungsspektrum des Digitalfunk BOS be- ren Meldungen, die nicht infolge eines weitgehend ten „Wenn-Dann-Handlungsprozess“ gearbeitet reits bewähren. So etwa beim Castor-Transport im unqualifizierten Notrufes bei den Leitstellen einge- werden kann, müssen von den benannten Verant- Integration der Leitstellen November 2011 in Niedersachsen, beim Champions- hen, sind als qualifizierte, teilweise automatische wortungsträgern Handlungsvorgaben entwickelt League-Finale in München im Mai 2012 oder den Meldung zu interpretieren. Diese bedürfen keiner und mit individuellen Prozessen umgesetzt werden. Die Leitstellen der BOS dienen insbesondere der Demonstrationen am 1. Mai 2013 in Berlin. Die Aus- Unterstützung durch einen strukturierten Abfra- Als Grundlage dafür dienen detaillierte Informatio- Alarmierung, Führung und Koordination der Ein- wertung der Messergebnisse aus diesen Großlagen gealgorithmus. Letztendlich lösen sie automatisch nen über die jeweilige Situation an einem bestimm- satzkräfte. Sie nehmen Informationen entgegen, war positiv. oder durch entsprechende Umsetzung des Dispo- ten Ort oder in einer Region. Diese Informationen werten diese aus und leiten Maßnahmen ein. Für nenten einen vorher definierten Handlungsprozess müssen entsprechend der hierarchischen Gliede- die einsatztaktische Nutzung des Digitalfunk BOS Auch die zurückliegende Hochwasserkatastrophe aus. rung der Führungsebenen und den jeweiligen spezi- kommt der Einbindung der Leitstellen in das Digi- im Sommer 2013 im Süden und Osten Deutschlands fischen Aufgaben bzw. Zuständigkeiten aggregiert talfunknetz daher eine Schlüsselrolle zu. stellte für den Digitalfunk BOS eine Bewährungs- werden. Dabei werden auch Simulations- und Pro- probe dar. Die Herausforderungen lagen hierbei gnosewerkzeuge eingesetzt und ggf. geografische Leitstellen werden nach den Anforderungen der sowohl in der Abwicklung des hohen Funkaufkom- Referenzierungen vorgenommen. Üblicherweise jeweiligen BOS konzipiert und ausgestattet. Als mens sowie in der direkten Bedrohung mancher werden in den obersten Führungsebenen die Prio- Verantwortliche für den Aufbau, den Betrieb und Standorte des Digitalfunk BOS durch das Hochwas- ritäten der Maßnahmen und die strategischen Ziele die Funktionsfähigkeit des Digitalfunk BOS stellt ser selber. Die Auswirkungen der vom Hochwasser definiert. In den unteren Ebenen werden diese ope- Quelle: BDBOS die BDBOS die Schnittstellen zur Anbindung der direkt betroffenen Funkstandorte auf die Hand- rationalisiert und bestimmten Ressourcen Teilauf- Leitstellen an das BOS-Digitalfunknetz bereit. Über lungsfähigkeit der eingesetzten Kräfte waren indes gaben zugewiesen. Dabei werden die Schnittstellen die Schnittstellen sind die Mitarbeiterinnen und gering. Von den eingesetzten Einsatzkräften gab zu anderen Ressourcen und Teilaufgaben definiert. Mitarbeiter der Leitstellen in der Lage, die Dienste es zahlreiche positive Rückmeldungen. So konnten des Digitalfunk BOS zu nutzen. Hierzu zählen die beispielsweise die vielfachen Einsatzkräfte aus ver- Es bedarf daher im Bereich der inneren Sicherheit Gruppen- und Einzelrufe sowie weitere Dienste wie schiedenen Organisationen und Regionen an den insbesondere für Leitstellen zur Gefahrenabwehr beispielsweise Durchsage- und Katastrophenruf, Hochwasser-Brennpunkten Sachsen-Anhalts prob- und für Kritische Infrastrukturen einer innovativen Rundrufe, Lokalisierung von Funkteilnehmern so- lemlos in die Kommunikation vor Ort eingebunden Bedarfsplanung. Bisher erweist sich hier im Einzel- wie die Versendung und der Empfang von Status- und damit effektiv koordiniert werden. Insgesamt nen als besonders problematisch, dass: meldungen. stellte der Digitalfunk BOS seine Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit in außergewöhnlichen Einsatz- technisches Gerät in der Anschaffung noch (zu) Quelle: BDBOS Die Schnittstellen bestehen