Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik

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Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
Zeit für
t Zukunft
  I­ nspirationen für eine ­
   klimagerechte Kulturpolitik

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   Zukunft
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Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
Zeit für
                Dieses Sonderheft der Kulturpolitischen ­Mitteilungen basiert auf
                der Veranstaltung »Von der Zukunft her – Sommerakademie für
                eine klimagerechte Kulturpolitik« des In­stituts für Kulturpolitik der
                ­Kulturpolitischen ­Gesellschaft. Diese fand am Donnerstag, 17. und
                 Freitag, 18. September 2020 mit un­­gefähr 60 Teilnehmenden an

 t
                Zeit für Zukunft
                 ­verschiedenen Orten in Wuppertal statt.

                I­ nspirationen für eine ­klimagerechte Kulturpolitik
                 – Sensibilisieren, Motivieren, Aktivieren –
                Sonderausgabe der Kulturpolitischen Mitteilungen

                Herausgegeben von der Kulturpolitischen Gesellschaft e. V.
                Redaktion: Dr. Uta Atzpodien, Ulrike Blumenreich, Dr. Henning Mohr
                Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien

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Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
Inhalt
                                                                                                                                                          60 Bibliotheken und
                                                                                                                                                             Nachhaltigkeit
                                                                                                                                                              Hella Klauser

                                                                                                                                                          62 Künstlerisch-­interdisziplinäre
                                                                                                                                                             Vermittlung ­globaler
                                                                                                                                                             Nach­haltigkeitsfragen
                                                                                                                                                              Ralf Weiß

                                                                                                                                                          64 Leitfäden für n
                                                                                                                                                                           ­ achhaltige
04 Grußwort                                                                                                                                                  Kultur­veranstal­tungen, -ein­
     Dr. Günter Winands, BKM                                                                                                                                 richtungen und -produktionen
                                                                                                                                                              Annett Baumast
05 Grußwort
	Milena Karabaic, Guido Kohlenbach,                                                                                                                      66 WEITERGEHEN ! Das Tutzin-
  Prof. Dr. Thomas Schleper, LVR                                                                                                                             ger ­Manifest und die Zukunft
                                                                                                       44	­Zukunftslabore, Küchen                            ­kultureller Nachhaltigkeit
                                                                                                           und Stadträume                                     Dieter Rossmeissl und Achim Könneke
                                                                                                           Uta Atz­podien und Matthias Wanner

                                                                                                       46 Klima-Kunst-Trans­for­
                                                                                                          ma­tions­­diskurs im Museum
                                                                                                           Ralf Weiß

                                                                                                       48 Von der Zukunft
                                                                                                          her gestalten?
                                                                                                           Hildegard Kurt
                                                          Motivieren
                                                          28 Wege zu e ­ iner zukunfts­
                                                             fähigen ­Soziokultur                      Aktivieren
                                                               Davide Brocchi und Kristina Gruber
                                                                                                       52 Klimaschutz in Museen
                                                          32 Nachhaltigkeit:                              ­erfolgreich anstoßen
                                                             Kultur mit Allen                              Sabine ­Jellinghaus und Nils Krüger
Sensibilisieren                                                Lukas Hegemann
                                                                                                       54 Medienformat zu Klima­                          68 Autor*innen
08 Zeit für Zukunft                                       34 Inspiration, ­Innovation                     schutz in der Literatur                         72 Impressum
	Henning Mohr, Ulrike Blumenreich                           und Betriebsökologie                          Ralf Weiß
  und Uta Atzpodien                                            Jacob Sylvester Bilabel
                                                                                                       56 Nun ja! Das nächste Le­ben
14 Eine Sommerakademie                                    36 »Zwingt uns b
                                                                         ­ itte!«                         geht aber heute an.
   im ­Zirkuszelt                                              Hortensia Völckers und Kirsten Haß          Juliane Moschell
     David J. Becher
                                                          38 Klimaschutz ist drehrelevant              58 Verändern in und
16 Wuppertal im Aufbruch                                       Korina Gutsche                             mit Soziokultur
     Uta Atzpodien und Bettina Paust                                                                       Mechthild Eickhoff
                                                          40 Nachhaltigkeit durch die
18 Neustart ­Kultur im Z
                       ­ eichen                              AKTE Zukunft
   der Nachhaltigkeit!                                    	Gespräch mit Birgit Schneider-­Bönninger
     Ralf Weiß

22 Stadt und Z
             ­ ukunft kuratieren
	Gespräch mit Uwe S
                   ­ chneidewind

                                             02                                                                                                   03
                                       ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                                          Inhalt
Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
Ermutigung zu einer ökologisch orientierten                                                                                 Zeit für ein ­Umdenken
 Kulturpolitik und -praxis                                                                                                   ist ­gekommen
    »Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn.« J. W. V. GOETHE                                      In dieser Broschüre zur ersten »Sommerakademie« der Kulturpolitischen Gesellschaft werden
                                                                                                                                Zukunftsfragen thematisiert, die in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen sind. Mehr denn je
    Seit nunmehr drei Jahrzehnten fasst der Weltklimarat der Vereinten Nationen regelmäßig das                                  ist es eine systemrelevante Frage, was die Kultur in Bezug auf den Klimawandel – wenn wir nicht
    Wissen über global beobachtbare Klimaveränderungen zusammen. Schon im ersten Bericht 1990                                   sogar von einer »Klimakatastrophe« sprechen müssen – tun kann. Gerade jetzt – im Kontext der
    bestand wissenschaftlicher Konsens, dass der beobachtbare Anstieg von Treibhausgasen in der                                 Corona-­Krise – ist die Zeit für ein Um- oder Neudenken gekommen und damit die Chance, die
    Atmosphäre menschengemacht ist und Handlungsbedarf besteht. Bis heute nimmt die Konzen­                                     Grundlagen für eine nachhaltige Gesellschaft zu schaffen. Sicherlich ist das Stichwort Nach­
    tration dennoch weiter zu. Problembewusstsein allein scheint zur Lösung nicht auszureichen. Es                              haltigkeit vielschichtig. In der »Sommerakademie« spielten Leitbilder, Förderrichtlinien und
    ist offenbar schwierig, die Lücke zwischen Wissen und Handeln zu schließen.                                                 Partizipation eine zentrale Rolle, wobei das Fahnenwort »Klimagerechtigkeit« den Roten Faden
                                                                                                                                der Veranstaltung an mehreren Orten der Bergischen Metropole Wuppertal bildete. Zum Auftakt
    Kultur und Medien können dabei als breitenwirksame Träger und Vermittler von Werten und Iden­                               fand man sich, niederschwellig und symbolträchtig zugleich, in einem luftigen Zirkuszelt wieder,
    titäten kritische Begleiter und Katalysatoren sein. Künstlerinnen und Künstler setzen sich seit jeher                       verortet direkt neben der Utopia-Stadt: So lässt sich Aufbruch markieren.
    in ihren Werken immer wieder mit dem Verhältnis von Natur und Kultur auseinander. Sie können
    auch im Hinblick auf die aktuellen, globalen Herausforderungen unserer heutigen Zeit dazu beitra­                           Viel professionelle Artistik und die Kunst der Vermittlung werden dazugehören, wenn endlich
    gen, Kreativität und Innovation anzuregen, Visionen einer besseren Zukunft in die Breite zu tragen                          auch die Kultur einen Beitrag zum Gelingen des Projektes Nachhaltigkeit leisten will, das auf
    und so zwischen Wissen und Handeln zu vermitteln.                                                                           das konzertierte wie entschlossene Engagement vieler angewiesen ist und bleiben wird. Des­
                                                                                                                                halb wurde unter Corona-Bedingungen und Einhaltung entsprechender Reglements noch die
    In den letzten Jahren wird zu Recht zunehmend über ökologische Fragen des Kulturschaffens                                   analoge Plattform des persönlichen Austauschs in der Veranstaltungsfolge gewählt. Auch der
    selbst, der nachhaltigen, ressourcenschonenden Kunstproduktion wie deren umweltbewussten                                    Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat sich aufgemacht, in Kategorien der Nachhaltigkeit zu
    Konsumierung und Rezeption diskutiert. Vieles steckt hier aber noch in den Kinderschuhen. Der                               denken. Im Rahmen der Generationengerechtigkeit sieht er es als seine Pflicht, Klima- und Um­
    Kultursektor ist – trotz des hohen ökologischen Bewusstseins ihrer meisten Akteurinnen und                                  weltschutzmaßnahmen zu ergreifen und die zur Verfügung stehenden Ressourcen so zu nutzen,
    Akteure im privaten Lebensumfeld – mitnichten Speerspitze beim ökologischen Umbau unserer                                   dass künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen.
    Gesellschaft. Es hapert vor allem an einer konsequenten praktischen Umsetzung, weil diese zum
    einen mitunter als Beschränkung der künstlerischen Freiheiten wahrgenommen wird. Häufig                                     Seit den 1980er Jahren kennt der LVR die Notwendigkeit des umweltbewussten Handelns und
    wird auch auf schlichtweg fehlende materiellen Möglichkeiten verwiesen; die Kultur als im Regel­                            integriert Nachhaltigkeit in den Verwaltungsalltag. Es wurde ein breites Aktionsfeld entwickelt,
    fall unterfinanzierte Branche könne sich hohe Umweltstandards nicht leisten. All dies gilt es zu                            das Einfluss in alle Verwaltungsbereiche nimmt, aber auch die Beschäftigten nicht außen vor­
    hinterfragen: denn der ökologische Fußabdruck lässt sich selbstverständlich auch in der Kultur ver­                         lässt. Ob bei der Materialbeschaffung, beim Bau bzw. der Sanierung seiner Dienstgebäude, der
    bessern. Müssen Orchester, Kunstwerke, Künstlerinnen und Künstler, Besucherinnen und Besucher                               »EMAS«-Zertifizierung der Dienststellen oder der Einladung zur Teilnahme an diversen Klima­
    etwa immer von A nach B fliegen? Was geschieht mit der Ausstellungsarchitektur nach Ende einer                              schutzkampagnen wie der Klima-Challenge: Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz ist LVR -weit
    Kunstausstellung? Werden Theater, Konzertsäle und Kulturhäuser nachhaltig gebaut oder saniert?                              mittlerweile in vielen Facetten zu finden.
    Was wird insgesamt unternommen, um Kultureinrichtungen nachhaltig zu betreiben und Kultur­
    veranstaltungen umweltgerecht durchzuführen? Es gilt: »An den Taten sollt ihr sie erkennen.«                                Beispielgebend darf vielleicht die LVR -»Perspektivwerkstatt 2019« angeführt werden: »Zirkuläre
                                                                                                                                Zukunft. Im Sinne der Cradle to Cradle Philosophie«, die das Dezernat Gebäude- und Liegenschafts­
    Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) macht sich schon lange für                                  management im September 2019 veranstaltete. Das Dezernat für Kultur und Landschaftliche
    eine gelebte Praxis der Nachhaltigkeit stark. Der im November 2020 erschienene Nachhaltigkeits­                             Kulturpfleger hat soeben seine »Digitale Agenda« bis 2025 fortgeschrieben, und die Industriekultur,
    bericht der BKM listet eine Vielzahl von bereits durchgeführten Maßnahmen der letzten Jahre                                 die es mit acht Museen in ehemaligen Fabriken betreibt, soll gleichfalls neu ausgerichtet werden:
    auf (HTTPS://WWW.BUNDESREGIERUNG.DE/STATISCH/NACHHALTIGKEITSBERICHT-BKM/#0) . Darunter fallen nicht nur ökologische         jeweils im Sinne der Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung. In diesem Geist, der nicht über den
    Aspekte, sondern auch Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, hochwertige Bildungschancen                                     Wassern schwebt, sondern in Praxis und Alltag eintaucht, hat das Dezernat gerne die »Sommeraka­
    und der Erhalt des kulturellen Erbes. Besonders hervorgehoben sei das BKM-geförderte »Aktions­                              demie« der Kulturpolitischen Gesellschaft unterstützt und setzt auf deren eigene Nachhaltigkeit:
    netzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien« (HTTPS://AKTIONSNETZWERK-NACHHALTIGKEIT.DE/) . Dieses wurde                   gern auch wieder unter Zirkuskuppeln und anderen Orten im Aufbruch zu neuen Ufern.
    bei der KuPoGe-Sommerakademie 2020 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Verbindendes
    Element ist die Aktion. Kultur- und Medieneinrichtungen verbessern aktiv ihre Betriebsökologie                              Milena Karabaic / DEZERNENTIN FÜR KULTUR UND LANDSCHAFTLICHE KULTURPFLEGE LANDSCHAFTSVERBAND RHEINLAND (LVR)
    und zeigen, dass Kultur und Medien umwelt- und klimagerecht gestaltet werden können.                                        Guido Kohlenbach / FACHBEREICHSLEITER REGIONALE KULTURARBEIT (LVR)
                                                                                                                                Prof. Dr. Thomas Schleper / FACHBEREICHSLEITER ZENTRALE DIENSTE UND STRATEGISCHE STEUERUNGSUNTERSTÜTZUNG (LVR)
    Die BKM wird sich auch weiterhin intensiv für eine klimagerechte Kulturpolitik einsetzen und diese
    aktiv mitgestalten. Akteurinnen und Akteure aus Kultur und Medien fungieren in der Öffentlichkeit
    als Vorbilder und Multiplikatoren. Wenn es gelingt, Worten Taten folgen zu lassen, besteht eine gro­
    ße Chance, nachhaltig in die Breite zu wirken. Mein Wunsch ist, dass Umwelt- und Klimaschutz in

worte                                                                                                                                                  Grußw
    Kultur- und Medieninstitutionen selbstverständliche Praxis werden, und somit in wenigen Jahren
    vielleicht gar nicht mehr viele Worte darüber notwendig werden, weil die Taten für sich sprechen.

    Dr. Günter Winands      / MINISTERIALDIREKTOR, AMTSCHEF BEI DER BEAUFTRAGTEN DER BUNDESREGIERUNG FÜR KULTUR UND MEDIEN

                                                                     04                                                                                                            05
                                                               ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                                                ���������
Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
08 Zeit für Zukunft
14 Eine Sommerakademie
   im ­Zirkuszelt
16 Wuppertal im
   Aufbruch
18 Neustart ­Kultur
   im ­Zeichen der
   Nachhaltigkeit!
22 Stadt und ­Zukunft
   kuratieren
Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
Zeit für Zukunft
Inspirationen für Nachhaltigkeit im Kulturbereich
                                                                                                                             Von Utopiastadt bis zum Wuppertal Institut
                                                                                                                             Die Sommerakademie startete im Zirkuszelt auf
                                                                                                                             Utopiastadt an der Nordbahntrasse, wanderte
                                                                                                                             zur Abendveranstaltung in den multikulturell auf-
                                                                                                                             gestellten Veranstaltungsort Café ADA/INSEL e.V.
                                                                                                                             und setzte am nächsten Morgen ihre Veranstaltung
   Vielseitig und konkret erfahrbar zeigt die Corona-          »Von der Zukunft her – Sommerakademie                        in einem der ältesten soziokulturellen Kommuni-
   Pandemie unserer Gesellschaft, wie sehr ein Über-             für eine klimagerechte Kulturpolitik«                       kationszentren die börse fort. Der Abschluss fand                                               1987
   bzw. Umdenken von Gewohnheiten, Werten und                                                                                im Wuppertal Institut statt – mit dem Launch
   alltäglichen Praktiken gefragt ist. Ob als Brennglas        Mit der Veranstaltung »Von der Zukunft her – Som-             des Aktionsnetzwerkes Nachhaltigkeit in Kultur                                                  Publikation: »Unsere
   oder Übungsfeld für zukünftige Szenarien laden die          merakademie für eine klimagerechte Kulturpolitik«             und Medien – gefördert von der Beauftragten der                                                 gemeinsame Zukunft –
   aktuellen Erfahrungen dazu ein, mehr denn je einen          leistete die Kulturpolitische Gesellschaft (KuPoGe)           Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) . Die                                               der Brundtland-Bericht
   gemeinschaftlich-konstruktiven Umgang mit dem               vom 17./18. September 2020 einen wichtigen Beitrag            anschließende, vom WDR Forum aufgezeichnete                                                     der Weltkommis-
   Klimawandel in den Fokus zu rücken. Wissenstrans-           zur Beantwortung der Fragestellungen und setzte               und übertragene Podiumsdiskussion hat deutlich                                                  sion für Umwelt und
   fer, Teilhabe und Solidarität sind dabei wesentliche        vitalisierende Akzente für mehr Nachhaltigkeit im             gemacht, wieviel Aufmerksamkeit derzeit auf Fragen                                              Entwicklung«
   Schlüsselbegriffe, die auch im Kulturbereich ein            Kulturbereich. Bei einer Expedition durch vier ver-           nach einer klimagerechten Kulturpolitik gerichtet ist.
   Umdenken einfordern, um ihre gesellschaftliche Ver-         schiedene Orte der Stadt Wuppertal diskutierten                                                                                                               ▷ Definition des Begriffs
   antwortung wahrzunehmen.                                    rund sechzig Teilnehmende – selbstverständlich                Nicht erst der aktuell dringende Umgang mit den                      1982                          Nachhaltige Ent-
                                                               begleitet von den erforderlichen Abstands- und                planetaren Herausforderungen der Klimakrise                                                       wicklung: »Dauerhafte
                                                               Hygieneregelungen – über notwendige Perspektiven,             macht ein zukunftsgewandtes, an Nachhaltigkeit                       Generalversammlung           Entwicklung ist eine
   Fragen zur Transformation                                   Praxisbeispiele und entstehende Netzwerke. Die hier           orientiertes Denken und Handeln notwendig. In den                    der ­Vereinten Nationen      Entwicklung, die
                                                               vorliegende Broschüre »Zeit für Zukunft. Inspiratio-          vergangenen Jahrzehnten schon gab es zahlreiche                      verabschiedet die »Welt-     die Bedürfnisse der
   Somit steht auch der Kulturbereich vor wesentlichen         nen für eine klimagerechte Kulturpolitik« trägt diese         Bemühungen, bei denen sich auch die Kulturpoliti-                    charta für die Natur« 2      Gegenwart befriedigt,
   Fragen für die Transformation: Welchen Beitrag              nun als Sonderheft der »Kulturpolitischen Mitteilun-          sche Gesellschaft positioniert bat. Hier lohnt es sich,                                           ohne zu riskieren, daß
   leisten Kulturinstitutionen, Kulturverwaltung und           gen« zusammen, um auch andere Akteur*innen im                 einen Blick zurück zu werfen:                                                                     künftige Generationen
   Kulturpolitik, um den Kulturbereich nachhaltiger            Diskurs für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren und eine                                                                                                          ihre eigenen Bedürf-
   aufzustellen? Wie kann ein Wandel hin zu einer              Leidenschaft für den Wandel zu wecken.                                                                                                                          nisse nicht befriedigen
   Nachhaltigkeitskultur unterstützt werden? Welche                                                                                                          1972                                                              können.« 3
   Instrumente, Förderungen und Zertifizierungsmo-             Die erste Sommerakademie der Kulturpolitischen
   delle braucht es? Wie können Plattformen für den            Gesellschaft wurde von Dr. Henning Mohr und                                                   Konferenz der Vereinten
   Austausch geschaffen werden? Wie kann explizit              Ulrike Blumenreich in Kooperation mit der freien                                              Nationen über die
   der Austausch zwischen Wissenschaft und Kultur              Wuppertaler Dramaturgin Dr. Uta Atzpodien konzi-                                              Umwelt des Menschen
   verstärkt werden? Wie können die der Kultur inne-           piert, die mit der Veranstaltung den Diskurs für eine                                         (UNCHE) in Stockholm
   wohnenden Potentiale genutzt werden, um eine                klimagerechte Kulturpraxis stärken, Akteur*innen
   zukunftsfähige nachhaltige Gestaltung der Gesell-           sensibilisieren und für ein neues Handeln motivieren                                          ▷ Publikation: »Die
   schaft weiter voranzubringen?                               wollten. Das Team entschied sich für Wuppertal als                                               ­Grenzen des Wachs-
                                                               Austragungsort, da es in der dortigen Stadtgesell-                                               tums – Bericht des
                                                               schaft bereits seit vielen Jahren eine Auseinanderset-                                           Club of Rome zur Lage
                                                               zung mit den Herausforderungen des Klimawandels                                                  der Menschheit«                                              3