aus Übertragungs- und lagen unter Beweis. teuer ist, Sicherheitstechnik und werden in den Vermittlungs- Bedarfsträger nicht hinreichend über den Stand stellen des BOS-Digitalfunknetzes sowie bei Bedarf der Technik bzw. die am Markt vorhandenen Pro- an den jeweiligen Leitstellen- oder Konzentrator- dukte informiert sind, Standorten bereitgestellt. Die BDBOS geht derzeit von einem Bedarf von über einhundert Anbindun- Zielvorgaben hinsichtlich der Leistung und des gen aus. Da zu den Anbindungen jedoch auch Kon- Einsatzgebietes der Technik nicht hinreichend in zentratoren gehören, welche mehrere Leitstellen an Richtung der Industrie kommuniziert werden, das BOS-Digitalfunknetz gleichzeitig anbinden, ist sowie klare Richtlinien und Grenzen hinsichtlich die tatsächliche Zahl der anzubindenden Leitstellen der Verantwortungsbereiche einzelner Lieferan- um ein Mehrfaches größer. ten fehlen.
Bestandsaufnahme 12 13 Europäische Normen für Alarmempfangsstellen Die „Tragik“ der beschriebenen Situation wird deut- von Alexander Küsel in denen der Empfang sowie die Verarbeitung von lich, wenn man sich den Umfang der Aufgaben von Signalen stattfinden, die Anforderungen aus allen öffentlichen Einsatzkräften zur Sicherstellung ei- Um einer Standardisierung Vorschub zu leisten (und Teilen der Normen der Reihe DIN EN 50518 erfüllen. ner sofortigen und angemessenen Reaktion auf der genannten „Unikat-Problematik“ entgegen- Notfallereignisse und die daraus resultierenden zuwirken), sind im Jahr 2010 zumindest für Alarm- Diese Empfehlung der Norm gilt auch für inner- Anforderungen an BOS-Leitstellen vor Augen führt: empfangsstellen erstmals europäische Normen der betriebliche Einrichtungen (z. B. Leitstellen, Be- Reihe „EN 50518 Alarmempfangsstellen Anforde- triebswarten), die Alarme und Meldungen aus Sofortiges Krisenmanagement: Kooperation von rungen“ erarbeitet worden. Alarmempfangsstellen Alarmanlagen überwachen und verarbeiten, die in- regionalen bis hin zu landesweiten oder sogar lassen sich, technisch betrachtet, durchaus als „Teil- nerbetrieblich installiert sind. staatenübergreifenden Leitstellenstandorten mengen“ von BOS-Leitstellen begreifen, da BOS- Leitstellen in Größenordnungen auch automatische Die Sicherungskette als Empfang von Notrufen und automatischen Alar- Meldungen z. B. von Brand- oder Einbruchmelde- Voraussetzung für men anlagen empfangen. Die erfolgreich eingeführten effiziente Gefahrenabwehr Sofortige Identifikation des Ereignisortes durch Normen in der Industrie bzw. in der Privatwirtschaft und Hilfeleistung Anrufer-Identifikation und Geografisches Infor- (wie z. B. Sicherheitsunternehmen) ließen sich da- mationssystem (GIS) her auch auf den BOS-Bereich anwenden. Diese Aufgrund der technologischen Entwicklung und sollten (zumindest) der eingeführten Normung ent- Standardisierung ist heutzutage eine Alarmierung Situationsbewusstsein Alexander Küsel sprechen. und Meldung innerhalb weniger Sekunden an ei- Quelle: Fotolia / Arbeitsgruppe „Sicherheitsleitstellen“ Vorgegebene Reaktionszeiten nem beliebigen Ort möglich. Oftmals wird aber die Leiter Schadenverhütung Weitere Teile der genannten, dreiteiligen Normen- Planung und Durchführung von geeigneten Siche- -Sachversicherung Höchste Verfügbarkeit im 24/7-Betrieb reihe wurden bis 2011 auf der europäischen Normen rungsmaßnahmen, beruhend auf den zu erwarten- Gesamtverband der Deut- Leitstellen für die Gefahrenabwehr und Kritische Computerunterstützte Disposition (CAD) der Ein- ebene durch CENELEC (Europäisches Komitee für den Alarmen und Meldungen, um eine effiziente schen Versicherungswirt- Infrastrukturen heutiger „Couleur“ haben verschie- satzkräfte elektrotechnische Normung) veröffentlicht. In allen Gefahrenabwehr und Hilfeleistung für das Schutz- schaft e. V. (GDV) dene Prozesse mit einer Vielzahl von unterschied- Ländern der EU, in denen vor Veröffentlichung ver- objekt und