                                                               gibt. Die Stadt ist bekannt für ein pulsierendes                                                 (Dennis Meadows) 1
                                                               bürgerschaftliches Engagement, eine engagierte
                                                               freie Kunst- und Kulturszene und das internatio-
                                                               nal renommierten Wuppertal Institut für Klima,
                                                               Umwelt und Energie. Diese lieferten zahlreiche
                                                               Anknüpfungspunkte für das vielfältige Programm:
                                                               Mit vielseitigen Impulsen aus Theorie und Praxis der                                                                               2

                                                               unterschiedlichen Sparten und kultur(politischen)
                                                               Felder, Good Practise-Beispielen, Design Thinking-
                                                               Methoden und Podiumsdiskussionen gelang es, ein
                                                               sowohl weitgefächertes als auch konkretes Wissen
                                                               und auch Beispiele für zukunftsweisende Leitbilder
                                                               der Kulturarbeit zusammenzutragen.

                                                                                                                                                    1

                                                                                                                        Globales Ereignis Ereignis auf Bundesebene KuPoGe-Aktivität

                                                          08                                                                                                                                 09
                                                  ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                                                                      Sensibilisieren
Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
2000                                                                                                                                                                 2015
                 1997
                                                                       Gipfeltreffen der                                                                                                                                                    Weltgipfel für Nach­
                 Weltklima-                                            Vereinten ­Nationen                                         2002                                                                                                     haltige ­Entwicklung
                 konferenz in Kyoto                                    in New York                                                                                                                                                          in New York
                                                                                                                                   Weltgipfel »Nachhal-                                                          2011
                 ▷ ­Kyoto-Protokoll,                                  ▷Mileniums­erklärung,                                      tige Ent­wicklung« in                                                                                    ▷ »Sustainable
                   ­verbindliche ­Ziele                                 ­Mileniumsziele,                                           Johannesburg                            2004/2005                              Deutscher                   ­Development Goals«
                    für Emissions-        1998                           MDGs                                                                                                                                    ­Nachhaltigkeitskodex 12      (SDGs) / »Agenda
                    höchstmengen                                                                                                   ▷ Aufnahme der MDGs                     »Agenda 21 for Culture –                                           2030« 13
                                          UNSECO Weltkon­                                       2001/2002                            in Aktionsplan                         United ­Cities and Local
                                          ferenz ­»Kulturpolitik                                                                                                           ­Government« 10
1992                                      für ­Entwicklung« in                                   KuPoGe: Zahlreiche                Publiktion: »Perspek­
                                          Stockholm                                             ­Forschungsprojekte,               tiven für Deutschland«                  ▷ Kultur als 4. Säule
UN Weltkonferenz                                                                                 Tagungen und Publika-             (­nationale Nachhaltig-                   der ­Nachhaltigkeit
                                                                                                                                                                                                                 12
»Umwelt und Entwick-                      Aktionsplan                                            tionen 6                          keitsstrategie) 9
lung« in Rio de Janeiro                   »Kulturpolitik                                                                                                                   UNSESCO-Konvention
                                          für Entwicklung«                                      ▷ »Tutzinger Manifest«                                                    über den Schutz und die
▷ Agenda 21,                                                                                      (Kultur als 4. Säule der                                                Förderung kultureller
   Klimarahmen­                            Abschlussbericht der                                    Nachhaltigkeit) 7                                                       Ausdrucksformen 11
   konvention,                            ­Enquete-Kommission:
   Biodiversitäts­                         »Konzept Nachhaltig-                                 Rat für Nachhaltige
   konvention                              keit: Vom Leitbild zur                               Entwicklung 8
                                           Umsetzung« 4

                                           Aufnahme von
                                          ­Nach­haltigkeit als
                                                                                                                                                                          10
                                          ­Leitlinie kultupoliti­
                                           schen ­Handels ins
                                           Grund­satzprogramm
                                           der KuPoGe 5

                                                                                                                              9

             4

                                                                                                                                                                          11
                                     5

                                                                                                                                                                                                                             13

                                                                          6

                                                      7

                                                                                       8

                                                                                                                              Globales Ereignis Ereignis auf Bundesebene KuPoGe-Aktivität

                                                          10                                                                                                                                        11
                                                    ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                                                                           Sensibilisieren
Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
2021                        Ein Blick zurück                                                   Die damit verbundene Impulswirkung hatte
                                                                                                                                                                                         nationalen und internationalen Erfolg. Der Rat für
                                                                                          20 Jahre                    Bereits seit einem halben Jahrhundert steht das                    Nachhaltige Entwicklung empfahl auf Grundlage
                           2019/2020                                                      »Tutzinger Manifest«        Thema »Nachhaltigkeit« auf der Agenda. Auch die                    des »Tutzinger Manifestes«, in die Nachhaltigkeits-
                                                              2020                                                    programmatische Verknüpfung zur Kulturpolitik                      strategie ein Kapitel zu Kultur und Nachhaltigkeit
                           KuPoGe: »Kulturpo­                                             …                           kann inzwischen schon auf mehrere Jahrzehnte                       aufzunehmen. 2002 wurde das »Tutzinger Manifest«
                           litische ­Mitteilungen«            »Aktionsnetzwerk            …                           zurückblicken: Die Kulturpolitische Gesellschaft hat               auf der Rio-Nachfolgekonferenz in Johannesburg
2018                       zur klimagerechten                 ­Nachhaltigkeit in Kultur   …                           dabei eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Der                  vorgelegt. In den Folgejahren war die KuPoGe bei-
                           Kulturpolitik 15                    und Medien« 17                                         Zeitstrahl bietet eine chronologische Annäherung                   spielsweise bei der Gründung des Ratschlages Inter-
 »Projektbüro Nach-                                                                                                   mit der Abbildung ausgewählter Ereignisse – und                    kultur 2004, als Mitglied der Bundesweiten Koalition
 haltigkeit und Kultur«,   Projekt »Nachhaltige                                                                       zwar auf drei Ebenen: international, national und be-              Kulturelle Vielfalt und des Runden Tisches Bildung
 angedockt an den          und ­klimagerechte                                                                         zogen auf das Handeln der KuPoGe. Er beginnt 1972                  für Nachhaltige Entwicklung vertreten. All diese
­Deutschen Kulturrat 14    Kulturpolitik«                                                                             mit dem Jahr, in dem in Stockholm die erste Kon-                   Entwicklungen sind untrennbar verbunden mit dem
                                                                                                                      ferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt der                  viel zu früh gestorbenen Bernd Wagner, der sich als
                           Sommerakademie                                                                             Menschen »United Conference on Human Environ-                      langjähriger Leiter des Instituts für Kulturpolitik wie
                           »Von der Z
                                    ­ ukunft her« 16         17                                                       ment« stattfand und die als Beginn der internationa-               kaum eine andere Person aus dem Kulturbereich für
                                                                                                                      len Umweltpolitik gilt. In diesem Jahr veröffentlichte             Nachhaltigkeitsfragen stark machte.
                                                                                                                      auch der Club of Rome den Bericht »Grenzen des
                                                                                                                      Wachstums«, der von Dennis und Donella Meadows                     In den vergangenen sechs Jahren ist ein weiterer
                                                                                                                      vom MIT erarbeitet wurde.                                          Bedeutungszuwachs zu erkennen – auch durch den
                                                                                                                                                                                         Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in New York,
                                                                                                                      In den ersten 25 Jahren ist die thematische Ver-                   bei dem die 193 aktuellen Mitgliedsstaaten einstim-
                                                                                                                      knüpfung von Nachhaltigkeit und Kultur bzw.                        mig die »Agenda 2030« verabschiedeten und sich
                                                                                                                      Kulturpolitik wenig ausgeprägt. Dies ändert sich                   damit 17 übergeordnete nachhaltige Entwicklungs-
                                                                                                                      Ende der 1990er Jahre: Auf internationaler Ebene                   ziele gaben. In Deutschland entstehen neue Netz-
14
                                                                                                                      wurde mit der UNESCO -Weltkonferenz »Kultur-                       werke und Verbindungen zwischen Akteur*innen:
                                                                                                                      politik für Entwicklung« 1998 erneut in Stockholm                  wie beispielsweise 2018 das Projektbüro Nachhaltig-
                                                                                                                      eine Verknüpfung der Themen Kultur, Entwicklung                    keit und Kultur in Kooperation von BUND sowie dem
                                                                                                                      und Nachhaltigkeit hergestellt und ein Aktionsplan                 Deutschen Kulturrat und 2020 das Aktionsnetzwerk
                                                                                                                      »Kulturpolitik für Entwicklung« verabschiedet. Um                  Nachhaltigkeit in Kultur und Medien (gefördert von
                                                                                                                      den Jahrtausendwechsel sind dann auch in Deutsch-                  der BKM ), das in Zusammenarbeit verschiedener
                                                                                                                      land verschiedene Aktivitäten zu verzeichnen.                      Partner*innen Pilotprojekte initiiert, dokumentiert
                                                                                                                      Beispielsweise wird 2001 vom damaligen Bundes-                     und kommuniziert.
                                                                                                                      kanzler Gerhard Schröder ein Rat für Nachhaltige
                                                                                                                      Entwicklung eingerichtet, und im Folgejahr wird die
                                                                                                                      nationale Nachhaltigkeitsstrategie »Perspektiven für               Ausblick
                                                                                                                      Deutschland« durch die Bundesregierung erstmals
                                                                                                                      verabschiedet.                                                     Es zeigt sich: In den vergangenen 25 Jahren wurde
                                                                                                                                                                                         einiges erreicht, aber es bleibt noch viel mehr zu
                                                                                                                                                                                         tun, um über Wissenstransfer, Austausch und ge-
                                                                                                                      Kulturpolitik und Nachhaltigkeit                                   meinsames Gestalten zu einem zukunftsweisenden
                                                                                                                                                                                         Handeln zu kommen. Jetzt wünschen wir erstmal
                           15
                                                                                                                      Seit Ende der 1990er Jahre engagiert sich auch                     viel Freude und zum Handeln anregende Einsichten
                                                                                                                      die KuPoGe in diesem Themenfeld und treibt eine                    bei der Lektüre von »Zeit für Zukunft« und danken
                                                                                                                      Verknüpfung von Nachhaltigkeit und Kultur voran.                   für all die spannenden Impulse, Einblicke und An-
                                                                                                                      Bezüge zu dieser Schwerpunktsetzung finden sich                    regungen. / HENNING MOHR, ULRIKE BLUMENREICH, UTA ATZPODIEN
                                                                                                                      im Grundsatzprogramm, in zahlreichen durch-
                                                                                                                      geführten Tagungen, Forschungsprojekten und
                                                                                                                      Publikationen wie zum Beispiel »Kultur und Agenda
                                                                                                                      21« oder »Kunst – Kultur – Nachhaltigkeit«. Besonders
                                                                                                                      hervorzuheben ist das »Tutzinger Manifest«, das
                                                                                                                      2001 auf der Tagung »Ästhetik der Nachhaltigkeit«
                                                                                                                      in der Evangelischen Akademie Tutzingen entstand.
                                                                                                                      Dieses »Tutzinger Manifest« stellt einen program-
                                                                                                                      matischen Shift dar, denn es forderte die gleichbe-
                                                                                                                      rechtige Integration von Kultur – neben Ökologie,
                 16
                                                                                                                      Ökonomie und Sozialem – als vierte Säule in das
                                                                                                                      Konzept »Nachhaltige Entwicklung« und eine engere
                                                                                                                      Verknüpfung von Kulturpolitik und Nachhaltigkeit.

                                                                                                                 Globales Ereignis Ereignis auf Bundesebene KuPoGe-Aktivität

                                                             12                                                                                                                     13
                                                       ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                                                        Sensibilisieren
Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
Eine Sommer-
akademie
im ­Zirkuszelt
Was hat denn das mit Nachhaltigkeit zu tun?
   Herzlich willkommen in Utopiastadt, dem andau-                     Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, mal zu
   ernden Gesellschaftskongress mit Ambitionen und                 schauen, was zur Verfügung steht, um daran ent-
   Wirkung. Und Heimat des Utopiastadt-Campus, auf                 lang die verschiedenen Bedarfe zu sortieren. Wie
   dem wiederum das Zirkuszelt steht, das erfreulicher-            viel kreativer könnte unser Alltag werden, wenn wir
   weise der Kulturpolitischen Gesellschaft als Ort zum            nicht immer so sicher wären, dass wir das, was wir
   Start ihrer »Sommerakademie für eine klimagerech-               gerade gerne hätten, auch einfach kaufen könnten.
   te Kulturpolitik« dienen konnte.                                Und zwar nicht aus Mangel an Geld, sondern aus                            Sommerakademie für eine klimagerechte Kulturpolitik am 17.9.2021. Zirkuszelt bei Utopiastadt.
                                                                   Gewohnheit.

   Ist klimagerechte Nachhaltigkeit                                                                                            Veranstaltungen können, wollen, müssen wir tat-                               mit einer fundamentalen Nachhaltigkeit in eben
   also nur Zirkus?                                                Zurück zum Zirkuszelt:                                      sächlich machen? Wie viele Projekte, Strukturen, Sti-                         diesen Experimentierräumen mit. Genau wie in den
                                                                                                                               pendien – wenn wir dabei nicht Zeit, Kraft und Raum                           Räumen, die sich bereits während der Entwicklung
   Das Zirkuszelt wurde gebraucht von einem Zirkus                 Warum sollte man ein neues Zirkuszelt kaufen,               genug haben, uns um die jeweiligen nachhaltigen                               von der Gebäudenutzung bis zum Flächenkauf
   ausgemustert, die Stühle darin sind zusammen-                   wenn einem ein gebrauchtes zuläuft? Denn nicht              Klimaaspekte darin zu kümmern?                                                in Utopiastadt ansiedelten: Urban Gardening mit
   gewürfelt von unterschiedlichen Vornutzungen,                   anders ist dieses auf dem Utopiastadt-Campus ge-                                                                                          der Frage nachhaltiger Lebensmittelerzeugung,
   der Boden ist nicht versiegelt. Drumherum geht                  landet: Ein Zirkus hatte die noch freien Flächen als                                                                                      Elektro- und Fahrradreparaturcafés mit der Frage
   es so weiter: Alte Überseecontainer, Paletten und               Winterquartier genutzt, man kam ins Gespräch über           Utopiastadt ist ein Raum, genau                                               langfristiger Materialnutzung, die Gemeinschafts-
   Baumstümpfe als Sitzmöbel, ein ehemaliger Feuer-                Veranstaltungen und ihre Orte – und auf die Idee, die       diese Fragen in den Blick zu nehmen:                                          werkstatt mit der Frage geteilter Werkzeugnutzung,
   wehrwagen-Aufbau als Geräteschrank für den                      Flächen für zwei im Sommer anstehende Großver-                                                                                            OpenDataL mit der Frage nachhaltiger Wissensnut-
   Gemeinschaftsgarten, und sogar die Sandfläche,                  anstaltungen mit einem Zirkuszelt zu gestalten. Man         Gestartet 2011 auf rund 200 Quadratmetern Cowor-                              zung, Nähtreff, Gebäudesanierung, Design- und Wo-
   auf der wahlweise mit Schaufel und Eimer gespielt               sprach über Mietpreise, und siehe da, das gebrauch-         king-Space – dem ersten in Wuppertal – wuchs diese                            chenmärkte, Konzerte und Festivals, Gastronomie,
   oder auf Sonnenstühlen entspannt wird, ist mit dem              te Zelt sollte ohnehin verkauft werden. So fand es          Stadt in der Stadt binnen acht Jahren auf einen rund                          Lastenfahrradverleih, ...
   Sand gefüllt, der vorher auf Stadtfesten in der City als        seine neue Heimat auf dem Utopiastadt-Campus.               40.000 Quadratmeter großen Utopiastadt-Campus.
   Cocktail-Beach diente.                                          Eben weil es ohnehin schon da war.                          Und während damit der physische Raum für expe-
      Nur die Liegestühle, die Bestuhlung der Außengas-                                                                        rimentelle Stadtentwicklung ganz greifbar wuchs,                              Nachhaltigkeit als Möglichkeitsraum:
   tronomie und drei oder vier der Sonnenschirme sind                                                                          wuchs die Notwendigkeit zur Auseinandersetzung
   offensichtlich von Getränkeanbietern gesponsert. Oft            Und die Kulturpolitik?                                                                                                                    Es mag Zeitgeist sein oder inhärent in Utopien einer

                                                                                                                           Die Möglichkeitsräume
   ist es nicht zuletzt eine pragmatisch ökonomische                                                                                                                                                         besseren Welt – jedenfalls zieht sich die Frage nach
   Entscheidung, auf gebrauchte Dinge zurück zu                    Für mich gab es einen besonders spannenden                                                                                                Nachhaltigkeit von Anfang an durch alle Projekte

                                                                                                                           sind hier nicht einfach
   greifen. Geld für brandneue Container oder ein bau-             Moment während der Sommerakademie: Es wurde                                                                                               und Vorhaben in Utopiastadt. Und selbstverständlich
   marktfrisches Gerätehaus wäre nicht einfach so zur              gerade debattiert, über spezielle Ausrichtungen von                                                                                       zieht diese Frage zahllose unvollständige Antworten