die dort gefährdeten Personen zu errei- Verwalten von mehreren hierarchischen Res- lichen Fremdschnittstellen zu proprietären Subsys- gleichbare nationale Normen nicht vorlagen, sind die chen, vernachlässigt oder ausschließlich dem Be- Abt. Sach- und Technische sourcen (z. B. Fahrzeuge, Besatzungen) temen. Die vielfältigen proprietären Subsysteme Normen der Reihe EN 50518 bis spätestens Januar treiber der Gefahrenmeldeanlagen bzw. der vor Ort Versicherung, Schadenver- liefern eine Vielzahl von nicht vereinheitlichten In- Betriebsüberwachung 2012 einzuführen. In Deutschland wurden diese Nor- installierten Überwachungstechnik überlassen. hütung, Statistik formationen an das Steuerungssystem (i. d. R. ein men von Dezember 2010 (Teil 1) bis Dezember 2011 Steuerung der Kommunikation mit den Einsatz- Einsatzleitsystem), welches diese „in Abhängigkeit (Teil 3) durch Veröffentlichung auf nationaler Ebe- Für die Beherrschung der Prozesse innerhalb der Si- kräften der zugedachten Aufgabe“ nach vorgegebenen ne als Normen der Reihe DIN EN 50518 eingeführt. cherungskette ist die auf dem Schutzobjekt einge- Einzelfalldefinitionen individuell verarbeitet. D. h., Koordination zwischen den Berechtigungsgrup- In denjenigen Ländern der EU, in denen bereits vor setzte bauliche und mechanische Sicherungstechnik heute ist jede Leitstelle ein „Unikat“, in der Kombi- pen Veröffentlichung dieser Normenreihe nationale entscheidend. Sie liefert den für die Einsatzvorbe- nation der aufgeschalteten Subsysteme für Hard- Normen für Leitstellen existierten, die nunmehr den reitung und das Anrücken der Einsatzkräfte (In- Gerichtsverwertbare und eindeutige Dokumen- und Software inklusive der unterschiedlichen Soft- europäischen Normen entgegen stehen, sind diese terventionskräfte) erforderlichen zeitlichen Wider- tation wareversionen. Dabei liegt die Anzahl der Benutzer spätestens bis Januar 2014 zurückzuziehen. Es ist stand (Widerstandszeitwert, Feuerhemmung usw.). (Disponenten) von BOS-Leitstellen typischerweise Abrechnung von erbrachten Dienstleistungen an in hohem Maße zu erwarten, dass die Anwendung Die Sicherungskette (siehe Abb. 1) zur Realisierung zwischen 5 und mehreren hundert. Dritte (z. B. Krankentransport) der Normen der Reihe DIN EN 50518 innerhalb der der Alarm- bzw. Meldungsübertragung, der Alarm- europäischen Länder stetig zunehmen wird und die- bzw. Meldungsbearbeitung sowie der Durchführung se den Status einer anerkannten Regel der Technik gefahrenabwehrender und hilfeleistender Maßnah- innerhalb der nächsten Jahre entwickeln werden. men auf dem Schutzobjekt, kann anhand einiger Prozesse standardisiert dargelegt werden. Im ersten Teil (DIN EN 50518-1:2010-12) der Normen- reihe wird der Geltungsbereich dargelegt. Die Norm gilt für solche Stellen (Alarmempfangsstellen), die Signale überwachen und/oder empfangen und/oder verarbeiten, die eine umgehende Reaktion auf Not- fälle erfordern. Hierbei sind insbesondere Signale aus solchen Anlagen gemeint, die dazu geeignet sind, externe und interne kriminelle Handlungen, Notfallsituationen und/oder Unglücksfälle, die den Schutz und die Sicherheit von Menschen und Ein- richtungen gefährden, zu signalisieren. Gemäß Aussage der Norm sollten die zentralen Stellen,
Bestandsaufnahme 14 15 Der Alarmdienst beinhaltet: das Annehmen und Bewerten der Alarme, Mel- Detektion von Gefahren dungen und Informationen, das Weiterleiten der Bewertungsergebnisse ge- Alarmierung mäß Vereinbarung an Dritte, die Beauftragung der Intervention, Interventions- dienst die Dokumentation für den Kunden/den Auf- traggeber/Dritte, Technische die Pflege der Stammdaten, Maßnahmenpläne Dienste und der schutzobjektrelevanten Sicherheitsin- Alarm- formationen/Lage. dienst Der Interventionsdienst für Alarmempfangszen- tralen umfasst in der Regel folgende Tätigkeiten: die planerische Vorbereitung von Interventionen Abb. 1: Die Sicherungskette mit ihren wesentlichen Abb. 2: Technische Infrastruktur in der Sicherungskette zur taktischen Durchführung unter Berücksichti- Prozessen und Diensten. Die Sicherungskette beginnt gung von schutzobjektrelevanten Sicherheitsin- und endet am Schutzobjekt. formationen, Technische Infrastruktur in An die eingesetzten Gefahrenmanagementsysteme die Planung (Einsatzplanung) und Durchführung der Sicherungskette (GMS, ELS gemäß Abb. 2) werden besondere Sicher- Erläuterungen zu den des jeweiligen Interventionsauftrages, heitsanforderungen gestellt, um die Messbarkeit Prozessen und Diensten in Beruhend auf den Normen der Reihe DIN EN 50518 der Tätigkeiten und deren Zeitdauer zu ermögli- das Überwachen der Interventionstätigkeiten, der Sicherungskette von (Alarmempfangsstellen) und den mit den inter- chen. Die Überwachung und Messung der Verfüg- Alarmempfangszentralen die Aufklärung und Feststellung der Sicherheits- essierten Kreisen in der AG Alarm* abgestimmten barkeit gemäß DIN EN 50136 ist für die technische situation am Schutzobjekt, Grundsätzen zur Weiterleitung und Bearbeitung Infrastruktur über alle verwendeten Schnittstellen Die Technischen Dienste in der Sicherungskette von Alarmen und Meldungen wird in der Abb. 2 die hinweg durch den Alarmprovider (GMS-AES gemäß die Bewertung der und das Informieren über die umfassen: technische Infrastruktur in der Sicherungskette dar- Abb. 2) nachzuweisen. Sicherheitszustände am Schutzobjekt, gestellt. das Messen, Protokollieren der Netzverfügbar- die Abstimmung, wie der Sollzustand der Sicher- Das Digitale Kommunikationsgerät (DKG gemäß keit gemäß DIN EN 50136, heitszustände auf dem Schutzobjekt wiederher- Bei dem Alarmprovider handelt es sich um eine Abb. 2) überträgt die aktuelle Standortposition der gestellt werden kann, Alarmempfangsstelle (AES) gemäß den Normen der Interventionskräfte und überträgt mit den Positi- das Überwachen, Empfangen und Verarbeiten Reihe DIN EN 50518, die zusätzliche Anforderungen onsdaten den Zeitpunkt des Eintreffens am Einsatz- von Alarmen und Meldungen, die Wiederherstellung des Sollzustandes aller an die Verarbeitung, Überwachung und Weiterlei- ort. Weiterhin dient es der Sprachkommunikation Sicherheitsfunktionen auf dem Schutzobjekt das Überwachen der technischen Infrastruktur in tung von Signalen wie z. B. von Alarmen, Meldun- und der Informationsübertragung der Einsatzvorga- mit dem Ziel, das Sicherungskonzept wirksam in der Sicherungskette einschließlich Störungser- gen und Informationen einhält, um insbesondere in ben und der Feststellungen vor Ort. Darüber hinaus Funktion zu setzen, kennung und Störungsbeseitigung, Zusammenarbeit mit nachgeordneten Stellen, die verfügt es zur Eigensicherung der Interventions- die Dokumentation der Intervention und deren z. B. den Alarmdienst durchführen, die Störungs- kräfte über eine automatische Notruffunktion. Auf- das Weiterleiten der bearbeiteten Meldungen Ergebnisse. freiheit und die Verfügbarkeit der erforderlichen grund der standardisierten Prozesse innerhalb der und Alarme an den Alarmdienst. technischen Übertragungstechnik zur Weiterleitung Sicherungskette sind die Dienste und der Informa- der Alarme und Meldungen zu überwachen und zu tionsaustausch optimal aufeinander abgestimmt. gewährleisten (Schnittstellen S6 bis S14 gemäß Für das objektbezogene Sicherungskonzept müs- Abb. 2). Die Anforderungen an die Übertragungs- sen die Tätigkeiten innerhalb der Prozesse der Si- und Überwachungseinrichtung sind auf die Art der cherungskette individuell abgestimmt werden. Signale und Alarme bzw. Meldungen abzustimmen und sind abhängig vom Übertragungsprotokoll fest- zulegen. *Die Arbeitsgruppe Alarm (AG Alarm) wurde von VdS Schadenverhütung GmbH gemeinsam mit dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft e. V. (BDWS) beim VdS gegründet, um die europäische Normung für Alarmempfangsstellen auf nationaler Ebene sinnvoll umzusetzen. Die AG Alarm setzt sich aus Vertretern der Behörden, Herstellerverbänden, BDSW und der Versicherungswirtschaft (GDV) zusammen.