                                                                                                                           nur offen, sondern wer-
   Verfügung. Aber warum sollte man ein neues Zirkus-              Kulturförderprogrammen zu Nachhaltigkeit in der                                                                                           oder vollkommen gescheiterte Antwort-Versuche
   zelt kaufen, wenn einem ein gebrauchtes zuläuft?                Umsetzung von Kunst- und Kulturvorhaben anzure-                                                                                           nach sich. Warum in all diesem Scheitern der andau-

                                                                                                                           den immer von dem
                                                                   gen beziehungsweise sie zu fordern. Und aus Reihen                                                                                        ernde Gesellschaftskongress Utopiastadt aber auch
                                                                   derer, die offensichtlich dann für die Umsetzung von                                                                                      in der Nachhaltigkeitsfrage nicht nur Ambitionen,
   Ein interessanter Aspekt von Nachhaltigkeit:
                                                                                                                           ehrlichen Anspruch an
                                                                   Förderprogramm-Forderungen zuständig sind, kam                                                                                            sondern auch Wirkung vorweisen kann? Weil hier
                                                                   der ehrliche Seufzer, dann käme man ja irgendwann                                                                                         die Möglichkeitsräume nicht einfach nur offen sind,

                                                                                                                           die großen Gelingens­
   Vermutlich gibt es im westlichen Wohlstand in                   gar nicht mehr zum eigentlichen Programm. Das                                                                                             sondern immer von dem ehrlichen Anspruch an die
   Lagern, auf Dachböden oder selbst dekorativ im Ess-             war dann aber nicht das frustrierte Ende der Debat-                                                                                       großen Gelingensfragen von Nachhaltigkeit begleitet

                                                                                                                           fragen von Nach-
   zimmer mehr Stühle als Hintern, die darauf platziert            te, sondern der Start derselben in ein Thema, das für                                                                                     werden: Commons, Allmende, Gemeinwohl – und
   werden können. Warum also sind wir eigentlich so                mein Empfinden in der Kunst- und Kulturdebatte                                                                                            Suffizienz.

                                                                                                                           haltigkeit begleitet:
   viel mehr daran gewöhnt, uns etwas auszudenken,                 noch viel zu selten auftaucht: Suffizienz.                                                                                                   Und so lange diese als gute Geister über den vielen
   was wir gerne hätten, um es einzukaufen oder pro-                  Nicht bei der Nutzung von gegebenen Möglich-                                                                                           utopischen Ideen in Überlegungen oder Umsetzun-

                                                                                                                           Commons, Allmende,
   duzieren zu lassen, als zu überlegen, was wir gerade            keiten. Darin gelangen viele, gerade freischaffende                                                                                       gen schweben, läuft einem, wenn man will, auch mal
   so in etwa brauchen, und dann mal herauszufinden,               Künstler*innen oft zu unfreiwilliger Meisterschaft.                                                                                       ein gebrauchtes Zirkuszelt zu. / DAVID J. BECHER

                                                                                                                           Gemeinwohl – und
   wo das jemand gerade nicht mehr braucht?                        Nein, in der grundsätzlichen Frage: Wie viele
                                                                                                                                                                                                             Weiterführende Informationen:

                                                                                                                           Suffizienz.
                                                                                                                                                                                                             www.utopiastadt.eu

                                                                                                                           DAVID J. BECHER

                                                              14                                                                                                                                        15
                                                      ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                                                                            Sensibilisieren
Inspirationen für eine klimagerechte Kulturpolitik
Wuppertal                                                                                                                           Orte für jedes A
                                                                                                                                                   ­ lter,
                                                                                                                                    Netzwerke und ­Freiräume
                                                                                                                                                                                                  Wie wollen wir leben?

im Aufbruch
                                                                                                                                                                                                  »Wie wollen wir leben?« bestimmt wie ein roter Fa-
                                                                                                                                    Mit Blick in die Zukunft jeder Stadt entpuppen sich           den das Klima im Tal. Das international renommierte
                                                                                                                                    Kinder als wesentliche Akteur*innen, so in der Alten          Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie hat
                                                                                                                                    Feuerwache im Quartier Mirke, die seit Jahrzehnten            dazu beigetragen, dass sich Wuppertal selbst zur
                                                                                                                                    der wachsenden Kinderarmut entgegenwirkt, zu                  Transformationsstadt deklarierte. Zum 25. Jubiläum
                                                                                                                                    Teilhabe an Gesell­schaftsprozessen anregt. Der               des Instituts hieß es 2016 auf Plakaten stadtweit:
­Transformation & Klima                                                                                                             Kulturkindergarten an der Nordbahntrasse verwebt              »Making Utopia possible«. Als Leitpublikation er-
                                                                                                                                    offensiv künstlerische Impulse mit Engagement für             schien 2018 das Buch »Die große Transformation.
   Schon in Zeiten der Moderne standen die alten                     Nährboden für Kunst,                                           kulturelle Vielfalt. Pittoresk und bunt, direkt an der        Eine Einführung in die Kunst gesellschaftlichen
   Wupperstädte in ihrer Mischung aus traditioneller,                Kultur und ­Stadt­entwicklung                                  Wupper in Unterbarmen gelegen, weckt die Junior               Wan­dels« mit der Frage, wie nachhaltiger Wohlstand
   früh-, dann hochindustrieller Innovationskultur                                                                                  Uni, die Wuppertaler Kinder- und Jugenduniversität            und gutes Leben aussehen können. Prof. Dr. Uwe
   beispielhaft für Aufbrüche. 1929 wurde aus bereits                Im Spannungsfeld von engem Tal und weitem Blick                für das Bergische Land gGmbH, mit ihrer »Pädagogik            Schneidewind, seit Herbst 2020 Oberbürgermeister
   weltbekannten urbanen Teilen die Großstadt Wup-                   aus der Höhe gärt ein vielschichtiger Nährboden                der leuchtenden Augen« experimentelle Lernfreude.             der Stadt Wuppertal, benennt hier die gesellschaft-
   pertal, die schon damals einen Sinn für Experimente               für Kunst, Kultur und Stadtentwicklung. Viele                                                                                lichen Wenden, die für eine nachhaltige Entwicklung
   in sich trug. Ihre hoch entwickelte wissenschaftliche             einzelne und vernetzte Aktive tragen dazu bei. Mit             Im ehemaligen Textilwerk Bünger in Wichlinghausen             notwendig sind. Eine »Zukunftskunst« brauche sie:
   und künstlerische Kultur prägte Architektur und                   wachsender Akzeptanz und Solidarität gelingt es                an der Nordbahntrasse haben die Montag Stiftungen             Im Wuppertaler Transformationsmodell finden
   Menschen im 20. Jahrhundert. Eine »lange, schmale,                zunehmend gemeinsam, Ideen, Werte und Zusam-                   mit BOB Campus ein ­gemeinnütziges urbanes Nach-              Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Stadtentwicklung,
   sehr seltsame Aktionistenstadt« erinnert sich in                  menhalt in Stadt und Welt zu tragen und Strukturen             barschaftsprojekt in Planung. An Industriekultur              Kunst und Kultur zueinander. Quer durch die Ak-
   einem Interview (DIE BESTE ZEIT 2/2018) der bundesweit en-        zu verändern: Der Verein Wuppertalbe­wegung hat                fehlt es in Wuppertal nicht. Zudem gibt es urban              tionistenstadt Wuppertal wanderte im September
   gagierte kulturpolitische Reporter Peter Grabowski,               mit viel bürgerschaftlichem Engage­ment den Um-                vielfältige Zusammenschlüsse, wie )) freies netz werk         2020 die Kulturpolitische Gesellschaft mit »Von
   selbst Wuppertaler. Ob in den 1990er-Jahren, als ein              bau der Nordbahntrasse zu einer kilometerlangen                )) KULTUR , EinTopf – Solidarfonds für Kulturschaf-           der Zukunft her – Sommerakademie für eine klima-
   Musikmagazin Wuppertals Flair so umschrieb, oder                  Freizeitachse gegen eine Vielzahl anfänglicher                 fende, den Kulturrat, das Künstlerinnen Netzwerk              gerechte Kulturpolitik«, um mit vielen Expert*innen
   heute: Es ist eine Stadt mit Höhen und Tiefen, vibrie-            Widerstände vorangetrieben und umgesetzt. Utopia-              YAYA oder Freiräume, die für kollaborativ-kreatives           konkret zukunftsweisende Praktiken und Wege zu
   rendem Puls, kreativem Aktionismus und vielseitigen               stadt versteht sich als kreativer altersübergreifender         Arbeiten und ein Neuverhandeln von Beziehungen                erforschen. / UTA ATZPODIEN UND BETTINA PAUST
   Potenzialen. Vergangenheit und Gegenwart finden                   Gesellschaftskongress im alten Mirker Bahnhof an               genutzt werden und zukunftsweisende Werte erfahr-
   mit Blick in die Zukunft zueinander. In der einst flo-            der Nordbahntrasse. Beide lenken überregional,                 bar machen. Das entstehende Pina Bausch Zentrum
   rierenden Textilstadt und überregional anziehenden                gar international Blicke auf die Stadt, locken Fach-           erprobte sich mit dem digitalen Festival »Wir bauen
   Kulturme­tropole haben die verschiedenen Nieder-                  besucher*innen an. In vielen Stadtvierteln Wupper-             ein Haus«, um Wandlungsprozesse anzustoßen.
   gänge immer wieder enorme Entwicklungspotenzia-                   tals funkelt es innovativ: Die Färberei strahlt seit
   le freigesetzt und Neues entstehen lassen.                        Jahrzehnten mit ihrem Fokus auf Soziokultur und