Bestandsaufnahme 16 17 Veränderte Social Media und die Zukunft der Leitstellen Bedrohungslagen von Dr. Clemens Gause Innerhalb der letzten Jahre hat sich die Bedro- Pandemie Großereignisse und Groß- Ein wesentlicher Punkt, der die Zukunft der hungslage erheblich verändert. Deutschland als schadensfälle, flächen Leitstellen stark beeinflussen wird, betrifft das neuer geografischer Mittelpunkt in Europa und als Flugrouten sind heute die schnellsten Ausbrei- deckender Stromausfall Thema Social Media, insbesondere die Nutzung ein vermeintlich reiches Land rückt immer öfter in tungswege von Infektionskrankheiten. So entwi- der aus unserem Allltag nicht mehr wegzuden- den Brennpunkt potentieller Bedrohungen. Auch ckelte sich die Neue Grippe (bekannt als Schweine Letztlich wird zwischen Alltagsereignissen, Groß kenden Smartphones und die damit einherge- die zunehmende Mobilität der Menschen sowie die grippe), die durch das A H1N1 Virus verursacht wird, ereignissen und Katastrophen unterschieden. All- hende Vernetzung der Menschen. In diesem zunehmende weltweite Kommunikationstechnik u. a. durch den Flugtourismus von einem lokalen zu tagsereignisse werden routinemäßig mit eigenen, Zusammenhang ließe sich die provokante These führt zum Verschwimmen der Ländergrenzen (nicht einem weltweiten Problem. Nachvollziehbar war vor Ort verfügbaren Mitteln und mit effizienten aufstellen, dass diese zunehmende Vernetzung nur) innerhalb Europas. dieser Effekt auch während der SARS-Pandemie Strukturen bewältigt. Zu diesen Alltagsereignissen der Bürger langfristig den Bedarf an Leitstellen 2002/2003: Während man in Asien noch die klassi- zählen etwa ein Gebäudebrand, ein Verkehrsunfall, erheblich dezimieren, bzw. zu einer erheblichen Für den „örtlichen Katastrophenfall“ gilt nach wie schen Verbreitungswege für SARS annahm, zeigte medizinische Notfälle, Liftrettung etc.. Konzentration führen könnte. Smartphones vor: Die heutige Struktur der Städte und Kommunen die zunehmende Zahl der Erkrankungen in Kanada und Social Media haben die Bürger schon jetzt kann die ihr zugedachte Aufgabe schnell und wie diesen Reise-Effekt schon recht deutlich. Natür- Gebäude, Tunnel, Flughäfen oder Bahnhöfe werden enorme Fähigkeiten der Selbstorganisation gewohnt erfüllen. Doch ist sie auch den „globalen“ lich können sich bestimmte Krankheitserreger, je jedoch immer größer und komplexer. Bei Großer- entwickeln lassen, wie beim Elbe Hochwasser Themenfeldern gewachsen? Stichworte: Internati- nach Übertragungsweg, auch ohne solche „techni- eignissen bedarf es darüber hinaus besonderer Ein- 2013 eindrucksvoll aufgezeigt wurde. Das setzt onaler Terrorismus, weltweite Pandemiegefahren, schen Hilfsmittel“ schnell über große Flächen und satzkräfte und Führungsstrukturen. Bei Massen- natürlich voraus, dass die Technik im Ernstfall verstärkte länderübergreifende Hochwasserlagen, Entfernungen ausbreiten, doch verhindern häufig veranstaltungen kommt es weltweit immer wieder funktioniert. Dennoch: Social Media werden die Dr. Clemens Gause Großereignisse und Großschadensfälle, überregio- geografische Barrieren die weltweite Verbreitung. zu Katastrophen. Im Juli 2010 werden z. B. auf der Zukunft von Leitstellen – sowohl was die Tech- naler Stromausfall. Die Erfolgskonzepte verändern Die Logistikwege und auch die Krankenversorgung Loveparade in Duisburg in einem Tunnel 21 Men- nologie, als auch die in ihr ablaufenden Verfahren Mitglied der Arbeitsgruppe sich notgedrungen, bedenkt man allein die zuneh- werden in hoch entwickelten Ländern bereits bei ei- schen tödlich verletzt. Der große Flughafenbrand in angeht – massiv beeinflussen. Zudem eröffnet „Sicherheitsleitstellen“ mende Bedeutung von „Social Media“. Neue Gefähr- ner Krankenquote von ca. 3 % der Bevölkerung gra- Düsseldorf im Jahr 1996 hat die Auslegung der Nor- diese Technik für den Bevölkerungs- und Kata beim Zukunftsforum dungslagen fordern Behörden und Organisationen vierend beeinträchtigt – mit nicht vorhersehbaren men – insbesondere den Schutz der Menschen vor strophenschutz im Rahmen der Risiko- und Öffentliche Sicherheit e. V. zunehmend übergreifend. Konsequenzen für den Katastrophenschutz sowie Rauchgefährdungen – erheblich verändert. Auch die Krisenkommunikation ungeahnte Möglichkeiten. für die medizinische Versorgung. verschobene Eröffnung des Flughafens in Berlin/ Internationaler Terrorismus Brandenburg aufgrund des unzureichenden Brand- Verstärkte länderübergrei- schutzes zeigt, dass länderübergreifende Gefahren- Eine neue asymmetrische Gefährdungslage ist fende Hochwasserlagen abwehr zu neuen Herausforderungen führt. durch global operierende Terroristen gegeben (z. B. Anschläge in New York City und Washington D. C. Im Zuge der fortschreitenden Landnutzung wach- Störfälle in Betrieben oder besonderen Einrichtun- Zunehmende Bedeutung von am 11. September 2001, Madrid am 11. März 2004 sen auch die bewohnten Flächen, die Hochwas- gen wie z. B. Kraftwerken, Chemieunternehmen Social Media sowie London am 07. Juli 2005). In Deutschland sergefahren ausgesetzt sind. Mancherorts konnte etc., können sich zu Katastrophen „nationalen Aus- konnten in den letzten Jahren mehrere geplante dies durch baulichen Hochwasserschutz kompen- maßes“ entwickeln. Die weiter zunehmende Kon- Die Social Media spielen eine neue und nicht unbe- Attentate durch gute Aufklärungsarbeit im Vorfeld siert werden. Heute sind im Vergleich zu früheren zentration von Gefahrenpotentialen aufgrund der deutende Rolle, auch bezogen auf die Auswirkun- verhindert werden. Z. B. wurden im September 2007 Jahrhunderten die Überflutungen zwar seltener schieren Größe solcher Anlagen bei gleichzeitig dicht gen im Falle einer notwendigen Rettung. Insbe- schwere Bombenattentate auf US-Einrichtungen in geworden, ihre Auswirkungen aber werden immer besiedelten Gegenden stellt alle Katastrophenhel- sondere die junge Bevölkerung nutzt die moderne Deutschland verhindert. Im November 2006 sollte katastrophaler. Die letzten beiden Hochwasserlagen fer vor ständig steigende Anforderungen. Nicht zu- mobile Kommunikationstechnik, um sich auszu- ein Bombenkoffer an Bord einer in Frankfurt/Main in Deutschland waren länderübergreifende Kata- letzt die Atom-Katastrophe in Japan hat das mögli- tauschen, zu informieren, zu verabreden. Was sich startenden Maschine der Fluggesellschaft El Al ge- strophen mit einem Schaden von ca. 15 Milliarden che Ausmaß einer solchen nationalen Katastrophe zunächst „harmlos“ anhört, kann im Schadensfall schmuggelt werden. Im Juli 2006 scheiterten An- Euro. Dennoch wird der Hochwasserschutz heute verdeutlicht. Die Energiepolitik in Deutschland hat zu ernsthaften Entwicklungen führen: Die Kommu- schläge auf zwei Regionalzüge in Nordrhein-West- auf Länderebene organisiert. Flüsse jedoch halten sich daraufhin entscheidend verändert. Doch auch nikationskanäle werden überlastet, sprich: „die Net- falen aufgrund handwerklicher Fehler. Im Gegensatz sich nicht an Ländergrenzen. wenn mit dem Ausstieg aus der Atompolitik das Ge- ze sind zu“. Übrigens dann (abgesehen vom TETRA zu den Terroristen der siebziger Jahre, die jeweils fahrenpotential der Kernenergie verringert wird, so Funknetz) auch für die Rettungskräfte! Ggf. sind mit polizeilichen Mitteln in den betroffenen Staaten birgt schon die allgemeine Energieversorgung Risi- die Zufahrtswege überfüllt, weil alle gleichzeitig – bekämpft werden konnten, sind die international ken, die zu akuten Notlagen führen können. Bereits durch Social Media motiviert – „weg“ bzw. an einen agierenden Terroristen eine Gefahr von außen, die ein flächendeckender Stromausfall kann sowohl für bestimmten Ort