                                                                                                                                Im Spannungsfeld von ­engem
                                                                     Inklusion, die Mobile Oase Oberbarmen führt auf
   Eigenwillig schlängelt sich die vor 120 Jahren erbau-             den Straßen im Osten der Stadt fragend, forschend
   te stadtplanerische und verkehrstechnische Meister-               und kreativ erfrischend Dialoge mit Menschen, die

                                                                                                                                Tal und weitem Blick gärt ein
   leistung Schwebebahn durch das Tal, schwingt und                  sonst nicht im Blickfeld stünden. Im Westen betreibt
   schwebt über der Wupper, vorbei an ungewöhn-                      die Kunststation im Bahnhof Vohwinkel eine Kunst-
   lichen Relikten der Industriekultur. Renommierte                  galerie mitten im Verkehrsknotenpunkt, die mit dem

                                                                                                                                ­vielschichtiger ­Nährboden
   Künstler*innen wie die Choreografin Pina Bausch                   5-Nischen-Projekt von Bildhauer Ecki Lowisch direkt
   mit dem Tanztheater Wuppertal, der vielseitig en-                 am Bahnhofvorplatz einen erfahrbaren Kunstort hat
   gagierte Musiker Peter Kowald – als einer der vielen              entstehen lassen. Im Luisenviertel in Elberfeld wird

                                                                                                                                 für Kunst, Kultur und
   international prägenden Freejazzer der hiesigen                   der sich selbst so nennende ort, ein smarter weißer
   Avantgarde – oder auch der seit 1977 in Wuppertal                 Raum, von der Peter-Kowald-Gesellschaft betrieben
   lebende Bildhauer Tony Cragg mit seinem weltweit                  und führt experimentierfreudig sowohl lokale als

                                                                                                                                 Stadt­ent­wicklung.
   renommierten »Skulpturenpark Waldfrieden« haben                   auch internationale Künstler*innen zusammen.
   mit ihren innovativen Akzenten und Praktiken den                  Mit ihrem Upcycling-Café Swane bietet Selly Wane
   visionären Klang der Stadt verstärkt. Nicht nur sie.              einen pulsierenden Begegnungsraum für Kunst und
                                                                     Menschen aller Kulturen. Wenig weiter, im ehema-
                                                                     ligen Bücherschiff im Haus der Jugend Elberfeld, ist       UTA ATZPODIEN UND BETTINA PAUST
                                                                     das LOCH beheimatet, ein Kunst- und Musikort. Alle
                                                                     drei Orte wurden mehrfach mit Preisen des Bundes
                                                                     ausgezeichnet, für ihr quirlig vielseitiges künstlerisch
                                                                     außergewöhnliches und die Kulturszene belebendes
                                                                     Programm.

                                                                16                                                                                                                           17
                                                        ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                                                              Sensibilisieren
Neustart ­Kultur
                                                                                                                            sich als Einrichtung der Kulturveranstaltungen des            Kultur for Future
                                                                                                                            Bundes in Berlin seit der Einführung eines EMAS -
                                                                                                                            Umweltmanagementsystems im Jahr 2013 und der                  Vollständig angekommen sind Nachhaltigkeit

im ­Zeichen der
                                                                                                                            Schaffung einer Klima AG im Jahr 2015 nach und                und Klimawandel im Kulturbereich dann im ver-
                                                                                                                            nach für die Etablierung und Weiterentwicklung von            gangenen Jahr, vor der Corona-Pandemie, durch
                                                                                                                            Nachhaltigkeitsaktivitäten eingesetzt. Im Frühjahr            die Jugendklimabewegung Fridays For Future. Das
                                                                                                                            2020 hätten dann auch die »Ludwigsburger Schloss-             Dortmunder U zeigte die Ausstellung »Cartoons for

Nachhaltigkeit!
                                                                                                                            festspiele« mit ihrem Programm unter dem großen               future«, das Netzwerk Grüne Bibliotheken startete
                                                                                                                            Schwerpunkt Nachhaltigkeit und den 17 Zielen der              die Initiative »Libraries For Future«, das Kulturbüro
                                                                                                                            UN -Agenda 2030 gestanden, was dann Corona-be-                Rheinland-Pfalz beteiligte sich an den weltweiten
                                                                                                                            dingt ausgesetzt werden musste.                               Klimastreiks, der Verband der Schriftstellerinnen
                                                                                                                                                                                          und Schriftsteller veröffentlichte ein Statement zur
                                                                                                                                                                                          Unterstützung der Fridays-for-Future-Bewegung,
Aufbruch in eine andere Moderne                                                                                             Positionierung von Kulturverbänden                            die Dramaturgische Gesellschaft organisierte eine
                                                                                                                                                                                          Tagung »Klimakrise auf der Bühne«, der Produzen-
   So einiges ist anders im Jahr der globalen Corona-           Durchbruch einer Kultur der Nachhaltigkeit                  Nicht nur einzelne Theater-, Film- oder Musikfestivals        tenverband deutscher Filmproduzenten startete
   Pandemie. Damit verbunden ist der sehr mensch-                                                                           sehen in der Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten              eine »Freiwillige Selbstverpflichtung zur nach-
   liche und wohl auch natürliche Reflex, es möge bald          Was Till Briegleb beim Programm »Neustart Kultur«           Nationen eine Herausforderung für ihre Kulturarbeit.          haltigen Filmproduktion«. Neben vielen weiteren
   wieder vorbei sein und wieder so sein wie vorher.            vermisste, dass Monika Grütters die Weichen der             Kulturverbände unterschiedlicher Kulturbereiche               Aktivitäten vielfältiger Kulturakteur*innen sorgten
   Gilt das nach dem pandemiebedingten Stillstand               Kultur mit einer richtungweisenden These auf Zu-            sind aktuell dabei, eigene Positionen zu entwickeln           auch Medienberichte wie »Die Kunst der Schein-
   auch für die Kultur und ihren Neustart? Gibt es für          kunft stellt, ist bei einer kulturellen Avantgarde des      oder ihre Mitglieder bei Aktivitäten im Bereich Kli-          heiligkeit«, »Klimaschutz in der Kunst: Macht mal
   die Kultur ein Weiter-So wie zuvor? Oder sollte der          Wandels bereits klar zu beobachten. Auch wenn Tino          maschutz und Nachhaltigkeit zu unterstützen. Der              Pause!« oder »Das Ende der Orgien« für Aufmerk-
   krisenbedingte Neustart auch ökologisch und ge-              Sehgal für die Kultur insgesamt bemerkt, dass sie 30        Deutsche Bibliotheksverband zählt die Umsetzung               samkeit und öffentlichen Druck. Die Tate in London
   sellschaftlich zur Arbeit an einer neuen Kultur der          Jahre Nachhaltigkeit verschlafen und ihre Vorreiter-        der »Agenda 2030« zu den künftigen Aufgaben der               hat den Klimanotstand ausgerufen. Internationale
   Nachhaltigkeit genutzt werden?                               rolle eingebüßt habe, gibt es mit dem Greta-Effekt          Bibliotheken, hat dazu ein Informationsportal einge-          Beispiele wie der Konzertverzicht von Coldplay aus
                                                                eine neue Dynamik im Kulturbereich. Pioniere einer          richtet und im Jahr 2016 schon eine Stellungnahme             Klimaschutzgründen, die Ankündigung der Band
                                                                Kultur der Nachhaltigkeit haben sich bereits lange          zum Entwurf der »Deutschen Nachhaltigkeitsstra-               Massive Attack, zusammen mit Forscher*innen eine
   Alles anders                                                 vor Fridays For Future auf den Weg gemacht. Dabei           tegie« eingereicht. In einem Modellvorhaben des               Klimabilanz für die Musikindustrie zu erstellen, oder
                                                                liegt in der Vollbremsung vom rasenden Stillstand           Bundesverbands Soziokultur hat der Verband mit                die Auszeichnung der Londoner Kuratorin für Öko-
   Schon vor der Verbreitung des Covid19-Virus waren            zum viralen Stillstand im Jahr 2020 ein besonderes          Förderung des Rats für Nachhaltige Entwicklung                logie Lucia Pietroiusti mit einem »Goldenen Löwen«
   die Dinge anders: durch weitere globale Krisen wie           Momentum und ein kultureller Wendepunkt. Wie in             mit einem »Nachhaltigkeitskodex in der Soziokultur«           in Venedig warfen zusätzlich die Frage auf, wie es in
   Migrationsströme und Erderwärmung, durch ge-                 der Stunde Null nach Ende des Zweiten Weltkriegs            einen Handlungsrahmen für Kulturbetriebe ent-                 der deutschen Kulturszene aussieht. Durch aktuelle
   sellschaftlichen und technologischen Wandel mit Er-          mit dem Einzug einer amerikanischen Kultur oder             wickelt. In einem Positionspapier »Umsetzung der              Recherchen und eine Medienanalyse der Kulturpoli-
   neuerbaren Energien und Digitalisierung oder durch           wie am Ende des Kaiserreichs mit den Anfängen               Agenda 2030 ist eine kulturelle Aufgabe« hatte der            tischen Gesellschaft wurden in Deutschland solche
   geopolitische Machtverschiebungen zwischen den               einer demokratischen Kultur (pandemiebegleitet              Deutsche Kulturrat Anfang 2019 ein kulturpolitisches          Good Practice Beispiele und Vorreiteraktivitäten für
   globalen Großmächten. Ob es dadurch besser wird,             von der Spanischen Grippe), hat die Corona-Pan-             Signal an seine 258 Mitgliedsverbände gesetzt. Eine           alle Kulturbereiche sichtbar. Auch zwischen Bad
   wenn es anders wird, wagte bereits der Aufklärer             demie sichtbar gemacht, dass alte Vorstellungen             ganze Reihe von grünen Initiativen im Kulturbereich           Oldesloe und Bonn, Köln und Kressbronn, Leipzig
   Georg Christoph Lichtenberg nicht zu entscheiden,            und Leitbilder grenzenloser Verfügbarkeiten fragil          sind auf Nachhaltigkeits- und Klimakonferenzen der            und Ludwigsburg gibt es wegweisende Beispiele für
   war sich aber sicher, dass es nur dann gut werden            geworden sind und eine Kultur der Nachhaltigkeit            Vereinten Nationen zurückzuführen. Dazu gehört                klimaneutrale Museen, für die nachhaltige Veran-
   könnte, wenn es anders wird. Wenn es in den zwanzi-          auf dem Durchbruch ist.                                     auch als Meilenstein das 2001 im Vorfeld des UN-              staltung von Musikfestivals, für Nachhaltigkeit in der
   ger Jahren des 21. Jahrhunderts eine Sicherheit gibt,                                                                    Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung aufgestellte          Filmförderung, für Bibliotheken als Dritte Orte der
   ist es wohl diejenige, dass es auch ohne weiteres Zu-                                                                    »Tutzinger Manifest« für die Stärkung der kulturell-          Nachhaltigkeit oder für Medienformate zu Klima-
   tun grundlegend anders wird und vermutlich sogar             Kultur auf UN-Weltklimakonferenzen                          ästhetischen Dimension nachhaltiger Entwicklung.              schutz in der Literatur.
   stärker als Gesellschaft und Kultur es gut finden.
   »Ou atterir?« (wo landen?) fragten Bruno Latour und          Von der Initiierung von Projekten wie »SAVE THE
   auch der Gropius Bau in der Ausstellung »Down to             WORLD « durch das Theater Bonn im Jahr 2014 bis