wollen. Andererseits liefern mögli- nur begrenzt durch länderpolizeiliche Maßnahmen die Bevölkerung als auch für die Rettungskräfte zu cherweise „Metadaten“ der mobilen Endgeräte al- bekämpft werden kann. Somit steht auch der Bund einer nicht kalkulierbaren Bedrohung werden. Trotz ler Betroffenen eine bessere Lageerkennung als die bei der Bekämpfung der Wirkungen terroristischer unserer heutigen Kommunikationstechnik kann die „punktförmig“ vorhandenen Einsatzkräfte. Anschläge in Deutschland in der Pflicht, gemeinsam Alarmierung der Betroffenen, die Beruhigung und mit den Ländern sachgerechte Vorbereitungen zu Versorgung der Bevölkerung bis hin zur Evakuie- treffen. rung von Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Altersheimen zu unvorhersehbaren Schwierigkeiten führen.
Fortführung der Fachdiskussion 18 19 Wir brauchen integrierte zentrale Leitstellen mit modernster Technik von Dr. h.c. Ralf Ackermann Neue Anforderungen an den Auch um den neuen Bedrohungslagen effizient und Disponenten ausfallsicher begegnen zu können, müssen Leitstel- Eines ist klar und deshalb vorweg: Wir brauchen len durch ständige Aktualisierung und Anpassung Neuen Bedrohungslagen begegnen integrierte zentrale Leitstellen mit modernster Vielfache Erfahrung lehrt, dass die Disponenten dem Stand der Technik und den jeweiligen Entwick- Um herauszufinden, wie sich „die veränderte Welt“ – sowohl in der Bedro- Technik. Leitstellen sind integrativer Bestandteil trotz vorhandener leistungsfähiger Software ne- lungszyklen der digitalen Möglichkeiten angepasst hungslage als auch in der Technik – auf die vorhandenen Strukturen der Ka- der Gefahrenabwehr. Sie kristallisieren sich immer ben einer qualifizierten Ausbildung stets über gute sein. tastrophenschützer auswirkt und wie die moderne Leitstellentechnik hier deutlicher zur Kommunikationszentrale für die poli- Ortskenntnisse in einem räumlich überschaubaren unterstützen kann, rückt die Arbeitsgruppe Sicherheitsleitstellen folgende zeiliche und nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr. Bereich verfügen sollten. Hierbei hat sich auch eine Effiziente Leitstellen Fragen in den Fokus: enge Verzahnung der Leitstellen untereinander als sind auch Voraussetzung Dabei ist die enge Verzahnung zwischen allen Betei- überaus vorteilhaft erwiesen. für den Schutz Kritischer 1. „Organisationsübergreifende Informationen“ sind ausschließlich in der ligten der Polizeien, der Länder, des Rettungsdiens- Infrastrukturen. Leitstelle vorhanden, in der sie erzeugt wurden. Wie können auch ande- tes, der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes Durch den Einsatz von Software, die die Entschei- re Leitstellen daran teilhaben? der Garant für eine optimale und wirtschaftliche dungsfindung bei der Bearbeitung von Notrufen Eine Datenkommunikation über das Internet kann Aufgabenerfüllung. Sie ist unverzichtbar zur Ge- gerade auch im Bereich medizinischer Notfälle un- allerdings im Zweifel problematisch werden. Die 2. Wie wirken wir der weiteren „Zerstückelung“ von Daten und Lagebildern währleistung der Sicherheit der Bevölkerung. terstützt, werden die Entscheidungsprozesse unab- Ressourcen sollten zwar in jeder Leitstelle zur Ver- entgegen? hängiger vom Ausbildungsstand der Disponenten fügung stehen, im Bedarfsfall jedoch auch autark Eine funktionierende Leitstelle ist gleichbedeutend und führen zu standardisierten Einsatzmittelbe- nutzbar sein. Dr. h.c. Ralf Ackermann 3. Wie kann man die Kosten zur Bereitstellung der vielfach vorhandenen mit der Wertigkeit entsprechender polizeilicher In reitstellungen, die zu einer Optimierung der Hilfe IT-Infrastruktur eindämmen, besser noch senken (auf der Betreiber- und Vizepräsident des frastruktur, da von der Funktionalität eine unmittel- führen können. Grundsätzlich ist großer Wert auf eine Redundanz der Industrieseite)? Deutschen Feuerwehr bare Menschenrettung abhängt. der Technik zu legen. Bei Ausfall einer Kommuni- verbandes (DFV) Mit der Weiterentwicklung des Qualitätsmanage- kationseinheit müssen Rückfallebenen vorhanden 4. Welche Initiativen sind nötig, damit sich eine Tendenz zur Vereinheitli- ments und der Zertifizierung geht eine fachliche sein. Hierzu kann auch ein Verbund von Leitstellen chung nach und nach durchsetzt? Qualifikation des Personals für eine qualifizierte der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr mit redun- Notrufabfrage fortlaufend einher. danter Technik genutzt werden. 