                                                                                                                         Vollständig angekommen sind
   Earth«. Wo wir gelandet sind, haben Ulrich Beck und          zum Bekenntnis von Kultureinrichtungen zu den
   Andreas Reckwitz mit der »Weltrisikogesellschaft«,           17 globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten
   der »Reflexiven Modernisierung« und dem »Ende der            Nationen wie der Berlinale im Jahr 2020 haben

                                                                                                                         Nachhaltigkeit und K
                                                                                                                                            ­ limawandel
   Illusionen« auf den Begriff gebracht. Unter den Be-          sich Kulturschaffende und Kultureinrichtungen
   dingungen von Corona, Klimawandel und Geopolitik             kreativ und auch institutionell immer wieder mit
   lässt sich insofern bekräftigen, dass alles noch viel        den Herausforderungen von Klimawandel und

                                                                                                                         im Kulturbereich durch die
   grundlegender anders wird. Ob Lichtenberg dann               Nachhaltigkeit auseinandergesetzt. Als interdiszi-
   in der heutigen Zeit sagen würde: Es muss resilient          plinäres Bonner Theaterfestival gestartet, avancierte
   werden, wenn es nachhaltig werden soll?                      »SAVE THE WORLD « zu einem kulturellen Partner

                                                                                                                         Jugendklimabewegung Fridays
                                                                der Vereinten Nationen, der auf UN-Weltklima-
                                                                konferenzen zunächst ein Eröffnungsprogramm
                                                                und dann 2018 zur »COP 24« in Katowice ein ganzes

                                                                                                                         For Future.
                                                                Kulturprogramm gestaltete. Auch die »Berlinale« hat

                                                                                                                         RALF WEIẞ

                                                           18                                                                                                                        19
                                                   ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                                                           Sensibilisieren
So wie das B­ auhaus
Verharren oder Aufbruch                                       Nachhaltigkeit durch Kultur
Nach dem Corona-Nullpunkt eröffnet sich für den               Beim zweiten Feld Nachhaltigkeit durch Kultur

                                                                                                                                    in Weimar und
Kulturbereich die Wahl: ein Verharren und Fest-               geht es nicht nur um die Rolle des Kultursektors
halten an überkommenen Regeln, Praktiken und                  bzw. einer Kultur im engeren Sinne, sondern um
Mustern. Oder: ein Wahrnehmen und Öffnen für eine             das übergreifende und transdisziplinäre Zusam-
neue Zeit mit einem ebenso notwendigen wie be-                menwirken des Kulturbereichs mit anderen ge-

                                                                                                                                    ­Dessau für den
freienden Aufbruch einer Kultur der Nachhaltigkeit.           sellschaftlichen Bereichen an Zukunftsperspektiven
Dessen Kraft speist sich nicht nur aus der gegenwär-          einer Weltgemeinschaft, die den Nährboden ihres
tigen Vitalität der von der Generation Greta auf den          Heimatplaneten wertschätzt und pflegt statt sich
Kulturbereich übergesprungenen Energie. Sie baut              so einzurichten, als gäbe es eine zweite Erde. Für
insgesamt auf 20 Jahren Pionierarbeit zu kultureller          eine solche, globale Vision stehen die UN Agenda

                                                                                                                                     Aufbruch in die
Nachhaltigkeit, auf einer 30-jährigen, weltweiten             2030 und die 17 Nachhaltigkeitsziele, die der Welt-
Verbreitung des Leitbildes einer Nachhaltigen Ent-            risikogesellschaft eine gemeinsame Perspektive als
wicklung und auf einem 75-jährigen Wirken der Ver-            Weltgemeinschaft von Erdbürger*innen eröffnen.
einten Nationen seit der Stunde Null nach Ende des            Auf Ebene der Europäischen Union findet sich diese

                                                                                                                                     Moderne stehen,
Zeiten Weltkrieges auf. So gehören zu den wesent-             Perspektive im Gedanken einer Next Generation EU
lichen Grundpfeilern einer Kultur der Nachhaltigkeit          und im Europäischen Green Deal, der nach dem
die Leitgedanken der Klimagerechtigkeit sowie der             historischen Vorbild des Roosevelt’schen New Deal
Universalität von Kultur und die Vorstellung der Ar-          der 1920er Jahre ein Erneuerungsprogramm für

                                                                                                                                     könnte ein »neues
beit an einer Kultur des Allgemeinen, die einer Logik         die heutige Zeit der globalen Klimakrise aufstellt.
der Partizipation aller folgt, zugleich aber von allen        Inzwischen beinhaltet der Europäische Green Deal
auch eine »Entkulturation« verlangt, wie es Andreas           als Bestandteil einer Next Generation EU auch ein
Reckwitz benannte. Ein Neustart Kultur im Zeichen             großes kulturelles Projekt, das ebenfalls auf ein
der Nachhaltigkeit steht unter diesen Leitgedanken            historisches Vorbild zurückgreift. Angekündigt ist die

                                                                                                                                     Bauhaus« für den
und bewegt sich auf zwei Feldern: Nachhaltigkeit in           Errichtung eines neuen Europäischen Bauhauses,
der Kultur und Nachhaltigkeit durch Kultur.                   bei dem Künstler*innen mit unterschiedlichen
                                                              Disziplinen zusammenarbeiten und Nachhaltigkeit
                                                              mit einer eigenen Ästhetik verbinden. So wie das

                                                                                                                                     Aufbruch in eine
Nachhaltigkeit in der Kultur                                  Bauhaus in Weimar und Dessau für den Aufbruch in
                                                              die Moderne und Industriemoderne stehen, könnte
Nachhaltigkeit in der Kultur bedeutet eine Ausein-            ein »neues Bauhaus« im Sinne Joseph Beuys für
andersetzung des Kulturbereichs, der Kultureinrich-           den Aufbruch in eine zweite, nachhaltige Moderne

                                                                                                                                     zweite, nachhaltige
tungen und der Kulturschaffenden mit der eigenen              stehen. Als »grünes Bauhaus« (R. KOMAR) oder »Bauhaus
Nachhaltigkeit, mit der Nachhaltigkeit des Kultur-            der Erde« (H. J. SCHELLNHUBER) könnte das Europäische
betriebs und der Kulturveranstaltungen. Oder wie es           Bauhaus in seinem Manifest einen Neustart der Kul-
Yilmaz Dziewior, Kurator des Deutschen Pavillons auf          tur im Zeichen der Nachhaltigkeit ausrufen: »Wollen,
der nächsten Kunstbiennale in Venedig veranschau-             erdenken, erschaffen wir gemeinsam die neue, nach-