5. Wie kann man Feuerwehr und Polizei oder auch den Katastrophenschutz in ihrer Leitstellenarbeit und Technik schrittweise zusammenfassen? Disponenten des Rettungsdienstes müssen als zu- Das von der Europäischen Union initiierte automati- sätzliche fachliche Herausforderung auch Abstim- sche Notrufsystem eCall wird die Leitstellen zusätz- 6. Wer sind die ersten und notwendigen Adressaten für diesen Prozess? mungsfunktionen für die Bereiche Veterinärwesen, lich beanspruchen. Dies gilt für alle automatisierten Gesundheitswesen, Umweltschutz (Wasserbehör- Notrufsysteme in gleichem Maße. 7. Wie kann der Blick der ausschreibenden Stellen für die Notwendigkeit den) leisten und sind darüber hinaus Dienstleis- zur Standardisierung und Vereinheitlichung erweitert werden? tungszentrale (Vermittlung von Ansprechpartnern Die erforderliche Mehrsprachigkeit von Leitstellen- der zuständigen Gebietskörperschaften, Durch- disponenten muss durch intelligente Spracherken- 8. Wie kann der Prozess angemessen und wirksam adressiert werden? führung interner Benachrichtigungs- und Alarmie- nungssysteme unterstützt werden. rungswege, Sicherstellung der Erreichbarkeiten 9. Könnte eine detaillierte Bestandsaufnahme „über die Zerstückelung des auch von Behörden der nichtpolizeilichen Gefahren- Gleiche Systeme und gleiche Marktes“ einen Überblick verschaffen? abwehr). Strukturen 10. Wer könnte diesen Überblick im Rahmen einer Expertise verschaffen? Entsprechende Schnittstellen sind technisch und In Deutschland ist der Rettungsdienst genau wie personell zu schaffen. Die Ausbildung ist anzupas- der Brand- und Katastrophenschutz nach dem Fö- 11. Welche Informationen müssen in Zukunft an wen weitervermittelt wer- Der Strukturwandel sen und zu optimieren (erweitertes medizinisches deralismusprinzip des Grundgesetzes durch Lan- den? Grundwissen, bessere Taktikschulung, Konfliktbe- desrecht geregelt. Die personelle und technische Ausstattung von Leit- wältigungsausbildung u. ä.). 12. Wie können Informationen aus Social Media in die Leitstellenarbeit inte- stellen der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr muss Umso wichtiger ist deshalb eine enge Zusammen- griert werden und wie können diese Daten zur Informationsgewinnung sich mehr denn je auch den Entwicklungen in der Technische Heraus arbeit, verbunden mit dem Ziel, durch Kompatibi- mitgenutzt, aber auch umgekehrt zur Warnung der Bevölkerung einge- notärztlichen und hausärztlichen Versorgung stel- forderungen lität von Strukturen und Systemen einen gleichen setzt werden? len. Die Inanspruchnahme des qualifizierten Ret- Standard zu erreichen. tungsdienstes über die Leitstellen wird zunehmend Der digitale BOS-Funk und damit einhergehende durch den Strukturwandel im Bereich der ärztlichen Nachfolgetechniken eröffnen zunehmend neue Auf- Die öffentlichen Bereiche dürfen in einer zuneh- Bereitschaftsdienste bestimmt. Eine abnehmende gaben und Möglichkeiten. Ortung, Lagedarstellung, mend technisierten Welt dem Stand einer innovati- hausärztliche Versorgung insbesondere in der Flä- Routing von Einsatzmitteln oder die Übermittlung ven Technik nicht hinterherhinken. che geht einher mit der häufigeren Alarmierung des von Leitstellendaten in Echtzeit werden zunehmen Rettungsdienstes. und Ressourcen abgreifen.
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