                                                                                                                                     Moderne stehen.
licht: »Ich versuche schon länger, meine Flugreisen           haltige Kultur der Zukunft.« / RALF WEIẞ
so weit wie möglich zu reduzieren. Und nach Corona
werden wir alle mehr per Videokonferenz kommuni-              Literatur:
zieren.« Wie das Beispiel der Green Consultants im
                                                              Beuys, Joseph (1984): »Dieser Flappmann von Bürger­meister«,
Filmbereich zeigt, konfrontiert die Nachhaltigkeit             in: Hamburger Rundschau vom 13.9.1984
in der Kultur den Kulturbetrieb mit einer Aufgabe,            Briegleb, Till (2020): »Kunst in der Krise – S
                                                                                                           ­ päter Neustart«, in:
für den die Kultur auf unterschiedlichen Ebenen               Süddeutsche Zeitung vom 4.6.2020                                      RALF WEIẞ
Unterstützung benötigt. So möchte die Kulturstif-             Komar, Reinhard (2008): Grünes Bauhaus 1.
                                                              Wir brauchen völlig neue Formen, Oldenburg: dbv
tung des Bundes über ein neues Pilotvorhaben in 15
bis 20 Kultureinrichtungen aus unterschiedlichen              Reckwitz, Andreas (2020): Das Ende der Illusionen. Politik,
                                                              Ökonomie und Kultur in der Spätmoderne, Bonn: Bundes­
Kultursparten breite Erfahrungen zur Ermittlung               zentrale für politische Bildung (s. S. 59)
einer Klimabilanz sammeln. In welche Richtung                 Rosa, Hartmut (2020): Unverfügbarkeit, Berlin: Suhrkamp
Nachhaltigkeit in der Kultur gehen kann, hat das              Sehgal, Tino (2020): »Die Kultur hat etwas von ihrer
Kulturamt der Stadt Dresden als Vision 2030 bei               ­Vorreiterrolle eingebüßt«, in: monopol vom 7.9.2020

der Erstellung des neuen Kulturkonzepts formuliert:           Schellnhuber, John (2019): »Das macht mich manchmal
                                                              schlaflos«, in: Berliner Zeitung vom 12.11.2019
»Jeder Kulturbetrieb hat seit 2020 erfolgreich eine
Nachhaltigkeitsstrategie implementiert, die einer-
seits Maßnahmen zum Klimaschutz enthält und
die andererseits innere soziale und wirtschaftliche
Strukturen zukunftsfähig aufgestellt hat.«

                                                         20                                                                                          21
                                                 ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                               Sensibilisieren
Stadt und
                                                                    Über Deine Arbeit am Wuppertal Institut hast                        Was heißt das konkret für die Stadt?
                                                                    Du in den letzten Jahren wissenschaftliche                             Die acht Punkte des 100 Tage-Programms vermit­
                                                                    Akzente und Impulse gesetzt, greifbar über Dein                     teln das: In den ersten vier Punkten geht es darum,

­Zukunft
                                                                    Buch »Die große Transformation. Eine Einführung                     erstmal eine Transformationsfähigkeit in der Stadt
                                                                    in die Kunst gesellschaftlichen Wandels« (2018).                    zu stärken. Der Fokus liegt hier auf der Verwaltung,
                                                                    Was heißt es, als frisch gebackener Oberbürger-                     um ihre Kraft ganz anders zu nutzen. Hier investiere
                                                                    meister transformative Ideen in die lokale Politik                  ich in Gespräche mit Führungskräften. Vieles kann
                                                                    zu tragen?                                                          nur mit den unterschiedlichen Leistungsbereichen

 kuratieren
                                                                        Als Wissenschaftler und Transformationsforscher                 in der Verwaltung funktionieren, die es für so eine
                                                                    habe ich mich mit organisatorischen und gesell­                     Veränderung und Transformation zu gewinnen gilt.
                                                                    schaftlichen Veränderungsprozessen beschäftigt,                     Das Begeistern und Mitnehmen all derjenigen ist
                                                                    in denen ganz unterschiedliche Akteur*innen und                     gefragt, die entweder öffentliche Landes- oder Bun­
                                                                    Gruppen involviert sind. Es ist faszinierend zu spüren,             desmittel oder private Mittel in die Stadt investieren
                                                                    was so eine Stadt für ein hochinteressanter und                     wollen und müssen, wenn wir vorankommen wollen.
                                                                    verwobener Komplex ist, mit einem großen Ver­                       Auch die Bürgerbeteiligung mit den konkret poli­

Ein Gespräch mit dem neuen O
                           ­ ber­bürgermeister                      waltungsapparat von über 5.000 Menschen, mit ganz
                                                                    eigenen politischen Mechanismen, Unternehmen
                                                                                                                                        tisch Aktiven vor Ort und die zivilgesellschaftlichen
                                                                                                                                        Kräfte sind wichtig. Egal, was wir konkret verändern

Wuppertals Uwe S­ chneidewind                                       und vielen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen. Hier
                                                                    gibt es viele Kraftzentren, die gut zusammenwirken
                                                                    müssen, wenn man die Stadt voranbringen will.
                                                                                                                                        wollen: Wir müssen erstmal veränderungsfähig
                                                                                                                                        sein. Wir gehen die großen ökologischen Themen,
                                                                                                                                        wie Klimaneutralität 2035, mit wissenschaftlicher
                                                                    Unter Transformationsaspekten sitze ich nun mitten

                                                                                                                                 Für mich ist hier ein
                                                                    in der Herzkammer, dort, wo all diese Stränge zu­
                                                                    sammenlaufen. In der Rolle des Oberbürgermeisters

                                                                                                                                 Wertekern wesent-
                                                                    heißt es, sie in einer klugen Weise aufeinander zu be­
                                                                    ziehen. Ich fühle mich wie ein Kurator umgeben von

                                                                                                                                 lich, ein Anerkennen
                                                                    lauter Kunstwerken: Politische, wirtschaftliche und
           Was geschieht, wenn Nachhaltigkeitswissenschaft          Verwaltungskunstwerke, die es gilt, miteinander zu

                                                                                                                                 der Würde einer
                                                                    verbinden. Wie schaffen wir es, dass das Ganze mehr
          und Politik zusammenkommen? Seit November 2020            ist als seine Teile?

                                                                    Welche Rolle spielen Transformations- und                    jeden und eines jeden
        ist Uwe Schneidewind n  ­ euer Oberbürger­meister der
                                                                                                                                 anderen. Dies gilt für
                                                                    Nachhaltigkeitskriterien für die weitere Entwick-
                                                                    lung der Stadt und konkret für den Kunst- und
      Stadt Wuppertal, gewählt als g­ emeinsamer Kandidat von                                                                    alle Menschen auf
                                                                    Kulturbereich?
                                                                       Eine nachhaltige Entwicklung kann sich auf ganz

                                                                                                                                 diesem Planeten,
                                                                    unterschiedliche Ebenen beziehen. Für mich ist
    BÜNDNIS 90 / Die Grünen und der CDU. Seit 2010 ist der          hier ein Wertekern wesentlich, ein Anerkennen der

                                                                                                                                 heute und für künftige
                                                                    Würde einer jeden und eines jeden anderen. Dies
  Wirtschaftswissenschaftler in Wuppertal und hat als lang-         gilt für alle Menschen auf diesem Planeten, heute

                                                                                                                                 Generationen.
                                                                    und für künftige Generationen. Das ist ein radikales
                                                                    Weiterdenken der Grundidee von Menschenrechten
  jähriger Präsident des W­ uppertal Instituts für Klima, U
                                                          ­ mwelt   und menschlicher Würde. Es gilt, die Chance für ein          UWE SCHNEIDEWIND
                                                                    gutes Leben zu ermöglichen und jeden Menschen in
  und Energie lokal bis global zukunftsweisende Impulse ge-         seiner Würde und seinen Entfaltungsmöglichkeiten
                                                                    anzuerkennen. Dieser Kompass für eine gute Stadt­
                                                                    politik ist getragen von der Idee der gleichen Würde                Begleitung an und konkretisieren das technisch und
  setzt. Kürzlich sprach er mit Blick auf seine neue Aufgabe in     aller 362.000 Menschen, die in dieser Stadt leben. Es               ökonomisch mit Landes- und Bundesunterstützung.
                                                                    heißt, sie so zu gestalten, dass jede*r eine Chance                 Hier geht es um die knappste Ressource jeder Stadt,
  der lokalen Politik vom »­Eintauchen in eine Laborsitua­tion«,    hat, ein gutes Leben zu führen und seine Potenziale
                                                                    zu entwickeln. Das muss sozial und ökologisch aus­
                                                                                                                                        die Fläche. Wie verhandeln wir den Umgang mit
                                                                                                                                        Fläche im Sinne einer guten Stadtentwicklung? Wie
                                                                    buchstabiert werden. Technisch und ökonomisch                       denken wir die Innenstädte der Zukunft jenseits
  er möchte »­Menschen in die Zukunft mitnehmen«. Die Dra-          braucht es dafür neue Infrastrukturen. Es geht um                   reiner Shoppingzentren? Es geht um das soziale
                                                                    Investitionen, Finanzmittel. Politisch braucht es                   und kulturelle Miteinander samt aller Bildungs-,
  maturgin Dr. Uta A­ tzpodien kennt ihn aus verschiedenen          handfeste und konkrete Rahmenbedingungen. All
                                                                    dies hat eine kulturelle Dimension, weil – sozial und
                                                                                                                                        Teilhabe- und Entwicklungsmöglichkeiten. Wir
                                                                                                                                        wollen Wuppertal zu einer diskriminierungsfreien
                                                                    ökonomisch bedingt – neue Formen der Achtsam­                       Stadt machen. Genau das ist eine Brücke zur grund­
  Arbeitskonstella­tionen und ist mit ihm im Gespräch.              keit gefragt sind. All dies gut zusammenzudenken,                   legenden Idee von Nachhaltigkeit. Jede, jeder, egal,
                                                                    das haben wir »Zukunftskunst« genannt.                              was für einer Herkunft, was für einer Orientierung,
                                                                                                                                        wird mit der angemessenen Würde behandelt.

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                            ZEIT FÜR ZUKUNFT                                                                          Sensibilisieren
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